Zum Inhalt springen

Norderteich

Diese Seite befindet sich derzeit im Review-Prozess
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. September 2008 um 19:38 Uhr durch 87.181.230.250 (Diskussion) (Geologie, Lage und Größe). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Norderteich
Blick vom Südufer zum Nordwestufer.Foto: Alexander Leischner
Geographische Lage SO von Detmold
Zuflüsse Quellspeisung aus dem „Beller Holz“ und Abach
Abfluss Napte, Emmer
Orte am Ufer Billerbeck
Ufernaher Ort Horn-Bad Meinberg, Steinheim
Daten
Koordinaten 51° 53′ 5″ N, 9° 1′ 57″ OKoordinaten: 51° 53′ 5″ N, 9° 1′ 57″ O
Norderteich (Nordrhein-Westfalen)
Norderteich (Nordrhein-Westfalen)
Höhe über Meeresspiegel 153 m
Fläche 12,5 ha des Stillgewässers, 22,7 ha des naturgeschüzten Raumes [1]dep1
Breite 500 mdep1
Mittlere Tiefe 3 m

Der Norderteich ist ein eutropher, flacher See bei Billerbeck, einem Ortsteil der Gemeinde Horn-Bad Meinberg im Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen. Der Norderteich ist als Vogel- und Naturschutzgebiet sowie als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen und ein beliebtes Ausflugs- und Wanderziel. Der See ist das älteste Naturschutzgebiet in Lippe, der Eigentümer und Verpächter für die Fischereirechte ist der Landesverband Lippe.

Geologie, Lage und Größe

Landschaftliche Einbettung des Norderteiches.Foto: Alexander Leischner

Angelegt wurde der See in einem natürlichen flachen Becken am Auslauf des Höhenzugs des Werrehügelland um den Kohlenberg und dem südöstlich davon gelegenen Beller Holz hin zur Einmündung in das Steinheimer Becken. Der aufgeworfene Stauwall, „Mönch“ genannt, reguliert durch ein Wehr den Abfluss zur Napte.

Durch die flache Lage des Sees ist im Laufe der Jahrhunderte eine langsame Verlandung des Stillgewässers eingetreten und die Entstehung eines Flachmoores zu beobachten. Die Wasserfläche betrug einst 20 ha. Auf dem Mergel-Ton Untergrund der Lippischen Keupermulde hat sich mit der Zeit, bedingt durch die flache Lage, über die Eintragung aus den künstlichen und natürlichen Zuflüssen eine Sedimentschicht gebildet, auf der die heute zu betrachtenden, und den See umspannenden, Bruch- und Moorwälder und Feucht- und Sumpfwiesen entstanden sind und sich weiter entwickeln.[2]

Heute beträgt die Fläche des Sees im Frei- und Stillwasserbereich rund 12,5 ha, die auf einer Höhe von 153 m über Normalnull liegt. Die Gesamtfläche des naturgeschützten Raumes, einschliesslich der Feuchtwiesen und des Bruchwaldes, beträgt 22,7 ha.

Erreichbar ist der Norderteich über die Bundesstraße 1, Abfahrt Horn-Bad Meinberg, zur Bundesstraße 239 in Richtung Schieder-Schwalenberg und Bad Pyrmont. Die Wegweisung erfolgt über die Beschilderung durch touristische Hinweisschilder an den Bundes- und Landstraßen, beziehungsweise Kreisstraßen. Von Norden her (B 239) über die ausgeschilderte Einfahrt „Entenkrug, Norderteich“, von Süden her über den Zufahrtsweg von der Bundesstraße 252 zur Landstraße aus Richtung Steinheim nach Billerbeck, beziehungsweise als Nebenstrecke vom Ortsteil Bad Meinberg in Richtung der Ortsteile Bellenberg und Billerbeck. Parkmöglichkeiten für PKW besteht beim „Entenkrug“ am Nordufer und am Parkplatz „Norderteichweg“ am südlichen Ufer, sowie im seenahen Bereich von Billerbeck.

