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Türkei

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Türkische Flagge
Türkische Flagge
(Details)
Wahlspruch: Yurtta Sulh, Cihanda Sulh
(türk. „Frieden in der Heimat, Frieden in der Welt“)
Amtssprache Türkisch
Hauptstadt Ankara
Staatsform Laizistische Republik/ parlamentarische Demokratie
Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer, Amtsantritt am 17. Mai 2000
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan (AKP), seit 11. März 2003
Parlament Türkische Große Nationalversammlung (Türkiye Büyük Millet Meclisi/TBMM): eine Kammer, 550 Sitze, Legislaturperiode 5 Jahre
Fläche 779.452 km²
Einwohnerzahl 68.893.918 (Stand Juli 2004)
Bevölkerungsdichte 88,25 Einwohner pro km²
Gründung 29. Oktober 1923
Währung Yeni Türk Lirası (bis 31. Dezember 2004: Lira)
Zeitzone MEZ+1
Nationalhymne İstiklâl Marşı
Kfz-Kennzeichen TR
Internet-TLD .tr
Vorwahl +90
Lage der Türkei

Die Republik Türkei (Türkiye Cumhuriyeti) ist der Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches und ging nach dem Ersten Weltkrieg aus diesem hervor. Die Türkei ist eine laizistische Republik. Der Laizismus geht auf den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk zurück. Atatürk war bestrebt, durch viele gesellschaftliche Reformen die Türkei nach dem Vorbild Europas zu modernisieren.

Geographie

Die Türkei erstreckt sich geographisch über zwei Kontinente. Der größte Teil des türkischen Staatsgebiets liegt mit ca. 97 % auf dem asiatischen Kontinent. Lediglich 3 % der Gesamtfläche (23.623 km²) befinden sich auf dem europäischen Kontinent. Der europäische Teil der Türkei wird auch als Thrakien bezeichnet und der asiatische Landesteil als Anatolien. Die Türkei bildet somit geographisch eine Schnittstelle zwischen Okzident und Orient.

Die Türkei besitzt eine 7.200 km lange Küste. Im Westen der Türkei liegt das Ägäische Meer, im Süden das Mittelmeer und im Norden das Schwarze Meer.

Daneben besitzt die Türkei Landgrenzen zu 8 Nachbarländern, die insgesamt eine Länge von 2.648 km haben. Im Nordwesten grenzt sie an Griechenland (206 km Grenze) und Bulgarien (240 km), im Nordosten an Georgien (252 km), Armenien (268 km), Aserbaidschan (Exklave und autonome Republik Nachitschewan, mit der die Türkei einen 9 km langen Grenzstreifen teilt), im Osten an den Iran (499 km) und im Süden an den Irak (352 km) und Syrien (822 km).

Die Türkei wurde in den letzten Jahren immer wieder von Erdbeben erschüttert. Da eine gewisse chronologische Ost-West-Abfolge der Beben in der Nordtürkei festzustellen ist, geht man davon aus, dass in absehbarer Zeit auch İstanbul von einem großen Beben erschüttert werden wird. Die letzten großen Beben in der Provinz Kocaeli lagen bereits weniger als 100 km von Istanbul entfernt.

Klimadiagramm İstanbul
Klimadiagramm Ankara
Klimadiagramm Antalya
Klimadiagramm Van

Die Fläche der Türkei wird zu 26,2 % von Wald eingenommen, Landwirtschaftlich werden 36,3 % der Gesamtfläche genutzt.

Höchste Berge der Türkei:

  • Büyük Ağrı dağı 5137 m
  • Uludoruk 4135 m
  • Buzul dağı 4116 m
  • Suphan dağı 4058 m
  • Kackar dağı 3932 m
  • Erciyes dağı 3917 m

Wichtigste Flüsse der Türkei: Kızılırmak 1335 km, Euphrat (Fırat), Sakarya, Murat,(Tigris) Dicle, Seyhan, Göksu, Çoruh, Büyük Menderes

Seen der Türkei: Van See (Van Gölü) 3713 km², Großer Salzsee (Tuz Gölü) 1500 km², Beyşehir Gölü 656 km², Eğridir Gölü 468 km², Akşehir Gölü 353 km², İznik Gölü 298 km²

Bedeutende Inseln der Türkei: Imroz (Gökçeada) 279 km², Marmara Adası 117 km², Bozcaada 36 km², Uzunada 25 km², Alibey 23 km², Pasalimanı 21 km², Avşar 21 km²

Städte

Die Verstädterung ist in der Türkei weit voran geschritten, 74 % der Gesamtbevölkerung leben in der Stadt. Während der Südosten der Türkei sehr dünn besiedelt ist konzentriert sich die Bevölkerung in den großen Städten der Westküste.

Hauptstadt ist das in Zentralanatolien gelegene Ankara mit mehr als 3 Millionen Einwohnern. Ankara ist auch eine wichtige Wirtschafts- und Universitätsstadt. Größte Stadt und zugleich wirtschaftliches und kulturelles Zentrum ist das am Bosporus gelegene Istanbul (türk.: İstanbul), das auf beiden Seiten der Meeresenge liegt und sich so auf zwei Kontinente über eine Fläche von 5 512 km² erstreckt. 2003 lebten im gesamten Ballungsgebiet über 18 Millionen Menschen. İzmir ist mit 2.732.669 (2004) Einwohnern (im Großraum mit 3.370.866 Einwohnern) die drittgrößte türkische Stadt und verfügt nach Istanbul über den zweitgrößten und wichtigsten Handelshafen. Weitere wichtige Städte sind Diyarbakır, Adana, Bursa, Gaziantep, Konya, Antalya, İzmit, Trabzon, Malatya, Samsun und Kayseri.

Karte der Türkei

Verwaltung und Politik

Hauptartikel: Politisches System der Türkei, Liste der türkischen Provinzen

In der Türkei herscht, wie in allen westlichen Demokratien, eine Gewaltenteilung zwischen der Legislative, Exekutive und der Judikative. Nach der Verfassung aus dem Jahre 1982 ist die Türkei eine parlamentarische Demokratie mit einem relativ mächtigen Präsidenten und einer unabhängigen Justiz.

Gesetzgebendes Organ (Legislative) ist in der Türkei die Große Nationalversammlung (Türkiye Büyük Millet Meclisi). Sie besteht aus 550 Parlamentariern die vom Volk direkt für fünf Jahre gewählt werden. Ab dem 18. Lebensjahr ist jeder Staatsbürger in der Türkei wahlberechtigt. Gewählt werden darf jedoch nur innerhalb der Türkei, eine Wahlbeteiligung aus dem Ausland z.B. durch eine Briefwahl für im Ausland lebende türkische Staatsbürger existiert nicht. Aufgrund dieser Reglung sind Millionen von türkischen Staatsbürgern die im Ausland (vor allem in der EU) leben und arbeiten von den Wahlen ausgeschlossen.

Staatsoberhaupt ist der vom Parlament für sieben Jahre gewählte Staatspräsident. Eine Wiederwahl des Staatspräsidenten ist per Verfassung verboten. Der Staatspräsident beauftragt den Parteivorsitzenden der Mehrheitspartei mit der Bildung der Regierung. Regierungschef ist der Ministerpräsident der die Mehrheitspartei bzw. die Regierungskoalition repräsentiert. Der Staatspräsident segnet die Minister der Regierung ab.

Das Verfassungsgericht ist der oberste Gerichtshof der Türkei. Es entscheidet über die Verfassungsmäßigkeit der vom Parlament verabschiedeten Gesetze.

Ergebnis der Parlamentswahlen

Bei den Parlamentswahlen im Jahre 2002 schafften DYP, MHP, ANAP und DSP, aufgrund der 10 %-Hürde, den Einzug ins Parlament nicht. Das schlechte Abschneiden der an der Regierungskoalition, von 1999 bis 2002, beteiligten Parteien DSP, ANAP und MHP lag vor allem in der schweren Wirtschaftskrise, die die Türkei 2001 in eine tiefe Rezession stürzte und viele Bevölkerungsgruppen in die Armut trieb. Die konservativ-islamische AKP, mit ihrem Vorsitzenen Recep Tayyip Erdogan, ging aus diesen Wahlen als die klare Siegerin hervor und errang die Mehrheit der Parlamentssitze. Die neu gegründete AKP kam auf anhieb auf 34,4 % der abgegebenen Stimmen. Obwohl sie nur ein drittel der Stimmen auf sich vereinigen konnte kam sie, weil viele andere Parteien an der 10% Hürde scheiterten, auf fast 3/4 der Parlamentssitze (für Verfassungsänderungen wird eine 3/4 Mehrheit benötigt).

Die Ergebnisse der letzten Wahl (2002):

  • AKP 34,3 %
  • CHP 19,4 %
  • DYP 9,6 %
  • MHP 8,3 %
  • ANAP 5,1 %
  • DSP 1,1 %

Zusammensetzung des Parlaments (Stand Oktober 2003):

  • AKP (Vors. Recep Tayyip Erdogan) 368 Abgeordnete,
  • CHP (Vors. Deniz Baykal) 175 Abgeordnete,
  • DYP (Vors. Mehmet Agar),
  • 3 Abgeordnete; LDP 1,
  • Unabhängige: 3 Abgeordnete;

Verwaltung

Die Kommunalverwaltung ist in der Türkei in 81 Provinzen unterteilt die durch den Gouverneur (Vali) verwaltet werden. Die einzelnen Provinzen sind weiter in einzelne Bezirke und Gemeinden unterteilt. Die Bezirke werden von einem Kaymakam geleitet, der vom Innenminister ernannt wird. Die Bürgermeister und Dorfvorsteher werden vom Volk gewählt. Die Autonomie der unteren Ebenen wird unter anderem durch das Fehlen eigener Geldquellen eingeschränkt.

Siehe auch: Liste der türkischen Provinzen

Gewerkschaften

Gewerkschaftsbünde Türk-İş (gemäßigt, ca. 2,13 Mio. Mitglieder), DISK (links-orientiert, ca. 0,35 Mio. Mitglieder) Hak-İş (islamistisch, ca. 0,36 Mio. Mitglieder).

Siehe auch: Liste der Präsidenten der Türkei

Bevölkerung

Minderheitenpolitik

Im Osmanischen Reich wurde die Bevölkerung nicht nach ethnischen Gesichtspunkten differenziert, sondern nach religiösen Aspekten. Eine Bevölkerungsgruppe bekam nur dann eine Eigenständigkeit als Millet zu erkannt, wenn neben religiösen auch große kulturelle Unterschiede vorhanden waren. Türke bedeutete daher nicht das Staatsvolk im Osmanischen Reich. Dieses definierte sich als Osmanlı. Türke wurde als abfällige Bemerkung für die turkmenische muslimische Bevölkerung in Anatolien benutzt.

Ideologie

Die Türkei betrieb bis vor kurzem gegenüber Minderheiten eine Assimilierungspolitik, die jeden türkischen Staatsbürger als kulturell und ethnisch als Türken ansah. Ursache für diese Haltung waren die Erfahrungen der türkischen Eliten in der Endphase des Osmanischen Reiches, die mit ansehen mussten wie das Erwachen des Nationalbewusstseins der Völker auf dem Balkan und anderen Teilen des Osmanischen Reiches zur Schwächung des Reiches führte. Diese Eliten wurden ihrerseits von der Idee der Nation und Nationalitäten geprägt und besannen sich stärker auf das türkische im Osmanischen Reich. Höhepunkt dieser Entwicklung war die Jungtürken-Bewegung und der Turanismus.

Die Erfahrungen mit der Schwäche eines heterogenen Staatsvolkes schlug sich in der Ideologie des Kemalismus nieder. Atatürk, der Begründer der modernen Türkei, prägte mit seinen Ideen den jungen Staat bis in die jüngste Vergangenheit. Der Kemalismus wurde somit die Staatsideologie der Eliten.

Hauptmerkmale des Kemalismus in der frühen Phase waren:

Um Probleme mit Unabhängigkeitsbestrebungen auf dem Staatsgebiet der türkischen Republik zu verhindern, wurde in der Verfassung der Türkei im Jahre 1923 die türkische Nation als Heimat der ethnischen Türken definiert. Mit der ethnischen Bezeichnung Türke sollten sich alle 47 religiösen und ethnischen Gruppen, die in der neuen türkischen Republik lebten, identifizieren.

Die Sprachreform und die Schaffung einer nationalen Geschichte waren die Hauptmaßnahmen, die die türkische nationale Identität stärken und die Gesellschaft der Türkei homogenisieren sollten. Zu Erreichung der beiden Ziele wurden das Amt für die türkische Geschichte (Türk Tarih Kurumu) und das Amt für die türkische Sprache (Türk Dil Kurumu) geschaffen. Die Türkisierung der Gesellschaft reduzierte die Heterogenität der Bevölkerung erheblich, nichts desto Trotz kam es aber auch vor allem in den kurdischen Regionen in den 1920er und 1930er zu Aufständen (die aber auch andere Ursachen hatten). Die Homogenisierung wurde aber nicht nur auf das Nationalbewusstsein beschränkt sondern auch auf den islamischen Glauben ausgedehnt. Daher gibt es neben der ethnischen Komponente auch eine religiöse Komponente der restriktiven Politik, die sich aus der kemalistischen Ideologie ergibt.

