Lucius Cornelius Sulla Felix

Lucius Cornelius Sulla Felix (* um 138/134 v. Chr.; † 78 v. Chr.; manchmal auch Sylla geschrieben[1]) war ein römischer Politiker, Feldherr und Diktator in der Spätphase der Römischen Republik.
Sulla konnte besonders vor der Übernahme der Diktatur bedeutende militärische Erfolge erzielen. Als Quaestor beendete er den Jugurthinischen Krieg. Aufgrund seines militärischen Erfolges im Bundesgenossenkrieg wurde er 88 v. Chr. zum Konsul gewählt. Als Konsul vollzog Sulla den ersten Marsch auf Rom und konnte gestützt auf seine militärische Macht die Stadt einnehmen. Bis Ende 86 v. Chr. gelang es ihm, Griechenland von Mithridates zurückzuerobern, doch sah er aufgrund der innenpolitischen Lage von einem weiteren Kampf ab und führte das Heer erneut gegen Rom. Bei den folgenden Kämpfen gegen seine innenpolitischen Gegner konnte Sulla sich durchsetzen und wurde 82 v. Chr. zum Diktator ernannt. Durch seine zeitlich unbeschränkte Kompetenz legibus scribundis et rei publiace constituendae („Gesetze zu geben und den Staat zu ordnen“) führte er die ersten Proskriptionen der römischen Geschichte durch. Mit seiner Diktatur betrieb er eine systematische Restauration der Senatsherrschaft und die Schwächung aller institutionellen Nebenkräfte. In einem überraschenden Akt legte Sulla 79 v. Chr. die Diktatur nieder und zog sich auf sein Landgut nach Puteoli zurück. Sein Name gilt bis zur Gegenwart als Inbegriff von Grausamkeit und Terror.
Leben bis zur Diktatur
Herkunft und Jugend
Sulla entstammte dem patrizischen Geschlecht der Cornelier. Im Gegensatz zu diesem erfolgreichen Zweig war seit der Bekleidung des zweiten Konsulats durch Publius Cornelius Rufinus im Jahre 277 v. Chr. niemand mehr aus der Familie Sullas zum höchsten Staatsamt aufgestiegen. Auch Sullas Vater Lucius Cornelius und sein Großvater konnten nicht an den Ruhm ihrer früheren Vorfahren anschließen. Der Großvater bekleidete die Praetur im Jahre 186 v. Chr., während die Ausübung einer Praetur des Vaters strittig ist. Sulla wuchs mit seinem Bruder Servius Cornelius und seiner Schwester auf. Da seine Mutter schon früh starb, stand Sulla überwiegend unter der Obhut einer Amme. Sein Vater ging nach dem Tod eine weitere Ehe mit einer wohlhabenden Frau ein. Von seinem Vater ist nichts weiter bekannt, als dass er ihm so wenig hinterlassen hat, dass Sulla als junger Mann in einem Mietshaus mit freigelassenen Sklaven lebte.[2] Als Fünfzehnjähriger erhielt Sulla die toga virilis. Die kommenden Jahre verbrachte er im Umfeld des Theaterwesens und pflegte einen freizügigen Lebenswandel im Umgang mit Gauklern und Schauspielern. Neben der Ehe mit einer Iulia, die früh verstarb und einer Aelia, von der nur der Name bekannt ist, hatte Sulla ein Verhältnis mit der Prostituierten Nikopolis, die ihn sogar als Erben einsetzte. Aber erst als er das Vermögen seiner Stiefmutter erbte, verfügte er über die Mittel, um eine standesgemäße Laufbahn einschlagen zu können.
Der Jugurthinische Krieg

Durch einen intensiven Wahlkampf wurde Sulla 107 v. Chr. zum Quaestor gewählt. Er wurde dem Heer des Gaius Marius zugeordnet, welches in Nordafrika operierte und den Krieg gegen die Numidier zu einem erfolgreichen Ende bringen sollte.
Der Konflikt mit Numidien begann mit dem Tod des numidischen Königs Micipsa. Es war dessen Politik zuzuschreiben, dass die einheimischen Königreiche in ein Vasallenverhältnis zu Rom traten. Nach dessen Tod im Jahr 118 v. Chr. brachen Thronstreitigkeiten zwischen seinen zwei leiblichen Söhnen Adherbal und Hiempsal aus. Jugurtha, der als unehelicher Sohn in der Geburtsfolge die geringsten Ansprüche hatte, versuchte die ganze Macht in Numidien an sich zu reißen. Zum Konflikt mit Rom kam es, als Jugurtha gegen Adherbal Krieg führte und diesen bei Cirta schlug. Hierbei wurde auch eine größere Anzahl an Römern und Italikern getötet. Roms Interventionen wurden zunächst durch Bestechungen Jugurthas unterbunden. Bald darauf stattfindende Vertragsverhandlungen in Rom scheiterten aufgrund des Verhaltens Jugurthas, der den numidischen Prinzen Massiva umbringen ließ und dem Mörder zur Flucht verhalf; Jugurtha konnte indes Rom noch unbehelligt verlassen.[3]
Im nunmehr beschlossen Krieg gegen Jugurtha konnte Quintus Caecilius Metellus zwar einige Erfolge, doch keine endgültige Entscheidung der Kämpfe herbeiführen, da sich Jugurthas schnelle Kavallerie immer wieder dem Kampf mit den Römern entzog. Auch war es Jugurtha gelungen, Bocchus von Mauretanien auf seine Seite zu ziehen. Sulla konnte sich bei den ersten ihn zufallenden militärischen Kommandos bewähren. Es gelang ihm, der offensichtlich sehr schwachen und unterlegenen römischen Reiterei Verstärkung von den Bundesgenossen und aus Latium zukommen zu lassen und sie an Marius zu übergeben. Nachdem schließlich Cirta von römischen Truppen erobert worden war, fürchtete Bocchus um seine Herrschaft und nahm Verhandlungen mit den Römern auf. Diese Friedensverhandlungen führte Sulla an, der das Vertrauen des Bocchus gewinnen konnte, vor allem indem er eine mauretanische Gesandschaft bei ihrer Romreise beriet und großzügig unterstützte. Infolge dieses Vertrauens konnte während einer inszenierten Verhandlung der ahnungs- und waffenlose Jugurtha in einen Hinterhalt gelockt und gefangengenommen und somit der Krieg beendet werden.[4] Indem Sulla offen durch die Anfertigung eines Siegelringes und der Prägung von Münzen die Beendigung des Jugurthinischen Krieges für sich beanspruchte, wurde er berühmt und konnte somit seine gesellschaftliche Stellung in Rom als auch seine weitere Laufbahn sichern. Diese Inanspruchnahme des Erfolges verschlechterte allerdings seine Beziehungen zu Marius nachhaltig.
Gleichwohl wurde Marius in Rom durch seine militärischen Erfolge in Numidien als befähigt angesehen, die drohende Germaneninvasion aufzuhalten, und somit für das Jahr 104 v. Chr. und die folgenden vier Jahre zum Konsul gewählt. Die bereits im Jugurthinischen Krieg in Ansätzen eingeleitete Heeresreform führte Marius zum Abschluss, indem er das römische Militär in ein Berufsheer umwandelte. Aufgrund der Verdrängung italischer Bauern durch Sklaven war es den Soldaten zunehmend nicht mehr möglich, nach Ableistung ihres nun zwanzigjährigen Dienstes auf Familienbesitzungen zurückkehren zu können, sondern die Altersversorgung der Veteranen war nur mehr gewährleistet, indem der Feldherr sie mit Land versorgte. Die Loyalität der Soldaten war nun permanent an den Feldherrn und nicht an die Res Publica gebunden. Die daraus folgende Konzentration von Macht stürzte die Republik in Bürgerkriege, die letztlich ihren Untergang brachte.
