Otto I. (HRR)

Otto I. (als Herzog von Sachsen: Otto II.; * 23. November 912 in Wallhausen bei Sangerhausen; † 7. Mai 973 in Memleben bei Naumburg an der Saale) aus dem Geschlecht der Liudolfinger war Herzog der Sachsen, König des Ostfrankenreichs ab 936 und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ab 962.
Otto setzte in der ersten Hälfte seiner langen Herrschaftszeit die Unteilbarkeit des Königtums, seine Entscheidungsgewalt in der Nachfolgefrage und einen Wandel der Machtstruktur durch: Durch eine geschickte Heiratspolitik besetzte er die Herzogtümer mit seinen Verwandten und griff mit seinen Personalentscheidungen tief in das bestehende Herrschaftsgefüge des Adels ein. Aus den dadurch provozierten Aufständen, in denen sich die Erbberechtigten gegen Konkurrenz später geborener Kinder wehrten, ging Otto als Sieger hervor. Die Herzöge, die vormals nahezu gleichwertige Vertreter der Stämme gewesen waren, erschienen nunmehr als königliche Amtsträger. Auch stärkte Otto die Reichskirche als wesentliche königliche Machtbasis und unterwarf sie seiner Kontrolle.
Durch seinen Sieg 955 über die Ungarn beendete er nicht nur deren Invasionen, sondern auch die Serie der Aufstände. Zudem erlangte er damit den Nimbus eines Retters der Christenheit, zumal noch im selben Jahr ein Sieg über die Slawen gelang. In der Folge setzte eine kulturelle Blütezeit ein, die als Ottonische Renaissance bekannt wurde.
961 eroberte er das Königreich Italien und dehnte sein Reich nach Norden, Osten und bis nach Süditalien aus, wo er in Konflikt mit Byzanz geriet. Unter Rückgriff auf die Kaiseridee Karls des Großen ließ er sich dennoch 962 von Papst Johannes XII. in Rom zum Kaiser krönen, und schließlich gelang ihm sogar ein Ausgleich mit dem byzantinischen Kaiser und die Verehelichung seines Sohnes Otto II. mit dessen Nichte Theophanu.
Im Jahr 968 gründete er ein Erzbistum in Magdeburg, jener Stadt, die wie keine zweite mit seinem Nachleben verbunden ist. Das Erzbistum war für Otto die entscheidende Voraussetzung für die Christianisierung der Slawen.
Der Beiname der Große gilt spätestens seit dem mittelalterlichen Geschichtsschreiber Otto von Freising[1] als festes Namensattribut. Schon Widukind von Corvey nannte ihn das „Haupt der Welt“.[2]
Leben
Der Thronfolger
Otto wurde als Sohn des Sachsenherzogs Heinrich I., der kurz nach der Geburt Ottos König des Ostfrankenreiches wurde, und seiner zweiten Ehefrau, Mathilde geboren, einer Tochter des sächsischen Grafen Dietrich aus der Familie Widukinds. Aus der annullierten ersten Ehe Heinrichs I. hatte Otto den Halbbruder Thankmar. Ottos jüngere Geschwister waren Gerberga, Hadwig, Heinrich sowie Brun. Über seine Jugend und Erziehung ist nichts bekannt, seine Ausbildung dürfte militärisch geprägt gewesen sein. Erste Erfahrungen als Heerführer sammelte Otto an der Ostgrenze des Reiches im Kampf gegen slawische Stämme. Mit einer vornehmen Slawin zeugte Otto als Sechzehnjähriger den Sohn Wilhelm, der später Erzbischof von Mainz wurde.
Nach dem Tod Konrads I., der in Anerkennung der machtpolitischen Verhältnisse den Verzicht seines Bruders Eberhard erwirkt und stattdessen Heinrich zu seinem Nachfolger bestimmt hatte, war 919 die Königswürde mit Heinrich erstmals nicht an einen Franken, sondern an einen Sachsen übergegangen. Anfangs wurde Heinrich nur von den Franken und den Sachsen gewählt. Doch durch eine geschickte Politik der militärischen Unterwerfung und der anschließenden Freundschaftsbindung (amicitia) verstand es Heinrich, auch die Stammesherzogtümer Schwaben (919) und Bayern (921/22) an sich zu binden und außerdem Lothringen, das sich zu Zeiten Konrads dem Westfrankenreich angeschlossen hatte, dem ostfränkischen Königreich wieder anzugliedern (925). Um seiner Familie die durch ihn erlangte Herrschaft über das Ostfrankenreich und diesem zugleich die Einheit zu sichern, verfasste Heinrich I. 929 in der sogenannten „Hausordnung“ eine an seine Gemahlin gerichtete Urkunde vom 16. September 929[3] die Otto zum alleinigen Erben des Königstitels erklärte. Darüber hinaus wurden das Witwengut für Mathilde und die Zukunft der weiteren Söhne geregelt, sowie alle Großen des Reiches zur Anerkennung und Unterstützung dieses „Testaments“ aufgerufen. In einem Memorialbuch des Klosters Reichenau wird Otto bereits 929 als rex (König) bezeichnet. Mit dem Titel rex war Otto allerdings noch nicht als Mitkönig installiert. Für eine herrscherliche Tätigkeit in der Zeit zwischen 929 und 936 fehlt jeder Beleg, Otto wird in diesem fast siebenjährigen Zeitraum in den Quellen gar nicht erwähnt.
Durch diese Nachfolgeregelung, die nicht nur die nicht-sächsischen Anwärter, sondern auch die Brüder Ottos ausschloss, vollzog Heinrich eine bedeutsame Abkehr vom Prinzip der karolingischen Herrschaftsteilung, die jedem Mitglied des Königshauses eine Anwartschaft zuerkannte. Er begründete damit die Praxis der Individualsukzession, der Unteilbarkeit des Königtums und damit des Reiches als eines leitenden Prinzips der Thronfolge, das auch von seinen Nachfolgern beibehalten wurde.
Gleichzeitig zu diesen Vorbereitungen warben die Ottonen mit dem englischen Königshaus um eine Braut für Otto. Heinrich bemühte sich damit um eine Anbindung seines Hauses an Dynastien außerhalb seines Reiches; ein Vorgehen, das bis dahin im ostfränkischen Reich unüblich gewesen war. Neben der zusätzlichen Legitimation durch die Verbindung mit einem anderen Herrscherhaus spiegelte sich darin eine Stärkung des „Sachsentums“, da die englischen Herrscher sich auf die im 5. Jahrhundert auf die Insel ausgewanderten Sachsen beriefen. Darüber hinaus brachte die Braut das Prestige mit, aus der Familie des als Märtyrer gestorbenen heiligen Oswald zu stammen. Nachdem die zwei Halbschwestern Edgitha und Edgiva des englischen Königs Æthelstan an den Hof Heinrichs I. gereist waren, wurde Edgitha als Braut für Otto ausgewählt, ihre Schwester heiratete in das Königshaus von Hochburgund ein. Nach der Hochzeit Ottos erhielt 929 seine angelsächsische Gemahlin Edgith Magdeburg als Morgengabe. 930 stellte Heinrich den designierten Thronfolger in Franken und in Aachen den Großen der jeweiligen Region vor, um deren Zustimmung für seine Thronfolgeregelung einzuholen.
Thronbesteigung

Nach dem Tod des Vaters Heinrich I. am 2. Juli 936 wurde die Nachfolge Ottos innerhalb weniger Wochen realisiert, worüber ein detaillierter Bericht von Widukind[4] vorliegt. Die Darstellung ist in ihrer Faktizität bis heute umstritten. Otto wurde demnach von fränkischen und sächsischen Adeligen gehuldigt und die Aachener Pfalz als Ort einer allgemeinen Wahl bestimmt. Am 7. August 936 wurde Otto, nachdem ihm auch die anderen Stämme des Ostfrankenreiches vor der Pfalzkapelle gehuldigt hatten, vom Erzbischof Hildebert von Mainz zum ostfränkischen König gesalbt und gekrönt. Der Salbungsakt markiert den Anfang einer ganzen Reihe geistlicher Akte, die dem Königtum jene sakrale Würde verliehen, auf die sein Vater noch demütig verzichtete. Der Erwählte war ein Herrscher von Gottes Gnaden und wurde durch diese Salbung aus der Masse der Sterblichen herausgehoben. Ihm wurde zusätzliche Legitimation durch die kirchliche Auszeichnung verschaffen.
Otto knüpfte durch die Wahl des Krönungsortes und dadurch, dass er bei der Krönung fränkische Kleidung trug, bewusst an die fränkisch-karolingische Tradition an. Zudem betonte der Wahl- und Krönungsort im lothringischen Reichsteil nicht nur die neue Zugehörigkeit Lothringens zum ostfränkischen Reich sondern der Grabort Karls des Großen wurde vielmehr als Symbol der Kontinuität genutzt. Beim anschließenden Festmahl versahen die Herzöge Giselbert von Lothringen als Kämmerer, Eberhard von Franken als Truchsess, Bayerns Arnulf als Marschall und der Schwabe Hermann als Mundschenk die Hofämter. Durch diesen Dienst der Übernahme der Hofämter signalisierten die Herzöge sowohl die Zusammenarbeit mit dem neuen König als auch sehr deutlich eine Form der Unterordnung. Für das Krönungsmahl mit dem symbolischen Dienst der Herzöge gibt es keine älteren Vorbilder.
Der Herrschaftsantritt
Der Herrschaftsantritt Ottos erfolgte trotz Designation durch Heinrich I. wohl nicht so einvernehmlich und harmonisch, wie es der Bericht Widukinds suggeriert. Bereits vor der Krönung scheint es Auseinandersetzungen innerhalb der Herrscherfamilie gegeben zu haben. Der Westfranke Flodoard von Reims berichtet, dass zwischen den Brüdern Otto und Heinrich ein Streit um die Königsherrschaft entbrannt sei.[5] Die späteren Äußerungen in den Viten der Königin Mathilde überliefern, dass Ottos Mutter die Thronfolge durch ihren jüngeren Sohn Heinrich bevorzugt habe. Heinrich war im Gegensatz zu Otto „unter dem Purpur“ geboren, also als Heinrich I. bereits gekrönt war, woraus eine höhere Würde abgeleitet wurde.[6] Ebenfalls bildete sich Heinrich als Königssohn wohl viel darauf ein, dass er von seinem Vater in den Urkunden bereits kurz nach der Geburt als equivocos (Träger des gleichen Namens)[7] bezeichnet wurde. Während der Krönung Ottos blieb Heinrich unter Aufsicht in Sachsen.
Unmittelbar nach der Thronbesteigung ordnete Otto in Quedlinburg das Witwengut für seine Mutter neu, indem er ihr mit der Stiftungsurkunde[8] am 13. September 936 für das dortige Frauenkloster einen Großteil der von Heinrich I. zugesicherten Verfügungsgewalt über Quedlinburg entzog und unter dem Schutz der Könige stellte. Gleichzeitig legte Otto dadurch Quedlinburg als Ort der Memoria für sein Herrschergeschlecht fest und als wichtigsten Hauptort der Ottonen in ihrem sächsischen Kernland. Am 21. September 937 leitete Otto mit der Begründung des Moritzklosters die kirchliche Rangerhöhung Magdeburgs ein. In seiner Gründungsurkunde wies Otto den Mönchen die Aufgabe zu, für das Seelenheil seines Vaters, seiner Gemahlin und Kinder, seiner selbst sowie all derjenigen zu beten, denen er Gebetshilfe schuldig sei.
Auseinandersetzungen in der Königsfamilie und im Reich
Gleich zu Beginn seiner Herrschaft kam es zu einer Krise, bei der die beiden Hauptautoren Widukind von Corvey und Liutprand von Cremona unterschiedliche Versionen über die Ursachen, die die schweren Wirren und Auseinandersetzungen im Reich auslösten, überliefern.
Liutprand von Cremona nutzte für seine Darstellung die am Hof kursierenden Gerüchte und Anekdoten, mit denen die Gegner Ottos diffamiert wurden. Für ihn gab es zwei Ursachen für die Auseinandersetzungen: Zum einen die Herrschaftssucht Heinrichs, der sich durch die alleinige Nachfolge seines Bruders benachteiligt fühlte. Zum anderen die Ambitionen der Herzöge Eberhard und Giselbert. Beiden wird unterstellt, sie hätten ihrerseits nach Ausschaltung zunächst Ottos und dann ihrer Verbündeten die Königswürde jeweils für sich erlangen wollen.[9]
Im Unterschied zu Liutprand berichtet Widukind, welche königlichen Entscheidungen den Aufständen der Großen vorausgingen. Bei der Neubesetzung der Ämter überging Otto mit seinen königlichen Entscheidungen die Ansprüche mächtiger Adliger. In dieser Zeit waren im Reich mehrere bedeutende Adlige gestorben.
Nach dem Tod des Grafen Bernhard Ende 935 besetzte Otto den Posten des Heerfühers (princeps militae) anstelle des Grafen Wichmanns mit dessen jüngeren und ärmeren Bruder Hermann Billung. Mit Besetzung dieses Amtes überging Otto Ansprüche Wichmanns, der zudem mit einer Schwester der Königin Mathilde verheiratet war. Durch diese Entscheidung hatte Otto die Rangordnung in der betroffenen Adelsfamilie empfindlich verändert. Im Jahr 937 starb Graf Siegfried, dessen Grafschaft sich Ottos Halbbruder Thankmar anmaßte. „Als sie aber durch königliche Schenkung dem Grafen Gero gegeben wurde, war Thankmar darüber sehr verstimmt.“[10] Mit Gero wurde ein jüngerer Bruder des verstorbenen Grafen Siegfried zum neuen Markgrafen der sächsischen Ostmark ernannt, obwohl Ottos Halbbruder Thankmar durch seine Mutter Hatheburg mit diesen Grafen versippt war und als Königssohn bessere Ansprüche auf die Nachfolge zu haben glaubte.
