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Arminius

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Arminius (in den Quellen auch Armenius; * um 17 v. Chr.; † um 21 n. Chr.) war ein Fürst der Cherusker, der den Römern im Jahre 9 n. Chr. in der Varusschlacht mit der Vernichtung von drei Legionen eine ihrer verheerendsten Niederlagen beibrachte. Die antiken Quellen bieten nur wenige biographische Angaben zu Arminius. Das nachantike Bild des Cheruskerfürsten ist vor allem durch die von Tacitus geprägte Formel „Befreier Germaniens“ bestimmt. Arminius ist wie kaum eine zweite Person der Antike zum Gegenstand von Spekulationen sowie belletristischen und populärwissenschaftlichen Bearbeitungen geworden. Die an Arminius als historische Person angelehnte Gestalt Hermann der Cherusker wurde in Deutschland zu einer nationalen Mythen- und Symbolfigur stilisiert. Erst seit 1945 bewertet die deutschsprachige Forschung Arminius differenzierter. Sein germanischer Name ist unbekannt, weshalb historische Parallelen zum Drachentöter Siegfried aus dem Nibelungenlied abgeleitet worden sind.

Statue auf dem Hermannsdenkmal, 19. Jahrhundert

Leben bis zur Varusschlacht

Nur sehr wenige biografische Details über Arminius sind bis zur Varusschlacht bekannt. Arminius wurde um 17/18 v. Chr. als Sohn des Cherusker-Fürsten Segimer (lat. Segimerus) geboren.[1] Als Kind wurde er zusammen mit seinem Bruder Flavus zur Erziehung und militärischen Ausbildung nach Rom geschickt und lernte die lateinische Sprache.[2] Ab dem Jahre 4 n. Chr. führte er eine cheruskische Abteilung in römischen Diensten und wurde so mit dem römischen Militärwesen vertraut.[3] Dabei erwarb er sich das römische Bürgerrecht und den Rang eines Ritters.[4] Ob der damals 17–18-Jährige beim „großen Aufstand“ der Germanen im westfälischen Raum (1-5 n. Chr.) bei den Römern diente, ist nicht bekannt. Auf jeden Fall ging es dabei u. a. um die Rückführung einer unterlegenen Fraktion der Cherusker, die ins römische Rheinland geflüchtet war, in das Stammesgebiet. Zu dieser eher prorömischen Fraktion könnte Arminius’ Familie gehört haben, was das große Vertrauen rechtfertigen würde, das man in ihn hatte. Kaum strittig ist die Vermutung, dass er in den Jahren 6-7 n.Chr. mit seinem Verband an der Niederschlagung des pannonischen Aufstandes auf dem Balkan beteiligt war.

Um das Jahr 7/8 n. Chr. kehrte Arminius in das cheruskische Stammesgebiet zurück. Er war zu dieser Zeit innerhalb der cheruskischen Führungsschicht mit Auseinandersetzungen konfrontiert. Vor allem war Segestes, der Vater der Thusnelda, gegen eine Verbindung seiner Tochter mit Arminius. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat aber Arminius zu dieser Zeit Thusnelda geehelicht – geraubt, wie Segestes es ausdrückte.

Aufstand gegen Varus

Als unter der Führung des Statthalters (legatus Augusti pro praetore) Publius Quinctilius Varus in den eroberten Teilen Germanien eine intensivere Verwaltung und Rechtsprechung eingeführt werden sollte, geriet Arminius in Feindschaft zu Rom. Im Herbst des Jahres 9 n. Chr. wurden Varus, der sich auf dem Weg in sein Winterlager befand, Unruhen gemeldet. Die Warnung des Fürsten Segestes, Arminius plane Verrat an Rom, nahm Varus nicht ernst. Der Vorwurf naiven Vertrauens und mangelnder Vorsicht des Varus gegenüber Arminius, den manche Quellen erheben,[5] wird allerdings in der modernen Geschichtswissenschaft teilweise relativiert. Dies liegt zum einem daran, dass die Maßnahmen, die Varus ergriff, die gewöhnlichen bei der Provinzialisierung eines eroberten Gebietes waren; zum anderen, weil Arminius durch seine herausragende Stellung, vor allem durch sein römisches Bürgerrecht und seinen Ritterrang, von Varus wohl als römischer Verbündeter angesehen wurde, der auch als Anführer der dringend benötigten germanischen Hilfstruppen helfen konnte, die Lage ruhig zu halten.[6]

Auf dem Weg zu dem von den Germanen gemeldeten Aufstand mussten die Römer durch ein ihnen wenig bekanntes Gelände, wo sie in einen Hinterhalt gerieten. Arminius besiegte in einem überraschenden Schlag die römische Besatzungsmacht. Die 17., 18. und 19. Legion sowie sechs Kohorten und drei Alen (Auxilien)[7] fanden ihren Untergang im Saltus Teutoburgiensis. Welche Rolle Arminius während der Schlacht konkret spielte, ist ungewiss, sicher ist nur, dass er der Oberbefehlshaber der Germanen war, zu denen er noch auf dem Schlachtfeld sprach.[8] Schon seit Theodor Mommsen vermutet man aufgrund von Fundmünzen, dass die Schlacht im Raum Bramsche-Kalkriese stattfand. Seit 1987 werden in diesem Gebiet Ausgrabungen vorgenommen. Nähere Informationen zu den diesbezüglichen Forschungen und Lokalisierung des Ortes finden sich unter: Hauptartikel: Varusschlacht

Unmittelbar nach der Varusniederlage kam es zu einer Offensive der Germanen, bei der sie fast alle römischen Kastelle im rechtsrheinischen Germanien bis auf eines erobern konnten. Man nimmt an, dass es sich hierbei um Aliso gehandelt haben könnte. Auch dieses Kastell wurde aber bis Ende des Jahres eingenommen.

