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Muršili II.

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Muršili II. (* etwa 1338 v. Chr.; † ca. 1290 v. Chr.) war ein hethitischer Großkönig. Während seiner Herrschaft weitete er das Reich nach Arzawa hin aus, unternahm Feldzüge nach Syrien und gegen die Kaskäer. So festigte er das von einer Seuche gepeinigte Land, die in seiner Regentschaftszeit langsam abebbte. In Pestgebeten an die Götter bat Mursili um Nachlassen dieser Seuche und zeigte immer weniger Verständnis für diese Plage.

Regierungsbeginn

Muršili war der Sohn des Großkönigs Šuppiluliuma (sein Geburtsdatum ist nur insofern erschließbar, als dass vermutet wird, dass er bei seiner Thronbesteigung etwa 20 Jahre alt gewesen sei). Als dieser um 1320 v. Chr. starb, wurde Muršilis Bruder Arnuwanda II. Herrscher. Seine älteren Brüder Sarrikusuh und Telipinu sorgten als Vizekönige in Karkamis bzw. Halpa für Stabilität im Reich, waren aber, wohl aufgrund ihres Amtes, von der Thronfolge ausgeschlossen. Doch zu dieser Zeit wütete eine nicht näher bekannte Seuche im Land an der schon Suppiluliuma gestorben war und nun Arnuwanda und sein Sohn erlagen. Letzterer war ursprünglich als Thronfolger vorgesehen, aber er starb noch vor seinem Vater. Muršili, der wahrscheinlich in keinster Weise auf diese Aufgabe vorbereitet worden war, wurde um 1318 v. Chr. Großkönig und von seinen Feinden sogleich wegen seiner Unerfahrenheit verspottet.

Die Kaskäer und Arzawa griffen gleich zu Beginn seiner Regierungszeit das Land Hatti an. Der gegen erstere nach Ishupitta geschickte Hannutti war auf dem Weg dorthin verstorben. Muršili jedoch war ein wahrscheinlich tiefreligiöser Mensch und feierte erst die Feste zu Ehren der Sonnengöttin von Arinna, die sein Vater versäumt hatte. Anschließend zog er nach Norden und besiegte die Kaskäergebiete Halila und Dudduska mithilfe der Taktik der verbrannten Erde. Darauf bekämpften ihn weitere Kaskäer aus Ishupitta, die von Mursili ebenfalls besiegt wurden. Abermals musste er bald darauf Turmitta und Ishupitta erobern sowie auch Tipija, Kathaidduwa und Palhuissa.

Seine nächsten Feldzüge unternahm Muršili nach Arzawa. Von dort war noch unter Mursilis Vater der Thronfolger Mashuiluwa vertrieben und in Hattuša aufgenommen worden. Šuppiluliuma hatte ihm eine seiner Töchter zur Frau und das Versprechen gegeben, dass er Arzawa für ihn zurückerobern werde. Dieses Versprechen scheint Muršili einzulösen gewollt haben, obwohl es ihm wahrscheinlich eher um Macht gegangen sein wird. Zuerst ließ er allerdings Millawanda zerstören. Von Truppen aus Karkamis unterstützt, besiegte er anschließend Arzawa durch eine Entscheidungsschlacht am Fluss Astarpa und nahm die Hauptstadt Abasa ein. König Uhhaziti, ein Bruder Mashuiluwas floh nach Ahhijawa. Die Geflüchteten besiegte Muršili nach einer Belagerung im Arinnanda-Gebirge, da er dort seine Streitwagen nicht einsetzen konnte. Er soll von diesem Ort 15500 Gefangene nach Hattusa gebracht haben. Den Winter verbrachte er in Astarpa und belagerte im nächsten Jahr die Flüchtlinge in Puranda, dessen Wasserzufuhr abgeschnitten wurde. Nachdem auch diese Stadt erobert worden war, und er 65000 Gefangene (Zahl ist nicht gesichert) gemacht hatte, gliederte er das eroberte Land in Mira, Haballa und Seha und setzte dort Vasallenkönige ein. In Mira war dieser Mashuiluwa, der eine Art Oberherrschaft über die anderen beiden ausübte.