Kimbern und Teutonen

Der Konflikt mit den germanischen Völkerschaften brach schon während des afrikanischen Krieges aus. Aufgrund von verheerenden Fluten mussten sich eine Reihe von Stämmen, die in Jütland und in den norddeutschen Tiefebenen ansässig waren, neue Siedlungsräume suchen. Zu diesen Stämmen gehörten die Kimbern, die Teutonen, die Ambronen und die Haruden. Gegen die machtvollen germanischen Wanderstämme, die durch ganz Gallien und selbst Teile Spaniens und Belgiens zogen, musste das römische Heer zahlreiche Niederlagen hinnehmen. So kamen bei der vernichtenden Niederlage am 6. Oktober 105 v. Chr. 80.000 Römer um.[5] Im Germanenkrieg des Jahres 104 v. Chr. konnte Sulla als Legat und Kriegstribun Copillus, den Anfüher der Tectosagen, gefangen nehmen und die römische Vormacht sichern. Als Kriegstribun konnte er 103 v. Chr. durch Verhandlungen den Stamm der Marser auf seine Seite ziehen. Aufgrund der immer schlechter werdenden Beziehungen zwischen Marius und Sulla ließ dieser sich zu den zwei Legionen des Quintus Lutatius Catulus nach Norditalien versetzen. Marius hingegen konnte im Sommer 102 v. Chr. die Ambronen und die Teutonen vernichtend schlagen. Einer anderen Situation sah sich das Heer des Catulus und Sulla gegenüber, das seine Stellung nicht halten konnte und sich bis hinter den Po zurückziehen musste. Die Jahreszeit war zu weit fortgeschritten, als dass Rom seine Gegner in Oberitalien noch hätte schlagen können. Für das Jahr 101 v. Chr. sammelte Marius alle verfügbaren Truppen und stieß im Sommer des Jahres mit 55.000 Mann gegen die Kimbern vor.[6], die auf den Raudischen Feldern bei Vercellae vernichtend geschlagen wurden. Sulla konnte aus dem Germanenkrieg nicht allzu große Vorteile gewinnen. Durch den Dienst unter Catulus konnte er jedoch seine Verbinung zu den Optimaten stärken, die sich für die Interessen der Aristokratie einsetzten.
Provinzialpolitik

Die Fortführung der politischen Laufbahn brachte für Sulla einige Probleme. Die Quaestur hatte er zum frühestmöglichen Zeitpunkt erreicht. Das Amt des Aedilen bot für ihn keinen Reiz, da hierzu Verwaltungsaufgaben und Jurisdiktion gehörten und eine längere Abwesenheit aus Rom notwendig war, die ihm Zugang zu den maßgeblichen Kreisen des Senates verwehrt hätte. Somit versuchte Sulla sich 98 v. Chr. zum frühestmöglichen Zeitpunkt für die Praetur zu bewerben, blieb jedoch ohne Erfolg. Im Folgejahr bewarb er sich erneut für das Amt. Diesmal konnte er durch Stimmenkauf[7] und Versprechungen an das Volk, als künftiger Praetor Spiele abzuhalten, die Wahl für sich entscheiden. Großzügig ließ er nun die ludi Apollinares − Spiele zu Ehren des Gottes Apollo − abhalten und ehrte damit seine bevorzugte Gottheit, an die er stets festhielt.
Anschließend wurde ihm als Statthalter Kilikien übertragen, ob als Proprätor oder als Legat mit prokonsularischer Amtsgewalt bleibt strittig.[8] Dort geriet Sullas Aufgabenbereich in das Interessenfeld von Mithridates VI., der damals seinen Einfluss in jenem Gebiet erweitern wollte. Nach dem Untergang der kappadokischen Königsdynastie hatte Mithridates Ariobarzanes vertrieben und seinen Vertrauensmann Gordius dort als Machthaber installiert. Ariobarzenes floh nach Rom und sorgte dafür, dass der Senat Maßnahmen ergriff, um ihn wieder auf den Thron zu setzen. Im Sommer des Jahres stellte Sulla ein Heer auf, mit dem die Rückführung des kappadokischen Königs durchgeführt werden sollte. In Kappadokien traf er auf das gegnerische Heer, bestehend aus kappadokischen und armenischen Einheiten, welches er noch im selben Jahr bis zum Euphrat zurückdrängte. Dort erreichte ihn Orobazos, ein Gesandter des Partherkönigs Mithridates II., der mit Sulla eine grundlegende friedliche Regelung zwischen beiden Staaten auf friedlicher Basis herbeiführen wollte. Es war die erste Kontaktaufnahme zwischen den beiden Großreichen, durch die Sulla sich geschickt in Szene setzen konnte, indem er bei den Verhandlungen in der Mitte Platz nahm, unterdessen blieben für Ariobarzanes und den parthischen Gesandten nur die beiden seitlichen Plätze übrig. Während dieser politischen Ereignisse soll ihm ein chaldäischer Seher eine große Zukunft vorhergesagt haben.[9]
Das erste Konsulat

Im Zuge seiner Tätigkeit in Kappadokien hatte er erhebliche Geldsummen eingezogen, von denen einige meinten, sie seien zu Unrecht kassiert worden und wohl in Sullas private Kasse gelangt. Nach seiner Rückkehr nach Rom reichte ein gewisser Censorinus Klage gegen ihn ein. Eine gerichtliche Verfolgung blieb allerdings erfolglos, vermutlich da der Senat ihn als Gegenspieler für Marius aufbauen wollte.[10]
Jedoch hatte das Verfahren Sullas Chance auf den Erwerb des Konsulats drastisch gemindert, so dass er zunächst auf eine Bewerbung verzichtete. Auf Bitten Sullas und wohl auch durch Einwilligung des Senates stellte Sullas alter Freund Bocchus I. ein aufwendiges Monument als Weihegeschenk auf dem Kapitolshügel auf, dass diesen zum Sieger im Numidischen Krieg stilisierte. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Marius, der Sulla den Vorwurf machte, er würde sich zu Unrecht mit dem Ruhm des Sieges schmücken, blieb wegen der Geschehnisse im Vorfeld des Bundesgenossenkrieges aus.
Zum Ausbruch des Bundesgenossenkrieges kam es als der Volkstribun Marcus Livius Drusus sich der Probleme der so vielfach benachteiligten Italiker annahm und ihnen das Bürgerrecht verschaffen wollte. Ferner sollten die Geschworengerichte wieder formell dem Senat zugeordnet und mit 300 Rittern aufgefüllt werden. Daneben wollte er alte populare Forderungen durchsetzen, wie die Verbilligung der Getreideverteilungen an die römischen Bürger, neue Ansiedlungen und die Gründung von Kolonien. Der Senat und die Anhänger der Nobilität leisteten gegen diese Vorhaben massiven Widerstand. Schließlich erklärte der Konsul Marcius Philippus die Gesetze für rechtswidrig. Wenig später wurde Drusus ermordet.
Der Tod des Drusus führte zum Ausbruch des Bundesgenossenkrieges. Sulla trat als Legat im Heer des Lucius Iulius Caesar an, wobei er den Kampf gegen die Samniten, die eine der Hauptrollen in diesem Konflikt spielten, wie seine Vorfahren zu seiner persönlichen Sache machte.[11] Roms Feldherrn erlitten zahlreiche Misserfolge, so gelang es M. Claudius Marcellus nicht, die Stadt Venafrum, daran zu hindern, von Rom abzufallen. Auch Sulla war nicht vor Fehlschlägen gefeit, da er mit dem Heer von den Samniten und ihren Verbündeten überrascht wurde und sich zurückziehen musste. Die Misserfolge der römischen Feldherrn hatten zur Folge, dass bis auf Nuccera und Accerae zahlreiche Städte von Rom abfielen. Angesichts der nicht besonders guten militärischen Lage brachte Lucius Iulius Caesar, der im Spätherbst 90 v. Chr. nach Rom zurückgekehrt war, die lex Iulia de civitate sociis danda ein, mit der allen bislang treu gebliebenen Bundesgenossen das römische Bürgerrecht zugebilligt wurde.
Die Volkstribunen Marcus Plautius Silvanus und Gaius Papirus Carbo brachten für das Jahr 89 v. Chr. bald nach ihrem Amtsantritt mit der lex Plautia Papiria eine weitere Gesetzesvorlage ein, durch die allen Aufständischen, die sich binnen 60 Tagen meldeten, das Bürgerrecht zugesprochen wurde. Dadurch konnte Rom neue Kräfte für den Krieg mobilisieren. Ebenfalls im Jahr 89 v. Chr. kam es zu einer Neuordnung in der militärischen Führung. Sulla übernahm das militärische Kommando von Lucius Iulius Caesar, der zum Censor gewählt wurde, während Marius aufgrund seines Alters und seiner geringen Entschlussfreudigkeit bei der Kriegsführung durch Lucius Porcius Cato ersetzt wurde. Durch Sullas Eroberungen der Orte Stabiae und Herculaneum war er in die Lage versetzt, die stark befestigte Stadt Pompeji anzugreifen. Der Befehlshaber des Bundesheeres Gaius Papius Mutilius schickte ein Entsatzheer unter der Leitung von Lucius Cluentius gegen die Truppen Sullas. In der folgenden Schlacht wurde Cluentius vernichtend geschlagen. Durch seine militärischen Erfolge verlieh ihm das Heer den Graskranz. Pompeji, das nun keine Hilfe von außen erwarten konnte, musste sich im Herbst des Jahres 89 v. Chr. geschlagen geben. Schließlich wurde auch Bovianum, die Hauptstadt der Samniten, durch Sulla eingenommen.
