Die Zweite Wiener Türkenbelagerung fand von 15. Juli bis 12. September 1683 statt.
Schon 1529 zur Ersten Wiener Türkenbelagerung war es zu einer ähnlichen Situation gekommen, doch hatten sich die Österreicher gegen die knapp 100.000 Mann (manche Quellen: 150.000) starke Heeresmacht mit etwas Glück selbst behaupten können. Diesmal jedoch war das Osmanische Reich mit knapp 200.000 Mann (mit Tross 300.000 Mann) angerückt.
Die Reichshaupt- und Residenzstadt Wien galt den Osmanen in mehrfacher Hinsicht als ideales Ziel des Heereszugs, der 1683 von Edirne nahe der heutigen Grenze Bulgariens begonnen hatte:
Ausgangssituation
Die Expansionspolitik der Osmanen erreichte seinen Höhepunkt. Der größte Teil des Königreichs Ungarn unterstand ab 1541 der osmanischen Kontrolle, teils direkt (Zentralungarn), teils als Vasall (Fürstentum Siebenbürgen); die unterworfenen ungarischen Gebiete lieferten - da vertraglich dazu verpflichtet - Geld und teilweise auch Truppen. Der Goldene Apfel (wie die Moslems Wien und Rom nannten) war zum Greifen nahe.
Das Heilige Römische Reich war durch seine Religionskriege und den Dreißigjährigen Krieg zerrüttet und eine Pestepidemie 1679 geschwächt[1] und stand gegen Frankreich Ludwigs XIV. und gegen die Osmanen unter Sultan Mehmet IV. in einem Zweifrontenkrieg.
1672 überfielen die Türken, über die damals polnische Ukraine, das Königreich Polen-Litauen, eroberten die Festung Kamieniec Podolski und stießen bis Lemberg in Galizien vor. Das durch innere Konflikte zerrissene, besonders durch die Kriege der "Blutigen Sintflut" völlig zerrüttete und militärisch beträchtlich geschwächte Königreich, schloss im Vertrag von Buczacz, 1672, ein Waffenstillstandsabkommen. In diesem Abkommen verpflichteten sich die Polen Podolien mit Kamieniec Podolski, sowie Teile der rechtsufrigen Ukraine (Gebiete westlich des Dnepr) an die Krimtataren und Saporogerkosaken unter Hetman Doroschenko als Vasallen "Istanbuls" abzutreten, zusätzlich verpflichtete sich das Land an die Hohe Pforte einen jährlichen Tribut zu leisten. Die Verweigerung der Ratifikation des Buczaczer Vertrages durch den polnischen Reichstag, den Sejm, führte zur Erneuerung der Kriegshandlungen. Ein Jahr später, 1673, führten die Polen unter ihrem Feldmarschall, Jan Sobieski, erneut ein Heer gegen die Türken und schlugen sie bei Chotyn vernichtend. Doch wenige Wochen später standen tatarische und türkische Truppen unter Kara Mustafa erneut im Land. Nach wechselvollen Kämpfen wurde der Krieg schließlich im Vertrag von Żurawno, 1676, beendet. Die Türken blieben dennoch weiter eine Bedrohung für Polen.[2]
Strategische Bedeutung Wiens
Radierung von Jacob Hoefnagel (1609) / Claes Jansz Visscher (1640)
- Am Schnittpunkt zweier wichtiger Handelswege – Donau und Bernsteinstraße
- Zum flachen Ungarn hin nur schwer zu verteidigen
- Vom Norden – und damit wichtigen Teilen des Reichs – durch die breite Donau militärisch schwierig zu unterstützen; gleichzeitig aber
- durch die eigene große Donauflotte günstig für den eigenen Nachschub und den Transport der schweren Artillerie
- Als Symbol der Christenheit und Vorposten Richtung Passau und Salzburg von großer Bedeutung –
- Liegt zwischen den Alpen und Karpaten und war somit eine Art Tor nach Westeuropa.
- Insgesamt also Wien als Tor nach Westeuropa.
Stadtmauern Wiens
ohne Basteien, Ravelin, Kaponniere
Nach der ersten Wiener Türkenbelagerung Wiens wurden im Jahre 1548 die Stadtmauern, die 1194 aus den Lösegeldern von Richard Löwenherz gebaut worden waren, den aktuellen militärtechnischen Stand angepasst. Italienische Festungsbauer bauten ein Festung, die damals den modernsten Standards entsprach.
Die 12 Meter hohe Stadtmauer, die Kurtine wurde etwas niedriger aber dafür stärker gebaut. Daran wurden 12 Basteien angelegt. Bei einigen, unter anderem der Burg- und der Löwelbastei, wurde mit einem turmartigen Aufbau, dem Kavalier, eine erhöhte Artilleriestellung hinzufügt. Im 17. Jahrhundert kamen zwischen den Basteien ein gemauertes selbstständiges Vorwerk, der Ravelin, mit seinem Verbindungsgang dazu. Zusätzlich wurde von Graf Starhemberg kurz vor und am Beginn der Belagerung im Graben der Niederwall und Kaponniere zur Flankierung in den Gräben gebaut.
Vor der Kurtine der 4 Meter tiefe Stadtgraben, der an der nordwestlichen Seite mit Wasser aus dem Alserbach gefüllt war. Im Süden der Stadt war der Graben mit Wasser aus dem Wienfluss gefüllt und im Osten war statt dem Graben der Donaukanal. Der vordere gemauerte Rand des Grabens, die Kontreskarpe, war 6 Meter tief und verlief im Zickzack.
Darauf ein gedeckter Weg, der durch Palisaden gegen das freie Vorfeld, das Glacis, abgegrenzt war.
Ein Angreifer konnte also die Festung nicht im Sturm nehmen, sondern musste sich mit Gräben durchs Glacis an die Palisaden heranarbeiten und diese stürzen. Danach sich in und durch den Graben eingraben, wo er von den Niederwällen, den Kaponnieren, dem Ravelin und den Basteien unter Beschuss steht. Jetzt die Stadtmauer, die Basteien, die Ravelins unterminieren und sprengen und dann die Stadt im Sturm erobern.
Die beiden Bastionen (L und M), dazwischen flankierend das Ravelin und hinter der Bastei das Kavalier auch die Katze genannt.
Die Burgbastei (der linke Flügel der Verteidiger, der rechte Flügel der Angreifer) war ein regelmäßiges Viereck mit je 9 Kanonen. Hinter der Burgbastei war der Kavalier, die Spanierbastei, eine überhöhte Artilleriefestung.
Die Löwelbastei (der rechte Flügel der Verteidiger, der linke Flügel der Angreifer) war kleiner als die Burgbastei und dahinter der Kavalier, genannt die "Katze", nahm nochmals Platz weg.
