Gustav von Mevissen
Gustav Mevissen, seit 1884 Gustav von Mevissen (* 20. Mai 1815 in Dülken, Rheinprovinz; † 13. August 1899 in Bad Godesberg) war ein deutscher Unternehmer und Politiker.

Familie und Ausbildung
Mevissen entstammte einer katholischen rheinländischen Kaufmannsfamilie aus dem Umfeld der bereits in vorindustrieller Zeit bedeutenden Textilstadt Krefeld. Er war der Sohn des Gotthard Mevissen (1776-1843). Dieser war vom Gesellen zum Meister im Zwirngewerbe aufgestiegen und hatte 1798 eine Zwirnmühle erworben und um eine Garnhandlung ergänzt. Als Kaufmann und Fabrikbesitzer hatte er bereits Geschäftsbeziehungen im gesamten Rheinland. Im Jahr 1834 erweiterte der Vater die Geschäftstätigkeit noch durch den Erwerb einer Ölmühle. Seine Mutter war Catharina Elisabeth (geb. Gierlings). Der Vater war nicht nur Kaufmann, sondern auch an den geistigen Entwicklungen der Zeit interessiert. Seine Kinder erzog er daher im Geist von Johann Heinrich Pestalozzi. Zwischen 1828 und 1830 besuchte Mevissen in Köln zunächst das evangelische Gymnasium, später das katholische Mazellengymnasium sowie die höhere Bürgerschule bis zur Tertia. Obwohl er wissenschaftliches Interesse zeigte, trat er 1830 in den Betrieb seines Vaters ein und absolvierte dort eine kaufmännische Ausbildung. Daneben bildete er sich durch Lektüre selbst weiter. Auch Reisen nach Belgien, Frankreich und England zwischen 1836 und 1838 erweiterten den geistigen Horizont von Mevissen.
Mevissen heiratete erstmals 1846. Mit seiner Frau hatte er fünf Töchter. Nach einer elfjährigen Ehe starb seine Ehefrau im Jahr 1857. Im Jahr 1860 heiratete Mevissen ein zweites Mal.
Wirtschaftliche Tätigkeit
Textilunternehmer und Zeitungsgründer

1834 übernahm Mevissen die Leitung der väterlichen Ölmühle und war noch im gleichen Jahr Mitgründer des Kölner Allgemeinen Organs für Handel und Gewerbe. Vier Jahre später wurde er Teilhaber der Deutsch-Englischen Dampschiffahrtsgesellschaft und im Folgejahr auch Teilhaber der väterlichen Zwirnfabrik, wo er sich zunächst die Geschäftsleitung mit seiner Schwester Wilhelmina teilte. 1839 war er Mitgründer der Rheinischen Allgemeinen Zeitung.
1841 zog Mevissen nach Köln. Dort gründete er mit einem Kompagnon eine Grosshandlung für Textilien. Nach der Heirat seiner Schwester übernahm der neue Schwager weitgehend das Geschäft in Dülken, während Mevissen seinen Lebens- und Geschäftsschwerpunkt nach Köln verlegte. Zu den ersten Geschäften an denen er sich beteiligte war 1842 die Gründung der Rheinischen Zeitung zusammen Ludolf Camphausen und anderen. Dabei mischten sich wirtschaftliches Streben und politische Ziele. Mevissen veröffentlichte in dem von Karl Marx als Redakteur geprägten Blatt selbst einige Artikel. Der preußische Staat verbot das Blatt bereits 1843. Auch nach dem Scheitern hielt Mevissen trotz seiner gemäßigt liberalen Ansichten Kontakte mit den ehemaligen linksintelektuellen Redakteuren aufrecht.[1]
Obwohl die Textilindustrie Kern seiner Unternehmen blieb, war er in einer Vielzahl von Branchen tätig, insbesondere in der Transport- und Schwerindustrie, dem Versicherungswesen und dem Bankgeschäft.