Leben nach der Varusschlacht

Weitere Konflikte mit Rom

Die durch Arminius beigebrachte römische Niederlage bedeutete zwar einen großen Rückschlag, jedoch noch nicht den völligen Rückzug der römischen Germanienpolitik auf die Rheingrenze. Zum einem wurde unter der militärischen Führung des Tiberius die Flotte wieder eingesetzt und die drei verlorenen Legionen wurden sofort ersetzt und ihre Zahl auf 8 erhöht. Der einzige Zeitzeuge Velleius Paterculus berichtet zwar von zahlreichen militärischen Aktivitäten unter dem militärischen Kommando des Tiberius, bei denen weite Teile Germaniens verwüstet worden seien. Allerdings ist das Ergebnis der Feldzüge in den weiteren Quellen widersprüchlich.[9] Was Tiberius in den Jahren 10–12 erreichte, lässt sich daher kaum feststellen. Es wird berichtet, dass Tiberius durch äußerste Vorsicht und strenge Disziplin versuchte, in Germanien vorzudringen.

Wohl in Erwartung weiterer Auseinandersetzungen mit Rom strebte Arminius daher auch ein Bündnis mit dem Markomannenkönig Marbod an; der abgetrennte Kopf des Varus wurde an Marbod gesandt. Marbod lehnte das Bündnisangebot des Arminius allerdings ab und schickte den Kopf zu Augustus. Augustus wiederum ließ das Haupt des Varus im Familiengrab bestatten.[10]

Da die antiken Autoren keine konkreten Zahlenangaben über die Stärke des Arminiusheeres überliefern, kam es in der Forschung zu zahlreichen Spekulationen über die Stärke des Heeres während der Auseinandersetzungen mit Germanicus in den Jahren 14-16 n. Chr. So hat Kurt Pastenaci eine Zahl von 40.000 Mann geschätzt,[11] neuere Schätzungen hingegen kommen auf etwa 50.000 Mann[12] mit beträchtlichen Spielraum nach oben und unten.

In den Jahren 14–16 n. Chr. führte Arminius eine erweiterte Koalition germanischer Stämme in der Abwehr der von Germanicus geführten römischen Wiedereroberungsexpeditionen, und trotz gegenteiliger Darstellungen[13] war der größte Erfolg des römischen Unternehmens lediglich die Gefangennahme Thusneldas, der Ehefrau des Arminius.[14]

Thusnelda wurde wohl im Mai 15 n. Chr. von Germanicus gefangen, als ihr Vater Segestes sie dem Römer auslieferte. Sie war zu dieser Zeit schwanger und brachte in der Gefangenschaft ihren Sohn Thumelicus zur Welt, der in Ravenna aufwuchs. Der von Tacitus[15] angekündigte Bericht über sein weiteres Schicksal ist nicht erhalten; vielleicht starb er also zur Zeit einer „Lücke“ in den Annalen, etwa 30–31 n. Chr. Vermutlich war er 47 n. Chr. bereits tot, als sich die Cherusker von Kaiser Claudius den Italicus zum König erbaten[16]. Sichere Belege gibt es jedoch nicht.

Insbesondere im Spätsommer des Jahres 15 n. Chr. gelangen Arminius zwei deutliche Siege über die Römer. In der ersten Schlacht, nicht weit vom Ort der Varusschlacht, lockte er die römische Reiterei in eine Falle und muss sie weitgehend ausgeschaltet haben. Danach zog sich Germanicus aus Germanien zurück, wobei er die Hälfte seiner Armee, unter der Führung des Caecina, von der Ems nach Südwesten schickte, um im Münsterland einen Dammweg durch einen Sumpf instandzusetzen. Bei Caecinas Ankunft wartete Arminius dort mit einer großen Streitmacht auf ihn. Es kam zu einer mehrtägigen Schlacht, die, wie von Tacitus[17] beschrieben, zunächst große Ähnlichkeit mit der Varusschlacht aufwies. Doch am letzten Tag, als die Römer geschlagen und entmutigt in ihrem Lager saßen, riet Arminius’ Onkel Inguiomer zum Angriff auf das Lager. Arminius plädierte dafür, bei der bewährten Strategie des Überfalls auf das marschierende Heer zu bleiben, konnte sich aber nicht durchsetzen. Beim folgenden Sturm auf das Lager erlitten die Germanen tatsächlich einen Rückschlag, der aber nur bedeutete, dass der germanische Sieg nicht so vollkommen war wie bei der Varusschlacht, denn die Reste der Caecina-Armee konnten sich über den Rhein retten.

Germanen überwältigen römische Truppen (Historiengemälde des 19. Jahrhunderts)

Im Jahre 16 n. Chr. kam der letzte Versuch des Germanicus mit acht Legionen, Germanien wiederzuerobern, wobei er versuchte, die Cherusker „von hinten“, d. h. durch die Porta Westfalica, anzugreifen. Die erste große Schlacht war der mit hohen Verlusten erzwungene römische Übergang über die Weser bei Minden. Vor der Schlacht lieferten sich Arminius und sein in römischen Diensten stehender Bruder Flavus ein Streitgespräch,wobei sie sich von gegenüberliegenden Seiten der Weser zuriefen.[18]. In diesem Gespräch vertritt Arminius seiner Meinung nach das heilige Recht des Vaterlandes, die altüberkommende Freiheit und die germanischen Götter, während der romfreundliche Flavus seinem Bruder die Größe Roms, die Macht des Kaisers und die harten Strafen für Aufständische vorhält. Flavus versicherte, Thusnelda und ihr Sohn würden gut behandelt. Zur Einigung kam es dabei nicht, sondern beinahe zum Gefecht.[19]

Datei:009 Germanicus.jpg
As des Germanicus

Kurz nach der Weserquerung stießen die beiden Heere abermals an der Weser aneinander, bei Idistaviso, vermutlich bei Rinteln. Tacitus beschreibt die Schlacht als großen römischen Sieg,[20] doch seine Berichte über Germanicus favorisieren diesen stets, um ihn als Lichtgestalt im Gegensatz zum finsteren Kaiser Tiberius darzustellen. Fakt ist, dass Germanicus nach diesem „Sieg“ nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, brandschatzend ins Cheruskerland eindrang (also etwa auf der Linie Minden-Bielefeld), sondern aus dem Weserbergland Richtung Norden zog, wohin sich Arminius’ Armee zurückgezogen hatte. Arminius war allerdings in der Schlacht schwer verwundet worden und wird die Germanen bei der letzten Schlacht, am „Angrivarierwall“, vermutlich zwischen der Weser und dem Steinhuder Meer, nicht mehr angeführt haben. Dort erzählt Tacitus von einem erneuten römischen Sieg, nach dem sich Germanicus aber genötigt sah, Germanien abermals zu verlassen, und zwar bereits im August, lange vor einem geplanten Rückzug ins Winterlager. Mit seinem Rückzug war der römische Eroberungsversuch endgültig gescheitert. Auch der hartnäckige germanische Widerstand und die damit verbundenen römischen Verluste erklären die Abberufung des Germanicus durch den neuen Kaiser Tiberius und damit den Verzicht auf eine weitere offensive römische Grenzpolitik.[21] Tiberius hielt es für das beste die Germanen ihren inneren Zwistigkeiten zu überlassen.[22]