Zwischen dem Ravelin und den Basteien wurden im letzten Moment Kaponniere gebaut.
Hinter ihnen an der Kehle zwischen Kurtine und Bastei wurde der Niederwall angelegt.[3]
Kritik: Die Stadtmauer zwischen den Basteien war 200 Meter lang. Zu lange für einen wirksamen Kartätscheneinsatz. Dazu kam, dass der Ravelin etwas zu weit in den Graben vorgeschoben und etwas zu hoch gebaut war, sodass der Artilleriebeschuss im Graben hinter dem Ravelin von den Basteien nur eingeschränkt möglich war.
Im Minenkrieg um Wien waren die Türken mit 5000 Mineuren eindeutig im Vorteil. Sie hatten nicht nur mehr Material und Personal, sondern auch mehr Erfahrung im Minenkrieg.
Auf der Seite der Wiener arbeitet der Fleischersohn Georg Rimpler aus der sächsischen Stadt Leisnig, der bei der Belagerung der Bastion St. Andrea von Kandia auf Kreta (1668) einen Namen gemacht hatte und als Oberstleutnant vom Kaiser Leopold I. im Frühjahr 1683 in Dienst gestellt wurde.[4] Dazu wurden Bergleute aus Tirol herangezogen, die im letzten Moment in Wien eintrafen.
Siehe auch: Fachbegriffe Festungsbau
Der Ablauf vor der Belagerung
Gemälde aus dem 19. Jhd.
- 31. März - Die türkische Armee brach von Edirne (168.000 Mann, 300 Geschütze) auf. An diesem Tag wurde auch eine Allianz zwischen Österreich und Polen unterzeichnet.
Allianzvertrag zwischen Kaiser Leopold I. von Österreich und König Jan III. Sobieski von Polen [5]
- Der Römische Kaiser soll jährlich während des Türkenkrieges 60.000 Mann und die Krone Polens 40.000 Mann stellen.
- Wenn der König von Polen selbst am Krieg teilnimmt übernimmt er die Führung der Truppen.
- Gegenseitiger Beistand bei der Belagerung von Krakau oder Wien.
- Beide Seiten sollen christliche Verbündete suchen und diese in die Allianz einladen.
- Der Kaiser zahlt an die polnische Krone 200.000 Reichstaler.
- Alle Steuern (300.000 Reichstaler) der venetianischen Kirchen in der Lombardei werden für ein Jahr als Sold der polnischen Soldaten für den Türkenkrieg verwendet.
- Der Kaiser übernimmt alle Schulden der Polen gegenüber Schweden aus dem letzten schwedischen Krieg und verzichtet auf alle Schulden gegenüber Österreich.
- Kein Allianzpartner macht ohne dem Einverständnis des anderen Waffenstillstand oder Frieden mit den Türken.
- Seine kaiserliche Majestät, die Krone Polens und die Kardinäle Pio und Barberini schwören eine heiligen Eid auf diesen Vertrag.
- Von beiden Seiten sollen kriegskundige Ratgeber abgestellt werden, die der anderen Seite die Notwendigkeit zur Aufstellung eines Heeres übermittelt.
- Eroberte Gebiete in Ungarn gehören seiner kaiserlichen Majestät, eroberte Gebiete in der Walachei und der Ukraine gehören Polen.
- Diese Allianz geht auch an die Erben und Nachfolger des Römischen Kaisers über.
- 3. Mai - Die türkische Armee erreichte Belgrad. Sultan Mehmed IV. übertrug den Oberbefehl seinem Großwesir Kara Mustafa Paşa. Später wurde in Stuhlweißenburg als Ziel des Feldzuges die Reichshauptstadt des Heiligen Römischen Reiches, Wien, bekanntgegeben.
- 9. Juni - Rückzug der österreichischen Truppen nach Raab.
- 13. Juni - Die Türken überschritten die strategisch wichtige Brücke bei Esseg. Die Brücke war für das schwere Belagerungsgerät zu schwach. Die türkischen Pioniere bauten eine neue Brücke auf.
- 1. Juli - Die Türken trafen bei Raab ein. Totis, Neutra, Vesprim und Papa ergaben sich den Türken. Wien wurde für die Verteidigung instandgesetzt.
- 2. Juli - Die österreichischen Truppen unter Herzog Karl V. von Lothringen setzten sich nach Wien ab.
- 4. Juli - Die Türken standen an der österreichischen Grenze.
- 5. Juli - Die Wiener begannen mit der Verstärkung der Stadtmauer und ersten Schanzen.
- 7. Juli - 40.000 Krimtataren 2x stärker als sämtliche Verteidiger im Land um Wien ritten nach Petronell, 40 km östlich Wiens. Bei Regelsbrunn stießen sie auf zurückgehende österreichische Savoyendragoner. Der Kommandant Prinz Oberst Ludwig Julius von Savoyen (der Bruder von Prinz Eugen von Savoyen) erlitt tödliche Verletzungen und starb einige Tage später in Wien. Nach diesen Gefechten verließ Kaiser Leopold I. mit seiner hoch schwangeren Frau und seinen Kindern Wien und flüchtete über Korneuburg nach Linz. Auch etwa 80.000 Einwohner verließen die Stadt. Der Feldzeugmeister Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg übernahm die militärische Führung in der Hauptstadt. Alle Truppen von Kaiser Leopold I. wurden alarmiert und nach Wien zu Herzog Karl V. an das linke Donauufer bei Wien beordert. Feldzeugmeister Graf Leslie wurde mit der Infantrie von der Insel Schütt auf dem linken Donauufer in Eilmärschen nach Wien beordert, um die Besatzung von Wien zu verstärken.
- 8. Juli - Herzog Karl V. zieht mit seinen Truppen von Schwechat kommend über die Donaubrücken in die Leopoldstadt und Tabor. Dort lagert er mit seinen Truppen.
Die Bewohner der Vorstädte werden aufgefordert alles (vor allem Lebensmittel) in die Stadt zu schaffen. - 9. Juli - Kaiser Leopold I. traf in Melk ein.
- 11. Juli - Die Türken eroberten Hainburg und brannten es nieder.
- 12. Juli - Die Vorstädte Wiens wurden auf Befehl Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg in Brand gesetzt. Die übrig gebliebenen Ruinen boten den Türken aber immer noch genug Schutz. Die Bürger und Studenten Wiens wurden für die Verteidigung eingezogen. Munition (1.000 24-pfündige Kugeln) aus Steyr trafen über den Wasserweg in Wien ein.
- 13. Juli - Kaiser Leopold I. traf in Linz ein.
Die Bevölkerung von Perchtoldsdorf wird massakriert und der Ort niedergebrannt.