Pionier bei Finanzdienstleistungen
1845 war Mevissen an der Gründung der See-, Fluß- und Landtransportversicherungsgesellschaft Agrippina beteiligt. Im April 1848 wurde Mevissen zum Direktor der Kölner Filiale der Darlehenskasse berufen. Im September 1848 war er als vom preußischen Staat eingesetzter Staatskommissar maßgeblich an der Rettung des Schaafhausen'schen Bankvereins und dessen Umwandlung in eine Aktiengesellschaft beteiligt. Mevissen wurde erster Direktor der Gesellschaft, 1857 wechselte er in den Aufsichtsrat des Kreditinstituts, dem er bis 1875 angehörte. Unter Mevissens Leitung beteiligte sich der Verein weiter an der Finanzierung der entstehenden Industrie. So war er seit 1856 an der Erschließung der Siegerländer Erzvorkommen beteiligt.[2] Ein Einstieg in das Geschäft mit Lebensversichungen wurde erst nach dem Auslaufen eines Monopols 1851 möglich. Mevissen vereinigte zwei kurz nach dem Fall des Monopols gegründete Gesellschaften 1853 zur Concordia-Versicherung mit einem Aktienkapital von 10 Millionen Talern.[3] Im selben Jahr gründete Mevissen die Kölner Rückversicherungsgesellschaft sowie zuzsammen mit Abraham Oppenheim wegen der günstigeren Gesetzeslage in Hessen und nicht in Preußen die Darmstädter Bank für Handel und Industrie mit einem Aktienkapital von 15 Millionen Talern. Eine Gründung in Frankfurt war am Widerstand der Rothschilds gescheitert, die in der modernen Aktienbank eine gefährliche Konkurrenz sahen. Diese Befürchtung bestand nicht zu Unrecht, sah Mevissen doch darin auch ein Ziel ein „korporatives Gegengewicht gegen die Alleinherrschaft der Rothschildschen Geldmacht zu schaffen.“ Die Darmstädter Bank gilt als der eigentliche Prototyp der deutschen Aktienbanken.[4] 1855 gründete er die Kölner Privatbank sowie die Münchner Bank für Süddeutschland und 1856 erneut zusammen mit Oppenheim die Internationale Bank von Luxemburg zunächst als internationale Notenbank, die sich aber bald zu einer Kreditanstalt wandelte.[5] 1871 folgt schließlich noch die Beteiligung an der Gründung der Süddeutschen Bodenkreditbank und der Mainzer Süddeutschen Immobilienbank.
Engagement in Schwerindustrie und Transport
1843 wurde Mevissen Direktionsmitglied der Rheinischen Eisenbahn, von 1844 bis 1880 war er deren Präsident. Seit 1851 war Mevissen zudem Leiter des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen, der sich insbesondere um die Vereinheitlichung des Tarifsystems der zahlreichen Eisenbahngesellschaften bemühte.[6]
Im Oktober 1849 war Mevissen unter den Gründern des Kölner Bergwerksvereins und wurde im gleichen Jahr Mitglied des Aufsichtsrats der Kommanditgesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb. 1852 beteiligte er sich an der Gründung des Hörder Bergwerks- und Hütten-Vereins und einer Flachsspinnerei in Düren. Im Folgejahr ist er Migründer einer Vielzahl von schwerindistriellen Betrieben, darunter der Eschweiler Bergwerksverein, die Alsdorf-Hoengener Kohlenbergwerksgesellschaft und die Massener Gesellschaft für Kohlenbergbau, sowie einer mechanischen Flachsspinnerei in Dülken und der Kölnischen Baumwollspinnerei und -weberei. 1855 folgt die Gründung der Kölnischen Maschinenbau AG. Ein Jahr später wird er Vorsitzender des Verwaltungsrats des von ihm mitgegründeten Köln-Müsener Bergwerksvereins.