Interne Stammeskonflikte und Tod

In den Jahren 9 bis 16 n.Chr. gehörten zu den Verbündeten des Arminius neben den Cheruskern die Brukterer, die Usipeter, Chatten, Chattuarier, Tubanter, Angrivarier, Mattiaker und Lander.[23] Im Frühjahr 17 n. Chr. kam es zu einer Schlacht gegen Marbod, aus dessen Machtbereich die Semnonen und Langobarden zu Arminius übergelaufen waren. Dagegen ging Inguiomer, der Onkel des Arminius, zu Marbod über. Arminius besiegte Marbod, der sich nach Böhmen zurückziehen musste.[24] Jedoch konnte er seinen militärischen Erfolg nicht weiter ausnutzen, da er nicht in die natürliche Festung Böhmen eindringen konnte. Danach musste er sich mit innergermanischen Rivalitäten und auf germanischer Seite zahlreichen wechselnden pro- und antirömischen Positionen auseinandersetzen. Vor allem auf der Seite der Römer kämpften die Bataver, Chauken, Friesen, Ubier, Raeter und Vindeliker.

Ein eigenes Großreich wollte man nicht; man warf Arminius vor, die Königsherrschaft über ein solches anzustreben. Ein Angebot des Chattenfürsten Adgandestrius, Arminius mit Gift umzubringen, lehnte Rom formal ab[25]; ob Rom dennoch versucht haben könnte, seinen Tod herbeizuführen, ist nicht bekannt. Im Jahre 21 wurde Arminius von seinen Verwandten ermordet.

Quellenlage

Das Wissen über Arminius beruht ausschließlich auf römischen Schriftquellen und archäologischen Funden, da die Germanen keine Schriftkultur besaßen. Für die zeitgenössische Historiographie war ersichtlich, dass Verrat Varus zu Fall gebracht hat, an der Person des Arminius selbst waren sie kaum interessiert. Eine erste, aber nur beiläufige Erwähnung des Arminius findet sich bei Strabon.[26] Bei Velleius Paterculus ist Varus der Hauptverantwortliche für die verlorene Schlacht. Velleius verband die Herabwürdigung des Varus literarisch geschickt mit einer Charakterisierung des Arminius. Die Darstellung des Velleius beinhaltet zahlreiche Topoi, also scheinbare charakteristische Merkmale um die Germanen zu beschreiben. Diese Topoi fanden in der römischen Literatur für die als Barbaren charakterisierenden Germanen häufige Verwendung. Die am Aufstand beteiligten Germanen werden bei Paterculus durch Wildheit und Verlogenheit charakterisiert.[27] Nach Florus hätten die Germanen den römischen Soldaten in der Schlacht bei lebendigem Leib Augen und Zunge herausgerissen.[28]

Erst Tacitus setzte sich intensiv mit Arminius auseinander und maß ihm historische Bedeutung zu. Er kritisierte auch das Schweigen der zeitgenössischen Autoren im Hinblick auf Arminius.

Die griechische Geschichtsschreibung kennt ihn nicht, und bei den Römern spielte er nicht die ihm gebührende Rolle, da wir die alte Geschichte rühmend hervorheben und der neuen gleichgültig gegenüberstehen.[29]

Die Charakterisierung des Arminius bei Tacitus ist nicht so nüchtern wie die des Velleius, da Tacitus anders als Paterculus Arminius für den Untergang der Legionen verantwortlich macht. Allerdings bedient sich auch Tacitus bei seiner Arminiusdarstellung einer Vielzahl von Topoi, die für Barbaren üblich waren. Zum einen war dies der Topos des listigen Intriganten, so wenn Arminius sich in der taciteischen Darstellung rühmt, die Römer in einem ehrlichen Kampf besiegt zu haben,[30] wobei in Rom allgemein bekannt war, dass Varus in einem Hinterhalt gelockt worden war. Auch als Adgandestrius in Rom um Gift bittet, um Arminius zu töten, bedient Tacitus sich dieses Topos der Hinterlistigkeit, da man in Rom geantwortet habe, dass man seine Gegner nicht mit Betrug und Heimlichkeiten besiege, sondern in einem offenen Kampfe. Damit stellt Tacitus die Position Roms als vernünftig und ehrenhaft dem Topos der germanischen Hinterhältigkeit vergleichend gegenüber. Zum anderen wurde der Topos der Gehässigkeit verwendet: So verspottet Arminius bei Tacitus seinen romfreundlichen Bruder Flavus bei einem Streitgespräch an der Weser wegen seines verlorenen Auges.[31] Tacitus wiederum verknüpfte seine literarische Darstellung in einer Gegenüberstellung des Arminius mit Segestes, Marbod und Flavus, die zumindest zeitweise eine romfreundliche Position vertraten. Durch diese Gegenüberstellung konnte das Barbarische an der Person des Arminius umso stärker hervorgehoben werden.

Die geografischen Elemente, die sich in den Quellen über die Kämpfe des Arminius gegen die Römer finden, etwa feuchtkaltes Klima, dichte Wälder und mooriger Untergrund, werden in der Wissenschaft allgemein als Topik angesehen, die in den Vorstellungen der Römer für nördliche Länder üblich war. Außerdem wurden mehrere weitere Konflikte, beispielsweise der Caecinahinterhalt, von den antiken Geschichtsschreibern als Parallele zur Varusschlacht angesehen, indem man sich bei ihrer Darstellung dieser topischen Aspekte aus den detaillierten Berichten zur Varusschlacht bediente. Dadurch konnte gezeigt werden, warum Caecina im Gegensatz zu Varus aus dem Hinterhalt entkommen konnte.[32] Des weiteren wiesen die Althistoriker Horst Callies und Rainer Wiegels darauf hin, dass diese Elemente topisch seien und nichts Verwertbares für die Interpretation der Ausgrabungen in Kalkriese liefern.[33]

