Pyramiden von Meroe
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Die Pyramiden von Meroe liegen im Sudan, rund 200 km nordöstlich von Khartum, nahe dem Dorf Bagrawija. Sie lassen sich von der Lage her grob in drei Gruppen einteilen (Bagrawija Nord, Süd und West) und befinden sich über kleine Hügel verteilt, die rund ein viertel Quadratkilometer groß sind. Insgesamt handelt es sich um mehr als 900 Pyramiden und Gräber, wobei sich die meisten bei Bagrawija Süd und West befinden.
Die Pyramiden von Meroe sind kleiner als die bekannten ägyptischen Pyramiden und dienten den Königen, Königinnen und hohen Beamten des historischen Reiches von Kusch in Nubien als Grabstätten. Ihr Entstehungszeitraum reicht hauptsächlich von 300 v. Chr. bis etwa 300 n. Chr.
Die Pyramiden von Meroe hat der Sudan als UNESCO-Weltkulturerbe vorgeschlagen.
Aufbau der Pyramiden
Die Pyramiden bestehen jeweils aus drei Teilen:
- Die eigentliche Pyramide, die zunächst aus Stein, in späterer Zeit aber auch aus Ziegeln errichtet wurde.
- Vor der Pyramide befindet sich ein kleiner Totentempel, der meist reich mit Reliefs dekoriert ist. Hier wird der oder die Tote genannt und in Szenen aus der Unterwelt oder zusammen mit Gottheiten dargestellt.
- Die eigentlichen Grabkammern liegen unter der Pyramide. Der Eingang liegt dabei vor dem Tempel, es finden sich nie Räume innerhalb des eigentlichen Pyramidenbaues. Könige hatten ein Grabsystem mit drei Kammern, wobei die ersten beiden oftmals mit Pfeilern dekoriert waren. In der letzten Kammer wurde der Tote bestattet, Königinnen hatten dagegen nur zwei unterirdische Kammern, wobei auch die späteren Könige nur ein Zweikammergrab besaßen.
Die Pyramiden in Meroe fallen durch ihren im Vergleich zu den ägyptischen Pyramiden steilen Winkel auf. Sie sind auch wesentlich kleiner als diese. Die meisten von ihnen sind nicht glatt verkleidet, sondern getreppt, wobei sie anscheinend keine Spitze hatten, sondern oben etwas abgeflacht waren und vielleicht einen kleinen, flachen Zylinder als Abschluss hatten. Die königlichen Pyramiden von Meroe unterteilen sich in zwei Gruppen, die sich durch ihre Größe unterscheiden. Die erste Gruppe datiert von Ergamenes bis Amanishakheto. Die durchschnittliche Seitenlänge ist 18 m. In der zweiten Gruppe (ab Natakamani) ist die durchschnittliche Seitenlänge dagegen nur 6,6 m. In dieser Zeit verlor der Pyramidenbau offensichtlich an Bedeutung. In dieser Zeit werden interessanterweise die Pyramiden von Königinnen größer in Relation zu denen von Königen.
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Pyramide N21 von der Seite, Gestalt getreppt
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Pyramide N19 von der Seite, Gestalt geglättet
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Plan der Pyramide N7
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Ein Relief aus der Kapelle der Pyramide N17 (heute im Ägyptischen Museum Berlin)
Erforschung
Der italienische Arzt und Abenteurer Giuseppe Ferlini besuchte die Pyramiden 1834 und zerstörte einige von ihnen auf der Suche nach Schätzen. Er fand dabei die Schmuckstücke der Königin Amanishakheto, die sich heute in Berlin und München befinden. Ein Jahrzehnt später erkundete die preußische Expedition unter Richard Lepsius die Pyramiden. Der Friedhof wurde systematisch untersucht, ein Plan wurde gezeichnet und viele Darstellungen in den Pyramidentempeln wurden kopiert. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Pyramidenfelder systematisch von George Andrew Reisner ausgegraben, wobei er ausgesprochen reiche Funde machte. Im Gegensatz zu den früheren Gräbern in Nuri oder al-Kurru fanden sich in den klassischen meroitischen Grabkammern wenige Objekte, die speziell für Gräber hergestellt wurden. Alltagsgegenstände als Grabbeigaben dominieren das Bild, darunter befinden sich viele Importobjekte aus dem Mittelmeerraum. Die Funde wurden hauptsächlich zwischen Khartum und dem Museum of Fine Arts, Boston aufgeteilt. Die Arbeit von G. Reisner wurde von Dows Dunham in den 1950er und 60er Jahren in mehreren Monumentalbänden publiziert. G. Reisner war vor allem an der Ausgrabung der Grabkammern interessiert und vernachläßigte die Pyramiden an sich. Die Dekorationen der Grabpyramiden und ihre Architektur sind deshalb bis heute noch nicht systematisch aufgearbeitet und wissenschaftlich vorgestellt.
