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Bücherverluste in der Spätantike

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Die wissenschaftliche Forschung zur Überlieferungsgeschichte der antiken Literatur datiert den deutlich größten Anteil der Bücherverluste in die Zeitspanne von den Barbareneinfällen bis zur karolingischen Renaissance. Forschungen zur quantitativen Überlieferungsgeschichte deuten darauf hin, dass innerhalb dieser Zeitspanne der entscheidende Wandel bereits zu einem relativ frühen Zeitpunkt, nämlich in der Spätantike, vollzogen wurde. Der Bücherverlust wird besonders den Barbareninvasionen im Zuge der Völkerwanderung, dem damit verbundenen Verlust urbaner Strukturen sowie einem zunehmenden Desinteresse an klassischer Bildung zugeschrieben („Dunkle Jahrhunderte“). Christliche Institutionen übernahmen im lateinischen Westen des Frühmittelalters die Überlieferung antiker Texte.

Während sich die Textkritik innerhalb der klassischen Philologie immer nur einzelner Titel annahm, konnten unterdessen auf andere Weise genügend Überlieferungslinien rekonstruiert werden, um eine Überlieferungsgeschichte der gesamten heute verfügbaren antiken Literatur zu skizzieren. Wesentlich dafür waren Erkenntnisse aus verschiedensten Gebieten wie Archäologie, Papyrologie, Paläographie, Codiologie und begleitende technische Fortschritte wie etwa Ultraviolett- und Infrarotfotografie.

Diese quantitativen Ergebnisse schließen weitgehend aus, dass die antiken Papyri unter normalen Lagerungsbedingungen vor der karolingischen Renaissance verrottet sein könnten, sondern der Verlust muss durch Gebäudeverfall verursacht worden sein. Die heidnisch-christlichen Religionskämpfe der Spätantike können als teilweise Ursache für den Gebäudeverfall und den Bücherverlust wahrscheinlich gemacht werden.

Der Bücherbestand der Antike und seine Überlieferung

Durch die Überlieferung in Bibliotheken, also vor den Papyrusfunden ab 1900, waren von der griechischen Literatur vor dem Jahr 500 etwa 2000 Autorennamen bekannt, aber nur von 253 Autoren waren zumindest Teile ihrer Schriften erhalten. Für die römische Literatur waren es 772 Autorennamen, aber nur von 144 waren Schriften erhalten geblieben.[1] Dies führte zu der häufig anzutreffenden Schätzung, wonach weniger als 10 % der antiken Literatur überliefert wurde.[2] Die fast 3000 Autorennamen stellen dabei eine Mindestzahl dar, die in überlieferten Texten erwähnt werden. Spätestens seit dem Frühmittelalter wurde die Textüberlieferung von christlichen Institutionen (besonders Klöstern) gewährleistet, wobei sich damit ein Selektionsprozess verband und christliche Autoren bevorzugt, zeitweise sogar praktisch allein berücksichtigt wurden, die über den Gesamtzeitraum der Antike eine relative Minderheit darstellten.

Eine Abschätzung des antiken Bestandes an Titeln und Büchern ist nur indirekt über die Bibliotheksgeschichte möglich. Die bekannteste Bibliothek der Antike, die Bibliothek von Alexandria, wuchs von 235 v. Chr. bis 47 v. Chr. von 490.000 auf 700.000 Rollen, größtenteils in griechisch.[3] Eine Rolle entsprach etwa auch einem Titel (siehe Glossar). Die Titelproduktion der griechischen Welt betrug daher mindestens 1100 pro Jahr. Extrapoliert auf das Jahr 350[4] ergäbe das einen Bestand von über einer Million Titel, sofern man von einer linearen Buchproduktion ausgeht.[5]

Der Umfang des lateinischen Schrifttums lässt sich nicht genau bestimmen, dürfte aber in der gleichen Größenordnung liegen. Bedenkt man, dass eher triviale Werke aus den Provinzen wahrscheinlich keinen Eingang in die großen Bibliotheken fanden,[6] so kann man den Gesamtbestand der Antike auf mehrere Millionen Titel schätzen. Unter der Annahme einer durchschnittlichen Verbreitung von 10–100 Exemplaren sind dies um 100 Millionen Rollen oder, neutral umschrieben, Bücher (siehe Glossar). Von diesen Millionen Büchern aus der Zeit vor 350 ist kein einziges in einer Bibliothek überliefert worden. Alle Quellen aus heidnischer Zeit, also etwa vor 350, wurden nur als christliche Editionen (um 400 erstellt) überliefert.

Die Anzahl der überlieferten antiken Texte (ohne Funde) wurde bisher noch nicht genau bestimmt. Die Größenordnung dürfte bei etwa 3000 liegen, 1000 davon in Latein. Der größte Teil davon liegt nur in Bruchstücken vor. Das gesamte überlieferte heidnische Textvolumen umfasst zumindest in Latein wahrscheinlich weniger, als in 100 Codices passen würde. Der Bruch im Bestand liegt in der Größenordnung von einem Tausendstel. Mit anderen Worten, nur eines von 1000 lateinischen Büchern überlebte. Diese Zahl ergibt sich, wenn man den geschätzten Gesamtbestand an Titeln von einigen Millionen den einigen 1000 überlieferten Texten gegenüberstellt; oder – völlig unabhängig davon – die letzte antike Bibliothek (Konstantinopel, 476 mit 120.000 Codices) mit der ersten bekannten mittelalterlichen (Cassiodor, 576 mit ca. 100 Codices) vergleicht.[7]

Den erheblichen Bruch in der Überlieferungsgeschichte zeigt diese Statistik der Bibliotheken. Da im Mittelalter etwa 90% der Bestände nur Theologie enthielten kann der Verlust nichtchristlicher Literatur noch um einen Faktor 10 größer angenommen werden, als er hier erscheint.

Wahrscheinlich fast alle uns überlieferten Bücher enthielten eine christliche Subskription. Dies war ein kurzer Vortext, der beschrieb, wann das Buch kopiert wurde und wer es auf seine Richtigkeit überprüft hatte. Solche Subskriptionen waren auch in heidnischer Zeit zumindest bei wertvollen Büchern üblich. Sie bestätigten die Fehlerfreiheit der Abschrift. Ein Brief des Bischofs Synesius von Cyrene (um 400) gibt einen Hinweis darauf, dass ihm der Besitz „unüberarbeiteter Kopien“ von heidenfeindlichen Christen zum Vorwurf gemacht wurde.[8] Dies mag darauf hindeuten, dass die christliche Subskription nicht nur ausschließlich Schreibfehler, sondern in geringerem Umfang auch inhaltliche Veränderungen betroffen haben könnte. Rein formelle Dinge, wie Schriftart oder gar ein Bilderverbot, können für diese Zeit ausgeschlossen werden.

Bei der Überlieferung von Zahlenangaben geht die Textkritik bisweilen von bewussten Verfälschungen aus, die aus der christlichen Ideologie um 400 im Kampf gegen das Heidentum und später erklärt werden können. Es gibt jedoch nur sehr wenige philologisch wahrscheinlich zu machende umfassende Interpolationen des heidnischen Grundtextes durch Christen (z.B. bestimmte Teile der Germanen-Exkurse im 5. Buch von Caesars Bellum Gallicum - die keine heidenpolemische Tendenz erkennen lassen), und aufgrund der Uneinheitlichkeit der Textüberlieferung ist eine umfassende, systematische Verfälschung sehr unwahrscheinlich.

Der Bücherverlust

Die Antike besaß eine große Zahl an Bibliotheken. Öffentliche Stadtbibliotheken und private mit 20.000 bis 50.000 Rollen sind bekannt, sowohl in Rom (29 öffentliche um 350) als auch auch in den Provinzen. Bei Caesars Besuch in Alexandria verbrannte nicht die große Bibliothek, sondern ein Lagerhaus am Hafen mit 40.000 Rollen, wahrscheinlich eine Jahresproduktion,[9] die für den Export bestimmt war.[10] Die Bibliothek von Alexandria umfasste in hellenistischer Zeit mehr als 490.000 Rollen, [11] diejenige in Pergamon 200.000 Rollen. Spätestens in der Kaiserzeit dürften einige Städte dieses Niveau erreicht haben, weil eine Bibliothek ein Statussymbol war.

Über die Bestandszahlen der großen Bibliotheken Roms sind keine Angaben überliefert. Archäologisch kann über die Größe von Wandnischen für Bücherschränke bei der Palatina unter der Ulpia Trajana auf mindestens 100.000 Rollen geschlossen werden. Wahrscheinlich befanden sich darin aber nur die kostbarsten Rollen. Auch die Bibliothek von Pergamon hatte fast alle ihre Bestände in Depoträumen. Von der Größe der Gebäude hätten die Hauptbibliotheken Roms, wie auch in Alexandria und Athen, jeweils Millionen Rollen Platz geboten. Bei einer solchen geografischen Verteilung der antiken Literatur konnten einzelne Ereignisse wie der Verlust einer Bibliothek für die Überlieferung kein wesentliches Problem darstellen.

Seite aus dem vielleicht ältesten überlieferten Buch, dem Vergilius Vaticanus (um 400). Der gute Erhaltungszustand zeigt zumindest aus technischer Sicht, dass die Überlieferung der Bücher von vor 300 auch möglich gewesen wäre.

Forschung

Eine verbreitete Ansicht der Forschung ist die Umschreibungs-/Verrottungsthese, derzufolge um 400 eine Umschreibung von Papyrus-Rollen auf Pergament-Codices stattgefunden habe. In der christlich dominierten Zeit oder sogar schon früher habe die Gesellschaft dann das Interesse an den heidnischen Rollen verloren. Sie seien daher nicht weiter kopiert worden und im Laufe des Mittelalters in Bibliotheken verrottet, während die haltbareren Pergament-Codices überdauerten. Demnach seien die antiken Bücher vergangen, aber nicht aktiv vernichtet worden. [12]

Standardwerke zur Überlieferungsgeschichte, welche diese Ansicht vertreten, betreiben keine Quantifizierung. So ist der neueren Literatur nicht zu entnehmen, wie groß der Verlust überhaupt war. Die Gesamtdarstellung der Überlieferungsgeschichte von Reynolds und Wilson („Scribes and Scholars“) etwa gibt keine Angaben zur Größe der Bibliotheken Cassiodors und Isidors. Es werden heute verlorene Schriften erwähnt, die um 600 noch zitiert worden seien, ohne zu erörtern, ob dabei aus den Originalwerken oder aus bereits vorliegenden Exzerpten zitiert worden ist, wie dies für Isidor nachgewiesen worden ist.[13] Alternative Erklärungsmodelle zur Umschreibungs/Verrottungsthese sind bislang vernachlässigt worden.[14]

Neuere papyrologische und paläographische Ergebnisse

Die Vermutung einer geringeren Haltbarkeit von Papyrus wird von Papyrologen bezweifelt. Roberts und Skeat, die das Thema in „The Birth of the Codex“ 1983 untersuchten, kamen zu dem Ergebnis, dass der Papyrus unter normalen Bedingungen in seiner Haltbarkeit dem Pergament nicht nachsteht. [15] Um 200 konnte man in einer Bibliothek in Rom eine 300 Jahre alte Papyrusrolle lesen.

Das Material hätte also über 400 Jahre aushalten müssen. Aber nach 800 haben die vielen antiken Rollen sicher nicht mehr existiert. Aus den Katalogen und der Kopiertätigkeit dieser Zeit können wir dies sicher schließen. Man konnte ab 800 nur noch auf Codices zurückgreifen, die nach 400 geschrieben waren.

Außerdem enthält der C.L.A. mindestens 7 Papyrus-Codices, die in Bibliotheken aus der Zeit zwischen 433 und 600 bis heute zumindest in Teilen überlebten. Einer, C.L.A. #1507, um 550, liegt in Wien und hat noch 103 Seiten. Wenn diese 1500 Jahre überdauern konnten, hätten die vielen anderen mindestens 400 Jahre halten müssen. Der Verlust kann also nicht durch die Haltbarkeit von Papyrus, Rollen oder Codices erklärt werden, zumindest soweit „normale Bedingungen“ gegeben waren. Gebäudeschäden am Aufbewahrungsort dürften aufgrund der schädlichen Witterungseinflüsse die Haltbarkeit allerdings erheblich verkürzt haben.

Was die These der Umschreibung auf Codices anbetrifft, so sieht es danach aus, als seien nach 400 plötzlich viel weniger Bücher und diese nur noch in Form von Codices produziert worden. Die in Oxyrhynchos gefundenen Buchrollen (ca. 34% der gesamten Papyri, 66% waren Urkunden) [16] zeigen eine rege Buchproduktion im 2. und 3. Jh. (655 und 489 Stück) und einen massiven Einbruch im 4. und 5. Jh. (119 und 92 Stück) sowie nur noch eine geringe Produktion danach (41, 5 und 2 Stück nach dem 7. Jh., als auch die Stadt verschwand).

Ein ähnliches Bild liefert der C.L.A. für das lateinische Europa. Danach wurden von 400 bis 700 im lateinischen Europa (außer Italien) nur etwa 150 Codices produziert. Davon entfallen auch noch 100 nur auf Frankreich. Das bestätigt auch die weitere Paläografie nach dem Zeitraum des C.L.A. Die Bestände der großen Klosterbibliotheken um 900 (Lorsch, Bobbio, Reichenau, alle um 700 Codices) stammen fast alle aus der Zeit nach 750 und zeigen damit die so genannte Karolingische Renaissance. Für viele antike Bücher mit reichhaltiger Überlieferungstradition stammen die ältesten heute erhaltenen Kopien aus dieser Zeit. Wahrscheinlich kopierte man damals Bücher aus dem 5. Jh., die heute nicht mehr erhalten sind. Der C.L.A. kennt für die Zeit bis 800 nur 56 überlieferte klassische Bücher, davon nur 31 aus dem 5. Jh. Der in absoluten Zahlen höchste Bestand erhaltener Codices stammt aus dem Hochmittelalter.

