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Kaiserreich Abessinien

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Das Kaiserreich Abessinien (seltener auch Abyssinien) bzw. ab 1920 Kaiserreich Äthiopien (amharisch መንግሥተ፡ኢትዮጵያ, Mängəstä Ityop'p'ya), war eine Monarchie in Ostafrika am Roten Meer, die aus 13 Provinzen und einem autonomen Gebiet gebildet wurde. Abessinien war zuerst eine absolute und später eine konstitutionelle Monarchie auf dem Gebiet der heutigen Staaten Äthiopien und Eritrea. Wobei sich der abessinische Einflussbereich zeitweise über den Süden Ägyptens, die östliche Gebiete des Sudans, Nordjemens sowie westliche Teile Saudi-Arabiens und später auch über Dschibuti erstreckte. Hauptstadt war seit 1889 Addis Abeba.

Die Monarchie bestand von etwa 980 vor Christus bis 1974. Es war zu seiner Zeit der älteste noch existierende Staat der Welt und die einzige afrikanische Nation, die sich erfolgreich der europäisch-kolonialen Eroberung Afrikas während des 19. Jahrhunderts widersetzte. Nach den ersten Modernisierungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg das Land in den frühen 1930er Jahren unter Kaiser Haile Selassie zur Großmacht auf, wurde aber im Abessinienkrieg 1935/36 vom faschistischen Italien erobert und Teil der neuen Kolonie Italienisch-Ostafrika. Nach der Befreiung durch britische und äthiopische Truppen 1941 und einer aktiven Beteiligung am weiteren Kriegsverlauf in Afrika und der nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzenden Dekolonisation Afrikas stieg es in den 1950er Jahren erneut zur Großmacht auf und führte im Kalten Krieg erfolgreich mehrere Grenzkriege gegen seine Nachbarstaaten bei der die Monarchie Gebiete wie 1952 Eritrea annektierte und der wichtigste Vorposten des Westens in der Region wurde. Nach einem in den späten 1950er und 60er Jahren einsetzenden starken Wirtschaftswachstum und beginnenden politischen Reformen geriet die Monarchie Anfang der 1970er Jahre in eine schwere Krise bei der die verarmten Bauern unter den hohen Abgaben an die Großgrundbesitzer litten und die Inflation infolge der Dürrekatastrophe von 1973 und der Ölkrise Massendemonstrationen von Studenten und Streikwellen auslöste. Am 12. September 1974 wurde Haile Selassie während eines Staatsstreiches des marxistisch-leninistischen Derg-Regimes 1974 gestürzt und das Kaiserreich 1975 abgeschafft und später von der Demokratischen Volksrepublik Äthiopien abgelöst. Nach dem Sturz der Monarchie verlor das Land seine politische und wirtschaftliche Vormachtstellung und litt unter einem fast drei Jahrzehnte langen Bürgerkrieg.

Die äthiopischen Kaiser hießen Negus Negest, wörtlich König der Könige, und waren Angehörige der Zagwe-Dynastie und der Salomonischen Dynastie.

Abessinien gehörte zu den bevölkerungsreichsten Ländern Afrikas und war ein Vielvölkerstaat mit mehr als 80 ethnischen Gruppen, deren Größe von mehreren Millionen bis zu wenigen Hundert reichte. Die abessinische Bevölkerung wurde 1974 auf über 32,3 Millionen Menschen geschätzt und bestand überwiegend aus Amharen, Somali, Oromo, Tigray und Kemant. Neben den dreien Hauptreligionen, dem Christentum, Islam und Judentum gab es im damaligen Kaiserreich eine große Vielfalt von Strömungen und Praktiken der ursprünglichen afrikanischen Religionen. Obwohl geographisch zu Afrika südlich der Sahara zugerechnet, waren große Teile des Landes in ihrer historischen und kulturellen Entwicklung stark von Einflüssen aus dem Nahen Osten und Europa geprägt.

Das Kaiserreich war nach den Modernisierungen unter Kaiser Haile Selassie, neben Südafrika, eine der größten Volkswirtschaften des afrikanischen Kontinents und Gründungsmitglied der Organisation für Afrikanische Einheit.

Geographie

Abessinien gehörte zur Region des Horns von Afrika. Seine Landesgrenzen waren über 4.500 km lang und trennten das Land von Dschibuti und Somalia im Südosten, Kenia im Süden und im Nordwesten vom Sudan. Das Kaiserreich hatte ab 1952 einen Zugang zum Roten Meer, der es indirekt mit dem Königreich Jemen (Nordjemen) im Osten verband, der jedoch 1993 mit der Unabhängigkeit der ehemaligen Provinz Eritrea verloren ging.