Der Ablauf in und um Wien während der Belagerung
radiert von Nicolaus Visscher
Geschütze der Türken
- 50 Balyemezgeschütze mit einem Kaliber von 13 bis 40 Kilogramm (10 bis 30 Okka)
- 15 bis 20 Kolumbrinegeschütze mit einem Kaliber von 4 bis 11 Kilogramm (3 bis 9 Okka)
- 5 Bombenmörser
- 120 Sahigeschütze
Größere Geschütze wurden von Kara Mustafa nicht mitgenommen, obwohl genügend Geschütze in ungarischen Festungen für die Türken vorhanden waren. [6]
Geschütze der Wiener
- 11 Kolumbrinegeschütze mit einem Kaliber zu 5 Kilogramm (4 Okka)
- 130 Balyemezgeschütze mit einem Kaliber zu 40 Kilogramm
Als Kara Mustafa die eigenen und die Wiener Geschosse abwiegen ließ war er schwer besorgt. Eventuell lag hier einer seiner Fehler bei der Belagerung, die zur Niederlage der Osmanen führte. [6]
Einteilung der türkischen Truppen
Abschnitt: | Links | Mitte | Rechts |
---|---|---|---|
Festungsbauwerk darin: | Löbelbastei | Ravelin | Burgbastei |
Truppen / Befehlshaber | Janitscharenkorps Ahmed Pascha |
rumelinische Truppen | Kara Mehmed Pascha, Wesirs Abaza Sari Hüseyin Pascha |
Juli
- 14. Juli - Die Türken erreichten Wien und schlossen sie von Süden, Westen und Norden ein. Der Großwesir Kara Mustafa errichtete seine Zeltburg auf der Schmelz, musterte die Stadt und bestimmte die Position der Geschützstellungen und den Beginn der Schanzgräben. Er setzte ein Schreiben zur Kapitulation und Übergabe der Stadt auf und ließ es nach Wien bringen.
In Wien schlugen die ersten Geschützkugeln ein. Es brach am Schottenhof ein Feuer aus, das bald wieder gelöscht wurde. Die Bevölkerung lünchte zwei mutmaßliche Brandstifter. Graf Starhemberg gab den Befehl alle Schindel- und Holzdächer abzudecken und die Wasserversorgung sicher zu stellen. Das Komödienhaus zwischen Burg und Augustinerkloster wurde aufgrund seiner vielen Holzaufbauten abgetragen. Durch den Beschuss der Türken auf dieses Haus wurde es durch absägen der Säulen zum Einsturz gebracht und das Holz für die Palisaden und Schanztätigkeiten verwendet.
Es beginnt ein Wettlauf bei den Schützengräben auf den Glacis.
Herzog Karl V. zog sich mit seiner Armee über die Donau nach Jedlesee zurück. - 15. Juli - Einen Tag nach Eintreffen der Hauptarmee vor Wien lehnte Graf Starhemberg die Kapitulation ab. Er hoffte mit etwa 11.000 Soldaten und 5.000 Bürgern und Freiwilligen bis zum Entsatz durchzuhalten. Er wurde bei der Inspektion eines Grabens leicht verletzt und fiel für 2 Tage aus.
Kara Mustafa erkannte, dass die Umschließung der Stadt beim Donaukanal noch nicht vollständig war und über Inseln in der Donau (heute 2., 20. und Teile vom 21. und 22. Bezirk) die Stadt weiter mit Truppen, Material und Nachrichten versorgt werden könnte. Er schickte den Beylerbeyi von Damaskus, Hüseyin Pascha, um mit seinen Truppen die Christen von dieser Insel zu vertreiben.
In der Nacht führten die Wiener erste Ausfälle durch. - 16. Juli - Herzog Karl V. räumte alle Inseln auf der Donau und bezog am linken Donauufer Stellung. Die Türken umschlossen die Stadt vollständig. Die Leopoldstadt wurde in Brand gesteckt, die Brücken abgerissen. Da den Bürgern der Leopoldstadt gesagt worden war, dass dieser Teil verteidigt wird und von den Türken nicht erobert wird, wurde nur wenig zu Sicherung nach Wien geschafft und so ein Raub der Flammen. Kara Mustafa bestimmte den Beylerbeyi von Bosnien, Hizir Pascha, mit seinen Truppen die Leopoldstadt zu sichern.
- 17. Juli - Die Türken brachen die letzte Brücke und damit die letzte Verbindung Wiens über die Donau ab. Der Wettlauf bei den Schanzarbeiten ging weiter. Die Türken kamen auf Angriffsweite auf die Wiener Schanzen heran. Im Graben wurde eine Lunette ausgehoben, die bis zum Grundwasser heranreichte. Außerdem wurden drei Kaponniere, ein Niederwall vor der Kurtine errichtet und eine dritte Verteidigungslinie rechts und links von der Löbelbastei. Zusätzlich wurden Querwälle und Palisaden gezogen, die verhinderten, dass die Türken bei der Eroberung eines Teils der Verteidigungsanlage einer Linie sofort die ganze Linie erobern konnten.
- 18. Juli - Kara Mustafa besichtigte die Schanzarbeiten. Die Türken gruben den Wienern eine Wasserleitung aus den Vorstädten ab und verwendeten sie nun selbst.
Einen Boten, der sich aus Wien zu den kaiserlichen Truppen in Jedlesee durchschlagen wollte, griffen die Türken auf.
Die Stimmung im türkischen Lager war sehr gut. - 19. Juli - Der Hofschatzmeister vom Sultan Mehmed IV., Ali Aga, kam ins türkische Lager nach Wien. Er brachte Ehrengewänder, Prunksäbel und Dolch für Kara Mustafa mit.
Eine Bombe die im Buchheimschen Saal bei der Löbelbastei, dem Quartier des spanischen Botschafters, einschlug verursachte ein großes Feuer und drohte auf die angrenzenden Stallungen überzugreifen. Eine eigens aufgestellte Kompanie löschte den Brand sehr schnell.
Die Türken waren mit ihren Schanzen nur noch 20 Meter von der Kontreskarpe entfernt. Vor den Spitzen der Burg- und Löbelbastei, wo auch die Kontreskarpe in das Glacis vorsprang waren die Türken nur noch 6 Meter entfernt. Hier wurde bereits mit Flinten und Handgranaten gekämpft. Ein glücklicher Bombenwurf brannte Teile der vordersten Palisaden der Belagerten nieder. - 20. Juli - Die Türken begannen mit dem Minenkrieg. In jedem Abschnitt wurde eine Mine gegen die Palisaden gegraben. Das Bauholz hierfür wurde aus Schönbrunn geholt.
