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Geschichte der Astronomie

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Stonehenge

Die Geschichte der Astronomie umfasst zeitlich die gesamte Kulturgeschichte der Menschheit. Die Astronomie wandelte sich von der bloßen Kunde der Beobachtung des Sternenhimmels und seiner Zyklen über die klassisch-geometrische Astronomie, deren älteste Teilgebiete die Positionsastronomie und Ephemeridenrechnung sind, bis zur modernen Astrophysik, die sich um ein physikalisches Verständnis der Himmelskörper selbst bemüht.

Den Steinchen eines Puzzles gleich hat sich aus den unzähligen Einzelentdeckungen, -erfindungen und -fakten das jeweilige Weltbild der Astronomie bis heute entwickelt. Die Astronomie hat auch heute das Potential, das Selbstbild des Menschen und seine Auffassung von seiner Stellung im Universum zu verändern. Wesentliche aktuelle Diskussionspunkte in diesem Sinne sind:

  • Die Entstehung des Universums
  • Die Suche nach bewohnbaren Planeten außerhalb des Sonnensystems, (Exoplaneten)
  • Die Suche nach Leben auf anderen Planeten als der Erde

Vorgeschichtliche Himmelsbeobachtungen

Astronomische Deutung einer 17.000 Jahre alten Jagdszene in der Höhle von Lascaux

Niemand kann sagen, ab welcher Entwicklungsstufe die Urmenschen begannen, sich Gedanken zu machen über die leuchtenden Punkte am Himmel, die wir Fix-, Schweif- und Wandelsterne nennen. War es vor einer Millionen Jahren z.B. der Australopithecus, oder war es zur Zeit des ersten Werkzeuggebrauchs (Süd- und Ostafrika: zerbrochene Tierknochen und Kiefer) oder aber war es nach 500.000 v. Chr. z.B der Homo erectus pekinensis (Peking-Mensch); von ihm wurde als erstem sicher der Gebrauch des Feuers nachgewiesen.

Die beiden bekanntesten Objekte in diesem Zusammenhang sind Wandmalereien in der Höhle von Lascaux, in denen vielleicht die Plejaden und der Tierkreis erkannt werden können, und ein beim Abri Blanchard in Frankreich gefundener Flügelknochen eines Adlers mit Punktmarkierungen, deren Zahl und Anordnung mit den Mondphasen in Verbindung gebracht werden können. Allerdings ist die Spärlichkeit archäologischer Beweise nicht unbedingt ein Zeichen, dass bei den Menschen der Altsteinzeit die Himmelsbeobachtung generell keine Rolle spielte, jedenfalls bei modernen Jäger und Sammler-Kulturen, etwa den Aboriginals, ist derartiges durchaus bezeugt. In südafrikanischen Kulturen gab es ebenfalls Zeremonien zur beginnenden Ernte mit astronomischer Symbolik, die sich nicht in Funden widerspiegeln würden.

In der Jungsteinzeit ändert sich die Fundlage deutlich, da die Kenntnis des Himmels und damit des Kalenders bereits in frühester Zeit von überlebenswichtiger Bedeutung für landwirtschaftliche Kulturen war. Die Himmelszyklen korrekt vorherzusagen ermöglichte eindrückliche symbolische Interpretationen. Bedeutsame alljährliche Ereignisse konnten damit bereits im voraus festgelegt werden und ermöglichten Planungen. Dieser tiefgreifende Einfluss schlugen sich in der religiösen Deutung der Himmelsphänomene und ihrer möglichen Ursachen nieder und führten zur Ausbildung verschiedener Astralkulte, die zum Ursprung sowohl der westlichen und asiatischen Astrologie, als auch der Astronomie werden sollten. Zahlreiche Gräber dieser Zeit waren nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet. Zu den archäologischen Funden mit Kalenderzusammenhang zählen zum Beispiel die in Süddeutschland und Frankreich gefundenen Goldhüte, die als sakrale Kopfbedeckung von Priestern eines Sonnenkults gedeutet wurden, oder auch die Himmelsscheibe von Nebra, ebenfalls im mitteleuropäischen Kulturraum. Die beeindruckendste prähistorische Kultstätte in Europa ist Stonehenge. Über die in Stonehenge praktizierten Kulte ist nichts überliefert, aber die geographische Ausrichtung des Bauwerks legt einen astronomischen Bezug nahe. Ähnliches lässt sich für Kultbauten aller Epochen auf der ganzen Welt zeigen.

Mit der Archäoastronomie gibt es seit den 1970ern ein eigenes Fachgebiet, das sich mit der Erforschung dieser Bauten und Funde befasst. Insgesamt muss aber betont werden, dass es sich in keinem Fall um eine Astronomie im modernen Sinn handelt, in all diesen Kulturen ist der Himmel, seine Zyklen und seine Beobachtung vielmehr untrennbar mit der Religion und der Mythologie verbunden.

Antike Astronomie

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Totale Mondfinsternis 4. Mai 2004

Die erste Beobachtung einer Mondfinsternis dürfte indes in das Jahr 3379 v. Chr. fallen (am 15.2. heutigen Datums, Maya, Mittelamerika)[1]. In Indien deuten Überlieferungen der Indus-Kultur darauf hin, dass man bereits um 4500 v.Chr. astronomische Beobachtungen gemacht haben könnte. Neben den Maya beobachteten auch die Ägypter und Mesopotamier (Babylonier) den Himmel und beteten Astralgottheiten an. In das Jahr 763 v. Chr. (15.6.) fällt die erste sicher datierbare Beobachtung einer Sonnenfinsternis. Die Frage, ob es die Babylonier[1], oder aber die Assyrer[2] waren, wird kontrovers diskutiert.

Vorläufer der griechischen Antike

Die Verbindung der Himmelsschau mit Mythologie und Religion bestand auch in den alten Hochkulturen Nordafrikas und des nahen Ostens fort. Mit Ausnahme der Zyklen der Sonne war die Ägyptische Hochkultur allerdings vergleichsweise wenig an Astronomie oder auch Astrologie interessiert, ganz im Gegensatz etwa zu den Babyloniern.

Ägypten

Die Ägypter teilten den Himmel, entsprechend ihren 36 Zehn-Tages-Wochen, in 36 in Rektaszension gleich große Dekane auf, so dass die Sterne jedes Dekans 40 Minuten nach dem davorgehenden auf- und untergingen. Von den durchschnittlich 18 Dekanen der Nacht wurden aus praktischen Gründen, wie etwa der Dämmerung, immer jeweils zwölf zur Zeitmessung in der Nacht benutzt, wobei die Länge des jeweils ersten und letzten je nach Jahreszeit angepasst wurde. Im Gegensatz zu den Dekanen spielten Sternbilder kaum eine Rolle. Eine erste Darstellung des Nachthimmels findet sich auf einer Sargunterseite in Assiut.[3] Eine weitere findet sich in der Grabkammer des Senenmut (TT 353). Die Sternbilder wie sie dann immer öfters, z.B. auch etwa im Grab Sethos I. um 1280 v. Chr. dargestellt wurden, sind nicht mit den heutigen vergleichbar und stammten auch nicht von den ägyptischen ab.

Welche Methoden die ägyptischen Astronomen genau benutzten ist nicht überliefert. Im ägyptischen Kalender spielt Sirius eine besondere Rolle, dessen heliakischer Aufgang mit der alljährlichen Nilflut in Verbindung gebracht wurde. Da das ägyptische Jahr genau 365 Tage lang war, änderte sich das Datum der Nilflut im ägyptischen Kalender langsam, und der heliakische Aufgang des Sirius fiel nur alle etwa 1460 Jahre auf dasselbe Datum des ägyptischen Kalenders. Die Geschichte der altägyptische Religion zeigt, dass die Priester über ihr astronomisches Wissen wachten und noch um 150 v. Chr. eine Reform des Kalenders zur einer verbesserten Jahreslänge von 365,25 Tagen wieder rückgängig machten, mutmasslich um ihre Deutungsherrschaft über den Kalender zu wahren.

Die Pyramiden

Astronomische Prinzipien sind auch in der Ausrichtung sakraler Bauwerke, insbesondere der Pyramiden zu erkennen.

Mesopotamien

Das Hauptaugenmerk der babylonischen Astronomie liegt in der Astrologie und den himmlischen Omen. Im mesopotamischen Kulturraum können die Babylonier auf eine reichhaltige assyrische Beobachtungstradition zurückgreifen und führen selbst ebenfalls Archive ihrer Beobachtungen. Selbst konservativen Schätzungen nach reichen die Beobachtungen bis ins zweite vorchristliche Jahrtausend zurück. Tausende von gefundenen Tontäfelchen mit Keilschrift enthalten astronomische Texte, die neben Feldfunden vor allem den Archiven von Uruk und Ninive zugeordnet werden. Das assyrische und babylonische Interesse am Himmel erwächst aus der Tradition, in der Natur nach Omen Ausschau zu halten, was auch das Firmament und das Wetter einschließt. Gestützt auf die langen Beobachtungsreihen entwickeln babylonische Astronomen mathematische Reihen, die die Berechnung der Positionen der Himmelskörper und damit die Voraussage der Himmelserscheinungen erlauben. Bereits um 1000 v. Chr. können sie komplexe Überlagerungen periodischer Phänomene in die einzelnen Perioden isolieren und so vorausberechnen. Die babylonischen Beobachtungen und Perioden wurden von den Griechen übernommen, nicht aber die zugrunde liegenden mathematischen Methoden, da die griechischen Philosophen das Universum geometrisch, nicht arithmetisch verstanden.