Wirtschaftspolitiker
1844 wurde Mevissen Mitglied der Handelskammer in Köln, von 1856 bis 1860 wer er deren Präsident. Immer wieder äußerte sich Mevissen mit wirtschaftspolitischen Gedanken, die nicht immer der wirtschaftsliberalen Lehre entsprachen. Dem Gedanken einer schrankenlosen Konkurrenz eines Adam Smith stand er kritisch gegenüber und trat bereits im Vormärz für staatliche Interventionen und sozialpolitische Maßnahmen ein. In dieser Zeit stand er dem Freihandel kritisch gegenüber und befürwortete auch später Schutzzölle. Seine Ansichten nahmen teilweise die Gedanken von Friedrich List's Hauptwerk vorweg. Die Gründung des Deutschen Zollverein hat er dagegen begrüsst. Während der nicht zuletzt durch den Aufbau von Überkapazitäten ausgelösten Gründerkrise in der zweiten Hälfte der 1870er Jahre forderte er etwa eine aktive Wirtschaftspolitik des Staates etwa durch öffentliche Investitionen.[7]
Mevissen als Politiker
Mevissen und der rheinische Liberalismus
Politisch wurde Mevissen zunächst stark vom süddeutschen Liberalismus um Karl von Rotteck aber auch von anderen rheinischen beeinflusst. Im Jahr 1835 schrieb er sogar eine „Ode an Rotteck.“ Zwei Jahre später entwarf er beeinflusst von der Schrift von David Hansemann „Preußen und Frankreich“ eine Eingabe den Regierungspräsidenten gegen die hohen Klassensteuern.
Mevissen entwickelte sich später zu einem führenden Vertreter des rheinischen Liberalismus. Diese Spielart des Liberalismus gründete sein Selbstverständnis insbesondere in Abgrenzung gegenüber dem preußischen Adel nicht zuletzt auf den Aufstieg der Industrie. Mevissen äußerte 1840: „Die Industrie ist zur selbstständigen Macht erstarkt (... dank), dieser neuen sozialen Macht“ in Deutschland müsse es „unleugbar einer neuen Ära auch politisch entgegen“ gehen. „Denn wo die Industrie als Macht stark ist, da ist auch politische Kraft und Freiheit.“[8] Das drängen nach einer Liberalisierung des politischen Systems ging dabei einher mit der Furcht vor einer Revolution der Unterschichten. Im Jahr 1845 schrieb Mevissen: „... dass die Zahl der Proletarier in allen Staaten der Gegenwart in einer höchst beunruhigenden Progression steigt: Die drohende Woge der rächenden Zukunft (wälze sich) näher und näher auf das lebende Geschlecht.“ Für Mevissen ging die eigentliche soziale Gefahr dabei nicht von den noch wenigen Industriearbeitern, sondern von den vom Pauperismus bedrohten ländlichen Unterschichten aus. Er folgerte daraus zum einen, dass die Gesellschaft auch aus diesem Grund eine tiefgreifende Reform bedürfe. Eine wachsende Industrie auch gefördert durch staatliche Wirtschaftspolitik könne langfristig Wohlstand zur Bekämpfung der Armut schaffen“[9] Während andere rheinische Liberale den Druck der unteren Schichten unter anderem durch ein Zensuswahlrecht abwehren wollten, sprach sich Mevissen für gleiche politische Rechte aus. „Nur dann, wenn das fortschreitende Bedürfnis nach Gleichheit aller in den staatlichen und sozialen Formen angemessene Befriedigung findet ist eine friedliche Entwicklung der heutigen Gesellschaft (...) möglich.“[10] Wehler bezeichnet Mevissen als Exponenten eines aufgeklärten Sozialliberalismus, der mit seinen Forderungen in dieser Hinsicht weiter ging als andere Vertreter des rheinischen Liberalismus.[11]
Politisches Wirken im Vormärz