Die religiöse Komponente hängt im Kern eng mit der ethnischen Komponente zusammen. Trotz Laizismus war der Islam für die Etablierung eines einheitlichen nationalen Bewusstseins von großer Bedeutung, weil der Islam den größten gemeinsamen Nenner zwischen den vielen Ethnien bildete. Daher wurden seit der Republikgründung die Glaubensfragen und der religiöse Kultus dem Diyanet İşleri Başkanlığı unterstellt. Über dieses Organ wurde die religiöse Homogenisierung betrieben. Der sunnitische Islam wurde zu einer de facto Staatsreligion erhoben. Die hohe Zahl der türkischen Bürger, die sich zum alevitischen Islam bekennen, wurde daher vernachlässigt.

Die Problematik und Komplexität um die Diskussion des Minderheitenschutzes in der Türkei zeigt sich erst durch die gleichzeitige Betrachtung der ethnischen und religiösen Komponente. Während der Schutz der ethnischen Minderheiten eine klare Angelegenheit ist wird die Sachlage durch die Miteinbeziehung der religiösen Aspekte verkompliziert. Im ersteren geht es hauptsächlich um die sozialen und kulturellen Rechte der größten Minderheit, der Kurden. Die Vernachlässigung der religiösen Minderheit der Aleviten trifft größtenteils ethnisch gesehen die Türken. Paradoxerweise ist die ethnische Majorität der Türken teilweise auch der religiösen Minderheit zugehörig. Und andersherum sind Teile der kurdischen Minderheit Bestandteil der religiösen Mehrheit. Daher richtet sich die repressive Politik der Türkisierung (bzw. Homogenisierung) nicht nur gegen die Kurden sondern auch die Türken alevitischen Glaubens. Daher ist der kurdische Konflikt der in den 1980er aufflammte und bis 1999 andauerte nicht „primär“ als ein Kampf zwischen ethnischen Türken und Kurden zu sehen.

Aktuelle Situation

Die Repressalien gegenüber den ethnischen und religiösen Minderheiten lassen sich daher auf die geschichtlichen Erfahrungen im Osmanischen Reich und die daraus resultierende Staatsideologie des Kemalismus zurückführen. Diese Sichtweise prägt immer noch das Handeln und Denken großer Teile der kemalistisch geprägten Eliten in Politik, Verwaltung und Militär.

Vor allem die kurdische Minderheit sollte, u.a. auch durch Anwendung von Zwangsmaßnahmen (z.B. Verbot der kurdischen Sprache, Umsiedlungen), „türkisiert“ werden. Kulturelle und ethnische Unterschiede wurden lange Zeit geleugnet. Die Kurden wurden als „Bergtürken“ bezeichnet und damit wurde auch im offiziellen Sprachgebrauch das kurdische verdrängt. Die Assimilierung der kurdischen Oberschicht, die Großgrundbesitzer und ehemaligen Stammesoberhäupter (Aghas), fielen dabei besonders leicht.

Im Zuge der Reformen und weiterer Demokratisierung der türkischen Gesellschaft seit 2001 schwächt sich diese Haltung ab. Ein Bericht eines Regierungsausschusses über Minderheiten in der Türkei dass November 2004 vorgelegt wurde löste eine kontroverse Diskussion zwischen konservativen und liberalen Kräften aus. Der Bericht schlägt vor, die Verfassung in den Passagen zu ändern, in der von der Einheit des Staatsvolkes, der Kultur und Staat ausgegangen wird. Stattdessen soll die unterschiedliche ethnische und kulturelle Zusammensetzung der türkischen Gesellschaft anerkannt und ihre Bewahrung gefördert werden. Damit wird dem Einheitsstaats-Gedanken eine multikulturelle, freie und pluralistische Gesellschaft entgegen gesetzt. Die Konservativen befürchten, dass durch die Anerkennung der Vielfältigkeit dem Separatismus Vorschub geleistet wird und es zu einer Teilung und Schwächung der Türkei kommt.

Ethnien

Die genaue ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung in der Türkei ist nicht exakt feststellbar. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen wurden bei den offiziellen Volkszählungen, durch die türkischen Behörden, die ethnische Zugehörigkeit nicht erfasst. Zum anderen wurden viele Minderheiten in der Türkei im Laufe der Zeit assimilliert und betrachten sich daher als Türken. Vor allem die genaue Zahl der Kurden ist sehr umstritten. Die Angaben zu den Ethnien differieren daher je nach dem, welche Quellen herangezogen werden, stark. Demnach leben in der Türkei folgende Ethnien: 60–70 % Türken (Staatsvolk), ca. 20–30 % Kurden, 2–3 % Zaza, 2 % Araber, 0,5 % Tscherkessen, 0,5 % Georgier, sowie diverse andere ethnische Gruppen und Nationalitäten (Armenier, Griechen, Assyrer, Bosnier, Albaner, Lasen, Abachen, Tschetschenen, Bulgaren, Tataren u.a.).

Beim „Staatsvolk Türken“ muss man vorsichtig unterscheiden, da sich in den 60–70 % auch die turkvölkischen Minderheiten der Türkei befinden; die türkische Regierung unterscheidet diese nicht von „den eigentlichen Türken“. Das heißt, in diesen „60–70 %“ sind auch die in der Türkei lebenden Türken anderer Turkstämme wie Krimtataren, Gagausen, Mescheten, Aserbaidschaner, Kasachen, Usbeken und Kirgisen eingeschlossen; einzig die Volksgruppe der Uiguren bekommt von ihnen Minderheitenstatus.

Siehe auch: Türken, Turkvölker

Religion

Das Prinzip des Laizismus schreibt eine strenge Trennung von Religion und Staat vor, genauer gesagt eine strikte Unterordnung der Religion unter den Staat. Artikel 24 der Verfassung von 1982 beschränkt die Glaubensfreiheit auf das Individuum. Religionsgemeinschaften können aus dem Verfassungsabschnitt keine Rechte geltend machen. Diese Haltung resultiert aus der herrschenden Ideologie des Kemalismus in der türkischen Elite.

95,8 % der türkischen Bevölkerung bekennt sich zum Islam. Davon sind etwa 60 % Sunniten, die restlichen 30–35 % Aleviten. Nach anderen Schätzungen gibt es 70–75 % Sunniten und 20 bis 25 % Aleviten. Außerdem leben in der Türkei 0,2 % Christen (125.000) und 0.04 % Juden (23.000). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten jedoch noch etwa 20 % Christen auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Die größte Gruppe unter den Christen bilden mit etwa 65.000 Angehörigen die Armenier. Dazu kommen 2000 griechisch-orthodoxe Christen (die überwiegend in İstanbul leben) und 2000 syrisch-katholische Christen. Die Missionierung von Muslimen zu einem anderen Glauben ist verboten. Christen und Juden dürfen jedoch missioniert werden.

Die islamischen Einrichtungen werden vom staatlichen Diyanet İşleri Bakanlığı, dem Präsidium für Religionsangelegenheiten verwaltet. Es regelt die Ausbildung der etwa 100.000 Imame und Muezzin, bezahlt und erhält die Moscheen und gibt landesweit den Inhalt der zu haltenden Predigten vor. Ebenso ist es zuständig für die knapp 500 Imame an den türkischen Moscheen in Deutschland. Diese Einrichtungen kümmern sich jedoch nur um Sunnitische Moscheen, die alevitischen Cem-Gebetshäuser werden weder unterstützt noch errichtet, noch nicht einmal anerkannt. Die alevitische Bevölkerung fällt nicht unter das Minderheitengesetz und kann deshalb missioniert werden.

Allen Christen und Juden wird nach dem Vertrag von Lausanne Minderheitenschutz gewährt. Christliche Gemeinden wird erlaubt, eigene Schulen zu betreiben. İstanbul ist Sitz des Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel, das den ersten Ehrenrang innerhalb der Orthodoxen Kirche einnimmt. Nicht unter die Bestimmungen des Vertrags fallen einerseits später zugewanderte Menschen römisch-katholischen und evangelischen Glaubens, andererseits die syrisch-orthodoxen Christen Südostanatoliens (Tur Abdin). Die fast ausschließlich aus Ausländern bestehenden protestantischen und katholischen Gemeinschaften dürfen Eigentum erwerben aber jedoch keine offiziellen Gemeinden bilden, genau wie alle anderen islamischen Fraktionen oder Sekten.

Im Personalausweis gibt es zwar eine Rubrik für die Religionszugehörigkeit, die Eintragung darin ist jedoch freiwillig, frei wählbar und jederzeit wieder änderbar, wenn der Inhaber dies möchte. Im Pass hingegen gibt es keine Rubrik für Religion.

Soziales

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Bevölkerungsentwicklung der Türkei von 1961 bis 2002 (Bevölkerung in Tausend Einwohnern)

Seit der Republikgründung im Jahre 1923 wuchs die Bevölkerung der Türkei schnell an. 1927 lebten in der Türkei knapp 14 Millionen Menschen, 2003 waren es knapp 70 Millionen (siehe Graphik). In den letzten Jahren hat sich das Bevölkerungswachstum sehr verlangsamt. Während es 2000 noch 1,7 % betrug, wird für 2004 von einem Bevölkerungswachstum von 1,13 % ausgegangen. Der Rückgang des Bevölkerungswachstums macht sich auch in den Prognosen der Statistiker bemerkbar. Während noch vor einigen Jahren prognostiziert wurde, dass sich die Bevölkerung der Türkei bis 2020 auf 95 Millionen erhöht, geht das staatliche Institut für Statistik der Türkei (DIE) nun davon aus, dass diese Zahl erst im Jahre 2050 erreicht wird.

Aus dem Balkan, Nahen Osten, Griechenland, Iran, Zentralasien, Krim usw. kamen Aussiedler in die Republik. Auf der anderen Seite verließen viele Minderheiten die Türkei, etwa Assyrer, Griechen, Juden, Kurden, Jeziden, Zaza usw. sowie Millionen von eigentlichen Türken.

Die Türkei verfügt über eine sehr junge Bevölkerung. Die Altersstruktur setzte sich 2004 folgender Maßen zusammen: 26,6 % der Staatsbürger ist zwischen 0–14 Jahre alt, 66,8 % zwischen 15–64 Jahre alt und nur 6,6 % über 65 Jahre alt. Das durchschnittliche Alter der Bevölkerung lag 2004 bei Schätzungsweise 27,3 Jahren.

Der Staat stellt für alle Bürger eine medizinische Grundversorgung zu Verfügung. 1999 kam im durchschnitt ein Arzt auf 859 Einwohner. Die Lebenserwartung liegt in der Türkei bei 72,08 Jahren, wobei sie bei den Männern 69,68 Jahre beträgt und bei den Frauen 74,61 Jahre. Beim Lebensstandard, der durch den Human Development Index repräsentiert wird, liegt die Türkei weltweit nur auf dem 96. Platz (Stand 2003). Damit gehört sie zu den Ländern mit einem mittleren Entwicklungsstand (zum Vergleich: Deutschland belegt den 18. Platz).

Seit der Republikgründung wird versucht, die Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft zu verbessern. Die Türkei gehört zu den ersten Staaten, die das Frauenwahlrecht einführten. Seit 1930 dürfen Frauen in der Türkei wählen und seit 1934 können sie sich selbst zur Wahl stellen. Dennoch zählt die Unterdrückung von Frauen und häusliche Gewalt in der Türkei zum Alltag. Laut Statistik schlägt die Mehrheit der Männer ihre Frauen mehr oder weniger regelmäßig. Erst 2004 wurde ein Gesetz durch das Parlament beschlossen, was so genante „Ehrenmorde“ an Mädchen und Frauen wie vorsätzlichen Mord mit lebenslanger Haftstrafe ahndet. Davor wurden bei solchen Morden, unter dem Motiv der Familienehre, vor dem Gericht mildernde Umstände geltend gemacht.

Sprachen

In der Türkei werden folgende Sprachen verwendet:

Siehe auch: Turksprachen

Bildungssystem

Schulsystem

In der letzten Erziehungsreform von 1997 wurde die gesetzliche Schulpflicht von 5 Jahren auf 8 Jahre erhöht. Danach findet der Übergang in die 4-jährige Sekundarstufe II statt, in der alle Schüler seit 2004/05 eine zweite Fremdsprache wählen müssen.

Derzeit bemüht sich die AKP-Regierung intensiv für den erleichterten Hochschulzugang der Berufsschulabgänger. Ziel der Bemühungen ist es vor allem, den Abgängern der Imam-Hatip-Schulen den Zugang zu nicht theologischen Studienfächern zu erleichtern. Die Imam-Hatip-Schulen gelten, seit der Erziehungsreform von 1997, als Berufsschulen der Sekundarstufe II, in der Vorbeter und Prediger ausgebildet werden.

Im Schulwesen der Türkei bestehen aufgrund mangelnder Finanzierung und der hohen Zahl schulpflichtiger Kinder erhebliche Defizite. Ca. 25 % der türkischen Bevölkerung ist im schulpflichtigen Alter. Die wirtschaftliche Kluft zwischen dem Osten und dem entwickelteren Westen der Türkei wirkt sich auch auf das Schulsystem aus. So besteht im Osten eine große Zahl von einzügigen Schulen mit mehr als 50 Schülern pro Klasse. Dennoch gibt es Probleme, die die Türkei als Ganzes betreffen. Beispielsweise sind die Eltern aufgrund von fehlenden Betriebsmitteln in den Schulen gezwungen, erhebliche finanzielle Mittel zur Unterstützung der Schulen aufzubringen. Aufgrund dieser Probleme ist die türkische Bildungspolitik im Moment noch weit von ihrem Ziel, der 100 % Einschulungsquote entfernt. Lediglich 93 % aller schulpflichtigen Kinder gehen zu Schule. Besonders betroffen sind Mädchen, von denen, laut einer Weltbank-Studie, ca. 600.000 nicht eingeschult sind. Im Jahre 2000 waren ungefähr 6 % der Männer und 18 % der Frauen in der Türkei Analphabeten.