Den Winter verbrachte Muršili in Hattusa und im nächsten Jahr zog er wieder gegen die Kaskäer, die Asharpaja besetzt hatten und damit den Weg nach Pala blockierten. Dieses Land wurde, ebenso wie Arawanna, dem Muršili vorwarf, Kissija überfallen zu haben, geplündert. Wieder machte Muršili viele Gefangene. Die Kaskäer in Ziharrija und Tarikarimu besiegte Muršili auch und verschleppte ihre Bevölkerung. Interessanterweise ist diese Strategie der Deportation eroberter Gebiete die einzige, die gegen die Kaskäer wirklich Wirkung gezeigt hat. Schätzungsweise siedelte Muršili in seinen erten Regierungsjahren 100.000 Menschen um, die wohl in entleerte Gebiete oder zur Armee geschickt wurden. Insbesondere das hethitische Kernland benötigte Menschen, da die Seuche, an der sein Großvater und Onkel gestorben waren, immer noch nicht abgeklungen war.

Feldzüge in Syrien

Während Mursili Feldzüge im Norden führte, versuchte Tette, König von Nuhasse, im Süden die hethitische Oberhoheit abzuschütteln. Aufgrung seiner militärischen Gebundenheit schlug Muršili dem Bruder Tettes, Summittara, einen Staatsstreich gegen diesen vor, der mit seiner Aerkennung als König von Nuhasse verbunden sein sollte. Summittara willigte ein und warf seinen Bruder ins Gefängnis. Mursili besiegte die restlichen Aufständischen. Doch da Tette nicht, wie üblich, nach Hattuša gebracht wurde, setzte er nach Muršilis Abzug Summittara ab und führte den Aufstand fort. Der General Kantuzzili wurde dem Vizekönig von Karkamis, Mursilis Bruder Sarrikusuh, zu Hilfe gesandt, der den Aufstand niederwerfen sollte. Der König von Ugarit verweigerte ihm allerdings seine Unterstützung.Von Osten drangen zu dieser Zeit Assyrer nach dem Euphrat vor und der ägyptische Pharao Haremhab schickte Truppen zur Unterstützung der Aufständischen. Letztere wurden allerdings von den Hethitern besiegt. Muršili warf Azzi-Hajasa und einige andere unbotmäßige Vasallen nieder.

Im folgenden Jahr feierte der Großkönig ein Fest zu Ehren der Göttin Hepat von Kummanni in Kizzuwatna. Dort traf er sich mit Sarrikusuh und besprach Probleme mit Nuhasse und den Tod seines Bruders Telipinu, des Vizekönigs von Halpa, mit ihm. Möglicherweise redeten sie auch über die Tawananna, Muršilis Stiefmutter. In Kummanni starb allerdings auch Sarrikusuh (seine Nachkommen folgten ihm in Karkamis als Vizekönige nach) und in Nuhasse gab es erneut eine Revolte. Zudem entsagte Aitakkama von Kadesch den Hethitern, die Assyrer fielen in Karkamis ein und Azzi-Hajasa griff das Kernland an. Der Heerführer Nuwanza wurde ins Obere Land entsandt und befreite es. Azzi-Ajasa wurde im darauffolgenden Jahr erobert. Der Feldherr Kurunta besiegte die Feinde in Syrien. Während der Belagerung von Kadesch ermordete Niqmadu seinen Vater Aitakkama und unterwarf sich den Hethitern. Muršili selbst eroberte Karkamis zurück und zog nach Astata, gründete die Stadt Emar, die die Wege von Syrien ins Zweistromland kontrollierte, und ließ dort Truppen.