Das Land erweiterte seine Fläche von anfangs nur etwa 275.000 km² im 17. Jahrhundert auf rund 1.104.300 km² im späten 19. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1952 die ehemalige italienische Kolonie Eritrea Teil des Staatsgebiets. Abessinien war damit nach 1952 der achtgrößte Staat Afrikas. Seine Fläche betrug 1.221.900 km².[1] Etwa 37 % des Staatsgebietes waren 1960 bewaldet[5]. Im Kaiserreich gab die weltweit größten Bestände von Kaffeepflanzen und Kakaobäumen, wobei es heute fast keine Kakaobestände mehr gibt.

Das Kaiserreich Abessinien erstreckte sich vor 1952 entlang der Breitengrade 3° und 15° N, und der Längengrade 33° und 48° E und war in seiner Größe vergleichbar mit Bolivien. Der Hauptteil Abessiniens lag am Horn von Afrika, dem östlichsten Teil der afrikanischen Landmasse. Die Landschaft des Landes hat große Unterschiede im Klima, Boden, der natürliche Vegetation und dem Siedlungsmuster der Einwohner hervorgerufen.

Abessinien war ein ökologisch vielfältiges Land, von den Wüsten Eritreas entlang der nordöstlichen Grenze zu den tropischen Wäldern im Süden bis zu den umfangreichen Afromontanen Wäldern in den nördlichen und südwestlichen Teilen. Der Großteil des Kaiserreichs Abessiniens wurde vom Hochland von Abessinien eingenommen; in diesem weitläufigen Hochgebirge lag auch die Hauptstadt der afrikanischen Monarchie, Addis Abeba (2370 m über dem Meeresspiegel). Höchster Berg des Hochlandes war der Ras Daschän (4.533 m). Durch die Mitte des Landes zog sich in Nordost-Südwest-Richtung der Große Afrikanische Grabenbruch. Auf dessen südöstlicher Seite schloss sich das Somali-Hochland mit dem Deemtu (4.377 m) an. Die tiefste Landesstelle befand sich mit 116 m unter dem Meeresspiegel bei der Afar-Senke am Karumsee westlich der Grenze zur Provinz Eritrea. Der Tanasee im Norden war die Quelle des Blauen Nils. Weitere wichtige Flüsse waren der Akobo, der Awash, der Juba, der Ganale, der Omo, der Tekeze-Setit und der Wabi Shebelle.

Anfangszeiten

König Salomo empfängt die Königin von Saba. Gemälde von Giovanni Demin

Die menschliche Besiedlung Äthiopiens begann sehr früh, was durch Funde von Hominiden belegt ist. Es wird vermutet, dass das bei den antiken Ägyptern bekannte Goldland Punt in Äthiopien lag.

Um das Jahr 980 vor Christus wurde im Hochland von Abessinien nach äthiopischen Quellen mythologisch und gesetzlich durch Kaiser Menelik I., angeblich Sohn vom israelischen König Salomon und der Königin von Saba, das Abessinische Kaiserreich gegründet, was aber vorerst eine nur untergeordnete Rolle in der Region einnahm. Durch Menelik I. soll sich später das äthiopische Judentum entwickelt haben, was bis zum Ende des Kaiserreiches eine bedeutende Rolle spielte. Weiter heißt es, Menelik sei später selbst nach Jerusalem gereist und habe von dort die Bundeslade mit den beiden Tafeln der Zehn Gebote nach Äthiopien entführt.[6]

Da’amot und Aksum

Der Tempel von Yeha
Ungefähre Ausdehnung des aksumitischen Reiches unter König Ezana (4. Jahrhundert)

Gleichzeitig wurde um das Jahr 700 vor Christus das Reich Da’amot gegründet, das neben Abessinien das zweite antike Reich war und im nördlichen Äthiopien und auf dem Gebiet des heutigen Eritrea lag. Das Reich wurde stark von den Sabäern in Jemen beeinflusst und entwickelte Bewässerungssysteme und verwendete modernere Eisenwekzeuge und Waffen für die Jagd.[7] Die Hauptstadt war Yeha, wo ein prächtiger Tempel gebaut wurde. Da’amots Herrscher trugen entweder den Titel mlkn „König“ oder nannten sich auch „Mukarrib von Da’amot und Saba“. Heute sind die wichtigsten Quellen für die Geschichte von Da’amot einige teilweise auf sabäisch, teilweise in einer frühen äthiosemitischen Sprache abgefasste Inschriften.