1. Aufruf in Wien für einen Kundschafter zum Lager von Herzog Karl V. nach Jedlesee. Es wurde eine hohe Belohnung von 100 Dukaten in Aussicht gestellt. Es meldete sich niemand freiwillig. In der Nacht kam ein Kürassier und brachte Graf Starhemberg einen Brief von Herzog Karl V. Noch in der selben Nacht machte sich der Soldat auf den Rückweg wurde aber mit den verschlüsselten Briefen von den Türken abgefangen.
Radierung von Romeyn de Hooghe
- 21. Juli - Der Großwesir hielt in den Schanzen vor Wien ein Parade ab.
- 23. Juli - Erste Minensprengung der Türken vor dem Abschnitt des Ravelin und der Burgbastei. Ein Angriff der Türken auf die Palisaden wurde unter großen Verlusten beiderseits großteils abgewehrt. In Wien wurde jeder Hausbesitzer dazu verpflichtet einen Mann abzustellen, der im Keller horchte ob gegraben oder geklopft wird.
- 24. Juli - Schlechtwetter. Es herrscht Waffenruhe.
- 25. Juli - Eine Mine vor der Löbelbastei sprengte einen Teil der Palisaden weg. Die Türken rücken langsam näher.
- 26. Juli - Die Wiener sprengten die erste Mine unter den Schanzen der Türken. Die Wirkung war gering und schlug teilweise nach hinten aus.
- 27. Juli - In Wien wurde angeschlagen, dass sich alle Männer, die noch nicht unter Waffen stehen, sich nun melden sollen. Erste Maßnahmen gegen Krankheiten wurden getroffen.
- 28. Juli - Vor dem Ravelin wurden einige Minen gesprengt. Die Palisaden, der gedeckte Weg und die Kontreskarpe wurden in einer Breite von 7 Meter gesprengt und in den Graben geworfen. Ein Ausfall der Wiener ermöglichte die Befestigung des eingestürzten Teiles der Kontreskarpe. Hohe Verluste für die Wiener.
- 30. Juli - Hofschatzmeister Ali Aga reiste nach Edirne zur Berichterstattung beim Sultan ab.
Vor der Löbelbastei wurden 5 Kolumbrinegeschütze und 25 Sahigeschütze durch die Laufgräben nach vorne gezogen und in Stellung gebracht.
Vor der Burgbastei sprengten die Türken und die Wiener je eine Mine, die die Laufgräben und den gedeckte Weg auf der Kontreskarpe beschädigten. Nach einem Angriff der Türken und Gegenangriff der Wiener zogen sich letztere von den eigenen Laufgräben auf den instandgesetzten gedeckten Weg zurück.
Vor dem Ravelin stürmen die Türken bis vor die Palisaden der Wiener. - 31. Juli - Der Kavalier der Löbelbastei, die "Katze", wurde von den neu aufgestellten Geschützen zusammengeschossen, die Geschütze darin zerstört oder aus der Katze herausgeholt. Es wurden in den Resten der Katze Schießscharten gebrochen. Die Brustwehr der Bastei wurde etwas abgetragen um ein besseres Schussfeld gegen die eingegrabenen Türken zu haben.
Die Laufgräben waren an manchen Stellen so nah, dass es zu Nahkämpfen kam.
August
- 1. August - In Wien fixierte man die Lebensmittelpreise.
Während der Heiligen Messe beschossen die Türken den Stephansdom.
Weitere Minen der Türken beschädigten die Kontreskarpe. - 2. August - Die Kapuzinerkirche wurde bombardiert. Das Dach stürzte ein.
Die Türken nahmen die Palisaden vor der Löbelbastei ein. Am Abend ließen die Wiener unter den türkischen Laufgräben vor der Löbelbastei eine Mine hochgehen. - 3. August - Die Türken eroberten Pottendorf, Ebreichsdorf und Götzendorf. Kara Mustafa ließ den Alaybeyi vom rechten Flügel (Burgbastei) wegen mangelnder Erfolge absetzen. Er wollte ihn hinrichten lassen, begnadigte ihn dann aber auf 400 Stockschläge.
Eine weitere Mine der Wiener vor dem Ravelin ging hoch.
Am Abend erfolgte ein Angriff der Türken vor dem Ravelin. Sie warfen die Wiener aus den Palisaden und dem gedeckten Weg die Kontreskarpe hinunter in den Graben.
Aus Ofen trafen 200 Wagen mit Lebensmitteln im Türkenlager ein, weil in der näheren Umgebung von den Tataren sehr viel zerstört worden war. Aus Bagdad kamen 5 Kompanien Janitscharen dazu.
Auch in Wien wurden die Nahrungsmittel knapper. Die Preise gingen trotz Preisregulierung nach oben. - 4. August - Die Türken nahmen die ersten Palisaden vor der Stadtmauer ein. Die Wiener räumten die Stellungen an der Palisade vollständig.
Ein berittener Bote von Herzog Karl V. drang bis zur Stadt durch und brachte Nachrichten. - 5. August - Eine Mine der Wiener bei der Burgbastei schlug nach hinten aus und zerstörte einen großen Teil des gedeckten Weges. Der Angriff der Janitscharen wurde abgewehrt. Die Türken legten vor der Löbelbastei und dem Ravelin einen Tunnel an, der bis in den Graben führte. Die Stimmung der Türken war gut.
- 6. August - Gegen Abend drangen die ersten Türken vor dem Ravelin in den Graben ein. Graf Starhemberg kam mit den besten 100 Mann und vertrieb die Türken wieder. Alle Wollsäcke, die die Türken zum Schanzen mitgebracht hatten wurden in die Stadt gebracht. Es gab viele Tote auf beiden Seiten.
In der Stadt wurden harte Maßnahmen gegen Wucherpreise und Seuchen gesetzt. Mittels Preisliste setzte man die Preise für Lebensmittel und anderer lebenswichtiger Güter fest. Eine Verordnung für hygienische Maßnahmen wurde beschlossen. In Gassen und Plätzen der Stadt herumliegende Kranke sollen in den Passauer Hof gebracht werden. Fisch verkaufen wird verboten, Bier muss sofort getrunken werden und darf nicht mehr weiter gebraut werden, Blut und Innereien von geschlachteten Vieh darf nicht mehr auf die Gasse geschüttet werden. - 7. August - Die Türken drangen über die Tunnel in den Graben vor den Bastionen ein, setzen sich fest und begannen sich in Richtung Ravelin vorzuarbeiten. Der erste Türke erreichte die Stadtmauer. Es wurde eine Mine zwischen Löbelbastei und Ravelin gesprengt, deren Erdaufwurf für weitere Schanzen verwendet wurde.
Der Tunnel vor der Burgbastei stürzte ein und begrub 30 Türken unter sich. - 8. August - Vor der Löbelbastei sprengten die Türken eine Mine und verschütteten ein Kaponnier. Damit öffneten sie den Weg für den Tunnel.