An den türkischen Schulen und Hochschulen herrscht absolutes Kopftuchverbot, sowohl für die Schüler/Studenten als auch für die Lehrkräfte. Dieses Verbot wird auch mit Polizeigewalt durchgesetzt und ist in den letzten Jahren immer wieder Thema hitziger Debatten. Die Türkei sieht sich als laizistischer Staat an, der keine religiösen Präferenzen hat.

siehe auch: Kopftuchstreit

Hochschulen

Die Türkei besitzt 53 staatliche Hochschulen und 23 staatlich anerkannte private Stiftungsuniversitäten. An den Universitäten des Landes studieren 1,6 Mio. Studenten und damit 28 % aller Schulabgänger eines Jahrganges. Diese werden von ca. 70.000 Lehrkräften unterrichtet und betreut. Kontrolliert werden die Hochschulen durch das türkische Hochschulrat (YÖK), dem Seit 6. November 1981 alle Hochschulen unterstellt sind.

Der Hochschulrat koordiniert neben den Finanzen und dem Personalplan, auch die Lehrinhalte, arbeitet Pläne zur Eröffnung neuer Hochschulen und regelt den Zugang zu den Hochschulen. Jährlich wird durch die "Türkische Zentralstelle für Studentenvermittlung", die dem YÖK unterstellt ist, eine Aufnahmeprüfung durchgeführt. Das Ergebnis dieser Prüfung ist für die Wahl der Hochschule und Studienfach entscheidend.

Die staatlichen Hochschulen sind schlecht finanziert, da lediglich 0,5 % des BSP für die F&E ausgegeben wird. Für das Studium an den privaten Universitäten sind Gebühren zwischen 5.000 bis 12.000 US $ pro Jahr erforderlich. Die Zahl der ausländischen Studenten in der Türkei beträgt 16.328. Diese kommen vor allem aus den zentralasiatischen Turk-Staaten. Ein Teil der Studenten erhält zur finanzierung des Studiums Studienkredite von der "Anstalt für Kredite und Heime für Jugendliche in der Hochschulausbildung" (Yurt-Kur). 2004 waren es 220.614 Studenten und 174.374 Studenten haben eine Wohnung in Studentenwohnheimen.

Kultur

Die heutige türkische Kultur ist eine Verschmelzung verschiedener Kulturen. Dazu können die alttürkische Nomadenkultur Zentralasiens und Sibiriens, die Kultur im osmanischen Reich mit ihren arabischen, byzantinischen und persischen Einflüssen, sowie die starke europäische Richtung seit Gründung der Republik durch Atatürk gezählt werden.

Als Kulturzentrum der Türkei ist die Stadt Istanbul zu sehen, wobei die Stadt eine Synthese von verschiedenen Kulturen darstellt.

Die Türkei hat eine große Zahl Künstler hervorgebracht. Dazu gehören u. a. der Filmregisseur Yılmaz Güney (Goldene Palme in Cannes für Yol – Der Weg (1982)), die Dichter Orhan Veli und Nâzım Hikmet, die Schriftsteller Yaşar Kemal, Orhan Pamuk oder Aziz Nesin. Türkische Popsänger wie Sezen Aksu, Tarkan und Mustafa Sandal waren in letzter Zeit auch im Ausland recht erfolgreich. 2003 siegte die Türkei beim Eurovision Song Contest mit dem Titel Everyway That I Can von Sertab Erener.

Siehe auch: Türkische Literatur, Türkischsprachige Kultur in Deutschland, Liste türkischsprachiger Künstlerinnen und Künstler

Medien

Die türkische Medienlandschaft wird durch zahlreiche staatliche Radio- und TV-Sender und einige Medienkonzerne beherrscht. Die Medienkonzerne unterhalten viele Radio- und TV-Sender, daneben auch zahlreiche Tages- und Wochenzeitungen.

Medienkonzerne: Aydin-Dogan-Gruppe (u.a. größte Tageszeitung Hürriyet, Milliyet, Radikal, Kanal D, CNN-Türk), Dinç-Bilgin-Gruppe (Sabah, ATV, u.a.), Ihlas-Gruppe (Türkiye, TGRT, u.a.), Çukurova-Gruppe (Show-TV, Aksam); Dogus-Gruppe (NTV). Viele dieser Sender sind auch im europäischen Ausland über Satelliten Schüssel oder Digitales Fernsehen empfangbar.

Einflussstärkste und zugleich auflagenstärkste Zeitungen sind Sabah, Hürriyet, Milliyet, Cumhuriyet und Türkiye.

Türkische Literatur

Vor der Annahme des Islam war die schriftliche und mündliche türkische Literatur von der Nomadenkultur geprägt. Das wissen über die mündliche türkische Literatur stammt heute aus chinesischen, arabischen und iranischen Quellen.

Schwerpunkt Themen der mündlichen Literatur aus dieser Zeit waren die Natur, die Beziehung zwischen Natur und Mensch, Kriege, Siege und Niederlagen, Katastrophen, Heldentaten und die Liebe zu Frauen. Die ersten mündlichen Werke waren Sagen, die bekannteste und älteste ist die Sage von Alp Er Tunga. Die Sage handelt über den Sieg des Herrschers von Saka (Alp Er Tunga) über die iranische Armee. Berühmt sind zudem die Sagen der Gök-Türken, die Ergenekon-Sage berichtet wie die Gök-Türken einen Berg aus Eisen geschmolzen haben um aus "Ergenekon" herauszukommen und in der Bozkurt-Sage wird über das Mythos berichtet wonach die Gök-Türken vom Wolf abstammen. Neben den Sagen waren Klagelieder, Liebes- und Naturgedichte und Sprichwörter die bei religiösen Zeremonien und bei Siegesfeiern vorgetragen wurden weitere Bestandteile der frühen türkischen mündlichen Literatur.

Die Orhon-Inschriften aus dem 6. und 7. Jahrhundert bilden die ersten schriftlichen literarischen Werke der Türken. Die wichtigsten sind die im Göktürk-Alphabet geschriebenen Inschriften von Tonyokuk, Kül Tigin und Bilge Kağan. Die Inschriften, schildern verschiedene geschichtliche Ereignisse und liefern so wichtige Informationen über das Leben der Türken in der damaligen Zeit.

Die Türken traten in der ersten Hälfte des 10.Jahrhunderts zum Islam über vorher war der Schamanismus das prägende Element der türkischen Gesellschaften. Mit der islamischen Religion veränderte sich auch das gesellschaftliche Leben und damit auch die Sprache, Form und Inhalt der Literatur. Mit dem Islam stieg auch der Einfluss der arabischen und persischen Sprache auf die türkische Literatur. "Kutadgu Bilig" (11.Jahhrhundert), das von Religion, Staat, Politik und Erziehung handelt, war das erste Werk der türkischen Literatur nach der Annahme des Islams. Kaşgarlı Mahmut verfasste das Wörterbuch für türkische Sprache "Divan-ı Lugat-it Türk". Diese Wörterbuch enthält 7.500 Wörter aus verschiedenen Dialekten der türkischen Sprache. Weitere wichtige Literaten waren Ali Şir Nevai und der Großmogul-Schah Babur. Ali Şir Nevai verfasste Gedichte, Wörterbücher und wichtige Werke über die Sprache. Großmogul-Schah Babur ist besonders für sein Werk "Vekayi Babürname" bekannt.

Ab dem 11. Jahrhundert bildete sich bei den Türken die sich in Anatolien niederließen das Türkei-Türkische heraus. Der islamische Einfluss hielt vom 11.Jahrhundert bis in die Mitte des 19.Jahrhunderts an. In dieser Zeit kann die Entwicklung der türkischen Literatur in zwei Hauptgruppen unterschieden werden. Zum einen in die Diwan-Literatur und zum anderen in die Volksliteratur.

Das große türkische Volksepos ist "Dede Korkut", das von dem Kampf der Turkstämme gegeneinander und gegen das christliche Oströmische Reich berichtet. Es wurde vermutlich im 15. Jahrhundert niedergeschrieben. Ein weiteres bedeuntendes Werk ist der "Volksroman" Sajjid Battal aus dem 13. Jahrhundert das über die Frühgeschichte des osmanischen Reiches handelt.

Einer der bekannten Vertreter türkischer Literatur war der Mystiker Yunus Emre, der im 13. Jahrhundert die Derwisch-Dichtung begründete und sowohl die höfische als auch die Volkskultur inspirierte.

Die Literatur des Osmanischen Reiches war von islamischen Mystikern dominiert und orientierte sich besonders an der persischen Literatur, so zum Beispiel die Ghasel-Dichtung von Fuzûlî im 16. Jahrhundert. Dabei ist die Sprache vom Vokabular und dem Versmaß ausgefeilt – und gleichermaßen festgefügt. Die höfische Literatursprache bestand zu ca. 80% aus arabischen und persischen Wörtern. In dieser Form waren sie nur den gebildeten Schichten des osmanischen Reiches zugänglich.

Daneben entwickelt sich eine Volksliteratur, die besonders aus Volksliedern und Geschichten von volkstümlichen Helden wie Keloğlan und Nasreddin Hoca besteht. Eine besondere Bedeutung hatten auch die Reiseschilderungen Evliya Çelebis (1611 - 1682), die zu den großen Reiseberichten der Weltliteratur gehören.

In der Tanzimat-Periode im 19. Jahrhundert wurde der westliche Einflüsse stärker. Zunächst wurden westliche Literatur ins Türkische übersetzt und in den 1870er Jahren erschienen die ersten türkischen Romane. Eine besondere Rolle namm in dieser Entwicklungsphase die Zeitung "Servet-i fünûn" ("Schatz des Wissens") mit dem Dichter Tevfik Fikret und dem Romancier Halit Ziya Uşakligil ein. Zugleich kommt auch eine nationalistische und patriotistische Dichtung auf.

In der Zeit der Republiksgründung kommt es zu großen Veränderungen in der türkischen Literatur. Prägend sind insbesondere zwei Ereignisse: 1) Einführung der lateinischen Schrift 1928 und 2) die großen Sprachreformen ab 1932. Die neuen Schriftsteller wenden sich von der herkömmlichen festgefügten Stilistik und Sprache ab. Dieses wird besonders von den Garip-Dichtern um Orhan Veli propagiert.

Mit der Form verändern sich auch die Inhalte der türkischen Literatur zunehmend. Frühe Vertretter sind Fakir Baykurt, Sabahattin Ali, Sait Faik Abasıyanık und Yaşar Kemal die den einfachen Menschen in den den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellten. Mit der Hinwendung zur Schilderung der Lebensumstände bleibt soziale und politische Kritik am Staat nicht aus. Der Staat reagiert mit Zensur und politischer Gewalt. Autoren wie Nâzım Hikmet, Yaşar Kemal oder Aziz Nesin verbringen wegen der Verfolgung ihrer Publikationen viele Jahre in türkischen Gefängnissen. Kemal bezeichnet das Gefängnis deshalb als "Schule der türkischen Literatur".

Mit den Arbeitsmigranten kommen in den 60er Jahren türkische Literatur und türkischstämmige Schriftsteller auch nach Westeuropa. Bücher werden verstärkt übersetzt. Aras Ören, Yüksel Pazarkaya oder Emine Sevgi Özdamar befassen sich auf unterschiedliche Weise mit dem Leben in Deutschland. Teilweise wird diese Literatur auch wieder in die Türkei zurückgetragen.

Während die Zensur und die drei Militärputsche (1960, 1971 und 1980) die Entwicklung der türkischen Literatur hemmen, tragen Schriftsteller auf dem Umweg dieser migranten Literatur mit dazu bei, dass es heute eine sehr vielfältige und eigenständige türkische Literatur gibt. Ein bekannter Vertreter aktueller türkischer Literatur ist Orhan Pamuk.

Hauptartikel: Türkische Literatur

Türkischer Film

Das Massenkino wird durch triviale und leichte Komödien und Action-Filme beherrscht. Sämtliche Komödien von Kemal Sunal sind in der Türkei sehr berühmt. Kemal Sunals Paraderolle ist der sympathische Verlierer aus der Unterschicht, der trotz aller Widrigkeiten sein Herz am rechten Fleck hat. Cüneyt Arkin ist ein weiterer Vertretter, der das Historien- und Action-Genre geprägt hat. Als Kara Murat kämpft er in tendenziösen Historienfilmen gegen "Christen". Als Action-Held tritt er vor allem als Polizist gegen Gangster an.

Daneben brachte das türkische Kino auch Filme mit ernsthafteren Themen hervor. Der Film „40 qm Deutschland“ aus dem Jahr 1986, in dem Tevfik Baser Regie führte (welcher auch das Drehbuch zum Film lieferte), handelt von Problemen einer türkischen Immigrantin in Deutschland, die von ihrem Mann in der kleinen Wohnung von der Außenwelt isoliert wird. In Vizontele aus dem Jahr 2001 werden die Auswirkungen des ersten Fernsehers in einem abgelegenen Dorf geschildert. Der "kurdische" Film behandelt die politische und soziale Situation der Kurden in der Türkei, exemplarisch kann der Film Günese Yolculuk (1999) genannt werden.