Es gab also nicht nur eine Auswahl und Selektion in der Phase der Umschreibung, sondern auf Grund dieser Ergebnisse überhaupt eine extrem reduzierte Buchproduktion. Erreichte sie vor 300 wahrscheinlich die Größenordnung von 100.000 pro Jahr, so lag sie nach 400 bei 10 pro Jahr. Dieser Wert gilt für den lateinischen Bereich auf Basis des C.L.A. Der C.L.A. zeigt eine Überlieferung von 1 bis 2 pro Jahr für 400 bis 700. Eine Produktionsrate von 10 Büchern ergäbe sich aus einem geschätzten Verlustfaktor von 5 bis 10. Aufgrund dieser geringen Produktion war für den billigen Papyrus kein Bedarf mehr, man zog das bisher edlere, aber nun leichter verfügbare Pergament vor. Papyrus wurde nur noch in Ausnahmefällen für Bücher oder Urkunden verwendet und war im lateinischen Bereich ab etwa 600 kaum noch verfügbar.

Auswahlkriterien bei der Überlieferung

Das naturwissenschaftlich-technische Wissen in der Spätantike war sicher so umfangreich und kompliziert, dass eine mündliche Überlieferung nicht mehr möglich war. Insofern dieses Wissen mit heidnischen Namen und Anschauungen verbunden war, konnte es in Konkurrenz zum Christentum stehen. Dies galt für tägliche Dinge, wie Krankenheilung, [17] aber auch den Verlauf komplexer militärischer Operationen. [18] Die kirchlichen Schriften belehrten nur über den Glauben und versprachen nur bedingt Hilfe, da die Autoren sich mit der Impementierung des Christentums in die spätantike Welt befassten und nicht mit praktischer Lebenshilfe.

Grundsätzlich waren aber christliche Institutionen daran interessiert, die wichtigsten Schriften der klassischen Wissenschaften zu erhalten, außer dort, wo sie dem Christentum entgegengesetzt waren, wie in der besonders ausgefallenen Bühnentechnik der Römer, welche die Christen bekämpften.[19] Remigius von Auxerre etwa kommentierte im 9. Jahrhundert nicht nur Boethius, sondern auch klassische lateinische Autoren. Ein wichtiger Einschnitt stellte im Frankenreich die Karolingische Renaissance dar: Spätestens im 9. Jahrhundert scheint ein Schulkanon für die höhere Bildung entstanden zu sein, wobei im Bereich der Grammatik (der in den artes liberales nun eine bevorzugte Stellung zukam) vor allem die Schriften Priscians und des Aelius Donatus gelesen wurden. In der Karolingerzeit entstanden auch einige große wissenschaftliche Zusammenfassungen (siehe Hrabanus Maurus), die aber generell stark theologisch-philosophisch geprägt waren.[20] Erst im späten 10./frühen 11. Jahrhundert wurden auch im naturwissenschaftlichen Bereich größere Fortschritte erzielt, auch beeinflusst vom arabischen Wissen.[21]

Pornografische Texte der Antike galten als Aufforderung zur Unzucht. In der heidnisch-römischen Kultur waren pornografische Darstellungen aller Art im gesamten Alltag verbreitet. [22] Dies stand christlichen Moralvorstellungen diametral entgegen, und entsprechend dürften derartige Schriften einen größeren Teil des Verlustes ausgemacht haben. Um 200 verdammte Kirchenvater Tertullian nicht nur die heidnischen Philosophen (die Wissenschaftler der Antike) sondern auch die Schauspieler und wünschte sie zur Hölle. [23] Isidor warnt später ausdrücklich vor den heidnischen Dichtern [24] und stellt Schauspieler auf die gleiche Stufe mit Prostituierten, Verbrechern und Räubern. [25] Ähnliche Einstellungen zu Schauspielern finden sich schon bei Autoren der heidnischen Antike. Mit der Christianisierung wurden ursprünglich heidnische Veranstaltungen, wie etwa die Gladiatorenspiele, aber auch Sport- und Kunstfeste (Agone) verboten bzw. ihnen Geldmittel entzogen.

Komplett verschwunden sind – außer solchen Papyrusfunden, die nicht in den Überlieferungsweg eingebunden waren – die heidnischen Ritualtexte, etwa von Mysterienreligionen, ebenso magische Texte. Für den lateinischen Bereich sind vor allem republikanische Geschichtswerke, Dichtkunst aller Art, sowie besonders Tragödien an nachgewiesenen Verlusten zu beklagen. Die verlorenen Werke waren allerdings oft, jedoch nicht immer, zweitklassiger Qualität. Der Verlust an kaiserzeitlichen Geschichtsschreibern ist möglicherweise auch durch vorchristliche Textzensur zu erklären (etwa Cremutius Cordus).

Die thematische Gewichtung der Literatur stellt den Selektionsprozess dar. Zu Beginn der Kaiserzeit hatten die (verlorenen) 493 Rollen der Enzyklopädie des Varro folgende Verteilung: 34 % Unterhaltung (Poesie und Satire), 39 % Wissenschaft (Philosophie und angewandte Wissenschaft, Technik), 27 % Geschichte (8 % Literatur und Theater, 16 % Berühmte Personen und Völker, 3 % Religion).[26]

Die um 1900 in der ägyptischen Provinzstadt Oxyrhynchos gefundenen Papyri stammten aus einer antiken Müllhalde von 100 bis 600. Sie scheinen ein großes Spektrum der Bevölkerung zu repräsentieren.[27] Man fand darunter auch Rollen mit Literatur. Der daraus ablesbare Geschmack des Volkes hat noch immer Ähnlichkeit mit der Gewichtung von Varro: 56 % Unterhaltung (33 % Epik, 12 % Tragödien, 5 % Bukolik), 44 % Sachbuch (21 % Geschichte, 18 % Philosophie, 5 % Reden).[28]

Im Gegensatz zur Antike zeigt die Buchproduktion nach 400 eine extreme Zunahme religiöser, christlich theologischer Titel bis auf 80–90 % der Bestände im Mittelalter.[29] Der säkulare Anteil von 10–20 % umfasste vor allem Worterklärungen und Grammatika. Unterhaltung, Zeitgeschichte und jede Art von Wissenschaft hatte in den christlichen Bibliotheken des Mittelalters einen Anteil von unter 5 %. Bei dem geringen Bestand der meisten Bibliotheken konnte man solche Bücher nur in den wenigen großen Klosterbibliotheken (etwa 10–20 nach dem Jahr 800) unter Beständen von einigen 100 Codices erwarten.[30]

Geographische Verteilung der Überlieferung

siehe den Hauptartikel: Codices Latini Antiquiores (C.L.A.)

Verlustphase (ca. 350–800)

Innerhalb der Überlieferungsgeschichte ist der Zeitraum von 350–800 der entscheidende, da antike Werke, die danach noch erhalten waren, wieder reichhaltig produziert wurden. Im Hochmittelalter meinte man, Papst Gregor der Große (540-604) habe die große Palatina-Bibliothek in Rom verbrennen lassen.[31] Nach heutigem Forschungsstand ist ausgeschlossen, dass Papst Gregor dies getan haben könnte. Denn der Verlust muss bereits vor seinem Pontifikat stattgefunden haben. Die Palatina-Bibliothek, von Augustus gegründet und wahrscheinlich die größte Roms, verschwand aus der Geschichte ohne jeden Hinweis auf ihr Schicksal. Dies ergab der Forschungsstand seit den 1950ern, wonach gesichert erschien, dass der Verlust vor 500 eingetreten war.[32] Mit dem Abschluss des C.L.A. in den 1970ern wurde diese Erkenntnis noch weiter gefestigt.

Der Klassischen Philologie des 19. und frühen 20. Jh. standen diese quantitativen Ergebnisse nicht in gleichem Umfang zur Verfügung.[33] Durch die Konkordatslehrstühle ergab sich außerdem vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine gewisse Rechristianisierung der deutschen Geschichtsforschung. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich auch in den angelsächsischen Ländern.[34] Durch den damit einhergehenden Konsens einer friedlichen Koexistenz der Weltanschauungen ergab sich für die Überlieferungsgeschichte eine etwas prekäre Lage. Eine Darstellung der entscheidenden spätantiken Phase hätte Ursachen beschreiben müssen, welche die Christianisierung Europas in einem etwas akzentuierten Licht erscheinen lassen.[35]

Die wissenschaftliche Diskussion über die Gründe für den Untergang des Weströmischen Reiches (denn Byzanz bestand noch bis 1453 fort) wird ebenfalls seit über 200 Jahren geführt, ohne dass ein Konsens in Sicht ist. Während nach der Mehrheit der Forschung für den Untergang des Reichs die Barbareneinfälle eine wenigstens nicht unwichtige Rolle spielten,[36] hat der Untergang der antiken Literatur und damit der antiken Kultur möglicherweise auch interne Ursachen gehabt. Der Verlust an Literatur war die wohl nachhaltigste Folge des Unterganges, wobei der These, die den Anteil aktiver Vernichtung durch Christen im Zuge religiöser Auseinandersetzung betont, in der bisherigen Forschung wenig Beachtung geschenkt wurde.[37] In jüngerer Zeit wurde auch im arabischen Raum die Büchervernichtung während der Spätantike mit den Grundlagen des Christentums in Verbindung gebracht.[38]

Auch wenn die Märtyrergeschichten übertrieben erscheinen, kann kaum ein Zweifel bestehen, dass der römische Staat das frühe Christentum möglichst einzudämmen versuchte. Einzelne Kaiser des 3. und 4. Jahrhunderts setzten dabei alle Mittel ein, die dem Staat zur Verfügung standen. Die Christen bedienten sich später mancher dieser Mittel, um das Heidentum auszuschalten. Für die meisten dieser Maßnahmen der Christen lässt sich ein früheres Beispiel aus der Christenverfolgung finden.[39] Allerdings ist dabei zu beachten, dass regelrechte „Heidenverfolgungen“ von staatlicher Seite nicht stattfanden (wenn auch die Gesetze im Laufe der Zeit verschärft wurden), sondern eher eine Folge lokaler Übergriffe darstellten. So erließ auch erst Kaiser Justinian I. einen Taufbefehl für Heiden. Noch im 5. Jahrhundert sind zahlreiche heidnische Lehrer, Ärzte und Philosophen belegt, die auch offenbar ihrer Tätigkeit weitgehend ungestört nachgehen konnten.[40]

Die Eingrenzung des Zeitraums: vor 500

Wie bereits erwähnt waren die antiken Bücher ab 800 sicher nicht mehr vorhanden. Es gibt Hinweise, dass sie bereits ab 500 weitgehend verloren waren. Haas[41] verweist auf einen konkreten Fall von Wissensverlust in der Spätantike, bezogen auf Bücher. Ein Asclepiades war um 490 einer der wenigen heidnischen Gelehrten in Alexandria. Er und sein Kreis hielten sich für die letzten Priester des Osiris und verwendeten Hieroglyphen bei rituellen Handlungen. Haas geht aber davon aus, dass dieser Kreis Hieroglyphen nicht mehr lesen konnte. Denn Asclepiades Sohn, Horapollon, verfasste das einzige überlieferte spätantike Werk über die Bedeutung der Hieroglyphen. Darin fehlt aber jeder Hinweis auf deren lautsprachliche Funktion. Es werden nur phantasievolle allegorisch-mystische Funktionen beschrieben. Bis ins 4. Jh. wurden Hieroglyphen verwendet und es waren damals sicher entsprechende Bücher dazu vorhanden. Selbst ein ausgewiesener Fachmann scheint demnach um 500 in seiner Privatbibliothek im Gelehrtenzentrum Alexandria kein solches Buch mehr bessessen zu haben.

Cassiodor lebte von ca. 490 bis 583 in Italien. Er war zunächst Senator und Sekretär des Ostgotenkönigs Theoderich. Während des Kriegs mit Ostrom (Gotenkrieg) zog er sich nach seinem Aufenthalt in Konstantinopel[42] um 540 auf seine privaten Ländereien nach Süditalien zurück und gründete das Kloster Vivarium. Er sprach Latein, Griechisch und Gotisch, sammelte und übersetzte Bücher von Griechisch nach Latein. Sein erklärtes Ziel war die Rettung der klassischen Bildung, und er erklärte als erster das Kopieren von Büchern zur Pflicht für Mönche.

Aufgrund seiner wohlhabenden Position und seiner weiten Kontakte, auch in den griechischen Bereich, war er in einer außergewöhnlich guten Position, die wichtigsten zu seiner Zeit im Mittelmeerraum noch verfügbaren Bücher auch zu bekommen. [43] In seinen eigenen Texten beschreibt er seine Bibliothek, einzelne Bücher und gibt Zitate aus ihm wahrscheinlich vorliegenden Werken. Aufgrund dieser Angaben haben zunächst A. Franz und später R.A.B. Mynors „a provisional indication of the contents of the library at Vivarium“ („einen vorläufigen Überblick über den Bestand der Bibliothek von Vivarium“) erstellt. [44] Das Ergebnis war, dass Cassiodor nicht wesentlich mehr antike Texte kannte als wir heute. Er hatte die einzige größere Bibliothek des 6. Jahrhunderts, über deren Inhalt etwas bekannt ist. Auf Grundlage der Zitierungen verfügte sie etwa über 100 Codices.

Ähnlich war die Situation bei Bischof Isidor von Sevilla, der von ca. 560 bis 636 in Spanien lebte. Er hatte die einzige Bibliothek des 7. Jh., über deren Inhalt etwas bekannt ist. Paul Lehmann unternahm eine entsprechende Untersuchung von Isidors Schriften. Er kam zum Ergebnis, dass Isidor wahrscheinlich auf mindestens drei Büchern Cassiodors aufbaute. Lehmann: „Die meisten Schriften, die Isidor mit Titel und Verfasser angibt, hat er wahrscheinlich nie gelesen.“ [45] Isidor hat 154 Titel zitiert. [46] Seine Bibliothek war demnach wahrscheinlich deutlich kleiner als die von Cassiodor, da ein Codex mehrere Titel umfasste (siehe Glossar).

Die Fortexistenz großer Bibliotheken ist ab ca. 500 nicht mehr belegt. Kleine Klosterbibliotheken hatten vielleicht sogar nur einen Umfang von 20 Büchern.[47] Wie das sehr faktenreiche Standardwerk „Geschichte der Bibliotheken“ 1955 schrieb, musste der Verlust vor 500 eingetreten sein: „Bereits zu Beginn des 6.Jahrhunderts war der große Verlust an antiken Texten eingetreten, und der Vorrat der Schriftsteller, die Cassiodor und Isidor zur Hand waren, überschreitet nicht erheblich den Kreis des auch uns Bekannten.“[48] Diese beiden Bibliotheken waren allerdings keinesfalls die einzigen des 6. und 7. Jh. Sie sind deshalb bekannt, weil ihre Eigentümer selbst literarisch tätig waren.