Im 1. Jahrhundert vor Christus wurde das Aksumitische Reich etabliert, welches bis zum 7. Jahrhundert bestand. Es dehnte während seiner Existenzzeit seinen Machtbereich über Teile des heutigen Äthiopien und Teile seiner Nachbarstaaten Eritrea und Sudan sowie Teile Jemens. Hauptstadt war die heute äthiopische Stadt Aksum.

Nach späteren römischen Überlieferungen wurde das Reich im 4. Jahrhundert zum Christentum bekehrt und wurde zum ersten christlichen schwarzafrikanischen Staat überhaupt.[8]

Im neunten nachchristlichen Jahrhundert wurde das Reich von Aksum von Königin Gudit (oder auch Yodit) aus dem Königreich Shewa erobert. Danach begann eine komplett neue Periode in der Geschichte Äthiopiens.[8] Nach äthiopischer Tradition regierte Königin Gudit über das ehemalige Aksumitische Reich für über 40 Jahre, bevor sie die Krone an ihre Nachfolger übergab. Ihre Regentschaft markierte das Ende des Aksumitischen Reiches in Äthiopien.[8] Die beginnende Ausbreitung des Islam ab der 630er Jahre führte zum endgültigen Niedergang des Königreiches.

Zagwe-Dynastie

Gebra Maskal Lalibela, äthiopisches Ikon IESMus3450,[9] 15. Jahrhundert

Die letzten Nachfahren der Kaiserin Godir wurden von Mara Takla Haymanot gestürzt. Er begründete im Jahre 1137 die Zagwe-Dynastie und heiratete eine weibliche Nachfahrin des letzten Aksumitischen Kaisers, um seine Ansprüche als legitimer Thronerbe des seit langem ausgelöschten Reiches zu festigen.[8] Die Zagwe-Dynastie kam aus einer christlichen fürstlichen Familie der Agau, dessen Macht sich bis dahin nicht weiter als ihr ethnisches Herkunftsland ausdehnte. Sie verlegte die Hauptstadt von Aksum nach Roha in Lasta. [10] Die Zagwe führten das Christentum aus Aksum fort und erbauten zahlreiche prächtige Kirchen wie die in Lalibela. Die Herrschaft der Dynastie hielt bis zum Umsturz durch eine neue Regierung 1270, welche ebenfalls als Herkunft die Abstammung von den alten Aksumitischen Königen für sich beanspruchte.

Die Anzahl von Königen, die zu dieser Dynastie gehören, ist unbestimmt: äthiopische Listen liefern zwischen fünf und sechzehn Namen für die Könige, welche dieser Dynastie angehört haben sollen.

Unter der Salomonischen Dynastie im Mittelalter

Von 1270 bis zum Sturz der Monarchie 1974 wurde Abessinien von der Salomonischen Dynastie regiert. In dieser Zeit eroberte das Kaiserreich sämtliche Gebiete im heutigen Äthiopien und Eritrea. Sie bekämpften erfolgreich die osmanischen Armeen und knüpften Beziehungen zu europäischen Mächten.

Frühe salomonische Periode (1270–1529)

Kaiser David II., Ölgemälde von Cristofano dell’Altissimo, um 1560

Um das Jahr 1270 wurde im abessinischen Hochland eine neue Dynastie, die Salomonische Dynastie, etabliert und setzte Yekuno Amlak, sowohl von den Aksumitischen Herrschern als auch von König Salomo abzustammen, als Kaiser ein. Yekuno Amlak setzte Kaiser Harbai ab und heirate eine seiner Töchter. Der Legende nach stammt die Salomonische Dynastie von König Salomon ab und ist ein jüdisch-christliches Adelsgeschlecht das sich im 14. Jahrhundert damit versuchte zu legitimieren. Tatsächlich gehörte die Salomonische Dynastie der Habescha-Volksgruppe an, zu der die Amharen und die Tigray gehören.

Unter der Salomonischen Dynastie wurden im späteren christlichen Äthiopischen Reich die Tigray zusammen mit den Amharen das staatstragende Volk und stellten einige Kaiser bzw. Herrscher (v.a. den König der Könige Yohannes IV., Regent Mika'el Sehul). Es gab auch einen großen künstlerischen und literarischen Fortschritt in dieser Zeit.