Namensherkunft

Es ist bis heute unklar, ob „Arminius“ ein cognomen ist und damit beispielsweise der „Armenische“ bedeuten könnte oder als nomen gentile (des Geschlechts der Armenii) gebraucht wurde. Außerdem könnte „Arminius“ (oder „Armenius“) statt eines genuin lateinischen auch ein germanischer Name in latinisierter Form gewesen sein. Die römische Geschichtsschreibung seit Velleius Paterculus[1] (Historia Romana, um 29/30 n. Chr.) überliefert nur den Namen Arminius, Sohn des Sigimer, ohne weitere Zusätze:

Damals gab es einen jungen Mann von vornehmer Abstammung, der persönlich tapfer, schnell von Begriff und über das Maß der Barbaren hinaus begabt war; er hieß Arminius, der Sohn Sigimers, eines Fürsten dieses Stammes.
Friedrich Hebbel, Die Nibelungen (Schulausgabe um 1900, Wien/Brünn)

Gemäß dem üblichen römischen Sprachgebrauch bezeichnete Armenius eigentlich einen Bewohner Armeniens. In der Forschung wurde auch vermutet, dass es auf einen für Armenien zuständigen Feldherrn zu beziehen sei, wofür aber nur sehr vage Indizien sprechen.[34] Ein blaues Mineral aus Armenien ist als ein Hinweis auf namensgebende blaue Augen des Arminius gedeutet worden[35], unter Verweis auf seinen jüngeren Bruder, der von den Römern den Beinamen Flavus („Der Rotblonde“) aufgrund äußerlicher Merkmale erhielt. Weitere Parallelen führen zu Irmin bzw. Irminsul.

Der später weitverbreite Name „Hermann“ für Arminius kam erstmals 1530 im Umfeld Martin Luthers auf, abgeleitet aus „Heer-mann“ für dux belli. Luther bekannte: Wenn ich ein poet wer, so wollt ich den zelebrieren. Ich hab ihn von hertzen lib.[36]

1837 versuchte der Germanist Adolf Giesebrecht[37] nachzuweisen, dass das Nibelungenlied seinen historischen Ursprung in der Arminiusgeschichte habe und dass Arminius und Siegfried ein und dieselbe Person seien.[38] Diese Überzeugung hatte bereits Karl Ludwig Sand, der Mörder des Schriftstellers August von Kotzebue, kurz vor seiner Hinrichtung vertreten:

Will uns die deutsche Kunst einen erhabenen Begriff von Freiheit bildlich geben, so soll sie unsern Hermann, den Erretter des Vaterlandes, darstellen, stark und groß, wie ihn das Nibelungenlied unter den Namen Siegfried nennt, der kein anderer als unser Hermann ist[39].

Rezeption

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Die Germania des Tacitus wurde im Jahre 1455 im Kloster Hersfeld wiederentdeckt, die Annalen mit den Kapiteln über Arminius im Jahre 1507 im Kloster Corvey. Beide Werke bildeten seit dem Zeitalter des Humanismus eine der wichtigsten Grundlagen für das um die Person des Arminius entstehende deutsche Nationalbewusstsein. Tacitus würdigte Arminius mit den Worten

Er war unbestritten der Befreier Germaniens...[40]

Unter Bezug auf diese Worte wurde Arminius in der deutschen Literatur seit dem 16. Jahrhundert zur nationalen Symbolfigur erhoben.

Bereits 1529 rühmte Ulrich von Hutten den Cherusker Arminius in seinem Arminius-Dialog als „ersten Vaterlandsverteidiger“ in dem Bemühen, den Deutschen seiner Zeit eine gemeinsame kulturelle Identität zu geben und ihnen moralische und militärische Überlegenheit zuzusichern. In diesem Dialog wird Arminius in eine Reihe mit den größten Felherrn der Antike gestellt – Alexander den Großen, Hannibal und Scipio den Älteren. Am Ende dieses Dialogs hält Hutten Arminius für würdig, nicht ein König neben den anderen, sondern der „König der Deutschen“ zu werden. Ähnliche Behandlungen dieser Thematik stammten unter anderem von Beatus Rhenanus und Melanchthon.

Im 16. und 17. Jahrhundert kam es zu einer Vielzahl von weiteren Fassungen, bei denen aber die Ausschmückungen immer stärker zunahmen und der historische Arminius in den Hintergrund trat. Die Bearbeitungen der Arminius-Gestalt wollten zunehmend nur noch unterhalten. So traten die menschlichen Bezüge wie die Liebesgeschichte zwischen Arminius und Thusnelda stärker in den Vordergrund. Eine weitere bedeutende historische Interpretation des Arminiusstoffes war der 1689 postum erschienene Roman Großmuethiger Feldherr Arminius von Daniel Caspar von Lohenstein. In dieser Fassung steht Arminius für Kaiser Leopold I., und auch die weiteren Personen entsprechen größtenteils Zeitgenossen des Autors. Dementsprechend stehen die mit dem Dreißigjährigen Krieg gleichgesetzten Kämpfe zwischen Germanen und Römern sowie die politischen Folgen im Vordergrund. Lohenstein schildert daher die Gegenwart im Gewande der alten Geschichte. Unter dem Eindruck der nationalen Zerrissenheit durch die Folge des Dreißigjährigen Krieges propagierte er, dass nur durch den Verzicht auf partikulare Interessen und die Unterordnung der deutschen Fürstentümer unter die kaiserliche Autorität des Habsburgers in Zukunft ein starkes Reich entstehen könne.

Arminius findet als Symbolfigur vaterländischer Tugenden, altdeutscher Heldengesinnung und eigenständiger Nationalkultur in der Ode Hermann und Thusnelda von 1752 und später in den drei Barditen Hermanns Schlacht (1769), Hermann und die Fürsten (1784) und schließlich Hermanns Tod (1787) von Friedrich Gottlieb Klopstock Eingang in die Lyrik. Mit den drei Barditen wollte Klopstock an die von Tacitus überlieferten Schlachtgesänge (barditus) anknüpfen. Sie bedienen sich in der Schilderung des Geschehens zwischen Varusschlacht und der Ermordung Hermanns nicht nur eines neuen lyrisch-deklamtatorischen Tons, sondern wirken auch besonders opernhaft-stilisiert in den zum Ausdruck gebrachten Gefühlen. Das Blutmotiv, das sich häufig in Klopstocks Barditen findet, verdeutlicht die Bereitschaft, sein eigenes Leben fürs Vaterland zu opfern.