Wissenüberlieferung an die Griechen

Obwohl die Einteilung des Tierkreises in 360 Grad vermutlich auf die ägyptischen Dekane zurückgeht, wurde sie, zusammen mit einem umfangreichen astronomischen Wissen, durch die Babylonier an die Griechen überliefert.

Die griechischen Philosophen und Astronomen

Künstlerische Darstellung des geozentrischen Weltbilds nach Ptolemäus

Die Entwicklung der antiken griechischen Astronomie lässt sich bereits an frühen Schriften erahnen. Sowohl Homer als auch Hesiod beschreiben astronomische Vorgänge, lassen aber noch kein tieferes Verständnis erkennen. So beschreiben beide Morgen- und Abendstern als verschiedene Objekte (in Wirklichkeit beides die Venus, was zum Beispiel die Babylonier bereits wussten, welche die Venus Ischtar nannten). Auch den Tierkreis in seiner heutigen Form beschreibt Homer nur teilweise.

Ein weitergehendes Naturverständnis erreichen bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. die Vorsokratiker. Sie entwickeln unter anderem zunehmend genauere Zeitmessmethoden, etwa Sonnenuhren, deren Grundlagen sie wahrscheinlich von den Babyloniern übernehmen. Thales von Milet hat ernsthaften Quellen zufolge 585 v. Chr. eine Sonnenfinsternis vorausgesagt[4]. Die Vorhersage kann als entscheidender erster Schritt gewertet werden, das Weltbild der gesamten Menschheit zu verändern, so dass Naturphänomene zunehmend als Folgen berechenbare Naturgesetzlichkeiten angesehen wurden und nicht mehr als unberechenbarer Wille von Gottheiten[5].

Anaximander, Zeitgenosse und Schüler des Thales, postuliert das geozentrische Weltbild, indem er als erster den Himmel als Kugelschale (Sphäre) mit der Erde im Zentrum beschreibt. Frühere Kulturen sehen den Himmel als Halbkugel nur über der Erdscheibe, ohne außerhalb von Mythen das Problem zu berühren, wo sich Sterne zwischen Auf- und Untergang befinden. Den Übergang zur Erde als Kugel macht Anaximander jedoch noch nicht.

Die griechische Kultur der klassischen Zeit ist die erste, die Astronomie ohne kultische oder astrologische Hintergründe, also rein aus philosophischen Überlegungen betreibt. Noch heute berühmt ist die erstaunlich genaue Messung des Erdumfangs durch Eratosthenes um 220 v. Chr., der die unterschiedlichen Schattenlängen der Sonne am gleichen Tag in Alexandria und Syene, wo sie genau im Zenit steht, auf unterschiedliche Breitengrade auf einer Kugel zurückführt. Weniger bekannt ist der Versuch des Aristarchos von Samos den Abstand zur Sonne im Verhältnis zum Mondabstand zu messen, der zwar aufgrund ungenügender Messgenauigkeit fehlschlägt (er wird um den Faktor 20 zu kurz bestimmt), aber methodisch korrekt ist.

Hipparchos von Nicäa und andere entwickeln die astronomischen Instrumente, die bis zur Erfindung des Fernrohres fast zweitausend Jahre später in Gebrauch bleiben, wie zum Beispiel die Armillarsphäre. Das Werk des Ptolemäus um 150 n. Chr. stellt den Höhepunkt und Abschluss der antiken Astronomie dar. Ptolemäus entwickelt, auf der Basis bereits zu seiner Zeit bestehender Arbeiten (Hipparchos und mögliche andere)[6] das nach ihm benannte Weltbild und gibt mit dem Almagest ein Standardwerk der Astronomie heraus, auf dessen Sternkatalog sich Astronomen noch bis über die Renaissance hinaus berufen. Die Römer schätzen Astronomie als Teil der Bildung, erweitern sie jedoch nicht weiter.

Heliozentrisches Weltbild

Wenn überhaupt, so betreiben sie eher Astrologie, ziehen aber auch hier andere Formen der Zukunftsvorhersage vor. Die antiken Werke werden in den Resten des Oströmischen Reichs bewahrt, der kulturelle Austausch mit den lateinischen Staaten des Mittelalters kommt aber zum Erliegen

Das geozentrische Weltbild kommt ins Wanken

Unter den griechischen Philosophen wurde zwar bereits ein heliozentrisches Weltbild diskutiert, das nicht die Erde, sondern die Sonne als ruhendes Zentrum beinhaltete. Sie konnten aber noch keine ausreichenden Beweise vorlegen, so dass das geozentrische Weltbild das allgemein Anerkannte bleibt. Religiöse Eiferer wettern gegen die Vorstellungen, die Sonne könne Mittelpunkt des Kosmos sein und wünschen ihrem Verfechter Aristarchos von Samos einen Prozess; die Angelegenheit bleibt aber, anders als später bei Giordano Bruno und Galileo Galilei, letztlich folgenlos (Bruno wurde allerdings wegen anderer "Delikte" verurteilt).

Eckpunkte der Entwicklung in der Antike

Die Astronomen lernten zusammenfassend gesagt in der Antike:

  • die Bewegungen der Wandelsterne (Planeten) und das Eintreten von Finsternissen (Saros-Zyklus) berechnen und voraussagen,
  • daß wir auf einem wohl kugelförmigen, um die Sonne kreisenden Körper leben – der Erde (384–322 v. Chr.: Erste Vermutungen einer kreisförmigen Erde aufgrund kreisförmiger Erdschatten bei Mondfinsternissen; um 320 v. Chr. durch Aristarch von Samos, 310–250 v. Chr.: Erstes heliozentrisches Weltbild; um 200 v. Chr. durch Eratosthenes von Alexandria: Erste annähernd richtige Berechnung des Erdumfanges (über Winkel von Schatten an diversen Orten).
  • erstellten um 150 v. Chr. (Hipparchos von Nikaia (Nizäa) und Archimedes von Syrakus) erste Sternkataloge (1000 Sterne)
  • und entdeckten die Präzessionsbewegung der Erde[7]. Diese Entdeckung wird Hipparchos (um 150 v. Chr.) zugeschrieben. Seit damals ist also die permanente Veränderung der Koordinaten der Fixsterne am Nachthimmel und somit auch der Äquatorialkoordinaten Rektaszension und Deklination bekannt.

Als 60 nach Chr. von Plinius senior ein erstes Buch über die Geschichte der (Natur-)Wissenschaften erschien (weitere Geschichtsschreiber jener Zeit: Flavius Josephus, Tacitus), da fand auch die Himmelskunde (Astronomie) Eingang in sein Werk (im Unterschied zur Sterndeuterei = Astrologie; ähnlich wie in der Chemie in der Antike und später der Chemie im Mittelalter zwischen Alchimie als Weltanschauung und Chemie als Wissenschaft und angewandte Arbeitstechnik zu unterscheiden ist).

Astronomie im Mittelalter

Aus dem Mittelalter sind uns zwei besondere Ereignisse überliefert, die wohl viele Menschen zum Nachdenken über die Gestirne angeregt haben: 1054 n. Chr. beobachteten Chinesen und Mittelamerikaner (Anasazi) einen neuen Sternes im Sternbild Stier („Supernova“), der wochenlang auch tagsüber sichtbar bleibt (im M1-Krebsnebel), 1178, am 25.6., der Mönch Gervasius von Canterbury eine Leuchterscheinung an der Mondsichel (Meteoraufprall, Entstehung des Kraters Giordano Bruno?).

Westeuropa

Darstellung des Kepheus aus dem 9. Jahrhundert, aus den Leidener Aratea

Das Mittelalter behält den Lehrkanon der sieben freien Künste bei, in dem die Astronomie Teil des Quadriviums ist. In der Praxis wird an den Klosterschulen des Frühmittelalters jedoch meist nur das lateinsprachliche Trivium gelehrt, und auch dieses oft nur in Teilen.

Im Zuge der Reformpolitik (787 n. Chr.) unter Karl dem Großen wurde die Astronomie zum Schulfach: Der Kaiser erließ die Verpflichtung zur Errichtung von Schulen in allen Domklöstern, die das „Trivium“ lehren (das „Triviale“: Grammatik, Rhetorik, Dialektik) sowie das „Quadrivium“ (Astronomie, Geometrie, Arithmetik und Musik), auch um das Wissen im Klerus zur Berechnung des Osterdatums zu stärken. Den Reformen ist jedoch kein nachhaltiger Erfolg beschieden, und so bleibt Astronomie zwar ein Ideal, nicht aber praktischer Teil der Bildung.