Die Eingrenzung des Zeitraums: 350 bis 400

Betrachtet man die Zeitspanne von 300 bis 800, so gab es immer wieder Ereignisse, bei denen einzelne Bibliotheken zerstört worden sein könnten, besonders Barbareneinfälle. Es gab jedoch nur einen kurzen Zeitraum, von etwa 380 bis 400, in dem die Existenz aller Bibliotheken des römischen Reichs gleichzeitig bedroht war. Nur von einer einzigen großen Bibliothek wissen wir, dass sie diese Zeit überstanden hat: Die Palastbibliothek von Constantinopel wurde erst 476 mit 120.000 Codices durch ein Feuer zerstört. Die nächste bekannte Bibliothek ist erst wieder 100 Jahre später die von Cassiodor mit etwa 100 Codices.

Die Zeit um 391 war ein Höhepunkt der christlich-heidnischen Religionskämpfe. Der konvertierte Heide Firmicus Maternus hatte um 350 in seiner apologetischen Schrift De errore profanarum religionum den Söhnen Konstantins die Zerstörung von Tempeln empfohlen. Im Jahre 391 erließ Kaiser Theodosius I. ein Gesetz, wonach alle heidnischen Tempel zu schließen seien. Im Begriff der damaligen Zeit waren heidnische Tempel aber die meisten nicht-kirchlichen Kulturgebäude, etwa eine den Göttern geweihte Bibliothek oder auch das Museum, ein Tempel der Muse. In diesem Kontext wurde Theodosius' Edikt von manchen Forschern als Versuch interpretiert, auch alle heidnischen Bibliotheken zu vernichten. [49]

Unter Honorius gab es 399 einen Erlass zum Schutz öffentlicher Kunstwerke, die unter dem Wohlwollen der „Autoritäten“ von Christen zerstört wurden.[50] Ein ähnlicher Erlass sollte die ländlichen Heiligtümern vor den Verwüstungen des religiösen Fantismus schützen.[51] Im Jahre 408 wird durch ein reichsweites Gesetz die Zerstörung aller bis dahin verbliebenen heidnischen Kunstwerke angeordnet (Ikonoklasmus).[52] Die moderne Forschung relativiert jedoch den Umfang der „Heidenverfolgungen“ zur Zeit des Theodosius und im 5. Jh.[53] Die Zahl der Heiden war noch im 5. und 6. Jh. hoch.

Wir wissen von der Bibliothek im Serapeum, das die Stadtbibliothek von Alexandria darstellte [54], dass sie 391 von Christen zerstört wurde. Von dem Museum von Alexandria, das die berühmte große Bibliothek enthielt und als Gebäude bis etwa 380 belegt ist, [55] gibt es nach 400 keine Spur mehr. Bereits im 5. Jh. wird das Gelände als Ödnis beschrieben. Johannes Philoponos erwähnt um 520 die „große Bibliothek“, die einstmals der Stolz Alexandrias war. [56] Erst bei Ausgrabungen 2003 stieß man auf Fundamente. Wenn das Bibliotheksgebäude zerstört wurde, hatte dies sicher auch den Verfall der darin enthaltenen Schriften zur Folge.

Es gibt einzelne literarische Hinweise auf Textzensur. Ammianus Marcellinus (ca. 330 bis ca 395), die wichtigste Quelle für diesen Zeitraum, erwähnt die Verfolgung und Hinrichtung offenbar gebildeter Leute, denen der Besitz von Büchern mit verbotenem Inhalt vorgeworfen wurde. Ihre Codices und Rollen wurden in großer Zahl öffentlich verbrannt. Bei den Büchern soll es sich angeblich um „Zaubertexte“ gehandelt haben. Ammianus meinte aber, es seien vor allem Werke der „artes liberales“, der klassischen antiken Wissenschaften gewesen. Infolge des Terrors hätten, nach Ammianus, in den östlichen Provinzen „aus Furcht vor ähnlichen Schicksalen die Besitzer ihre ganzen Bibliotheken verbrannt“.[57] Dies ist jedoch der einzige explizite literarische Beleg für die Verfolgung heidnischer Wissenschaftstexte. Die beschriebenen Vorgänge dürften daher zeitlich und lokal begrenzt gewesen sein.

Ammianus kritisiert außerdem die oberflächliche Unterhaltungslust der römischen Oberschicht und fügt dabei ein: „Die Bibliotheken waren geschlossen für immer, wie Grüfte.“ [58] Dies wurde im 19. und dem größten Teil des 20. Jh. von den meisten Gelehrten so interpretiert, als wären die großen öffentlichen Bibliotheken Roms geschlossen gewesen. In jüngster Zeit vermuten manche, die Aussage könne sich nur auf die Hausbibliotheken und die Vergnügungen des römischen Adels bezogen haben.[59] Die Bildung der Führungsschicht war allgemein rückläufig. Hohe militärische Ämter, die überragende machtpolitische Bedeutung besaßen (magister militum) waren infolge der Barbarisierung der Armee mit Nichtrömern besetzt, die nicht den cursus honorum durchlaufen hatten, der eine rhetorische Ausbildung voraussetzte. Die Bewahrung heidnischer Traditionen konzentrierte sich im Westen auf die entmachtete stadtrömische Senatsaristokratie (sog. „Symmachus-Kreis“).

Etwas später, um 415, besuchte der christliche Gelehrte Orosius Alexandria. Er beschreibt, er habe dort selbst in einigen Tempeln leere Bücherregale gesehen. Diese seien „angeblich von unseren Zeitgenossen in unserer Gegenwart ausgeplündert worden.“ [60] Auch in Rom scheinen ab 400 die großen Bibliotheken geschlossen oder leer gewesen zu sein. Selbst unter der Annahme, die Gebäude der Trajansbibliothek hätten 455 noch gestanden, [61] gibt es keinen Hinweis, wonach sie oder andere dort noch geöffnet waren oder noch Bücher enthielten. Man kann daraus auf jeden Fall den Schluss ziehen, dass die Gebäude nicht mehr unterhalten, wenn nicht gar beschädigt oder gar zerstört wurden. Man kann sogar darüber spekulieren, dass die Schriften ungezielt als Brennmaterial verwendet wurden, wie dies in der Neuzeit mit ägyptischen Mumien geschehen ist.

Die Notitia Dignitatum, ein Katalog der offiziellen Verwaltungsposten im Römischen Reich um 400, zeigte keinen Hinweis, dass noch irgendwer für Bibliotheken zuständig war. Aus anderen Dokumenten und Grabinschriften wissen wir aber, dass die Verantwortung für eine oder mehrere Bibliotheken vor 300 als wichtiges und ehrenvolles Amt betrachtet wurde. Hätte es nach 400 noch die großen Bibliotheken gegeben, so wäre ihre Verwaltung von höchster Bedeutung gewesen. Denn der Verwalter hätte bestimmt, welche Bücher nach der Christianisierung noch verfügbar sein durften und welche nicht. Durch Schließung der großen Bibliotheken wäre dieses Problem zu umgehen gewesen.

Es gibt auch einen Beleg für christliche Textzensur aus der Zeit um 400 von Johannes Chrysostomos (349–407), der Bischof von Konstantinopel war, aktiv in der Bekämpfung des Heidentums und einer der bedeutendsten christlichen Gelehrten seiner Zeit. In einer apologetischen Schrift gegen die Heiden schreibt er, dass seit dem gewonnenen Kampf des Christentums die Philosophen und Redner der Heiden nur noch lächerlich gewesen seien wie dumme Kinder und niemand mehr hätten überzeugen können: „Ihre Schriften wurden so gering geschätzt, das ihre Bücher schon vor langer Zeit verschwanden, die meisten wurden bei ihrem ersten Erscheinen zerstört. Wenn man überhaupt noch etwas von ihnen erhalten findet, so findet man es aufbewahrt bei Christen.“ [62]

Johannes Chrysostomos neigt jedoch in Bezug auf die christlich-heidnischen Religionskämpfe zu Übertreibungen, so beschreibt er wiederholt – wie auch andere zeitgenössische Christen –, dass die Tempel auf der ganzen Welt zerstört worden seien und die ganze Welt nur noch den christlichen Gott verehre, was aus historischer Sicht unhaltbar ist. Aufgrund der Rekonstruktion der Überlieferung ist auch diese Aussage zur Literatur sicherlich nicht realistisch. Der Bildungstand spätantiker christlicher Literaten, die bis Anfang des 5. Jh. nachweislich Zugang zu heidnischer Literatur hatten (z.B. Porphyrius, dessen Werke auf christlichen Befehl 448 vernichtet wurden), sowie von Konzilsteilnehmern entsprach weitgehend dem heidnischer Gelehrter. Ein solcher Bildungsstand ist schwer denkbar, wenn die Grundlagen hierfür bereits weggefallen wären. Aufschlussreich ist allerdings, dass hier ein christlicher Literat und Akteur in den Religionskämpfen das christliche Bildungsmonopol bereits um 400 zumindest als Wunschdenken formuliert.

Heiden und Christen im Reich lebten noch lange Zeit weitgehend konfliktlos zusammen, wobei sich verschiedentlich erhebliche Spannungen ergaben, die teilweise in Gewaltakte umschlugen. Gerade in neuester Zeit ist das gewaltsame Vorgehen der Christen wieder betont worden.[63] Die offizielle Religionspolitik hing vom jeweils herrschenden Kaiser ab. Religiöse Konflikte waren aber oft sozial motiviert oder wurden von christlichen institutionellen oder spirituellen Autoritäten geschürt. Im Jahre 382 gab es noch acht namentlich bekannte heidnische Ponifices Maximi. [64] Der Umfang der Konversionen in der Aristokratie ist zuletzt von M. Salzman aufgrund des literarischen Befundes zusammengestellt worden.[65] (prominente heidnische Konsuln im Jahr 391: Symmachus und Tatian). Heidnische Schulen in Athen und Alexandrien existierten bis ins 6. Jh., verloren jedoch nach und nach an Einfluss oder passten sich der christlichen Umwelt an.[66] Die Platonische Akademie in Athen, oft als „Hort paganer Traditionen“ bezeichnet, wurde von Justinian I. 529 geschlossen.

Vernichtung von „Zauberbüchern“

Die antike Literatur war wahrscheinlich auch in kleinen und kleinsten privaten Bibliotheken verbreitet. Der Verlust der großen Bibliotheken konnte daher wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte des Bestandes betreffen. Der vollständige Verlust der Millionen vor ca. 350 erstellten Büchern muss ein längerer Prozess gewesen sein, wobei Zerstörungen im Zuge der Barbareninvasionen die Hauptverantwortung zugewiesen wird. In der antiken und frühmittelalterlichen Geschichtsschreibung wird eine systematische Vernichtung von Literatur durch Christen nicht explizit erwähnt. Allerdings ist bekannt, dass so genannte „Zauberbücher“ verfolgt wurden. Diese Literaturgattung war zu Beginn des ersten Jahrtausends eher selten (siehe Häufigkeit von Zauberbüchern). Sie wurde seit der offiziellen Anerkennung des Christentums im 4. Jh. deutlich häufiger zum Ziel von Verfolgungen.

Eine umfangreiche Arbeit mit christlich apologetischer Tendenz[67] von Speyer widmete sich 1981 dem Thema der antiken Büchervernichtung. Zum Aspekt „Die Vernichtung der heidnischen Literatur“ fand Speyer Hinweise auf die Vernichtung christenfeindlicher Schriften, von heidnischen Ritualbüchern, von lasziver Literatur (Erotik, Pornographie) und von Zauberbüchern. Demnach sind Schriften der klassischen Wissenschaften nie gezielt vernichtet worden.[68] Verfolgung von Zauberschriften, wahrscheinlich Fluch- und Schadsprüche/Rituale, gab es schon zu heidnischer Zeit. Gebildete, wie Plinius der Ältere, hielten Zauberei schlicht für Betrug.[69]

Im Volksglauben war Magie aber immer mehr oder weniger vorhanden. In christlicher Zeit, ab ca. 350, gibt es weitaus mehr Belege für die Verfolgung von Zauberbüchern. Da Ammian über die Verbrennung von Büchern der klassischen Wissenschaften im Rahmen von Zauberbücher-Verfolgungen berichtet, ist es möglich, dass auch andernorts heidnische Literatur in diesem Zusammenhang vernichtet wurde.

Ob ein Buch Magie oder Wissenschaft enthielt, war nur durch sein Lesen erkennbar. Selbst dann bedurfte es noch einiger Bildung, den Unterschied in jedem Fall zu erkennen, und nicht jeder Christ, der in Büchervernichtungen involviert war, dürfte über eine hinreichende Bildung verfügt haben. Ein heidnisches Buch konnte als Zauberbuch erkannt werden, wenn es einem berühmten Heiden oder einer Gottheit gewidmet ist oder nur einen inzwischen als Magier angesehenen Wissenschaftler zitierte. Der Vorwurf der Magie war sehr weit gefasst und könnte auch teilweise gegen heidnische Literatur verwendet worden sein.[70]

Die Verbrennung von Zauberbüchern durch Christen geht nach Speyer auf eine Passage in der Apostelgeschichte zurück. [71] Dabei wird erzählt, wie Paulus Dämonen austrieb, um Kranke zu heilen. Er war dabei erfolgreicher als die „Söhne eines jüdischen Hohenpriesters Skeva“, die als „umherziehende jüdische Beschwörer“ bezeichnet werden. [72] Nach dem Triumph von Paulus in der Stadt: „Viele aber von denen, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten und verkündeten ihre Taten. Viele aber von denen, welche vorwitzige Künste getrieben hatten, trugen die Bücher zusammen und verbrannten sie vor allen; und sie berechneten den Wert derselben und fanden ihn zu fünfzigtausend Stück Silber.“ (Apg, 19,18-19). In dieser Passage kann man nur aus dem Kontext vermuten, dass Bücher mit Zaubersprüchen gemeint sind. [73] Die laut der Überlieferung große Menge der hier vernichteten Bücher macht entweder die Passage unglaubwürdig oder erlaubt den Schluss, dass es sich keineswegs nur um Zauberbücher im heutigen Sinne gehandelt hat. Abgesehen von dieser Bibelstelle gibt es erst wieder ab dem 4. Jh. Nachweise für die Verbrennung von „Zauberbüchern“ im Rahmen christlicher Bekehrung.