Im Jahre 937 verstarb ebenfalls der Bayernherzog Arnulf. Seine Söhne verschmähten es aus Hochmut, sich auf des Königs Befehl in dessen Gefolgschaft zu begeben, wenn man der topischen Darstellung Widukinds hierin glauben will.[11] Der von seinem Vater designierte und von den bayrischen Großen zum neuen bayrischen Herzog erwählte Eberhard weigerte sich 937, Otto zu huldigen, nachdem dieser von ihm für die Anerkennung den Verzicht auf die Investitur der Bischöfe in Bayern forderte; eine Krise, die zwei Feldzüge erforderte, bis Otto Eberhard verbannen und durch Eberhards Onkel Berthold ersetzen konnte, der sowohl auf die Bischofsinvestitur als auch das alte karolingische Königsgut in Bayern verzichtete und Otto immer treu blieb. Dies war ein Schritt, der als erste Abkehr vom Stammesherzogtum und Hinwendung zum Amtsherzogtum gedeutet werden kann.
Unterdessen hatte im sächsisch-fränkischen Grenzbereich Herzog Eberhard von Franken, ein Konradiner und Bruder des früheren Königs Konrad I., eine Fehde mit einem sächsischen Vasallen siegreich bestanden, bei der er dessen Burg Helmern niederbrannte. Die Burg Helmern lag im Hessengau, in dem Eberhard die Grafengewalt ausübte, aber Otto wollte Eberhard nicht als autonome Zwischengewalt und verurteilte ihn und seine Helfer deshalb zu empfindlichen Strafen.
Diese Nachrichten werden durch den Befund der Gedenkbucheinträge abgestützt. Unter Heinrich I. kam es zu auffällig vielen Einschreibungen und die damalige Herrschaftsstruktur beruhte zu einem guten Teil auf genossenschaftliche Bindungen zwischen Königtum und Hochadel. Hingegen versiegen die Memorialquellen in den ersten fünf Jahren von Ottos Regierung völlig. Während die Zeit Heinrichs I. unter Leitbegriffen wie "Frieden" (pax) und "Eintracht" (concordia) beschrieben wird, stehen unter seinem Sohn Ausdrücke wie "Streit" (contentio), "Zwietracht" (discordia) und "Empörung" (rebellio) im Vordergrund.
Aufstand im Reich 937–941

Ottos Politik brüskierte gleich zu Beginn seiner Herrschaft mächtige Adlige in Sachsen, Franken, Lothringen und Bayern, die bald gegen den Herrscher aufständisch wurden: „Die Sachsen verloren jede Hoffnung, weiter den König stellen zu können“.[12] schreibt Widukind um den Ernst der Lage zu charakterisieren.
Der Frankenherzog Eberhard und Graf Wichmann der Ältere aus dem Geschlecht der Billunger, verbündeten sich mit Thankmar. Dieser zog gegen die Burg Belecke bei Warstein im Arnsberger Wald und lieferte dort den gefangengesetzten Halbbruder Heinrich an Herzog Eberhard aus. Der Kampf ging für die Aufständischen unglücklich weiter. Herzog Hermann von Schwaben, einer der Aufständischen, lief zu König Otto über. Nachdem Wichmann sich mit dem König ausgesöhnt hatte und Thankmar nach der Befreiung Heinrichs in der Kirche der Eresburg getötet wurde, war Eberhard isoliert und selbst innerhalb seiner eigenen Sippe nicht mehr der unangefochtene Führer, sodass er sich auf Vermittlung Erzbischof Friedrichs von Mainz dem König unterwarf. Nach kurzer Verbannung nach Hildesheim wurde er begnadigt und bald wieder in seine frühere Würde restituiert.
Bereits vor seiner Unterwerfung hatte Eberhard ein neues Bündnis gegen Otto vorbereitet, indem er dessen jüngerem Bruder Heinrich versprochen hatte, ihm zur Krone zu verhelfen. Zu diesen beiden kam als dritter Verbündeter Herzog Giselbert von Lothringen, der mit Ottos Schwester Gerberga verheiratet war. Otto errang zwar zunächst einen Sieg in einer Schlacht bei Birten nahe Xanten, der seinem Gebet vor der Heiligen Lanze zugeschrieben wurde, konnte aber die Verschwörer nicht gefangen nehmen und belagerte erfolglos deren Stützpunkte. Währenddessen verheerten Giselbert und Eberhard die Ländereien königstreuer Adliger. Die Erhebung brach aber eher zufällig und ohne direktes Zutun Ottos zusammen: Eberhard und Giselbert wurden 939 nach einem Plünderungszug in die Gebiete zweier Gefolgsleute des Herzogs von Schwaben von einem Heer unter der Führung der Konradiner Udo und Konrad beim Überqueren des Rheins bei Andernach überrascht und in der Schlacht von Andernach am 2. Oktober 939 vernichtend geschlagen, wobei die beiden aufständischen Herzöge ums Leben kamen: Eberhard wurde erschlagen, Giselbert ertrank im Rhein. Gegen dieses für die Zeitgenossen offensichtliche Gottesurteil hatten es die Gegner des Königs schwer, den Konflikt fortzuführen. Heinrich unterwarf sich und erhielt von Otto das durch Giselberts Tod freigewordene Herzogtum Lothringen in einem Versuch, ihn an der Macht zu beteiligen. Als Ausgleich behielt Otto das ebenfalls vakant gewordene Herzogtum Franken unter direkter königlicher Herrschaft und sicherte seinem Sohn Liudolf durch Verheiratung mit Ida, dem einzigen Kind Hermanns von Schwabens, das Herzogtum Schwaben.
Markgraf Gero hatte in der Zwischenzeit die Grenze gegen die Slawen unter Inkaufnahme zahlreicher Opfer verteidigt und das Gebiet bis zur Oder unterworfen.[13] Da die sächsischen Fürsten als Gegenleistung für die hohen Verluste der lang andauernden Kriegszüge eine zu geringe Beute und zu geringe Tribute beklagten, entstand ein Konflikt mit dem Markgrafen. Da Otto den Markgrafen unterstützte, richtete sich der Unmut auch gegen ihn.
In dieser Phase der Auseinandersetzungen erscheint als Führer der Königsgegner Ottos Bruder Heinrich. Anfang des Jahres 939 begann er seine gegen seinen Bruder gerichteten Aktivitäten mit einem großen Gelage (convivium) im thüringischen Saalfeld, „dort beschenkte er viele mit großen Gütern und gewann dadurch eine Menge zu Genossen seiner Verschwörung“.[14] Otto sollte am Osterfest 941 in der königlichen Pfalz Quedlinburg am Grabe des gemeinsamen Vaters, ermordet werden, und eine mächtige Schwureinung (coniuratio) stand bereit, seinem jüngeren Bruder anschließend die Krone aufzusetzen. Doch der König erfuhr von diesem Vorhaben noch rechtzeitig und schützte sich während der Festlichkeiten, indem er sich Tag und Nacht mit einer Schar treuer Vasallen umgab, und holte danach unvermittelt zum Gegenschlag aus. Heinrich wurde in der Pfalz Ingelheim festgesetzt, seine Verbündeten wurden verhaftet und zum größten Teil hingerichtet.[15] Heinrich konnte jedoch aus der Haft entkommen und unterwarf sich Weihnachten 941 in der Frankfurter Pfalzkapelle seinem Bruder. So erhielt er erneut die Verzeihung, um die er barfuß und fußfällig bat. Von hier an ist kein Versuch Heinrichs verzeichnet, dem Bruder die Herrschaft streitig zu machen.
Adelspolitik
Die Maßnahmen Ottos bei der Neubesetzung der jeweiligen Ämter und Besitzungen zielten alle auf eine Durchsetzung herrscherlicher Entscheidungsgewalt. Hierbei missachtete er bewusst adlige Ansprüche, die von einem dynastischen Erbrecht ausgingen, das bei der Ämtergabe zu berücksichtigen sei. Vielmehr versuchte er Adlige zu stärken, die ihm gegenüber loyal waren, wodurch sich oft die Getreuen seiner Mutter benachteiligt fühlten. Der neue König forderte Unterordnung unter seine Entscheidungen. Und diese Entscheidungen richteten sich nicht zuletzt gegen „Freunde“ des Vaters, „der diesen nie etwas verweigert hätte.“[16] Der neue König ließ also gezielt auch Mitglieder des niederen Adels aufsteigen, damit so sichere Gefolgsleute auf Schlüsselpositionen saßen, um in Sachsen den Status quo zu sichern.
Weitere Gründe für die Adelserhebungen gegen Otto waren die noch ungewohnte Einzelthronfolge und die daraus folgende, anfangs ungeklärt gebliebene Frage der Versorgung der Brüder des Königs, aber auch der gegenüber seinem Vater Heinrich I. autoritärere Regierungsstil Ottos. Heinrich hatte auf die Salbung verzichtet, die ihn symbolisch über die Reichsgroßen erhoben hätte, und seine Regierung auf Freundschaftspakte mit wichtigen Personen gestützt. Diese Pakte waren eine wesentliche Grundlage der Herrschaftskonzeption Heinrichs I. gewesen, der ihnen zuliebe auf königliche Prärogative verzichtet hatte, um so im Einvernehmen mit den Herzögen eine Konsolidierung im Innern zu erreichen. Der gesalbte Otto glaubte, seine Entscheidungen ohne Rücksicht auf Ansprüche und unabhängig von der internen Hierarchie der Adelssippen treffen zu können, da seine Auffassung des Königtums im Gegensatz zu der seines Vater ihn weit über den übrigen Adel erhob.
Zu den strukturellen Besonderheiten der Auseinandersetzungen zählen insbesondere die Spielregeln zur Konfliktbeilegung. Nur wer zu den vornehmsten Mitgliedern des Hofes zählte, seine Schuld öffentlich eingestand und sich bedingungslos unterwarf, konnte auf Begnadigung hoffen. Die dem König anheimgestellte Strafe fiel dann regelmäßig so milde aus, dass der Bußfertige bald wieder in Amt und Würden war.[17] So wurde vor allem dem Königsbruder Heinrich zunächst in Lothringen, dann in Bayern die Herzogsstellung übertragen. Gewöhnliche Verschwörer wurden hingerichtet.
Jahrzehnt der Konsolidierung
Das Jahrzehnt (941–951) nach diesen ersten heftigen Auseinandersetzungen ist gekennzeichnet von einer unbestrittenen königlichen Machtausübung. In Ottos Urkunden ist in dieser Zeit immer wieder von Belohnungen die Rede, die treue Vasallen für ihre Dienste empfingen oder der Versorgung ihrer Hinterbliebenen dienten. Allein aus den Jahren 940–47 sind 14 Begünstigungen dieser Art bekannt. Dazu kommen zwei Diplome, in denen gerichtlich entzogenes Gut zurückgegeben wurde.[18]
Otto änderte nach diesen Adelserhebungen zwar nicht seine Politik, Herzogtümer als Ämter des Reiches zu behandeln und nach seinem Gutdünken zu besetzen, verband sie jedoch mit dynastischer Politik. Hatte Ottos Vater Heinrich noch auf die amicitia (Freundschaftsbindung) als wichtiges Instrument zur Stabilisierung seiner Königsherrschaft gesetzt, so trat nun die Heirat an ihre Stelle. Otto lehnte es ab, ungekrönte Herrschaftsträger als gleichberechtigte Vertragspartner zu akzeptieren. Die Integration bedeutender Vasallen vollzog sich nun durch Heiratsverbindungen: Der westfränkische König Ludwig IV. heiratete im Jahr 939 Ottos Schwester Gerberga. Die Tochter Ida des Herzogs Hermann von Schwaben, des Anführers der ihm treu gebliebenen Konradiner, verheiratete er mit seinem Sohn Liudolf. Dadurch wertete er Hermann auf und sicherte seinem eigenen Haus die Nachfolge im Herzogtum, da Hermann keine Söhne hatte. 954 wurde deshalb Liudolf wie geplant Herzog von Schwaben. Einen weiteren möglicherweise Verwandten der Konradiner, den Salier Konrad den Roten, setzte Otto 944 als Herzog in Lothringen ein und band diesen 947 durch die Heirat mit seiner Tochter Liudgard enger an die Königsfamilie. Den Anspruch seines Bruders Heinrich auf eine Teilnahme an der Macht stellte er dadurch zufrieden, dass er ihn mit Judith von Bayern aus der Herzogsfamilie der Luitpoldinger verheiratete und 948, nachdem dieses Herzogtum frei geworden war, als Herzog in Bayern einsetzte. Die Verleihung der bayerischen Herzogswürde an Ottos ehemals aufständischen Bruder Heinrich 948 markierte dessen endgültigen Verzicht auf die Königswürde. Damit hatte Otto, ähnlich wie sein Vater Heinrich I., bereits frühzeitig die Weitergabe der Königswürde an seinen Sohn abgesichert, allerdings mit dem Unterschied, dass dieses Vorgehen inzwischen akzeptiert worden war und nicht mehr aufwändig durchgesetzt werden musste. Durch diese Verwandtschaft auf den Herzogstühlen schien der Zusammenhalt seines Reiches gefestigt.