In die karolingische Zeit fallen auch erhaltene Abschriften der astronomischen Lehrgedichte des Aratos, etwa die prachtvoll illustrierten Leidener Aratea, die vermutlich vom Hofe Ludwigs des Frommen in Auftrag gegeben wurden, und wahrscheinlich in Lotharingien von dem nicht sicher identifizierten, aber durch weitere Werke bezeugten Astronomus ausgeführt wurden. Zusammen mit Aratos bilden die Sternbildbeschreibungen des Hyginus im Poeticon Astronomicon die weit verbreiteten Standardwerke bis zum Ende des Spätmittelalters. Die Kenntnis der klassischen Sternbildmythen stammt im Wesentlichen aus diesen beiden Werken. Die Illustrationen zeigen zwar künstlerisch hochwertige Qualität, die Positionen, an denen die Illustratoren die Sterne setzen hat mit dem tatsächlichen Firmament jedoch wenig bis nichts gemein; sie sind vielmehr so gewählt, dass sie gut zu den Figuren passen. Die vergleichsweise wenigen anderen erhaltenen antiken Werke zur Astronomie werden in den Klöstern zunächst nur kopiert, mit der beginnenden Scholastik im 11. Jahrhundert auch zunehmend kommentiert. Sie durch eigene Beobachtungen zu bestätigen, ergänzen oder zu widerlegen entspricht jedoch nicht dem frühmittelalterlichen Verständnis von Wissenschaft.

Im Spätmittelalter, als sich die Bildung zunehmend aus dem klerikalen in den universitären Bereich verlagert, setzt ein stärkeres Interesse an Wissenschaft, und damit auch an der Astronomie ein. Mit dem frühen Buchdruck werden gerade auch astronomische Werke verbreitet. Neben Kopien der beiden oben erwähnten antiken Werke gibt zum Beispiel der deutsche Astronom Regiomontanus zahlreiche astronomische Bücher heraus, darunter ein Calendarium das nach damaligen Maßstäben als Bestseller gelten kann. Regiomontanus, ein Mensch des ausgehenden Spätmittelalters, löste sich bereits von der absoluten Gültigkeit der Tradition und der alten Schriften. Eigene Beobachtung und Vergleich mit den Ergebnissen der antiken Wissenschaft sollten nach seiner Ansicht die Astronomie erneuern und helfen, „die Wahrheit“ zu finden. Mit dieser Haltung wurde er neben Nikolaus von Kues der wesentliche Wegbereiter des kopernikanischen Weltbildes.

Kultureller Austausch mit dem Islam

Spätmittelalterliche Astronomen unter der Anleitung der Muse Astronomia

Durch den kulturellen Austausches mit den islamischen Staaten, insbesondere nach der Errichtung der Kreuzfahrerstaaten im Nahen Osten im 12. Jahrhundert und im Verlauf der spanischen Reconquista, gelangen die Werke des Aristoteles und Ptolemäus über den Zwischenschritt der arabischen Übersetzung wieder nach Westen. Erst byzantinische Emigranten bringen schließlich die antiken Werke nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen wieder im Original, beziehungsweise in griechischer Abschrift, nach Mitteleuropa. Auch im Hochmittelalter stehen philosophisch-theologische Betrachtungen des Weltgebäudes eher im Brennpunkt als konkret beobachtete Himmelsereignisse. Die unterschiedlichen Modelle der Himmelssphären, wie sie etwa in den wiederentdeckten Werken des Aristoteles und des Ptolemäus beschrieben werden, werden ausführlich diskutiert und beispielsweise Fragen nach der Anzahl der Sphären erörtert, oder ob sich die Fixsternsphäre einmal am Tag drehe oder die Erde. An den Prinzipien dieser Kosmologie bestehen jedoch keine Zweifel.

Islamische Astronomie

Arabisches Astrolabium um 1208

Nachdem im Römischen Reich die Astronomie zwar noch gelehrt, aber nicht mehr erweitert wurde, ergibt sich Fortschritt erst wieder mit der islamischen Expansion. Alexandria wurde von Arabern erobert, die dortige Bibliothek leitete, zusammen mit indischen Einflüssen, die islamischen Gelehrten bei ihrem Studium. Die führenden Wissenschaftler waren häufig auch Hofastronom bzw. Hofmathematiker. Die arabischen Leistungen betrafen vor allem die Astrometrie: genaue Beobachtungen des Himmels wurden durchgeführt - vor allem auch zu astrologischen Zwecken, obwohl der Islam den versuchten Blick in die Zukunft ungern sah und Astrologie eigentlich nicht erlaubte - und Sternkataloge erstellte, die wesentlich zu den heute üblichen Sternnamen beitrugen. Auch Instrumente wie das Astrolabium wurden weiterentwickelt.

Theorie der Mondfinsternisse, al-Biruni

Ohne Teleskope waren die islamischen Astronomen jedoch nicht zu bedeutenden Erweiterungen der antiken Erkenntnisse in der Lage. Das geozentrische Weltbild wurde allgemein anerkannt, nur seine Details, wie Epizykeln oder Sphären, wurden zunächst diskutiert, korrigiert und erweitert. Aufgrund der seit der Niederlegung dieser Theorien verflossenen Zeit, in der sich die Fehler akkumuliert hatten, waren die Diskrepanzen der antiken Theorien mit den Beobachtungen für die islamischen Gelehrten offensichtlich. Im 16. Jahrhundert, als sich auch in Europa die kopernikanische Wende vollzog, lehnten islamische Gelehrte die antiken Weltbilder zunehmend ab. Inwieweit diese beiden Wege unabhängig waren, oder ob Kopernikus über Umwege Kenntnis der islamischen Entwicklungen hatte, ist nicht bekannt.

Tragischerweise blieben viele Errungenschaften großer islamischer Astronomen letztlich episodisch, so wie zum Beispiel das von Ulug Beg zu Beginn des 15. Jahrhunderts erbaute Observatorium von Samarkand. Als das beste seiner Zeit wurde es nach nur einer Generation von Ulug Begs Nachfolgern geschleift und dem Verfall überlassen. Andere islamische Observatorien erlitten ein ähnliches Schicksal, nur das von Nasir Al-din al-Tusi 1264 erbaute Observatorium von Maragha überlebte seinen Erbauer um immerhin fast vierzig Jahre, bevor es zwischen 1304 und 1316 geschlossen wurde. Obwohl die islamischen Astronomen die Fehler der antiken Theorien erkannten und sie verbesserten, bestand ihre aus heutiger Sicht wichtigste Leistung dennoch im Bewahren, Übersetzen und teilweise Erweitern der antiken Naturwissenschaft, wozu die europäische Kultur während des Frühmittelalters kaum in der Lage war. Mit dem Ende der Blütezeit des Islams im 15. Jahrhundert vermochte die islamische Astronomie der europäischen aber kaum noch Impulse zu geben, und ihre Leistungen wurden schließlich durch die europäische Renaissance überholt und gerieten in Vergessenheit.

Der Entwicklungsstand der islamischen Astronomie ist auch exemplarisch für die Astronomie anderer Kulturkreise, die ein ähnliches Niveau erreichten, sich aber (ebenfalls ohne Teleskope) nicht darüber hinaus entwickeln konnten. Besonders erwähnenswert sind die indische oder vedische Astronomie, die chinesische und die präkolumbische Astronomie der indianischen Hochkulturen. Alle diese Kulturen besassen ein in vielen Jahrhunderten angesammeltes beobachterisches Wissen, mit dem sich die periodischen Phänomene des Planetensystems vorhersagen liessen.

Stand der Entwicklung nach dem Ausgang des Mittelalters

Keplers Modell des Sonnensystems. Aus: Mysterium Cosmographicum (1596)
Kopernikus
  • Gegen Ende des Mittelalters gelang 1427 Regiomontanus die Erstmessung des Winkeldurchmessers eines Kometen (etwa in der Zeit, in der um 1479 die Errichtung des „Sonnensteins“ im Atztekenreich vorgenommen wurde (Sonnenkalender und -kult).
  • Eine neue Epoche der Astronomie leitete Nikolaus Kopernikus ein. Er zeigte Mai 1543 in seinem Buch „De revolutionibus orbium coelestium“ mathematisch aus Planetenbewegungen die Vermutung der antiken griechischen Astronomen, dass die Himmelsphänomene auch mit einem heliozentrischen Weltbild korrekt beschrieben werden können Sonnensystem).
  • Um 1572 vermaß Tycho Brahe erstmals Kometenbahnen und berechnet hieraus deren Entfernung (1577) – die großen „astronomischen“ Distanzen wurden greifbar. Tycho beobachtet zudem 5 Jahre zuvor eine Supernova sowie die Marsbahn, und nachdem 1603 Bayer den ersten neuzeitlichen Sternkatalog (Uranometria) veröffentlicht hatte, beschrieb 1609 Johannes Kepler in seinem Buch „Astronomia“ das nach ihm benannte 1. und 2. Keplersche Gesetz der Planetenbewegungen um die Sonne genauer (seine zuvor erschienenen Bücher „Mysterium cosmographicum“ 1596 und 1604 „Harmonioum mundi“ über Grundgesetze der Optik mögen als Wegbereiter seiner „Astronomia“ gelten). Somit lag eine korrekte Beschreibung der Planetenbewegungen aus heliozentrischer Sicht vor.
  • 1519–1522 gelang Fernão de Magalhães (Magellan) die Erstumsegelung der Erde – die Entdeckung der Magellanstraße, der Philippinen und der Magellanschen Wolke am Südhimmel (sowie der Datumsgrenze).