Durch seine militärischen Erfolge im Laufe des Bürgerkrieges und aufgrund seiner kilikischen Statthalterschaft verfügte er über gute Landeskenntnisse für den Krieg gegen Mithridates, so dass er problemlos mit Quintus Pompeius Rufus im Jahre 88 v. Chr. zum Konsul gewählt wurde. Nach der Wahl zum Consul verband er sich mit der mächtigen Familie der Meteller, indem er sich von einer Cloelia wegen Unfruchtbarkeit trennte und die Caecilia Metella Dalmatica in 4. Ehe heiratete, die Witwe des Marcus Aemilius Scaurus, der zu den führenden Köpfen der Republik zählte. Aus Sicht der Meteller war Sulla interessant, da er durch seine militärischen Fähigkeiten ein Gegengewicht zu Marius und den Popularen bildete. Durch das Konsulat erhielt Sulla die Provinz Asia samt Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates VI.
Der Erste Marsch auf Rom

Für seine Kriegspläne benötigte Sulla Finanzmittel. Auch war der Bundesgenossenkrieg noch nicht endgültig zum Erliegen gekommen, und die innenpolitische Lage bewegte Sulla dazu, nach Rom zurückzukehren. In der Folge des Bundesgenossenkrieges kam es zum Streit zwischen Sulla, der eine konservative Linie hinsichtlich der Neubürgerfrage vertrat, und dem Volkstribun Publius Sulpicius Rufus. Sulpicius nahm sich der Interessen der Bundesgenossen an und wollte die Neubürger sowie Freigelassenen, die auf römischer Seite gekämpft hatten, in die bereits bestehenden 35 Tribus eingliedern. Der Senat dachte aber daran, die Neubürger in eigene Tribus einzugliedern, die nicht die die gleichen Stimmrechte wie die bereits bestehenden erhalten sollten. Daneben forderte Sulpicus nicht nur die Ausschließung überschuldeter Senatsmitglieder, sondern auch, Sulla das Kommando im Mithridatischen Krieg zu entziehen sowie dieses dem Popularen Marius zu übertragen.
Der Versuch der Konsuln, durch einen religiös begründeten Geschäftsstillstand die Abhaltung einer Volksversammlung zu verhindern, scheiterte. Es kam zu Tumulten. Beide Konsuln mussten fliehen. Sulla suchte Schutz im Haus des Marius und musste unter Gewaltandrohung den sulpicischen Gesetzen zustimmen. Unter diesen Umständen zog Sulla sich zu seinem Heer nach Nola zurück, das schon im Bundesgenossenkrieg unter seinem Kommando stand. Unterdessen hatte Marius in Rom durch Sulpicus’ Initiative den Oberbefehl über das Heer im Krieg gegen Mithridates erhalten. Als zwei Militärtribunen Sullas Heer bei Nola gemäß dem Beschluss der Volksversammlung übernehmen wollten, hatte Sulla sein Heer bereits in einer Rede daran erinnert, dass Marius mit einem anderen Heer in den Krieg ziehen könne, so dass den Soldaten die im Bundesgenossenkrieg treu gedient hatten, die reiche Beute im Osten vorenthalten würde.[12] Die beiden Militärtribunen wurden daraufhin gesteinigt und an Sulla erging der Appell, die Armee gegen Rom in Marsch zu setzen, worauf alle Offiziere bis auf einen Quaestor die Gefolgschaft versagten.[13] Sulla führte somit erstmals als Römer ein eigens Heer gegen die Hauptstadt.
Sulla gliederte sein Heer in mehrere Gruppen zum Angriff auf Rom. Die Stadt mit ihren weitgehend veralteten Verteidigungsanlagen konnte einem so großen Heer kaum Widerstand leisten. Die Einnahme Roms stellte Sulla als Rettung des Staates dar.[14] Sulla ließ zwölf Personen der politischen und militärischen Führung der Popularen zu Staatsfeinden erklären. Sämtliche Gesetze und Anordnungen des Sulpicus wurden annulliert. Dieser selbst wurde ergriffen und getötet, während es Marius gelang, nach Africa zu entkommen.
Sulla ließ nun einige Gesetze verabschieden, wie die Zustimmung des Senats zu Gesetzesvorlagen der Volkstribune, die weitere Entscheidungsfindung wurde von Tributkomitien zu den Centuriatskomitien verlagert und der Senat wurde um 300 prosullanische Mitglieder erweitert.[15] Neben diesen drei von Appian erwähnten Gesetzen wird noch ein Gesetz über die Anlage von Kolonien und ein Schuldengesetz genannt. Sullas weitere Handlungen waren wohl provisorischer Natur, da ein sofortiges Handeln gegen Mithridates unbedingt erforderlich war, um die Glaubwürdigkeit Roms im Osten zu wahren, andererseits erkannte er auch, dass die politischen Strukturen einer zeitintensiven Neuordnung bedurften. Auch auf Druck seiner Anhänger ließ Sulla Konsulwahlen für das Jahr 87 v. Chr. durchführen. Seine sinkende Popularität beim römischen Volk und auch bei seinen Anhängern zeigte sich in den folgenden Wahlen, in denen sich neben dem von Sulla favorisierten Gnaeus Octavius, mit Lucius Cornelius Cinna ein erklärter Sulpicus-Anhänger durchsetzte, und im Scheitern des Versuchs, das Heer des Proconsuls Gnaeus Pompeius Strabo an seinen Amtskollegen Quintus Pompeius Rufus zu übergeben, da dieser von Soldaten getötet wurde. Sulla begnügte sich mit einer Vereidigung Cinnas, keine feindseligen Handlungen zu begehen, und setzte als Prokonsul mit seinem Heer von Brundisium nach Epirus über.
Rom und Italien 87– 84 v. Chr.
Cinna brach den Eid, nichts gegen die Anordnungen Sullas zu unternehmen, und griff die Gesetzesinitiative des Sulpicus über die Zuweisung der Neubürger in die Tribus wieder auf. Sein Mitkonsul Octavius leistete dem Vorgehen Cinnas allerdings erbitterten Widerstand. Es kam zu Straßenschlachten, bei denen Cinna dem Octavius unterlag und zum hostis, zum Feind, erklärt wurde. Cinna floh über Praeneste nach Nola, wo er die Truppen durch massive Bestechungen auf seine Seite ziehen konnte. Neben den Truppen konnte er auch die Neubürger für seine Sache gewinnen. Ferner holte Cinna den greisen Marius aus dem nordafrikanischen Exil zurück. Die Stadt Rom wurde von Cinna und Marius gegen Ende des Jahres 87 v. Chr. eingenommen. Dem folgenden Terror fielen eine ganze Reihe von Aristokraten zum Opfer, so wurde Octavius ebenso wie Marcus Antonius ermordet. Quintus Lutatius Catulus entging der Rachsucht des Marius durch Selbstmord. Sullas Frau konnte sich mit den Kindern nach Griechenland in das Feldlager ihres Gatten absetzen. Sullas Haus wurde zerstört, sein Besitz eingezogen und er selbst geächtet. Das Siegesmonument auf dem Kapitol wurde dem Erdboden gleichgemacht. Im Jahr 86 v. Chr. wurden Wahlen abgehalten, bei denen Cinna und Marius zu Konsuln gewählt wurden. Marius konnte sein siebtes Konsulat gerade noch antreten, als er nach wenigen Tagen einer Lungenentzündung erlag. Lucius Valerius Flaccus folgte Marius im Konsulat. Cinna wurde für die nächsten drei Jahre zur mächtigsten Persönlichkeit in Rom. Die Volksversammlung wurde nicht mehr einberufen und er regelte alle Entscheidungen – wie die Ernennung der Konsuln − in eigener Verantwortung. Er selbst bekleidete das Konsulat ununterbrochen von 87 bis 84 v. Chr. Dennoch wusste Cinna, dass seine Zukunft vom Ergebnis der Kämpfe Sullas im Osten abhing. Deshalb wurde ein zwei Legionen starkes Heer aufgestellt und unter dem Befehl des Valerius Flaccus im Sommer 86 v. Chr. nach Griechenland geschickt. Flaccus wurde später von seinen Truppen ermordet. Sein Nachfolger Gaius Flavius Fimbria setzte seine Operationen unabhängig von Sulla gegen Mithridates fort. Cinna selbst wurde 84 v. Chr. von meuternden Verbänden in Ancona erschlagen.