Kurz nach dem Tod Edgithas am 29. Januar 946, die in Magdeburg ihr Grab fand, begann Otto die eigene Nachfolge zu regeln. Er ließ die bereits 939 ausgehandelte Ehe Liudolfs mit Ida, der Tochter des schwäbischen Herzogs, schließen und erklärte Liudolf offiziell zu seinem Nachfolger als König. Alle Großen des Reichs wurden ausgerufen, seinem damals gerade volljährig gewordenen Sohn einen Treueid zu leisten. In bindender Form erhielt Liudolf damit die Zusage, Nachfolger seines Vaters werden zu können.
Außenpolitik

Ottos Außenpolitik begann bereits mit der Wahl Aachens als Krönungsort. Aachen lag in Lothringen, auf das die westfränkischen Könige, die noch immer Karolinger waren, Anspruch erhoben. Allerdings war das Herrscherhaus bereits stark geschwächt. Die eigentliche Macht im Westfrankenreich lag in den Händen des Hochadels. Indem Otto sich als legitimer Nachfolger Karls des Großen darstellte, bekräftigte er auch seinen Anspruch auf Lothringen. Während des Adelsaufstands Heinrichs sowie im Jahre 940 versuchte der westfränkische König Ludwig IV., sich in Lothringen festzusetzen, scheiterte aber zum einen an Ottos militärischer Stärke, zum anderen daran, dass Ludwigs innenpolitischer Rivale Hugo der Große mit Ottos Schwester Hadwig verheiratet war. Ludwig konnte seine Ansprüche auf Lothringen zwar noch dadurch geltend machen, dass er Gerberga, die Witwe des 939 gefallenen aufständischen Herzog Giselbert, heiratete. Da diese eine weitere Schwester Ottos war, wurde er damit allerdings zugleich ein Schwager Ottos und seines eigenen innenpolitischen Rivalen Hugo. Otto betrieb also dem Westfrankenreich gegenüber eine ähnliche Heiratspolitik wie mit den Herzögen im Ostfrankenreich. 942 vermittelte Otto eine formelle Versöhnung: Hugo von Franzien hatte dabei einen Unterwerfungsakt zu vollziehen, und Ludwig IV. musste auf jegliche Ansprüche auf Lothringen verzichten.
946 spitzten sich die Verhältnisse erneut zu, als König Ludwig durch Verrat zunächst in die Gefangenschaft eines Dänenkönigs, dann in die seines Hauptgegners Hugo geriet. Otto hatte bereits 942 den Frieden zwischen Ludwig und Hugo vermittelt und musste deshalb über den Bestand des Friedens wachen, der durch die Gefangennahme empfindlich gestört worden war. Durch die dringenden Bitten seiner Schwester Gerberga intervenierte Otto im Westen zugunsten Ludwigs. Die militärische Macht Ottos reichte jedoch nicht aus, um befestigte Städte wie Laon, Reims, Paris oder Rouen einzunehmen. Nach drei Monaten brach Otto den Heerzug ab, ohne Hugo besiegt zu haben. Aber es gelang ihm, Erzbischof Hugo von Reims aus seiner Bischofsstadt zu vertreiben.
Den jahrlangen Streit zwischen Ludwig und Hugo, bei der es auch um die Besetzung des Reimser Erzstuhls ging, löste 948 die Universalsynode von Ingelheim an der 34 Bischöfe, darunter alle deutschen Erzbischöfe und der Reimser Kandidat Artold teilnahmen. Die Auswahl des Ortes im ostfränkischen Reich unterstreicht Ottos Rolle als Schiedsrichter im westfränkischen Reich. Die Versammlung stellte sich vor König Otto, im Reimser Schisma entschied sie sich für dessen Kandidaten Artold gegen Hugo, den Favoriten Hugos von Franzien. Ludwig IV. wurde im September 948 exkommuniziert. Seine Stellung als Familienangehöriger wurde jedoch allmählich wieder von Otto aufgebessert. Dies geschah zu Ostern des Jahres 951 und zwei Jahre später erfolgte die endgültige Aussöhnung in Aachen.
Zum Königreich Burgund hatte das Ostfrankenreich eine gute Beziehung, seitdem Heinrich I. von dessen König Rudolf II. die Heilige Lanze erworben hatte.[19] Als Rudolf 937 starb, holte Otto dessen minderjährigen Sohn Konrad an seinen Hof, um damit eine Übernahme Burgunds durch Hugo von Italien zu verhindern, der sofort Rudolfs Witwe Berta geheiratet und seinen Sohn Lothar mit dessen Tochter Adelheid verlobt hatte. Nach dem Tod des italienischen Königs Hugo 947 sorgte Otto außerdem dafür, dass Teile von Hugos Königsgut in der Provence und an der Rhône an Burgund fielen, was sein Verhältnis zum burgundischen Königshaus weiter festigte. Otto griff nie nach der burgundischen Krone, vielmehr respektierte er ihre Eigenständigkeit.
Enge Kontakte bestanden auch zwischen Otto I. und dem byzantinischen Kaiser Konstantin VII. Porphyrogennetos (944–959). Die zeitgenössischen Quellen berichten von zahlreichen Gesandtschaften, die in politischen Angelegenheiten von West nach Ost und von Ost nach West reisten. Am 31. Oktober 945 und wieder anlässlich des Osterfestes 949 „überbrachten Gesandte der Griechen unserem König zweimal Geschenke ihres Kaisers, die beide Herrscher ehrten“,[20] berichtete Thietmar von Merseburg in seiner Chronik. Besonders Heiratsverhandlungen zwischen Byzanz und dem Abendland spielten für die ottonischen Kaiser immer wieder eine Rolle.
Eingreifen in Italien und Hochzeit mit Adelheid von Burgund

Das westliche Kaisertum war 924 mit dem Tod Berengars I. von Italien erloschen. Es stand somit jedem Herrscher eines fränkischen Teilreiches frei, sich mit imperialem Glanz zu schmücken, ohne missliebige Reaktionen hervorzurufen. Jedoch scheint Ottos Vorhaben der Kaiserkrönung sich erst spät zu einem festen Handlungskonzept verdichtet zu haben. Solange die Königin Edgitha lebte, konzentrierten sich die Aktivitäten Ottos vornehmlich auf den ostfränkischen Bereich.
Die Kaiserwürde war an das italienische Regnum geknüpft. Otto musste daher die Herrschaft in Italien erlangen, wenn er Kaiser werden wollte. In Italien erzeugte Hugos und Lothars Regiment mit der Zeit manchen Unmut unter den Großen, an deren Spitze sich Berengar von Ivrea setzte. Er floh schließlich 941 an den Hof Ottos, der so erstmals mit den politischen Problemen Italiens in unmittelbarer Berührung kam. Otto vermied jedoch eine dezidierte Parteinahme, er lieferte seinen Gast nicht an Hugo aus, gewährte ihm aber auch keine ausdrückliche Unterstützung, als Berengar 945 von sich aus über die Alpen zurückkehrte und Hugo in Oberitalien rasch in die Enge trieb. Hugo starb 948 in seiner provenzalischen Heimat, wohin er ausgewichen war, und überließ das Feld seinem Sohn Lothar. Bevor es zu einer größeren Auseinandersetzung kam, fand auch Lothar am 22. November 950 einen plötzlichen Tod und machte die noch nicht 20-jährige Adelheid zur Witwe.
Nach Langobardischer Tradition konnte seine Witwe Adelheid durch Eheschließung die Königswürde weitergeben, weshalb Berengar sie gefangen setzte und sich am 15. Dezember 950, nur drei Wochen nach dem Tod Lothars, zum König erklärte und seinen jüngeren Sohn Adelbert zum Mitregenten machte. Doch auch er fand keine allseitige Anerkennung, und die Blicke der Unzufriedenen richteten sich auf Adelheid, die sich anscheinend die Vorstellung zu eigen machte, durch Neuvermählung über die Zukunft des Reiches bestimmen zu können.

Adelheid war jedoch nicht nur Witwe des italienischen Königs, sondern verfügte als Schwester Konrads III. über Verbindungen zu Otto. Wesentlich wichtiger war aber die Tatsache, dass Adelheid eine Nichte von Ida von Schwaben war, der Gemahlin von Ottos Sohn Liudolf. Vor allem aber hatte Otto selbst großes Interesse am Eingreifen in Italien, weil er als Witwer die Möglichkeit zur Heirat Adelheids und damit zur Ausdehnung seiner Herrschaft mit Perspektive auf die Kaiserwürde hatte. Nach der Festsetzung der Königswitwe riefen die inneren Gegner Berengars Otto um Hilfe, das einem Angebot der Herrschaftsübernahme gleichkam. Aber schon einige Monate früher als er war sein Sohn Liudolf nur mit schwacher Begleitung nach Italien geritten. Was Liudolf konkret mit seinem Vorhaben bezweckte ist ungewiss. Sein Unternehmen scheiterte jedoch an der Intriganz seines Onkels Heinrich, dieser hatte heimlich Liudolfs Gegner gewarnt, ohne dafür von Otto zur Rede gestellt zu werden.
Heinrich wurde von Otto gar zum Heerführer und wichtigsten Mittelsmann auf seinem eigenen Italienzug im September 951 gemacht. Der Italienzug verlief ohne Kämpfe. Heinrich führte Adelheid von ihrer Fluchtburg Canossa nach Pavia, wo Otto sie im Oktober heiratete. Er hatte damit zugleich die italienische Königswürde übernommen, ohne dass in den Quellen ausdrücklich von einem Erhebungsakt die Rede ist. Die eigene Kanzlei titulierte ihn am 10. Oktober, deutlich an Karl den Großen anknüpfend, als „König der Franken und Langobarden“, und im weiteren Verlauf des Aufenthaltes als „König der Franken und Italiener“.
Der Aufstand Liudolfs
Ottos Ehe mit Adelheid führte zu Spannungen zwischen dem König und seinem designierten Nachfolger. Mit der neuen Ehe ergab sich das Problem, welche Positionen die dieser Ehe enstammenden Söhne einnehmen sollten. Auch misstraute Liudolf dem wachsenden Einfluss seines Onkels, des ehemaligen Rebellen Heinrich. Wahrscheinlich sah Heinrich Unstimmigkeiten in der Frage, wer die Position des secundus a rege einnahm: der Bruder oder der Sohn[21].
Ob aus diesem oder einem anderen Grund, Liudolf entfernte sich jedenfalls gemeinsam mit Erzbischof Friedrich von Mainz aus Italien. Der Erzbischof war im Auftrag Ottos persönlich nach Rom gezogen, um beim Papst wegen einer möglichen Kaiserkrönung anzufragen, doch blieb seine Reise vergeblich: Papst Agapepst II. erteilte den Plänen Ottos aus nicht näher bekannten Gründen eine Absage. Die Absage des Papstes wurde dabei vielleicht dem Ungeschick des Gesandten angelastet.[22] Schon kurz nach seiner Rückkehr verließ Friedrich den Königshof.
Zu Weihnachten 951 veranstaltete Liudolf in Saalfeld ein Gelage (convivium), wo er Erzbischof Friedrich von Mainz und alle Großen des Reichs, die zugegen waren, um sich scharte. Dieses Gelage war bereits vielen Zeitgenossen verdächtig und erinnerte an ein früheres Geschehen: Ein gutes Jahrzehnt vorher hatte hier Heinrich ein convivium gefeiert, das den Auftakt zur bewaffneten Erhebung gegen Otto bildete. Als Reaktion kehrte Otto im Februar 952 mit Adelheid nach Sachsen zurück, um seine Position zu festigen. Dem Sohn verweigerte er demonstrativ seine Huld.
Zunächst gewann aber Liudolf einen mächtigen Verbündeten: seinen Schwager Konrad den Roten. Dieser hatte in Italien durch Verhandlungen erreicht, dass Berengar sich bereit erklärte, Otto in Magdeburg aufzusuchen. Hierzu hatte er Berengar offensichtlich verbindliche Zusagen bezüglich des Ausgangs dieses Treffens gemacht. Eine Gruppe von Herzögen, Grafen und Hofleuten, die Herzöge Konrad und Liudolf an der Spitze, erkannten Berengar als König an und brachten dies in einem Empfang ostentativ zum Ausdruck. Otto ließ ihn jedoch zunächst drei Tage lang warten, was eine Brüskierung bedeutete, und gestattete auch anschließend nichts von dem, was Herzog Konrad Berengar in Aussicht gestellt hatte. Lediglich der freie Abzug wurde ihm gewährt. Dies empfanden Herzog Konrad und die weiteren Fürsprecher Berengars als persönliche Beleidigung und sie schlossen sich gleichfalls den Gegnern des Königs an.
Obwohl sich in dieser Weise der Widerstand gegen König Otto formierte, erreichte man in der Frage der Stellung Berengars noch einen Kompromiss. Als Ort für eine Unterwerfung (deditio) Berengars und für ein freiwilliges Bündnis (foedus spontaneum) mit Otto einigten sich die Kontrahenten auf einer Synode Anfang August des Jahres 952 in Augsburg. Berengar und sein Sohn Adalbert leisteten Otto einen Vasalleneid und erhielten von ihm Italien als Lehen. Allerdings wurden die Marken Verona und Aquileja Herzog Heinrich von Bayern zugeschlagen.