Entsendung von Leutnant Michael Gregorowitz von Wien zu Herzog Karl V. nach Jedlesee, um 3 Briefe zu überbringen. Als Belohnung soll er zum Kompaniekommandant befördert werden. Er schaffte es durch das türkische Lager und den Wienerwald bis zum 16. August Herzog Karl V. zu erreichen.
Ein 15-jähriger Junge wurde als Spion aufgegriffen. Er leugnete zwar wurde aber am 27. August geköpft. - 9. August - Die Türken sprengten die erste Mine unter dem Ravelin und rissen 7 Meter Mauer mit. Die Bresche in der Mauer wurde sofort abgeriegelt.
Die Hygienemaßnahmen wurden nochmals unter Androhung schwerer Strafen in Erinnerung gebracht. Zusätzlich wurde die Unterbringung der vielen Leichen geregelt. - 10. August - Kara Mustafa begab sich zur Inspektion in die Laufgräben. Er besah sich die Tunnel und die vorgeschobenen Stellungen im Graben. Auf die Kritik, dass es nicht genügend Kriegsmaterial gäbe, reagiert er mit der Absetzung von Arsenaloberst Fazli Aga und bestellte stattdessen Abaza Siyavus Aga. Am Nachmittag wurde vor der Löbelbastei eine Mine gesprengt, die das Kaponnier vollständig verschüttete. Am Abend machten die Wiener einen Ausfall um den Tunnel vor dem Ravelin zu zerstören hatten aber keinen Erfolg.
- 11. August - Die Türken kamen bis an die Burgbastei heran, sprengten einen weiteren Teil der Kontreskarpe vor der Burgbastei weg, eine weitere Mine unter dem Ravelin und unter der Löbelbastei. Dort wurde das Kaponnier zerstört. Graf Starhemberg erkrankte an der Roten Ruhr.
- 12. August - Heftige Gefechte um das Ravelin. Die Türken sprengten 2 Minen unter der Burgbastei, die Wirkung war nicht besonders gut und tötete auch einige Türken. Beim anschließenden Sturm gab es viele Tote auf Seiten der Türken. Die Stimmung der Türken schwankte.
- 13. August - Der Orientwarenhändler Georg Franz Kolschitzky wurde als Kurier aus der Stadt zu Herzog Karl V. entsandt und kam am 15. August dort an.
Eine Mine unter der Spitze des Ravelins hatte viel Erfolg. Das Ravelin wurde in 2 Teile geteilt. Außerdem wurde auf dem Ravelin und auf dem Basteien Vorkehrungen getroffen, damit, wenn Teile in türkische Hand fallen, der Festungsabschnitt trotzdem verteidigungsfähig bleibt.
Kupferstich von Jacobus Peeters
- 14. August - Am linke Flügel der Wiener, vor der Burgbastei, sprengten die Türken eine Mine unter der Kontreskarpe. Die Zerstörung war so stark und der Druck auf die Verteidiger so heftig, dass die Wiener ihre Stellungen zurücknehmen müssten. Fast die gesamte Burgbastei war von den Belagerern eingekreist.
Die Wiener lernten langsam Minen zu graben und zu bekämpfen. Eine Mine der Türken wurde durch Palisaden unbrauchbar gemacht, eine zweite Mine durch Kanonen zerstört und eine dritte Mine durch Gegensprengung vernichtet. - 15. August - Die Türken setzten sich im Festungsgraben vor der Löbelbastei fest und gruben sich bis zur Lunette in der Grabenmitte vor. Nach einem Ausfall der Wiener töteten sie alle dort verschanzten Türken, zündeten ihre Rampen, Stützbalken und alles Holz an, zerstörten ihre Minen und kehrten auf die Löbelbastei zurück. Es dauerte 12 Tage bis die Türken diese Stellung wieder voll unter ihrer Kontrolle hatten.
- 16. August - Der Großwesir schickte 4.000 Wagen nach Ofen um Lebensmittel, Munition und Schwarzpulver zu holen.
Heftige Gefechte um die Burg- und Löbelbastei. Die Stimmung der Türken wurde schlechter. - 17. August - Schwere Gefechte vor der Burgbastei.
Kolschitzky kehrte als Held zurück. Er war durch die türkischen Truppen nach Wien mit Nachrichten von Herzog Karl V. zurückgekommen. Er brachte die Nachricht, dass ein Entsatzheer mit insgesamt 70.000 Mann sich bei Wien sammle und die ungarischen Rebellen geschlagen habe. Kolschitzky erhielt die versprochene Belohnung von 200 Dukaten. - 18. August - Die Wiener unternahmen einen erfolglosen Ausfall bei der Burgbastei. Es handelte sich um eine aus den Stadtbürgern gebildete Freiwilligenkompanie, die auf eigene Faust handelte.
- 19. August - Der Kurier Seradly, der Diener von Kolschitzky, wurde aus Wien ins kaiserliche Feldlager nach Jedlesee entsandt. Die Hälfte des Lohnes erhielt er vor seinem Abmarsch.
Unter der Burgbastei wurden 2 Minen und unter dem Ravelin eine Mine gesprengt. Den gesamten Tag wurde die Basteien erfolglos von den Türken gestürmt. Die Mineure gruben bereits unter den Basteien und dem Ravelin durch. - 20. August - Die Rote Ruhr dezimierte die Stadtbevölkerung stark.
Ein Junge wurde aufgegriffen, der für die Türken spionierte.
Graf Starhemberg war wieder gesund. - 21. August - Es erging die Verordnung, dass niemand mehr ohne Befehl Ausfälle wagen darf.
Drei türkische Bäcker, die den Wienern Brot verkauften wurden zu 300 Stockhieben verurteilt.
Rückkehr von Seradly mit einigen Briefen von Herzog Karl V. von Lothringen aus Jedlesee. - 22. August - Der König von Siebenbürgen traf mit seinen Truppen im türkischen Lager ein. Er kritisierte stark die Pläne für die Eroberung von Wien. Kara Mustafa schickte ihn zurück zur Überwachung der Brücken bei Raab.
Angriff der Wiener gegen die Tunnel vor der Burgbastei. Die Türken flüchteten aus dem Graben. Besetzen ihn aber einige Stunden später wieder.
Vor dem Ravelin wird wieder eine Mine geprengt, die ein Kapponier verschüttete. Die Stimmung bei den Türken wurde weiter schlechter. - 23. August - Die Stadtregierung musste hart gegen Preiswucher durchgreifen. Der Schwarzhandel blühte.
- 24. August - Die Moral der Türken wurde schwächer. Jede Menge kleinerer Minen, Stürme, Ausfälle und vor allem Tote auf beiden Seiten die nächsten Tage.