Von ca. 350 bis ins Mittelalter hinein gibt es einige Schilderungen, dass der Besitz von „Zauberbüchern“ lebensgefährlich war, sie gezielt gesucht und vernichtet wurden. Es gibt zumindest einen Beleg für die Tötung eines ihrer Besitzer in der Zeit um 350-400:

„In dieser Zeit wurde mit größter Strenge gegen die Besitzer von Zauberbüchern vorgegangen. Von Johannes Chrysostomos erfahren wir, dass Soldaten seine Heimatstadt Antiochien am Orontes genau nach magischen Schriften durchsuchten. Als er selbst zu dieser Zeit mit seinem Freund am Orontes entlangging, sahen sie einen Gegenstand auf dem Fluss schwimmen. Sie zogen ihn heraus und erkannten, dass sie ein verbotenes Zauberbuch in Händen hielten. Im selben Augenblick zeigten sich in ihrer Nähe Soldaten. Doch es gelang ihnen noch, das Buch unbemerkt im Gewand zu verstecken und es wenig später wieder in den Fluss zu werfen. So entgingen sie der Lebensgefahr. Wie Chrysostomos weiter berichtet, hatte ein Besitzer eines Zauberbuches dieses aus Angst vor den Verfolgern in den Fluss geworfen. Er wurde dabei beobachtet, der Zauberei überführt und mit dem Tode bestraft.“

Speyer, S. 132.

Außer Ammianus gibt es offenbar noch weitere Quellen, wonach zu dieser Zeit zum Auffinden heidnischer Bücher auch Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden, wobei es sich hierbei um „Ritualbücher“ gehandelt haben könnte. [74] Etwa 100 Jahre später (487 bis 492) gibt es einen weiteren Bericht von Hausdurchsuchungen. Studenten in Beirut fanden bei einem „Johannes mit dem Beinamen 'Walker' aus dem ägyptischen Theben“ Zauberbücher. Er hatte sie dann selbst verbrannt und wurde gezwungen, die Namen von anderen Besitzern anzugeben. Daraufhin begannen die Studenten „unterstützt vom Bischof und der weltlichen Obrigkeit“, eine größere Suchaktion. Sie fanden bei anderen Studenten und einigen namhaften Personen derartige Bücher und verbrannten sie vor der Kirche. [75]

In einem Gesetz der Spätantike wurden seit 409 „Mathematiker“ verpflichtet, „ihre Bücher vor den Augen der Bischöfe zu verbrennen, andernfalls seien sie aus Rom und allen Gemeinden zu vertreiben.“ [76] Üblicherweise wurden Mathematiker in der Spätantike mit Astrologen gleichgesetzt. Dies erscheint aber nicht zwingend. Unter Mathematik verstand die Antike wesentliche Teile der klassischen Wissenschaften. Nur im einfachen Sprachgebrauch wurden darunter Astrologen (Sterndeuter) verstanden. [77] Die Umsetzung dieses Verbots könnte sich, wie bei allen gegen die Heiden gerichteten Gesetzen, allerdings schwierig gestaltet haben.

Im Jahre 529 ließ Kaiser Justinian die Akademie von Athen schließen. Im Jahre 546 erließ er ein Lehrverbot für Heiden und ließ heidnische „Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen“ verfolgen und 562 „heidnische Bücher“ öffentlich verbrennen. [78] Die Reihenfolge dieser Ereignisse könnte darauf hindeuten, dass die heidnischen Bücher im Zuge der Verfolgung von Heiden gefunden wurden. Explizit Verfolgungen von Zauberbüchern sind nur aus dem Osten belegt, wobei die Überlieferungslage im Westen insgesamt ungleich dürftiger ist.

Religiös motivierte Gewalt

Es gibt zahlreiche Belege religiös motivierter Gewalt in der Spätantike, so schilderte um 380 Libanios, der freilich als Heide nicht unbefangen war, in einem Brief an Kaiser Theodosius I. extreme Zerstörungswut an heidnischen Tempeln durch „Banden schwarz gekleideter Mönche“.[79] Heute ausgestellte antike Statuen mit abgeschlagener Nase wurden nahezu sicher in der Spätantike von Christen demoliert, in der Mehrzahl um 400.[80]

In seinem Buch zu christlichem Fanatismus in der Spätantike findet Sauer zerstörte heidnische Tempel sowie Zerstörungen von Kulturgütern (Ikonoklasmus) vor allem im Westen. Dies könnte darauf zurueckgefuehrt werden, dass hier (vor allem in Deutschland) die Ausgrabungen zahlreicher und sorgfältiger waren. Letzteres war entscheidend, um aus Beifunden wie Münzen den ungefähren Zeitraum der Zerstörung der Tempel zu ermitteln. Sauer verglich diese Zerstörungen qualitativ mit modernem Fundamentalismus.[81] Seiner Meinung nach waren sie exzessiv und umfassten das ganze Reich:

„There can be no doubt on the basis of the written and archaeological evidence that the Christianisation of the Roman Empire and early medieval Europe involved the destruction of works of art on a scale never before seen in human history“

„Auf der Grundlage des literarischen und archäologischen Befundes kann es keinen Zweifel geben, dass die Christianisierung des Römischen Reiches und des frühmittelalterlichen Europa an der Zerstörung von Kunstwerken in einem Ausmaß beteiligt war, wie man es in der Geschichte der Menschheit nie zuvor sah.“

Sauer, S. 157
Der Skelett-Fund im Mithras-Tempel von Sarrebourg. Historische Fotografie der Grabungsberichte von 1905, aus: Franz Cumont: Die Mysterien des Mithra (1911)

Es gibt vereinzelte archäologische Zeugnisse, dass Tempelzerstörungen mit grausamen Hinrichtungen einhergingen. In dem mit Felsen verschlossenen und zugeschütteten Mithrastempel von Sarrebourg fand man schon 1905 das Skelett eines schmächtigen Mannes mit hinter dem Rücken gefesselten Händen, der offenbar lebendig begraben worden war.[82] Ein weiterer Fund in einem Mithrastempel deutet zusätzlich auf eine Pfählung hin.[83] Ein Forschungsprogramm am nationalen Gesundheitsamt der USA brachte im anthropologischem Vergleich die Anwendung von Gewalt in den Zusammenhang sexueller Enthaltsamkeit,[84] die auch vom spätantiken Christentum gelehrt wurde.

Der Umfang an religiös motivierter Gewalt wird indes relativiert durch eindeutige Belege darüber, dass anders als die „radikalen Christen“, die heidnische Bildung insgesamt ablehnten, viele tolerante Christen heidnische Kultur und Glauben in Einklang bringen wollten.[85] Extreme Gewalt ging von beiden Seiten aus: In Alexandria kam es 391 zu Straßenkämpfen, als Christen von Heiden gekreuzigt wurden, und in Apameia in Syrien wurde der Ortsbischof Markellos von Heiden verbrannt.[86] Von christlichen Autoren werden ausschließlich christliche Märtyrer als Opfer heidnischen Terrors stilisiert, was propagandistisch motiviert gewesen sein mag, um das Christentum als friedfertige Bewegung zu präsentieren. Neueste Survey- und Datenbankforschungen zum Umfang von Tempelzerstörungen bestätigen das Bild einer nachhaltigen Zerstörung auch für heidnische Gebäude, wenngleich nicht als Konsequenz einer systematischen Verfolgung, so doch in der Summe der allerorts auftretenden lokalen Religionskämpfe.[87] Heidnische Gebäude wurden oft zerstört, um Baumaterial für christliche Neubauten zu gewinnen.

Endzeiterwartungen

Der Untergang Roms, die Eroberung des Reichs durch Barbaren wurde von manchen Zeitgenossen als apokalyptisch wie ein Weltuntergang empfunden. Es gibt keinen Hinweis, dass dieses Ereignis (oder noch schlimmere im 6. Jh.) als Rache an Rom für die Hinrichtung von Jesus Christus oder ähnlichem interpretiert wurde. Die heutige Interpretation der Bibel war im wesentlichen auch die damalige und ließ dies nicht zu.

Relevanter ist allerdings der Endzeitgedanke des NT, der dem des AT durchaus ähnelt. Im AT musste der jüdische Staat erst in höchste Not geraten, ehe Gott seine Himmlischen Heerscharen schickte, um das Reich Gottes auf Erden zu errichten.[88] Auch im NT muss sich erst eine große Katastrophe ereignen, bevor das Paradies auf Erden kommt und die Geschichte der Menschheit sich erfüllt. So lautet die Prophezeiung in der Apokalypse des Johannes. Der Glaube an das nahe bevorstehende katastrophale Ende der Welt durchzieht das ganze Mittelalter.

Unwahrscheinlich ist, dass für einzelne Personen der Spätantike dies eine Motivation gewesen sein könnte, Literatur zu vernichten. Es bestand die Möglichkeit zum Trost in der Misere, wenn späteren Generationen dafür ein viel besseres Leben sicher ist.[89] In allen Glaubeninterpretationen des Christentums ist es aber strikt verboten, durch irgendwelche Taten Gott direkt zum Handeln zu provozieren. Ebenso verboten sind alle vermeidbaren Handlungen, die andere Christen in Gefahr bringen. Diesem Ethos zufolge ist es unwahrscheinlich, dass Endzeiterwartungen Christen zu Büchervernichtungen motiviert haben könnten.

Bildung im Frühmittelalter

Für die Annahme eines erheblichen Bücherverlustes in der Spätantike sprechen noch weitere Hinweise. Die antike Welt hatte wahrscheinlich einen relativ hohen Alphabetisierungsgrad. Plinius schrieb seine Enzyklopädie ausdrücklich für Bauern. Papyrusfunde aus Ägypten bestätigen, dass auch arme Bauern in den Provinzen offenbar lesen und schreiben konnten. Ein Grabstein, gefunden in Bayern, gesetzt von einem Sklaven für einen Sklaven, deutet sogar auf Alphabetisierung ländlicher Sklaven in den Provinzen. Für städtische Sklaven war dies schon länger belegt. Johannes Chrysostomos schrieb eine Schrift gegen die Heiden, wobei er als Zielgruppe ebenfalls die Unterschicht benannte, wahrscheinlich war dieser Text allerdings zum mündlichen Vortrag, etwa im Gottesdienst gedacht.

Seit dem späten 4. Jh. wurden Heiden zunehmend aus dem Bildungsbetrieb zurückgedrängt, wobei allerdings einzelne prestigereiche Schulen, die in heidnischer Tradition wurzelten, weiter existierten. Julian Apostata hatte 362 durch das Rhetorenedikt noch versucht, die Christen vom Lehrbetrieb faktisch auszuschließen. Dieser staatliche Eingriff schlug später auf die Heiden zurück. Dies könnte Auswirkungen auf die Überlieferung der antiken Literatur gehabt haben. Augustinus von Hippo (354-430) argumentierte zwar für den Erhalt des heidnischen Schrifttums; aber im Prinzip nur verschlossen in einer Bibliothek, denn er wollte es weder verbreitet noch gelehrt sehen. Er sprach sich gegen die Lehre der ars grammatica und alles, was dazu gehört, aus. Nur kirchliche Schriften seien zu benutzen.[90] Der Bildungstand und Grad der Alphabetisierung dürfte sich allerdings im 4. Jh., das eine späte Blütezeit der Literatur war, im Vergleich zur Kaiserzeit nicht deutlich unterschieden haben.

Papst Gregor der Große (540-604) nahm eine deutlich negative Haltung zur antiken Bildung ein. Er vermied strikt antike Zitate.[91] Ebenso Isidor von Sevilla, der in seinen Regeln für das Mönchstum warnte, nur sehr gefestigten Schülern dürfe erlaubt sein, heidnische Schriften zu lesen. Hagendahl: Man fühlt sich nach Cassiodor, sagt Manitius, „in eine andere Welt versetzt: Mystik, Aberglaube und Wundersucht überwuchern jetzt die früher oft so logische und sachgemäße Darstellung“. [92] Allerdings wird der Umgang mit heidnischer Literatur von christlichen Literaten kontrovers beurteilt. Seit dem 4. Jahrhundert gab es eine deutliche Tendenz, klassisch-heidnische Schriften in das christliche Weltbild zu integrieren, soweit sie mit diesem nicht völlig unvereinbar waren. Dies bezog sich besonders auf Autoren, die bereits in der Antike eine herausragende Bedeutung besaßen und im Idealfall als Vordenker für das Christentum interpretiert werden konnten (etwa Cicero und Seneca).

Als Folge der Zurückdrängung von Heiden sowie der Barbareneinfälle und des damit verbundenen Verlustes städtischer Strukturen konnte vermutlich auch der Klerus den Alphabetisierungsgrad nicht halten. Cassiodor schrieb ein Lehrbuch zur antiken Grammatik, dessen Zielgruppe wohl seine Mönche waren. Lowe: „Von den Regeln der Orthographie und Grammatik, die er niederlegte, kann man ermessen, wie tief die Gelehrsamkeit zu seiner Zeit bereits abgesunken war.“[93] Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass Mönche Orthographie und Grammatik nur unzureichend beherrschten.

Wenn auch ein einzelnes Lehrbuch nur bedingt Rückschluss auf die Bildung einer Region zulässt, so gelten doch die Briefe des Bonifatius, in denen er den Bildungsnotstand des Klerus zu seiner Zeit beklagt, als deutlicher Hinweis dafür, dass ein langsamer Verfall, der sich über viele Generationen erstreckt haben muss, stattgefunden hat. In diese Richtung deuten auch die Bemühungen Alkuins, den Bildungsstand im karolingischen Reich zu heben. Der Ausgangspunkt dieser Bestrebungen, der fundamentale Bildungsverlust, indiziert ebenfalls eine sehr langfristige Entwicklung, die bereits im 5. Jahrhundert eingesetzt haben muss.[94] Zur Zeit Isidors wurde ein Gesetz erlassen, das Analphabeten vom Amt des Bischofs ausschloss - dem höchsten Amt, das die Kirche damals zu vergeben hatte. Dies deutet darauf hin, dass in der Schicht der Aristokratie, aus der sich die Bischöfe in Westrom rekrutierten, ein signifikanter Bildungsverfall eingetreten war. Das genannte Gesetz hat ausweislich der Briefe des Bonifatius aber keine besondere Tragweite gehabt.