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Pyramide N6, wurde von Giuseppe Ferlini 1834 fast völlig zerstört
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Impression der Pyramiden um 1850, nach den Berichten der Lepsius-Expedition
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Nummerierter Plan des Nordfriedhofes nach George Andrew Reisner
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Darstellung von Opfergaben im Pyramidentempel der Pyramide N12
Liste der Pyramiden
Die Abkürzung Beg steht für Bagrawija, N für Nordfriedhof, S für Südfriedhof und W für Westfriedhof. Auf dem Südfriedhof fanden schon mindestens seit Aspelta Bestattungen hochrangiger Personen statt. Ergamenes ist der erste dort bestattete Herrscher. Um 250 v. Chr. wurde der Südfriedhof aufgegeben und der Nordfriedhof als Bestattungsplatz für Könige benutzt. Dabei gehören nicht alle Pyramiden zu Königen oder Königinnen. Ein weiteres Gräberfeld ist der Westfriedhof, auf dem sich auch sehr viele Pyramiden befinden. Hier wurden anscheinend die hohen Würdenträger und deren Familienangehörige bestattet. Einige wenige Pyramiden dort sind eventuell königlich.
Eine erste Nummerierung der Pyramiden stammt von der Lepsius-Epedition. Die heutigen Nummern folgen George Andrew Reisner. Lücken in der hiesigen Nummerierung sind durch Gräber begründet, die wohl nicht königlich sind. In der folgenden Liste finden sich alle Pyramiden, die einem König oder einer Königin zugeordnet werden können, daneben auch Gräber von Würdenträgern, deren Namen überliefert sind. Nicht alle Pyramiden können einem Besitzer zugeordnet werden. Die Namen der Besitzer sind meist in den kleinen Pyramidentempeln erhalten – sind diese zerstört, so gibt es selten Anhaltspunkte zur Identifizierung. Selten fanden sich mit Namen beschriftete Objekte in den Grabkammern, so dass die Funde in den Grabkammern wenig Hilfe bieten. Die meisten Pyramiden waren mit einer beschrifteten Opfertafel ausgestattet, die den Namen des Grabinhabers nennt. Leider sind Opfertafeln Objekte, die leicht verschleppt werden konnten, so dass deren Fundorte nur einen Anhaltspunkt liefern können. Im folgenden sind nur die Pyramiden einem Besitzer zugeordnet, wo dies halbwegs sicher ist.
Name | Besitzer | Kommentar | Seitenlänge[1] | Lepsius- Nummer |
Bild |
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Nordfriedhof | |||||
Beg N1 | Königin Amanitore | keine eigentliche Pyramide | 20 | ||
Beg N2 | König Amanichabale | Zuordnung unsicher | 11,72 m | 19 | |
Beg N3 | Königin | Name unbekannt | 9,10 m | 18 | |
Beg N4 | König Amanitecha | 13,68 m | 17 | ||
Beg N5 | Arikancharora | Prinz oder General | 8,98 m | 16 | |
Beg N6 | Königin Amanishakheto | Vom italienischen Schatzsucher Giuseppe Ferlini fast vollkommen zerstört | 17,68 m | 15 | |
Beg N7 | König Arqamani | 17,16 m | 14 | ![]() | |
Beg N8 | König mer ...t? | In der Grabkammer steht ein in den Stein gehauener Sockel, auf dem der Sarg oder die Leiche lag. Dieser Sockel ist reich mit Reliefabbildungen von Gottheiten dekoriert. | 18,50 m | 13 | |
Beg N9 | Tabirqa | Diese Pyramide wird Adikhalamani zugeordnet, allerdings bleibt dies unsicher, da nur der Name Tabirqa erscheint. Die Grabkammer war ausgemalt. | 12,59 m | 12 | |
Beg N10 | König | Name unbekannt | 14,26 m | 11 | |
Beg N11 | Königin Shanakdakheto | Der Deckel des Sarkophages zeigt Osiris zwischen Isis und Nephthys | 19,29 m | 10 | |
Beg N12 | König | Name unbekannt | 18,75 m | 9 | |
Beg N13 | König Naqyrjinsan... | 18,35 m | 8 | ||
Beg N14 | König (?) | Arakachatani zugeschrieben | 8,85 m | 7 | |
Beg N15 | König | Name unbekannt | 6,20 m | 6 | |
Beg N16 | König Aryesebokhe | Hier fanden sich auch Blöcke mit dem Namen von Schesepankhenamen Setepenre | 4,74 m | 37 | |
Beg N17 | König Amanitenmomide | 8,75 m | 38 | ||
Beg N18 | Königin Amanikhatashan | 7,80 m | 39 | ||
Beg N19 | König Tarekeniwal | 7,29 m | 31 | ![]() | |