Der 1. Mithridatische Krieg

Mithridates VI., König von Pontos, setzte die Expansionspolitik seines Vaters zielstrebig und in noch größeren Rahmen fort. Da die Bewohner der Provinz Kleinasien von der römischen Verwaltung ausgebeutet wurden und der Bundesgenossenkrieg sowie der Bürgerkrieg in Rom den römischen Widerstand lähmte, eröffnete der König seine Großoffensive. Im Laufe seines Vordringens proklamierte Mithridates sich zum Befreier der Griechen vom römischen Joch. Um seine Kriegskassen zu füllen, befahl Mithridates per Erlass die Ermordung aller Italiker und Römer. Bei der Auführung dieses Blutbefehls von Ephesos wurden 80.000 Italiker und Römer ermordet. Der Bruch mit Rom war damit endgültig. Mithridates VI. bot zu Anfang des Jahres 88 v. Chr. ein Heer von 250.000 Infanteristen, 40.000 Reitern und 130 Sichelwagen auf.
Im Frühjahr des Jahres 87 v. Chr. setzte Sulla mit fünf Legionen und einer kleinen Zahl an Reitern nach Epirus über.[16] Sulla zog langsam durch Aitolien nach Thessalien, um die abgefallenen griechischen Städte durch die Präsenz eines großen Heeres zur Aufgabe zu bewegen. Noch vor dem Sommer 87 v. Chr. hatte Sulla weite Teile Griechenlands wieder unter Kontrolle. Dadurch zogen sich schließlich die Anführer des Mithridates, Aristion und Archelaos, nach Athen und Peiraieus zurück. Ein erster Angriff Sullas auf die pontische Basis Peiraieus scheiterte. Um die Stadt einnehmen zu können, entschloss sich Sulla, einen Belagerungsring um den Peiraieus zu ziehen. Günstiger war für Sulla die Situation in Athen, wo Sulla erfuhr, dass eine Mauerabschnitt nicht mehr ausreichend besetzt war. Durch diese Bresche konnten die Truppen Sullas ungehindert im März 86 v. Chr. in die Stadt eindringen.[17] Bei der Einnahme der Stadt konnte Aristion fliehen. Erst als einigen römischen Senatoren das Morden und Plündern der Stadt zu weit ging, lenkte Sulla ein.[18] In der Zwischenzeit drang das populare Heer unter Fimbria weiter nach Kleinasien vor, unterwarf einzelne Verbände des Mithridates von Pontos und plünderte Ilion. Es gelang ihm sogar, Mithridates selbst bei Pitane einzuschließen, den jedoch der Flottenkommandant Lucullus, auf Anweisung Sullas, zur See entkommen ließ.
Nach dem Athen eingenommen war, gelang Sulla es schließlich mit einer größeren Truppenanzahl unter erheblichen römischen Verlusten auch den Peiraieus einnehmen.[19] Damit konnte Sulla die Operationsbasis der pontischen Truppen auf dem griechischen Festland unter Kontrolle bringen. Im Frühjahr und im Herbst des Jahres 86 v. Chr. trat Sulla den pontischen Truppen bei Chaironeia und Orchomenos entgegen. In beiden Schlachten ließ Sulla breite Gräben ziehen, welche die pontische Kavallerie und die Kampfwagen behinderten. In erbitterten Kämpfen konnte Sulla mit seiner großen militärischen Erfahrung und der Disziplin in seinem Heer den zahlenmäßig überlegenden Feind schlagen, der weithin aus unkoordinierten ethnisch nicht homogenen Verbänden bestand.
Neuordnung Kleinasiens und Auseinandersetzung mit Fimbria
Mit der Schlacht von Orchomenos war die römische Herrschaft über die griechischen Stadtstaaten verteidigt. Jedoch war es Sulla, der über keine Flotte verfügte, nicht möglich, Euboia einzunehmen. Einerseits hätte eine Fortführung des Krieges gegen Mithridates in Kleinasien und besonders in dessen pontischer Basis Jahre dauern können und Sulla somit aus Rom ferngehalten. Andererseits bildete sich in vielen kleinasiatischen Städten eine entschiedene Opposition gegen Mithridates. Aufgrund dieser Pattsituation wurde der Krieg durch den Friedensvertrag von Dardanos im Jahr 85 v. Chr. beendet. Sulla gewährte dem pontischen Herrscher einen günstigen Frieden: Er hatte seine Eroberungen aufzugeben und 2000 Talente zu zahlen und 70 voll ausgerüstete Kriegsschiffe zu übergeben. Mithridates wurde dabei sogar durch Umarmung und Kuss als römischer Bundesgenosse geehrt,[20] während er von den Städten in Asia, die sich Mithridates angeschlossen hatten, 20.000 Talente forderte. Besonders hart wurde hierbei Ephesos bestraft, das zu bereitwillig Mithridates gefolgt war. Die Stadt verlor Teile ihres Territoriums. Die Anführer der antirömischen Partei wurden hingerichtet und die Stadt gebrandschatzt. Klazomenai, Milet und Ohokeia verloren ihre Freiheit, und auch Pergamon, die Residenz des pontischen Königs, hatte schwer unter Sulla zu leiden. Neben den Gewaltmaßnahmen Sullas wurden die Städte auch finanziell stark belastet. Zunächst quartierte Sulla sein Heer in den Städten ein und verpflichetet diese, für den Unterhalt der Soldaten zu sorgen. Der gewöhnliche Soldat kostete den Bürger pro Tag 16 Drachmen, ein Centurio erhielt eine Löhnung von 50 Drachmen pro Tag. Weiterhin mussten die Städte zunächst binnen eines Jahres die rückständigen Steuern für die Jahre 88–84 v. Chr. zahlen. Darüber hinaus mussten die kleinasiatischen Städte die Kosten für den Krieg und die Reorganisation der Provinz übernehmen, die mit 20.000 Talenten veranschlagt wurden. So massiv Sulla die griechischen Städte strafte, die am Krieg gegen Rom teilgenommen hatten, so großzügig wurden die loyalen Städte belohnt. So wurden Ilion, Chios und Gemeinden in Lykien sowie Rhodos mit erheblichen Privilegien bedacht.
Nach der Neuordnung Kleinasiens setzte Sulla den Zug gegen Fimbria fort. Die Erfolge Sullas und die Größe seines Heeres trugen zur Unzufriedenheit im Lager Fimbrias bei und sorgten für den Wechsel in Sullas Lager. Ein von Fimbria initierter Mordversuch an Sulla scheiterte. Fimbria erkannte nun, dass für ihn keine Hoffnung bestand und floh nach Pergamon, wo er Selbstmord beging.
Der Zweite Marsch auf Rom
Nach dem Friedensschluss von Dardanaos und seinem Sieg über das populare Heer des Fimbria, aber auch dank des Besitzes großer Geldsummen und Ressourcen, die die Loyalität des Heeres zum Feldherrn sicherten, war es Sulla nun möglich, sich mit dem innenpolitischen Gegner auseinanderzusetzen.
Laut Appian bestand das Heer, mit dem Sulla sich Anfang 83 v. Chr. auf angeblich 1.600 Kriegsschiffen nach Brundisium kam, aus insgesamt 40.000 Mann.[21] Die gegnerischen Befehlshaber, der Prokonsul Papirius Carbo sowie die amtierenden Konsuln Gaius Norbanus und Lucius Cornelius Scipio Asiagenus des Jahres 83 v. Chr. leisteten mit ihren Streitkräften von insgesamt 100.000 Mann bei der Landung Sullas keinen Widerstand. Damit war die Chance der Parteigänger vertan, den Invasoren schon in Kalabrien, Apulien und Lukanien entgegenzutreten und in Sullas Angriffsverbände noch während der Formation hineinzustoßen. Zur gleichen Zeit kam es zu zahlreichen Zuläufen auf die Seite Sullas. Aus Africa erschien Marcus Licinius Crassus, der spätere Triumvir und reichste Mann Roms, mit seinem Heeresverband. Neben ihm kamen noch Gaius Verres und Lucius Sergius Catilina hinzu. Auch von der Gegenseite kam es zu zahlreichen Überläufen auf die Seite Sullas. So wechselten P. Cornelius Cethegus, der Konsular Lucius Marcius Philippus und der Ritter Quintus Lucretius Ofella sowie Gnaeus Pompeius Magnus in Sullas Lager.
Die Konsuln des Jahres 84 v. Chr. Lucius Cornelius Scipio Asiagenes und Gaius Norbanus organisierten den Abwehrkampf gegen Sulla. Zum ersten größeren Gefecht kam es im Frühjahr 83 v. Chr. beim Berg Tifata nördlich von Capua. In der folgenden Schlacht unterlag Norbanus und musste sich mit den Resten seines Heeres nach Capua zurückziehen. Auch an anderen Fronten zeichnete sich ein positives Bild für Sulla ab. Pompeius hatte in Picenum seine Truppen nochmals verstärken können und konnte in mehreren Schlachten populare Heere schlagen. Darunter ein Heer des Carbo bei Ariminum das eine Schlüsselstellung in der Gallia Cisalpina besetzt hatte. Indes verlor Scipio sein Heer durch Desertation, und Crassus konnte im Stammesgebiet der Marser Soldaten für Sulla rekrutieren. Neben den Mangel an Soldaten stand die populare Führung vor ernsthaften Problemen, die lange Kriegsperiode hatte die Staatskassen geleert, weshalb die Tempelschätze zur Finanzierung des Krieges herangezogen worden.