Einer der wichtigsten türkischen Regisseure, Drehbuchautoren und Darsteller ist Yilmaz Güney (1937 - 1984). Als Schauspieler hat der kurdischstämmige Güney es zum Volkshelden in der Türkei geschafft. Yilmaz Güney holte sich als erster türkischer Regisseur mit seinem Film Yol 1982 die Goldene Palme beim Filmfestival in Cannes. Den Film stellte Güney im Exil fertig, und er war somit nicht der türkischen Zensur unterworfen.

Der Film "Uzak" (Weit) von Nuri Bilge (Produzent, Regisseur, Kameramann und Autor) erhielt 2003 den großen Jury-Preis in Cannes. Die beiden Hauptdarsteller, Muzaffer Özdemir und Mehmet Emin Toprak, wurden zudem als beste Schauspieler ausgezeichnet. "Uzak" handelt von dem Situation des modernen türkischen Mannes in der Großstadt der sich in das Private zurückzieht.

Sitten und Gebräuche

Bei der Begrüßung wird meistens einmal auf die eine und dann auf die andere Wange geküsst. Bei älteren Menschen küsst man auf die Hand. Das Küssen auf die Hand ist lediglich ein Ritual das zur traditionellen Verbeugung hinzugefügt wurde.

Türkische Küche

Die gegenwärtige Türkische Küche ist das Resultat einer Vermischung der ursprünglichen einfachen nomadischen Kochtradition der türkischen Stämme mit der indischen, persischen und islamisch-arabischen Küche. Einflüsse des gesamten Mittelmeerraumes und dessen Produkte haben das Angebot komplettiert.

Schon in früher Zeit konnte sich eine hochstehende Esskultur entwickeln, die bald auch die griechische und die Balkanküche geprägt hat.

Wie für alle Kochtraditionen im islamischen Raum gelten auch für die türkische grundsätzlich die Speiseregeln des Islam von haram (verboten wie z.B. Schweinefleisch, Meerestiere ohne Schuppen, Alkohol) und helal (erlaubt wie z.B. das Schächten).

Auch bei uns bekannte türkische Gerichte:

siehe auch: Türkische Küche, Döner

Feiertage

offizielle Feiertage:

  • 1. Januar: Neujahr.
  • 23. April: Unabhängigkeitstag (gleichzeitig Tag des Kindes)
  • 19. Mai: Atatürk-Gedenktag und Tag der Jugend
  • 30. August: Tag der Befreiung (erinnert wird an den Sieg im Befreiungskrieg)
  • 29. Oktober: Tag der Republik (Der Nationalfeiertag erinnert an die Ausrufung der Republik durch Atatürk im Jahre 1923.)

religiöse Feiertage:

  • Zuckerfest: Das „Zuckerfest“ bildet den Abschluss des Fastenmonats Ramadan.
  • Opferfest: Höchster sunnitischer Feiertag. Beim Opferfest wird des Propheten Ibrahim (Abraham) gedacht, der bereit war, seinen Sohn Ismail an Allah zu opfern (siehe auch Opferung Isaaks). Am Opferfest ist es für einen Moslem Sitte, falls er es sich finanziell leisten kann, ein Tier zu schächten und das Fleisch an Bedürftige zu verteilen.

Die religiösen Feiertage richten sich nach dem Mondkalender, daher „bewegen“ sie sich jedes Jahr um ca. 11 Tage rückwärts und haben kein festes Datum. Ab und zu kann es daher auch passieren, dass eines der Feste in einem Kalenderjahr zweimal stattfindet, einmal Anfang Januar und noch einmal Ende Dezember.

Sport

Fußball

Die beliebteste und bedeutendste Sportart in der Türkei ist der Fußball. Die höchste Spielklasse im türkischen Fußball ist die Süper Lig. Die wichtigsten Fußballvereine kommen neben Trabzonspor aus der Metropole Istanbul (Galatasaray Istanbul, Beşiktaş Istanbul und Fenerbahçe Istanbul mit dem deutschen Trainer Christoph Daum). Trabzonspor ist auch der einzige Nicht-Istanbuler Klub, der türkischer Fußballmeister werden konnte. In den letzten Jahren feiert auch die türkische Fußballnationalmannschaft wieder kleinere Erfolge. 2002 kehrte das Land nach 47 Jahren zur Fußball-Weltmeisterschaft zurück. In der Geschichte der Weltmeisterschaften war die Türkei erst das zweite Mal dabei. Trotzdem schaffte die Türkische Mannschaft nach einem Sieg gegen Südkorea im "kleinen Finale" den dritten Platz der Weltmeinsterschaften im Jahre 2002.

Olympische Spiele

Die Türkei hat sich seit dem Jahre 2000 für alle Olympische Sommerspiele beworben. So auch für die Austragung der Olympische Sommerspiele 2012 unter dem Konzept "Die Spiele in Europa und Asien". Doch die türkische Metropole verpasste jeweils die Endausscheidung. Dabei wurde extra für die Olympia-Bewerbung das Atatürk Olympiastadion für über 100 Mio. Euro gebaut. Auf die Kritik an den Anfahrtswegen und der Stadiontechnik wurde reagiert und diese kleineren Mängel wurden bereits behoben. Das türkische Bewerbungskomitee kündigte an, dass sich die Türkei auch um die Spiel 2016 und 2020 bewerben wird. Das Zentrum der Spiele, sowie ein Großteil der Sportstätten befinden sich im europäischen Teil der Stadt Istanbul.

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Türkei

Vor etwa 10.500 Jahren entstand im Südwesten der Türkei die älteste z.Z. bekannte Stadtanlage der Welt, Catal Hüyuk. Anatolien (Kleinasien) ist die Wiege einer Vielzahl von teilweise bisher nur schlecht erforschten Kulturen und Reichen des Altertums. Zu dieser Zeit lebten in Anatolien allerdings noch keine Türken, deren Heimat war Zentralasien. Die Seldschuken waren die erste türkische Dynastie, deren Heere im 11. Jahrhundert n. Chr. Teile Anatoliens eroberten und in der Folge große Teile des Byzantinischen Reiches unterwarfen.

Frühe Besiedlung Anatoliens

Die Hethiter besiedelten in der Bronzezeit das Gebiet der heutigen Türkei zwischen 1900 und 1200 v. Chr. Das Reich der Hethiter wurde im Zuge der sog. ägäischen Wanderung durch diverse Seevölker (z.B. die Phryger) zerstört. Die hethitische Kultur überlebte jedoch bis um 700 v. Chr. in diversen Kleinstaaten in Ostanatolien, zum Beispiel in Milid, der heutigen türkischen Stadt Malatya. In diese Zeit fällt wahrscheinlich auch die Zerstörung der westanatolischen Stadt Troja. Nach der Zerstörung der Hethiter errichteten die Phryger unter ihrem König Midas ein Reich, das im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. Anatolien beherrschte.

Um 700 v. Chr. begann die griechische Besiedlung entlang der anatolischen Agäisküste (Ionien) mit Koloniestädten wie z.B. Milet, Ephesos und Priene. Zur gleichen Zeit besiedelten noch andere Völker Anatolien. Die Kimmerier besiedelten Westanatolien, nachdem sie das Phrygerreich 700 v. Chr. zerstört hatten. Die Lydier gründeten an der ägäischen Küste ein Königreich mit der Hauptstadt Sardes. Ihr letzter König war der nach seinem großen Reichtum aus der griechischen Mythologie bekannte Krösus. Von der Mitte des 6. Jahrhunderts bis 333 v. Chr. (Schlacht bei Issos) herrschten die Perser über weite Teile Kleinasiens, bis Alexander der Große sie besiegte und das Alexanderreich errichtete. Nach dem Ende des Alexanderreiches wurde Anatolien durch diverse Völker besiedelt. Bedeutende Reiche waren Bithynien, Pontos, Kappadokien, das keltische Galatien sowie Pergamon. Im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. brachten die Römer Anatolien unter ihre Kontrolle.

Die Herrschaft des vereinten Römischen Reiches hielt bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. Danach fiel Kleinasien, nach der Teilung des Römischen Reiches, an Ostrom (siehe Byzantinische Reich). Gegen die Araber konnte Anatolien – anders als die weiter südlichen Reichsteile – erfolgreich verteidigt werden, und es wurde zur neuen Kornkammer des Reiches nach dem Verlust Ägyptens. Die ersten türkischen Stämme tauchten erst im 11. Jahrhundert n. Chr. in Anatolien auf. Die Seldschuken fielen in Kleinasien ein und schlugen die byzantinische Armee in der Schlacht von Mantzikert im Jahre 1071 vernichtend. Daraufhin eroberten sie große Gebiete Ost- und Mittelanatoliens.

Die Seldschuken errichteten neben dem Sultanat Bagdad das Sultanat Rum (was „Rom“ bedeutet, nach dem Oströmischen Reich; Hauptstadt war das heutige Konya), das im 12. und 13. Jahrhundert über weite Gebiete Anatoliens herrschte. Im 13. Jahrhundert überfielen die Mongolen das Seldschukische Reich und plünderten 1258 Bagdad. Im Zuge dieses Machtverlustes von Rum nutzten die türkischen Stämme ihre Freiheit und verselbständigten sich weitestgehend. In ganz Anatolien, so auch an der Ostgrenze des Byzantinischen Reiches, formierten sich kleine und mittelgroße türkische Fürstentümer. Die Osmanen waren eines dieser Fürstentümer, die schließlich ihre Macht soweit ausdehnten, bis sie Konstantinopel eroberten und so das Byzantinische Reich zerstörten.

Siehe auch: Seldschuken

Die Zeit des Osmanischen Reiches

Hauptartikel: Osmanisches Reich

Nach der Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 herrschten die Nachfolger der Seldschuken, die Osmanen, über große Teile des Nahen Ostens, Nordafrikas, der Krim, des Kaukasus' und des Balkans.

Im späten 17. Jahrhundert begann der Niedergang des Osmanischen Reiches, das immer weiter aus seinen europäischen Besitzungen zurückgedrängt wurde. Das ab dem 19. Jahrhundert stark zunehmende Unabhängigkeitsstreben diverser Nationen im Vielvölkerstaat des Osmanischen Reiches, die Besetzung Nordafrikas durch europäische Mächte und schließlich die Niederlage im Ersten Weltkrieg bewirkten seinen endgültigen Verfall.

Umgangssprachlich wurde früher im Deutschen auch das ganze Osmanische Reich als Türkei bezeichnet (entsprechend: europäische, asiatische und afrikanische Türkei).

Siehe auch: Türkenkriege

Der erste Weltkrieg und der Völkermord an den Armeniern

Im Ersten Weltkrieg kämpfte das Osmanische Reich an der Seite der Mittelmächte. Nachdem die Franzosen und die Engländer den Armeniern einen selbstständigen Staat in Ostanatolien versprochen hatten, begannen die Armenier, sich gegen die Türken zu erheben. Danach kam es 1915 zum Völkermord an den christlichen Armeniern, bei dem schätzungsweise bis zu 1,5 Mio. Armenier getötet wurden. Die meisten Opfer des Völkermordes starben durch die Deportation, ohne jegliche Verpflegung, in die syrische Wüste. Die Franzosen und die Engländer ließen die Armenier völlig im Stich, obwohl sie ihnen einen selbstständigen Staat versprochen hatten.

Die heutige türkische Regierung bestreitet den Völkermord offiziell und versucht auf diplomatischen Wegen, andere Staaten davon abzuhalten, den Völkermord offiziell anzuerkennen. Der Völkermord wird offiziell neben Armenien selbst durch folgende Staaten und Organisationen anerkannt: Frankreich, Italien, Russland, Belgien, Slowakei, die UNO und die EU.

Nach der Niederlage der Mittelmächte verlor das Osmanische Reich, infolge des Friedensvertrages von Sèvres, seine noch wenigen verbliebenen Gebiete außerhalb von Anatolien und Thrakien. Darüber hinaus sollte das Gebiet der heutigen Türkei weitgehend zerstückelt werden. Griechenland wurden die Stadt Smyrna (türkisch Izmir) und weite Teile von Westanatolien zugesprochen. Die Region um Adana sollte an die Italiener gehen und der französische Besitz sollte neben Syrien auch Kilikien umfassen. Auf den östlichen Landesteilen der heutigen Türkei, mit den Städten Kars, Ardahan und Erzurum sollte ein armenischer Staat entstehen. Südlich davon und östlich des Euphrat wurde den Kurden eine autonome Region zugesprochen. Aber es blieb bei diesen Versprechungen, die Franzosen und die Engländer waren in Wirklichkeit nur an ihren eigenen Vorteilen interessiert und nutzten die Kurden und die Armenier für ihre Zwecke aus.