Beg N20 | König Ka-nacht... | 18,75 m | 3 | ||
Beg N21 | König | Name unbekannt | 12,72 m | 2 | ![]() |
Beg N22 | König Natakamani | Diese Pyramide steht abseits vom Pyramidenfeld. | 8,92 m | 1 | |
Beg N23 | unbekannt | ||||
Beg N24 | unbekannt | 6,28 m | 22 | ||
Beg N25 | König | Name unbekannt | 7,12 m | 23 | |
Beg N26 | Königin | Name unbekannt | 6,30 m | 25 | |
Beg N27 | unbekannt | Ziegelpyramide | 6,60 m | 26 | |
Beg N28 | König Teqorideamani | letzte sicher datierbare Pyramide in Meroe | 7,10 m | 27 | |
Beg N29 | König Takideamani | 7,20 m | 28 | ||
Beg N30 | König Aritenyesebokhe | 7,30 m | 29 | ||
Beg N31 | Königin | Name unbekannt | |||
Beg N32 | unbekannt | 4,50 m | 32 | ||
Beg N33 | unbekannt | ||||
Beg N34 | König | Name unbekannt | 8,30 m | 30, 33 oder 34? | |
Beg N35 | Aretnide | 35 | |||
Beg N36 | unbekannt | 6,34 m | 36 | ||
Beg N37 | unbekannt | 5,20 m | 24b? | ||
Beg N38 | König | Name unbekannt, Ziegelpyramide | 5,60 m | 24 | |
Beg N39 | unbekannt | Ziegelpyramide | |||
Beg N40 | unbekannt | Ziegelpyramide | 4,97 m | 40 | |
Beg N41 | unbekannt | Ziegelpyramide | 5,30 m | 41 | |
Beg N51 | unbekannt | 21 | |||
Beg N53 | Königin A...pnayka | Die Pyramide wurde durch die Pyramiden N5 und N6 überbaut. | |||
Beg N56 | unbekannt | ||||
Südfriedhof | |||||
Beg S1 | Frau | Name unbekannt | 6,50 m | ||
Beg S2 | Frau | Name unbekannt | 6,62 m | ||
Beg S3 | unbekannt | 7,65 m | |||
Beg S4 | Königin Sar...tin | 6,65 m | |||
Beg S5 | König Amanislo | ||||
Beg S6 | König Ergamenes | ||||
Beg S7 | der Soldat Hordepy (?) | ||||
Beg S8 | Königin | Name unbekannt | |||
Beg S9 | unbekannt | 7,50 m | |||
Beg S10 | Königin Bartare | 10,45 m | |||
Beg S20 | der Königssohn Weterik | 4,75 m | |||
Beg S15 | Pasalta | Ihr Name fand sich auf einer Stele | |||
Beg S84 | Malenadan | Name fand sich auf Uschebtis | 5,20 m | ||
Beg S85 | Königin Mernua | Grab fand sich unberaubt | 5,25 m | ||
Beg S500 | Königsbruder Karyben | 5,35 m | |||
Beg S503 | Königin Chenuwa | 10,25 m | |||
Westfriedhof | |||||
Beg W14 | Nasapanasap | Pyramide mit Kapelle, dort fand sich der Name | |||
Beg W17 | Scha...chadiliamani | 10,65 m | |||
Beg W18 | Taktidamani | 7,60 m | |||
Beg W19 | Tedeqen | Name auf Stele und Opfertafel | |||
Beg W105 | Amanipilde | 3,40 m | |||
Beg W113 | König Mashadeakhel | Name auf Opfertafel, die Zuweisung der Pyramide an diesen König ist unsicher | 4,15 m | ||
Beg W130 | ..k.. | Fund einer königlichen Opfertafel | 4,40 m | ||
Beg W309 | Königin Patrapeamani | Zuordnung unsicher | 6,60 m | ||
Beg W342 | Atedekey | Name auf Opfertafel |
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Pyramide N14
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Foto vom Nordfriedhof im Jahr 2005
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Pyramide N11 links und N12 rechts
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Am Horizont die Pyramiden N21 und N22 von links nach rechts
Quellen
- ↑ nach: Fritz Hintze: Die Grösse der Meroitischen Pyramiden, In: W. K. Simpson, W. M. Davies (Herausgeber), Studies in Ancient Egyt, The Aegean, and the Sudan, Essays in honor of Dows Dunham on the occasion of his 90th birthday, June 1, 1980, Museum of Fine Arts, Boston, Boston 1981, S. 97-98, ISBN 0878461973
Siehe auch
Literatur
Die Ausgrabungsberichte:
- Richard Lepsius, Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien, Nicolaische Buchhandlung, Berlin, 1849, Ed. des Belles Lettres, Geneve, 1972-1973. (12 Bände), online zugänglich unter: [1] Band V, Tafel 25-54 (Kopien zahlreicher Darstellungen in den Pyramidentempeln. Viele dieser Bilder sind heute zerstört)
- Dows Dunham: Royal Cemeteries of Kush: Royal Tombs of Meroe and Barkal, Museum of Fine Arts, Boston 1957 (Nachdruck 1980, ISBN 0878460500).
- Dows Dunham: The West and South Cemeteries at Meroe, Museum of Fine Arts, Boston 1963.
Allgemeines:
- Mark Lehner: Das erste Weltwunder, Econ, München 1997, S. 197-199, ISBN 3430159636