Im Jahr 82 v. Chr. wurden Carbo und Gaius Marius der Jüngere, von denen man sich neue Dynamik in den Kämpfen gegen Sulla erhoffte, zu Konsuln gewählt. Der jüngere Marius trat Sulla bei Sacriportum gegenüber und wurde in der darauffolgenden Schlacht in der Nähe von Signia geschlagen und nach Praeneste zurückgedrängt. Mit der Blockade der Stadt wurde Quintus Lucretius Ofella beauftragt. Die Kämpfe breiteten sich vor allem in Etrurien bis nach Gallien aus. In zahlreichen weiteren Gefechten konnten sich die sullanischen Befehlshaber Crassus, Metellus und Pompeius durchsetzen. Durch die erlittenen Niederlagen gaben Carbo und Norbanus auf und flohen, Carbo nach Africa und Norbanos nach Rhodos. Die führerlos gewordenen Verbände lösten sich auf oder wurden von Pompeius vernichtet.
Die Samniten und Lukaner, Verbündete der Popularen, erkannten, dass sie nun ernsthaft gefährdet waren. Diese marschierten von ihrer Stellung in Praeneste aus nach Rom und bezogen in der Nähe der Porta Collina ein Lager. Sulla, der die feindlichen Bewegungen beobachte, zog nach Rom und trat ihnen an der Porta Collina gegenüber. In den folgenden erbitterten Kämpfen brach der linke Flügel unter der Führung Sullas ein, und es gelang Sulla nur, die demoralisierende Truppen im Lager zu sammeln. Hingegen konnte der rechte Flügel unter Crassus einen vollständigen Sieg erringen und die geschlagenen Samniten und Lukanier bis nach Antemnae zurückwerfen.
Aufgrund der militärischen Stärke kamen die versammelten Senatoren nicht umhin, ihn in seinem prokonsularischen Amt zu bestätigen. Zugleich wurden alle Beschlüsse, die Sulla im Osten getroffen hatte und alle Maßnahmen, die er gegen seine innenpolitischen Gegner durchgeführt hatte, gebilligt. Am 3. November wurden auf dem Marsfeld in Rom mehrere Tausend Samniten eingeschlossen und durch Speerwürfe getötet. Nach dem Sieg Sullas an der Porta Collina war Praeneste als letzte Basis der Popularen unter dem Befehl des jüngeren Marius nicht mehr zu halten. Marius selbst wählte nach einem gescheiterten Fluchtversuch den Freitod. Auch die Eingeschlossenen in Praeneste, die schließlich kapitulierten, wurden meist umgebracht, die Stadt selbst geplündert.
Diktatur
Errichtung der Diktatur
Durch den Tod der beiden Konsuln Gaius Marius der Jüngere und Cn. Papirius Carbo im Jahr 82 v. Chr. wurde der Staat seiner Führung beraubt. Als ordnendes Organ besaß der Staat für diesen Fall das Amt des Interrex („Zwischenkönig“), in dessen Verantwortung es lag, schnellstmöglich Konsulatswahlen durchzuführen. Sulla musste darauf achten, dass ein Interrex gewählt wurde, der ganz im Interesse Sullas handeln würde. In der Senatssitzung vom 5. November sorgte Sulla dafür, dass Lucius Valerius Flaccus das Amt des Interrex übernahm.[22]. In einem Brief, der einzig von Appian überliefert ist, teilte Sulla dem Interrex Flaccus mit, dass derjenige, der gewählt werden würde, solange im Amt bleiben dürfe, bis die Verhältnisse in Rom und Italien neu geordnet seien.[23]. Am Ende des Briefes erklärte Sulla sich bereit, dieses wichtige Amt zu übernehmen.[24] Während dieser Vorgänge hielt Sulla sich außerhalb Roms auf, um den Schein aufrechtzuerhalten, das Volk wähle die Diktatur freiwillig. Der Interrex war schon aufgrund des vorübergehenden Charakters seines Amtes nicht dazu befähigt, eine politische Ausnahmegewalt ohne zeitliche Begrenzung zu schaffen.[25] Deshalb brachte der Interrex vor der Volksversammlung mit der lex Valeria ein Gesetz zur Einrichtung der Diktatur ein. Nach der Annahme des Gesetzes durch die Volksversammlung wurde Sulla von dem Interrex Lucius Valerius Flaccus zum Diktator ernannt. Die lex Valeria regelte zum einen die Kompetenz, zum anderen die Dauer des Amtes. Was die Kompetenz betrifft, so überliefert Appian das, was im Lateinischen als legibus scribundis et rei publiace constituendae („Gesetze zu geben und den Staat zu ordnen“) bekannt ist.[26] Neben dieser Spezialkompetenz ist die Diktatur Sullas zeitlich unbeschränkt.[27]
Legitimität der Diktatur
Sulla hat sein zukünftiges Handeln vor und während seiner Diktatur durch unvergleichliche Ehrungen zu legitimieren versucht. Dazu zählt die Verleihung des Cognomens Felix an Sulla. Umstritten ist jedoch die genaue Datierung der Verleihung, da Appian[28] überliefert, Sulla habe den Beinamen noch vor seiner Ernennung zum Diktator erhalten, während nach Plutarch Sulla sich diesen Beinamen als Diktator per Edikt zugelegt haben soll.[29] Mit dem Cognomen Felix wollte Sulla seine Diktatur mehr als die logische Konsequenz göttlichen Willens verstanden wissen und weniger als das Resultat eines planmäßig darauf abzielenden Handelns. Da ihm von den Göttern die felicitas gegeben wurde, sollte er imstande sein, das Gemeinwesen zu retten und den Staat zu festigen.[30] Weiterhin konnte er durch diesen Beinamen nicht nur auf zurückliegende militärische, sondern auch auf noch zu erbringende innenpolitische Leistungen anspielen, die infolge seines „Glücks“ absehbar waren. Als Schutzgöttin Roms wurde sie wegen ihrer Verantwortung für die Größe und Sicherheit der res publica seit der Königszeit verehrt.[31]
Als weitere Ehrung ließ er eine goldene Reiterstatue auf dem Forum aufstellen, diese Auszeichnung wurde auch auf Münzbildern verbreitet. Jene Statue wurde in der Nähe der Standbilder des Diktators Marcus Furius Camillus und des Samnitensiegers im 4. Jahrhundert v. Chr., Quintus Marcius Tremilus, errichtet. Formal wurde diese Ehrung mit dem Sieg über die Samniten vor der Porta Collina begründet, wobei durch Material, Gestus und den traditionsreichen Standort der Statue Sullas Führungsanspruch verdeutlicht wurde.[32]
Ende Januar des Jahres 81. v. Chr. feierte Sulla über Mithridates VI. einen Triumphzug. Der Triumph war ebenso wie die anderen Ehrungen Teil von Sullas propagandistischem Konzept, da Mithridates in der Schlacht weder überwunden noch im Triumph mitgeführt wurde. Mit dem Triumph wurde dem römischen Volk allerdings suggeriert, dass das Abkommen mit dem pontischen Herrscher einem Sieg gleichzusetzen war.[33] Durch den Triumph wurde Sulla vom Volk als „Retter und Vater“ gepriesen.[34]
Ferner konnte er zum einen von den laufenden Proskriptionen ablenken, zum anderen präsentierte er der Bevölkerung die immense Beute des Krieges. Trotz all der Ehrungen wusste Sulla allerdings, dass das römische Volk, die plebs urbana, wankelmütig war und keineswegs hinter seiner Politik stehen würde. Er erinnerte sich, welchen Nutzen er in früherer Zeit aus der Durchführung der ludi Apollinares gezogen hatte. Damals hatte Sulla großzügig die ludi Apollinares gefeiert, um Praetor zu werden. So setzte er auch jetzt die Spiele für seine Zwecke ein und ließ die ludi victoriae Sullanae abhalten, die, was ein Novum war, nicht nur einmal, sondern in Zukunft jährlich in der Zeit vom 26. Oktober bis zum 1. November gefeiert werden sollten.