Nicht wenige Klosterinsassen des Mittelalters waren zumindest auf dem Kontinent ebenfalls Analphabeten. Selbst manche Schreiber von Codices malten nur das textliche Bild der Vorlage ab.[95] Dies hatte aber auch den Vorteil, dass die Kopien dieser Zeit sehr originalgetreu sind – man wagte nicht, die Vorlage zu „verbessern“. Es ist vor allem der Kopiertätigkeit der Mönche zu verdanken, dass ein nicht noch größerer Teil der antiken (in diesem Fall lateinischen) Literatur verloren gegangen ist.[96]

Aus dem 16. und 17. Jahrhundert zurückrechnend kommt man für den Beginn des Spätmittelalters (um 1250) auf einen Alphabetisierungsgrad in Kontinentaleuropa von etwa 1 %. Grob geschätzt bedeutet dies: Die 90 % Landbevölkerung sind Analphabeten, von den 10 % Stadtbevölkerung sind es dann wiederum nur 10 %, die lesen und schreiben können (in Skandinavien war dies die Saga-Zeit mit sehr hohem Alphabetisierungsgrad). Das Mittelalter zeigte von 700 bis 1500 aber Hinweise für eine ständige Zunahme der Schriftlichkeit.

Einordnung der neueren Ergebnisse in die Forschungsdiskussion

Die neueren Ergebnisse zur quantitativen Überlieferungsgeschichte können Akzente in der Einschätzung des für die abendländische Textüberlieferung entscheidenden Zeitraums vor der Karolingischen Renaissance setzen. Die Ergebnisse wurden auf Grundlage des für die lateinische Literatur maßgeblichen C.L.A. erstellt, wobei die Daten auf dem heute erhaltenen Material beruhen. Für den byzantinischen Raum widerspricht die Suda, ein um 970 kompiliertes Lexikon mit Referenzen auf heute verlorene Werke, dem für den lateinischen Westen anzunehmenden Verlust heidnischer Papyrustexte im Frühmittelalter. Es ist jedoch möglich, dass die Autoren der Suda selbst nur noch auf Sekundaerreferenzen, bereits früher kompilierte Lexika, zurückgriffen. Der islamische Anteil an der Überlieferung ist ebenfalls vom C.L.A. nicht berücksichtigt.

Ein Befund der papyrologischen Forschung, welche die Haltbarkeit von Papyri unter Normalbedingungen derjenigen des Pergaments gleichsetzt, ist bislang noch nicht hinreichend in die Rekonstruktion der Überlieferung eingebunden worden. Daraus ergibt sich, dass die Verwahrlosung von Gebäuden während des allgemeinen kulturellen Verfalls im westlichen Europa des Frühmittelalters den Verfall der Papyri vor dem 8. Jh. verursacht haben dürfte. Über das Schicksal der großen öffentlichen Bibliotheken ist, besonders aus der spärlichen Überlieferung des späten 5. und 6. Jh., nicht viel bekannt. Grundsätzlich könnten Bibliotheken als heidnische Kulturgebäude Ziel christlicher Gewalt gewesen sein, in einem Fall ist dies belegt („Vernichtungs- und Duldungsphase“). Für den Umfang dieser Bibliothekszerstörungen erlaubt jedoch der derzeitige archäologische Forschungsstand noch kein abschließendes Bild.

Für die Wahrscheinlichkeit der Vernichtung heidnischer Privatbibliotheken ist die Befundlage ähnlich. Verfolgungen von magischer Literatur dürften sich in gewissem Umfang auch auf nichtmagisches heidnisches Schrifttum erstreckt haben. Aus der christlich apologetischen Literatur ist zu entnehmen, dass das Argument heidnischer kultureller und literarischer Überlegenheit in der christlich-heidnischen Auseinandersetzung eines der gewichtigsten war, die letzte Waffe im Kampf beider Religionen bzw. Weltanschauungen.[97] Die zumindest aus dem 5. Jh. immer noch überlieferte heidnische Literatur aus beiden Teilen des Reiches (etwa Zosimos, Rutilius Namatianus, Martianus Capella) schließt eine flächendeckende Verfolgung heidnischer Literatur allerdings weitgehend aus, auch wenn sich heidnische Literaten ihrer christlichen Umwelt zunehmend anpassten oder anpassen mussten (Boethius).

Glossar - Quantitativ

Das Buch

Der Begriff „Buch“ ist in der Überlieferung nicht immer eindeutig. Erst aus dem Kontext kann man schließen oder vermuten, ob eine Rolle oder ein Codex gemeint ist. Allgemein gilt ein Buch als ein Titel und ein Band. Dies ist heute üblich, galt aber nicht für den Codex vor 1500. Ein physisches Buch wird im Deutschen als Band bezeichnet, dies muss aber nicht für das englische „Volume“ gelten.

Die Rolle

Die Rolle war in der Antike ein Buch mit literarischem Inhalt (im Gegensatz zu Urkunde oder Brief) aus Papyrus und meist einseitig beschrieben. In etwa kann man eine Rolle mit einem Titel gleichsetzen (s.u.). Am wichtigsten für statistische Angaben sind die Rollen von Oxyrhynchos. Die Buchrollen unter den Funden von Oxyrhynchos stammen vom 1. bis zum 7. Jahrhundert. Der Datensatz betrifft daher fast nur das 1. bis 4. Jh. Er reicht nicht vor das 1. Jh., da die lokalen Bedingungen, wahrscheinlich die in Tiefe zunehmende Bodenfeuchte, das tiefere, ältere Material, vernichtet haben.

Nach den Daten von W.A. Johnson (1992) betrug die durchschnittliche Länge 10.3 m. Dies ist jedoch eine Hochrechnung von Fragmenten, beeinflusst auch durch einige vermutlich große Rollen (19 bis 29 m) Herodot, Plato und Thukydides. Die Existenz solch großer Rollen scheint andernorts belegt. Axon erwähnt eine 120 feet (40 m) lange Homer-Rolle, geschrieben mit Goldbuchstaben, als Bestand der Palastbibliothek von Konstantinopel um 400.[98] Vermutlich war es ein immer ausgebreitet präsentiertes Ausstellungsstück aus einer heidnischen Schule oder Bibliothek.

Hagedorn schätzt die durchschnittliche Rolle auf 3 bis 4 m, glaubt aber, „Rollen von 10 m Länge dürften keine Seltenheit gewesen sein.“ Pöhlmann kommt von Literaturrecherchen auf einen Wert von 6 bis 11 m. [99] Vielleicht kann man von einer durchschnittlichen Länge der Buchrolle von 6 bis 8 m ausgehen. Besonders relevant ist dieser Wert aber nur zur Berechnung der Bestände von Schränken in Wandnischen, wenn nur noch diese Gemäuerüberreste von einer antiken Bibliothek vorhanden sind.

Wichtiger ist die durchschnittliche Anzahl der Buchstaben pro Rolle. Sie betrug bei Johnsons Datensatz von Oxyrhynchos 83.300 pro Rolle. Werte von 150.000 scheinen für 10 bis 12 m lange Rollen großer Werke, etwa Herodot, noch üblich gewesen zu sein. Die durchschnittliche Buchstabenbreite betrug 3,3 mm, konnte aber auch von 5 bis unter 2 mm reichen. Die Anzahl der Buchstaben pro Rolle ist daher unabhängig von der durchschnittlichen Größe der Rolle.

Axon stellte eine Statistik von 14 Werken von 7 überlieferten berühmten lateinischen Autoren auf. Sie sind zwar nur als Codex überliefert, da sich aber die Werke in Rollen („Bücher“, „Volumes“) unterteilten, kann man gut auf die Anzahl der Rollen schließen. Es waren insgesamt 141 Rollen mit zusammen 7.755.903 Buchstaben. Axon erhielt so einen Durchschnittswert von 53.860 Buchstaben pro Rolle. Die Vermutung liegt nahe, dass die Römer, wohlhabender und praktischer veranlagt als die Ägypter, etwas kleinere Rollen bevorzugt haben. Im folgenden wird der Wert von Oxyrhynchos mit 83.300 Buchstaben pro Rolle verwendet, da er auf einem größeren Datensatz beruht.

Der Codex

Der Codex, der unseren heutigen Büchern ähnelt, war bereits im 1. Jh. in Rom auch für triviale Literatur üblich. [100] Meist aus Pergament war der Codex mitunter handlicher, aber immer teurer als die Papyrus-Rolle. Codices mit Papyrusseiten waren ebenfalls üblich. Die meisten antiken Codices sind durch Funde aus Ägypten bekannt und enthielten vom Umfang her etwa 4 Papyrus-Rollen. Allerdings änderte sich die Größe des Codex in drastischer Weise in der Spätantike.

Bis zum 3. Jh. ist kein Codex bekannt, der mehr als 300 Seiten (150 Blätter) gehabt hätte, die meisten hatten weniger. Aus dem 5. Jh sind dann Codices überliefert, die mindestens 638, 1460, 1600 und 1640 Seiten hatten. Ulpians 35 Rollen „Ars Edictum“ fanden sich zu der Zeit in 3 Codices zu je 14, 11 und 7 Rollen. Gregor der Große erwähnt, er habe in 6 Codices den Text von 35 Rollen untergebracht. [101] Roberts und Skeat rechnen bis Ende der Spätantike mit durchschnittlich 6 Rollen pro Codex. [102] Die großen Codices der Spätantike waren aber unhandliche, überformatige Monstren von 10 bis 20 kg Gewicht. Ein Wert von 4 Rollen pro Codex passt weitaus besser zum lateinisch-mittelalterlichen Codex, der um 800 auch etwa diese Textmenge (4 x 83.300) und Titelzahl umfasste. Gegen Ende des Mittelalters könnte sich beim Übergang vom Pergament zum billigeren Papier die Titelzahl weiter verringert haben. Mit der Verbreitung des Buchdrucks war dann nur noch ein Titel üblich. Der Begriff Codex sollte eher handschriftlichen Büchern vorbehalten sein. Es gab sie noch bis ins 18. Jh., da das Kopieren einzelner Bücher deutlich billiger war, als eine Auflage im Druck.

Titelzahl bei Rolle und Codex

In der Antike sehr verbreitete große Werke enthielten einige Rollen pro Titel. Die lateinische Aufstellung Axons (s.o.), die er für repräsentativ hält, kam bei 14 Titeln (Werken) auf durchschnittlich 10 Rollen pro Titel. Allerdings bezieht sich dieser Wert nur auf überlieferte Bücher. Aus der Antike selbst gibt es für die Zeit um 235 v. Chr. eine deutliche Aussage. Demnach enthielt die Bibliothek von Alexandria damals von 490.000 Rollen 400.000 (80%) mit „gemischtem Inhalt“. [103] Damit könnten nicht nur mehrere Titel sondern sogar mehrere Autoren pro Rolle gemeint sein. Mehrere Titel auf einer Rolle könnte auch auf ungewöhnlich große Rollen in der Anfangszeit der Bibliothek hindeuten. Unsere Daten zur Größe der Rollen stammen vor allem aus der wirtschaftlich besseren, pragmatischeren römisch-kaiserzeitlichen Periode. Sieht man die Rollengröße der alten griechischen Klassiker (Homer, Herodot, usw.) im Verhältnis zu den Werten von Oxyrhynchos oder der Lateiner-Statistik von Axon, so zeigt dies eine Verringerung der durchschnittliche Größe der Rolle. Dies würde dann eher auf nur einen Titel pro Rolle führen.

Wie lässt sich die Diskrepanz zwischen dem antiken Wert von einer Rolle pro Titel zu dem überlieferten Bestand von im Mittel 10 Rollen pro Titel erklären? Es könnte mit der Überlieferung durch große spätantike Codices zu tun haben. Die Editionen um 400 werden die berühmtesten (erlaubten) Werke ihrer Zeit enthalten haben. Dies waren dann vor allem große Werke von Plinius, Livius und Aulus Gellius mit 37, 35 und 20 Rollen. Die 3 Titel von Tacitus, die je eine Rolle umfassen, wurden wohl nur überliefert weil sie mit den Annales (12 Rollen) und Historia (5) in einem Codex zusammengefasst waren. Bei einer personenbezogenen Titelauswahl mit Neigung zu den berühmtesten und damit meist größten Werken ist beim so erhaltenen Corpus ein deutliches Anwachen der Rollenzahl pro Titel zu erwarten.

Interessant ist dazu die Feststellung von J. O. Ward. Demnach war das im Mittelalter zirkulierende Medium nicht der Codex, der heute in der Bibliothek steht, sondern das „Booklet“. Es war vom Umfang her nicht größer als 1 bis 2 Rollen. Mehrere Booklets wurden dann im Mittelalter, meist sogar später, zu Codices zusammengebunden. [104] Da ein zirkulierendes Booklet mindestens einen Titel umfassen musste, scheint die typische Titelgröße auch im Mittelalter bei 1 bis 2 Rollen gelegen zu haben. Die Größe eines durchschnittlichen Werkes, eines Titels, vor der Zeit des Buchdrucks, war daher eher im Bereich eines größeren Zeitschriftenartikels und nicht dem eines heutigen Buches. Die Gleichsetzung eines Titels mit einer Rolle dürfte für die Antike zumindest die Größenordnung sicher treffen.

Häufigkeit von Zauberbüchern

Unter einem Zauberbuch versteht man heute ein Grimoire. Sie enthalten angeblich geheimes Wissen über Magie, Dämonen und Hexerei. Typisch sind Sammlungen von Zaubersprüchen, Anleitungen für Rituale oder zur Herstellung von nicht funktionierenden Wundermitteln.[105]

Von solchen Büchern streng zu trennen sind Notizen, die im Rahmen von Ritualen geschrieben wurden. Sie enthalten Bittgesuche an Götter, Beschwörungen oder Verfluchungen. Solche Notizen auf Blei, Stein, Holz oder Papyrus sind zu Hunderten gefunden worden. Ebenfalls nicht unter Zauberbücher fallen einzelne kurze magische Texte wie Rezepte zu jeweils einem Ritual.

Aus dem Vorhandensein von Zauberbüchern in der Überlieferung oder in einzelnen Papyrusfunden lässt sich wenig über die Häufigkeit aussagen.[106]

Die Papyrusfunde von Oxyrhynchus sind aber aus einer Zeit, in der es kaum oder keine Verfolgung von Zauberbüchern gab. Da sie aus einer Müllhalde stammen, zeigen sie wahrscheinlich einen Querschnitt der damals gebrauchten Bücher, wobei allerdings Verwaltungstexte überrepräsentiert sein könnten. Der Themenvergleich mit den Titeln des Varro (s. o.) unterstützt diese Vermutung.