Nachdem Adelheid im Winter 952/953 mit Heinrich einen ersten Sohn zur Welt gebracht hatte, brach der Aufstand im März 953 in Mainz aus. Als Otto in Ingelheim das Osterfest begehen wollte, zeigten ihm Konrad und Liudolf offen die „Zeichen des Aufstandes“ (rebellionis signa).[23] Liudolf und Konrad hatten inzwischen eine große Schar an Bewaffneten zusammengebracht – vor allem junge Leute aus Franken, Sachsen und Bayern sollen darunter gewesen sein. Der König konnte deshalb weder in Ingelheim noch in Mainz, Köln oder Aachen das Osterfest feiern, was deren Wert als Repräsentationsfeld königlicher Macht schmälerte. Auch verbündeten mehr und mehr Adelsgruppen sich mit Liudolf. Als Otto hörte, dass Mainz in die Hände der Feinde gefallen war, zog er in größter Eile dorthin und begann im Sommer mit einer Belagerung. Schon zu Beginn des Aufstandes hatte Erzbischof Friedrich von Mainz zu vermitteln versucht[24]. Aber der König „befahl seinem Sohn und Schwiegersohn, die Urheber des Verbrechens zur Bestrafung auszuliefern, andernfalls werde er sie als geächtete Feinde (hostes publici)“[25] betrachten. Diese Forderung war für Liudolf und Konrad unannehmbar, da sie ihre eigenen Bundesgenossen hätten verraten müssen. Ein solches Verhalten hätte sie zu Meineidigen gemacht, denn es war üblich, sich gegenseitig Schwüre des Beistandes zu leisten, bevor man in eine Fehde ging.
Das Zentrum des Konflikts verlagerte sich 954 nach Bayern. Dort hatte Liudolf mit Unterstützung Arnulfs, eines der Söhne des 937 verstorbenen Bayernherzogs, Regensburg eingenommen, sich der dort angesammelten Schätze bemächtigt und sie als Beute unter seine Gefolgschaft verteilt. Auf Drängen Heinrichs begab sich das Heer des Königs umgehend auf den Weg nach Süden, um Regensburg zurückzugewinnen, doch zog sich die Belagerung bis Weihnachten hin. Gleichzeitig mit den Kriegsaktionen vollzog Otto zwei wichtige Personalentscheidungen: Markgraf Hermann Billung wurde zum Herzog und Stellvertreter des Königs in Sachsen ernannt, und Brun, der jüngste unter den Königsbrüdern, wurde zum Erzbischof von Köln befördert. Auch in Bayern griff man wieder zum Mittel der Verhandlung, um ein Ende des Konflikts zu erreichen.
Die Lechfeldschlacht
Parallel zum Liudolf-Aufstand bedrohte mit den Ungarn ein äußerer Gegner das Reich. Obwohl die Ostmarken zur Sicherung gegen heidnische Slawen und Magyaren eingerichtet worden waren, blieben die Ungarn an der Ostgrenze des Ostfrankenreiches eine dauerhafte Bedrohung. Die Ungarn kannten das Reich und dessen innere Schwäche, die ihnen Anlass gab, im Frühjahr 954 mit einer großen Streitmacht in Bayern einzufallen. Zwar war es Liudolf und Konrad gelungen, ihre eigenen Gebiete zu schonen, indem sie den Ungarn Führer in den Westen mitgaben, die sie östlich des Rheins durch Franken geleiteten. Außerdem hatte Liudolf am Palmsonntag des Jahres 954 in Worms ein großes Gastmahl zu Ehren der Ungarn veranstaltet und sie mit Gold und Silber überhäuft. Aber Liudolf sah sich nun dem Vorwurf ausgesetzt, mit den Feinden Gottes paktiert zu haben, und verlor schlagartig Anhänger an Otto. Die Bischöfe von Augsburg und Hartpert von Chur vermittelten ein Treffen zwischen den Konfliktparteien auf einem Hoftag in Langenzenn. Verhandelt wurden nicht so sehr die Ursachen des Konfliktes zwischen Vater und Sohn, sondern vielmehr allein die Verwerflichkeit des Paktes des Liudolf mit den Ungarn. Dessen Verteidigung, er habe dies „nicht aus freien Stücken getan, sondern durch die äußere Not getrieben“[26], war schwach.
Als Ergebnis dieser Verhandlungen trennten sich Erzbischof Friedrich und Konrad der Rote von Liudolf, der dennoch nicht bereit war, sich zu unterwerfen. Liudolf kämpfte nun alleine gegen den Vater weiter, der wieder Regensburg belagerte. Zweimal kam der Sohn persönlich aus der Stadt heraus, um Frieden beim Vater zu erbitten. Erst beim zweiten Mal erhielt er ihn durch Vermittlung der Fürsten. Die endgültige Beilegung des Streites wurde auf einen Hoftag in Fritzlar vertagt. Noch innerhalb der Frist warf er sich im Herbst 954 während der Königsjagd nahe Weimar vor dem Pferd Ottos zu Boden und flehte um Gnade, die ihm auch gewährt wurde. „So wurde er in väterlicher Liebe wieder zu Gnaden angenommen und gelobte zu gehorchen und in allem den Willen des Vaters zu erfüllen.“[27].
Die Ungarn waren unterdessen vor Augsburg aufgehalten worden, wo Bischof Ulrich von Augsburg die Stadt zäh verteidigen ließ. Dieser Umstand verschaffte Otto die Zeit, ein Heer zu sammeln und zum Entsatz Augsburgs zu eilen. Die Schlacht auf dem Lechfeld am 10. August 955 beseitigte die Ungarngefahr dauerhaft. Der triumphale Sieg wie auch der Sieg gegen die Slawen in der Schlacht an der Recknitz festigten Ottos Macht und Ansehen. Nach Widukind von Corvey [28], dessen Darstellung angezweifelt wird, soll Otto noch auf dem Schlachtfeld vom siegreichen Heer zum imperator ausgerufen worden sein. Die Hofkanzlei veränderte Ottos Titel jedoch nicht [29]. Nach dem Zeugnis Thietmars von Merseburg habe Otto vor der Lechfeldschlacht im Falle eines Sieges dem Tagesheiligen Laurentius gelobt, in seiner Pfalz Merseburg ein Bistum zu dessen Ehren zu errichten.[30]
Nach dem Sieg veranlasste Otto Dankesfeiern in allen Kirchen des Reiches und führte den Sieg so auf die Hilfe Gottes zurück, die das Gottesgnadentum des Herrschers hatte sichtbar werden lassen. Durch den Lechfeldsieg wurden auch konkrete Pläne für die Errichtung eines Erzbistums sichtbar. Dem Gotteshaus, in dem Königin Edgith 946 bestatte wurde, folgte ab 955 ein stattlicher nach Thietmars Worten mit Marmor und Gold geschmückter Neubau.[31] Im Sommer 955 schickte er den Fuldaer Abt Hademar nach Rom, wo dieser bei Agapet II. für den König die Erlaubnis bewirkte, Bistümer nach Belieben gründen zu dürfen. Aus einem Protestbrief[32] des Mainzer Erzbischofs Wilhelm von 955 an Papst Agapet II. geht hervor, dass Otto offenbar die Absicht hatte, das Bistum Halberstadt zu verlegen, um in dessen Grenzen das neue Magdeburger Erzbistum zu schaffen. Geplant war nach Wilhelms Ausführungen, das Bistum Halberstadt nach Magdeburg zu transferieren und zum Erzbistum zu erheben. Es wäre damit aus dem Verband der Mainzer Erzdiözese ausgeschieden. Derart weitreichende Veränderungen bedurften aber der Zustimmung der betroffenen Bischöfe, bei der Wilhelm sich vehement weigerte, einer solchen Schädigung seiner Diözese zuzustimmen. Durch den energischen Widerstand des Mainzer Erzbischofs und des Halberstädter Bischofs Bernhard nahm Otto zunächst von weiterem Vorgehen in dieser Sache Abstand.
Die Lechfeldschlacht gilt als eine Wende in der Regierung des Königs. Nach 955 kam es im ostfränkisch-deutschen Reich bis zu Ottos Tod nicht mehr zu Erhebungen der Großen gegen den König, wie sie während der ersten Hälfte seiner Herrscherzeit wiederholt aufgeflammt waren. Ferner blieb Ottos Herrschaftsgebiet fortan von den Einfällen der Ungarn verschont. Diese gingen nach 955 zur sesshaften Lebensweise über und nahmen bald das Christentum an. Mit dem Ende der äußerst grausam geführten Kämpfe gegen die Slawen im Herbst 955 endete auch die unruhige Periode um den Aufstand Liudolfs.
Restrukturierung und Anfänge des Reichskirchensystems
Doch nicht nur der Aufstand seines Sohnes schwächte zeitweise die Herrschaft Ottos. Innerhalb kürzester Zeit verstarb eine Reihe wichtiger Akteure. So war Ottos Bruder Heinrich von Bayern noch 955 gestorben. Konrad der Rote, der zwar nicht mehr Herzog aber immer noch eine der bedeutendsten Personen des Ostfrankenreiches war, fiel in der Schlacht auf dem Lechfeld. Liudolf wurde Ende 956 nach Italien geschickt, um dort Berengar zu bekämpfen, doch erlag er schon am 6. September 957 einem Fieber und wurde im Stift St. Alban vor Mainz begraben.
Das durch den Tod Heinrichs frei gewordene Herzogtum Bayern wurde nicht wieder vergeben, sondern unter der Regentschaft von Heinrichs Witwe Judith für ihren vierjährigen Sohn Heinrich belassen. Lediglich Schwaben erhielt einen vollwertigen neuen Herzog: Adelheids Onkel Burkhard, der durch die Heirat mit Judiths und Heinrichs Tochter Hadwig enger an die Herrscherfamilie gebunden wurde. Damit waren Otto kurz nach seinem Triumph über den Aufstand plötzlich wichtige Strukturen seines Reiches weggebrochen. Hinzu kam, dass die beiden ersten Söhne seiner zweiten Ehe jung gestorben waren und der dritte Sohn Otto erst Ende 955 zur Welt gekommen war.
Nach der Lechfeldschlacht unternahm Otto einen zweiten Versuch, das Reich zu konsolidieren, indem er sich nicht mehr nur darauf konzentrierte, die Herrschaft wesentlich vom Verhältnis von Königtum und Stammesherzogtum her aufzubauen, sondern auch, indem er mit der Reichskirche eine weitere Kraft heranzog. Die Reichskirche wurde für Otto eine Trägerin seiner Königsherrschaft, deren Bedeutung immer mehr zunahm. Sie erhielt zahlreiche Schenkungen, die nicht mehr nur Grundbesitz, sondern auch königliche Hoheitsrechte wie Zoll-, Münz- und Marktrechte umfassten. Diese Schenkungen blieben zwar im Obereigentum des Reiches, verpflichteten jedoch die Beschenkten zu erhöhtem Dienst für König und Reich. Auch waren es die Reichskirchen, die in Kriegszeiten zwei Drittel des Reiterheeres stellten, aber auch im Frieden zu Naturalabgaben (servitium regis) verpflichtet waren. Neben der Versorgungsfunktion dienten die Reichsklöster und Bistümer vielmehr dazu, die gottgewollte religiöse Ordnung zu verwirklichen, Gebetshilfe zu leisten und den christlichen Kult zu vermehren. Das Servitium war allerdings noch nicht zu einem reinen Gastungsrecht geworden. Zudem ist die frühere Vorstellung, der Hof lebe von Aufenthaltsorten, die von einzelnen Grundherren zu versorgen waren, überholt. Offenbar taten sich hierzu meist mehrere Grundherren zusammen, bzw. übernahmen verschiedene Teile dieser Verpflichtung. Diese wiederum wurden auf die Hintersassen verlagert, die die eigentlichen Dienste leisteten und Güter lieferten.
Otto stützte sich zunehmend auf seinen jüngeren Bruder Brun. Dieser war seit 940 Kanzler, seit 951 zugleich Erzkaplan des Reiches und seit 953 Erzbischof von Köln. Otto hatte ihm zudem die Konrad dem Roten aberkannte Herzogswürde von Lothringen zugesprochen, und er behielt diese nach Konrads Tod, wobei diese Regelung weiter nur als Übergang gelten konnte. Brun hatte in seinem Gebiet freie Hand und vertrat auch Ottos Interessen im Westfrankenreich. Er war damit der Prototyp des Bischofs im ottonisch-salischen Reichskirchensystem: vorbereitet auf die Bischofswürde in der Hofkapelle und damit in den Königsdienst eingebunden.
Neben Brun wurde Ottos unehelicher Sohn Wilhelm, seit 954 Erzbischof von Mainz, eine wichtige Stütze, auch wenn dieser gegen die von Otto vorgesehene Gründung des Bistums Magdeburg opponierte, die zu Lasten des Erzbistums Mainz gegangen wäre. Weitere wichtige Helfer Ottos waren der Erzbischof von Hamburg sowie Abt Hadamar von Fulda.
Vermutlich auf der Universalsynode von Ingelheim 948 wurden die Bischöfe von Ripen, Schleswig und Aarhus ordiniert. Diese Bistumsgründungen und die im gleichen Jahr erfolgten Gründungen weiterer Missionsbistümer in Brandenburg und Havelland sollten im Vorfeld des Sachsenlandes ähnlich wirken wie einst die Gründung von Bistümern in Sachsen durch Karl den Großen. Die Gründung der fünf Bistümer bedeutete neben der intensivierten Christianisierung der Elbslaven und einer damit verbundenen Vergrößerung des ottonischen Herrschaftsverbandes auch eine erhebliche Verstärkung der ottonischen Reichkirche. Ferner stärkte Otto die rechtliche Stellung vieler Bischöfe und Äbte. Sie erhielten in ihrem Gebiet die Rechte von Grafen, die Befugnisse der von ihnen eingesetzten Gerichte wurden ausgedehnt, zudem erhielten sie zahlreiche Regalien. Diese Entwicklung setzte sich unter Ottos Nachfolgern fort. Unter Otto I. begann die vermehrte Promotion von Hofkapellänen auf Bischofssitze. In die verschieden Bistümer sandte er Bischöfe, die durch langjährige Dienst am Hof mit den Reichsgeschäften vertraut waren und untereinander wie mit dem Königshof in enger Verbindung blieben. Dadurch beugte er einer engen Bindung an den Adel der Region vor. So ging aus der Hofkapelle ein neuer, einheitlicher Episkopat hervor, der als ottonischer Reichsbischof zugleich einen neuen Bischofstyp verkörperte. Dieser widmete seinen Dienst in gleicher Weise dem Reich wie der Kirche.
