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Friedrich Heinrich Karl Freiherr von Spitzemberg (* 19. September 1826 in Stuttgart; † 13. Dezember 1880 in Berlin) war ein deutscher Diplomat. Spitzemberg war königlich württembergischer Gesandter im Russischen Kaiserreich, in der Schweiz und im Königreich Preußen sowie württembergischer Bevollmächtigter beim Zollbundesrat und später beim Bundesrat des Deutschen Kaiserreiches. Er war der Ehemann von Hildegard von Spitzemberg, die durch ihr Tagebuch, eine in der Historiographie vielfach zitierte und aus unmittelbarem Erleben verfasste Quelle für die deutsche Politik- und Kulturgeschichte zwischen der Reichsgründung und dem Ersten Weltkrieg, große Bekanntheit erlangte.[1]

Friedrich Heinrich Karl Freiherr von Spitzemberg entstammte dem Adelsgeschlecht von Spitzemberg (später auch Hugo von Spitzemberg), eine Familie die ursprünglich aus dem Herzogtum Lothringen kam. Deren Angehörige erhielten 1535 den lothringischen Adelsstand sowie 1736 den lothringischen Ritterstand.[2] Ein Zweig des Geschlechts gelangte Anfang des 19. Jahrhunderts nach Württemberg, wo ihnen 1833 der Adels- und Freiherrenstand bestätigt wurde.

Franz Xaver von Spitzemberg (* 21. Juli 1781 in Saint-Dié-des-Vosges; † 30. Mai 1864 in Stuttgart), der erste Spitzemberg in württembergischen Diensten, wurde Generalleutnant in der Württembergischen Armee und Hofjägermeister. Er heiratete am 24. Oktober 1823 Elisabeth Juliane Caroline Charlotte (* 29. April 1803 in Berlin; † 15, Juli 1857 in Stuttgart), eine geborene Freiin von Massenbach und Staatsdame von Königin Pauline von Württemberg.[3] Sie war eine Tochter des württembergischen Staatsrates und Direktor der Oberrechnungskammer Eberhard Freiherr von Massenbach (* 1760; † 1825).[4] Karl war einer von vier Söhnen des Paares, sein älterer Bruder Wilhelm (* 1825; † 1888) diente zuletzt als württembergischer General der Infanterie und Generaladjutant.[2] Dessen Tochter Amélie von Soden wurde Landtagsabgeordnete.

Beruflicher Werdegang

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Spitzemberg begann ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen, das er an der Universität Heidelberg beenden konnte.[5] Im Anschluss wurde er als Referendar in den württembergischen Justizdienst übernommen und war von 1851 bis 1853 Gerichtsaktuar am Oberamtsgericht Heilbronn und am Oberamtsgericht Stuttgart sowie von 1854 bis 1855 Assessorratsverweser beim Zivilamt des Gerichtshofes zu Ellwangen.[6]

Der württembergische Außenminister Karl Eugen von Hügel berief Spitzemberg in sein Ministerium, wo er zunächst ab 1856 als Legationssekretär bei der Gesandtschaft in Wien im Kaisertum Österreich arbeitete und 1858 als solcher an die Gesandtschaft nach Paris in das Französische Kaiserreich versetzt wurde.[6][7] Bereits 1860 wurde er zum Geschäftsträger der württembergischen Gesandtschaft in Sankt Petersburg in Russland ernannt.[8] Der Posten hatte keine größere politische Bedeutung, allerdings hatte Spitzemberg eine protokollarische Sonderstellung, auf Grund der engen dynastischen Verbindungen des Zarenhauses Romanow mit den Württembergern. Eine Beziehung, die 1846 durch die Heirat des Thronfolgers Karl von Württemberg mit der Zarentochter Olga noch vertieft wurde.[9] In Sankt Petersburg kam Spitzemberg auch in engeren Kontakt mit Otto von Bismarck, der als preußischer Vertreter bis 1862 Gesandter am Zarenhof war. Beide verband seit dem mehr als nur eine kollegiale Zusammenarbeit. Im Frühjahr 1865 nach Württemberg zurückgekehrt, konnte er im Juni 1865 für die Maschinenfabrik Esslingen und deren Gründer Emil Keßler einen Vertrag über die Lieferung von 34 Lokomotiven für die neugebaute Südrussische Bahn (die Strecke von Odessa nach Balta) vermitteln.[10] Das Verhältnis zu Bismarck war nun so vertraut, das der preußische Ministerpräsident im August 1865 auf der Rückfahrt von Bad Gastein, nach der Unterzeichnung der Gasteiner Konvention zwischen Preußen und Österreich über den weiteren Status der Elbherzogtümer, Spitzemberg und seine Ehefrau besuchte und ihn über den Inhalt des Vertrages unterrichtete.[11] Anwesend war auch Karl von Varnbüler, Spitzembergs Schwiegervater, der im Herbst 1864 zum württembergischen Außenminister berufen wurde. Im Oktober 1865 wurde Spitzemberg für kurze Zeit als Gesandter an die neu geschaffene württembergische Vertretung nach Bern in die Schweiz versetzt.[8][9]