Im Bereich der praktischen politischen Tätigkeit begann Mevissen seit der Mitte der 1840er Jahre stärker hervorzutreten. So war er 1845 an der Vorbereitung von zwei Petitionen zu Gunsten einer allgemeinen Volksrepräsentation, Preßfreiheit, der Forderung nach öffentlichen Tagungen des Provinziallandtages sowie für die Emanzipation der jüdischen Bevölkerung beteiltigt. Gegen das Gebot der Geheimhaltung der Verhandlungen des Provinziallandtages war Mevissen an der Zusammenstellung und illegalen Verbreitung der Verhandlungsergebnisse des Landtagses von 1845 beteiligt. Mevissen schrieb über den Erfolg der Schrift an seinen Schwager „Meine letzte Publikation den Landtag betreffend wird begierig gelesen und fast verschlungen.“[12]
Im Jahr 1846 wurde er Mitglied des Rheinischen Provinziallandtags. Seine oppositionelle Haltung führte dazu, dass der Staat ihm 1847 die Zustimmung zu einem Amt als städtischer Beigeordneter verweigerte.[13] Im gleichen Jahr wurde Mevissen nach einigen Komplikationen, so versuchten die Behörden seine Bestätigung zu verweigern, für den Wahlkreis Gladbach - zu dem auch sein Heimatort Dülken gehörte - zum Mitglied im preußischen Vereinigten Landtag gewählt. Mevissen hat dort maßgeblich dazu beigetragen, dass die rheinischen Liberalen und die zumeist adeligen Liberalen aus den östlichen Provinzen eine gemeinsame Linie fanden. Während die Preußen nur protestieren und sich der Versammlung verweigern wollten, sprachen sich die Rheinländer sich für das konstituieren und handeln aus. Diese Linie setzte sich weitgehend durch. Mevissen schrieb an seine Frau über die Ziele: „Eine mächtige, erhabene und unverletzliche Krone, verantwortliche Minister, ein freies mitratendes und mittatendes Volk.“[14]
Wie auch in den Provinziallandtagen waren die Verhandlungen des Vereinigten Landtages nicht öffentlich. Auf teilweise konspirative Weise sorgte Mevissen dafür, dass die Presse und insbesondere die Kölnische Zeitung mit Berichten über die Debatten versorgt wurde. Während der Tagungen spielten die rheinischen Liberalen eine wichtige Rolle. Ein Abgeordneter schrieb etwa an Johann Jacoby: „Die Rheinländer allerdings bekunden viel parlamentarisches Talent, und die Redner unter ihnen, namentlich Beckerath, Hansemann und Mevissen dürften sich den besten Rednern Englands und Frankreichs an die Seite stellen, wenigstens was die Auffassung und Durchführung ihrer Aufgabe betrifft.“[15]
Zusammen mit Rudolf von Auerswald und Georg von Vincke arbeitete Mevissen ein Positionspapier aus, dessen Kernaussage besagte, dass der Vereinigte Landtag auf Grund früherer Gesetze ein Recht auf regelmäßige Einberufungen hätte. Immerhin 138 Abgeordnete unterschrieben diese Erklärung. Camphausen verweigerte sich den, weil er auf den Weg der Petition an den König setzte. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen geriet Mevissen dann in die Defensive. „Die letzten Tage hier sind nicht ohne heißen Kampf gewesen, und namentlich habe mit einem kleinen Häufchen Getreuer, mit 31 gegen 418, mich gestern auf der Bresche befunden.“[16]
Mevissen hatte sich während des Vereinigten Landtages einen Namen als eine führende Persönlichkeit des liberalen Lagers in ganz Deutschland gemacht. Daher wurde er auch zur Heppenheimer Tagung eingeladen, traf dort aber aus einem Versehen zu spät ein.