- 26. August - Es ergeht ein Einberufungsbefehl an alle Männer von Wien, die sich bisher von der Stadtverteidigung drücken konnten, weil sie nicht tauglich waren oder nicht wollten.
- 27. August - Der Kurier Georg Michaelowitz brach mit einigen Briefen zu Herzog Karl V. auf. Er erhielt dafür die Belohnung von 100 Dukaten. Bei seiner Rückkehr am 1. September erhielt er weitere 100 Dukaten.
Vor dem Ravelin wurde eine weitere Mine gesprengt. Sie zeigte gute Wirkung. Die Türken gingen zum Sturmangriff über. Außer einigen abgeschlagenen Köpfen konnten sie nichts erreichen. Die Überbringer dieser Köpfe an Kara Mustafa werden reich belohnt.
Die Janitscharen waren verärgert auf Kara Mustafa wegen der langen Belagerungsdauer.
In der Nacht wurden 30 Raketen vom Stefansdom abgeschossen. - 28. August - Starker Regen in der Früh und am Vormittag verschlammte die türkischen Gräben. Nach der Zündung einer Mine unter dem Ravelin folgte ein Angriff. Wieder viele Tote.
Graf Starhemberg erließ die Todesstrafe für jene, die sich noch immer vor der Einberufung drückten.
In der Nacht feuerten die Wiener 100 Raketen vom Stefansdom ab. - 29. August - Die Türken feierten die Köpfung von Johannes der Täufer. Mit einer besonders großen Mine unter dem Ravelin sprengten die Osmanen das Meiste in die Luft. Der letzte Rest des Ravelins wurde auf Befehl der Offiziere geräumt.
Von der Stadtregierung geht die Aufforderung Wasserbottiche in der Stadt verteilt aufzustellen um Grabungstätigkeiten schneller zu erkennen. - 31. August - Die Wiener erkannten erste Vorbereitungen der Türken für den bevorstehenden Entsatz.
Bei einem Zufallstreffer der Türken hinter der Löbelbastei wurde ein Munitionslager getroffen, das auch die nebenliegenden Schwarzpulverlager entzündete.
Erste Lebensmittelnot unter den Türken.
Starhemberg setzte alle Mittel für die Kämpfe ein, ließ die Straßen und Häuser rund um den Bereich Burgbastei und Löbelbastei in Verteidigungszustand setzen und richtete dort eine weitere Verteidigungslinie ein.
September
Kupferstich des kaiserlichen Hauptmanns und Ingenieurs Daniel Suttinger
- 1. September - Georg Michaelowitz brachte unter Lebensgefahr Nachrichten von Herzog Karl V. in die Stadt. Darin stand, dass der Entsatz unterwegs ist und in einigen Tagen eintrifft.
Die Türken hatten mehrere Minen bei der Löbelbastei unter die Kurtine getrieben. Die Wiener machten einen Ausfall um die Minen zuzuschütten, scheitern aber am starken Widerstand der Türken.
In der Stadt wie auch im Türkenlager ging das Essen aus. Die Preise stiegen stark an. - 2. September - Georg Michaelowitz brach erneut mit Botschaften aus der Stadt auf. Er erhielt dafür, gegen den ausdrücklichen Willen des Rechnungsbeamten, 200 Dukaten im voraus. In der Botschaft an den Kaiser wird darauf gedrängt den Entsatz zu beschleunigen. Die Verteidiger wären nahe am Ende ihrer Kräfte angelangt.
Die Türken ließen bei der Burgbastei eine Mine hochgehen. Die Wirkung war minimal. Durch die Mine war es aber den Türken jetzt leichter in die Burgbastei zu kommen. An der Löbelbastei unterwühlten die Türken die Stadtmauer. Bei einem Ausfall der Wiener gegen die Minen der Türken wurden alle Angreifer getötet. - 3. September - Eine Mine an der Burgbasteispitze geht hoch. Es fallen etliche Quaderstücke heraus. Die Wiener machten wieder einen Ausfall um weitere Minen zu zerstören. Die Ergebnisse waren mager. Die Anzahl der Toten auf beiden Seiten war hoch.
Beim Minieren und Kontraminieren gerieten die Türken und Wiener auf einmal aufeinander. Es entstand ein blutiges Gemetzel.
Bei zwei weiteren Ausfällen wurden 22 Ochsen, 2 Pferde und ein Wagen eingebracht.
Graf Starhemberg gab die letzten Reste vom Ravelin, Kontreskarpe und Kaponniere auf, das dortige Holz räumte man aus.
Bei weiterem minieren kamen die Türken schon 2 bis 3 Meter unter die Stadtmauer.
Vom Stefansdom wurden 30 Raketen abgeschossen. - 4. September Stefan Seradly erhielt 120 Dukaten für die Überbringung von Briefen an das Entsatzheer. Er verriet aber die Wiener und läuft zu Kara Mustafa über. Dieser erfuhr dadurch von der geplanten Entsetzung Wiens und zog Verstärkung heran.
Erste Minensprengung unter der Kurtine. Die Wirkung war sehr stark. Der folgende Sturm scheiterte am Verteidigungswillen der Bevölkerung.
Mehrere Minensprengungen und Sturm der Türken an der Burgbastei. Eine 8 Meter breite Bresche wurde in die Burgbastei geschlagen. Erste Janitscharen kamen auf die Bastei. Mit spanischen Reitern und Sandsäcken schlossen die Wiener die Bresche. Von allen Seiten kamen Türken für den Angriff. Jeder wollte dabei sein wenn die Stadt fällt. Aber die Steigung im Geröll auf die Burgbastei war zu stark. Durch reihenweises Feuer, zurückgehen und nachladen, während die nächste Reihe schoss, konnte der Angriff nach 2 Stunden abgewehrt werden. Allein dieser Sturm kostete den Wienern 200 Mann darunter mehrere Offiziere. In der Nacht wurde die Bresche vollständig geschlossen.
Holz von Dächern und anderen Bauteilen in Wien wurde abgerissen um es als Palisaden bei Burg- und Löbelbastei zu verwenden.
Die Stimmung der Türken langte nach diesem Tag auf einem Tiefpunkt an. - 6. September - Neugruppierung der Stadtverteidiger in 64 Kampfgruppen. Sprengung von 2 Minen an der äußersten Spitze der Löbelbastei. Unter hohen Verlusten für beide Seiten gelang es den Sturm auf die Löbelbastei abzuwehren. Als die Sperren immer dichter wurden begannen die Türken wieder mit dem Minenkampf.
Drakonische Maßnahmen gegen Desserteure und Wehrdienstverweigerer in Wien. Wer krank oder zu alt für die Arbeit war musste ein ärztliches Attest vorweisen.