Ab dem 14. Jahrhundert nahm die Bedeutung des Mönchtums in Abessinien stark zu. Der Abt Ewostatewos versuchte die Staatskirche zu reformieren und wollte die Einhaltung des Sabbats, das nur von äthiopischen Juden und von Teilen der Herrscherdynastie eingehalten wurde, durchsetzen. Wegen seiner Absichten wurde er aber verfolgt und musste ins Exil nach Armenien gehen. Nach seiner Flucht kam es zu Konflikten innerhalb der äthiopischen Kirche und die Ideen des Abtes fanden immer mehr Gehör. Als Kaiser David I. versuchte die Bewegung zu zerschlagen und scheiterte wurde die Einhaltung des Sabbats und Missionierung des Glaubens legalisiert. Schließlich wurde unter Zara Yaqob ein Kompromiss gefunden der im Jahre 1450 zur Wiederherstellung der Einheit der äthiopischen Kirche führte.[11]

Erste Kontakte zu Europa und portugiesischer Einfluss

Abessinien hatte zum ersten Mal unter Kaiser David I. im 13. Jahrhundert Kontakte zu Europa. Es kam zum Gedankenaustausch mit den italienischen Handelsstädten, vor allem mit Venedig. Während der Herrschaft von Zara-Jakob (1434-1468) reiste eine äthiopische Delegation auf Wunsch von Papst Eugen IV. sogar zum Konzil von Florenz. Der Wunsch der Europäer mit den Äthiopiern gemeinsam gegen den Islam vorzugehen stieß dort jedoch auf wenig Gegenliebe. Das Kaiserreich sah sich der muslimischen Streitmacht nicht gewachsen. 1493 erreichte der Portugiese Pêro da Covilhã den Hof des Negus Negest. Er sollte für ein portugiesisch-äthiopisches Bündnis werben, da Portugal zu dieser Zeit begann seine Herrschaft im Indischen Ozean aufzubauen. Covilhão wurde zwar ehrenvoll behandelt jedoch hielt die äthiopische Monarchie an der Tradition fest und wies die portugiesischen Versuche einer Bekehrung des gesamten Landes zum katholischen Glauben zurück.

Weitere enge Kontakte hatte Abessinien mit England. Der europäische Einfluss hatte später starken Einfluss auf die kulturelle Entwicklung der Monarchie. So kam es zu einer neuen Blütezeit der äthiopischen Literatur.

Der Abessinier-Adal Krieg (1529–1543)

Äthiopiens Kaiser Yagbe’u Seyon (links) im Kampf gegen den Sultan von Adal. "Le Livre des Merveilles", 15. Jahrhundert

Von 1529 bis 1543 wurde vom Kaiserreich Abessinien und dem Sultanat Adal der Abessinier-Adal Krieg ausgefochten.

Nachdem David II. 1508 neuer Kaiser von Äthiopien wurde und dem islamisch geprägten Sultanat Adal 1516 voreilig den Krieg erklärte vereinigte Sultan Ahmad ibn Ibrahim al-Ghazi die Völker der Somalis, Oromo sowie die Afar (Denakil) und rief 1527 den „Heiligen Krieg“ gegen Abessinien aus. Sogar zahlreiche unterdrückte Juden schlossen sich an. Diese entscheidende, von Adal ausgehende Phase der Auseinandersetzungen am östlichen Horn von Afrika wird auch als Mohammedanersturm bezeichnet.

Nach gewissen äthiopischen Anfangserfolgen besiegte der Sultan 1529 bei Shimba-Kare mit seinen 12.000 Soldaten und nur 600 Reitern angeblich die fast 220.000 Mann starke äthiopische Kriegsmaschinerie und verlor dabei aber 5000 Kämpfer. Mit neuen türkischen Hilfstruppen eroberte er in mehreren Feldzügen bis 1533 fast das gesamte abessinische Kaiserreich, nur Teile des Hochlandes blieben unbesetzt. Das Land wurde von den Nomaden verwüstet, christliche Zeugnisse zerstört, große Teile der Bauern retteten sich nur durch den Übertritt zum Islam. Der Kaiser starb 1540 auf der Flucht, sein Thronfolger Asnaf Sagad I. wurde gefangengen genommen und die Kaiserinwitwe in der Hauptstadt belagert.

Nur durch hauptsächlich portugiesische und englische Schützenhilfe konnten äthiopische Resttruppen die Muslime schlagen. 1543 fiel Sultan Ahmad in der Schlacht am Tanasee (Wayna Daga). 1559 fiel auch sein Nachfolger Barakat in Adals Hauptstadt.