Entwicklung der Astronomie in Indien, Amerika und China

Indien

In Indien deuten Überlieferungen der Indus-Kultur darauf hin, dass man bereits um 4500 v.Chr. astronomische Beobachtungen gemacht haben könnte. Ab 1000 v. Chr. entsteht eine detaillierte Kosmologie mit den göttlichen Naturkräften Himmel, Erde, Sonne (die als glühender Stein gedeutet wird), Mond, Feuer und den 8 Himmelsrichtungen. Ein heiliges Ei ist der Ursprung der Welt, mit Schalen für die Urerde, den Sternhimmel und dazwischen der Lufthülle.

Observatorium Jantar Mantar in Jaipur

Da die vedische Astronomie in Versen stark verschlüsselt überliefert wird, ist deren Einordnung in einen größeren Rahmen schwierig. Allgemein ist die vedische Astronomie der babylonischen aber sehr ähnlich, was, je nach Interpretation und Datierung, babylonische Vorbilder der vedischen Astronomie sowie umgekehrt bedeuten kann. Beide Positionen werden in der Astronomiegeschichte diskutiert, ebenso ist aber auch eine im Wesentlichen unabhängige Entwicklung denkbar, da einige der Gemeinsamkeiten, wie die Teilung des Tierkreises in 360 Grad mit zwölf Sternbildern auch direkt aus der Natur hergeleitet werden können. So wird das Jahr zu 360d gerundet, die Monate aber wie heute gezählt. Der Tag hat jahreszeitlich verschiedene Längen („Muhurtas“ mit 9,6 bis 14,4 Stunden), die Planetenbahnen verlaufen zwischen Sonne und Polarstern. Eine erstaunliche Entsprechung zum Christentum bzw. zu Teilhard de Chardin ist erwähnenswert: Gott ist ein die Welt liebender Geist, dessen Sohn die Entwicklung des Weltalls im Auge behält. Einen zweiten Aufschwung erlebt die indische Astronomie um 500 n.Chr. mit dem Astronomen Aryabhata, dem unter anderem das Konzept der Zahl „null“ zugeschrieben wird. Bekannt sind auch die fünf Observatorien die Jai Singh II. im frühen 18. Jahrhundert unter anderem in Delhi und Jaipur errichten ließ. Das größte davon, das Jantar Mantar in Jaipur, besteht aus vierzehn Bauwerken zur Beobachtung und Messung astronomischer Phänomene.

Amerika

Piedra del Sol, ein aztekischer Kalenderstein

Über das astronomische Weltbild der indianischen Hochkulturen ist wenig bekannt, doch geben Kultbauten und Sternwarten zahlreiche Hinweise. Die meisten Schriften und Codices wurden durch die Konquistadoren vernichtet. Die Kalenderrechnung und die Berechnung der Planetenzyklen ist zweifelsfrei hochentwickelt – siehe etwa den Maya- und den Azteken-Kalender. Auch astrologische Elemente gibt es, wie etwa in der aztekischen Neufeuerzeremonie, die im Sternbild des Feuerbohrers alle 52 Jahre gefeiert wird. Die Umlaufzeiten der damals 5 sichtbaren Planeten sind teilweise auf nur wenige Minuten bekannt, was auf eine mehrtausendjährige amtliche Astronomie hindeutet. Die Dauer des Monats stimmt mit heutigen Werten auf 6 Dezimalen überein - was pro Jahrhundert nicht einmal 1 Stunde Fehler ausmacht.

China

Altchinesische Sternkarte

Auch im Kaiserreich China hatten sich die Astronomen um den Kalender zu kümmern, aber auch um staatliche Astrologie. Zwar waren die Planeten weniger wichtig als bei den Indianern Amerikas, doch kennt man schon um 2000 v. Chr. das Lunisolarjahr mit einer 19-jährigen Schaltregel wegen der Mondknoten (siehe auch Saros-Zyklus). Es gab ein wissenschaftliches Amt, dessen Ursprünge sich nicht mehr ausmachen lassen, sich aber bis deutlich vor Christi Geburt zurückverfolgen lässt. Dieses Amt besteht bis 1911 mit vier Haupt-Bediensteten: Der Chefastronom (Fenxiangshi), verantwortlich für die ununterbrochene Himmelsschau, der Chefastrologe (Baozhangshi), dem die Aufzeichnungen unterstehen, der Chefmeteorologe (Shijinshi) für Wetterphänomene und Sonnenfinsternisse, und der Bewahrer der Zeit (Qiehushi), dem die Kalenderrechnung untersteht.

Diese altchinesischen Chroniken gelten noch heute als zuverlässig und relativ vollständig - auch weil die Beamten für ihre Ergebnisse mit dem Leben bürgen. So ist überliefert, dass der Astronom Hsi-Ho um 2100 v. Chr. wegen einer versäumten Sonnenfinsternis geköpft wurde. Ab der Zeitenwende werden u.a. Sonnenflecken beobachtet, was auch mit bloßem Auge bei Sonnenauf- und Untergang möglich ist, sowie Novae und Supernovae, die Gaststerne genannt werden, oder bereits 613 v. Chr. der Komet Halley.

Dem Weltbild des kaiserlichen China entsprechend gibt es fünf Himmelsareale, die vier Himmelsrichtungen und das Zentrum, das den zirkumpolaren Bereich umfasst und den kaiserlichen Palast repräsentiert. Es werden Instrumente ähnlich der Armillarsphäre benutzt, doch ist unklar, ob sie auf Kontakte zur griechischen und islamischen Welt zurückgehen oder komplette Eigenentwicklungen sind. Außerdem sind chinesische Sternkarten zur Seenavigation überliefert. Missionare tragen ab 1600 die Erkenntnisse der modernen europäischen Astronomie nach China. So wurde etwa die kaiserliche Sternwarte in der Qing-Dynastie traditionell von Jesuiten wie Ignaz Kögler oder Anton Gogeisl geleitet.

Astronomie der Renaissance

Tychos Mauerquadrant um 1600

Das Zeitalter der Renaissance markiert die Blüte der klassischen Astronomie als Wissenschaft vom geometrischen Aufbau des Universums, einer Wissenschaft, die sich aber noch nicht der Erforschung der physikalischen Hintergründe der Sternbewegung widmet. Astrologie und Astronomie sind bis in die Renaissance hinein nicht widersprüchlich, aber auch nicht, wie gelegentlich behauptet, identisch. Viele Astronomen erstellten noch bis in das 17. Jahrhundert auch Horoskope für ihre Auftraggeber, sahen darin aber nicht ihre Haupttätigkeit. Die klassische Astronomie befasst sich nur mit den Positionen der Sterne und Planeten und deren exakter Berechnung, erst die Astrologie mit der Deutung dieser Positionen für die irdischen Geschehen. In diesem Sinne war astronomische Kenntnis lediglich die Voraussetzung für Astrologie.

Die europäische Astronomie lebt durch die Arbeiten von Nikolaus Kopernikus nach 1500 wieder auf. Nach Beobachtungen des Mondes gegen den Hintergrund der Fixsterne zweifelt er am geozentrischen Weltbild und arbeitet ein Modell aus, in dem die Sonne im Mittelpunkt des Kosmos steht. 1543 stellt er es in seinem Buch „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ vor. Tycho Brahe beobachtet 1572 einen „Neuen Stern“ (stella nova), den er als „ein Wunder, wie es seit Anbeginn der Welt nicht gesehen wurde“, beschreibt. Zwar war eine solche Erscheinung, eine Supernova, bereits 1054 von Chinesen gesehen worden, aber den europäischen Gelehrten war sie entweder entgangen, oder sie ist von ihnen nicht zur Kenntnis genommen worden. Brahe ist ein Meister des Intrumentenbaus und der exakten Beobachtung. Der von ihm entwickelte Mauerquadrant löst die seit der Antike gebräuchliche Armillarsphäre als Universalinstrument ab. Die Genauigkeit von Brahes Positionsmessungen der Planeten ermöglichen Johannes Kepler 1609/1619 die Entdeckung der Gesetze der Planetenbewegung.