Mit dem Ende des Deutschen Krieges erhielt Spitzemberg als Geheimer Legationsrat auf Betreiben von Varnbühler im Herbst 1866 die Ernennung zum württembergischen Außerordentlichen Gesandten und Bevollmächtigten Minister nach Preußen in Berlin, zur besonderen Genugtuung von Bismarck, der seine Wahl als württembergischen Vertreter ebenfalls befürwortete.[8][12] Die offizielle Akkreditierung als Gesandter erfolgte am 22. Oktober 1866. Das Königreich Württemberg war während des Deutschen Krieges einer der Verbündeten des Österreichischen Kaiserstaates, das aber zu den Verlieren des Krieges gehörte. Das es dabei zu keinen größeren Nachteilen für Württemberg kam, lag nicht zuletzt an der Arbeit des Gesandten Spitzemberg und dessen guten Beziehungen zu Bismarck. 1867 wurde er außerdem Vertreter Württembergs im Zollbundesrat, der nach einer Reform neugeschaffenen Ländervertretung des Deutschen Zollvereins.[6] Er war im Frühjahr 1867 an den Verhandlungen des erneuerten Zollvereinsvertrages beteiligt und war als württembergischer Vertreter einer der Mitunterzeichner des Vertrages. Für seiner Verdienste erhielt Spitzemberg im Juni 1867 das Komturkreuz 1. Klasse des württembergischen Friedrichs-Ordens.[13]

Nach der Reichsgründung im Frühjahr 1871 erfolgte Spitzembergs Berufung zum württembergischen Bevollmächtigten beim Bundesrat, wo er in den Ausschüssen für Handel und Verkehr, für auswärtige Angelegenheiten sowie im Ausschuss für das Reichsland Elsaß-Lothringen arbeitete.[6] Er und seine Frau gehörten nun zum engsten Kreis der ständigen Gäste im Hause des Reichskanzlers, die auch mit Bismarcks Gattin Johanna von Puttkamer fast täglich Umgang hatten und mit ihr befreundet waren.[9] Sie waren oftmals zu wichtigen Familienfesten der Bismarcks eingeladen, unter anderem bei den Geburtstagen und den Hochzeiten der Kinder. Noch 1871 erhielt Spitzemberg die Ernennung zum württembergischen Staatsrat mit dem Titel Exzellenz, nachdem er bereits zuvor zum Kammerherren ernannt wurde.[6][14]

Karl von Spitzemberg starb am 13. Dezember 1880 im Alter von 54 Jahren in Berlin an einer Blutvergiftung. Noch Anfang Dezember 1880 waren er und seine Frau Hildegard und ihre Kinder für einige Tage zu Gast bei Bismarck in Friedrichsruh. Nach Berlin zurückgekehrt unterzog sich Spitzemberg, der schon längere Zeit an Milz- und Leberproblemen litt, einer Operation, an deren Folgen er verstarb.[7] Die Trauerfeier fand unter großer Anteilnahme in Berlin statt. Anschließend wurde er nach Stuttgart überführt und am 17. Dezember auf dem Pragfriedhof in Stuttgart-Nord im Erbbegräbnis der Familie Spitzemberg bestattet.[15] Sein Grab ist erhalten.[16] Der württembergische Finanzminister Karl von Riecke verfasste seinen Nachruf, der im Schwäbischen Merkur veröffentlicht wurde.[6]

Hildegard von Spitzemberg (1869), die Ehefrau von Karl von Spitzemberg, Gemälde von Wilhelm von Kaulbach.