Politisches Handeln zu Beginn der Revolution von 1848/49

Die Nachrichten über Unruhen während der ersten Tage der Märzrevolution haben Mevissen stark beunruhigt. Auch in Köln wurden die führenden Liberalen von den Ereignissen überrascht. Am 3. März 1848 kam es zu einer Demonstration vor dem kölner Rathaus, dabei wurden politische Reformen im demokratischen Sinne laut. Mevissen machte darin „Spuren einer communistischen Bewegung (aus, die sich) sehr drohend und unverhüllt gezeigt“ hätte. Noch sei diese nicht gefährlich, sie könne dies aber werden, wenn nicht rasch der Weg von Reformen eingeschlagen würde.[17] Mevissen und andere Abgeordnete äußerten zwar ihren Abscheu über die Unruhen verlangten aber auch die sofortige Widereinberufung des Vereinigten Landtages, um das Verfassungswerk zu vollenden. Auch zur Heidelberger Versammlung war Mevissen eingeladen worden, ist dieser aber aus Furcht vor weiteren Unruhen nicht gefolgt. Stattdessen lud er die rheinischen Abgeordneten zur Beratung der Lage nach Bonn ein. Die dortigen Beratungen zeigten zwar erhebliche Differenzen zwischen Hansemann und Mevissen, die einen entschiedeneren Weg einschlagen wollten, auf der einen Seite und Camphausen auf den anderen Seite, aber der von diesem durchgesetzte Beschluss hatte keine praktische Wirkung, weil der Siebenerausschuss mit der Einberufung des Vorparlaments bereits neue Fakten geschaffen hatte und auch die Revolution auf den Straßen von Wien und Berlin ihn obsolet gemacht hatte. Die führenden rheinischen Liberalen reisten nach Berlin ab. Vor allem Mevissen und Beckerath setzten alles daran den kurz zuvor ernannten Ministerpräsidenten Adolf Heinrich von Arnim-Boitzenburg zum Rücktritt zu bewegen und ein liberales Ministerium zu etablieren. Nur einen Tag nach seiner Ankunft schrieb Mevissen an seine Frau: „Nach sechsstündiger schwerer Geburt ist soeben eine Ministerium Camphausen ins Leben getreten.“[18] Es war nicht zuletzt Mevissen zu verdanken, dass auch die radikaleren Liberalen diesen Kurs zunächst mittrugen. In die Konstituierungsphase der neuen Regierung platze die Nachricht vom Zusammenbruch der Schaafhausener Bank. Mevissen befürchtete eine Gefahr für die Kreditfähigkeit des gesamten Staates und drängte den Finanzminister Hansemann und Camphausen mit Erfolg zu staatlichen Interventionen. Abgesehen von Hilfen für die Bank (s.o.) setzte Mevissen direkte Hilfen für von der Wirtschaftskrise betroffenen Unternehmen durch.
Während der zweiten Sitzungsperiode des Vereinigten Landtages im Jahr 1848 setzte Mevissen sich gegen das Zensuswahlrecht. Er war der Meinung, dass die „Agitation im Land (...) nur dann aufhören würde, wenn das allgemeine Stimmrecht ohne Einschränkung gegeben wird.“[19] Diese Position setzte sich sowohl anlässlich der Wahl zur preußischen wie auch der deutschen Nationalversammlung weitgehend durch.
Wirken in der Frankfurter Nationalversammlung
Mevissen selbst strebte ein Mandat für die Frankfurter Nationalversammlung an. Vom 18. Mai 1848 bis zum 21. Mai 1849 war er als Abgeordneter für den 9. westfälischen Wahlkreis Siegen-Wittgenstein Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung. Mevissen war Mitgründer der liberalen Casino-Fraktion. In dem von Johann Gustav Droysen formulierten Beschluss wurde Mevissen neben Heinrich von Gagern unter denjenigen aufgeführt, die mit der Vorbereitung, Leitung, Berufung usw. vertraut sind. Mevissen befürworte die Einrichtung einer provisorischen Zentralgewalt und die Wahl des Reichsverwesers Erzherzog Johann von Österreich. Durch diese Entscheidungen hoffte er die Republikaner in die Defensive zu treiben. Nach dem Ende der Regierung Camphausen versuchte Mevissen diesen letztlich vergeblich für eine verantwortliche Position in der Zentralgewalt zu gewinnen. Dagegen stellte er sich der neuen Regierung zur Verfügung. Vom 9. August bis zum 5. September 1848 war Mevissen als Unterstaatssekretär des Reichsministerium für Handel Teil der provisorischen Zentralgewalt. Mevissen stellte bald fest, das seine Einflussmöglichkeiten aber auch die der gesamten Regierung sehr begrenzt waren. Er gab den Posten auf, als ihm die Leitung des Schaafhauser Bankvereins angetragen wurde.[20] Nach der Entlassung des Kabinetts Auerswald-Hansemann bemühte sich Mevissen bei einer Reise nach Berlin vergeblich um die Einsetzung eines weiteren liberalen Kabinetts für Preußen.