Aber singt mir nun das Lied derer, die ihr Vaterland mehr als ihr Leben liebten. Denn ich sterbe! Alle: O Vaterland! o Vaterland! Mehr als Mutter, und Weib und Braut! Mehr als blühender Sohn Mit seinen ersten Waffen![41]

Im 18. Jahrhundert kamen weitere politische Aspekte bei der Umsetzung des Arminiusstoffes hinzu. Vor allem der Kampf des Partikularismus gegen die Zentralgewalt wurde thematisiert. Die Idee, dass Arminius von seinen Verwandten an einer dauerhaften Errichtung einer Zentralgewalt gehindert worden sei, wurde hierbei als das tragische und mahnende Beispiel seiner Zeit angesehen. Diesem Darstellungsziel widmete sich vor allem Justus Möser, der damit den politischen Zusammenhalt der deutschen Gebiete nach innen literarisch unterstützen wollte.

Grab des Arminius, Caspar David Friedrich, 1812

Nationaler Mythos im 19. Jahrhundert

Vor allem im 19. Jahrhundert wurde die Person des Arminius als „Hermann der Cherusker” zunehmend von deutschnationalen Chauvinisten vereinnahmt. Beginnend mit den Befreiungskriegen gegen die französische Besatzung war wieder die Abgrenzung nach außen die zentrale Thematik des Arminius-Stoffes. Der Maler Caspar David Friedrich, ein Anhänger der patriotischen Bewegung der Deutschen Burschenschaft, spielte mit seinem Werk Grab des Arminius durch seine symbolische Bildsprache auf die politischen Ereignisse an. Während der Kriege gegen Napoleon wurde die als Hermannsschlacht interpretierte Varuskatastrophe für die Deutschen zum Symbol der Selbstbehauptung und der Befreiung von den Franzosen.

Die Hermannsschlacht, Theaterankündigung von 1923

Die bekannteste Bearbeitung des Arminius-Motivs dieser Zeit ist die Hermannsschlacht Heinrich von Kleists, die er unter dem Eindruck der napoleonischen Besetzung eines Teils Deutschlands im Jahre 1808 schrieb, verknüpft den Mythos mit der tagespolitischen Situation. Die Römer symbolisieren die napoleonischen Besatzer und werden subtil beschrieben, während auf der Gegenseite die Cherusker zu Preußen werden, bei den uneinigen deutschen Stammesfürsten hingegen erkennt nur der „Preuße“ Arminius die Notwendigkeit eines germanischen Widerstandes. Hermann wird in diesem Schauspiel nicht nur edeldenkend, sondern auch politisch selbstbewusst, tatkräftig und wirkungsvoll dargestellt. Die Hermannsschlacht wurde erst 1840 uraufgeführt. Ab den deutsch-französischen Kriegen und der deutschen Reichsgründung wurde das Werk häufiger inszeniert. Noch zu Beginn des Ersten Weltkriegs verkündeten Boten im Berliner Schillertheater zwischen den Akten dieses Dramas Siegesmeldungen von der französischen Front. Noch weiter als Kleist ging die Lyrik zur Zeit der Befreiungskriege, denn wer gegen französische Truppen ins Feld zog, der zog in die „Hermannschlacht“. Er war ein „Cherusker“ oder ein „Enkel Hermanns“, der in dieser Zeit die Freiheit gegenüber den Franzosen verteidigte.[42].

Auch in der Architektur wurde der Arminiusstoff national aufgearbeitet. Bereits 1768 forderte Cornelius von Ayrenhoff alle Fürsten Deutschlands auf, Arminius ein Denkmal zu setzen, um so die Nation mit den größten ihrer Helden bekannter zu machen und durch die Thaten ihrer Voreltern das Feuer der Tapferkeit und des erloschenen Patriotismus in ihr zu entflammen[43]. In der Folge kam es zu zahlreichen Denkmalvorschlägen, die jedoch alle nicht realisiert wurden. Eine Ausnahme bildete der Vorschlag des Bildhauers Ernst von Bandel, der wegen seiner patriotischen Gesinnung Arminius ehren wollte. Bandel ging davon aus, dass die Schlacht im Teutoburger Wald stattgefunden habe. Die Entscheidung, das Denkmal auf der Grotenburg zu erbauen, wurde jedoch aus praktisch-ästhetischen Überlegungen getroffen. 1838 wurde mit dem Bau des Hermannsdenkmals begonnen. Vier Jahre später wird auf Anweisung des bayerischen Königs die Hermannsschlacht im Giebelfeld der an der Donau neuerrichteten Walhalla in Stein verewigt.

Kurz nach dem Baubeginn des Hermannsdenkmals erschien 1844 Heinrich Heines Werk Deutschland. Ein Wintermärchen, in dem er die nationale Begeisterung für den Arminius-Mythos ins Lächerliche zog:

Wenn Hermann nicht die Schlacht gewann / mit seinen blonden Horden / so gäb’ es die deutsche Freiheit nicht mehr / wir wären römisch geworden![44]

Die tiefergehende ironische Bedeutung dieses Zitats war allerdings den wenigsten Zeitgenossen bewusst.

Die Reaktionsphase und das mangelnde finanzielle Interesse brachten den Bau des Denkmals nach der Revolution von 1848/49 bis 1863 zum Stillstand. Erst durch die Gründung des Deutschen Reiches nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870–1871) und das damit wiederaufkommende Nationalgefühl wurde das Denkmalsprojekt wieder populär. Sowohl der neue deutsche Reichstag als auch Kaiser Wilhelm I. ermöglichten mittels Großspenden 1875 die feierliche Einweihung des Denkmals. Das sieben Meter lange Schwert auf dem Hermannsdenkmal trägt die Inschrift: Deutsche Einigkeit meine Stärke – meine Stärke Deutschlands Macht (siehe auch Hermannsdenkmal).