Beim Ablauf am Südufer des Sees steht eine Schutzhütte mit einer Überdachung zur Vogel- und Naturbeobachtung, sowie Schautafeln der hier lebenden Vogelarten. Der See ist über einen Rundwanderweg zu Fuß in einer Zeit von 1,5 bis 2 Stunden zu umrunden, kann jedoch auch per Fahrrad umfahren werden. An besonders reizvollen Punkten stehen für die Rast oder den Ausblick auf Landschaft und See zahlreiche Sitzbänke zur Verfügung. Auch die örtliche Gastronomie bietet ausreichende Möglichkeiten zur Rast.

Geschichte

Früheste Nachweise des Sees gehen bis auf das Jahr 1115 zurück, in dem der Norderteich in einem Güterverzeichnis des Corveyer Abtes Erkenbert namentlich als „Norddyck“ gelistet wurde. Der Norderteich war vor der Anlegung des Schiedersees der größte See in Lippe und wird seit Jahrhunderten fischereilich genutzt. Der vermutlich natürliche See wurde von Mönchen aus dem Erzbistum Paderborn bzw. dem Fürstbistum durch Aufstauung vergrößert, um die dortigen Klöster besonders in der Fastenzeit mit Frischfisch zu versorgen. So diente er mindestens seit dem Jahr 1400 den Mönchen und später den Edelherren zur Lippe zur Zucht von Karpfen und Hechten. 1710 gab es beispielsweise beim Verkauf von Karpfen einen Ertrag von 418 Talern. Die noch heute bestehende Gastwirtschaft Entenkrug zeugt davon, dass auch der Entenfang am Norderteich ertragreich gewesen sein muss.

Kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs kam es zu ersten Bestrebungen, den Norderteich aufgrund des Artenreichtums an Tieren und Pflanzen, besonders an Vögeln, unter gesetzlichen Schutz zu stellen. Federführend war hierbei die Lippische Naturschutz-Vereinigung. Der Antrag wurde zunächst vom Lippischen Landespräsidium abgelehnt, 1928 vereinbarten jedoch der Landeskonservator und die zuständige Forstbehörde die folgenden Maßnahmen:

  1. Das Mähen der Röhrichte durch die Billerbecker Bauern wurde untersagt.
  2. Das Betreten des Wiesen- und Schilfgeländes sowie das Baden wurden verboten.
  3. Es wurden Polizeiverordnungen zum Schutz der Vögel und Pflanzen erlassen.
  4. Die zahlreichen Seerosen wurden unter besonderen Schutz gestellt.
  5. Der alte Eichenbestand am Westufer muss erhalten bleiben.[3]

Infolge dieses Erlasses wurde eine positive Entwicklung des Norderteichs beobachtet und 1937 gab es wieder brütende Haubentaucher, Rohrweihen, Rohrammern, Bekassine und Kiebitze zu verzeichnen. Die Erklärung des Norderteichs zum Naturschutzgebiet erfolgte bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nicht. Im Anschluss daran verschlechterten sich die Bedingungen der Tier- und Pflanzenwelt des Norderteichs zusehends. Besonders verhängnisvoll erwies sich der Abschuss vieler Vögel durch Soldaten der Besatzungsarmee. Dem Einsatz von Dr. Goethe, des Kreisbeauftragten für Naturschutz, ist es zu verdanken, dass die Militärregierung das Schießen, Fischen und Paddeln untersagte und entsprechende Verbotsschilder aufstellen ließ. Am 13.6.1949 wurde der Norderteich und seine unmittelbare Umgebung, eine Fläche von insgesamt 31 Hektar, schließlich zum Naturschutzgebiet erklärt.