Siehe auch: Erster Weltkrieg, Völkermord an den Armeniern, Jungtürken, Vertrag von Sèvres, Panturkismus


Der türkische Befreiungskrieg

Hauptartikel: Kleinasiatische Katastrophe, Türkischer Befreiungskrieg

In Folge der Niederlage wurde das Osmanische Reich von den europäischen imperialistischen Mächten und den Griechen besetzt. Das Bestreben der Besatzungsmächte, die heutige Türkei aufzuteilen, führte zu den Befreiungskriegen, die von Mustafa Kemal koordiniert wurden. Mustafa Kemal begann vom 19. Mai 1919 mit der Mobilisierung des Widerstandes. Zunächst stieß er mit seinen Truppen Richtung Kaukasus vor. Er eroberte Sivas, Erzurum, Kars und Ardahan und erreichte in einem Abkommen mit der jungen Sowjetunion die Anerkennung der Ostgrenzen. Anschließend bekämpfte er die Franzosen, Italiener und Griechen. Die Franzosen mussten 1921 mit dem Unterzeichnen der Franklin-Boullon-Abkommen ihre Gebietsansprüche gegenüber der Türkei aufgeben.

Ab 1920 kam es zum Krieg zwischen Griechenland und der Türkei, als das durch den Weltkrieg und die Auflösung des Osmanischen Reiches ermutigte Griechenland versuchte, sich Konstantinopel und weite Teile Westanatoliens millitärisch einzuverleiben. Der Krieg endete am 9. September 1922 mit der Kleinasiatischen Katastrophe, also der Einnahme und dem Niederbrennen des damals mehrheitlich griechisch bewohnten Smyrna (Izmir) durch die türkische Armee und der Ermordung und Vertreibung der meisten Griechen, die außer den Städten an der Westküste bis dahin auch noch an vielen Stellen der ganzen Türkei verstreute Siedlungen hatten.

Am 11. Oktober schlossen die Besatzungsmächte ohne die Beteiligung der Regierung des Sultans Mehmed VI. das Waffenstillstandsabkommen von Mudanya. Damit ging auch Konstantinopel in den türkischen Besitz zurück.

Nach dem Sieg der Türkei konnte sie am 24. Juli 1923 im Vertrag von Lausanne die Bestimmungen aus dem Vertrags von Sèvres revidieren und so den Verlust großer Teile der heutigen Türkei verhindern. Mit der Unterzeichnung des Vertrages von Lausanne wurden die bis heute gültigen Grenzen des neuen Staates völkerrechtlich anerkannt. Gleichzeitig wurde der „Bevölkerungsaustausch“ mit Griechenland in geregelte Bahnen gelenkt.

Durch den Vertrag von Montreux vom 20. Juli 1936 bekam die Türkei die volle Souveränität über die Meerengen zurück. Im gleichen Jahr wurde Hatay der Türkei angegliedert.

Atatürk gründet die türkische Republik

Nachdem alle ausländischen Kräfte aus Anatolien vertrieben wurden, rief Mustafa Kemal am 29. Oktober 1923 die Republik aus und verlegte die Hauptstadt nach Ankara. Später erhielt er den Beinamen Atatürk („Vater aller Türken“) und war der erste Präsident der Republik.

Im laufe seiner Amtszeit führte Atatürk tiefgreifende Reformen im politischen und gesellschaftlichen System durch, die die Türkei in einen modernen, säkularen, weltlichen und am Westen orientierten Staat verwandelten. Unter anderem wurde im Jahre 1922, noch vor der Ausrufung der Republik, das Sultanat abgeschafft und am 29. Oktober 1923 das Kalifat. 1924 schaffte die Türkei die religiösen Gerichte ab, und 1925 wurde im Zuge einer umfassenden „Kleiderreform“ das Fez (traditionelle türkische Kopfbedeckung der Männer) und der Schleier für die Frau verboten und die Koedukation eingeführt. Im selben Jahr wurde die islamische Zeitrechnung durch den Gregorianischen Kalender ersetzt sowie das metrische System eingeführt.

In den folgenden Jahren wurden ganze Rechtssysteme aus europäischen Ländern übernommen und den türkischen Verhältnissen angepasst. 1926 wurde zunächst das schweizer Zivilrecht und damit die Einehe und die Gleichstellung von Mann und Frau übernommen. Es folgten das deutsche Handelsrecht und das italienische Strafrecht. Die Gleichstellung der Geschlechter gelang allerdings nur teilweise. 1928 wurde die Säkularisierung ausgerufen und im gleichen Jahr die Arabische Schrift durch die Lateinische ersetzt. Im Zuge weiterer Reformen wurde in der Türkei 1930 das aktive Frauenwahlrecht eingeführt, und seit 1934 dürfen sich Frauen auch selbst zur Wahl stellen (passives Frauenwahlrecht). Nur wenige der Reformen, etwa Atatürks Idee, dass in den Moscheen statt auf Arabisch nur noch auf Türkisch gebetet werden sollte, erwiesen sich als undurchführbar und wurden zurückgenommen.

Grundlage Atatürks Handelns war die Ideologie des Kemalismus, welcher auf sechs Prinzipien basiert:

  • türkischer Nationalismus: betonte die ruhmreiche türkische Geschichte und das Recht der Türken auf einen eigenen, modernen und souveränen Staat
  • Laizismus: vollständige Trennung von religiösen Einrichtungen und Staatsgeschäften
  • Republikanismus: Betonung der Prämisse der Volkssouveränität
  • Etatismus: staatliche Lenkung der Wirtschaft mit dem Ziel der schnellen wirtschaftlichen Entwicklung
  • Revolutionismus: alle zur Modernisierung notwendigen Maßnahmen sollen sofort und in vollem Umfang vollzogen werden mit dem Ziel der Entwicklung einer modernen türkischen Gesellschaft
  • Populismus: Idee einer Großen Nationalversammlung die alle wirtschaftlichen und sozialen Interessen vertritt

Geschichte der Türkei nach der Atatürk-Ära

Nachdem am 10. November 1938 Atatürk starb, wurde sein enger Weggefährte Ismet Inönü der zweite türkische Staatspräsident. Inönü war bestrebt, die Modernisierung der Türkei fortzuführen und die außenpolitische Neutralität beizubehalten.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde es immer schwieriger, die außenpolitische Neutralität beizubehalten. Sowohl Nazideutschland als auch die Alliierten versuchten, die Türkei auf ihrer Seite in den Krieg einzubeziehen. Am 1. August 1944 brach die Türkei die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich ab und erklärte am 23. Februar 1945 Deutschland und Japan symbolisch den Krieg, um anschließend die UN-Charta mit zu unterschreiben.

Nach dem Kriegsende drängte die Sowjetunion die Türkei zu Grenzkorrekturen an der Ostgrenze und versuchte, Kontrolle über die türkischen Meerengen zu bekommen. Der Versuch der Sowjetunion, Kontrolle über die Türkei auszuüben, führte dazu, dass die Türkei ihre außenpolitische Neutralität aufgab. Sie versuchte nun ihre Bindung an die USA zu intensivieren und wollte daher in die NATO eintreten. Nach anfänglicher Ablehnung, vor allem durch die europäischen NATO-Mitglieder, wurde die Türkei 1952, gemeinsam mit Griechenland, Mitglied in der NATO. Diese Entscheidung wurde durch die Teilnahme der Türkei auf amerikanischer Seite am Korea-Krieg von 1950 begünstigt.

1946 wurde in der Türkei zum erstenmal eine zweite politische Partei zugelassen. Die DP (Demokratische Partei) errang bei den Wahlen am 14. Mai 1949 die Mehrheit der Stimmen. Damit endete die seit Republikgründung herrschende Einparteienherrschaft der CHP. Die DP unter ihrem Ministerpräsidenten Adnan Menderes führte in seiner Regierungszeit zwischen 1950 und 1960 eine stärkere wirtschaftliche Liberalisierung durch. Trotz eines raschen wirtschaftlichen Wachstums nahmen die sozialen Spannungen in der Türkei nun stärker zu als zuvor. Zunehmend ging die DP dazu über, die oppositionelle CHP politisch zu unterdrücken.

1960 putschte sich das Militär an die Macht, um die Staatskrise, die durch Spannungen zwischen den politischen Parteien ausgelöst wurde, zu beenden. Menderes und andere Politiker wurden unter Korruptions-Vorwurf zum Tode verurteilt und 1961 gehängt. Nachdem das Militär 1961 eine neue Verfassung einführte, gab es die Macht an eine Zivilregierung ab. Die neue Verfassung beinhaltete moderne wirtschaftliche und soziale Prinzipien und Gesetze, die die Unterdrückung der Opposition verhindern sollten.

1963 schloss die Türkei mit der damaligen EWG ein Assoziations-Abkommen ab.

Aber auch die Folgeregierung konnte die Probleme nicht in den Griff bekommen. Linke und rechte Terror-Aktivitäten nahmen zu, und die Wirtschaftslage verschlechterte sich rapide. 1971 griff die Armee erneut ein, und es kam zu repressiven Maßnahmen gegenüber der Bevölkerung.

Das Militär putschte sich 1980 zum dritten Mal an die Macht. Auslöser war die sehr instabile Phase in den 1970er Jahren, die durch wechselnde politische Koalitionen, politische und wirtschaftliche Instabilität und Terrorakte durch das extrem rechte und linke politische Spektrum geprägt war. Das Militär unter General Kenan Evren verhängte über das Land das Kriegsrecht und verbat alle politischen Parteien. Nach dem es November 1982 durch einen Volksentscheid die dritte türkische Verfassung eingeführt hatte, gab es die Macht 1983 wieder an eine Zivilregierung ab.

Nach der Stichwahl zum Parlament im November 1983 gewann die konservative Mutterlandspartei (ANAP), unter dem Wirtschaftsfachmann Turgut Özal, die Wahl. Özal leitete in seiner Regierungszeit marktwirtschaftliche Reformen ein und vereinte in seiner Mutterlandspartei Technokraten, aber auch islamische Kreise. Nachdem Özal zum Staatspräsidenten gewählt wurde, wurde 1989 Yıldırım Akbulut Regierungschef.

Die 1990er Jahre waren in der Türkei wieder durch wechselnde politische Mehrheiten und ständige Neuwahlen gekennzeichnet. Nachfolger von Akbulut wurde 1991 Mesut Yılmaz. Nachdem die ANAP die Wahlen verlor, wurde 1993 Tansu Çiller, mit ihrer Partei, der DYP, Regierungschefin.

Mitte der 1990er Jahre stieg die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung und den etablierten Parteien stark und alte Splitterparteien sowie neue Parteien konnten bei den Wahlen seitdem große Erfolge erlangen. So ging aus den Parlamentswahlen am 24. Dezember 1995 zum ersten mal in der türkischen Geschichte eine islamistische Partei, die Wohlfahrtspartei (RP), als stärkste politische Kraft hervor. Da sie keine Koalitionspartner fand, erhielt die zweitstärkste Kraft, die DYP, den Auftrag, die Regierung zu bilden. Die DYP ging mit der ANAP eine Koalition ein.

Am 1. Januar 1996 wurde zwischen der EU und der Türkei eine Zollunion eingeführt.

Die Koalition zwischen der DYP und ANAP hielt aber nicht lange, weil Mesut Yılmaz nach einem Misstrauensvotum im Juni 1996 zurücktreten musste. Daraufhin bekam die RP im Juni 1996 unter Necmettin Erbakan den Auftrag, die Regierung zu bilden. Die RP ging mit der DYP eine Koaliton ein. Mit seiner Politik geriet Erbakan in Widerspruch zu der von Kemal Atatürk begründeten laizistischen Staatsdoktrin, als deren Stützen sich vor allem die Militärs sahen. Am 30. Juni 1997 musste Necmettin Erbakan auf Druck der Militärs zurücktreten.

Am 17. August 1999 verwüstete ein schweres Erdbeben İzmit und die Marmararegion. Bei diesem verheerenden Erdbeben kamen 20.000 Menschen ums Leben, auch in Folge der mangelhaften Einhaltung der Bauvorschriften. Vor allem die ärmsten Bevölkerungsteile leiden bis heute unter den Folgen.

Nach einer weiteren kurzen Regierungsphase (Juni 1997–November 1998) von Mesut Yılmaz war Ecevit (zu dieser Zeit in der DSP (Demokratische Links Partei)) unter wechselnden Koalitionen zusammen mit der ANAP, der DYP und der rechtsextremen MHP (Partei der Nationalen Bewegung) bis 2002 Ministerpräsident.

Nach den Wahlen am 3. November 2002 gewann die neu gegründete islamisch orientierte AKP die Wahlen. Ministerpräsident wurde zunächst Abdullah Gül. Der Führer und wichtigste Mann der AKP Recep Tayyip Erdoğan durfte dieses Amt nicht übernehmen, da er 1998 wegen der „öffentlichen Äußerung islamistischer Parolen“ (Zitierung eines religiösen Gedichts) verurteilt und vorbestraft worden war. Erst nach Änderung von Gesetzen (Abschaffung des Verbots der politischen Tätigkeit von in dieser Art Verurteilten) konnte er durch eine Nachwahl am 9. März 2003 in der Provinz Siirt am 11. März 2003 das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen.

Im November 2003 verübte eine türkische Zelle der Al-Qaida mehrere Bombenanschläge in Istanbul. Ziele der Anschläge, bei denen 60 Menschen starben, waren zwei Synagogen, das britische Konsulat und die Filiale der britischen HSBC-Bank.

Nachdem die damalige EG 1989 einen Antrag der Türkei auf Vollmitgliedschaft abgelehnt hatte, wurde auf dem EU-Gipfel in Luxemburg 1997 entschieden, dass die Türkei für einen Beitritt in Frage kommt. Am 11. Dezember 1999 bekam die Türkei offiziell den Beitritts-Kandidaten-Status zuerkannt. Auf dem Gipfel von Kopenhagen 2002 setzte die EU fest, dass im Dezember 2004 über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entschieden wird. Dazu muss die Türkei die Kopenhagener Kriterien erfüllen.