Vorbereitung des zweiten Italienzugs
Eine schwere Krankheit Ottos im Jahr 958 trug nebem dem Aufstand des Liudolf zur schweren Krise des Reiches bei. Berengar II. nutzte sie, um die Festigung seiner Macht weiter zu betreiben, obwohl er Italien formal nur noch als Lehen Ottos hielt. Liudolfs Tod sowie Ottos Probleme im nördlichen Reichsteil angesichts zahlreicher vakanter Herzogtümer und seiner schweren Krankheit scheinen Berengar dann ermutigt zu haben, nach Oberitalien auch Rom und den Kirchenstaat unter seinen Einfluss zu bringen. Er geriet dabei in einen Konflikt mit Papst Johannes XII., der Weihnachten 960 Otto um Hilfe ersuchte. Mit ähnlichem Ziel intervenierten auch mehrere Flüchtlinge aus Italien an Ottos Hof, darunter der Erzbischof von Mailand, Valperto de Medici, und Ubaldo, der Bischof von Como. Der Hilferuf des Papstes eröffnete Otto die Perspektive, die Kaiserkrönung als Gegenleistung für ein Eingreifen in Italien zu fordern.
Seinen Romzug bereitete der inzwischen wieder genesene König sorgfältig vor. Auf dem Hoftag zu Worms im Mai 961 ließ er seinen siebenjährigen Sohn Otto II. zum Mitkönig erheben. Anschließend wurde Otto II. nach Aachen geleitet, wo ihm die Lothringer huldigten, und er wurde von den rheinischen Erzbischöfen Brun von Köln, Wilhelm von Mainz und Heinrich von Trier zum König gesalbt. Die beiden Erzbischöfe Brun und Wilhelm wurden zu Stellvertretern des Reiches ernannt, mit denen der junge Otto II. nördlich der Alpen verblieb. Durch entsprechende Entschädigungen, wie den Vorrang vor anderen Bischöfen und das Krönungsrecht des Königs, brach Otto den Widerstand Wilhelms und brachte ihn dazu, seine Magdeburg-Pläne zu unterstützen.
Kaiserkrönung und italienische Politik

Im August 961 brach Ottos Heerzug von Augsburg nach Italien auf und überquerte den Brennerpass nach Trient. Ziel war zunächst Pavia, wo Otto das Weihnachtsfest feierte. Berengar und seine Anhänger zogen sich in Burgen zurück und vermieden den offenen Kampf. Otto hat sich durch sie nicht aufhalten lassen und zog unverzüglich nach Rom weiter.
Am 31. Januar 962 erreichte das Heer Rom. Drei Tage nach Ottos Eintreffen in Rom wurde er am 2. Februar von Papst Johannes XII. zum Kaiser gekrönt. Auch Adelheid wurde gesalbt und gekrönt und erhielt so den gleichen Rang; ob es dafür überhaupt ein Vorbild gibt ist ungewiss. Für das Paar verband sich die gemeinsame Krönung mit der Inanspruchnahme Italiens als ihren Besitz, für sich selbst und für ihren bereits zum König erhobenen Erben.
Einen Tag nach seiner Kaiserkrönung hat Otto das so genannte Ottonium [33] ausgestellt. Er anerkannte damit die päpstlichen Besitzrechte und -ansprüche, mit denen schon ihre karolingischen Vorgänger dem amtierenden Papst die Besitzungen der römischen Kirche bestätigt hatten. Doch das Privilegium Ottonium geht in den Verleihungen deutlich über die Vorurkunden hinaus und spricht dem Papsttum Gebiete zu, die bisher zum Königreich Italien gehörten. Anerkannt wird der Besitz über Stadt und Dukat von Rom, den Exarchat von Ravenna, die Herzogtümer von Spoleto und Benevent und eine Fülle weiter Besitzungen. Doch keiner der Kaiser gab die Gebiete wirklich aus der Hand, und ihr Besitz blieb bis in die Stauferzeit ein Streitpunkt in den päpstlich-kaiserlichen Beziehungen. Durch das Ottonium wurde überdies die Papstwahl geregelt, die von Klerus und Volk von Rom durchgeführt werden sollte. Geweiht werden durfte der Papst aber erst nach Ableistung eines Treueids auf den Kaiser.

Daneben wurde auch über die Magdeburg-Pläne verhandelt. Otto erwirkte bei Papst Johannes XII. eine erste Gründungsurkunde, bei der das Moritzkloster in Magdeburg in ein Erzbistum umgewandelt werden sollte. Aber wieder scheiterte das Vorhaben am Widerspruch des Mainzer und Halberstädter Bischofs. Nach der Kaiserkrönung begab sich Otto zurück nach Pavia, von wo aus er den Feldzug gegen Berengar leitete, der sich 963 in die uneinnehmbaren Burg San Leo bei San Marino zurückzog.
Offenbar über Ottos Machtwillen verstimmt vollzog Johannes XII. im Frühjahr 963 eine unerwartete Kursschwenkung. Er empfing Berengars Sohn Adalbert in Rom und schloss mit ihm ein Bündnis gegen den Kaiser. Durch diese Wendung musste Otto im Oktober 963 die über den ganzen Sommer verlaufende Belagerung Berengars abbrechen und er eilte nach Rom, um seinem Anspruch wieder Geltung zu verschaffen. Zum Kampf kam es jedoch nicht, vielmehr flohen Johannes und Adalbert. Als erste Maßnahme ließ Otto sich gleich bei seinem Einzug von den Römern eidlich versichern, niemals einen Papst zu wählen oder zu weihen, bevor sie nicht die Zustimmung oder das Votum des Kaisers und seines Mitkönigs eingeholt hatten.
Ein großes Konzil saß in Rom im Beisein des Kaisers über den Papst zu Gericht. Papst Johannes XII. antwortete brieflich mit der Androhung des Bannes gegen alle, die es wagen sollten, ihn abzusetzen. Daraufhin erhob die Synode mit Leo VIII. einen neuen Papst. Zur gleichen Zeit wurden Berengar und Willa gefangengenommen und nach Bamberg ins Exil geschickt, damit schien Ende des Jahres 963 die Rückkehr zu stabileren Verhältnissen in Italien und Rom erreicht. Doch dem abgesetzten Papst gelang es einen Aufstand der Römer gegen Otto und Leo VIII. zu entfesseln, dessen der Kaiser zunächst Herr werden konnte. Nach seiner Abreise aus Rom nahmen die Römer jedoch Johannes XII. wieder in der Stadt auf, und Leo blieb nichts als die Flucht zum Kaiser. Eine Synode erklärte die Beschlüsse der vorherigen kaiserlichen Synode für ungültig und Leo VIII. für abgesetzt. Noch bevor es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung kommen konnte, verstarb am 14. Mai 964 überraschend Johannes XII., und die Römer wählten trotz kaiserlichen Verbots mit Benedikt V. einen neuen Papst. Otto belagerte daraufhin im Juni 964 Rom und konnte nach wenigen Wochen in die Stadt einziehen. Dort inthronisierte er Leo VIII. erneut und ließ Benedikt nach Hamburg, die abgelegene Kirchenprovinz des Reiches, in die Verbannung gehen.
Rom und Magdeburg: Die letzten Jahre

Nach der vorläufigen Ordnung der Verhältnisse kehrte Otto im Winter 965 in den nördlichen Reichsteil zurück. Diese Rückkehr wurde von mehreren großen Hoffesten begleitet. Um der Hoffnung auf dynastische Kontinuität Ausdruck zu verleihen wurde am 2. Februar in Worms, der Stätte der Königswahl Ottos II, der Jahrestag der Kaiserkrönung gefeiert. Wenige Wochen später beging Otto in Ingelheim das Osterfest. Ein großer Hoftag in Köln, bei dem nahezu alle lebenden Mitglieder der Kaiserfamilie anwesend waren, bildete den Höhepunkt des Geschehens.
Die Ruhe in Italien war jedoch trügerisch. Adalbert, der Sohn Berengars, kämpfte erneut um die Königskrone Italiens, so dass Otto den Herzog Burkhard von Schwaben gegen ihn entsenden musste, eine Aufgabe, die dieser mit Erfolg erledigte.
Anschließend trieb Otto seine Pläne zur Gründung des Erzbistums Magdeburg voran. Schon Ende Juni kam es dabei zu einer weitreichenden Entscheidung. Durch den Tod des Markgrafen Gero, der seit 937 die Hauptlast der Kämpfe an der Slawengrenze getragen hatte, entschloss sich der Kaiser, die Markgrafschaft in sechs neue Herrschaftsgebilde zu zerlegen. Die drei südlichen bezogen sich auf die Gebiete, die sich in etwa mit den Sprengeln der späteren Bistümer Merseburg, Zeitz, und Meißen deckten. Der Tod Bruns am 11. Oktober 965 beraubte Otto jedoch eines wichtigen Helfers, der sich seit seinen Anfängen in der Hofkapelle immer als loyaler Helfer seines königlichen Bruders verstanden hatte.
Am 1. Oktober wurde Papst Johannes XIII. durch Billigung des ottonischen Hofes zum Nachfolger des inzwischen verstorbenen Leo VIII. gewählt, doch schon zehn Wochen später wurde er von den Stadtrömern gefangen genommen und in Kampanien inhaftiert. Veranlasst durch den Hilferuf von Papst Johannes XIII. zog Otto erneut nach Italien. Er sollte die nächsten sechs Jahre dort verbringen.
In Worms regelte Otto im August 966 die Vertretung während seiner Abwesenheit: Erzbischof Wilhelm sollte für das Reich, Herzog Hermann für Sachsen verantwortlich sein. Dann zog er mit einer Heeresmacht über Chur nach Italien. Die Rückführung des Papstes verlief am 14. November 966 ohne Widerstand. Alle zwölf Anführer der römischen Miliz, die den Papst gefangengenommen und misshandelt hatten, wurden von Kaiser und Papst mit dem Tod am Kreuz bestraft. Im Jahr 967 reisten Kaiser und Papst Johannes XIII. nach Ravenna und feierten dort das Osterfest. Auf einer darauffolgenden Synode wurde die Magdeburg-Frage erneut verhandelt. In einer Papsturkunde[34] wurde, anders als in der Vorurkunde von 962, der Umfang der geplanten Kirchenprovinz näher definiert. Magdeburg sollte zum Erzbistum erhoben und diesem die Bistümer Brandenburg und Havelberg aus der Mainzer Diözese zugeordnet werden, außerdem sollten in Merseburg, Meißen und Zeitz neue Bistümer errichtet werden. Dennoch bedurfte es zur Verwirklichung der neuen Bistumsorganisation der Zustimmung des Bischofs von Halberstadt und des Mainzer Metropoliten. Doch Bernhard von Hadmersleben (923 bis 968), Bischof von Halberstadt, verweigerte bis zu seinem Lebensende die Zustimmung zur Errichtung der Magdeburger Kirchenprovinz.
In den ersten Monaten des Jahres 968 konnten die Pläne der Gründung Magdeburgs weiter Gestalt annehmen. In diesem Zeitraum verstarben Bischof Bernhard von Hadmersleben, Erzbischof Wilhelm von Mainz und Königin Mathilde, die den Plänen des Erzbistums Magdeburg größten Widerstand entgegengesetzt hatten. Mit dem Tod der beiden Bischöfe war für den Kaiser die Möglichkeit gegeben, ihre Nachfolger vor der Investitur auf die Zustimmung zu seinen Plänen zu verpflichten. Er bestellte die Bischöfe Hatto von Mainz und Hildeward von Halberstadt zu sich nach Italien und erreichte von dem Halberstädter Bischof, dass Teile seiner Diözese an Magdeburg, andere an Merseburg abgetreten werden. Dergleichen gab auch Erzbischof Hatto seine Zustimmung zu der Unterstellung seiner Diözesen Brandenburg und Havelberg unter das neue Erzbistum Magdeburg. Jedoch wurde Otto in einem Brief mit nicht näher bekanntem Absender von seinem Kandidaten, den Abt des Moritzklosters Richar, abgebracht, und er entsprach der Forderung, den Russenmissionar und Abt von Weißenburg, Adalbert, zum neuen Erzbischof von Magdeburg zu ernennen. Das neue Erzbistum Magdeburg diente vor allem der Ausbreitung des christlichen Glaubens und war von Anfang an die für Otto vorgesehene Grabstätte. Durch die schwierigen italienischen Verhältnisse konnte Otto allerdings die Errichtung des Erzbistums nicht persönlich miterleben. Erst im Frühjahr 973, viereinhalb Jahre nach ihrer Gründung, hat Otto die erzbischöfliche Metropole aufgesucht.[35]
Parallel zu den Magdeburg-Plänen verlagerte Otto seit Februar 967 seinen Aktionsradius in den Raum südlich von Rom. Auf Zügen nach Benevent und Capua nahm er von den dortigen Herzögen Huldigungen entgegen. Da Byzanz ebenfalls die Oberhoheit über diese Gebiete beanspruchte und seine Herrscher sich als einzige legitime Träger des Kaisertitels sahen, verschärften sich die Konflikte mit Kaiser Nikephoros Phokas, der Otto vor allem seine Kontaktaufnahme mit den Herzögen von Capua und Benevent übel nahm. Dennoch scheint der Byzantiner zunächst bereit gewesen zu sein, auf Frieden und Freundschaft einzugehen, woran auch Otto gelegen war, der überdies an eine purpurgeborene byzantinische Prinzessin als Braut für seinen Sohn und Nachfolger dachte. Dabei versprach sich Otto von der Eheverbindung mit der ruhmreichen makedonischen Dynastie offensichtlich Legitimation und Glanz für seinen Sohn und sein Haus. Um seine dynastischen Pläne zu fördern, forderte Otto in einem gemeinsamen Schreiben mit dem Papst seinen Sohn auf, im Herbst 967 nach Rom zu kommen und mit ihnen dort Weihnachten zu feiern.
