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Karl Mathy

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Karl Mathy. Lithografie nach einer Zeichnung von Valentin Schertle, 1846.

Karl Friedrich Wilhelm Mathy (* 17. März 1807 in Mannheim; † 3. Februar 1868 in Karlsruhe) war ein Journalist und Politiker. Nachdem er in jungen Jahren aus politischen Gründen in die Schweiz emigrieren musste und auch nach seiner Rückkehr nach Baden 1840 noch zur linken Opposition zählte, wurde er kurz vor Ausbruch der Märzrevolution zu einem der führenden Vertreter des gemäßigten süddeutschen Liberalismus. Er war unter anderem Herausgeber der Deutschen Zeitung, Mitorganisator der Heppenheimer Tagung, Mitglied des Fünfzigerausschusses und führender Vertreter der Casino-Fraktion in der Frankfurter Nationalversammlung. Nach dem Scheitern der Revolution begann er eine Karriere als Bankier, wechselte in den den badischen Staatsdienst und wurde schließlich 1866 als Staatsminister Regierungschef in Baden.

Radikale Opposition im Vormärz

Erstausgabe der Deutschen Zeitung vom 1. Juli 1847 mit Nennung von Mathy in der Herausgeberzeile.
Der Tagungsort der Heppenheimer Versammlung: Der Halbe Mond in Heppenheim. Stahlstich von Grünewald/Lambert, 1840.

Mathy, Sohn des Lyzealprofessors Johann Arnold Mathy, studierte von 1824–1828 Rechts- und Kameralwissenschaften an der Universität Heidelberg und trat nach einer Studienreise nach Paris 1829 als Kameralpraktikant in Mannheim in den badischen Staatsdienst ein. 1832 wechselte er zur Steuerdirektion nach Karlsruhe, wurde aber nach seiner Teilnahme am Hambacher Fest des Amtes enthoben und aufgrund der Unterstützung des Frankfurter Wachensturms und seiner Mitarbeit an mehreren radikalen Zeitungen und Schriften – darunter die Augsburger Allgemeine Zeitung, Der Freisinnige sowie das Rotteck-Welckersche Staatslexikon – 1833 aus dem Staatsdienst entlassen und vier Wochen in Untersuchungshaft genommen. Er emigrierte 1835 über Straßburg in die Schweiz, wo er als Lehrer und Journalist in Biel und Aarau arbeitete. Als Mitstreiter Mazzinis verfasste er Artikel unter anderem für die Konstanzer Seeblätter und La jeune Suisse. Nachdem er in der Schweiz wegen des Verdachts auf Zugehörigkeit zu Mazzinis Geheimbund Junges Europa in Untersuchungshaft genommen wurde, entzog er sich 1836 dem Zugriff der Schweizer Behörden durch Flucht, zog 1837 nach Grenchen und kehrte schließlich nach dem Freispruch im badischen Verfahren[1] 1840 nach Karlsruhe zurück. Dort schrieb er für die lokale Badische Zeitung, die Kölnische Zeitung und das Mannheimer Journal. Ab 1842 war er Herausgeber der "Landtagszeitung".

1842 wurde Mathy Abgeordneter in der Zweiten Kammer der Badischen Ständeversammlung und avancierte zu einem der Führer der liberalen Opposition. 1846 wurde Mathy auch Mitglied im Mannheimer Gemeinderat.

Wendung zum gemäßigten Liberalen

1843 gründete Mathy zusammen mit Friedrich Daniel Bassermann in Mannheim die Bassermann'sche Verlagsbuchhandlung und war 1847 einer der Gründer und Herausgeber der liberal-intellektuellen Deutschen Zeitung.

Mathy spricht vom Balkon des Mannheimer Rathauses, von der Mannheimer Bürgerwehr vor protestierenden Anhängern Heckers geschützt.