Um das römische Volk zu begeistern, wurden diese Spiele besonders aufwändig zelebriert. So soll Sulla sich außerordentlich spendabel gezeigt haben. Er ließ Speisen und Getränke im Überfluss heranschaffen, so dass man später die Überreste in den Tiber werfen musste.[35]. Mit diesen Spielen beabsichtigte Sulla einerseits seinen Sieg über die Italiker zu verdeutlichen, andererseits wollte er auch den Sieg über Mithridates VI. festhalten.[36]
Proskriptionen

Bereits vor seiner Ernennung zum Diktator hatte Sulla die Proskriptionen eingeleitet.[37] Die rechtliche Grundlage der Proskriptionen bildete die lex Valeria, die bereits die Ernennung Sullas zum Diktator regelte. Sie enthielt sowohl die Billigung der bereits erfolgten Proskriptionen als auch die Ermächtigung zur Weiterführung der Massentötung politischer Gegner.[38].
Als eine seiner ersten Amtshandlungen als Diktator brachte Sulla Ende Dezember ein Gesetz ein, das die Rechtsfolgen der Proskriptionen im Einzelnen regeln sollte.[39] Inhaltlich bestimmte das Gesetz, dass die Proskribierten von jedermann getötet werden durften. Wer einen Proskribierten tötete, erhielt eine Belohnung.[40] Auf die Köpfe der Proskribierten war eine Belohnung von 12.000 Denaren ausgesetzt.[41] Die Hilfeleistung an einen Proskribierten stand unter Strafe.[42] Die Proskriptionen endeten am 1.6.81 v. Chr. Die Zahl der Getöteten beziffert die Überlieferung auf 4.700 römische Bürger.[43]
Die listenmäßige Erfassung bot jedoch keine Rechtssicherheit, da die Listen nicht kontrolliert und somit beliebig ergänzt wurden. Leute, die einem Raubmord zum Opfer fielen, wurden nachträglich auf die Liste gesetzt.[44] Auch der spätere römische Diktator Caesar wurde von Sulla verfolgt und erst durch die Vermittlungsversuche der Vestalinnen und der Freunde Sullas begnadigt.[45]
Die Verfolgung der politischen Gegner beschränkte sich nicht nur auf ihre physische Vernichtung, da Sullas Rache auch nicht vor den Kindern und Enkeln der Geächteten halt machte, indem sie die politischen Privilegien ihres Standes verloren. Sie sollten komplett aus dem politischen Leben ausscheiden.
Die Proskriptionen Sullas veränderten auch die Eigentumsverhältnisse. Die Güter der getöteten Proskribierten und derjenigen, die im Lager der Feinde Sullas standen, wurden verkauft.[46] Bei den Versteigerungen kam so viel Land unter den Hammer, dass die Preise ins Bodenlose fielen. Dadurch konnten Sullas Anhänger große Vermögenswerte und riesigen Landbesitz anhäufen. Einer der erfolgreichsten war Licinius Crassus, der durch die Proskriptionen zum reichsten Römer aufstieg.[47] Ferner konnte der Freigelassene Chrysogonos die Güter des Sextus Roscius um den dreitausendsten Teil seines Wertes erwerben.[48] Durch die Versteigerungen gelangten 350 Millionen Sesterzen in die Staatskasse.[49]
Verfassungswerk
Sullas Gesetzeswerk intendierte die Stärkung des Senats, die Schwächung aller Nebenkräfte und schließlich die flächenabdeckende Absicherung des Systems. Es sollte die gracchischen Reformversuche zurücknehmen. Sulla gab die Gerichtshöfe für Straftatbestände den Senatoren zurück und schuf sieben neue quaestiones, die als ständige Gerichtshöfe tagen sollten.[50]. Er wandte sich strikt gegen jede Form der von Gaius Gracchus eingeleiteten Politisierung der Ritter, um einen mit dem Senat rivalisierenden Stand zu schaffen. Vielmehr ging es ihm um die Integration der Ritter in die Führungsschicht, was er durch eine relativ großzügige Aufnahme der Ritter in den Senat erreichen wollte.[51]
Bei Sulla wurde der Senat erneut zur wichtigsten politischen Institution. Die Verluste, die der Senat durch den Bürgerkrieg und die Proskriptionen erlitt, versuchte Sulla durch eine Erhöhung auf 600 Mitglieder auszugleichen. Die Vergrößerung des Senates war auch notwendig, um die Gerichtshöfe mit Senatoren zu besetzen.[52]. Nach der Erhöhung der Zahl der Senatoren auf 600 bestand das Gremium zu fast drei Vierteln aus politischen Neulingen, deren Familien nicht traditionell zu den führenden der Republik gehörten. Die Änderungen Sullas waren eine epochale Umwälzung in der personalen Struktur des Senats, die bisher nicht vorgekommen war.[53]
Sulla veränderte auch die Modalität der Aufnahme des Senats. Bisher hatten die Zensoren anhand des Lebenswandels und der Vermögenslage über die Aufnahme in den Senat entschieden. Da dieses Verfahren jedoch ein äußerst subjektives Verfahren war, bestimmte Sulla, dass der Zugang zum Senat automatisch geregelt werden sollte, wenn der Kandidat die Quaestur bekleidete.[54] Die Gründe für diese Änderung liegen vor allem darin, dass durch die von Sulla vorgenommene Senatsergänzung die Zensoren durch eine Rüge (nota censoria) befähigt waren, Senatsangehörige wieder aus dem Gremium zu entfernen. So kam es schließlich dazu, dass in der Zeit von 86 und 70 v. Chr. keine Zensoren mehr ernannt wurden.[55]
Sulla maß dem Consulat eine wichtige Rolle zu. So legte er in seinem Verfassungswerk die Ämterlaufbahn verbindlich fest. Er erklärte die Ämterfolge Quaestur – Praetur – Consulat für bindend.[56] Denn häufig wurde versucht, die Praetur zu überspringen und das Consulat schnellstmöglich zu erreichen. Außerdem erforderte die Praetur Sachkenntnisse in Rechtsprechung, bei der eine Vielzahl von Spruchformeln und Gesetzen zu beherrschen war. Ein Überspringen der Praetur war nun nicht mehr möglich. Ferner legte Sulla das Mindestalter für die Ämter verbindlich fest. Die Quaestur als Eingangsamt konnte ab dem 30. Lebensjahr besetzt werden, die Praetur ab dem 40. Lebensjahr und das Consulat ab dem 43. Lebensjahr.[57] Das erste Opfer dieser neuen Regelung war Quintus Ofella. Dieser hatte sich militärisch bei der Belagerung von Praeneste verdient gemacht und bewarb sich für das Consulat, obwohl er weder die Quaestur noch die Praetur bekleidet hatte. Als Ofella Sullas Veto nicht akzeptieren wollte, ließ der Diktator ihn umbringen.[58]
Mit der Stärkung des Senats hat Sulla zugleich die Kompetenzen des Volkstribunats stark eingeschränkt. Ab sofort verhinderte die Übernahme der Position des Volkstribuns einen weiteren Aufstieg im System der Magistraturen, und die Volkstribunen mussten jeden Gesetzesantrag, den sie der Volksversammlung vorlegen wollten, vom Senat bestätigen lassen. Auch konnten die Volkstribunen nicht mehr gegen jede staatliche Maßnahme ihr Veto einlegen, sondern nur noch, wenn ein Bürger Unterstützung gegen die Anordnung eines Magistraten brauchte. Durch diese Maßnahmen wurde das Volkstribunat wieder auf die Basis der direkten Hilfeleistung für die Mitbürger beschränkt, wie es zu Beginn der Ständekämpfe im 5. Jahrhundert v. Chr. der Fall war.[59] Sulla versuchte zu erreichen, dass politisch ehrgeizige und talentierte Bewerber das Volkstribunat nicht mehr als Plattform ihrer Politik missbrauchten.[60]
Konstituierung der Ordnung
Sulla hat zahlreiche Maßnahmen getroffen, um sein Reformwerk abzusichern. Er brachte viele politische Freunde in einflussreiche Positionen. Vor allem durch eine gezielte Heiratspolitik versuchte Sulla, ganze Familien und ihre Macht an seine eigene Person zu binden. Daher wurden diese Leute wegen ihrer engen Bindung zum Diktator auch Sullani genannt.[61].