Die Erhebung des jungen Otto dürfte mit der Einladung beschlossene Sache gewesen sein.[36] Der Vater reiste ihm bis Verona entgegen. Drei Meilen vor der Stadt wurden Otto und sein Sohn von den Römern am 21. Dezember feierlich eingeholt, und am Weihnachtstag erhob Johannes XIII. Otto II. zum Mitkaiser. Zugleich sollte die angestrebte Ehe als Katalysator wirken, um eine Klärung der offenen Fragen zu erzielen: die Klärung des Zweikaiserproblems, sowie die Regelung des Herrschaftsbereichs in Italien im Rahmen eines Freundschaftsbündnisses, bei dem keine der Parteien einen Prestigeverlust hinnehmen musste. Das führte dazu, dass sich in den folgenden Jahren militärische Verwicklungen in Unteritalien parallel zum Gesandtschaftsverkehr abspielten. Um die Verhältnisse in Süditalien zu ordnen und um expandieren zu können, erhoben Kaiser und Papst 969 das Bistum Benevent zum Erzbistum. Die Lage entspannte sich erst 969, als Nikephoros durch Johannes Tzimiskes ermordet und ersetzt wurde. Der neue byzantinische Kaiser ging auf die Brautwerbung der Ottonen ein und sandte mit seiner Nichte Theophanu eine zwar nicht „purpurgeborene“, aber doch dem Kaiserhaus entstammende Prinzessin nach Rom. 972, direkt nach der Hochzeit, wurde auch Theophanu am 14. April vom Papst zur Kaiserin gekrönt. Durch die Heirat Ottos II. mit Theophanu entspannte sich die Situation in den südlichen Teilen Italiens, die konkrete Neuordnung der dortigen Verhältnisse ist jedoch unbekannt. Nach diesen Hochzeitsfeierlichkeiten dauerte es nur wenige Monate, bis die kaiserliche Familie im August ins Reich zurückkehrte.

Nach seiner Rückkehr 973 feierte Otto den Palmsonntag in Magdeburg und das Osterfest in Quedlinburg, zu dem Gesandte aus Dänemark, Polen und Ungarn, aber auch aus Byzanz, Unteritalien und Rom, ja selbst aus Spanien eintrafen. Über Merseburg gelangte Otto darauf nach Pfalz Memleben, dem Ort, an dem bereits sein Vater gestorben war. Hier erkrankte er schwer. Nach Fieberanfällen verlangte er die Sterbesakramente und starb am 7. Mai 973.
Der Übergang der Herrschaft auf seinen Sohn Otto II. erfolgte nahtlos, da die Nachfolge durch die Krönung Ottos II. bereits geregelt war. Am nächsten Tag bestätigten die anwesenden Großen den nun allein herrschenden Sohn in seinem Amt. Sein Vater wurde nach einem prunkvollen 30-tägigen Leichenzug in Anwesenheit der Erzbischöfe Adalbert von Magdeburg und Gero von Köln im Magdeburger Dom an der Seite seiner 946 verstorbenen Frau Edgith beigesetzt.
Wirkung
Maßnahmen nach Ottos Tod
In der Italienpolitik brach Otto II. mit der Tradition seines Vaters. Im Verhältnis zu Venedig, das sich seit jeher mit Erfolg gegen die territoriale Eingliederung in das Kaiserreich und die politische Unterordnung zur Wehr gesetzt hatte, ging der neue Kaiser massiv vor - ohne Rücksicht auf die langjährigen einvernehmlichen, seit 812 vertraglich geregelten Beziehungen zwischen Venedig und dem Reich. Der Doge Pietro IV. (959 bis 976) hatte sich an Otto I. angelehnt, der ihn wiederum dazu veranlasst hatte, ihm Tribut zu leisten - im Tausch gegen den Zugriff auf die Kirchengüter in seinem Gebiet. Dafür sollte Venedig Münzen mit der Aufschrift „cristus imperat venecia“ prägen. Doch 976 wurde die pro-ottonische Dogendynastie der Candiano gestürzt, der Doge umgebracht, der Dogenpalast niedergebrannt - wahrscheinlich auf byzantinische Initiative. Als die weiterhin Otto II. loyale Familie Coloprini mit den pro-byzantinischen Morosini und Orseolo in Konflikt geriet, wandte sie sich an Otto II.
Während die erste von Otto im Januar oder Februar 981 angeordnete Handelssblockade Venedig kaum beeinträchtigte (vgl. Wirtschaftsgeschichte der Republik Venedig), fügte die zweite im Juli 983 verhängte Handelssperre Venedig erhebliche Schäden zu, und spaltete ihre Herrschaftsgruppe. Die Coloprini wurden gefangengesetzt, ihre Stadtpaläste zerstört, wenige Jahre später wurden auch die rückkehrenden Coloprini von den Morosini umgebracht. Nur der frühe Tod Ottos II. verhinderte möglicherweise die drohende Unterwerfung Venedigs unter das Imperium.[37]
Während sich Otto I. darauf beschränkt hatte, die Fürstentümer Capua, Benevent, und Salerno lehnsrechtlich an sich zu binden, verfolgte sein Sohn erheblich weitergehende Ziele. Otto II. unternahm große Anstrengungen, diese politisch wie kirchlich intensiver und unmittelbarer seiner Kaiserherrschaft zu unterwerfen. In Salerno und Benevent demonstrierte er imperiale Macht und Repräsentation, sprach Recht und griff tief in das herrschaftliche Gefüge ein.
Auch im religiösen und monastischen Bereich beschritt Otto II. neue, Wege. Während sein Vater den Gebetsdienst der Mönche beanspruchte und auf die Pflege ihrer Memoria hoffte und Klöster sowie Mönchsordio durch Besitz- und Rechtsverleihungen förderte, verwehrte er ihnen in der Regel jedoch eine weitergehende Funktion für seine Herrschaft und in der Reichspolitik. Otto II. hingegen betrieb nicht nur eine systematische Förderung von Mönchtum und Klöstern, sondern wies ihnen als erster Sachsenherrscher auch für den Bestand des Reiches oder für die kaiserliche Memoria weitreichende religiöse und politische Aufgaben zu. Mönchtum und Klöster sollten durch die erweiterten politischen und religiösen Funktionsbestimmungen als herrschaftstragende und -stabilisierende Faktoren im Reichsgefüge dienen. Während Otto der Große in 37 Regierungsjahren mit St. Mauritius in Magdeburg nur ein einziges Kloster gründete, darf Otto II. für mindestens vier Klöster – Memleben, Tegernsee, Bergen bei Neuburg/Donau und Arneburg – den Rang eines Gründers oder Mitstifters beanspruchen. Die aktive Einbindung des Mönchtums in die kaiserliche Politik bildete geradezu eine Grundkonstante in Ottos Verhältnis zum monastischen Bereich, dessen Vertreter er mit zentralen politischen Funktionen betraute. Otto II. hatte bedeutende Mönche wie Ekkehard von St. Gallen, Majolus von Cluny, Johannes Philagathos und Gregor von Cassano zu politischen Beratern.
Das Vorhaben der Einrichtung einer Kirchenprovinz ist mit der Gründung des Erzbistums Magdeburg auch nach 968 nicht zur Ruhe gekommen. Die Regelung vieler Details von der genauen Grenzziehung bis zur Ausstattung der neuen Bistümer musste Otto seinem Nachfolger und dessen Helfer überlassen. Otto II. nutzte 981 die erste Gelegenheit, das Bistum Merseburg aufzuheben, indem er dessen Bischof Giselher auf den Magdeburger Erzstuhl transferierte. Dieser Schritt scheint längerfristig geplant und mit den wichtigsten Bischöfen abgesprochen gewesen zu sein. Was den Ausschlag für die Abkehr vom Werk Ottos des Großen gab ist unbekannt.
Ein Jahr nach der Aufhebung Merseburgs wurde das kaiserliche Heer bei Crotone von muslimischen Truppen in Süditalien vernichtend geschlagen. Ein weiteres Jahr später erhoben sich die slawischen Stämme jenseits der Elbe erfolgreich gegen die ottonische Herrschaft. Schließlich verstarb der Kaiser noch 983 mit 28 Jahren und hinterließ einen dreijährigen Sohn.
Kultureller Aufschwung

Der Zerfall des großfränkischen Reiches hatte das kulturelle Leben niedergehen lassen. Erst die Stabilität der Herrschaftsordnung, die unter Heinrich I. erstmals erreicht und mit dem Ungarnsieg Ottos 955 endgültig gesichert worden war, brachte den kulturellen Aufschwung, der in zwei Phasen unterschieden werden kann. In der ersten Phase sicherte der Königshof die materiellen Verhältnisse ermöglichte somit den Aufstieg. Der Herrschaftserfolg Ottos brachte dem Königtum etwa Tribute aus dem Slawengebiet im Osten und die Erschließung neuer Silberadern im Harz. Diese Mittel kamen auch den Kirchen zugute.
In einer zweiten Phase hatte insbesondere Ottos geistlicher Bruder Brun entscheidenden Anteil am kulturellen Aufschwung. Als Leiter der Hofkapelle und Erzbischof von Köln bemühte Brun sich besonders um die Förderung der Domschulen, aber auch der Kunst und des Kirchenbaus. Nach dem Vorbild Bruns entstanden Domschulen in Magdeburg, Würzburg und an zahlreichen anderen Orten. Daneben behielten Klöster wie Fulda, St. Gallen, St. Emmeram/ Regensburg oder Corvey ihren Platz als Zentrum der Bildung. Die von Otto geförderten Frauenstifte waren es schließlich, welche die so genannte Ottonische Renaissance einläuteten. Die bedeutendsten ottonischen Werke der Zeit entstanden in dem Bistum und den Klöstern, die den König am engsten verbunden waren. Widukind von Corvey und Hrotsvith von Gandersheim bekannten voller Stolz, dass der König und seine Erfolge sie zu ihren Werken beflügelt hätten.
Auch die Kunst erlebte einen kulturellen Aufstieg. Bischöfe wie Gero von Köln oder Willigis von Mainz wetteiferten im Kirchbau und zogen Buchmaler, Goldschmiede oder Bronzegießer an sich, um die Liturgie ihrer Kirchen immer prachtvoller zu gestalten. Die in Austausch und Konkurrenz verschiedener Zentren sich entwickelnde ottonische Kunst griff auf spätantike und karolingische Traditionen zurück und verarbeitete aktuelle byzantinische Anregungen, ohne dass sich der Anteil der verschiedenen Einflüsse jeweils genau abgrenzen ließe.
Urteile der mittelalterlichen Geschichtsschreibung
Der bedeutendste ottonische Geschichtsschreiber Widukind von Corvey schrieb mit den Res gestae Saxonicae eine Geschichte der Sachsen für Ottos Tochter Mathilde. Ihm muss klar gewesen sein, dass ihr Inhalt dem Herrscher bekannt werden würde. Mehrfach betonte er, dass devotio (Ergebenheit) ihn beim Schreiben geleitet habe, und er bittet um pietas (Milde) der hohen Leser bei Aufnahme seines Werkes. So begann Widukind etwa seinen Bericht über Friedrich von Mainz, der sich gegen Otto gestellt hatte, mit der beschwörenden Versicherung: „Den Grund des Abfalls mitzuteilen und die königlichen Geheimnisse (regalia mysteria) zu enthüllen, steht mir nicht zu. Doch glaube ich, der Geschichte genügen zu müssen. Lasse ich mir dabei etwas zuschulden kommen, möge man es mir verzeihen.“[38] Solche Bescheidenheits-Topoi gehörten allerdings zu jeder Geschichtsschreibung dazu.
Dennoch entwickelt Widukind eine überraschende Legitimationsstrategie. Die Kaiserkrönung übergeht Widukind und entwickelt gleichsam eine „romfreie Kaiseridee“. An die Stelle der Sakralisierung durch Papst und Kaiserkrönung tritt eine Akklamation des Kaisers durch die siegreichen Heere. Der Sieg Ottos auf dem Lechfeld wird zum eigentlichen Akt der Herrschaftslegitimation.[39] Neben dieser Kaiserkrönung im Stile antiker Soldatenkaiser, vermischen sich bei Widukind auch germanische und christliche Vorstellungen von Herrschaft und Heldentum. Der Kaiser ist kein universaler Herrscher, sondern ein germanischer rex gentium, ein Oberkönig über die Völker. Zum Schluss preist der Geschichtsschreiber die Errungenschaften der langen Herrscherzeit Ottos I.: „Der Kaiser hat mit väterlicher Huld regiert, seine Untertanen von den Feinden befreit, die Ungarn, die Araber, die Normannen und die Wenden besiegt, Italien unterworfen, die Götzenbilder der heidnischen Nachbarn zerstört sowie Kirchen und geistliche Gemeinschaften eingerichtet.“[40]
Liutprand von Cremona stand zunächst in den Diensten Berengars von Ivrea. Nach einem Zerwürfnis mit diesem findet er Zuflucht bei Otto, der ihn zum Bischof von Cremona ernennt. In seinem Hauptwerk Antapodosis (Vergeltung), will Liutprand die Taten aller Herrscher Europas darstellen. Der Titel Vergeltung weist auch auf eine persönliche Abrechnung mit König Berengar hin, den Liutprand als Tyrannen zu brandmarken sucht. Der Aufstieg der Ottonen ist für Liutprand von Gott gewollt. Gott lenkt die Geschichte, er erhebt die Gottesfürchtigen und er erniedrigt die Überheblichen. Heinrich I. ist ein demütiger Herrscher, der seine Krankheit überwindet und die Ungarn besiegt. Otto I. ist sein würdiger Nachfolger, der ebenfalls mit Hilfe Gottes seine Feinde überwindet. Liutprand kannte den byzantinischen Hof von mehreren Gesandtschaften her. Seine ironische Darstellung des byzantinischen Hoflebens dient dem größeren Ruhme Ottos, der Verherrlichung seiner besseren Herrschaft.