Unblutige Revolution beendet Renaissance

Die Erfindung des Fernrohrs zu Beginn des 17. Jahrhunderts besiegelt die Zeitenwende der Astronomie. Galileo Galilei entdeckt mit deren Hilfe die vier inneren Monde des Jupiter und die Phasen der Venus. Diese Entdeckungen wurden zum Teil 1610 in „Siderius nuntius“ veröffentlicht. Dadurch wird das Ptolemäische Weltbild unhaltbar und deutlich, dass das Copernicanische Weltbild ebenso wie das geozentrische Modell von Brahe mit den Beobachtungen verträglich sind. Ein entscheidender Beweis ist zu dieser Zeit weder theoretisch, noch praktisch möglich. Der darauf folgende Streit mit der Kirche endet zwar mit dem juristischen Sieg der Inquisition gegen Galilei, begründet aber ein problematisches Verhältnis zwischen Kirche und Naturwissenschaften, das bis heute nachwirkt.

Astronomie im Zeitalter der Vernunft bis heute

Die europäischen Fürsten fördern die Astronomie zunehmend an ihren Höfen als Zeichen ihrer Kultur und Bildung, wodurch sich ein personeller wie finanzieller Aufschwung der Forschung ergibt. Daneben werden Nationalobservatorien gegründet, wie zum Beispiel das Royal Greenwich Observatory oder die Pariser Sternwarte. Deren Aufgabe ist es vor allem, Tabellen für die Seefahrt zu liefern und das Längenproblem zu lösen, daneben betreiben sie aber auch astronomische Forschung. Während die Forschung der Hofastronomen an das persönliche Interesse der Fürsten gebunden ist, können sich an den Nationalobservatorien längerfristige Forschungstraditionen entwickeln, so dass solche unabhängigen Sternwarten spätestens mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts eine Führungsrolle in der Forschung einnehmen.

Das 17. Jahrhundert

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts zog die Möglichkeit in der Astronomie ein, Himmelskörper mit Hilfe neu entdeckter, optischer Instrumente zu beobachten. Hans Lippershey baute 1608 das erste Fernrohr (in Holland), Galileo Galilei 1609 fast gleichzeitig in Italien (ebenfalls eine Art verbessertes Opernglas), und schon 1610 erschien sein Buch „Sidereus Nuncius“, in dem er von seinen Neuentdeckungen per Fernrohr berichtete. 1632 erschien zudem sein „Dialog über Weltsysteme“, jedoch musste er am 22. Juni 1633 vom heliozentrischen Weltbild abschwören und starb 8. Januar 1642. Auch Johannes Kepler drängte es auf die Erforschung des Himmels mit dem neu entdeckten Fernrohr: 1611 verbesserte Galileo Galilei das in Holland erfundene Instrument, entdeckte begeistert Jupitermonde, Mondkrater, Venusphasen, Sonnenflecken. Kepler formulierte 1619 das 3. Keplersche Gesetz, während der Astronom Simon Marius 1612/S. den Andromedanebel entdeckte, unsere Nachbargalaxie. Vier Jahre, nachdem 1651 Giovanni Riccioli die erste Mondkarte veröffentlichte, gelang 1655/56 Christian Huygens und Giovanni Domenico Cassini die Entdeckung der Saturnringe, des Mondes Titan und des Orionnebels (Huygens, veröffentlicht 1659 in „Systema Saturnium“) und Cassini fand 4 weitere Saturnmonde – es war, als ob der Himmel sich ein Stück weiter öffnete.

Wilhelm Herschels 40-Fuß-Teleskop von 1789

So erkennt Christiaan Huygens als erster die wahre Natur der Ringe des Saturn, und Edmond Halley sagt nicht nur die Wiederkehr des nach ihm benannten Kometen für das Jahr 1758 voraus, sondern erkennt 1718 auch die Eigenbewegung naher Fixsterne. 1668 kam Isaac Newton auf die Idee, das Licht mit Spiegeln statt mit Linsen aus Glas zu bündeln – die Erfindung des Spiegelteleskops. Auch gelang ihm 1669 die Entdeckung der Massenanziehung (Gravitation) und erste Theorie zur Erklärung des Phänomens „Licht“ als Teilchenstrahlung, so dass das Verständnis des Kosmos langsam auf eine neue Basis gestellt wurde. Er legt mit dem 1687 erschienenen epochalen Werk Philosophiae Naturalis Principia Mathematica die ersten Grundlagen der Astrophysik, indem er die Keplerschen Gesetze auf seine Theorie der Gravitation zurückführt. Die Entdeckung physikalisch zusammengehöriger Doppelsternsysteme führt zu Spekulationen über Planetensysteme um andere Sterne, eine Möglichkeit, die zuvor nur philosophisch, ausgehend von Giordano Bruno, diskutiert worden war.

Hale-Bopp – ein Komet; aufgenommen von Geoff Chester am 11. März 1997

1682 wurden für Edmond Halley auch die „Schweifsterne“ näher berechenbar: Die erste gelungene Kometenvoraussage (für 1758/79) nach Entdeckung der Identität der Kometen von 1456, 1531 und 1607; entdeckt 25. Dezember 1758 und Wiederkehr 1835, 1910, 1986 ...). In dieser Zeit (1683–1686) fanden Nicolas Fatio de Duillier das Zodiakallicht und Giovanni Domenico Cassini 1671 die Saturnmonde Japetus, 1672 Rhea, 1684 Tethys und [[Dione (Mond)

Berechnung der Lichtgeschwindigkeit

1676 erfolgte durch Olaf Römer die erste Berechnung der Lichtgeschwindigkeit über Verzögerung der Jupitermondverfinsterungen in Abhängigkeit von deren Erdabstand – fast 300.000 km sollte es pro Sekunde zurücklegen – eine ungeheure Vorstellung damals. Der heutige Wert lautet c = 299792,45 km/s – die erste irdische Messung gelang erst 1840, H. Fizeau.

Das 18. Jahrhundert

1755 entwarf denn auch Immanuel Kant erste Theorien über eine rein aus mechanischen Vorgängen resultierende Entstehung unseres Sonnensystems und 1769 nahm James Cook am 3. Juni auf Tahiti) die erste direkte Entfernungsbestimmung Erde-Venus-Sonne (Venustransit) vor.

Neue Planeten: Uranus und Neptun

Am 13. Januar 1781 gelang Wilhelm Herschel die Entdeckung des ersten nicht für das Auge sichtbaren Planeten (Uranus) sowie 1787 der Uranusmonde Titania und Oberon; er entdeckte 1783 auch die Eigenbewegung der Sonne in Richtung auf die Sternbilder Hercules und Leier (1967 radioastronomisch nachgewiesen), und somit war unsere Sonne endgültig einer von vielen Sternen, die sich in unserer Milchstraße bewegen. Damit ist nicht nur der Wissenstand um die Objekte des Himmels erweitert, sondern das Planetensystem selbst. Für die Astronomen jener Zeit ist die Entdeckung so bedeutend, dass die Position, an der Uranus entdeckt wurde, noch Jahrzehnte darauf mit in die Sternkarten aufgenommen wird. Angeregt durch den Erfolg Herschels fahnden die Astronomen nach weiteren Planeten und werden mit den Objekten des Asteroidengürtels fündig. Da Uranus bereits ein Jahrhundert zuvor als Stern katalogisiert worden war, ohne ihn als Planeten zu erkennen, standen bald ausreichend Daten zur Verfügung, um Störungen in der Uranusbahn zu erkennen. Aufgrund dieser Störungen wurde ein weiterer Planet mathematisch vorausgesagt, der in Neptun 1846 schließlich gefunden wurde.

Das 19. Jahrhundert

In weiteren Verlauf beschleunigt sich der Wandel der Astronomie zur Astrophysik: Die Entdeckung der Infrarotstrahlung mit Hilfe der Spektroskopie durch Herschel 1801 zeigt, dass das Spektrum nicht auf das visuelle Licht beschränkt ist. Die Astronomie als Wissenschaft tritt in eine Ära der Taxonomie ein: Die Himmelsobjekte werden in Klassen eingeteilt, die später auf physikalische Gemeinsamkeiten zurückgeführt werden können. Der nächste große Schritt ist die Ablösung des Auges als Beobachtungsinstrument durch die Fotografie zwischen etwa 1850 und 1900. Einer der ersten Astronomen, der sie einsetzt, ist der Jesuit Angelo Secchi, Direktor des Vatikanischen Observatoriums. Dadurch werden die Beobachtungen nicht nur objektiver, sondern stundenlange Belichtungen eröffnen die Möglichkeit, lichtschwächere Objekte in wesentlich höherem Detail zu erforschen. Die klassische Astronomie tritt ab 1900 immer mehr in den Hintergrund und macht der Erforschung der physikalischen Eigenschaften der Himmelskörper selbst Platz.

Als Philipp Reis das Telefon erfand und somit das Zeitalter der „Telekommunikation“ einläutete, fand Friedrich Wilhelm Bessel 1862 mit Hilfe alter Berechnungen von 1844 einen Begleitstern des Hundssternes auf (Sirius B), der sich später als ein Zwergstern von unbegreiflich hoher Dichte entpuppte.