Die militärische und soziale Absicherung sollte durch Veteranensiedlungen erfolgen.[62] Nach Appian wurden 23 Legionen mit Land versorgt.[63] Durch die Veteranensiedlungen wurden die Soldaten Sullas für ihre Taten belohnt, außerdem verzichtete Sulla weitgehend auf Koloniegründungen, indem er seine Soldaten in die italischen Städte führte, die ihn bei seinem Eroberungszug bekämpft hatten. So wurden die Soldaten mit dem Land und den Häusern der Gegner Sullas versorgt, die vertrieben, enteignet oder getötet worden waren.[64] Das Land wurde den Veteranen wohl nicht als Privateigentum (ager privatus optimo iure) übergeben, sondern es besaß vermutlich den Rechtsstatus des ager publicus und unterlag somit einem Verkaufsverbot.[65]
Der Stützung seines Systems diente auch die Verleihung des Bürgerrechts an über 10.000 junge Sklaven der Proskribierten. Diese trugen fortan den Namen Cornelii. Damit verfolgte Sulla die Absicht, 10.000 Gefolgsleute unter dem Volk zu haben.[66]
Abdankung und Tod
Am Anfang des Jahres 79 v. Chr. legte Sulla vor der römischen Volksversammlung die Diktatur nieder. Er teilte seinen Entschluss dem versammelten Volk mit und erklärte sich bereit Rechenschaft abzulegen.[67] Über die konkreten Gründe der Ämterniederlegung gibt es in der Forschung nur Vermutungen: Karl Christ vermutete, dass Sulla die Personalquerelen unter seinen Anhängern leid sei und diese zu einer innerlichen Machtverdrossenheit geführt haben.[68] Nach Hans Volkmann soll ihm einst ein Chaldäer vorausgesagt haben, er müsse nach einem ruhmvollen Leben auf dem Gipfel des Glücks sterben, woraus Sulla die Mahnung heraushörte, sein Werk so rasch wie möglich zu beenden, wenn er noch Tage der Ruhe haben wolle.[69]
Nach der Abdankung verließ Sulla Rom, um auf seinem Besitz am Posilipp bei Puteoli noch einmal zu der freizügigen Lebensweise der Anfangsjahre zurückzukehren. Neben der Jagd und Fischfang verfasste er dort in 22 Büchern seine Memoiren. Daneben beendete er die Auseinandersetzungen in Puteoli zwischen den Altbürgern und den dort angesiedelten Veteranen. indem er der Stadt eine neue Verfassung gab. Im Jahr 78 v. Chr. starb Sulla an einer schon lange währenden Krankheit. Auf Initiative des Konsuls Q. Lutatius Catulus und Pompeius wurde vom Senat das erste Staatsbegräbnis der späten Römischen Republik beschlossen.
Wirkung
Antike Meinungen
Das Sullabild in der Antike wurde vor allem durch politische Prämissen und Standpunkte gestaltet. Ferner wirkten seine Memoiren mit ihrer Selbstdarstellung und ihrer Rechtfertigung bis in das 2. Jahrhundert n. Chr. hinein, während durch Caesar alle antisullanischen Tendenzen verstärkt wurden. Diese Gegensätze führten dazu, dass bis zu Sullas Sieg an der Porta Collina positive Elemente und Leistungen durchaus anerkannt werden, danach aber der Diktator als die klassische Verkörperung der crudelitas (Grausamkeit) eines Tyrannen diskreditiert wird.
Bei den lateinisch schreibenden Historikern findet sich kein umfassendes geschlossenes Sullabild. Die beiden Hauptquellen über die sullanische Epoche bilden die Werke von Appian und Plutarch. Sulla wird bei Plutarch in den Parallebiographien, in der die moralischen und sittlichen Kriterien klassischer und griechischer Philosophie überwiegen, immer wieder als typischer griechischer Tyrann angesehen, während seine Tapferkeit und Kriegskunst positiv hervorgehoben wird. Hingegen wurde Sulla von Appian, der sich aus Überzeugung mit Prinzipat und Imperium identifizierte, von Anfang an positiv beurteilt.
In der Forschung ist Ciceros Verhältnis zu Sulla häufig diskutiert worden. Eine Gruppe sah ihn als Parteigänger,[70], während andere ihn als neutralen Beobachter sahen.[71] Cicero lehnte einerseits zwar die absolute Machtstellung eines Einzelnen entschieden ab, da sie zwangsläufig zu ihrem Missbrauch führen müsse, andererseits erkennt er jedoch an, dass Sullas Diktatur als Mittel zur Neuordnung und Rettung der res publica unvermeidlich war.[72] Caesar distanzierte sich von der Politik Sullas. So bezeichnete er Sulla wegen der Niederlegung der Diktatur als politischen Analphabeten.[73] Er stellte auch dessen Politik der Milde der sprichwörtlichen clementia Caesaris gegenüber, mit der er sich von der Grausamkeit Sullas distanzierte. Unter Caesar selbst wie im Prinzipat des Augustus wurde die alte Front zwischen Optimaten und Popularen aufgelöst.
Noch drastischer äußerte sich Seneca über Sulla. Er bezeichnete Sulla in seiner Schrift De clementia wegen seiner Massentötungen als Tyrann.[74], während Plutarch bezüglich der Übernahme der Diktatur schlussfolgerte, dass sich Sulla selbst zum Diktator ernannt habe.[75]. Damit geht Plutarch von einem Verfassungsbruch aus.
Unter Octavian, Galba, Vitellius, Vespasian, Septimus Severus, erst Recht in der Zeit der Soldatenkaiser und in der Spätantike kam es zu neuen Märschen auf Rom. Offen bekannte sich jedoch nur Septimus Severus im Jahre 197 n. Chr. zu Sullas Politik der Härte und Gewalt. Dessen Sohn Caracalla, der diese Überzeugung teilte, ließ Sullas Grabmal erneuern.
Forschermeinungen
Die moderne Forschung hat sich nur äußerst selten mit Sulla beschäftigt. Deshalb dominieren im internationalen Raum überwiegend Spezialstudien. Eine Bewertung des Sulla fand daher in erster Linie in den allgemeinen Darstellungen der Römischen Geschichte statt. Im deutschsprachigen Raum wurden erst seit in jüngerer Zeit vermehrt Untersuchungen und Biographien zu Sulla publiziert. Hierzu zählen diejenigen von Wolfram Letzner und Karl Christ. Die Ursachen für die spärlichen wissenschaftlichen Publikationen und das geringe Forschungsinteresse sieht der Althistoriker Karl Christ in dem Verhalten Sullas selbst begründet, der durch die Proskriptionen tausende Menschen tötete und während seiner Diktatur zunächst eine systematische Restauration der Senatsherrschaft anstrebte, dann aber durch seinen Rückzug dem politischen Kräftespiel freien Lauf ließ. Durch diese Maßnahmen wurde der Name Sullas zum Charakteristikum für Grausamkeit und Inhumanität, so dass sich sowohl die Zeitgenossen als auch die Gegenwart von Sulla abwandten.[76] Die wenigen Biographien haben dem Verfassungswerk Sullas, gemessen an seiner Lebensleistung, einen eher geringen Anteil beigemessen.[77] Die Strategie Sullas ist für die Nachwelt kaum durchschaubar, so dass die Forschung außerordentlich ratlos ist hinsichtlich einer konkreten Einordnung seiner politischen Maßnahmen.[78] Deshalb wurde der Diktator Sulla oft typologisch als der letzte Altrömer, Monarch, Revolutionär und Reaktionär klassifiziert.[79]
Rezeption
Die populärste Bearbeitung des Sulla-Stoffes ist Mozarts Oper Lucio Silla, welche den Großmut eines absoluten Herrschers in römischen Gewand verdeutlicht. Ebenso setzte sich Georg Friedrich Händel in seiner Oper Lucio Cornelio Silla mit der historischen Person auseinander. Christian Dietrich Grabbe schilderte in seinem Jugendfragment Marius und Sulla (1813–1827). Grabbe bewunderte in Napoleon den Typus eines Machtmenschen. Die gleiche Despotie des großen Individuums sah er auch in Marius und Sulla verkörpert. Grabbe schilderte Sullas Zweifel am eigenen Werk, die Verachtung der Menschen wie der Welt und schließlich dessen Niederlegung der Macht und den Rückzug in die Einsamkeit. Der noch 1945 ermordete Widerstandskämpfer Albrecht Haushofer zeigte in seinem Drama Sulla von 1938 das Leben in einer Diktatur, in der er die Entwicklung des selbstsicheren Feldherrn und Diktators zum irritierenden Herrscher schilderte.
Quellen
- Appian: Bürgerkriege. Deutsche Übersetzung: Römische Geschichte, Teil 2: Die Bürgerkriege. Herausgegeben von Otto Veh/Wolfgang Will, Stuttgart 1989, ISBN 3-7772-8915-9. (englische Übersetzung)
- Plutarch: Sulla. Deutsche Übersetzung: Große Griechen und Römer. Übersetzt von Konrat Ziegler. Band 3. dtv, München 1980, ISBN 3-423-02070-9. (englische Übersetzung)
- Sallust: Bellum Iugurthinum/ Der Krieg mit Jugurtha. Lateinisch/ Deutsch. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Josef Lindauer, Düsseldorf 2003, ISBN 3-7608-1374-7.
Literatur
- Karl Christ: Sulla. Eine römische Karriere. Beck, München 2002, ISBN 3-406-49285-1.
- Holger Behr: Die Selbstdarstellung Sullas. Ein aristokratischer Politiker zwischen persönlichem Führungsanspruch und Standessolidarität. Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-631-45692-1.