Ehe und Nachkommen

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Karl von Spitzemberg heiratete in Hemmingen am 15. Februar 1864 Hildegard von Spitzemberg (* 20. Januar 1843 in Hemmingen), eine geborene Freiin von Varnbüler. Sie war die zweite Tochter von Karl von Varnbüler, dem Staatsminister im Königreich Württemberg und ab 1872 Mitglied des Reichstages und dessen Frau Henriette, geborene Freiin von Süßkind.[2][17] Es gab zunächst Bedenken das die Ehe des katholischen Karl mit der lutherischen Hildegard den Familienzusammenhalt stören könnte, was sich aber als gegenstandslos erwies.[9] Hildegards jüngerer Bruder Axel wurde Diplomat. Von ihren Schwestern heiratete Sophie 1862 den Abgeordneten Nikolaus von Below und Elisabeth 1872 den Abgeordneten Hermann von Erffa.

Hildegard führte seit ihrem zehnten Lebensjahr regelmäßig ein Tagebuch. Ihre ersten Eintragungen schrieb sie am 20. Januar 1854, die letzten Eintragungen erfolgten am 25. Januar 1914, fünf Tage vor ihrem Tod. In sechs Jahrzehnten füllte sie 68 Bände, gebundene Schreibhefte im Quartformat mit jeweils knapp 250 Seiten.[18] Die Tagebücher, eine einzigartige kulturgeschichtliche Quelle aus dieser Zeit, wurden erstmals 1960 in Auszügen von Rudolf Vierhaus herausgegeben und veröffentlicht. Aus der Ehe von Karl und Hildegard gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor. Der Erstgeborene Carl starb bereits im Alter von drei Jahren. Sein jüngerer Bruder Lothar Hugo von Spitzemberg wurde Kammerherr der letzten Deutschen Kaiserin Auguste Victoria und preußischer Landrat.[2] Die einzige Tochter Johanna heiratete 1902 den Diplomaten Hans von Wangenheim. Hildegard selbst wurde eine bedeutende Berliner Salonnière.

Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1880 blieb Hildegard in Berlin und führte ihren Salon weiter. Sie war 37 Jahre alt, ging aber keine neue Ehe ein. Der Verlust ihres Mannes hat sie schwer erschütterte. Auch Bismarck war tief betroffen und kondolierte ihr persönlich:

Friedrichsruh, den 13. Dezember 1880; Gnädige Frau! Ich weiß keine Trostworte für so schwere Schickung wie die Ihrige, aber ich habe das Bedürfnis, Ihnen zu sagen, wie tief ich Ihren Schmerz mit Ihnen empfinde; nicht bloß in Freundschaft für Sie und die Ihrigen, auch im Gefühl eigenen Verlustes. In den zwanzig Jahren unserer ersten Begegnung in Petersburg haben unsere stets wohlthuenden und nie getrübten geschäftlichen und nachbarlichen Beziehungen sich zu einem Verhältnis freundschaftlichen Vertrauens entwickelt, wie es mir außerhalb meiner Familie nun zu niemand mehr verbleibt. In meinen Jahren füllt das Leben die Lücken nicht mehr, die der Tod in dem Kreise der Freunde macht, sie bleiben ungeschlossen. Der Gedanke an die beiden frohen Tage, die wir hier in der vorigen Woche zusammen verlebten, verschärft das Gefühl der Trauer von heut; aber doch danke ich Gott für diese wehmütige Erinnerung an eine letzte Begegnung. Meiner Frau und meine Gedanken sind ohne Unterlaß und in treuer Freundschaft bei Ihnen und Ihren Kindern. Ihren Herrn Vater grüße ich in herzlicher Teilnahme. v. Bismarck.[6]