Blick vom Hermannsdenkmal in Richtung Nordwesten über den Teutoburger Wald

Die nationale Inanspruchnahme des Arminius seit Anfang des 19. Jahrhunderts stand auch in einem anti-französischen Kontext (Erbfeindlegende), bei dem das Hermannsdenkmal vor allem in Zusammenhang mit den Vercingetorixdenkmälern in Frankreich zu diskutieren ist. Pläne zu einem Hermannsdenkmal wurden schon vor der Grundsteinlegung 1838 in der französischen Presse diskutiert. Die etwa im selben Zeitraum erfolgte „Wiederentdeckung“ des Vercingetorix als französischen Heroen erfolgte als Reaktion auf die Mythifizierung des Arminius in der deutschen Literatur. Napoleon III. stiftete 1865 das erste Vercingetorixdenkmal, das in Form und Inhalt dem Hermannsdenkmal ähnelte. Allerdings wurde Vercingetorix von den Franzosen lange Zeit nicht als Nationalheld vereinnahmt, erst nach der erneuten Niederlage 1871 wurde die Gestalt ebenfalls als „Gründer der Nation“ in Abgrenzung zu Deutschland stilisiert. Während das Hermannsdenkmal den Sieg der Deutschen über ihre Feinde als dreifache Wiederholung verkörpert (9 n. Chr., 1813/14, 1870/71), verdeutlicht Vercingetorix die Niederlage gegen die Römer (52 v. Chr.); wesentliches Element der französischen Sinnstiftung ist aber ebenfalls der erstmalig als eine Nation geführte Kampf gegen einen Feind (Vereinigung aller gallischen bzw. germanischen Stämme gegen die römische Invasion). Mit der Niederlage des Vercingetorix hielt – aus Sicht der Franzosen – die Zivilisation in Frankreich Einzug, während Arminius und die Germanen im Barbarentum verblieben. Aus Sicht der Deutschen jedoch entstand mit der erfolgreichen Verteidigung der deutschen (germanischen) Kultur eine Kontinuität, die die Deutschen im 19. Jahrhundert als Kulturnation, die Franzosen aber durch vielfältige Brüche als Staatsnation auftreten ließ. Die antifranzösischen Ressentiments werden im Hermannsdenkmal durch das erhobene Schwert Hermanns, das nicht nach Süden (Rom), sondern nach Westen (Frankreich) ausgerichtet ist, ausgedrückt.

Somit steigerte sich der Arminius-Kult in dieser Zeit zu nationalen Überlegenheitsansprüchen gegenüber anderen Nationen. So sprach 1872 Felix Dahn in seinem Siegesgesang nach der Varusschlacht: Heil dem Helden Armin. Auf den Schild hebet ihn. Zeigt ihn den unsterblichen Ahnen: Solche Führer wie den gib uns, Wodan, mehr – und die Welt, sie gehört den Germanen![45]

Arminiusbild bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

In der Weimarer Republik diente der Hermannslauf der Deutschen Turnerschaft dagegen eher der Bekundung der staatlichen Einheit als dem Verlangen nach militärischer Souveränität. Somit traten 1925 insgesamt 120 000 Turner aus allen Teilen des Deutschen Reiches zu einem Stern- und Staffellauf an.

Nach 1933 gab es zwar weiterhin zahlreiche Bearbeitungen des Arminiusstoffes, vor allem unter dem Aspekt der populären Geschichtsvermittlung. Jedoch distanzierten sich die Nationalsozialisten von der Figur des Arminius, da die konsolidierte nationalsozialistische Herrschaft im „Führer“ selbst ihre Leitfigur fand. In der nationalsozialistischen Ideologie leitete der Führer die Legitimation seines politischen und militärischen Handelns nicht aus der Geschichte, sondern aus dem eigenen Wollen ab. Neben ideologischen Aspekten spielten auch außenpolitische Aspekte bei der Distanzierung zu Arminius eine Rolle, vor allem wollte man Rücksicht auf den italienischen Verbündeten nehmen. Im Jahr 1936 wurde bei einem Staatsbesuch Benito Mussolinis auf Anweisung der Reichskanzlei das Hermannsdenkmal aus dem Programm genommen, da man befürchtete, es könne ihn beleidigen. Eine Ausnahme waren die Gobelinentwürfe von Werner Peiner. Hitler hatte 1940 acht Gobelins, die für die Marmorgalerie der neuen Reichskanzlei bestimmt sein sollten, in Auftrag gegeben. Hiermit plante man die acht großen Schlachten, beginnend mit der Hermannschlacht, darzustellen.

Nach 1945 diskreditierten die nationale Hybris, die Verbrechen der Nazis und der Nationalsozialismus an sich jegliche Form des Nationalismus in Deutschland.

Belletrististische Gegenwartsliteratur

Wie schon im 19. Jahrhundert werden mit vermehrten Interesse wieder seit der Identifikation von Kalkriese als Schlachtenort historische Romane in ingesamt erheblicher Zahl veröffentlicht.[46] Die geringen biographischen Informationen über die Person des Arminius haben zahlreiche Autoren zu Abenteuerromanen über Arminius inspiriert, in denen die Liebesgeschichte zwischen Arminius und der Thusnelda, aber auch der Freiheitskampf besonders in den Vordergrund rücken.

Eine der zahlreichen Bearbeitungen des Arminiusstoffes ist ein 1993 veröffentlichter, geschichtsbezogener Roman von Jutta Laroche, Arminius: Fürst der Cherusker. Im Vordergrund steht auch hier die Thusnelda-Liebesgeschichte, das Scheitern des Arminius an der Uneinigkeit der Germanen, und das Bild von Arminius als Kämpfer für die Freiheit der Germanen. Bemerkenswert ist in diesem Werk der Versuch, Arminius eine frühere homosexuelle Beziehung zu Varus zuzuschreiben, trotz seiner späteren Ehe zur Thusnelda.[47]

Ein Roman über Arminius aus dem Jahr 2001 bildet den Abschluss der fünfbändigen Germanensaga von Jörg Kastner. Hauptfigur ist neben Arminius dessen fiktiver Blutsbruder Thorag, der Protagonist der vorherigen Bände. Die Geschichte beginnt nach der Befreiung der Ehefrau Thorags aus römischer Geiselhaft im Jahre 19 und stellt in diesen Rahmen dar, wie die Blutsbrüder gegen Intrigen der Germanenstämme kämpfen und sich gleichzeitig gegen die römischen Aggressoren wehren. Sie endet mit dem Tod des Arminius.[48]

Eine der neuesten Bearbeitungen des Arminiusstoffes wurde 2006 von Heinz Fiedler veröffentlicht und trägt den Titel Arminius folgt dem Ruf des Falken, welche die üblichen Arminius-Themen darstellt und für die eine Fortsetzung geplant ist.[49]

Daneben gibt es zahlreiche andere Bearbeitungen, die aber teilweise den Schwerpunkt nicht auf der Person des Arminius legen, sondern auf die sogenannte Hermannsschlacht (auch Schlacht im Teutoburger Wald oder Varusschlacht). So wurde diese Schlacht dreimal für das Kino verfilmt (Uraufführungen in Deutschland 1924, 1977 und 1995: siehe Varusschlacht#„Die Hermannsschlacht“ im Kino).