Im Februar 1994 wurde die gewählte kurdische Parlamentarierin der DEP-Partei (Leyla Zana) unter dem Vorwurf verfassungsfeindlichen Handelns inhaftiert. Mitte 2004 wurden sie und drei weitere inhaftierte DEP-Abgeordnete nach heftigem Druck der EU freigelassen.

Am 17. Dezember 2004 entschieden die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel, dass ab dem 3. Oktober 2005 mit der Türkei Verhandlungen über den EU-Beitritt aufgenommen werden. Voraussetzungen dafür sind jedoch die Fortsetzung der begonnenen Reformen, eine weitere Verbesserung der Menschenrechtssituation und insbesondere die Unterzeichung eines Abkommens über eine Zollunion mit den 10 neuen EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Zypern, noch vor Beginn der Verhandlungen am 3. Oktober 2005.

Siehe auch: Exil in der Türkei 1933–1945, Türkischer EU-Beitritt

Der Kurden-Konflikt

Die Kurden sind heute eine der weltgrößten Volksgruppen ohne eigenen Staat. Ca. 50 % aller Kurden leben in der Türkei. Durch den 1923 geschlossenen Vertrag zwischen der Türkei und den Alliierten des Ersten Weltkriegs verloren die Kurden ihren Status als Minderheit, einen unabhängigen kurdischen Staat hat es zuvor nie gegeben.

Bis vor kurzem betrieb die Türkei eine Assimilierungspolitik gegenüber den Kurden und leugnete kulturelle und ethnische Unterschiede. Aufgrund staatlicher Restriktionen konnte die kurdische Kultur nicht frei ausgelebt werden. Es durfte kein Kurdisch an den Schulen gelehrt oder auch nur zwischen den Schülern gesprochen werden, und es durften auch keine Medien in Kurdisch vertrieben werden. Aus den Schulbüchern, Lexika und Landkarten wurden die Definitionen und Erläuterungen über Kurden und ihre Siedlungsgebiete verbannt. Auch das Benutzen der kurdischen Sprache auf den Ämtern war verboten. Offiziell wurden die Kurden als „Bergtürken“ bezeichnet.

Im Jahre 1978 entstand in dieser Situation die umstrittene „Arbeiterpartei“ Kurdistans (PKK). Die PKK ist eine marxistisch-leninistische Gruppe mit Abdullah Öcalan an ihrer Spitze. 1984 begann sie mit ihrem bewaffneten Kampf für ein unabhängiges Kurdistan. Die türkische Regierung bekämpfte die kurdischen Rebellen mit militärischen und politischen Mitteln (z.B. langjähriger Ausnahmezustand im Osten des Landes). Infolge der bewaffneten Auseinandersetzungen wurden ca. 30.000 Menschen getötet, 3.500 Dörfer wurden zerstört und 3.000.000 Kurden flüchteten (die letzte Zahl ist stark umstritten, da hier Wirtschafts- und Armutsflüchtlinge integriert sind).

Aufgrund des Krieges wurden die bilateralen Beziehungen der Türkei vor allem mit ihren südlichen Nachbarn (Syrien, Irak und Iran) stark belastet. Die Türkei warf diesen Staaten die offene Unterstützung der PKK vor. Unstrittig ist, dass die PKK den Norden des Irak und auch die Staatsgebiete von Syrien und Iran als Rückzugsgebiete benutzte und dort auch Ausbildungscamps unterhielt.

Den Höhepunkt fand diese Auseinandersetzung 1999, als auf den Druck der Türkei hin Abdullah Öcalan seinen Aufenthaltsort in Syrien verlassen musste. Auf der Flucht wurde Öcalan im Februar 1999 in Kenia von türkischen Geheimdienstlern gefasst und den türkischen Gerichten überstellt. Nachdem der Vorsitzende gefasst wurde, erklärte die PKK einen einseitigen Waffenstillstand.

Im Jahre 2004 sind wieder Kämpfe zwischen der türkischen Regierung und der ehemaligen PKK aufgeflammt. Die PKK änderte im April 2002 ihren Namen in KADEK, im November 2003 wiederum in KONGRA-GEL.

Die PKK und ihre Nachfolgeorganisationen werden mittlerweile von vielen Staaten als Terrororganisation eingestuft. Diese Einstufung ist jedoch nicht unumstritten, es gibt auch Stimmen, die sie als eine Befreiungsarmee ansehen.

Der Zypernkonflikt

Hauptartikel: Zypern-Konflikt

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten auf Zypern 120.000 Türken und 450.000 Griechen. 1955 nahm die zyperngriechische Untergrundorganisation EOKA (unter General Grivas) ihren Kampf gegen die britischen Kolonialherren auf. Sie verübten zunächst Anschläge gegen die Briten und dann auch gegen die Zyperntürken. 1959 einigten sich Großbritannien, Griechenland und Türkei, im Londoner Abkommen, auf die Gründung einer unabhängigen Republik Zypern unter griechischer und türkischer Volksbeteiligung. 1960 wurde die Republik Zypern, bestehend aus zwei gleichberechtigten Volksgruppen, gegründet. Schon wenige Jahre später warfen die Vertreter der Zyperngriechen den Vertretern der Zyperntürken vor, ihr Vetorecht so intensiv zu nutzen, dass die Handlungsfähigkeit der Kommunen gefährdet sei. Drei Jahre nach der Republiksgründung versuchte deshalb Präsident und Erzbischof Makarios III., die Verfassung einseitig dergestalt zu ändern, dass die tatsächliche Bevölkerungsstruktur besser abgebildet würde – da diese Änderung den griechischen Bevölkerungsteil begünstigt hätte, befürchteten die Zyperntürken, dies würde zu einer Hegemonie der Griechen führen. Das führte zu innenpolitischen Spannungen und zu Angriffen der Zyperngriechen gegen die zyperntürkische Bevölkerung. Das Blutvergießen konnten auch UN-Friedenstruppen, die 1964 entsandt wurden, nicht verhindern. Nach dem Versuch der damaligen Militärregierung Griechenlands, Makarios zu stürzen und Zypern an Griechenland anzuschließen – letzteres misslang –, startete die Türkei am 20. Juli 1974 eine Invasion auf der Insel, die in eine bis heute dauernde Okkupation eines Drittels der Insel durch die Türkei mündete. Es kam es zur Vertreibung der Zyperntürken aus dem Süden und der Zyperngriechen aus dem Norden Zyperns und zur beinahe vollständigen Abriegelung der neuen „innerzyprischen Grenze“. Seitdem sind bis heute im Nordosten der Insel ca. 30.000 türkische Soldaten stationiert und viele von Zyperngriechen verlassenen Siedlungen wurden mit Festlandstürken neu besiedelt. Am 15. November 1983 wurde die Türkische Republik Nordzypern (TRNZ) unter Rauf Denktaş proklamiert, die bis heute nur von der Türkei als unabhängiger Staat anerkannt ist. 2004 stimmten die beiden Volksgruppen getrennt über den Annan-Plan ab, der von der türkisch-zypriotischen Seite angenommen und der griechisch-zypriotischen Seite abgelehnt und somit nicht umgesetzt wurde.

siehe auch: Geschichte Zyperns

Wirtschaft

Die Türkei ist eine gelenkte Volkswirtschaft, die in den letzten Jahren zunehmend dereguliert und privatisiert wurde. Der private Sektor wächst daher stetig und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Textilindustrie ist der wichtigste Industriesektor der Türkei. Seit 1996 besteht zwischen der Türkei und der EU eine Zollunion (51,6 % der Exporte gehen in die EU).

Wirtschaftliche Entwicklung der Türkei

Landschaft westlich Ankaras

Die industrielle Revolution die in Europa stattfand erreichte das Osmanische Reich aus mehreren Gründen nicht. Zum einen fehlte es an Kapital, Infrastruktur und an der "richtigen" Mentalität. Der Unternehmer war in der Gesellschaft des Osmanischen Reiches nicht so sehr angesehen wie eine Laufbahn als Offizier oder Beamter. Eine wirtschaftliche Betätigung ausserhalb des Handwerks, Landwirtschaft und als Großgrundbesitzer fand nicht statt. Es existierten nur wenige industrielle Bertriebe im Reich. Die meisten waren in Istanbul, Izmit, Eskisehir, Bursa, Manisa und Izmir angesiedelt und befanden sich zumeist in staatlicher Hand. Die wenigen privaten Unternehmen waren im Besitz von Minderheiten wie Armenier, Grieschen und Juden. Die Landwirtschaft und das Handwerk bildeten so das Rückrat der Osmanischen Wirtschaft.

Das Handwerk geriet im 18 Jahrhundert zunehmend in immer größere Schwierigkeiten da sie nicht mit der industriell produzierten Waren konkurrieren konnte. Die europäischen Mächte hatten nämlich durch Verhandlungen eine weitestgehende Zollfreiheit für ihre Produkte erreicht.

Daher konnte die neu gegründete türkische Republik nicht auf eine Industrie zurück greifen. Zudem wirkte die Vertreibung der Minderheiten sich nochmals negativ auf die wirtschaftliche Situation aus. Das Handwerk, die Kreditwirtschaft, der Aussenhandel litten an dem Verlust des Know How der Armenier und Griechen. Mit dem Weggang der Mehrzahl dieser Minderheiten ging Kapital, kaufmänische Erfahrung und die internationalen Handelsbeziehungen verloren. Zudem war die Landwirtschaft nicht effizient organisiert dadurch fiel auch dieser Bereich als Finanzquelle für Investitionen in die Industrie weg. Auch die Rahmenbedingungen waren für einen wirtschaftlichen Aufschwung nicht vorhanden. Es fehlte an einem moderenen Wirtschaftsrecht, Verwaltung, Steuersystem und einer ausgebildeten Bevölkerung (90% der 14 Mio Türken waren 1927 Analphabeten).

Auf dem Kongress in Izmir wurde, 1923 unter Leitung von Atatürk, die Wirtschaftspolitik der folgenden Jahre festgelegt. Bei der wirtschaftlichen Entwicklung sollte die Industrie der Landwirtschaft bevorzugt werden. Um die private Wirtschaft anzuregen sollte der Staat sich auf die Investionen in die Infrarstruktur konzentrieren. Die private Wirtschaft kamm aber in den frühen Jahren der Republik nicht in Gang. Grund waren die alten Probleme: Kapital, fehlendes kaufmänisches und technisches Wissen. Auch war die Türkei für ausländische Investoren aufgrund seines kleinen Marktes zu uninteressant. 1927 waren in der der Türkei schätzungsweise nur 27.000 Industriemitarbeiter beschäftigt.

Nach dem Ende der Wirtschaftskrise der 30er Jahre ging die Türkei dazu über die Industrialisierung durch staatliche Investionen und Firmengründungen zu forcieren. Hierzu wurden "Fünf-Jahrespläne" aufgestellt und in Branchen wie z.B. Textil, Zement, Keramik, Banken investiert. Diese Politik zeigte bis zum Ende des zweiten Weltkriegs nur bescheidene Erfolge. 1953 waren gerade mal 26.000 in der privaten und 86.000 Arbeiter in staatlichen Unternehmen beschäftigt.

Die Phase zwischen 1945 und 1980 kann als eine binnenorientierte Wirtschaftspolitik bezeichnet werden. Die inländischen Unternehmer wurden durch Schutzzölle von der ausländischen Konkurrenz geschützt und waren nicht gerade für ihre qualitativ hochwertigen Produkte bekannt. Der Export wurde durch die staatliche Bürokratie gehemt womit die notwendigen Devisen fehlten um die für die weitere Industrialisierung notwendigen Investionsgüter und Vorprodukte zu importieren. Der Großteil der staatlichen Wirtschaftsunternehmen waren ineffizient organisiert. Auch wurden sie von der Politik für politische und soziale Ziele missbraucht. Zum einen mussten sie zu politisch motivierten Festpreisen ihre Waren verkaufen zum anderen wurden sie als Auffangbecken für Arbeitslose missbraucht und stellten daher Personal über ihren Bedarf ein. Um die hochgesteckten Ziele der fünf Jahrespläne zu erfüllen musste der Staat mehr investieren als er Einnahm. Das Haushaltdefizit stieg und mit ihr die Schulden bis die Inflation auf zweistellige Werte anstieg (erst 2004 wurden wieder einstellige Inflationszahlen erreicht).

Die steigende Abhängigkeit durch die Auslandsverschuldung führte, in den 50er, 60er und 70er Jahren, zu drei Finanz- und Wirtschaftskrisen die soziale und politische Krisen nach sich zogen und in Militärputsch endeten. Vor allem in den 60er Jahren wanderten viele Türken aus (Gastarbeiter, vorallem nach Europa. Dadurch sank der Druck auf den Arbeitsmarkt, die durch eine starke Bevölkerungswachstum hervorgerufen wurde. Die Geldüberweisungen der "Auslandstürken" waren in den folgenden Jahrzehnten einer der wichtigsten Devisen Quellen der Türkei. Trotz der beschriebenen Schwierigkeiten war der durchschnittliche wirtschaftliche Wachstum der Türkei recht hoch. In den 50er Jahren betrug sie 6,7 %, 60er 5,6 % und 70er 4,1 %.