Späte Regierungszeit

Muršili setzte die Tawananna Malnigal ab, deren Name allerdings nicht ausreichend gesichert ist, da sie auf Siegeln nur mit ihrem Titel unterschrieb. Sie war inzwischen Mitregentin von zwei Großkönigen gewesen und frönte, zumindest nach Ansicht Muršilis, einem extravaganten Lebensstil. Muršili machte ihr, der aus Babylon eingeheirateten Prinzessin, dies zum Vorwurf. Nach ihm soll sie ihre Schwiegertochter schikaniert, die Bevölkerung terrorisiert und sich an Tempeleigentum vergriffen haben. Muršili betonte, dass er sich trotz dieser Vorwürfe nicht schlecht ihr gegenüber verhalten und ihre Befugnisse nicht beschnitten habe. Doch in Muršilis 9. Regierungsjahr starb, trotz Anrufs der Unterweltgöttin Lelwani, seine Frau Gassulawija. Ihm kam der Verdacht, dass Malnigal sie vergiftet haben könnte und er befragte die Orakel. Diese bestätigten den Vorwurf und erklärten, dass die Götter es gutheißen würden, wenn er sie töten ließe. Die Tawananna wurde vor ein Gericht gestellt und für schuldig befunden, ihrer Funktionen enthoben und verbannt. Ob sie Gassulawija wirklich, wie die Anklage lautete, verhext hat, ist nicht gesichert und natürlich unwahrscheinlich. Eine Vergiftung ist allerdings nicht auszuschließen.

In seinem 12. Regierungsjahr schlug Muršili eine Revolte in Arzawa nieder und ersetzte Mashuiluwa durch dessen Neffen Kubantakurunta. Außerdem zog er noch mehrere Male gegen die Kaskäer, die aber nicht befriedet wurden. Er heiratete Tanuhepa, deren Schicksal dem Malnigals ähneln sollte. Er starb um 1290 v. Chr. Nachfolger wurden sein Sohn Muwattalli und später auch sein Jüngster Hattušili.

Muršilis Sprachfehler

Muršili besaß einen Sprachfehler, wobei es sich wahrscheinlich um ein Stottern gehandelt hat. Muršili führte dies wohl auf ein Erschrecken zurück.

"Da brach ein Unwetter los, fern donnerte der Wettergott schrecklich. Und ich erschrak. Da wurde mir das Wort im Mund drin wenig und das Wort ging mir etwas stockend herauf..." (zitiert nach Lehmann)

Muršilis Pestgebete

Muršilis Regierungszeit war von der nicht nachlassenden Seuche geprägt. Es ist nicht gesichert, um welche Krankheit es sich handelte, da Seuchen damals allgemein mit demselben Begriff (in der modernen Übersetzung Pest genannt) bezeichnet wurden. Muršili sah in ihr eine Strafe der Götter für den Tod Tudhalijas III., der von Šuppiluliuma ermordet worden war.

"Da kamt ihr, ihr Götter, meine Herren und diese Sache mit Tudhalija dem Jüngeren rächt ihr jetzt nachträglich ... "

In seinen Gebeten äußerte Mursili zwar die Ansicht, dass dies eine Bestrafung der Götter sei, aber er konnte doch den Ursprung der Seuche lokalisieren.

"Als mein Vater die Truppen und Wagenkämpfer des Landes Ägypten besiegte, da entstand unter den Gefangenen eine Pest ... da schleppten die Gefangene die Pest ins Land Hattusa ein ... "

Muršili bekannte nun allerdings vor den Göttern seine Erbschuld (sie anzulügen war sinnlos, da die Hethiter glaubten, dass diese alles wüssten), gab aber keine persönliche Schuld zu.

"Meine Götter, meine Herren, es ist so: Man sündigt. Und auch mein Vater sündigte und übertrat das Wort des Wettergottes, meines Herrn; ich aber habe in nichts gesündigt ... Und weil ich meines Vaters Sünde gestanden habe ... jagt die Pest wieder aus dem Land Hattusa hinaus."

Mursili fleht die Götter lange Jahre in seinen Gebeten an, scheint aber immer weniger zu verstehen, warum diese Strafe so heftig ausfallen muss, denn seiner Meinung nach muss eine Strafe gerecht sein.

Die Pestgebete Muršilis, vergleichbar mit dem Buch Hiob, zählen sicher zur Weltliteratur und weisen eine erstaunlich moderne Sicht auf das Verhältnis von Schuld und Strafe auf.

Literatur

  • Birgit Brandau, Hartmut Schickert: Hethiter Die unbekannte Weltmacht, ISBN 3-492-04338-0, Piper Verlag, München, 352 Seiten
  • Johannes Lehmann: Die Hethiter Volk der tausend Götter, ISBN 3-8112-0936-1, Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach
VorgängerAmtNachfolger
Arnuwanda II.Hethitischer Großkönig
ca. 1318-ca. 1290 v. Chr.
Muwattalli II.