Die Studie von Julian Krüger[107] über die Literaturrezeption in Oxyrhynchos präsentiert auf Seite 227 bis 245 Inhaltsangaben zu 1485 Papyrustexten.[108]

Davon sind nur 14 mit Zauberei verbunden:

  1. PSI 1290 "Initiationritus zu Mysterien"
  2. P.Oxy. 1380 "Anrufung der Isis"
  3. P.Oxy. 1381 "Preisung des Imuthes-Asklepios"
  4. P.Oxy. 885 "Abhandlung über Divination" (Wahrsagen)
  5. P.Oxy. 2332 "Töpferorakel"
  6. P.Oxy. 886 "Magischer Text"
  7. P.Oxy. 887 "Magischer Text"
  8. P.Harr.55 "Magischer Text"
  9. P.Laur.123 "Magischer Text"
  10. P.Oxy. 658 "Heidnisches Opfer"
  11. P.Oxy. inv.50 4B 23/I(1-3)b "Liebeszauber"
  12. P.Oxy. 2753 "Magische Sprüche"
  13. PSI 29 "Magische Sprüche"
  14. P.Osl. 76 "Über Divination" (Wahrsagen)

Diese 14 wären nun weniger als 1 % der Gesamtmenge. Bei nährer Betrachtung dürften die meisten aber einfache Bitt- oder Beschwörungsnotizen sein. Selbst No. 1, 4, 5 und 14 scheinen höchstens Einzelthemen aber keine Sammlungen zu sein. Zählt man sie dennoch als Zauberbücher, so kommt man auf einen Anteil von 0,3 % an der Gesamtsammlung. Dies zeigt, dass der Anteil der Zauberbücher unter den Büchern der Antike sehr gering war. Wahrscheinlich eher eines von Tausend als eines von Hundert.

Siehe auch

Literatur

  • Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur. Bd. I und II. München 1997.
  • William E. A. Axon: On the Extent of Ancient Libraries. In: Transactions of the Royal Society of Literature of the United Kingdom. Second Series, Vol. X., London 1874. S. 383-405.
  • Robert Barnes: Cloistered Bookworms in the Chicken-Coop of the Muses. The Ancient Library of Alexandria. In: Roy MacLeod (Hrsg.): The Library of Alexandria. London 2000.
  • Karl Christ und Anton Kern: Das Mittelalter. In Georg Leyh (Hrsg.): Handbuch der Bibliothekswissenschaft, Band 3,1, Geschichte der Bibliotheken, Bd. 1. Wiesbaden 1955.
  • Mostafa El-Abbadi: Life and Fate of the ancient Library of Alexandria. 2ed. Paris 1992.
  • Hans Gerstinger: Bestand und Ueberlieferung. Graz 1948.
  • Angelika Haese: Mittelalterliche Bücherverzeichnisse aus Kloster Lorsch. Wiesbaden 2002.
  • Dieter Hagedorn: Papyrologie. In: H.-G. Nesselrath: Einleitung in die griechische Philologie. 1997.
  • Michael H. Harris: A History of Libraries in the Western World. London 1995.
  • George W. Houston: A Revisionary Note on Ammianus Marcellinus 14.6.18: When did the Public Libraries of Ancient Rome close?. In: Library Quarterly, Bd. 58 (1959), Nr. 2, S. 258-264.
  • Wolfram Hoepfner: Antike Bibliotheken. Mainz 2002.
  • Herbert Hunger: Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Literatur. 1. Antikes und mittelalterliches Buch- und Schriftwesen. Zürich 1961.
  • Elmer D. Johnson: A History of Libraries in the Western World. London 1965.
  • W.A. Johnson: The Literary Papyrus Roll. Yale 1992.
  • Robert A. Kaster: Geschichte der Philologie in Rom. In: F. Graf, (Hg.): Einleitung in die lateinische Philologie. Stuttgart 1997.
  • Manfred Landfester: Geschichte der antiken Texte. Werklexikon. Der Neue Pauly Supplemente 2. Stuttgart 2007.

'Johannes Laudage, Lars Hageneier, Yvonne Leiverkus: Die Zeit der Karolinger. Darmstadt 2006.

  • Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, I, München (1911)
  • Fritz Milkau / Georg Leyh (Hrg.), Handbuch der Bibliothekswissenschaft. 2. Aufl. Wiesbaden 1952-1961.
  • Edward A. Parsons: The Alexandrian library. Glory of the Hellenic world. Its rise, antiquities, and destructions. 1952.
  • Egert Pöhlmann: Einfuehrung in die Ueberlieferungsgeschichte und in die Textkritik der antiken Literatur. 1994.
  • Encyclopedia of Library History. 1994.
  • L. D. Reynolds (Hrsg.): Texts and Transmission. Oxford 1983.
  • L. D. Reynolds und N. G. Wilson: Scribes and Scholars. A Guide to the Transmission of Greek and Latin Literature. 3rd Ed. Oxford 1991.
  • Eberhard Sauer: The archaeology of religious hatred in the Roman and early Medieval world. Stroud & Charleston 2003.
  • Wolfgang Speyer: Büchervernichtung und Zensur des Geistes bei Heiden, Juden und Christen. Stuttgart 1981.
  • J. O. Ward: Alexandria and its Medieaval Legacy. The Book, the Monk and the Rose. In Roy MacLeod (Hrsg.): The Library of Alexandria. London 2000.