Ab 1982 vollzog sich eine Wirtschaftspolitische Wende in der Türkei hin zu einer Liberalisierung. Dieser Wandel fand unter Turgut Özal (Ministerpräsident von 1983 bis 1989) statt und kann als Exportorientierte Industrialisierung bezeichnet werden. Unter Özal wurde die Geld-, Finanz-, Außenhandels- und Devisenpolitik radikal verändert. Um die türkische Wirtschaft konkurrenzfähiger zumachen wurden Importverbote und -beschränkungen abgebaut und der Export gefördert. Damit ging ein weiterer Abbau der Bürokratie einher (z.B. Erleichterung ausländischer Investionen). Während diser Zeit stieg der Anteil der privaten Wirtschaft stark an, auch die zunehmende Privatisierung von ehemals staatlichen Unternehmen. Durch die zunehmende Senkung der Importbarieren stieg der Konkurrenzdruck auf die türkischen Betriebe. Den Höhepunkt dieser Entwicklung bildete 1996 der Beitritt zur europäischen Zollunion.

1996 tratt die Zollunion zwischen der EU und der Türkei ein. Das befrüchtete Zusammenbrechen der türkischen Wirtschaft tratt jedoch nicht ein. Aber die erhoffte Erhöhung der ausländischen Investionen fand ebenfalls nicht statt. In den 90er wuchs die türkische Wirtschaft mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von über 5%, und das obwohl es immer wieder zu schweren Wirtschaftskrisen (1994, 1999 und 2001) kam.

Die letzte Krise wurde durch ein steigendes Leistungs- und Handelsbilanzdefizit, verbunden mit einem maroden Bankensystem und einer Staatskrise ausgelöst. Aufgrund dieser Probleme kam es zu Spekulationen und Kapitalflucht, was die türkische Zentralbank dazu zwang, die türkische Lira freizugeben. Durch den starken Wertverlust der Lira (innerhalb weniger Stunden 40 %) stiegen die ausländischen Schulden (in Lira gerechnet) in unbezahlbare Höhen, woraufhin viele Unternehmen in den Konkurs gingen und die Arbeitslosigkeit stark anstieg. Resultat war eine der schwersten Rezessionen der türkischen Geschichte (die türkische Wirtschaftsleistung schrumpfte um über 8 %). Um einen Staatsbankrott abzuwenden gewährte der IWF der Türkei, im Zeitraum von 20022004, einen Kredit in Höhe von insgesamt 31 Mrd. $. Aufgrund der strikten Austeritätspolitik der Regierungen seit 2001 und der Auflagen des IWF hat die Türkei die schwere Finanzkrise von 2001 überwunden.

Derzeitig konzentriert sich die Wirtschaftspolitik der Regierung auf die Inflationsbekämpfung. Die „chronische Inflation“ in der Türkei erreichte zeitweise dreistellige, beinahe hyperinflationäre Zahlen (1994/1995 betrug sie 150 %), für 2003 sank sie auf 18,4 %, nach Schätzungen wird ca. 11 % in 2004 erwartet. Am 1. Januar 2005 wurde die alte „Türkische Lira“ durch die „Neue Türkische Lira“ (Yeni Türk Lirası) ersetzt. Damit verliert die Türkische Lira 6 Nullen. Außerdem wird die Untereinheit der Lira, der Kuruş, wieder eingeführt. Der Kuruş wurde vor ca. zwei Jahrzehnten abgeschafft, weil aufgrund der hohen Inflation die Lira stark an Wert verloren hatte. Auf den Vorderseiten der neuen 20, 50 und 100 Lira-Scheine wird wie bis jetzt der türkische Staatsgründer Atatürk zu sehen sein. Bis Ende 2005 sind beide Währungen gültig.

Außenwirtschaftlich sucht die Türkei eine engere Anbindung an die EU und zugleich eine stärkere Einflussnahme auf die zentralasiatischen Turkvölker (u.a. Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Aserbaidschan). Deutschland ist mit über 13 % (9,4 Mrd $) der Importe und ca. 17 % (9,4 Mrd. $) der Exporte der größte Handelspartner der Türkei. Weitere wichtige Handelspartner sind die USA (Exporte 3,7 und Importe 3,4 Mrd. $), Großbritannien (Exporte 3,7 und Importe 3,5 Mrd. $), Italien (Exporte 3,2 und Importe 5,4 Mrd. $), Russland (Exporte 1,5 und Importe 5,4 Mrd. $) und Frankreich (Exporte 2,8 und Importe 4,2 Mrd. $).

Aktuelle Kennzahlen
Bruttosozialprodukt: 3100 $ / 6.700* $ (2003)
Bruttoinlandsprodukt: 199,9 Mrd. $ / 455.3** Mrd. $ (2003)
Bruttosozialprodukt 238 Mrd. $ (2003)
Arbeitslosigkeit: 9,2 % (offizielle Angaben)
Inflation: 9,4% (2004)
Schuldenstand 134,4 Mrd. $ (Stand 2002)
Verschuldungsgrad am BSP 78 % (2004)
* je Einwohner in Kaufkraftparität
** BIP in Kaufkraftparität

Eine weitere wirtschaftliche Herausforderung für die Türkei stellt der hohe Schuldenstand dar. Bezogen auf das BSP beträgt sie 78,7 % (Stand 2003). Damit bekleidet die Türkei weltweit den 22. Platz der relativ am wenigsten verschuldeten Staaten. Zum Vergleich: die relativen Verschuldungsgrade der EU-Länder Italien, Belgien, Griechenland und Deutschland betragen:

Siehe auch: Zentralasiatisch-Türkischer Gipfel, Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation

Struktur

Die wirtschaftliche Situation der Türkei ist immer noch sehr widersprüchlich. Einerseits besteht eine sehr große Kluft zwischen dem industrialisierten Westen und ihrer modernen Industrie (insbesondere den großen Metropolen) und dem agrarisch strukturierten und wenig entwickelten Osten. Der Großraum Istanbul erreicht beispielsweise 41 % des durchschnittlichen Einkommens der 15 „alten“ EU-Staaten, der Osten hingegen nur 7 %. Diverse Projekte, u.a. die großen Staudamm-Projekte (Südostanatolien-Projekt (GAP)) sollen dem Osten helfen, sich besser zu entwickeln.

Zudem gibt es innerhalb der türkischen Volkswirtschaft erhebliche strukturelle Probleme. So trägt die Landwirtschaft zum BSP lediglich 11,9 % bei, beschäftigt aber 40 % der Arbeitskräfte. Die Industrie trägt 29,6 % zum BSP bei und der Dienstleistungssektor 58,5 %. In der Industrie arbeiten 20,5 % aller Erwerbstätigen und in der Dienstleistung 33,7 %.

Wirtschaftssektoren

Die Textilindustrie ist der wichtigste Industriesektor der Türkei und stellt zugleich den größten Anteil bei den Ausfuhren dar. Allein 2004 exportierte die türkische Textilindustrie Waren im Wert von ca. 20 Mrd. $ (2003 waren es noch 15 Mrd. $). Begünstigt wird die starke Stellung der türkischen Textilindustrie dadurch das die Türkei der sechst größte Baumwollhersteller der Welt ist.

Zunehmend gehen die türkischen Textilunternehmen dazu über, statt billiger Massenware Markenmode zu produzieren und zu vertreiben. Dadurch versuchen die türkischen Unternehmen der Konkurrenz aus China auszuweichen. Die Türkei gehört weltweit zu den wichtigsten Textilproduzenten.

Die Textilindustrie konzentriert sich überwiegend um die Städte Istanbul und Bursa. Insgesamt beschäftigt ca. 4 Millionen Menschen.

Die Nahrungsmittelindustrie konzentriert sich auf Westanatolien. Der Staat ist noch mit Unternehmen wie Zucker, Tee, Tabak und alkoholische Getränken tätig.

Daneben gewinnen die Automobilindustrie und die Elektronikbranche zunehmend an Bedeutung. In der Türkei wurden 2004 862.000 Autos produziert, von denen 519.000 exportiert wurden. Zentrum der Automobilindustrie ist die Stadt Bursa. Die Autozuliefererindustrie exportierte 1999 2,2 Milliarden Dollar. Etwa 500.000 Menschen arbeiten in dieser Branche.

Eine besondere Stärke wurde in den letzten Jahren die Produktion von Fernsehgeräten. Nahezu alle großen Markenhersteller lassen bei den drei türkischen Unternehmen Vestel, Beko oder Profilo-Telra bauen. Ein Drittel aller in Europa verkauften Fernseher wird in diesen Firmen hergestellt.

Zuletzt hat aufgrund dieser Stärke die Beko Electronic A.S. das traditionsreiche deutsche Unternehmen Grundig AG aufgekauft. 1999 betrug die Produktion in der Elektroindustrie 2,4 Milliarden Dollar. Farbfernsehgeräte im Wert von 674 Millionen Dollar wurden 1999 exportiert.

Die Investitionen von ausländischen Investoren in der Türkei liegen bei ca. 1 Mrd. US-Dollar (2003). Obwohl diese Zahl im internationalen Vergleich nicht sehr hoch ist, gibt es dennoch ein nennenswertes Engagement ausländischer Unternehmen.

So lassen die Unternehmen MAN und DaimlerChrysler Busse in der Türkei bauen. Die BSH (Bosch-Siemens Hausgeräte) stellt am Rande von Istanbul Kühlschränke und Küchengeräte her. Das in Iskenderun gebaute Steinkohlekraftwerk ist das größte deutsche Investitionsprojekt, bei dem die Firmen Steag und RWE ca. 1,5 Mrd. US-Dollar investiert haben.

Die Türkei ist ein bedeutender Chromerzförderer der Welt daneben werden Steinkohle, Braunkohle, Eisen-, Blei-, Zink-, Kupfer-, und Silbererz gefördert. Im Südosten gibt es geringe Erdöl vorkommen.

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftssektor der Türkei und einer der wichtigsten Devisenquellen des Landes. 2004 erreichte die Zahl der ausländischen Touristen mit 17,5 Mio. Urlaubern einen neuen Rekordstand (2003 waren es noch etwa 14 Mio.). Die größte nationale Gruppe unter den Türkei-Touristen stellen mit ca. 4 Millionen die Deutschen gefolgt von den Russen (1,6 Mio) und den Briten (1,3 Mio).

Touristische Zentren sind die südliche Ägäis-Küste und die türkische Riviera zwischen Antalya und Kap Anamur.

Überblick über die Entwicklung der türkischen Wirtschaft (seit 2000)

2000 2001 2002 2003 2004
BSP-Wachstum in % +6,3 −9,5 +7,9 +5,9 +10
Inflation in % 39,0 68,5 29,7 18,4 9,8
Staatsdefizit in % des BSP 18,9 21,1 12 9,8 7,0

Die offiziellen Angaben zum BSP sind insbesondere im Falle der Türkei mit Vorsicht zu genießen. Da ein erheblicher Teil der Wirtschaftsleistung in der Schattenwirtschaft (Schwarzarbeit, Schwarzhandel etc.) abläuft, kann diese durch die Behörden nicht erfasst werden. Daher dürfte die „wahre“ volkswirtschaftliche Leistung der Türkei viel höher sein als die offiziellen Angaben.

Die türkische Wirtschaft wuchs in den ersten sechs Monaten des Jahres 2004 mit einer überraschend hohen Wachstumsrate von 13,5 %.

Transport und Verkehr

Aufgrund seiner Lage als Knotenpunkt zwischen Asien und Europa ist der Verkehrsektor eine wichtige Einnahmequelle der Türkei. Die Transportdienstleistungen umfassen neben den Straßen-, auch See-, Luft- Schienenverkehr und Transporte über Rohrleitungen. Mit internationalen Personen- und Güterverkehr auf Straßen erwirtschaftete die türkische Wirtschaft 1999 1,4 Milliarden $.

Der inländische Gütertransport und Personenverkehr erfolgt fast ausschlieslich auf der Straße. Der Güterverkehr mit dem Ausland erfolgt überwiegend über den Wasserweg und der Personenverkehr über den Luftweg.

2000 machte der Verkehrs- und Kommunikationssektor rund 14 % vom Bruttoinlandsproduktes aus. 27,3 % aller öffentlichen Investitionen werden in diesem Bereich getätigt. Damit zeigt sich eindrucksvoll die Bedeutung dieses Sektors für die Türkei.

Straßenverkehr

Die Straßen in der Türkei haben ein Länge von insgesamt 413.724 km. Davon sind 62.000 km Landstraßen, 350.000 km sog. Dorfstraßen und 1.800 km Autobahn. Das Autobahnnetz soll in den nächsten Jahren weiter ausgebaut werden. Die wichtigste Autobahnstrecke ist die von İstanbul nach Ankara (O-4), auch die O-52 von Adana nach Gaziantep ist wichtig für Verkehr und Transport. Weitere Autobahnen existieren um İzmir (O-31 und O-32) und im südlichen Teil des Landes (Mersin, İskenderun, Pozantı). Eine Autobahn von Izmir nach Manisa ist im Bau, die Autobahnen Adana-Ankara und Gaziantep-Şanlıurfa sind in Planung. Siehe auch: Liste der Autobahnen in der Türkei

Auf den Straßen werden 89,2 % (Stand 2000) aller inländischen Güter transportiert. Der Anteil des Personenverkehrs ist mit 95 % sogar noch höher. Bei Überlandfahrten sind Reisebusse sehr beliebt. Hier konkurrieren viele Unternehmen um die Gunst der Fahrgäste daher ist der Service bei den Busgesellschaften sehr hoch, so wird bei den Überfahrten den Reisenden Kaffee, Tee, Wasser und Gebäck gereicht.