Der Geschichtsschreiber Thietmar von Merseburg umschrieb etwa vierzig Jahre nach Ottos Tod seine Herrschaftszeit mit den Worten: „In seinen Tagen erstrahlte das goldene Zeitalter!“ (Temporibis suis aureum illuxit seculum)[41] Er feierte Otto als den bedeutendsten Herrscher seit Karl dem Großen.[42]
Charakteristisches Merkmal aller drei Darstellungen ist, dass sie Otto als Werkzeug Gottes zeigen, als einen König, der seine Stärke daraus gewinnt, dass er auf rechtem Wege wandelt und deshalb mit Gottes Schutz und Hilfe rechnen kann. In einer ganzen Reihe der ottonischen Geschichtswerke, die am Ende seines Lebens oder kurz danach entstanden, wird Otto der Große zum Helden stilisiert. Die Werke rühmen seine Erfolge, loben seine Amtsführung und bescheinigen ihm vielfältig, dass er alle Eigenschaften besaß, über die ein König verfügen sollte.[43] Jedoch hat sich in der Ottonenzeit auch ein anonymer Geschichtsschreiber erhalten, der Otto nicht nur kritisiert, sondern auch dessen Leben durch göttliche Rache beendet sieht.[44] Diese Darstellung stammt aus Halberstadt, wo man Otto nicht verzieh, dass er zugunsten der Gründung des Erzbistums Magdeburg und des Bistums Merseburg die Halberstädter Diözese erheblich verkleinert hatte.
Der Beiname „der Große“ gilt spätestens seit dem mittleren 12. Jahrhundert durch die Weltchronik Ottos von Freising als festes Namensattribut. Otto von Freising befand: „Otto habe das Kaisertum von den Langobarden zu den „deutschen Ostfranken“ (ad Teutonicos orientales Francos) zurückgebracht und sei vielleicht deshalb als erster König der Deutschen (rex Teutonicorum) genannt worden, obgleich das Reich doch das fränkische geblieben sei, in dem nur die herrschende Dynastie gewechselt habe.“[45]
Im späten 13. Jahrhundert nannte der Dominikaner-Chronist Martin von Troppau Otto den Großen den ersten Kaiser der Deutschen (primus imperator Theutonicum).[46]
Otto der Große in der Forschung
Unter dem Aspekt nationaler Interessen spielte man im 19. Jahrhundert die Italienpolitik gegen die Ostpolitik aus, die durch die Fixierung auf Italien verhängnisvoll gewesen sein soll. Ausgelöst wurde der Streit um die deutsche Kaiserpolitik des Mittelalters im Jahr 1859 von Wilhelm Giesebrecht. Er verklärte die Kaiserzeit zur „Periode, in der unser Volk, durch Einheit stark, zu seiner höchsten Machtentfaltung gedieh, wo es nicht allein frei über sein eigens Schicksal verfügte, sondern auch anderen Völkern gebot, wo der deutsche Mann am meisten in der Welt galt und der deutsche Name den vollsten Klang hatte“[47]
Der preußische Historiker Heinrich von Sybel widersprach energisch Giesebrecht. Für Sybel war Otto „kein Erretter Deutschlands und Europas aus dem wüsten Elend einer kaiserlosen Zeit“. Dem deutschen Reich aber und dem deutschem Königtum erwuchs kein Heil aus dem so errungenen kaiserlichen Glanze.“ Das Kaisertum hätte nach Osten expandieren sollen. Die Ostbewegung als natürliche Zielsetzung des deutschen Volkes war damit seine Kernforderung. Nach Sybel hätten Karl der Große, Otto der Große, auch der Rotbart Friedrich sie nicht gefördert, ja, leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Die Kaisermacht vergeudet. Giesebrecht konterte 1861, dass sein politisches Weltbild und sein Vergangenheitsbild, sich von jenem Sybels, nur in der Himmelsrichtung unterscheide. Machtentfaltung und weltbeherrschender Einfluss waren auch seine Standards.[48] 1861 schaltete sich Julius Ficker in den Historikerstreit ein und warf Sybel Anachronismen vor: Eine deutsche Nation habe es zu Ottos Zeit noch nicht gegeben; Schuld am Niedergang trage nicht das Kaisertum, vielmehr Barbarossas maßloses Ausgreifen nach Sizilien.[49] Leopold von Ranke blieb abseits dieses Historikerstreites. Er versuchte Ottos Kaisertum mehr aus dem Gegensatz von romanischer und germanischer Welt zu deuten, denn aus der Italien- oder Ostpolitik, wobei jene durch die Kirche, diese durch den Kaiser aus Sachsen repräsentiert war. Der Streit hatte zur Folge, dass neue Ansätze wie etwa Karl Lamprechts Kulturgeschichte, die Historisierung des Denkens, der Mentalitäten und dergleichen Fragestellungen keine Beachtung fanden. Der Streit bei dem sich die Positionen klein- oder großdeutsch, preußisch oder österreichisch, protestantisch oder katholisch abwechselten, erschloss zugleich europäische Perspektiven.
Der Historiker-Streit spaltete die Geschichtswissenschaft und prägte noch im frühen 20. Jahrhundert die Urteile der Historiker: Obgleich Heinrich Claß „freudiger Stolz“ auf Ottos Leistung erfüllte, verurteilte er dennoch seine Italienpolitik als „verhängnisvoll und unglücksschwanger“.[50] Lange Zeit herrschte die Sicht von Otto, als dem Schöpfer des mittelalterlichen Reiches der Deutschen, der aus den Trümmern des zerfallenen Karolingerreiches die sprach- und artverwandten Stämme der Sachsen, Thüringer, Franken, Bayern, Schwaben und Lothringer zu ihrer natürlichen Einheit zusammenführte und ihnen gemeinsam durch sein Ausgreifen nach Osten, Süden und Westen und durch den Erwerb der Kaiserkrone den ersten Platz unter den europäischen Völkern verschaffte.
Ernst Dümmler sah 1876 in seiner bis heute ausführlichsten Darstellung Ottos Regierung einen „jugendkräftigen Aufschwung“, einen „nationalen Zug“ unter diesem Kaiser „durch die herzen des Volkes“ gehen, das damals zuerst anfieng, … sich das deutsche zu nennen und deutsch zu fühlen“[51] 1936 widmete Robert Holtzmann seine Biographie Ottos „dem deutschen Volke“ mit dem Bemerken, dieser habe „der deutschen Geschichte des Mittelalters Weg und Ziel gewiesen, die deutsche Kaiserzeit nicht nur eingeleitet, sondern auf Jahrhunderte hinaus wahrhaft beherrscht“[52]
Im Nationalsozialismus begann unter Heinrich I. „die nationale Sammlung der Deutschen“, unter Otto dem Großen „der bewußte Versuch nationaler Aufrichtung und Kultivierung“. Diese Grundtönung wurde bald von allen Schulungszentren der Partei bis hin zum „Völkischen Beobachter“ verbreitet. Hingegen wollten Heinrich Himmler und seine Historiker wie etwa Franz Lüdtke einzig in Ottos Vater Heinrich I. den Stifter des deutschen Volkes sehen.
Adolf Hitler schloss sich der Sybelschen Einschätzung an. Er nannte in Mein Kampf drei wesentliche und bleibende Erscheinungen, die aus dem „Blutmeer“ der deutschen Geschichte hervorgegangen sind: Die Eroberung der Ostmark, die Eroberung des Gebietes östlich der Elbe und die Schaffung des brandenburgisch-preußischen Staates.[53] Folglich nannte er „Die militärische Weisung für den Einmarsch in Österreich vom 11. März 1938“, das erste Dokument seiner Tätigkeit als neuer Oberbefehlshaber der Wehrmacht, „Unternehmen Otto“, das mit der Weisung zur Umbenennung Österreichs in „Ostmark“ vom 24. Mai 1938 abgeschlossen wurde. Hitlers neuer Generalstabschef Franz Halder, unbeteiligt am „Unternehmen Otto“, arbeitete 1940 den Feldzug gegen Russland als „Plan Otto“ aus. Zur Vermeidung einer Doppelung wurde daraus das Unternehmen Barbarossa.
Noch 1962 vernahm man anlässlich des Millenniums der Kaiserkrönung, Otto habe „eine feste Konzeption eines starken deutschen Gesamtstaates in sich“ getragen, es sei ihm gelungen, „das Reich im Innern zu einigen und nach außen die feindlichen Angriffe erfolgreich abzuwehren, das Reichsgebiet zu erweitern und den deutschen Einflussbereich nahezu über ganz Europa auszudehnen- so zwar, daß man das Imperium Ottos I. als einen …Versuch einer europäischen Einigung bezeichnen kann“.[54]
Solche Töne der Begeisterung über eine nationale Erfüllung im 10. Jahrhundert einschließlich ihrer europäischen Aufgipfelung sind heute in Fachkreisen so gut wie verstummt. 2001 sah Johannes Laudage den „Strukturwandel, den Otto I. innerhalb des Herrschaftsgefüges angestrebt und schließlich auch weitgehend durchgesetzt hat“ als eine seiner bedeutendsten Taten an. Dieser Wandel bestand im Wesentlichen in einer stärkeren "Akzentuierung seiner Entscheidungsvollmacht und Autorität".[55]
Rezeption
Im Gegensatz zu Karl dem Großen ist Otto als Sagengestalt nie populär geworden. Vielmehr stehen alle Bilder, die von dem ersten Sachsenkaiser nach seinem Tode geschaffen wurden, in Zusammenhang mit Magdeburg.[56] Die Bedeutung Magdeburgs für die Herrschaft Ottos geht auch aus der Häufigkeit seiner Aufenthalte hervor. Verschiedene Urkunden und andere schriftliche Überlieferungen bezeugen, dass Otto der Große das von ihm begünstigte Magdeburg zeit seines Lebens mindestens 23 mal aufgesucht habe. An keinem anderen Ort ist ein häufigerer Aufenthalt nachzuweisen.[57]
In der Regierungszeit des Erzbischofs Hartwig von Magdeburg (1079–1102) wurden Münzen geprägt, die auf der einen Seite eine stilisierte Stadtansicht mit der Umschrift + MAGAD(A)BVRG, auf der anderen Seite das Bild eines durch Bischofsstab gekennzeichneten Erzbischofs allerdings mit der Umschrift OTTO IM(P) AVGV + (Otto imperator augustus) zeigen. Diese Münzen werden mit dem 150-jährigen Bestehen des Erzbistums Magdeburg in Verbindung gebracht.
Im 12. und noch zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstanden unter dem Einfluss der bedeutenden Magdeburger Gießhütte die so genannten Otto-Schalen, die weite Verbreitung im Elbe-Saale-Gebiet und im südlichen Ostseeraum fanden. Von besonderer Qualität ist dabei eine in Halle gefundene und um 1200 datierte Otto-Schale, in deren Mitte sich ein Medaillon mit der Darstellung eines gekrönten und inschriftlich als OTTO bezeichneten Mannes befindet. Die Umschrift HIER(RUSALEM V)ISIO PACIS („Jerusalem, Erscheinung des Friedens“) lässt einen inhaltlichen Zusammenhang mit Kreuzzugsgedanken vermuten.[58] Im Sachsen des 12. Jahrhunderts richteten sich diese besonders gegen die heidnischen slawischen Nachbarn, an die das Erzbistum nach dem Liutizenaufstand von 983 einen Großteil seiner Suffragane verloren hatte. Die Missionare stellten sich mit der Darstellung Ottos des Großen in dessen Tradition.
Um 1240 entstand mit dem Magdeburger Reiter das bedeutendste Denkmal für das Nachleben Ottos des Großen in Magdeburg. Die Skulptur stellt beinahe in Lebensgröße einen hochmittelalterlichen Herrscher zu Pferd dar. Die Deutung des Reiterstandbildes ist indes weiterhin strittig.

Für die Bürger Magdeburgs galt Ottos nicht nur als Stifter des Erzbistums, sondern auch als Gründer der Stadt und großer Privilegiengeber. So wurde das Reiterdenkmal schon sehr früh in diesen Bedeutungsstrang mit einbezogen. Die Stadt sah in dem Reiter eine steinerne Urkunde, ein zum Monument gewordenes Denkmal der Privilegien Ottos des Großen. In der vom städtischen Ratsschreiber Heinrich von Lamspringe in der Mitte des 14. Jahrhunderts begonnen Schöppenchronik wird zum Jahr 938 unter der Überschrift „Koning Otto gaf der stad Magdeborch water und weide“ der von Kaiser Otto verliehenen Privilegien gedacht. Otto wurde noch im Spätmittelalter als erster Stadtherr gewürdigt und sein Andenken rezipiert, bis die Stadt 1666 im Kloster Berge ihre politische Eigenständigkeit verlor. Magdeburg etablierte sich nun als brandenburgische Stadt, später als preußische Landes- und Garnisonstadt. Volkstümlichere Denkmäler gewannen nun an Bedeutung.