Anfang der 1960er Jahre wurde im Waldgebiet am Westufer des Teichs eine starker Rückgang von Kleinvögeln beobachtet. Der Landesverband Lippe und die Naturschutzbehörden ließen daraufhin 1965 forstliche Maßnahmen durchführen, um den Vögeln bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Dazu gehörten das Lichten des Unterholzes, das Fällen einer Anzahl von Buchen, um den Lichteinfall zu verbessern, und das Anbringen diverser Nistkästen. Diese Maßnahmen hatten den erwünschten Erfolg und führten zu einer erhöhten Artenvielfalt in der Vogelwelt.[3]

Vogel- und Naturschutzgebiet

Baumgruppe und Schilfzonen. Foto: Alexander Leischner

Aufgrund der vielfältigen Vogelwelt, die den See als Brut- oder Rastplatz nutzt, bestanden bereits seit Mitte der 1920er Jahre Bestrebungen, das Gebiet des Sees unter besonderen Schutz zu stellen. Seit 1949 ist der See Naturschutzgebiet, jedoch nicht nach der FFH-Richtlinie der EU, die geschützte Fläche beträgt 22,7 ha. Unter Schutz stehen neben den unterschiedlichen Zonen des Stillgewässers besonders auch die Reet- und Schilfzonen sowie die Ufergehölze des Bruch- und Moorwaldes und die Feucht- und Sumpfwiesen.

Im Bereich der Flora sind einige Arten besonders aufgeführt. Beispielhaft seien im Biotopbereich Nass- und Feuchtgrünland einige Seggenarten wie die Braun- und Blasen-Segge, die Kohldistel, das Sumpf-Labkraut, die Gelbe Schwertlilie und der Hain-Gilbweiderich genannt. Zu den geschützten Pflanzen im Biotopbereich Röhricht gehört in hoch- und niedrig wachsenden Formen das Schilfrohr, der Breitblättrige Rohrkolben und der Wasser-Schwaden. Im Biotoptypus Teich ist das Schwimmende Laichkraut erwähnenswert. In den Biotopen der Ufergehölze und Buschungen werden die Erlen- und Weidenarten geschützt. Im Bereich der Fauna werden in den einzelnen Biotopen folgende Arten geschützt: bei den Vogelarten der Teichrohrsänger, der Sumpfrohrsänger, der Haubentaucher und das Teichhuhn. Weitere zu beobachtende, und am See brütende Vogelarten sind Zwergtaucher, der Höckerschwan, die Graugans, die Nilgans, die Schnatterente, die Krickente, ie Stockente, die Löffelente, die Tafelente und die Schellente, sowie Wespenbussarde, Schwarzmilane, Rohrweihen, Habichte, Kolkraben und der Eisvogel. Bei den Insekten werden namentlich die Blaugrüne Mosaikjungfer und die Große Pechlibelle besonders geschützt.

Seit jeher gelten die Schwarmflüge der Stare vom Spätsommer bis zum Frühherbst als besonderes Naturschauspiel. Diese finden heute jedoch, nach Aussage der Biologischen Station in Lippe, Schieder-Schwalenberg, in einem viel geringeren Umfang als früher statt. Auch das Zeitfenster, in dem diese Flüge zu beobachten sind, ist vermutlich enger wie das in der Vergangenheit.[4] Dies lässt sich ursächlich auf den allgemeinen Rückgang der Starpopulation in Mitteleuropa zurückführen.

Das nördlich gelegene Beller Holz mit seinem naturnahen Eichen-Hainbuchenwaldungen ist für den Naturschutz von besonderer Bedeutung und als FFH-Gebiet ausgewiesen. Hier können fast alle in Lippe heimischen Spechtarten beobachtet werden. Als Nist- und Nahrungsbäume bevorzugen sie die oft über 150 Jahre alten Eichen und Buchen. Durch den Bestand an ausreichenden Totholz-Bäumen, findet besonders der Mittelspecht ein Refugium. Das Beller Holz ist der wichtigste ostwestfälische Ort, an dem dieser seltene Vogel heimisch ist.