Der Nahverkehr wird in den Städten durch öffentliche Busse organisiert. Da aber der öffentliche Nahverkehr ungenügend ausgebaut ist dominieren die Sammeltaxis (Dolmuş). Der türkische Name "Dolmuş" rührt daher, das diese "Taxis" nicht in Abhängigkeit zu einer Abwahrtszeit losfahren sondern erst wenn der Kleinbus hinreichend voll ist. Diese Kleinbusse gehören Privatpersonen und fahren bestimmte Linien ab, ähnlich wie öffentliche Busse. Unterwegs darf jeder Passagier an einem belieben Ort ein und aussteigen (ähnlich wie bei einem Taxi). Die Fahrtkosten sind abhängig von der gefahrenen Strecke und werden bar beim Fahrer oder seinem gehilfen bezahlt. Daneben gibt es reguläre Taxis die mit einem Taxometer arbeiten.

Schienenverkehr

Der Schienenverkehr ist in der Türkei vernachlässigt worden, vorrang beim Ausbau hatte die Straße. Das Eisenbahnnetz beträgt 10.500 km davon sind ca. 20 % elektrisch betrieben. Am Gesamtverkehr macht der Anteil der Eisenbahn 10 % aus (Stand 1999). Zwischen Istanbul und Ankara verkehrt ein Schnellzug. In den Städten Istanbul, Ankara, Izmir, Adana und Bursa existieren auch U-Bahnen. Sie sind sehr beliebt und fahren etwa 80 km/h schnell, eine gute Alternative zum Bus.

Luftverkehr

Die "Türkische Fluggesellschaft" (THY) wurde 1933 gegründet und hatte bis in die 1990er eine Monopol in der türkischen Luftfahrt. Mittlerweile bieten zahlreiche private Fluggesellschaften ihre Dienste an und kommen auf einen Marktanteil von 33 %. Insgesamt verfügt die Türkei über 38 Flughäfen, wovon 14 internationale Flughäfen sind (Stand 2000).

Wasserverkehr

Mit einer Küstenläge von 8.333 km und 156 Häfen ist das potential des Schiffsverkehrs groß. Die Tonnage der gesamten türkischen Handelsflotte beträgt fast 10,444.163 DWT. Der Handelsflotte gehören 888 Frachter mit über 300 Bruttotonnen an.

In Istanbul ist der Fährenverkehr zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil ein wichtiges Nahverkehrsinstrument. Die Fahrt beträgt ca. 45 Minuten.

Pipelines

Die erste Pipeline zum Transport von Rohöl und Ölprodukten wurde 1966 zwischen Batman und Dörtyol (im Golf von İskenderun) in Betrieb genommen. 1977 wurde die wichtige Pipeline zwischen dem Irak und der Türkei, mit einer gesamtlänge von 981 km (davon liegen 641 km auf türkischen Boden), eingeweiht. Die Leitung wurde wegen dem Golfkrieg, und dem anschließendem Embargo, zwischen 1990 und 1997, außer Betrieb gesetzt.

Seit 2002 führt eine Erdgasleitung, mit dem Namen "Blue Stream", durch das Schwarze Meer, von Novorossik nach Samsun und weiter nach Ankara. Die Leitung hat eine jährliche Kapazität von 14 Milliarden Kubikmetern.

Die Baku-Ceyhan-Pipeline (BTC-Pipeline) soll Erdöl und Erdgas aus Mittelasien und Kaukasien über die Türkei nach Westeuropa liefern. Die Pipeline verläuft über Aserbeidschan (Baku), Georgien (Tiblisi) und Türkei (Ceyhan) und ist 1760 km lang. Die BTC-Pipeline gilt als eines der teuersten und technisch aufwendigsten Pipeline Projekte. Ab 2005 sollen über diese Leitung ca. eine Million Barrel Rohöl vom Kaspischen Meer zum Mittelmeer fließen.

Siehe auch: BTC-Pipeline

Telekomunikation

Militär

Der Wehretat lag 2003 bei 12,1 Mrd. $, dazu kommen noch Aufwendungen, die nicht im Etat aufgeführt werden. Die Türkei ist seit 1953 Mitglied der NATO. In der Türkei besteht für jeden Mann ab dem 18. Lebensjahr die allgemeine Wehrpflicht für 15 Monate. Ein Ersatzdienst für Wehrdienstverweigerer besteht in der Türkei nicht. Für Staatsangehörige, die im Ausland leben, besteht die Möglichkeit, den Wehrdienst durch Zahlung eines fünfstelligen Eurobetrages auf einen Monat zu verkürzen.

Die Dauer der Wehrpflicht ist 2005 von 18 Monaten auf 15 Monate reduziert worden. Damit sinkt auch die Zahl der Wehrpflichtigen um etwa 85.000. Das türkische Militär wird auch im Landesinneren beim Katastrophenschutz eingesetzt. Die Türkei ist seit 1953 Mitglied der NATO und stellt innerhalb des Bündnisses nach den USA das zweitgrößte Heer auf.

Seit dem 23. Februar 1996 besteht ein Militärabkommen zwischen der Türkei und Israel. Offiziell handelt das Abkommen über den Austausch von Informationen und enge Zusammenarbeit in der Rüstungsindustrie. Seit 1998 finden regelmäßige gemeinsame Flottenmanöver der beiden Staaten im östlichen Mittelmeer statt.

Zusammensetzung des Militärs

2001 dienten im türkischen Militär 514.850 Soldaten, damit stellt die Türkei die zweitgrößte NATO-Streitmacht nach den USA auf. Davon sind 391.000 Soldaten Wehrpflichtige. Dazu kommen noch 180.000 Mann der Gendarmerie. Die Zahl der Reservisten in den Land-, Luft- und Seestreitkräften beträgt 378.700 Soldaten.

Die Landstreitkräfte haben 402.000 Mann unter Waffen und sind mit 4206 Kampfpanzern, 4859 gepanzerten Fahrzeugen, über 2000 Artillerie-Geschützen, 40 Kampfhubschraubern und 422 Hubschraubern ausgestattet.

Die 180.000 Mann starke Gendarmerie ist eine paramilitärische Einheit und wird seit 1988 zur Sicherung der syrischen und irakischen Grenzen und zum Kampf gegen die PKK eingesetzt. Auf ländlichem Gebiet nimmt sie auch polizeiliche Aufgaben wahr. Zu ihrer Ausrüstung gehören 530 Mannschaftstransporter und 64 Hubschrauber. Die Gendarmerie ist seit 1993 Mitglied in der Union der Europäischen Gendarmerien (FIEP).

Die Luftstreitkräfte sind 60.100 Mann stark und haben neben 374 Kampfflugzeugen noch 82 Transportflugzeuge und 45 Hubschrauber.

In den Seestreitkräften dienen 52.700 Soldaten plus 3100 Marines. Die Marine setzt verschiedene Kriegsschiffklassen ein, wie: 20 Fregatten, 6 Korvetten, 13 U-Boote, 22 Schnellboote und 21 Minensuchboote.

Seit Juli 1982 existiert eine Küstenwache, die ca. 2.500 Mann umfaßt. Die Küstenwache war von 1982 bis 1995 der Gendarmerie unterstellt und ist seit 1995 dem türkischen Innenministerium zugeordnet. Für den Küstenschutz kann die Küstenwache auf 34 Schnellboote, 36 Küstenschutzboote und auf Hubschrauber zurückgreifen. Im Durchschnitt kontrolliert die Küstenwache über 13.000 Schiffe pro Jahr.

Politische Rolle

Das türkische Militär sieht sich als Hüter der Demokratie und der kemalistischen Ideologie an und hat sich schon dreimal, um politische Krisen zu beenden, an die Macht geputscht, und zwar 1960, 1970 und 1980. Der Ablauf aller drei Putsche ist relativ identisch, das Militär blieb wenige Jahre an der Macht und gab sie, nach einer Verfassungsreform, wieder an eine Zivilregierung ab. Die Zielrichtung des Militärs war jedoch bei den drei Putschs unterschiedlich. Der Staatsstreich vom Mai 1960 wurde von eher links orientierten Offizieren mittleren Ranges getragen und führte zu einer demokratischeren Verfassung. Der Putsch von September 1980 kam aus der Generalität und dem rechten Lager und führte zu einer repressiveren Verfassung. Das letzte Mal führte die Intervention des Militärs 1997 zum Rücktritt der Regierung von Necmettin Erbakan und seiner RP-Partei. Allerdings lief dieser letzte Umsturz immerhin völlig ohne Waffengewalt ab.

Im Rahmen der EU-Beitritts-Bemühungen begrenzte das Parlament 2003 die politische Macht der Militärs. Im Nationalen Sicherheitsrat hatte das Militär vor den Reformen die entscheidende Macht. Der Rat tagte monatlich unter dem Vorsitz des Militärs und behandelte alle aktuellen innen- und außenpolitischen Themen. Offiziell hatte der Rat nur beratende Funktion. Innoffiziell kam das aber einer Weisungsbefugnis des Militärs gegenüber der Politik gleich. Nach der Reform wird die Funktion des Rates auf die Politikberatung reduziert und zudem die Zahl der Militärs im Rat auf einen einzigen Generalstabschef gesenkt. Auch steht dem Rat nun ein Zivilist als Generalsekretär vor, der dem stellvertretenden Ministerpräsidenten untergeordnet ist. Zudem wird ab 2003 der gesamte militärische Etat der parlamentarischen Kontrolle unterstellt, was vor der Reform nicht der Fall war. Das Militär konnte die Ausgaben für das Militär selber bestimmen und unterhielt versteckte Posten für Militärausgaben im Gesamthaushalt.

Siehe auch: Militärregierung

Auslandseinsätze

Auslandeinsätze des türkischen Militärs nach dem Zweiten Weltkrieg:

Außenpolitik

Zu den außenpolitischen Konstanten gehören für die Türkei ihre EU-Beitritts-Bemühungen, die Westbindung und das Verhindern eines eigenständigen kurdischen Staates. Die Türkei betrachtet sich auch als Schutzmacht der Turkmenen auf dem Balkan und im Nord-Irak. Darüber hinaus versucht die Türkei eine Führungsrolle bei den Turk-Staaten (Aserbaidschan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgisistan und Kasachstan) Zentralasiens einzunehmen.

Die Türkei und überstaatliche Organisationen

Die Türkei ist seit 1952 Mitglied der NATO und seit 1963 assoziiertes Mitglied in den Vorläuferorganisationen der EU und strebte seit Jahrzehnten Verhandlungen über eine Vollmitgliedschaft zuerst in der EWG später der EG und zuletzt in der Europäischen Union an. Daneben ist die Türkei u.a. Mitglied: Vereinte Nationen (1945) mit Sonderorganisationen; (1952); Europarat (1952); OECD (1948); Organisation der Islamischen Konferenz (OIC, 1969); EG-Assoziierungs-Abkommen (1963); EU-Zollunion seit dem 1. Januar 1996; assoziiertes Mitglied der WEU (19952000). Ende des Jahres 2004 wurde vom Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beschlossen.

Konfliktfelder mit Nachbar-Staaten:

  • Regionale Konkurrenz mit Griechenland: Konfliktfelder sind die Herrschaftsräume in der Ägäis und der Zypernkonflikt. In letzter Zeit kam es aber zu einer Entspannung zwischen den beiden Staaten obwohl die Konflikte noch nicht geklärt sind (Stand 2004).
  • Zypern: Unstimmigkeiten wegen der in Nordzypern stationierten türkischen Soldaten. Der Versuch von Zypern, Flugabwehr Raketen auf der Insel zu stationieren, führte mitte der 1990er Jahre fast zu einem Krieg.
  • Syrien: Unterstützung der PKK durch Syrien veranlasste die Türkei in den späten 1990er zu einer Kriegsdrohung gegenüber Damaskus. Syrien fühlt sich durch die enge millitärische Kooperation zwischen Israel und Türkei bedroht. Auch gibt es Streitigkeiten wegen dem Euphrat Wasser. Der Bau von Staudämmen im Rahmen des Südostanatolien Projektes führt auf Seiten von Syrien, zu der Befürchtung, das die Türkei eines Tages das Wasser als Waffe einsetzen könnte.
  • Irak: Die Türkei sieht im Falle eines Sieges der Kurden in Kirkuk bei den Wahlen am 30. Januar 2005 und dessen Eingliederung in die autonome Kurdenregion in Irak einen möglichen Kriegsgrund. Hintergrund ist das durch die reichen Öl Felder in Kirkuk ein wirtschaftlich überlebensfähiger selbständiger Kurdischer Staat denkbar wäre. Durch einen Kurdenstaat im Nord Irak könnte der "Kurden" Konflikt in der Türkei erneut auflammen.

Nationalfeiertag

Der Nationalfeiertag am 29. Oktober („Tag der Republik“) erinnert an die Ausrufung der Republik durch Atatürk im Jahre 1923.

Offizielle türkische Webseiten

Offizielle Webseiten

Unabhängige Informationsquellen


Zeitungsartikel, Fernsehbeiträge

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