Erst im 19. Jahrhundert wurden Otto wieder bedeutendere Denkmäler gewidmet und er fand Eingang in die Literatur, welche besonders die psychologische Komponente der Kämpfe Ottos gegen seine Verwandten thematisierte.
Unter den Herrschern Friedrich Wilhelm III. und IV. sowie Wilhelm I. wurde der Magdeburger Dom mehrfach renoviert und restauriert. Das Reiterdenkmal wurde ebenfalls renoviert und erhielt eine neugotische Einfassung aus Sandstein. Im Jahre 1858 wurde von der Magdeburger Bürgerschaft dem Kronprinzen und späteren Kaiser Friedrich III. und seiner frisch vermählten Gattin Victoria und Tochter der Königin Viktoria von England bei ihrem Besuch ein Tafelaufsatz übergeben mit der Inschrift „Euch sei zu Euren und des Landes Heil Edithas Glück und Ottos Ruhm zu theil“. Mit dem Tafelaufsatz wurde der ersten Ehe des ostfränkischen Herrschers aus sächsischem Haus mit einer angelsächsischen Prinzessin gedacht.
Im wilhelminischen Kaiserreich bildete das 1906 eingeweihte Kaiser-Friedrich-Museum der Stadt Magdeburg den Höhepunkt der Kaiser-Otto-Rezeption in Magdeburg. Ein Kernstück des Museums ist der Magdeburger Saal, in dem ausgewählte Höhepunkte der Stadtgeschichte thematisiert werden. Der Historienmaler Arthur Kampf zeigt bei seinem 120 Quadratmeter großen Wandbild drei mit der Stadt verbundene Szenen aus dem Leben Ottos: Das linke Bild mit der Unterschrift „Otto I. und Editha betreiben die Befestigung von Magdeburg“ zeigt Otto gemeinsam mit seiner ersten Frau Edgith, wie er sich auf einer Baustelle von einem Baumeister einen Plan erläutern lässt. Das mittlere Bild mit dem Titel „Otto I. zieht als Sieger ueber die Slaven und Wenden in Madeburg ein“ gibt einen triumphalen Einzug des Kaisers im mittleren Lebensalter wieder. Das dritte Bild mit dem Titel „Otto I. und Adelheid nehmen Abschied vom Grabe Edithas“ zeigt den Herrscher kurz vor seinem eigenen Tod mit seiner zweiten Frau Adelheid.
Während im Nationalsozialismus insbesondere die Begräbnisorte einiger mittelalterlicher Herrscher, wie die salische Kaisergrablege im Dom zu Speyer, die Stiftskirche in Quedlinburg mit dem Grab König Heinrichs I. im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie baulich verändert wurden, blieben Eingriffe in größerem Ausmaße in den Magdeburger Dom aus. Die Skulpturen des Magdeburger Reiter-Denkmals wurden im Laufe des Zweiten Weltkriegs zum Schutz vor Bombardierungen in den Elbebunker in Sicherheit gebracht. Im Jahr 1961 wurde die Skulpturengruppe des Magdeburger Reiters im Foyer des wieder aufgebauten Kulturhistorischen Museums aufgestellt. Eine künstlerische von Heinrich Apel gefertigte Nachbildung wurde jüngst vergoldet.
Quellen
Urkunden und Regestenwerke
- Theodor Sickel (Hrsg.): Diplomata 12: Die Urkunden Konrad I., Heinrich I. und Otto I. (Conradi I., Heinrici I. et Ottonis I. Diplomata). Hannover 1879 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
- Johann Friedrich Böhmer, Emil von Ottenthal, Hans Heinrich Kaminsky: Regesta Imperii II, 1. Die Regesten des Kaiserreiches unter Heinrich I. und Otto I., Hildesheim 1967.
- Onlineversion der Regesta Imperii
Literarische Quellen
- Hrostvitha von Gandersheim: Gedicht über Gandersheims Gründung und die Taten Kaiser Oddo I., übersetzt von Theodor Pfund, neu bearbeitet von Wilhelm Wattenbach (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 32), Leipzig 1941.
- Liudprand von Cremona: Werke., in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, übersetzt von Albert Bauer, Reinhold Rau (Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 8), Darmstadt 1971, S. 233-589.
- Thietmar von Merseburg: Chronik., übersetzt von Werner Trillmich (Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 9) Darmstadt 1957.
- Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte des Widukind von Corvey., in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit, übersetzt von Albert Bauer, Reinhold Rau (Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe 8), Darmstadt 1971, S. 1-183.
Literatur
Biographien
- Gerd Althoff: Otto I., der Große, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 19, Berlin: Nauwach -Pagel 1999, 656–660.
- Helmut Hiller: Otto der Große und seine Zeit. München 1980, ISBN 3-471-77847-0.
- Johannes Laudage: Otto der Große. Eine Biographie. Regensburg 2001, ISBN 3-7917-1750-2.
- Bernd Schneidmüller: Otto I. In: Bernd Schneidmüller/Stefan Weinfurter (Hrsg.), Die deutschen Herrscher des Mittelalters, Historische Porträts von Heinrich I. bis Maximilian I. Verlag C.H. Beck, München 2003, S. 35–61.
- Ernst W. Wies: Otto der Große. Kämpfer und Beter. 3. Auflage, München 1998, ISBN 3-7628-0483-4.
Allgemeine Darstellungen
- Gerd Althoff: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. 2. erw. Auflage, Kohlhammer Taschenbücher, Stuttgart 2005, ISBN 3-17-018597-7.
- Helmut Beumann: Die Ottonen. 5. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart u.a. 2000, ISBN 3-17-016473-2.
- Gustav Faber: Der Traum vom Reich im Süden – Die Ottonen und Salier. C. Bertelsmann Verlag, München 1983, ISBN 3-570-03447-X.
- Joachim Henning (Hrsg.): Europa im 10. Jahrhundert, Archäologie einer Aufbruchszeit: Internationale Tagung in Vorbereitung der Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa. Verlag Philipp von Zabern, Mainz am Rhein 2002, ISBN 3-8053-2872-9.
- Hagen Keller: Die Ottonen. C. H. Beck. München 2001, ISBN 3-406-44746-5.
- Hagen Keller/ Gerd Althoff: Die Zeit der späten Karolinger und der Ottonen: Krisen und Konsolidierungen 888–1024, 10., völlig neu bearbeitete Auflage, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-60003-2.
- Ludger Körntgen: Ottonen und Salier. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2002, ISBN 3-534-15186-0.
- Matthias Puhle (Hrsg.): Otto der Grosse - Magdeburg und Europa 2 Bände: [Katalog der 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung Sachsen-Anhalt]; (eine Ausstellung im Kulturhistorischen Museum Magdeburg vom 27. August - 2. Dezember 2001). Zabern, Mainz 2001, ISBN 3805326165.
- Bernd Schneidmüller/ Stefan Weinfurter (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge: Symposion zur Ausstellung "Otto der Grosse, Magdeburg und Europa. Zabern, Mainz am Rhein 2001, ISBN 3-8053-2701-3.
- Hans K. Schulze: Hegemoniales Kaisertum – Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-88680-307-4.
- Harald Zimmermann (Hrsg.): Otto der Große. Wege der Forschung; Bd. 450. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt. 1976
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Otto von Freising: Chron. VI, 24. In Adolf Hofmeister (Hrsg.): Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi 45: Ottonis episcopi Frisingensis Chronica sive Historia de duabus civitatibus. Hannover 1912, S. 286 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
- ↑ Widkind, Sachsengeschichte I, 34
- ↑ D H I Nr 20, S. 56.
- ↑ Widkind, Sachsengeschichte II, 1-3.
- ↑ Flodoard von Reims, Annales zu 936, S.64.
- ↑ Vita Mathildis reginae posterior c.9.
- ↑ D H I. Nr. 3, S.41.
- ↑ D O I. Nr. 1, S.90
- ↑ Liudprand von Cremona, Antapodosis IV, 23.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte II, 9.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte II, 8.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte II, 24.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte II, 30.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte II, 15.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte II, 31.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte I, 39.
- ↑ Gerd Althoff, Königsherrschaft und Konfliktbewältigung im 10. und 11. Jahrhundert, S.276..
- ↑ Johannes Laudage, Otto der Große. Eine Biographie, S. 126–27.
- ↑ Liudprand, Antapodosis IV, c.25.
- ↑ Thietmar II, 34.
- ↑ Gerd Althoff, Die Ottonen, S. 98.
- ↑ Johannes Laudage, Otto der Große. Eine Biographie, S. 147.
- ↑ Continuatio Reginonis ad 952
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte, III, 15 und III, 13.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte, III, 15.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte, III, 32.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte III, 40.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte, III, 49.
- ↑ Gerd Althoff, Die Ottonen, S.107.
- ↑ Thietmar II, 10
- ↑ Thietmar II, 17.
- ↑ Brief Wilhelms an Agapet II.: Epistolae Moguntinae Nr. 18, S.347–350.
- ↑ So genanntes Ottonium (Urkunde Kaiser Ottos des Großen für die römische Kirche vom 13. Februar 962; DO I 235).
- ↑ JL 3715/ Papsturkunden Nr. 177, S.347f.
- ↑ Johann Friedrich Böhmer, Regesta imperii. II. Die Regesten des Kaiserreichs unter den Herrschern aus dem sächsischen Hause 919–1024. 1. Abt.: Heinrich I. und Otto I., neu bearbeitet von Emil von Ottenthal, Innsbruck 1893, Nr. 560 a.
- ↑ Gerd Althoff, Die Ottonen, S.126.
- ↑ Eines großen Vaters glückloser Sohn? Die neue Politik Ottos II., in: Ottonische Neuanfänge, hg. von Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Mainz 2001, S. 293–320, hier: S.309.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte II, 25.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte III, 49.
- ↑ Widukind, Sachsengeschichte III, 75.
- ↑ Thietmar II, 13.
- ↑ Thietmar II, 45.
- ↑ Gerd Althoff, Otto der Grosse in der ottonischen Geschichtsschreibung, S. 16–27, hier: S.25. In: Matthias Puhle (Hrsg.): Otto der Grosse, Magdeburg und Europa. 2 Bände, Zabern, Mainz 2001 (Katalog der 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung Sachsen-Anhalt).
- ↑ Gesta Episcorum Halberstandesium, herausgegeben von Ludwig Weiland (MGH SS 23) Hannover 1874, S.74–123, hier: S.85.
- ↑ Otto, Chronica sive Historia de duabus civitatibus 6,17, hg. von Adolf Hofmeister (MGH Scriptores rerum Germanicarum), Hannover/Leipzig 1912, S.277.
- ↑ Martin, Chronicon pontificum et imperatorum, hg. von Ludwig Weiland, in: MGH Scriptores 22, Hannover 1872, S.465.
- ↑ Wilhelm Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, Bd.1. 5. Auflage, Braunschweig 1881, S.74.
- ↑ Wilhelm Giesebrecht, Deutsche Reden, Leipzig 1871, S.74.
- ↑ Johannes Fried, Otto der Große, sein Reich und Europa. Vergangenheitsbilder eines Jahrtausends, S. 537–562, hier: S. 548, In: Matthias Puhle (Hrsg.): Otto der Grosse, Magdeburg und Europa. 2 Bände, Zabern, Mainz 2001 (Katalog der 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung Sachsen-Anhalt).
- ↑ Heinrich Class, Deutsche Geschichte von Einhart, Leipzig 1926, S.23.
- ↑ Rudolf Köpke/ Ernst Dümmler, Kaiser Otto der Große, Leipzig 1876, S. 553.
- ↑ Robert Holtzmann, Kaiser Otto der Große, Berlin 1936, S. 7f..
- ↑ Adolf Hitler, Mein Kampf. Zweiter Band, Die nationalsozialistische Bewegung, München 1933, S. 733–742.
- ↑ Leo Santifaller, Otto I. das Imperium und Europa, in: Festschrift zur Jahrtausendfeier der Kaiserkrönung Ottos des Großen. Erster Teil (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 20,1), Graz/Köln 1962, S.19–30, hier: S.21.
- ↑ Johannes Laudage, Otto der Große (912–973): eine Biographie, Regensburg 2001, S. 122ff.
- ↑ Percy Ernst Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit : 751–1190, München 1983, S. 74..
- ↑ Babette Ludowici, Die Pfalz Ottos des Großen in Magdeburg, S. 391–402, hier: S. 391. In: Matthias Puhle (Hrsg.): Otto der Große, Magdeburg und Europa. 2 Bände, Zabern, Mainz 2001 (Katalog der 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung Sachsen-Anhalt).
- ↑ Claus-Peter Hasse, Otto der Große und Magdeburg. Das Nachleben eines Kaisers in seiner Stadt, S. 427–443, hier: S. 428. In: Matthias Puhle (Hrsg.): Otto der Große, Magdeburg und Europa. 2 Bände, Zabern, Mainz 2001 (Katalog der 27. Ausstellung des Europarates und Landesausstellung Sachsen-Anhalt).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Heinrich I. | Herzog von Sachsen 936–973 | Bernhard I. |
Heinrich I. | Ostfränkischer König und Römischer Kaiser 936/962-973 | Otto II. |
Berengar II. | König von Italien 951-973 | Otto II. |
Personendaten | |
---|---|
NAME | Otto I. |
ALTERNATIVNAMEN | Otto der Große |
KURZBESCHREIBUNG | Herzog der Sachsen, König des Ostfrankenreichs ab 936 und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches |
GEBURTSDATUM | 23. November 912 |
GEBURTSORT | Wallhausen (Helme) |
STERBEDATUM | 7. Mai 973 |
STERBEORT | Memleben |