Fischerei

Blick über Schilfzonen und Freigewässer zum Bruchwald und Ufergehölz.Foto: Alexander Leischner

Besondere Bedeutung hat in der neuzeitlichen teichwirtschaftlichen Nutzung die Karpfen- und Schleienzucht im See. Die Schutzwürdigkeit des Gebietes bestimmt seit Anfang des 20. Jahrhundert in besonderem Maße die Bewirt­schaftungsweise des Norderteiches, die extensiv erfolgt und mit den Naturschutzbehörden abgestimmt ist. Wenngleich das mit der traditionellen Bewirtschaftungsweise verbundene Ablassen des Wassers eine Unterbrechung im Lebenszyklus einiger Tier- und Pflanzenarten am See bedeutet, hat doch die naturnahe Bewirtschaftungsform letztlich über Jahrhunderte das zum Zwecke der Fischzucht angelegte Gewässer in einem naturschutzwürdigen Status erhalten.

Die wesentlichen Fischarten im See sind Karpfen, Schleie und Hecht. Das Abfischen erfolgt in einem Turnus von jeweils drei Jahren (in früheren Jahrzehnten jedes zweite Jahr). Zum Abfischen wird das Gewässer im November abgelassen. Die Fische werden am Auslauf in einem extra angelegten Becken abgefangen. Nach erfolgter Wiederbespannung des Sees wird mit einsömmrigen Karpfen und Schleien sowie Hechten neu besetzt. Die Besatzmenge richtet sich nach dem Nahrungsangebot des Gewässers. Eine Zufütterung erfolgt nicht. Zur Zeit besteht am Norderteich ein Kolonie des Kormorans, die aus rund 20 Vögeln besteht.[5] Kormorane treten seit 1998 häufig am Norderteich auf, eine Folge des strikten Abschußverbotes, nach dem die Art in weiten Teilen Mitteleuropas durch intensive menschliche Verfolgung fast ausgestorben war.

Literatur

  • August Wilhelm Peter: Lippe – Eine Heimat und Landeskunde. Hrsg.: Lippischer Heimatbund. Lippischer Heimatbund, Detmold 1970.
  • Dietrich Horstmann, Heinz Lienenbecker: Die Vegetationsverhältnisse des Naturschutzgebietes „Norderteich“ (Kreis Lippe). In: Hermann Niebuhr [Geschichte], Rainer Springhorn [Naturwissenschaften] (Hrsg.): Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landesgeschichte. Band 71. Naturwissenschaftlicher Verein für das Land Lippe e.V., 2002, ISSN 0342-0876, S. 347–385.
  • Helmut Brinkmann: Die Pflanzenwelt des Naturschutzgebietes Norderteich. In: Lippischer Heimatbund, Landesverband Lippe (Hrsg.): Heimatland Lippe. Band 76. Bösmann, Detmold 1983, S. 232–237.
  • Jochen Lüttmann: Die Tierwelt des Naturschutzgebietes „Norderteich“. In: Lippischer Heimatbund, Landesverband Lippe (Hrsg.): Heimatland Lippe. Band 76. Bösmann, Detmold 1983, S. 391–400.
  • Kurt Rohlfs: Geschichte des Naturschutzgebietes Norderteich. In: Lippischer Heimatbund, Landesverband Lippe (Hrsg.): Heimatland Lippe. Band 76. Bösmann, Detmold 1983, S. 415–419.

Nachweise

  1. Landesverband Lippe als Eigentümer, Kreis Lippe: Fachbereich 4 (4.2) Umwelt
  2. A. W. Peter: Lippe – Eine Heimat und Landeskunde. S.142
  3. a b Kurt Rohlfs: Geschichte des Naturschutzgebietes Norderteich in Heimatland Lippe vom Dezember 1983. Seite 415 ff.
  4. Matthias Füller (Dipl. Biologe): Biologische Station Lippe, per e-mail.
  5. Biologische Station Lippe, NABU Kreisverband Lippe: Ornithologischer Sammelbericht für den Kreis Lippe 2007.

.