Datei:Karte Mars Lohse MKL1888.png
Marsoberfläche nach Oswald Lohse (1888). Auf der Karte ist das Kanalsystem Schiaparellis nicht eingezeichnet

Erste Spekulationen über außerirdisches Leben

1877 wurden neue Entdeckungen vom Mars gemeldet: Asaph Hall fand dort zwei winzige Monde, Schiaparelli die scheinbaren „Marskanäle“ – erste Spekulationen über „Marsmenschen“ waren die Folge: War das All doch bewohnbar? Und waren seine Kometen immer nur unerreichbar fern? 1880 wurde diese Frage von Benjamin Apthorp Gould verneint – er fand einen ersten Kometen, dessen Bahn an die Sonnenkorona herankommt (Komet Gould, Perihel nur 0,00549 AE). Doch auch Planeten schienen plötzlich zu uns zu kommen: 1898 meldete Witt die Entdeckung des Kleinplaneten Nr. 433 „Eros“, er nähert sich der Erde 1900 bis auf nur 22 Mio. km = 0,15 AE (Durchmesser nur 18 km)!

Das 20. Jahrhundert

1900 - 1930

Um 1900 gab es dann wieder in Physik und Technik für die spätere Astronomie bedeutsame Anstöße: die Quantentheorie und der Beginn der Luftschifffahrt auch ohne „Montgolfièren (Heißluftballone). Max Planck gelang die Erstberechnung des Wirkungsquantums h, mit dem sich der Energiegehalt aus der Wellenlänge bzw. Frequenz von elektromagnetischer Strahlung berechnen lassen (Formel: E = h × ), und ebenfalls 1900, am 2. Juli, gelang Ferdinand Graf von Zeppelin der Erstflug eines Luftschiffes (40 0 m Höhe); 1908 auch eine erste Alpenüberquerung im Gasballon. Die Astronomen unterdessen schafften 1901 erste Spektralklassifikation von Sternen und erste Messung der Dopplerverschiebungen von Doppelsternen (Messung von Umlaufgeschwindigkeiten durch Annie Jump Cannon, und Edward Charles Pickering). 1904 fanden Hartmann erste Hinweise auf die Existenz interstellarer Materie (Spektrallinien von Kalzium, H- und K-Linie, und Natrium, D-Linie); Perrine den Jupitermond VI Himalia (und 1905 Jupitermond VII Elara) und Wolf 1906 den ersten Trojaner (Achilles, auf L4). Die Spektralanalyse hingegen ermöglichte es in dieser Zeit, erstmals den „Lebenslauf“ von Fixsternen nachzuzeichnen (1907 Ejnar Hertzsprung’s Arbeit über die Spektralklassifikation und „Lebensdauer“ der Fixsterne; 1913 führte das Henry Norris Russell zu seiner Theorie über den „Lebenslauf“ der Sterne – als Hertzsprung-Russell-Diagramm, HRD bekannt – nach Entdeckung der Perioden-Helligkeits-Beziehung bei den Cepheiden der magellanschen Wolke (1912, durch H. Leavitt).

Ein 900 Lichtjahre breiter Ausschnitt der Zentralregion der Milchstraße

Am 30. Juni 1908 erfolgte der gigantischer Einschlag des Tunguska-Meteoriten (40 km2 verwüstet), und 1920 die Auffindung des schwersten Eisenmeteoriten aller Zeiten (SW-Afrika, 60 t, 3 m × 2,8 m × 1,2 m). Diesen nach astronomischen Maßstäben heimischen Ereignissen steht zu Beginn der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts die aufkeimende Ahnung dvon gegenüber, dass unsere Milchstraße nur eine von Milliarden von Galaxien ist: 1923/24 gelang u. a. Edwin Hubble der erste Nachweis von Einzelsternen im Andromedanebel M 31 (Cepheiden) und – und somit der Nachweis, dass Galaxien aus Sternen bestehen. Die Entfernung von M31 wurde zwar noch krass unterschätzt, doch Hubble begann daraufhin die morphologische Klassifikationen der Galaxien (nach der Spiral-Struktur). 1929 entdeckte er dabei über den Zusammenhang von Dopplereffekt, spektraler Rotverschiebung (relativistische Fluchtgeschwindigkeit) und die Entfernung der Galaxien, dass sich das gesamte Weltall ausdehnt – eine Entdeckung von großer Bedeutung für die Kosmologie und unser Bild vom Anfang von Zeit und Raum (siehe „Hubble-Konstante“, Urknall-Theorie vom „big bang“; 1935 gelangen Edwin Hubble erste Rückschlüsse auf das Alter des Weltalls (Schätzungen auf 10–20 Milliarden Jahren über die Hubblekonstante H = ca. 60 km/s pro Mpc)

Auch im Hinblick auf das Allerkleinste, aus dem sich Strahlung und Materie im Kosmos aufbauen, wurden in diesenm Jahren bedeutsame Fortschritte im Verständnis des Kosmos gemacht. Es war 1924, als Louis-Victor de Broglie – und mit ihm auch Erwin Schrödinger, Werner Heisenberg u. a. – den Welle-Teilchen-Dualismus entdeckten (Wellenlänge = Wirkungsquantum h / Impulsbetrag p , experimentell erst 1927 von Davisson und Germer an Elektronenstrahlen bestätigt); auf dieser Grundlage entwickelten sich alsbald Schrödingers Wellenmechanik, Heisenbergs Matrizenrechnung, seine Unschärferelation (Ort und Impuls nie gleichzeitig genau festlegbar) und das wellenmechanische Atommodell, das nun das Bohr’sche Atommodell vom Atom als „Planetensystem“ aus Atomkern und Elektronenbahnen ersetzte (1925 entwickelte Wolfgang Pauli diesbezüglich das „Pauli-Prinzip“ zur Deutung des Periodensystems über Elektronenzustände im Atom, 1932 gelangen Chadwick und Anderson die Entdeckung des Neutrons (Chadwick stellte es aus der Reaktion von Berylliumatomkernen mit Alphastrahlung aus Heliumatomkernen dar, Anderson gelang der Nachweis des Positrons (als Antielektron, e+).

Der 9. Planet

Pluto wurde am 18. Februar 1930 durch das Lowell-Observatorium in Flagstaff, Arizona durch Vergleiche einiger Himmelsaufnahmen am Blinkkomparator nach rund 25-jähriger Suche entdeckt. Er wurde bis in die jüngste Vergangenheit als 9. Planet bezeichnet.

Mitte des 20. Jahrhunderts

1930, am 18. Februar, fand Clyde Tombaugh auf einer Fotoplatte Pluto, Bernard Lyot sagte im gleichen Jahr über Polarisationsmessung die körnige Mikrostruktur der Mondoberfläche voraus. Im Jahr darauf, 1931, fand Karl Guthe Jansky die Radioquelle „Sagittarius A“ – das Milchstraßenzentrum musste somit ein gigantisches Schwarzes Loch aufweisen, wohl von noch höherer Dichte als die Materie der Neutronen? In den Folgejahren, als 1932 Wolfgang von Gronau eine Erstumrundung der Erde im Flugzeug gelang (mit Pausen) und 1933 (am 2. Oktober) eine Rekordhöhe des bemannten Ballons „USSR“ auf 18400 m erreicht wurde (30. Januar 1934: 20600 m / −77 °C), entwickelten dann 1933 auch Walter Baade und Fritz Zwicky ihre Theorien über den Übergang von Supernovae in Neutronensterne: die Materiedichte dort musste hierin der der Atomkerne entsprechen! Was aber ging in Sternen vor, bevor diese zu solchen Neutronensternen kollabierten? Die Antwort auf diese Frage gelang 1938 Hans Bethe und Carl Friedrich von Weizsäcker, die die Wasserstoff-Fusion zu Helium im C-N-Cyclus entdeckten (stellarer Fusionsprozess, Bethe-Weizsäcker-Zyklus; im gleichen Jahr, in dem Nicholson den 10. und 11. Jupitermond, Lysithea und Carme, fand). Somit war es also möglich, dass Sterne durch Wasserstoff-Fusion aufleuchten und brennen, bis dass ihr Wasserstoffvorrat thermonuklear ausgebrannt ist. Danach kommt es zum „Helium-Flash“, in dessen Folge Helium zu schwereren Elementen fusioniert wird. Die Frage jedoch blieb, ob bei noch massereicheren Riesensternen der gleiche Bethe-Weizsäcker-Zyklus abläuft. Was bleibt am Ende zurück, wenn ein ausgebrannter Riesenstern kollabiert? Erst 1965 fanden Kippenhahn, Thomas, Weigert u. a. Astronomen und Kernphysiker die Lösung: Die Fusion von Wasserstoff und Helium im Riesenstern kann auch nebeneinander ablaufen (ab ca. drei Sonnenmassen). Das Endstadium dieser Prozesse ist dann ein Schwarzes Loch.