Vom Stefansdom werden sehr viele Raketen abgeschossen. - 7. September - Kara Mustafa hält eine Musterung ab. Er wollte die Stadt noch vor Eintreffen des Entsatzheeres erobern.
In der Nacht schossen die Wienern wieder viele Raketen vom Stefansdom ab. - 8. September - Eroberung des Niederwalls durch die Türken. Ein Gegenangriff wurde abgeschlagen. Vorbereitung weiterer Minen an der Kurtine.
Nachmittags wurden 2 Minen unter der Löbelbastei gesprengt. Jede Menge Mauerwerk landete im Graben. Trotzdem war die Mauer nachher eher steiler als flacher und so konnte der folgende Angriff leicht zurückgeschlagen werden.
Verstärkung und Neuaufstellung der Türken für die Entsatzschlacht.
Die Türken fingen 2 deutsche Kuriere auf den Weg nach Wien ab.
In der Nacht schossen die Wiener wieder viele Raketen vom Stefansdom. - 9. September - Kriegsrat beim Großwesir Kara Mustafa über die bevorstehende Schlacht gegen das Entsatzheer. Er nahm seine Anführer an einem Erkundungsritt zu den Aufmarschwegen mit, auf denen das Entsatzheer anrücken könnte. Im Lager der Türken kamen Lebensmittel aus Ofen an, die vor dem Zelt des Scharfrichters zu normalen Marktpreisen angeboten wurden.
Tod des Wiener Bürgermeisters Liebenberg nach einer mehrwöchigen Krankheit. - 10. September - Beginnende Meutereien im türkischen Lager.
In Wien wurde in den Straßen hinter der Burg- und Löbelbastei heftig gegraben, Palisaden gebaut und Laufgänge für eine weitere Verteidigungslinie gegraben.
- 11. September - Die alliierten christlichen Truppen unter König Sobieski besetzten das Kahlengebirge.
Graf Starhemberg traf die letzten Vorbereitungen in der Stadt. Die Wiener feierten den bevorstehenden Entsatz.
Die Türken stellten sich für die Schlacht auf. Gleichzeitig gruben sie bei 5 Minen weiter unter den Stadtmauern, waren bis zu 2 Meter tief unter der Kurtine eingedrungen und standen kurz davor die Ladungen zu setzen und zu sprengen. - 12. September - das Entsatzheer, mit Truppen aus Venedig, Bayern, Sachsen und Polen (80.000 Mann unter dem Kommando von Jan III. Sobieski) schlug die Türken durch einen typischen polnischen Angriff der Hussaria (geprüft in vielen Schlachten der polnischen Formationen gegen Türken und Krimtataren, das Manöver war aber eine militärische Neuheit für die westlichen Armeen) von den Höhen des Wienerwaldes her. Die gesamte christliche Streitmacht ging zum Generalangriff über. Auch die Wiener beginnen mit einem Ausfall als sie sahen, dass die Schlacht am Kahlenberg zu gunsten der Christen ausging und stürmten die Laufgräben der Türken.
Die osmanischen Kriegsherren konnten sich über eine Taktik für einen Zweifrontenkrieg nicht einigen. Das Türkenheer flüchtete überstürzt und sammelte sich bei Győr/Raab.
Der Ablauf in Europa während der Belagerung
- 14. Juli - Graf Philipp von Thurn traf in Warschau ein und überbrachte die Nachricht von der Belagerung Wiens. König Sobieski gab Anweisungen das Heer zu sammeln und wollte noch vor Monatsende aufbrechen.
- 17. Juli - Kaiser Leopold I. kam in Passau an.
- 23. Juli - Die ersten bayrischen Hilfstruppen (10.000 Mann) trafen in Passau ein.
- 27. Juli - Graf Philipp von Thurn überbrachte in Passau die Botschaft, dass König Sobieski und sein älterer Sohn Prinz Jakob Ludwig Heinrich mit 50.000 Mann bis Ende August nach Wien käme. Der Jesuit Pater Wolff meldete Kaiser Leopold I. dass 10.000 Mann aus Sachsen noch dieses Monat aufbrechen werden.
- 30. Juli - Aus Polen kam die Nachricht zu Kaiser Leopold I., dass der König bis 20. August vor Wien sein werde. Er marschiere über Schlesien und Mähren.
- 3. August - Jede Menge Scharmützel zwischen polnischen Hilfstruppen und kaiserlichen Truppen gegen Tataren, ungarischen Rebellen und Türken.
- 5. August - Langes Warten des Kaisers Leopold I. in Passau auf Truppen für das Entsatzheer.
- 8. August - Prinz Eugen von Savoyen traf in Passau ein. Er berichtete, dass alle anderen französischen Offiziere, die sich den Österreichern anschließen wollten eingesperrt wurden.
- 9. August - Kaiser Leopold I. erkrankte und lag mit Fieber, Durchfall und Erbrechen im Bett.
- 11. August - Kaiser Leopold I. war auf dem Weg der Besserung.
- 12. August - 1.000 Mann von dem Regiment des Prinzen Ludwig von Neuburg trafen in Passau ein.
- 14. August - Polens König Jan III. Sobieski startete mit seiner Armee von Krakau aus Richtung Wien.
- 21. August - 8.000 Franken trafen in Passau ein.
- 22. August - Polens König Jan III. Sobieski traf in Gleiwitz ein.
- 23. August - Polens König Jan III. Sobieski erreichte Troppau.
- 24. August - Herzog Karl V. brach mit seinen Truppen donauaufwärts auf um zum Treffpunkt in Tulln zu kommen. Bei Bisamberg traf er auf Türken und ungarischen Hilfstruppen. Sieg der Kavallerie von Herzog Karl V.
- 25. August - Kaiser Leopold I. fuhr mit dem Schiff von Passau nach Linz.
- 27. August - Der Orientwarenhändler Michaelowitz brach als Kurier mit viel Post von Wien auf.
- 28. August - Das Entsatzheer der Franken passierten Linz.
- 31. August - Sobiesky traf mit Herzog Karl V. in Hollabrunn zusammen.
- 4. September - Kriegsrat zu Stetteldorf bei Tulln unter dem Vorsitz Sobieskis und Herzog Karl V.
- 6. September - Der Kurfürst von Bayern kam nach Linz. Fränkische, sächsische, bayrische und schwäbische Kontingente überquerten die Donau bei Krems und rückten weiter Richtung Tulln vor.
- 7. September - Die Polnische Armee überquerte die Donau bei Tulln; die Polen vereinigten sich mit den Truppen Sachsens, den Kaiserlichen, den Bayern und den fränkisch-schwäbischen Reichstruppen Tulln, 30 km stromaufwärts von Wien.