Neuere Forschung

Eine neue Phase der sachbezogenen Forschung leitete 1970 Dieter Timpe mit der Veröffentlichung der Arminius-Studien ein. Nach Timpes Darstellung war Arminius ein unter Eid stehender römischer Befehlshaber, der Aufstand damit eine Meuterei der germanischen Auxiliareinheiten gegen die Legionen des Rheinheeres und nicht dem Volksgeist entsprungen. Der römische Kaiser Augustus soll dies verschwiegen haben, um davon abzulenken, dass die Rebellion aus der Mitte des eigenen Heeres kam. Denn damit wäre eine der Grundstützen der militärischen Strategie in Frage gestellt worden, nämlich die Verwendung größerer germanischer Auxiliartruppen.[50]. Diese Hypothese sorgte besonders außerhalb der Wissenschaft für heftige Diskussion und stößt in der heutigen Geschichtswissenschaft auf geteilte Zustimmung. Für sie spricht zum einem, dass Augustus Rekrutierungsschwierigkeiten nach der Varusniederlage hatte.[51] Reinhard Wolters folgt der Timpe-These zumindest teilweise, da er schlussfolgert, dass durch die Rekrutierungsschwierigkeiten die germanischen Kontingente in größerer Anzahl beansprucht wurden.[52] Zum anderen wird die These durch die Ausgrabungen am Kalkrieser Berg gestützt, bei der man keinerlei Waffen oder Trachtbestandteile germanischer Stammeskrieger gefunden hat.[53]

Ferner hielt Timpe aufgrund des Abzugs der Leibwache durch Augustus nach der Varusniederlage Verbindungen zwischen Arminius und der Leibwache in Rom für wahrscheinlich, die Augustus dazu veranlasst hätten, diese zu entlassen. Allerdings widerspricht dieser These die Rückführung der germanischen Leibwache nach Rom wenige Jahre später, die von Tacitus bezeugt wird.[54] Das sorgfältige Quellenstudium Timpes hat dazu beigetragen, dass auch bei den Ausgrabungen von Kalkriese keine nationalen Überschwenglichkeiten aufkamen. Die Studien Timpes legen auch heute noch den Grundstein für die weitere aktuelle Forschung über Arminius und die römisch-germanischen Beziehungen zu seiner Zeit.

1988 hat Barbara Patzek die Varusschlacht und die anschließenden Auseinandersetzungen zwischen Römern und den Germanen vor allem ethnographisch begründet. Patzek vermutet, dass sich ein Teil der Germanen durch die Begegnung mit der römischen Kultur in einem äußerlich nicht bemerkbaren Zustand der Verunsicherung befand. Durch die Erziehung adliger Söhne in Rom, zu denen auch Arminius gehörte, hatte der Fast-Römer Arminius die intellektuelle Fähigkeit gewonnen, die römische Kultur abzulehnen, und dieses Unbehagen der Germanen gegenüber der römischen Kultur konnte er schließlich formulieren und politisch umzusetzen.[55] Dementsprechend interpretiert Patzek die Varusschlacht und die weiteren Auseinandersetzungen nicht als Volksaufstand der Germanen, sondern macht hierfür eine kulturelle Bewegung verantwortlich.[56]

Alexander Demandt hat 1995 staatsrechtliche Aspekte beim Handeln des Arminius diskutiert. Demandt sieht die Geschichte des Arminius als wichtige Phase der Staatsentstehung. Das Handeln des Arminius bezeichnet er als Ansatz zum Verfassungswandel, wobei sich ein locker gefügtes Stammeswesen zu einem dauerhaften dynastischen Stammeskönigtum entwickele.[57] Jedoch ist es weder Arminius noch einem anderen westgermanischen Herrscher gelungen, ein Stammeskönigtum zu begründen. Die Gründe dafür sieht Demandt einmal im Adel, der einerseits die Vorausetzung für die Bildung persönlicher Herrschaft ist, der andererseits aber auch die Verfestigung der Monarchie behinderte – beispielsweise wurde Arminius von Verwandten getötet und das Königtum des Marbod gestürzt. Die andere Ursache sieht Demandt in Rom selbst: das Reich habe germanische als auch andere Könige unterstützt, wenn diese sich in die römische Klientel fügten, jedoch die Adelsopposition gestärkt, wenn diese zu stark wurden. Demandt bezieht seine Argumentation hier auf die wirtschaftliche und militärische Stärke, die die Germanen zur Abwehr bewegt habe. Diese Stärke spiegelt sich darin, dass Arminius die römische Kriegschule durchlief und eng mit der römischen Kultur in Berührung kam.[58]

Siehe auch

Antike Quellen

Literatur

Der historische Arminius

  • Klaus Bemmann: Arminius und die Deutschen. Magnus Verlag, Essen 2002, SBN 3-88400-011-X.
  • Alexander Demandt: Arminius und die frühgermanische Staatenbildung. In: Rainer Wiegels und Winfried Woesler (Hrsg.): Arminius und die Varusschlacht. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1995, S. 185–196, ISBN 3-506-79751-4.
  • Ernst Hohl: Um Arminius. Biographie oder Legende. Berlin 1951.
  • Ernst Hohl: Zur Lebensgeschichte des Siegers im Teutoburger Wald. In: Historische Zeitschrift 167, 1943, S. 457–475.
  • Ralf G. Jahn: Der Römisch-Germanische Krieg (9–16 n. Chr.). Dissertation, Bonn 2001.
  • Dieter Timpe: Arminius-Studien. Winter, Heidelberg 1970.