Die Urknall- Theorie

Ein erster Radarkontakt zu einem Himmelskörper gelang schon 1946, am 10. Januar (1. Radarecho vom Mond, Weglänge 2,4 Sekunden), und 1951 folgte die Entdeckung der kosmischen 21-cm-Radiostrahlung (vom interstellaren Wasserstoff) und später der 2,6-mm-Strahlung (vom Kohlenmonoxid) und 1956 die Entdeckung der 3K-Hintergrundstrahlung („Echo des Urknalls“, ebenfalls 1956 Erstempfang von Radiostrahlung elektrischer Entladungen aus der Venusatmosphäre) – die Radioastronomie wurde damals also fast gleichzeitig mit der Fernseh- und der Kernenergietechnik entwickelt (1951, am 7. Juli: Erstausstrahlung eines Farbfernsehprogramms, 1952, am 16. November in den USA: Erste Wasserstoff-/Fusionsbombe (H-Bombe), zugleich Entwicklung „Schneller Brüter“ (238U aus 235U und Pu, ab 4. Juni 1953. Am 1. März 1954 zündeten die USA dann im Eniwetok-Atoll eine H-Bombe mit der 600-fachen Kraft der Hiroshimabombe...): Der Mensch hatte den Kernfusionsprozess vom Inneren der Sterne auf die Erde geholt. Kontrollierbar geschah das erstmals am 24. Januar 1958 in den USA: Die erste kontrollierte Kernfusion (bei 100 Mio. °C) weckte theoretisch die Hoffnung, neue, bislang stellare Energiequellen anzapfen zu können.

Die 70er

Am 12. Mai 1971 ging in Effelsberg, Eifel, das erste deutsche Radioteleskop in Betrieb. Doch auch in der optischen Astronomie wurde interessiert und umfassend weitergeforscht: 1973 nahm James van Allen eine systematische Himmelsdurchmusterung vor, pro Quadratgrad wurden bis hinab zur Helligkeit von nur +20m) 31600 Sterne und 500 Galaxien registriert, also 1,3 Milliarden Sterne und 20 Millionen. Galaxien (mit je ca. 200 Milliarden Sternen). Derweil entwarf 1974 Stephen Hawking seine Theorie der Emission virtueller Teilchen aus Schwarzen Löchern (Im gleichen Jahr, am 29. März, erreichte mit Mariner X, mit Hilfe der Swing-by-Technik (Venuspassage 5. Februar 1974) erstmals eine Sonde den innersten Planeten Merkur (weitere Merkurpassagen 21. September 1974, 16. März 1975 usw. – alle 176 Tage).

Viele weitere Aktivitäten in Astronomie und Raumfahrt verfolgten ab Mitte der 70er Jahre nur noch die eine Frage: Gibt es da draußen bewohnbare oder gar bewohnte Welten? Und wenn ja: Wo? Ein erster aktiver Versuch zur Kontaktaufnahme mit außerirdischen Zivilisationen wurde am 16. November 1974 unternommen (Aussendung eines 1,679 kB-Radiosignals zum Kugelsternhaufen M13; Signalankunft dort: Etwa im Jahre 27.000 n. Chr. ...). Zwei Jahre später (1976) gelang Joachim Trümper die Entdeckung eines stellaren Supermagnetfeldes (über 58keV-Strahlung der gyrierenden Elektronen bei HZ Herculis: 5 · 1012 Gauß – Erdmagnetfeld an der Oberfläche: ca. 0,5 Gauß!) und Charles Kowal fand 1977 den ersten Kentauren Chiron (ferner Planetoid, Durchnmesser 200–600 km, Bahnradius 8,5–18,9 AE) – in dem Jahr, in dem auch das äußere Sonnensystem in das Interesse der Raumfahrt rückte:

Jupiternahaufnahme von Voyager 1 (1979)
Die Voyager- Sonde

Am 5. September 1977 startete die NASA Voyager 1, die erste Jupitersonde, der eine Jupiterpassage nach 675 Mio. km Reise am 5. März 1979 gelang, die Saturnpassage folgte im November 1980.

Voyager-Sonde

Am 20. August 1978 startete dann mit Voyager 2 die erfolgreichste Swing-by-Raumsonde aller Zeiten in das äußere Sonnensystem (Missionsdaten: Jupiterpassage 9. Juli 1979, Saturnpassage, Uranusvorbeiflug Januar 1986, Neptunpassage 1989), und noch als sie auf die Reise ging, meldete James W. Christy die Entdeckung des Plutomondes Charon. 1977/78 entdeckte man auch erstmals organischer Moleküle in den Fernen des Weltalls (der interstellaren Materie: z. B. Essigsäure, Methylcyan, Aminomethan, Wasser, Ethanol usw./ radioastronomischer Hinweis auf eine mögliche chemische Evolution?), und die unbemannte Raumfahrt stieß an die Grenzen unseres Sonnensystems (1979/1980 mit Pioneer XI, Voyager II: Entdeckung zahlreicher Jupiter- und Saturnmonde, Erstfotografie und -durchflug des Saturnringes, 1984, Pioneer X: Erste Plutobahn-Passage einer Raumsonde (Gestartet 1972, Bahnpassage genauer: 25. April 1983?).

Die 80er und 90er Jahre

Die Sonde ISEE-3 flog (1985, 11. September) erstmals durch einen Kometenschweif (mit Gasanalyse: Sonde ISEE-3 bei Giacobini-Zinner), und in der Stellar-Astronomie als die Sensation der 80er Jahre gilt die Supernova von 1987 (24. Februar: Erstregistrierung und -fotografie eines Supernova-Ausbruchs (in der Großen Magellanschen Wolke LMC), deren Neutrinos die Erde noch vor den ersten optisch wahrnehmbaren Signalen erreichten. Die Instrumente, die den Astronomen zur Verfügung standen, wurden immer besser, genauer, auch komplizierter – aber mit Beginn der 90er Jahre war es erstmals möglich, optische Beobachtungen von außerhalb der störenden Atmosphäre vorzunehmen: Am 24. April 1990, meldete die NASA stolz den Start des Weltraum-Teleskopes Hubble mit dem Space-Shuttle Discovery. Das neue Beobachtungsgerät ermöglichte – frei von Störungen durch die Erdatmosphäre – in den Folgejahren Himmelsaufnahmen von neuer, großartiger Auflösung. Am 6. August 1993 kam es so zur Entdeckung von Stickstoffeis auf Pluto (statt des zuvor vermuteten Methaneises). Am 27. Dezember 1999 wurde eine Reparatur des Weltraumteleskopes Hubble erforderlich – es half so u. a. weiterhin bei der Entdeckung und Erstfotografie von Braunen Zwergen und gigantischen „Superplaneten“ außerhalb unseres Sonnensystems.

Auch Sonden erforschten unser Sonnensystem weiter: „Galileo“ erreichte am 28. August den Planetoiden Ida und war am 29. Oktober 1991 bei Gaspra, „Ulysses“ am 13. September 1994 über dem Sonnensüdpol und die Galileo-Landekapsel am 7. Dezember 1995 sogar in Jupiteratmosphäre: Erstmals konnte die Gashülle eines Gasriesen spektroskopisch untersucht werden. Am 22. Juli 1995 wurde ein Besucher entdeckt: Alan Hale und Thomas Bopp veröffentlichten die Entdeckung des Kometen Hale-Bopp nahe der Jupiterbahn; der Komet erreichte im März 1997 eine scheinbare Helligkeit von −1m (Er wurde 130 mal heller als der Halleysche Komet!), und „Besuch“ in anderer Form wurde 1996 vermutet, als die Entdeckung von Hinweisen auf außerirdisches Leben in dem vom Mars stammenden Antarktis-Meteoriten ALH84001 gemeldet wurde (Alter 3,6 Mrd. Jahre, noch umstritten).

Planeten außerhalb unseres Sonnensystems

Mit der Entdeckung eines ersten nichtstellaren Himmelskörpers außerhalb unseres Planetensystems machte die Astronomie eine sprunghafte Entwicklung in Sachen Exoplaneten-Suche durch: Am 12. Dezember 1984 meldeten Mc Carthy u. a. die Erstentdeckung eines nichtstellaren Himmelskörpers außerhalb des Sonnensystems, IR-astronomisch: Er entpuppte sich als ein „Brauner Zwerg“ bei Stern Van Briesbroeck 8 (Entfernung 21 Lichtjahre, ca. 30–80 Jupitermassen).

Das 21. Jahrhundert

Für die Kosmologie und ihre Theorien vom Urzustand der Materie (bzw. des Welle-Teilchen-Dualismus derselben) bedeutsam waren zwei Entdeckungen des Jahres 1998: Aus Konstanz wurde die Herstellung eines ersten Bose-Einstein-Kondensates gemeldet: Atome in Rubidiumgas, auf ein Hundertmilliardstel Kelvin abgekühlt, zeigen Welleneigenschaften, ihre quantenphysikalische Wellenlänge übersteigt dabei die Atomkerndurchmesser, und im Forschungszentrum Jülich hatte man erste „Quantentöpfe“ synthetisiert: Sind dies mögliche Transistorbauelemente, in die jeweils nur einzelne Elektronen passt (Durchmesser: 500 nm), können quantenphysikalische Erscheinungen bei Chip-Verkleinerungen in atomare Bereiche die Elektronik ersetzen?