In der Nationalversammlung sowohl dem Volkswirtschaftlichen Ausschuss als auch der Kommission zur Vorbereitung des Empfangs des Reichsverwesers an. [21] Im Sinne seiner Wähler aus dem Siegerland setzte er sich für „allgemeine Prinzipien einer künftigen Handels- und Gewerbepolitik ein.“ Auch beteiligte er sich an den Verfassungsberatungen. Sein Tätigkeitsschwerpunkt hatte sich allerdings auf die Leitung des Bankvereins verlagert. Wohl auch daher stellte er keine Anträge in der Nationalversammlung und trat auch nicht als Redner im Plenum auf.
Im Dezember 1848 begrüßte er, wie viele gemäßigte Liberale, den Staatsstreich des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., der die preußische Nationalversammlung aufgelöst und eine Verfassung oktroyiert hattes. Ein Hauptgrund dabei war die Sorge, dass die politische Revolution sich in eine soziale verwandeln könnte. Mevissen begrüßte den „kühnen Schritt des Königs,“ da er den Zeitpunkt für gekommen hielt, „wo alle Männer von politischen Einfluss [auf dem] neugeschaffenen Rechtsboden (...) die hereindrängende Anarchie bekämpfen müssen.“[22]
In der Frage nach dem künftigen Staatsoberhaupt stimmte Mevissen für eine erbliche Kaiserwürde und die Wahl von Friedrich Wilhelm IV. Entsprechend votierte er auch am 28. März 1849 in der Nationalversammlung. Nach dem Scheitern der Kaiserdeputation sah Mevissen die politische Zukunft düster, wie er am 28. April 1849 schrieb. „Die politischen Aussichten werden trüber und trüber, und wenn die Dinge so fortgehen, wie in den letzten acht Tagen, stehen wir plötzlich in der allertiefsten Reaktion mit Aussicht auf eine nicht lange ausbleibende neue Revolution.“[23] Nach dem Beginn der Reichsverfassungskampagne sah Mevissen die Politik der Nationalversammlung endgültig als gescheitert an. „Unsere Aufgabe, die friedliche Reform, ist, wenn nicht gelöst, doch beendet. Wir können bei dem weiteren Verlaufe nichts als passive Zuschauer abgeben.“[24] Zusammen mit 64 anderen Abgeordneten der Casinofraktion trat Mevissen am 21. Mai 1849 aus der Nationalversammlung aus.
Politik nach der Revolution
Im Jahr 1849 nahm Mevissen an der Gothaer Versammlung der Erbkaiserlichen teil und trat dabei vergeblich für eine Kritik an den Regierungen ein, die die Paulskirchenverfassung abgelehnt hatten. Erneut für die Kreise Olpe, Siegen und Wittgenstein gehörte Mevissen 1850 dem Erfurter Unionsparlament an. Ab 1866 war er zunächst als Vertreter Köln Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Im Herrenhaus gehörte er der altliberalen Richtung an. Politischen Einfluss behielt Mevissen darüber hinaus als Mitglied des preußischen Staatsrates, des Volkswirtschaftsrates und als Berater von Wilhelm I.. Insgesamt jedoch hatte sich Mevissen nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 aus der aktiven Politik weitgehend zurückgezogen. Stattdessen wandte er sich verstärkt seiner gewerblichen Tätigkeit wieder zu. „Wie die Dinge [angesichts] der totalen Ohnmacht (...) in den politischen Fragen [liegen] glaube ich, dass die materiellen Interessen die einzige Stelle bilden, von wo aus eine bessere Zukunft sich gestalten mag.“[25]
Gleichwohl blieb er seinen liberalen Überzeugungen treu und äußerte sich dementsprechend. Nach der Gründung des deutschen Kaiserreichs kritisierte er etwa die „allmächtige“ Position von Otto von Bismarck.[26]
Kulturelles Engagement
Mevissen war Mitglied und Gründer mehrerer sozialer und caritativer Vereine. Im Jahr 1879 wurde Mevissen zum finanziellen Förderer des Historikers Karl Lamprecht. Mit diesem und anderen Bürgern gründete er 1881 die Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde. Auf seine Initiative geht auch die Gründung der Städtischen Handelshochschule Cöln im Jahr 1901 zurück.
Bereits in jungen Jahren interessierte sich Mevissen für Literatur, so hatte er bereits im Alter von 20 Jahren eine ansehnliche Bibliothek zusammengetragen. Seine fast 15.000 Bücher umfassende Sammlung vermachte er der Stadt Köln. Heute befinden sich diese Bücher in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln.