Mathy gehörte seit 1844 zum Hallgartenkreis um Adam von Itzstein. Im Gegensatz zu seinem früheren Mitstreiter Friedrich Hecker vertrat er zunehmend weniger radikale Vorstellungen und setzte stärker auf evolutionäre Veränderungen der deutschen Verhältnisse. Spätestens seit seiner Zusammenarbeit mit Bassermann stand der ehemals als radikal gefürchtete Mathy für ein gemäßigteres liberales Programm, das die deutsche Einigung in einer kleindeutschen Lösung unter preußischer Führung vorsah. Darüber hinaus trat er weiter für Pressefreiheit, die Aufhebung mittelalterlicher Lasten sowie – im Gegensatz zu den radikalen Demokraten – für Handels- und Gewerbefreiheit sowie die Aufhebung von Zollgrenzen ein. Allerdings war er keineswegs der Vertreter eines unbeschränkten Wirtschaftsliberalismus etwa im Gefolge von Adam Smith. Vielmehr forderte Mathy staatliches Handeln auch im wirtschaftlichen Bereich um das „Missverhältnis zwischen Kapital und Arbeit“ auszugleichen. So plädierte er für eine Steuerreform, die allzu große Besitzunterschiede ausgleichen sollte, Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten für untere Schichten und eine aktive Sozialpolitik. Dazu zählte unter anderem die Forderung nach Verkürzung der Arbeitszeiten, Versicherungseinrichtungen und die Schaffung neuer Verdienstmöglichkeiten. Im Sinne von Mathy ging es nicht darum wie bisher „Müßiggänger mit Klostersuppe zu füttern“ sondern eine liberale Sozialpolitik sollte dazu dienen „Arbeit zu verschaffen - die beste Armenpflege, die zugleich die Armen intelligent macht, während sie in anderer Weise verkommen würden.[2] Auf lange Sicht sollte die Sozialpolitik, dazu dienen das Leitbild des süddeutschen Liberalismus eine Bürgergesellschaft mittlerer Existenzen (Lothar Gall) umzusetzen. Der angestrebte Wirtschaftsaufschwung sollte dazu dienen den Mittelstand zu stützen und zu verbreitern. Eine solche Gesellschaft sei besser geeignet, eine angemessene Verteilung des Volkseinkommens zu gewährleisten als „große Unternehmer mit vielen Tagarbeitern.[3]

Nicht zuletzt aufgrund seiner Position bei der "Deutschen Zeitung" war Mathy einer der Organisatoren der Heppenheimer Tagung am 10. Oktober 1847. Am 27. Februar 1848 war er Präsident der Mannheimer Volksversammlung und wurde Hauptmann in der Mannheimer Volkswehr. Im März des gleichen Jahres war er Teilnehmer der Heidelberger Versammlung, die die Einladungen zum Vorparlament, dem Mathy ebenfalls angehörte, aussprach. Anschließend war Mathy Abgeordneter im Fünfzigerausschuss und dessen Bevollmächtigter in der Schleswig-Holstein-Frage. Vom 18. Mai 1848 bis zum 21. Mai 1849 war er Abgeordneter für Calw in der Frankfurter Nationalversammlung, wo er zu den führenden Mitgliedern der Casino-Fraktion zählte.

Von August 1848 bis Mai 1849 war er als Unterstaatssekretär im Reichsfinanzministerium der provisorischen Zentralgewalt tätig. Parallel, von April 1848 bis Mai 1849, gehörte er als Staatsrat der badischen Regierung als Minister ohne Geschäftsbereich an. Hierbei zog er sich endgültig den Zorn und die Verachtung der radikalen Demokraten um Struve und Hecker zu, als er am 8. April 1848 eigenmächtig die Verhaftung des leitenden Redakteurs der radikalen Seeblätter, Joseph Fickler, anordnete. Diese Aktion war einer der unmittelbaren Auslöser für den Heckeraufstand. Nach Ausbruch der badischen Revolution gehörte Mathy von Mai bis Juni 1849 der Exilregierung Großherzog Leopolds kurzfristig als Präsident des Finanzministeriums an.