- Hermann Diehl: Sulla und seine Zeit im Urteil Ciceros. Hildesheim 1988, ISBN 3-487-09110-0.
- Theodora Hantos: Res publica constituta. Die Verfassung des Dictators Sulla. Steiner, Stuttgart 1988 (Hermes Einzelschriften, 50), ISBN 3-515-04617-8.
- Ursula Hackl: Senat und Magistratur in Rom von der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. bis zur Diktatur Sullas. Kallmünz/Opf 1982, ISBN 3-7847-4009-X.
- Arthur Keaveney: Sulla. The Last Republican. Croom Helm, London 1982, ISBN 0-7099-1507-1.
- Wolfram Letzner: Lucius Cornelius Sulla. Versuch einer Biographie. Lit, Münster [u.a.] 2000, ISBN 3-8258-5041-2.
- Hans Volkmann: Sullas Marsch auf Rom: Der Verfall der römischen Republik. München 1958 (ND. Darmstadt 1969).
Belletristische Darstellungen
- Hans Heyck: Der Glückliche. Roman einer Diktatur, Leipzig 1944.
- Peter Green: Der Purpur der Macht, Stuttgart 1960.
- Jutta Deegener: Sulla. Roman über die Spätzeit der Römischen Republik, München 1998.
- Colleen McCullough: Die Macht und die Liebe, München 1996.
- Colleen McCullough: Eine Krone aus Gras, München 1998.
- Lucio Silla, Opera seria v. W. A. Mozart, Libretto v. Giovanni di Gamerra
Weblinks
Anmerkungen
- ↑ Nach der griechischen Transkription Σύλλα des Namens, die sich z. B. in den beiden Hauptquellen für Informationen zu Sulla, Plutarch und Appian, findet. Zur Bedeutung des Namens siehe Sulla (Cognomen)
- ↑ Plutarch, Sulla 1.
- ↑ Sallust, De bello Iugurthino 33.
- ↑ Sallust, De bello Iugurthino 102-113.
- ↑ Sallust, De bello Iugurthino 114,1.
- ↑ Velleius 2,12,5.
- ↑ Plutarch, Sulla 5,3.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.73.
- ↑ Plutarch, Sulla 5.
- ↑ Plutarch, Sulla 5.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,51.
- ↑ Valerius Maximus 9,7,1.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,57.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,57.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,59.
- ↑ Appian, Mithridateios 30.
- ↑ Appian, Mithridateios 38.
- ↑ Plutarch, Sulla 14,8.
- ↑ Für einen Überblick der Schäden vgl: Christian Habicht, Athen. Die Geschichte der Stadt in hellenistischer Zeit. München 1995, S.307ff.
- ↑ Appian, Mithridateios 56-58.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,79.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.246f.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,98,459. Vgl. dazu Heinz Bellen, Sullas Brief an den Interrex L. Valerius Flaccus. Zur Genese der sullanischen Diktatur, in: Historia 24, 1975, S.555-569.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,98,460.
- ↑ Wolfgang Kunkel/ Roland Wittmann, Staatsordnung und Staatspraxis der römischen Republik, Zweiter Abschnitt: Die Magistratur, Handbuch der Altertumswissenschaft Abt. 10, Teil 3, Bd. 2, Abschn. 2, München 1995, S.705.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,99,462.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,3,9.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,97,451f.
- ↑ Plutarch, Sulla 34,2.
- ↑ Holger Behr, Die Selbstdarstellung Sullas. Ein aristokratischer Politiker zwischen persönlichem Führungsanspruch und Standessolidarität, Frankfurt 1993, S.149.
- ↑ Holger Behr, Die Selbstdarstellung Sullas, S.102.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.265f.
- ↑ Holger Behr, Die Selbstdarstellung Sullas, S.136.
- ↑ Plutarch, Sulla 34,1.
- ↑ Plutarch, Sulla 35,1.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.267.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,95,441.
- ↑ Wittmann, Res publica recuperata, S.570f.. Anders hingegen beurteilt Herman Bengtson die Proskriptionen. Für ihn hatten die Proskriptionen keinerlei gesetzliche Grundlage und waren reine Willkür Sullas. Vgl. Hermann Bengtson, Römische Geschichte: Republik und Kaiserzeit bis 284 n. Chr., München 1985, S.159.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.250f. Der konkrete Titel des Gesetzes ist nicht überliefert, so dass in der Forschung unterschiedliche Vermutungen angestellt wurden. In der jüngsten speziellen Untersuchung über die Proskriptionen wurde das Gesetz als lex Cornelia de hostibus rei publicae bezeichnet. Vgl. dazu: François Hinard, Les proscriptions de la Rome républicaine, Paris 1985, S.75. Andere Forscher gehen von lex Cornelia de proscriptione aus: Karl Christ, Caesar: Annäherungen an einen Diktator, München 1994, S.30; Wittmann, Res publica recuperata, S.571.
- ↑ Velleius 2,28,3; Plutarch, Sulla 31,7.
- ↑ Karl Christ, Caesar: Annäherungen an einen Diktator, München 1994, S.31.
- ↑ Plutarch, Sulla 31,4.
- ↑ Valerius Maximus 9,2,1.
- ↑ Alfred Heuß, Das Zeitalter der Revolution, in: Propyläen-Weltgeschichte. IV. Berlin 1963, S.214-231, hier S.225.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.117f..
- ↑ Velleius 2,28,4.
- ↑ Klaus Bringmann, Geschichte der römischen Republik. Von den Anfängen bis Augustus, München 2002, S.268.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.115.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.258.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.283.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.127.
- ↑ Theodora Hantos, Res publica constituta, S.52f.
- ↑ Bernhard Linke, Die römische Republik von den Gracchen bis Sulla, Darmstadt 2005, S.133.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.280.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.125.
- ↑ Theodora Hantos, Res publica constituta, S.34..
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.277.
- ↑ Plutarch, Sulla. 33,4.
- ↑ Bernhard Linke, Die römische Republik von den Gracchen bis Sulla, S.131.
- ↑ Klaus Bringmann, Geschichte der römischen Republik, S.272.
- ↑ Wolfram Letzner, Sulla, S.300.
- ↑ Werner Dahlheim, Der Staatsstreich des Konsuls Sulla und die römische Italienpolitik der achtziger Jahre, in: Jochen Bleicken (Hrsg.), Colloquium aus Anlass des 80. Geburtstages von Alfred Heuß, Kallmünz 1993, S.97-116, hier S.114.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,100,470.
- ↑ Werner Dahlheim, Der Staatsstreich des Konsuls Sulla und die römische Italienpolitik der achtziger Jahre, in: Jochen Bleicken (Hrsg.), Colloquium aus Anlass des 80. Geburtstages von Alfred Heuß, Kallmünz 1993, S.97-116, hier S.114f..
- ↑ Helmuth Schneider, Die Entstehung der römischen Militärdiktatur, S.127.
- ↑ Elisabeth Erdmann, Die Rolle des Heeres in der Zeit von Marius bis Caesar. Militärische und politische Probleme einer Berufsarmee, Neustadt/Aisch 1972, S.113.
- ↑ Appian, Bürgerkriege 1,104.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.134.
- ↑ Hans Volkmann, Sullas Marsch auf Rom: Der Verfall der römischen Republik, München 1958 (ND. Darmstadt 1969), S.87.
- ↑ Hans Volkmann, Sullas Marsch auf Rom: Der Verfall der römischen Republik, München 1958 (ND. Darmstadt 1969).
- ↑ Christian Meier, Res publica, S. 250.
- ↑ Hermann Diehl, Sulla und seine Zeit im Urteil Ciceros, Beiträge zur Altertumswissenschaft 7, Hildesheim 1988, S.97.
- ↑ Sueton, Caesar 77.
- ↑ Seneca, De clementia 1,12,1-2.
- ↑ Plutarch, Sulla 33,1.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.8.
- ↑ Theodora Hantos, Res publica constituta, S.13.
- ↑ Vgl. dazu die exemplarische Aussage von Ursula Hackl, Senat und Magistratur in Rom von der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. bis zur Diktatur Sullas, Kallmünz/Opf 1982, S.253: „Wie so vieles bei Sulla, ist auch diese widersprüchliche Handlungsweise im Grunde nicht erklärbar.“.
- ↑ Karl Christ, Sulla, S.195f.
Personendaten | |
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NAME | Sulla Felix, Lucius Cornelius |
ALTERNATIVNAMEN | Sylla; Cornelius Sulla Felix, Lucius |
KURZBESCHREIBUNG | römischer Politiker und Feldherr |
GEBURTSDATUM | ca. 138/134 v. Chr. |
STERBEDATUM | 78 v. Chr. |