Anmerkungen

  1. Hans Gerstinger, Bestand und Ueberlieferung, Graz 1948.
  2. Although much Greek literature has been preserved, the amount actually brought down to modern times is probably less than 10 % of all that was written „Obwohl viel an griechischer Literatur überliefert worden ist, beträgt der Anteil dessen, was tatsächlich bis in die Neuzeit erhalten geblieben ist, weniger als 10 % von dem, was geschrieben wurde.“ (Elmer D. Johnson, A History of Libraries in the Western World, London 1965). Das gleiche Buch bekam von einem neuen Autor 30 Jahre später eine bedeutende Veränderung dieser Textstelle: „Why do we know so little about Greek libraries when such a relatively large amount of classic Greek literature has been preserved? It is estimated that perhaps ten percent of the major Greek classical writings have survived.“ (Harris, Michael H.: A History of Libraries in the Western World, London 1995, p. 51) Harris Schätzung bezieht sich nun nur noch auf die „major“ Schriften, ohne diese näher zu bestimmen. Im Kontext mit dem vorangegangen Satz müssen die meisten Leser den Eindruck bekommen als seien mehr als 10% der gesamten Literatur überliefert.
  3. So die überlieferten Bestandszahlen beim Tod des Bibliotheksvorstehers Kallimachos (ca. 240-235 v. Chr. nach Parsons) bis zum Besuch Caesars in Edward A. Parsons, The Alexandrian library. Glory of the Hellenic world. Its rise, antiquities, and destructions. 1952.
  4. Die große Bibliothek existierte damals wahrscheinlich noch, von Caesar wurde sie jedenfalls nach heutigem Stand der Forschung nicht zerstört, vgl. Sylwia Kaminska in Wolfram Hoepfner, Antike Bibliotheken. Mainz 2002. Dem caesarkritische Geschichtsschreiber Cassius Dio zufolge vernichtete das Feuer nur Warenhäuser am Hafen, die Getreide und Bücher enthielten. Dies ist auch das Ergebnis der Analyse von Robert Barnes, Cloistered Bookworms in the Chicken-Coop of the Muses. The Ancient Library of Alexandria, in Roy MacLeod (Hrsg.), The Library of Alexandria, London 2000 und der umfangreichen Quellenkritik von Edward A. Parsons, The Alexandrian library. Glory of the Hellenic world. Its rise, antiquities, and destructions, 1952. Das Museion, das Gebäude der Bibliothek, ist bis um 380 nachgewiesen, so Mostafa El-Abbadi (siehe unten).
  5. So auch Parsons’ Schätzung. Der Kleine Pauly schätzt unter dem Stichwort Alexandria ohne Begründung nur 900.000. Es ist möglichen, dass eine Rückgang bereits während der so genannten „Krise des 3. Jh.“ eingetreten sein könnte und daher die Produktion nicht linear war, allerdings wird der Umfang dieser Krise in der jüngeren Forschung relativiert. Etwa Christian Witschel: Krise-Rezession-Stagnation? Der Westen des römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. Frankfurt am Main 1999.
  6. Für die frühe Kaiserzeit kann vermutet werden, dass es für Autoren eine Ehre war, in den großen Bibliotheken vertreten zu sein.
  7. Zur Palastbibliothek von Konstantinopel siehe Pöhlmann, Einführung in die Überlieferungsgeschichte, 1994. Die Schätzung von 100 bei Cassiodor beruht auf der Titelliste von Franz und Mynors (siehe unten) sowie etwa 4 Titeln pro Codex, was eher typisch um 800 war. Die Codices im 5. Jahrhundert waren aber meist deutlich größer als um 800. Daher könnte der Verlustrate bei Titeln in diesem Beispiel sogar die 10.000 erreichen.
  8. Finally, it defends my library, also, which the same men accused, on the ground that it conceals unrevised copies. These spiteful fellows have not kept their hands even off things like these. („Schließlich verteidigt dies auch meine Bibliothek, welcher die gleichen Männer zum Vorwurf machen, dass sie unbearbeitete Abschriften enthält. Diese verachtenswerten Gesellen haben nicht einmal von Dingen wie diesen ihre Hände gelassen.“) Brief 154 des Synesius von Cyrene an Hypatia, zitiert nach [1].
  9. Eine Rolle mit 83.300 Zeichen braucht bei 1 Zeichen pro Sekunde etwa 23 Stunden Schreibzeit. Zusammen mit der Herstellung der Papyrusrolle und einigen Zeichnungen ist das gut innerhalb 4 Arbeitstagen machbar. Mit 400 Personen (Alexandria hatte nach Diodor (17, 52) über 300.000 Einwohner, mit den Unfreien könnten es über 1 Million gewesen sein [Der Neue Pauly Bd. I Sp 464]) wäre ein Auftrag von 40.000 Rollen dann innerhalb 400 Tagen zu erledigen.
  10. Bucheditionen aus Alexandria wurden als besonders hochwertig betrachtet und stellten offenbar ein Handelsprodukt dar. Unter Kaiser Domitian (81-96) konnte der Verlust einer öffentlichen Bibliothek in Rom mit einer Lieferung aus Alexandria ausgeglichen werden. (Pöhlmann).
  11. Tzetzes, Prolegomena de comoedia Aristophanis 2,10.
  12. Etwa Pöhlmann (1994).
  13. Die Autoren erwähnen mehrere heute verlorene antike Schriften, die um 600 noch zitiert wurden und schließen daraus: „The bulk of Latin literature was still extant“ („Der Großteil lateinischer Literatur war noch vorhanden“, S. 81). Aus der Existenz einiger älterer Bücher ist auch nicht auf die Fortexistenz des Gros des antiken Bestands zu schließen. Dass die Bibliotheken von Cassiodor und Isidor aber zu etwa 90% uns heute bekannte antike Werke umfasste, zeigt, dass der entscheidende Auswahlprozess auf 1 : 1000 bereits vorher geschehen sein dürfte.
  14. Reynolds und Wilson vertreten ausschließlich die Umschreibungs- Verrottungsthese, ohne mögliche Alternativansichten zu diskutieren. Sie bezweifeln eine Verbreitung des Codex bereits im 1. Jahrhundert und halten die von Martial erwähnten Codex-Editionen der Klassiker für einen erfolglosen Versuch. Obwohl der archäologische Fund von Teilen eines Pergamentcodex aus Martials Zeit (De Bellis Macedonicis, P. Lit. Lond. 121, von unbekanntem Autor in Latein um AD 100) gerade auf eine frühe Verbreitung hindeutet - auch wenn der deutlich teurere Codex sicher weniger zahlreich war als die Rolle. Die Behauptung, der Codex „may have cost rather less to produce“ („dürfte in der Herstellung eher günstiger gewesen sein als die Papyrusrolle“, S. 35) ist nicht belegt. Papyrusseiten können mit dem aus Papyrus selbst gewonnenen Klebstoff zu beliebig langen Rollen verklebt werden. Wie die Funde von Oxyrhynchus zeigen, war dies sogar Teil der antiken Büroarbeit. Die Arbeit, einen Codex mit Holzdeckeln zu erstellen, ist erheblich umfangreicher. Die Erzeugung einer Pergamentseite aus Schafhaut erfordert viele langwierige Arbeitsschritte und ein vielfaches an technischem Aufwand und an Arbeitszeit gegenüber einer Papyrusseite. Mit Bezug auf Galen (s.u.) wird behauptet eine Papyrusrolle könne bis zu 300 Jahre alt werden (S. 34). Aber Galen erwähnte das Studium einer wahrscheinlich 300 Jahre alten Rolle nur um die Sorgfalt seiner Textedition zu belegen. Er hat das Alter des Papyrus nicht als etwas besonderes erwähnt. Daher kann aus seinem Zitat auch auf ein erreichbares Mindestalter für Rollen geschlossen werden. Die Annahme, die durchschnittliche Lebensdauer der Rollen sei geringer, ist nicht belegt.
  15. „The durability of both under normal condition is not open to doubt. Many instances of long life of writings on papyrus could be quoted, but this is no longer necessary, since the myth that papyrus is not a durable material has at last been authoritatively and, one would hope, finally refuted by Lewis („Über die Widerstandsfähigkeit beider Materialien unter normalen Bedingungen besteht kein Zweifel. Einzelfälle von Papyri, bei denen die sich die Erhaltung der Schrift als langlebig erwies, könnten hier in großer Zahl angeführt werden, doch ist dies gar nicht mehr notwendig, da der Mythos, dass Papyrus kein widerstandsfähiges Material sei, autoritativ und – zumindest sollte man dies hoffen – endgültig durch Lewis widerlegt worden ist.“; op. cit., S. 60-61). (Naphtali Lewis: Papyrus of Classical Antiquity. Oxford 1974.) Aus: Colin H. Roberts, T. C. Skeat: The Birth of the Codex. London (1983), S. 6 f.
  16. Julian Krüger: Oxyrhynchos in der Kaiserzeit. Frankfurt a.M. 1990.
  17. Die obige Passage aus der Apostelgeschichte mit Paulus kann als ein solcher Vorgang interpretiert werden. Wundersame Krankenheilung wird auch von anderen Personen des NT und vielen Heiligen berichtet. Auf der anderen Seite zeigt zum Beispiel das Werk von Alexandros von Tralleis, dass noch im 6. Jahrhundert umfangreiche medizinische Literatur zur Verfügung stand.
  18. Noch Im 17. Jh. interpretierte man die Fähigkeiten eines siegreichen katholischen Heerführers als ein Geschenk Gottes, im Mittelalter der komplette Verlauf einer Schlacht öfters dem direkten Einwirken Gottes zugeschrieben, wobei grundsätzlich auch in der Antike militärische Siege auf das Wirken einer heidnischen Gottheit zurückgeführt wurde.
  19. Etwa konnte nach den antiken Berichten das Kolosseum geflutet werden. Diese ausgefallene Bühnentechnik wird in Martial, de spectaculis, beschrieben. Maßgeblicher Aufsatz von Kathleen Coleman, Fatal Charades. Roman Executions Staged as Mythological Enactments. In: Journal of Roman Studies 80 (1990) 44-73. Zu christlichen Einstellungen über römische Spektakel siehe Magnus Wistrand: Entertainment and Violence in Ancient Rome. The Attitudes of fhe Ancient Writers in the First Century AD. Göteborg 1992, 78f., zu Einstellungen gegenüber römischen Spielen in der Antike allgemein a.a.O. passim. Epigraphische Befunde zum Niedergang griechischer Agone im Spätmittelalter bei Michael Lehner: Die Agonistik in Ephesos der römischen Kaiserzeit. Diss. München 2005 (Onlinepublikation im Verzeichnis der Digitalen Hochschulschriften der LMU München). Texte zur Technik dieser Spektakel sind nicht überliefert.
  20. Erkennt man den Zusammenhang philosophisch-theologischer Grundfragen an, dann lässt sich auch die frühmittelalterliche Wissenschaft zu guten Teilen als philosophisch betrachten. Für den mittelalterlichen Gelehrten war die „Philosophie“ ohnehin die Wissenschaft schlechthin...“, Zitat aus: Hans-Werner Goetz, Europa im frühen Mittelalter (Handbuch der Geschichte Europas 2), Stuttgart 2003, S. 259.
  21. Vgl. zusammenfassend zum Thema Bildung und Wissenschaft im Frühmittelalter Goetz, Europa im frühen Mittelalter, S. 250ff.
  22. Pornografische Bilder oder Statuen waren weitaus mehr verbreitet als es die meisten heutigen Sammlungen zeigen. Viel Material wurde in Sondersammlungen weggeschlossen oder im 19. Jh. sogar an der Fundstelle wieder verborgen. Auch pornografische Schriften machten wahrscheinlich einen deutlich größeren Anteil in der Antike aus als in der Überlieferung. In der Antike konnten pornografische Schriften aus öffentlichen Bibliotheken entliehen werden. Dies wurde sogar zur Förderung der Gesundheit ausdrücklich empfohlen.[Beleg?]
  23. Sauer S. 14. Tertullian: De spectaculis, 30.
  24. Christ und Kern, S. 306.
  25. Hans-Joachim Diesner: Isidor von Sevilla und das westgotische Spanien. Berlin 1977, S. 38.
  26. Nach Titelliste unter „Varro“ in Der Kleine Pauly, Bd. 5, Sp. 1131 ff.
  27. Julian Krüger, Oxyrhynchos in der Kaiserzeit, 1990.
  28. William A. Johnson, The literary papyrus roll, 1992.
  29. L. D. Reynolds (Hrsg.), Texts and Transmission, Oxford 1983; Angelika Haese, Mittelalterliche Bücherverzeichnisse aus Kloster Lorsch, Dissertation, Wiesbaden 2002.
  30. Empfehlenswert die Übersicht von Karl Christ und Anton Kern, Das Mittelalter, in Georg Leyh (Hrsg.), Handbuch der Bibliothekswissenschaft, Band 3,1, Geschichte der Bibliotheken, Bd. 1, Wiesbaden 1955. Ebenso J. O. Ward, Alexandria and its Medieaval Legacy. The Book, the Monk and the Rose in Roy MacLeod (Hrsg.): The Library of Alexandria, London 2000.
  31. So Johannes von Salisbury (1120-1180) in „Policraticus“, (De nugis curialium et vestigiis philosophorum, 1. ii. c. 26).
  32. Cassiodors Bibliotheksbestand wurde schon 1937 rekonstruiert (s. u.), der von Isidors Bibliothek von einem französischen Autor in den 1950ern.
  33. Theodor Mommsen (1817-1903) (zu seinem Einfluss vgl. Thomas Wiedemann: Mommsen's Roman History: Genesis and Influence [2]) hielt angeblich die Überlieferung der Kaiserzeit für verfälscht. Daran, dass er diese Behauptung aufgestellt hat, konnten sich Fachkollegen in letzter Zeit noch erinnern. Unklar ist, ob er es je publizierte. Unklar ist ebenfalls, ob er eine parteiische Abfassung der Texte, oder eine direkte Verfälschung von Texten oder nur eine verfälschende Auswahl meinte. Ein überzeugender Nachweis systematischer Textverfälschung in der Überlieferungsgeschichte ist ihm jedenfalls nicht gelungen.
  34. Während in Deutschland der anti-katholische Kulturkampf eine wesentliche Rolle spielte, waren es in den USA und Großbritannien eher marxistisch oder linksintellektuell geprägte Strömungen. Wie deren materialistisch geprägte Sicht des Mittelalters in den letzten Jahrzehnten mit Hilfe der katholischen Kirche revidiert wurde, beschrieb anschaulich der bedeutende US-Mediävist Norman Cantor in seinem Buch „Inventing the Middle Ages“ (1991).
  35. Das Schicksal der Hypathia wurde seit Voltaire im 18. Jh. als Kampfargument säkularer Strömungen gegen die katholische Kirche vorgebracht. (Dzielska, Maria: Hypatia of Alexandria, London 1995. p. 2ff)
  36. Vor allem nach dem Zusammenbruch der Rheingrenze 406/07, vgl. zusammenfassend dazu Peter Heather, The Fall of the Roman Empire, London u.a. 2005.
  37. Vgl. allerdings die Sicht von Hunger (1961) S. 362: "Schlimmer [als die Germanisierung] für die römische Kultur ist der endgültige Sieg des Christentums."
  38. Mostafa El-Abbadi (1992), S. 165.
  39. Besonders Speyer verweist auf diese Parallelen.
  40. Vgl. dazu Karl Leo Noethlichs, Kaisertum und Heidentum im 5. Jahrhundert, in: J. von Oort und D. Wyrwa (Hrsg.), Heiden und Christen im 5. Jahrhundert, Leuven 1998, S. 1–31. Heiden an sich sich freilich noch in späterer Zeit im Imperium nachweisbar.
  41. Christopher Haas: Alexandria in Late Antiquity, London 1997, S. 129 und 171f. Haas bezieht sich zu dem Kreis auf Damaskios: Leben des Isidor, fr. 174 (ed. Zintzen, p. 147)
  42. Kaster S. 15.
  43. Christ und Kern über Cassiodors Bibliothek: „In unermüdlichem Sammeln und Suchen, unterstützt durch das Abschreiben seiner Mönche, hat er sie vereinigt. Aus ganz Italien, aus Afrika und den verschiedensten Ländern waren die Codices gekommen; die reichen Mittel Cassiodors, der Ruf seines Namens hatte den Erwerb ermöglicht.“ Christ (1955) S. 287.
  44. R. A. B. Mynors: Cassiodori Senatoris Institutiones. Oxford 1937.
  45. Paul Lehmann: Erforschung des Mittelalters, Ausgewaehlte Abhandlungen und Aufsaetze, Bd. II, Stuttgart 1959.
  46. Encyclopedia of Library History. 1994.
  47. „Die bedeutenderen Bibliotheken der Antike verschwanden um 600 n. Chr., und frühe Klosterbibliotheken könnten um die 20 Bücher umfasst haben.“ Ward (2000) glaubt, auch ohne Verweis auf Cassiodor und Isidor den Verlust vor 500 belegen zu können.
  48. Christ/Kern, S. 243.
  49. Johnson (1965) S. 77; Wendel und Göber sehen diese Motivation auch auf lokaler Ebene: Handbuch der Bibliothekswissenschaft. Bd.1, S. 79.
  50. Der Wortlaut des entsprechenden Gesetzes vom 29. Januar 399 lautet: Sicut sacrificia prohibemus, ita volumus publicorum operum ornamenta servari. Ac ne sibi aliqua auctoritate blandiantur, qui ea conantur evertere, si quod rescriptum, si qua lex forte praetenditur. „Genauso wie wir Opfer verbieten, so wollen wir doch auch, dass Kunstwerke in öffentlichen Gebäuden gerettet werden und dass diejenigen, die versuchen, Kunstwerke zu zerstören, nicht von einer Autorität darin noch hochgehalten werden, indem ein Erlass oder ein Gesetz bei einer bestimmten Gelegenheit zum Vorwand dient.“ (Cod. Theod. 16,10,15)
  51. Cod. Theod. 16,10,1 vom 10. Juli 399
  52. "Wenn irgendwelche Bildnisse noch in Tempeln oder Schreinen stehen, und wenn sie heute oder jemals zuvor Verehrung von Heiden irgendwo erhielten, so sollen sie herunter gerissen werden." - "If any images now stand in the temples and shrines, and if they have received or do now receive the worship of pagans anywhere, they shall be torn down." Codex Theodosianus 16,10,19 (trans. Pharr). Edward Watts: "City and School: Late Antique Athens and Alexandria" UCUP 2006, p. 199
  53. Vgl. Hartmut Leppin, Theodosius der Große, Darmstadt 2003, S. 169 ff.
  54. So die Interpretation von Wendel und Göber (s.o.), zusätzlich gestützt durch die Aussage des Aphthonius von Antiochia, der sie Ende des 4. Jh. besuchte. Er beschrieb die Räume voll mit Büchern, die für jeden zugänglich seien und „die ganze Stadt anzogen um die Weisheiten zu verinnerlichen.“ (Aphthonius, Progymnasmata, 12).