Rezeption der Arminius-Gestalt

  • Otto Höfler: Siegfried, Arminius und der Nibelungenhort. Wien 1978, ISBN 3-7001-0234-8.
  • Stefan Mischer, Ullrich Müller et al.: Die Hermannsschlacht. DVD-Spielfilm, Dokumentation und Interviews, Hamburg 2005.
  • Georg Spalatin: Von dem thewrern Deudschen Fürsten Arminio. Ein kurtzer auszug aus glaubwirdigen latinischen Historien. durch Georgium Spalatinum zusammen getragen und verdeutscht. Georg Rau, Wittenberg 1535.

Belletristik

Arminius ist in unzähligen Dramen und historischen Romanen (siehe Weblinks) dargestellt worden.

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Anmerkungen

  1. a b Velleius Paterculus 2, 118, 2.
  2. Tacitus, Annalen 2, 10.
  3. Tacitus, Annalen 2, 10.
  4. Velleius 2, 118.
  5. Velleius 2,118,2ff.; Dio 56,19,2–3; Florus 2,30,33; Tacitus Annalen 1,58,2.
  6. Dazu Jörg Daumer, Aufstände in Germanien und Britanien: Unruhen im Spiegel antiker Zeugnisse, Frankfurt/Main 2005, S. 93ff. (Europäische Hochschulschriften. Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, Bd. 1021).
  7. Velleius 2, 117, 1.
  8. Tacitus, Annalen 1,61.
  9. Vgl. die unterschiedlichen Darstellungen Velleius 2, 120–121; Sueton, Tiberius 18–20; Dio 56,24,6.
  10. Velleius 2, 119, 5.
  11. Kurt Pastenaci, Die Kriegskunst der Germanen, Karlsbad 1943, S. 200.
  12. Ralf Günter Jahn, Der Römisch-Germanische Krieg (9–16 n. Chr.), Dissertation, Bonn 2001, S. 117f.
  13. Tacitus Annalen 2, 18–22.
  14. Tacitus, Annalen 1, 55.
  15. Tacitus, Annalen 1, 58, 6.
  16. Tacitus, Annalen 11, 16.
  17. Tacitus, Annalen 1, 63–69.
  18. Tacitus, Annalen 2, 9–10.
  19. Tacitus, Annalen 2, 10.
  20. Tacitus, Annalen 2, 16–18.
  21. Tacitus, Annalen 2, 24.
  22. Tacitus, Annalen 2, 26.
  23. Zur politischen Parteinahme der germanischen Stämme: Ralf Günter Jahn, Der Römisch-Germanische Krieg (9–16 n. Chr.), Dissertation, Bonn 2001, S. 117f.
  24. Tacitus Annalen 2, 46.
  25. Tacitus, Annalen 2, 88.
  26. Strabon 7,1,4.
  27. Velleius 2,118,1f.
  28. Florus 2,30,37.
  29. Tacitus, Annalen 2,88,3.
  30. Tacitus, Annalen 1,59,3.
  31. Tacitus Annalen 2,9,3.
  32. Vergleiche Reinhard Wolters, Die Römer in Germanien, München 2004, S. 53f.
  33. Vergleiche Rainer Wiegels: Kalkriese und die literarische Überlieferung zur clades Variana, in: Wolfgang Schlüter/Rainer Wiegels (Hrsg.), Rom, Germanien und die Ausgrabungen von Kalkriese, Osnabrück 1999, S. 637–674, hier S. 652.
  34. Der später Lucius Verus und Mark Aurel verliehene Beiname für einen Sieg über Armenien lautete Armeniacus.
  35. [1]
  36. Tischreden 5,415.
  37. Adolf Giesebrecht, Über den Ursprung der Siegfriedsage, in: Germania 2, 1837, S. 203ff. Dazu auch: Otto Höfler, Siegfried, Arminius und die Symbolik, Heidelberg 1961, S. 22ff.
  38. [2].
  39. C. Courtin, Carl Ludwig Sands letzte Lebenstage und Hinrichtung, Frankenthal 1821, S. 21 (zitiert nach Schulte-Wülwer, a. a. O., S. 74).
  40. Tacitus ,Annalen 2,88,2.
  41. Zitiert nach: Henning Buck, Der literarische Arminius – Inszenierungen einer sagenhaften Gestalt, in: Wolfgang Schlüter (Hrsg.), Kalkriese – Römer im Osnabrücker Land: Archäologische Forschungen zur Varusschlacht, Bramsche 1993, S. 267–281, hier:S. 273.
  42. Vgl. Gerd Unverfehrt, Arminius als nationale Leitfigur, in: Kunstverwaltung, Bau- und Denkmalpolitik im Kaiserreich, hrsg. von Ekkehard Mai und Stephan Waetzoldt, Berlin 1981.
  43. Hubert Schrade, Das deutsche Nationaldenkmal, München 1934, S. 95.
  44. Deutschland. Ein Wintermärchen, Kap. 11.
  45. Zitiert nach Reinhard Wolters, Die Römer in Germanien, München 2004, S. 115.
  46. Arminius in historischen Romanen.
  47. [3].
  48. Amazon-Rezensionen zum Roman von Jörg Kastner.
  49. [4].
  50. Dieter Timpe, Arminiusstudien, S. 49.
  51. Dio 56,23,1–3.
  52. Reinhard Wolters, Römische Eroberung und Herrschaftsorganisation in Gallien und Germanien. Zur Entstehung und Bedeutung der sogenannten Klientel-Randstaaten, Bochum 1990, S. 228 (Bochumer historische Studien. Alte Geschichte, Nr. 8).
  53. Jörg Daumer, Aufstände in Germanien und Britannien: Unruhen im Spiegel antiker Zeugnisse, Frankfurt/Main 2005, S. 97 (Europäische Hochschulschriften. Reihe III, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, Bd. 1021).
  54. Tacitus, Annalen 1,24,2.
  55. Tacitus Annalen 2,88.
  56. Barbara Patzek, Fremdverstehen in Tacitus' „Germania“, S. 27–51, hier: S. 46.
  57. Alexander Demandt: Arminius und die frühgermanische Staatenbildung. In: Rainer Wiegels und Winfried Woesler (Hrsg.): Arminius und die Varusschlacht. Schöningh, Paderborn/München/Wien/Zürich 1995, S. 185–196, hier: S. 185.
  58. Demandt, a. a. O., S. 194f.