Die Kaiserin gebar um 6 Uhr früh ein Mädchen und wird auf den Namen Maria Anna Josepha Antonia Regina getauft. - 8. September - Leopold I. fuhr von Linz Richtung Wien mit dem Schiff ab.
- 9. September - Leopold I. traf in Dürnstein ein. Letzter großer Kriegsrat der alliierten christlichen Truppen. Es wurde beschlossen über die Tullner Brücke durch den Wienerwald unter Zurücklassung des Trosses auf Wien vorzurücken. Die Tataren, die für die Bewachung dieser Brücke abgestellt waren verhinderten den Brückenkopf nicht.
Der Weg durch den Wienerwald war beschwerlich, da es nur wenige schlecht befestigte Wege gab und die Artillerie nicht oder nur begrenzt mitgenommen werden konnte. Es mangelte während des Anmarsches auch an Verpflegung. Da der Tross zurückgelassen wurde gibt es keinen Lebensmittelnachschub. Die Truppen müssen ohne etwas zu essen 2 Tage marschieren. Dafür gab es aber keine weiteren Schwierigkeiten beim Vormasch. Kara Mustafa hatte es verabsäumt die Donaubrücken zu sichern, Klosterneuburg zu erobern (diese wird zu einem wichtigen Brückenkopf der Alliierten) und eine Befestigung des Kahlengebirges nicht vorgenommen. - 11. September - Die alliierten christlichen Truppen unter Sobiesky besetzten das Kahlengebirge. Es wurden eine Menge Raketen vom Entsatzheer gezündet um den Wienern Mut zu machen.
- 12. September - Schlacht am Kahlenberg
Ablauf nach der Belagerung
- 13. September - König Jan III. Sobieski betrat die Stadt.
Es begann die allgemeine Plünderung der von den Türken zurückgelassenen Tiere, Lebensmittel, Gütern, Material, Waffen, Geschütze und Munition. Das meiste, insbesondere die Zeltburg von Kara Mustafa, soll Polenkönig Jan Sobieski einbehalten haben, während die deutschen Truppen fast leer ausgingen. [7] Die Wiener verschossen wahllos Munition als Freudenschüsse. Schwarzpulver der Türken wird zur Belustigung der Leute angezündet.
Die Wiener besichtigten die Zerstörungen der Belagerung. An der Stadtmauer hinter dem zerschossenen und aufgegeben Ravelin wurden mehrere 6 Meter tief unter der Kurtine und mit Schwarzpulver gefüllte Minen gefunden, die fertig zur Sprengung waren, aber infolge der Niederlage nicht mehr gezündet wurden.
Leopold I. erfuhr vom Sieg der Entsatztruppen und fuhr mit dem Schiff von Dürnstein nach Klosterneuburg. - 14. September - Kara Mustafa ließ Ibrahim Pascha, den Beylerbeyi von Ofen hinrichten.
Leopold I. zog in Wien ein und besuchte die Befreiungsmesse in St. Stephan. Weitere Plünderung des türkischen Heerlagers. - 15. September - Am Stefansdom wurde der Stern und der Halbmond der seit der Ersten Türkenbelagerung dort die Spitze ziert, wegen Wortbruchs der Türken (niemals den Stefansdom zu beschießen), herunter genommen und durch ein Kreuz ersetzt.
Kaiser Leopold I. und König Sobieski treffen sich zu Pferde. Nach der Schlacht waren die beiden Herrscher schlecht aufeinander zu sprechen. Der Ruhm der gewonnen Entsatzschlacht geht an König Sobieski und dass Kaiser Leopold I. diesen vertraglich abtreten mußte, um die Unterstützung von König Sobieski überhaupt zu erhalten, war trotz Einhaltung des Protokolls für alle Beteiligten spürbar. Der Stolz des Kaisers Leopold I. war gegenüber König Sobieski schwer verletzt.
In Schwechat wird von den alliierten Truppen eine Parade abgehalten. Die Kurfürsten von Bayern und Sachsen zogen anschließend mit ihren Truppen wieder ab. - 18. September - Beginn der Verfolgung der Türken
- 7. Oktober - Entgegen den Empfehlungen von Herzog Karl V. greift König Sobieski verstärkte Truppen der Türken bei Parkany an. Nach Auflösung der Hussaria, der polnischen Kavallerie, ziehen sich die Polen fluchtartig zurück. König Sobieski entkommt mit Mühe dank der Hilfe seiner tatarischen Hilfstruppen unter Kommando des Lipka-Tataren, Oberst Murza-Krzeczowski.[8]
- 9. Oktober - Sieg der kaiserlichen und polnischen Truppen bei Parkany.
- 21. Oktober - Die kaiserlichen Truppen und die Polen eroberten Gran.
- 25. Dezember - Großwesir Kara Mustafa wurde, auf dem Rückzug in Belgrad angekommen, auf Befehl des Sultans erdrosselt. Er hatte die Schlacht um Wien trotz dreifacher Übermacht verloren.
Als Dank für die Befreiung Wiens wurde in der Katholischen Kirche am 12. September das Fest Mariä Namen eingeführt.
Quellen
- ↑ [1]
- ↑ Das Kreuz und der Halbmond. Die Geschichte der Türkenkriege von Klaus-Peter Matschke S360f. (Sekundärliteratur)
- ↑ Im Schatten des Desasters. Zwölf Entscheidungsschlachten in der Geschichte Europas von Klaus-Jürgen Bremm; Verlag: Books on Demand GmbH; Auflage: 1 (Dez. 2003); ISBN 3833404582; S160
- ↑ Das Kreuz und der Halbmond. Die Geschichte der Türkenkriege von Klaus-Peter Matschke S358f. (Sekundärliteratur)
- ↑ Theatri Europaei continuati Zwölffter Theil. durch Matthaei Merians Sel. Erben Frankfurt am Mayn 1691 S524f. (Sekundärquelle)
- ↑ a b Kara Mustafa vor Wien. Das türkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683, verfaßt vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte. Graz, Wien, Köln 1955; Herausgeber Richard F. Kreutel S141f.
- ↑ Im Schatten des Desasters. Zwölf Entscheidungsschlachten in der Geschichte Europas von Klaus-Jürgen Bremm; Verlag: Books on Demand GmbH; Auflage: 1 (Dez. 2003); ISBN 3833404582; S166
- ↑ KulturSchock Polen; von Izabella Gawin, Dieter Schulze; Verlag Rump; Auflage: 2., Aufl. (November 2004); ISBN 3831712956; S126
Siehe auch
Literatur
- Sachslehner: Wien anno 1683. ISBN 3854313446
- Die Türken vor Wien in Augenzeugenberichten von Walter Sturminger; Karl Rauch Verlag GmbH Düsseldorf (1968)