Mevissen wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt.
Ehrungen
Mevissen wurde am 4. September 1884 in Berlin mit Diplom vom 23. September 1884 in Schloß Brühl in den preußischen Adelsstand erhoben. Damit verbunden war ein erblicher Sitz im Herrenhaus. Außerdem erhielt er den Titel eines Geheimen Kommerzienrats sowie in den Jahren 1885 und 1895 Ehrendoktorwürden der Universität Bonn. Die Ehrenbürgerwürde der Stadt Köln wurde Gustav von Mevissen am 25. April 1895 verliehen. Am 23. Dezember 1897 benannte die Stadt Köln die Straße, die vom Riehler Platz zum Rhein verläuft, Mevissenstraße.
Werke
- Über Flachshandspinnerei auf dem linken Rheinufer des Regierungsbezirks Düsseldorf. Nach 1830
- Holland als Handelsvermittler rheinischer Produkte. 1839
Einzelnachweise
- ↑ Obermann, S.392-394
- ↑ Zeumer, S.15, 41
- ↑ Zeumer, S.32
- ↑ zit. nach Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd.3, S.88, Nipperdey, Bürgerwelt, S.203
- ↑ Zeumer, S.38
- ↑ Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd.3, S.68
- ↑ Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd.3, S.565f., Hashagen, S.775
- ↑ zit. nach Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd.2, S.199
- ↑ zit. nach Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd.2, S.266, ebd. S.288f.
- ↑ zit. nach Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd.2, S.266f.
- ↑ Wehler, Gesellschaftsgeschichte Bd.2, S.426
- ↑ zit. nach Obermann, S.395
- ↑ Best/Weege, S. 237
- ↑ zit. nach Obermann, S.396
- ↑ zit. nach Obermann, S.397
- ↑ zit. nach Obermann, S.397
- ↑ zit. nach Obermann, S.400
- ↑ zit. nach Obermann, S.401
- ↑ zit nach Wolfgang J. Mommsen: 1848. Die ungewollte Revolution. Die revolutionären Bewegungen in Europa 1830-1849. Frankfurt, 1998. ISBN 3-10-050606-5 S.174
- ↑ Obermann, S.407-409
- ↑ Best/Weege, S. 238
- ↑ zit. nach Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd.2, S.753
- ↑ zit. nach Obermann, S.415
- ↑ zit. nach Obermann, S.417
- ↑ zit. nach Wehler. Gesellschaftsgeschichte Bd.3, S.92
- ↑ Wehler, Gesellschaftsgeschichte, Bd.3, S.374
Literatur
- Heinrich Best, Wilhelm Weege: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Droste-Verlag, Düsseldorf 1998, S. 237f. ISBN 3-7700-0919-3
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band IX, Band 116 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1998,
- Karl Obermann: Gustav Mevissen. Aufstieg, machtpolitische Verzichte und wirtschaftlicher Erfolg eines rheinischen Liberalen. In: Helmut Bleiber (u.a.) (Hrsg.): Männer der Revolution von 1848 Bd.2. Akademie-Verlag, Berlin (Ost) 1987 S.391-424 ISBN 3-05-000285-9
- Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat. München, 1998 ISBN 3-406-44038-X
- Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 2 Von der Reformära bis zur industriellen und politischen Deutschen Doppelrevolution 1815-1845/49. C. H. Beck, München, 1989. ISBN 3-406-32262-X
- Sandra Zeumer: Die Kölner Privatbanken und die Industriefinanzierung im frühen 19. Jahrhundert Diplom-Arbeit, Köln 2003
Weblinks
- Justus Hashagen: Gustav von Mevissen. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 53, Duncker & Humblot, Leipzig 1907, S. 772.
- Vorlage:PND
- Literaturliste im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin
Personendaten | |
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NAME | Mevissen, Gustav von |
KURZBESCHREIBUNG | Politikerund Unternehmer |
GEBURTSDATUM | 20. Mai 1815 |
GEBURTSORT | Dülken |
STERBEDATUM | 13. August 1899 |
STERBEORT | Bad Godesberg |