Rückzug ins Private nach dem Scheitern der Nationalversammlung

Nach dem Scheitern seines politischen Programms durch Friedrich Wilhelms Ablehnung der Kaiserkrone und der Radikalisierung der Märzrevolution lebte Mathy kurzfristig als Journalist in Frankfurt. Er nahm am Gothaer Nachparlament teil und war 1850 Abgeordneter im Erfurter Unionsparlament. Nach dem absehbaren Ende der Unionspolitik und nachdem er seinen Sitz im Mannheimer Gemeinderat verloren hatte, zog er sich vorläufig aus der Politik zurück und arbeitete wieder als Journalist in Mannheim, unter anderem für die "Weserzeitung", den Leipziger "Grenzboten" und das "Mannheimer Journal".

Im August 1854 trat Mathy auch aus der Bassermann'schen Verlagsbuchhandlung aus und ging auf Vermittlung Gustav Mevissens als leitender Mitarbeiter zum Schaaffhausen'schen Bankverein nach Köln. 1855 wurde er Direktor von Hansemanns Disconto-Gesellschaft in Berlin, 1857 erster Direktor der Gothaer Privatbank in Gotha und 1859 erster Direktor der Deutschen Kreditgesellschaft in Leipzig.

Späte Karriere im badischen Staatsdienst

1862 wurde Mathy wieder in den badischen Staatsdienst berufen, zunächst als Leiter der Hofdomänenkammer, später als Handelsminister. 1863 wurde er zusätzlich badischer Bevollmächtigter beim Deutschen Zollverein. Nach Kriegseintritt Badens auf Seiten Österreichs im Krieg von 1866 legte er seine Regierungsämter nieder.

Nach dem preußischen Sieg wurde Mathy am 27. Juli 1866 zum Staatsminister Badens berufen. Unter seiner Regierung wurde die Verkehrsinfrastruktur Badens verbessert, unter anderem durch Errichtung der Schwarzwaldbahn und der Badischen Odenwaldbahn sowie der Vorbereitung des Abschlusses der Rheinschifffahrtsakte. Sein wichtigstes politisches Ziel als Regierungschef war der Anschluss Badens an den Norddeutschen Bund. Er starb, bevor er dieses Ziel erreichen konnte.

Schriften

  • Betrachtungen über den Beitritt Badens zu dem deutschen Zollverein. Karlsruhe, 1834[4]

Einzelnachweise

  1. von Hippel, Revolution, S. 54.
  2. Langewiesche, Liberalismus, S. 30.
  3. Langewiesche, Liberalismus, S. 30.
  4. digitalisierte Ausgabe

Literatur

  • E. Angermann: Karl Mathy als Sozial- und Wirtschaftspolitiker (1842-48). In: ZGO 1955 S. 499-622.
  • Friedrich Daniel Bassermann: Denkwürdigkeiten. Herausgegeben von Ernst von Bassermann-Jordan und Friedrich von Bassermann-Jordan. Frankfurter Verlags-Anstalt, Frankfurt 1926.
  • Heinrich Best, Wilhelm Weege: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Droste-Verlag, Düsseldorf 1998, S. 230 f., ISBN 3-7700-0919-3.
  • Alden Frank Briscoe: The liberalism of Karl Mathy. Diss., Harvard 1963.
  • Wolfgang von Hippel: Revolution im deutschen Südwesten. (= Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs, Band 26), Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 1998.
  • Ulrike von Hirschhausen: Liberalismus und Nation. Die Deutsche Zeitung 1847-1850. (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 115), Droste Verlag: Düsseldorf, 1998, ISBN 3-7700-5215-3.
  • Roland Hoede: Die Heppenheimer Versammlung vom 10. Oktober 1847. W. Kramer, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-782-90471-0.
  • Dieter Langewiesche: Liberalismus in Deutschland. Frankfurt, 1988 ISBN 3-518-11286-4.
  • Hildegard Müller: Liberale Presse im badischen Vormärz. Die Presse der Kammerliberalen und ihre Zentralfigur Karl Mathy, 1840-1848. Heidelberg, 1986.
  • Friedrich von WeechMathy, Karl. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 595–600.


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