Es wird weiter geforscht, auch im 21. Jahrhundert – an den Bausteinen der Materie des Kosmos ebenso wie an seinen Objekten in den Fernen des Weltraums. So wurden z. B. viele weitere extrasolare Planeten (Exoplaneten, Planemos) entdeckt [8]. Eine vollständige, chronologische Auflistung aller neuen, bedeutsamen Entdeckungen auch nach dem Jahr 2000 wird kaum möglich sein: Die Verdopplungsrate des menschlichen Wissens in Naturwissenschaft und Technik sank zum Jahrtausendwechsel auf etwa alle 3,65 Jahre. Hiervon profitiert natürlich auch die Astronomie – nicht nur in Form der Entdeckung vieler – zig neuer Exoplaneten im Orbit um fremde Sonnen. Es lohnt sich, die jeweils neusten Meldungen über die Medien wie auch in Wikipedia weiter zu verfolgen.

Moderne Astrophysik

Das Weltraumteleskop Hubble, im Hintergrund die Erde

Der größte Teil des Wissens um das Universum stammt aus dem 20. Jahrhundert. Die moderne Astrophysik ist geprägt von dem Versuch, die beobachteten Phänomene und Objekte durch die ihnen zugrunde liegenden physikalischen Gesetze zu verstehen. Wichtige Momente in diesem Prozess sind der Vorschlag Arthur Eddingtons von 1920, die Kernfusion als Energiequelle der Sterne in Betracht zu ziehen und das Erkennen der Spiralnebel als extragalaktische Objekte durch Edwin Hubble 1923 und dessen Idee eines sich ausdehnenden Universums von 1929, die er nach einem Vergleich zwischen Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit der Galaxien vorbringt. Heute gilt das Modell des aus einem Urknall heraus expandierenden Universums als allgemein anerkannt. Die Kosmologie, deren Gegenstand der genaue Ablauf der Anfangsphase des Universums bis hin zur Bildung der ersten Sterne und Galaxien und deren Entwicklung bis heute ist, ist aber nach wie vor ein wichtiges Forschungsgebiet und einzelne Aspekte werden kontrovers diskutiert.

Albert Einstein lieferte mit seiner speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie die Grundlage für viele Theorien der modernen Astrophysik. So basiert beispielsweise die oben genannte Kernfusion auf der Äquivalenz von Masse und Energie, bestimmte extreme Objekte wie Neutronensterne und Schwarze Löcher bedürfen der allgemeinen Relativitätstheorie zur Beschreibung und auch die Kosmologie basiert in weiten Teilen auf dieser Theorie.

Mit dem Beginn der Raumfahrt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekommt die Astronomie Gelegenheit, einige ihrer im Sonnensystem gelegenen Forschungsgegenstände direkt aufzusuchen und wissenschaftliche Analysen vor Ort vorzunehmen. Doch mindestens ebenso wichtig ist der Wegfall der Beschränkungen der Erdatmosphäre, mit dem sich durch satellitengestützten Observatorien der Ultraviolettastronomie, der Röntgenastronomie und der Infrarotastronomie neue Wellenlängenbereiche und damit neue Fenster ins Universum öffnen, von denen jedes zuvor ungeahnte Erkenntnisse erbringt. Mit der Erforschung von Neutrinos der Sonne und der Supernova 1987A, der Beobachtung von Teilchenschauern der kosmischen Strahlung und dem Bau von Gravitationswellendetektoren beginnt die moderne Astronomie außerdem erstmals andere Strahlungsarten als die elektromagnetische Strahlung zu untersuchen. Gleichzeitig bieten sich der visuellen Astronomie mit Teleskopen wie dem Hubble-Weltraumteleskop oder dem Very Large Telescope neue Beobachtungsmöglichkeiten.

Mitte der 1990er wurden erstmals Exoplaneten, d. h. Planeten außerhalb des Sonnensystems gefunden, zuerst um einen Pulsar, 1995 dann um einen Hauptreihenstern. Seither nimmt die Zahl der bekannten Exoplaneten ständig zu, im Mai 2006 waren schon über 130 Planetensysteme bekannt. Auf den bisher entdeckten Planeten ist ein Leben ähnlich dem auf der Erde, also mit wässriger Biochemie, ausgeschlossen, allerdings liegt die Entdeckung erdähnlicher Planeten noch außerhalb der technischen Möglichkeiten. Mit Methoden wie der Interferometrie hoffen Astronomen jedoch, schon bald nach erdgroßen Planeten um benachbarte Sterne suchen und spätestens in der nächsten Generation deren Atmosphären spektroskopieren zu können.

Quellen

  1. a b Einf. in die Astrononie, Uni Münster, 2007
  2. F.R. Stephenson: Historical Eclipses and Earth's Rotation. Cambridge University Press, Cambridge (UK) 1997, S. 125ff.
  3. Gerald Avery Wainwright; B. Gunn: In: Annales du service des antiquités de l’égypte 26 (1926), S. 160-171
  4. lexikon.meyers.de Thales_von_Milet
  5. WDR Thales von Milet
  6. Hipparchos als Vordenker von Ptolemäus
  7. Hipparchos entdeckte die Präzessionsbewegung der Erde
  8. Terrestrial Planet Finder

Literatur

Wichtige Werke

Weiterführende Literatur

  • Bücher
    • Heinz Haber: Der Stoff der Schöpfung. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1968, ISBN 3499166259.
    • Joachim Herrmann: dtv-Atlas Astronomie. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1998 (13. Aufl.), ISBN 3423030062.
    • Dietmar Fürst, Dieter Herrmann u. a.: Astronomie Sekundarstufe II. paetec Gesellschaft für Bildung und Technik, Berlin 1998 (2. Aufl.), ISBN 3895173061.
    • Norbert Panek: Das Auge Gottes – das Teleskop und die lange Entdeckung der Unendlichkeit. Klett-Cotta, Stuttgart 2001, ISBN 3-608-94272-6 (Astronomiegeschichte dargestellt anhand der Erfindung und Weiterentwicklung des Teleskops).
    • Sven P. Thomas: Ursprung des Lebens. S. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3596161282.
    • Michael Wächter: Außerirdische Biochemie – sind wir allein? in: Michael Wächter: Stoffe, Teilchen, Reaktionen. Verlag Handwerk und Technik, Hamburg 2000, S. 135. ISBN 3-582-01235-2.
  • Zeitschriftenartikel
    • Peter Janle: Das Bild des Planetensystems im Wandel der Zeit. Teil 1. Vom Altertum bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. in: Sterne und Weltraum. Spectrum der Wissenschaft, Heidelberg 45.2006,1, S. 34–44. ISSN 0039-1263.
    • Peter Janle: Das Bild des Planetensystems im Wandel der Zeit. Teil 2. Vom 19. Jahrhundert bis heute. in: Sterne und Weltraum. Spectrum der Wissenschaft, Heidelberg 45.2006,4, S. 22–33. ISSN 0039-1263.
    • Thomas Bührke: Sternstunden der Astronomie. Von Kopernikus bis Oppenheimer. C.H. Beck, München 2001, ISBN 340647554X.
    • Norbert Panek: Das Auge Gottes - das Teleskop und die lange Entdeckung der Unendlichkeit. Klett-Cotta, Stuttgart 2001, ISBN 3-608-94272-6 (Astronomiegeschichte dargestellt anhand der Erfindung und Weiterentwicklung des Teleskops).
    • Wolfgang R. Dick, Jürgen Hamel (Hrsg.): Beiträge zur Astronomiegeschichte. Bd 5. Acta Historica Astronomiae. Harri Deutsch, Frankfurt/M 2002. ISBN 3817116861.
    • Jürgen Hamel: Geschichte der Astronomie. Kosmos, Stuttgart ²2002, ISBN 3440091686
    • Ernst Künzl: Himmelsgloben und Sternkarten. Astronomie und Astrologie in Vorzeit und Altertum. Theiss, Stuttgart 2005. ISBN 3806218595.
    • P. Murdin (Hrsg.): Encyclopedia of Astronomy & Astrophysics. IoP Publishing, Bristol 2001, ISBN 0333750888 (auch online).
    • John North: Viewegs Geschichte der Astronomie und Kosmologie. Springer, Berlin 1997, ISBN 3540415858
    • Günter D. Roth: Astronomiegeschichte (Astronomen, Instrumente, Entdeckungen). Kosmos-Franckh, Stuttgart 1987, ISBN 344005800X.
    • Robert Powell: "Geschichte des Tierkreies" Tübingen 2007, ISBN 978-3-937077-23-9
    • Rudolf Simek: Erde und Kosmos im Mittelalter: Das Weltbild vor Kolumbus. C.H. Beck, München 1992, ISBN 3406358632.
    • Harry Nussbaumer: "Das Weltbild der Astronomie". 2007, ISBN 978-3-7281-3106-5, 2.erw. und akt. Auflage. vdf Hochschulverlag.
Commons: Geschichte der Astronomie – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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