Hildegard von Spitzemberg starb am 30. Januar 1914, im Alter von 71 Jahren, in Berlin. Auch sie wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof im Erbbegräbnis der Familie Spitzemberg an der Seite ihres Mannes bestattet.[19]

Einzelnachweise

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  1. Hartwin SpenkuchSpitzemberg, Hildegard Amalie Henriette Maria Freifrau von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 720 f. (Digitalisat).
  2. a b c d Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser. 43. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1893, Seite 403–404.
  3. Edmund von der Becke-Klüchtzner: Der Adel des Königreichs Württemberg. Neu bearbeitetes Wappenbuch mit genealogischen und historischen Notizen. Kohlhammer, Stuttgart 1879, Seite 298.
  4. Edmund von der Becke-Klüchtzner: Der Adel des Königreichs Württemberg. Neu bearbeitetes Wappenbuch mit genealogischen und historischen Notizen. Kohlhammer, Stuttgart 1879, Seite 392.
  5. Staatsrath Freiherr von Spitzemberg †. In: Neues Tagblatt und General-Anzeiger für Stuttgart und Württemberg. 37. Jahrgang, Nr. 294, Ausgabe: Stuttgart / Donnerstag 16. Dezember 1880, Seite 1.
  6. a b c d e f g Heinrich von Poschinger: Fürst Bismarck und der Bundesrat. 2. Band: Der Bundesrat des Zollvereins (1868−1870) und der Bundesrat des Deutschen Reiches (1871−1873). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart / Leipzig 1897, Seite 141–145.
  7. a b Karl von Riecke: Karl Freiherr von Spitzemberg †. (Nekrolog), In: Schwäbischer Merkur., Nr. 298, Ausgabe: Stuttgart / Donnerstag 16. Dezember 1880, Seite 5.
  8. a b c Tobias C. Bringmann: Handbuch der Diplomatie 1815–1963. Auswärtige Missionschefs in Deutschland und deutsche Missionschefs im Ausland von Metternich bis Adenauer. Sauer, München 2001, Seite 421; ISBN 978-3-598-11431-1.
  9. a b c d Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg, geb. Freiin von Varnbüler. Aufzeichnungen aus der Hofgesellschaft des Hohenzollernreiches. 5. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, Seite 23–25, ISBN 3-525-35811-3.
  10. Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg, geb. Freiin von Varnbüler. Aufzeichnungen aus der Hofgesellschaft des Hohenzollernreiches. 5. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-35811-3, Seite 63−64.
  11. Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg, geb. Freiin von Varnbüler. Aufzeichnungen aus der Hofgesellschaft des Hohenzollernreiches. 5. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-35811-3, Seite 64.
  12. Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg, geb. Freiin von Varnbüler. Aufzeichnungen aus der Hofgesellschaft des Hohenzollernreiches. 5. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-35811-3, Seite 72−73.
  13. Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg, geb. Freiin von Varnbüler. Aufzeichnungen aus der Hofgesellschaft des Hohenzollernreiches. 5. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-35811-3, Seite 79.
  14. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Jahrgang 1879, Kohlhammer, Stuttgart 1879, Seite IX.
  15. Stuttgart 17. Dezember. In: Norddeutsche Allgemeine Zeitung. 20. Jahrgang, Nr. 593, Ausgabe: Berlin / Sonnabend 18. Dezember 1880, Seite 2.
  16. Proxy/Projekte2 in der Datenbank Find a GraveVorlage:Findagrave/Wartung/Wikidatakennung nicht gesetztVorlage:Findagrave/Wartung/Name ungleich Wikidata-Bezeichnung
  17. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser. 39. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1889, Seite 927–928.
  18. Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Das Tagebuch der Baronin Spitzemberg, geb. Freiin von Varnbüler. Aufzeichnungen aus der Hofgesellschaft des Hohenzollernreiches. 5. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-35811-3, Seite 32.
  19. Hildegard von Spitzemberg in der Datenbank Find a Grave