  55. Mostafa El-Abbadi (1992): „Synesius von Cyrene, der gegen Ende des 4. Jh.s unter Hypathia studierte, sah das Museion und beschrieb die Bilder der Philosophen darin. Wir haben keinen späteren Beleg über seinen Fortbestand im 5. Jh. Da Theon, der renommierte Mathematiker und Vater der Hypathia, die selbst ein anerkannte Wissenschaftlerin war, das letzte bezeugte akademische Mitglied war (um 380).“ [33 Synesius, Calvitii Encomium, 6.], [34 Suidas, s.v. Theon].
  56. Geschichte der Bibliotheken: Bd. 1, Kapitel 2, S. 80.
  57. Sodann wurden zahllose Bücher und viele Haufen von Schriftrollen zusammengetragen und vor den Augen der Richter verbrannt. Man hatte sie in Häusern wegen ihres angeblich verbotenen Inhalts ausfindig gemacht, und nun sollten sie dazu dienen, den üblen Eindruck der Hinrichtungen zu verwischen. Dabei handelte es sich größtenteils doch nur um Werke über die verschiedenen freien Wissenschaften und über Rechtsfragen.“ (Ammian 29,1,41). Nach den Hinrichtungen, die mit dem Besitz von „Zaubertexten“ begründet wurden: „So kam es denn in den östlichen Provinzen, dass aus Furcht vor ähnlichen Schicksalen die Besitzer ihre ganzen Bibliotheken verbrannten; denn ein solcher Schrecken hatte alle erfasst.“ (Ammian 29,2,4)
  58. Bibliothecis sepulcrorum ritu in perpetuum clausis: Ammianus Marcellinus 14.6.18.
  59. Am deutlichsten vertreten wird dies von Houston (1959). Houston nennt wesentliche Vorgänger mit anderer Meinung und begründet dann seine vor allem mit 2 Punkten: Es gebe keine weiteren Hinweise auf eine Schließung, und zumindest die Trajansbibliothek sei bis 455 nachweislich geöffnet gewesen. Das Edikt Kaiser Theodosius’ I. von 391 zum Schließen heidnischer Tempel und der Kampf des Christentums um die kulturelle Vorherrschaft mit der Zerstörung von Bibliotheken werden von ihm aber nicht erwähnt. Aber gerade dieser Hintergrund war bisher ein wesentlicher Grund, Ammians Text so zu interpretieren. Houston führt stattdessen an, ein Draconitus solle gegen Ende des 4. Jh. einen Text in der „scola“ des Trajansforums in Rom gelesen und editiert haben. Wenn dies vor 390 war, ist es nicht relevant. Selbst danach sollten Schulen am Trajansforum, was eine Art Geschäftszentrum Roms war, noch lange zu erwarten sein. Über die Existenz der Bibliothek sagt es nichts. Ein weiteres Argument Houstons ist aus Sidonius Apollinaris entnommen. Dieser schrieb, er habe 455 eine Statue verliehen bekommen. Sie sei auf dem Trajansforum „zwischen den Autoren der beiden Bibliotheken“ aufgestellt worden. Die Trajansbibliothek war in zwei Gebäude (latein/griechisch) verteilt und Statuen der Autoren standen davor. Da die Statuen noch standen, schließt Houston, auch die Bibliotheksgebäude mussten noch da gewesen sein - und sie müssten auch noch geöffnet gewesen sein! Woraus er dies schloss, schrieb Houston nicht.
  60. Paulus Orosius: Die antike Weltgeschichte in christlicher Sicht. Übers.: Adolf Lippold. Zürich 1986. Buch VI Kap. 15, 32.
  61. wegen Sidonius Apollinaris, s.o. Houston.
  62. Johannes Crysostomos: Liber in S. Babylam et Contra Gentes, 11: „The philosophers and talented orators had a great reputation with the public on account of their dignity and ability to speak. After the battle against us they became ridiculous and seemed no different from foolish children. From so many nations and peoples, they were not able to change anyone, wise ignorant, male, female, or even a small child. The estimation of what they wrote is so low that their books disappeared a long time ago, and mostly perished when they first appeared. If anything at all is found preserved, one finds it being preserved by Christians.“
  63. Michael Gaddis: There Is No Crime for Those Who Have Christ. Religious Violence in the Christian Roman Empire (Transformation of the Classical Heritage). Berkeley, CA 2006. Bzgl. der Zeitumstände im 4. Jahrhundert vgl. etwa Arnaldo Momigliano (Hrsg.), The Conflict Between Paganism and Christianity in the Fourth Century, Clarendon Press, Oxford 1963.
  64. Herbert Bloch: Ein neues Zeugnis der letzten Erhebung des Heidentums. In: Richard Klein (Hrsg.): Das frühe Christentum im Römischen Staat. Darmstadt. 1982. S. 145. Der Heide Symmachus stand sich mit Papst Damasus und mit Bischof Ambrosius gut. Als der heidnische Aristokrat und der gelehrteste Anführer der Vertreter der heidnischen Kulte Praetextatus 384 starb, wollten die Vestalischen Jungfrauen ihm ein Denkmal setzen, und das ganze Volk Roms trauerte um seinen Tod, so dass die Spiele im Zirkus abgesagt wurden.
  65. Michele R. Salzman: The Making Of A Christian Aristocracy. Social And Religious Change In The Western Roman Empire. Cambridge, MA 2002.
  66. Edward J. Watts: City and School in Late Antique Athens and Alexandria. (The Transformation of the Classical Heritage), Berkeley, CA 2006.
  67. Das Libanius-Zitat zum Kampf gegen Heiden wird nicht erwähnt. Chrysostomos' obiges Zitat ist nur als Referenz vermerkt, woraus nicht hervorgeht, dass nach dessen Aussage die Bücher der Heiden gleich nach ihrem Erscheinen vernichtet wurden. Speyer stellt moralisch zweifelhafte christliche Aktionen als Reaktion auf vorangegangene Aktionen der Heiden dar.
  68. Speyer erwähnt aber nicht, dass Chrysostomos von der Vernichtung der Bücher der heidnischen Philosophen und Redner (beide Teile der klassischen Wissenschaften) schreibt.
  69. Plinius der Ältere schrieb in seinem 30. Buch der „Naturgeschichte“ auch eine kurze Geschichte der Magie. Darin polemisierte er von Anfang an gegen den „leeren und unsinigen Glauben an die Magie“. Er nennt sie darin „fraudulentissima artium“, die „betrügerischste aller Künste“. (Fritz Graf: Gottesnähe und Schadenzauber: die Magie in der griechisch-römischen Antike. München 1996. S. 48)
  70. So wirft Eusebius den heidnischen Gegenkaisern des Konstantin I. magische Praktiken vor, was vermutlich propagandistisch motiviert war.
  71. Speyer, S. 130.
  72. Apg 19,13-14; Elberfelder Übersetzung, wie auch folgend.
  73. Bereits der jüdisch-hellenistische Verfasser des Pseudo-Phocylides aus dem 6. Jahrhundert hielt sie für Magier-Bücher.
  74. Dies vermutet Speyer, S. 34.
  75. Lebensbeschreibung des Monophysiten Severos von Antiochien, verfasst von Zacharias Rhetor (gest. vor 553). Speyer, S. 132.
  76. Cod. Theod. 9,16, 12 (= Cod. Iust. 1,4,14): „mathematicos, nisi parati sint codicibus erroris proprii...“ Speyer S.170: „... Astrologen haben ihre Schriften vor den Augen der Bischöfe zu verbrennen, andernfalls seien sie aus Rom und allen Gemeinden zu vertreiben.“.
  77. Mathematik ist „die Gesamtheit des von der Philosophie geforderten Lernstoffs, also Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik(-theorie), ja noch in der Kaiserzeit fielen Grammatik (elem. Sprachlehre und Philologie) wie Rhetorik mit darunter... Im Latein nach Gell. 1,9,6 die arithm. und geometr. Operationen bedürfenden Wissenschaften, im vulg. Sprachgebrauch einfach die Nativitäts-Astrologie...“ Der Kleine Pauly, Bd. 3, S. 1078.
  78. Speyer, S. 136.
  79. „Sie demolieren die Tempel mit Holzbalken, Steinen und Werkzeugen aus Eisen oder auch ohne diese Gegenstände mit Händen und Füßen. Dann werden sie zur leichten Beute; obwohl sie die Dächer zerstören, die Mauern zum Einsturz bringen, die Statuen niederwerfen und die Altäre niederreißen, haben die Priester zu schweigen oder sie müssen sterben.“ Libanius (speech 30,8) nach Sauer: The Archaeology of Religious Hatred. 2003, S. 159. Es scheint sich der Mob betätigt zu haben, während sich die Geistlichkeit offenbar von diesem Vandalismus distanzierte.
  80. Gesetz zur Zerstörung heidnischer Kunstwerke 408: Codex Theodosianus 16,10,19.
  81. Sauer verglich die religiös motivierten Zerstörungen der Spätantike mit denen der Taliban in Afghanistan. So habe die systematische Zerstörung archäologischer Funde in den Lagerräumen des Kabuler Kulturministeriums (Berichte veröffentlicht in: The Journal Archaeology (May/June 2002, 24: Sauer, S. 164) eine Paralelle zu den intensiven spätantiken Zerstörungen im Dendera Tempel, die Mönche auf Leitern Wochen oder gar Monate beschäftigt haben müssen. (Sauer, Chapter 7: Destruction at Dendera: a colossal task). Christliches Bilderverbot gab es erst im Mittelalter um 700 in Byzanz. Solche extremen Taten werden heute meist dem religiösen Fundamentalismus zugeordnet. Extreme Gewalt als Strafe bei Taten, die im säkularen Staat nicht oder kaum strafwürdig sind, ist das wesentliche Merkmal. Geringes Interesse oder gar die Ablehnung von weltlichem Wissen (z. B. im Kreationismus) ein weiteres. Allerdings ist der Begriff Fundamentalismus dazu wenig hilfreich. Er bedeutet nur eine sehr strikte Auslegung des Koran, Talmud oder der Bibel. Wenig beachtet wird aber, dass es durchaus fundamentalistisch zu nennende Gruppen gibt, welche die obigen Merkmale nicht oder kaum aufweisen. Man hat es bei „religiösem Fundamentalismus“ eher mit einem Schlagwort zu tun, das zwar in eine Richtung weist, aber noch keine wirkliche Erklärung gibt.
  82. Das Mithraeum von Sarrebourg zeigte starke Spuren von Ikonoklasmus. Ein Reliefbild wurde in über 300 Teile zerschlagen. Die jüngste gefundene Münze stammte aus dem Jahr 394. Die Hände des Mannes waren mit eisernen Handschellen hinter seinem Rücken gefesselt. Er hatte keine Grabbeigaben und kaum Kleidung. Es gab keinen bekannten Ritus, der bei einem Toten oder Verletzten eine solche Fesselung vorsah. Demnach wurde der Mann wahrscheinlich lebendig in der Gruft eingeschlossen und ist nach einigen Tagen darin verstorben. Beim nicht unbeträchtlichen Wert solcher Eisenteile in der Spätantike lässt dies auf Täter schließen, die keine materiellen Interessen hatten. Archäologische Diskussion des Falles bei Sauer über das Buch verteilt.
  83. Man fand das Skelett eines gepfählten Mannes, der offenbar zum Sterben in den Raum gelegt wurde, ehe man ihn zuschüttete. Der Fund fand in der Schweiz, an der Via Mala statt.
  84. Der Physiker Carl Sagan zitierte diese Studie in "Cosmos", das er 1980 in Anlehnung an Humboldts "Kosmos" schrieb und das zum meistgedruckten englischsprachigen Sachbuch der Populärwissenschaft wurde. (deutsche Übersetzung: "Unser Kosmos", München 1982). Er war ein Vertreter der säkularen-naturwissenschaftlichen Weltanschauung. Der wissenschaftliche Leiter dieses Programms hatte die Ergebnisse 1976 publiziert. Die Vereinigung unabhängiger Nuklearwaffen-Wissenschaftler wurde darauf aufmerksam und veröffentlichte es in ihrem in Fachkreisen sehr berühmten Journal. (James W. Prescott: Body Pleasure and the Origins of Violence, in: The Bulletin of The Atomic Scientists, November 1975, S. 10-20). Sagan, der, was wenig bekannt ist, auch mit Nuklearwaffen beruflich zu tun hatte, wurde dadurch darauf aufmerksam. Er präsentiert es in seinem Buch nicht nur im Kontext mit dem gewaltsamen Ende der Antike sondern auch mit der Gefahr eines erneuten Untergangs der modernen Kultur durch einen Atomkrieg. Es verwertete statistische Analysen der anthropologischen Daten von 400 Kulturen. Meist aus dem 19. und 20. Jh., aber auch aus der Antike. Dazu Erkenntnisse der experimentellen Gehirnforschung an Menschen und Primaten, der Kriminologie und Gerichtsmedizin. Der wissenschaftliche Leiter des Programms, James W. Prescott, kam zu dem Ergebnis, dass eine Neigung zur Gewalt direkt mit funktionalen Gehirnstrukturen verbunden ist. Die Ausbildung dieser Strukturen wird durch Erlebnisse in der Kindheit bestimmt und kann danach nur noch begrenzt beeinflusst werden. Offenbar benötigt das menschliche Gehirn in den ersten Monaten und Jahren eine hinreichende Stimulation über die Haut. Geschieht dies nicht, so kann nur noch die Möglichkeit zu früher sexueller Aktivität eine Fehlbildung verhindern. Tritt diese Fehlbildung aber auf, so wird sie durch Erziehung von Generation zu Generation weiter tradiert. Bei betroffenen Gruppen und Einzelpersonen zeigt sich eine deutlich größere Neigung zur Religiosiät. Auch zur Akzeptanz von Gewaltmaßnahmen und der Verdammung sexuellen Genusses. Das Keuschheitsgebot des spätantiken Christentum könnte die gleichen Folgen gehabt haben. Die sexuellen Beschränkungen im Christentum sollten dem Erwachsenen die Möglichkeit geben, ein freiwilliges Opfer vor Gott zu erbringen.
  85. Vgl. Alexander Demandt, Geschichte der Spätantike, München 1998, S. 341–344.
  86. Leppin, Theodosius der Große, S. 169f., 173.
  87. Siehe Johannes Hahn: Gewalt und religiöser Konflikt. Die Auseinandersetzungen zwischen Christen, Heiden und Juden im Osten des Römischen Reiches (von Konstantin bis Theodosius II.). Akademie-Verlag, Berlin 2004 (Klio Beihefte, N.F., Bd. 8).
  88. Deutlicher als im AT sind diese Endzeiterwartungen in den Schriften von Qumran zu finden. Wahrscheinlich repräsentieren diese Schriften eher das Denken in Judäa im 1. Jh. als das AT. Nach der in den 1990er bekannt gewordenen Interpretation von Eisenman könnten diese Endzeitgedanken eine Motivation beim jüdischen Aufstand gegen Rom gewesen sein. Man wollte vielleicht sogar den Untergang des Staates provozieren, damit die Prophezeiung sich erfüllen konnte.
  89. In der spätantiken Welt mit der noch aus dem Heidnischen kommenden Neigung, Zeichen zukünftiger Ereignisse zu sehen und Vorhersagen zu machen, könnte dies eine Überlegung gewesen sein. Sie entspricht allerdings nicht dem vorwiegenden Heilsversprechen des MA oder der Moderne. Denn dies ist über das Jüngste Gericht streng personalisiert.
  90. Kaster S. 14 f.
  91. Corp. iur. can. 1,86,5 „Sacram scripturam, non grammaticam licet exponere episcopis.“ Herbert Hagendahl: Von Tertulian zu Cassiodor. Göteborg 1983. S. 113 f.
  92. Hagendahl S. 114. Max Manitius: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, I. München 1911. S. 94.
  93. E. A. Lowe: Handwriting. In: The Legacy of the Middle Ages. S. 203.
  94. Johannes Laudage S. 106 ff.
  95. Nach Hunger (1961) merkt man es daran, dass ganze Zeilen fehlten und vom Korrektor nachgetragen wurden.
  96. Vgl. etwa Friedrich Prinz, Von Konstantin zu Karl dem Großen, Düsseldorf und Zürich 2000, S. 534ff.
  97. Besonders die Schrift des Julian, Contra Galilaeos sowie dessen Repliken, besonders durch Kyrillos von Alexandria.
  98. William E. A. Axon, S. 383-405.
  99. Pöhlmann, S. 124.
  100. Martial macht um 85 AD in zwei seiner Bücher, im Proömion und im 14. Buch der Epigramme, Werbung für Codex-Editionen von seinem Verleger Secundus und nennt auch gleich dessen Adresse. Er preist sie als handlicher, empfiehlt sie als Reiselektüre (Taschenbuch?), nennt sie aber auch umfangreicher, da sie das Gesamtwerk eines Autors enthalten können, Homers Odyssee oder Ilias in je einem Codex. Secundus Codex-Angebot enthielt außer den berühmten griechischen und lateinischen Klassikern auch Werke von Martial.
  101. Colin H. Roberts, T. C. Skeat: The Birth of the Codex. London 1983, S. 48.
  102. s.o., S. 76.
  103. Aus der illuminierten Handschrift von Tzetzes, reproduziert und analysiert bei Parsons (1952).
  104. Ward, S. 165.
  105. Sie funktionierten sicher nicht, da sie sonst in einem Medizin- oder Ingenieursbuch gestanden hätten. Man hätte sie dann nicht in einem Zauberbuch als "geheimes Wissen" verkaufen können. Dies ist der besondere Unterschied zwischen einem Zauberbuch der frühen römischen Kaiserzeit und etwa einem 1000 Jahre älteren. In solch früherer Zeit könnte tatsächlich relevantes Wissen, etwa in Medizin, als Herrschaftswissen zur Legitimierung einer Priesterkaste, geheim gehalten worden sein.
  106. Sie könnten als Belegmaterial der spätantiken Verfolgung gehäuft vorkommen. Oder wegen der Strafbarkeit ab 400 n. Chr. eben kaum überliefert worden sein. Ähnlich für Funde: Wurden sie gehäuft vergraben wegen der Strafbarkeit oder waren sie deshalb kaum vorhanden? Eine statistische Aussage wäre erst möglich wenn man die Entstehungszeit und Verlustzeit mit der Gesamtzahl aller Papyrifunde korreliert. Graf bietet eine Übersicht zum Forschungsstand über Zauberpapyri. Da er solch quantitative Aussagen nicht erwähnt sind sie wahrscheinlich noch nicht erstellt worden. (Graf, Fritz: Gottesnähe und Schadenzauber: die Magie in der griechisch-römischen Antike, München 1996,)
  107. Julian Krüger, Oxyrhynchos in der Kaiserzeit, 1990.
  108. Krüger S. 161: 891 Stücke einseitig mit Literatur beschrieben, 180 beidseitig mit Literatur und 234 mit Literatur auf der einen und Urkunden auf der anderen Seite. Das ergibt 891 + 180 * 2 + 234 = 1485 Textseiten mit Literatur.