Oromo Migration

Nach dem Krieg, als sowohl Abessinien als auch das besiegte Sultanat Adal geschwächt waren, begann sich der Herrschaftsbereich des Volkes der Oromo nach Norden und Westen in weite Teile des Kaiserreichs und nach Süden in das heutige Kenia und Süd-Somalia auszudehnen. Treibende Kraft hinter dieser Oromo Migration dürfte eine Neuorganisation des Altersklassensystems gada gewesen sein, in dessen Rahmen regelmäßig Krieger ausgeschickt wurden.

Die Ausbreitung der Oromo hatte große Auswirkungen auf die regierende Salomonische Dynastie und trugen mit ihrer Ausbreitung im Osten in der Umgebung von Harar zum völligen Zerfall des geschwächten Sultanats Adal 1559 bei. In den neu eroberten Gebieten trugen die Oromo zu einer deutlichen Veränderung der Kultur bei.[12][13]

Gondar-Zeit

Kaiserin Mentewabs Schloss in Fasil Ghebbi in Gonder, heute UNESCO- Weltkulturerbe

Von 1543 bis 1855 ging das abessinische Kaiserreich durch die sogenannte Gondar-Zeit, die nach der äthiopischen Stadt Gondar (heute: Gonder) benannt ist und unter anderem die Ära der Prinzen, Territoriale Konflikte mit dem Osmanischen Reich und den Zerfall des Kaiserreiches in die Teilkönigreiche Amhara (mit der alten Hauptstadt Gonder), Tigray (mit Asmara und der antiken Hauptstadt Aksum) und Shewa (unter der alten Kaiserdynastie) umfasste.

Konflikte mit dem Osmanischen Reich

Nach dem Untergang Adals fühlte sich, das seit dem 16. Jahrhundert am Horn von Afrika expandierende Osmanische Reich vom Unruhherd Abessinien bedroht. Im Jahr 1517 eroberten die Türken unter Sultan Selim I.[14] zuerst Syrien und später Ägypten und den Sudan. 1538 kam es bereits zur Konfrontation mit den Portugiesen um das Gebiet des heutigen Jemen.

Nach einer kurzen Friedenszeit kam es 1557 zur ersten Konfrontation mit den Äthiopiern. Türkische Truppen eroberten das Königreich Medri Bahri auf dem Gebiet des heutigen Eritrea. Zuerst eroberten sie die Städte Massawa und Hirgigo und stießen anschließend ins äthiopische Mutterland vor.

Während des Eroberungsfeldzugs verfolgten die Osmanen die Strategie die verschiedenen regionalen Herrscher gegeneinander auszuspielen und sie anschließend zu besiegen. Kaiser Minas und sein Nachfolger Sarsa Dengel leisteten erheblichen Widerstand und es kam bereits 1558 zu einer Wende. Sarsa Dengel unternahm 1588 eine Strafexpedition gegen die Türken, scheiterte jedoch[15].

Abessinien um 1585, Karte von Abraham Ortelius

Nach weiteren erbitterten Kämpfen bei denen es zu Raubzügen der Osmanen in den nördlichen Provinzen des Reiches kam erhob sich auch die äthiopische Zivilbevölkerung und die Osmanen wurden bis 1578 auf das Gebiet Eritreas zurückgedrängt. Danach wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet und von den Osmanen das Habeş Eyaleti errichtet, was bis 1872 bestand[16].

Frühe Gondar-Zeit (1632–1769)

Eine in der frühen Gondar Zeit errichtete Kirche in Aksum

Nach dem Frieden mit den Osmanen gewannen die missionierenden Jesuiten in Abessinien stark an Einfluss. 1557 begannen sie mit der Missionierung des Landes. Kaiser Claudius wies sie zwar zurück, doch gelang es ihnen, 1603 Kaiser Dengel zum Übertritt zu bewegen. Dessen Sohn Sissinios (Susenyos, Sissionos, Socinius) wollte zuerst eine Kirchenunion mit Rom schaffen, verwarf dann aber 1630, weil er die Unzufriedenheit seiner Untertanen fürchtete, seine Pläne. Gestürzt und getötet wurde er 1632 dennoch, sein Nachfolger Fasilidas (1632–1667) vertrieb die Jesuiten oder ließ sie hinrichten, ebenso wie muslimische Missionare. Die Jesuiten durften erst nach mehreren Jahrhunderten wieder ins Land. Nach der Vertreibung kehrte das Kaiserreich zum orthodoxen Christentum koptischer Prägung zurück.

Fasilides machte Gondar zur neuen Hauptstadt des Reiches. Er ließ bei Fasil Ghebbi einen Palast bauen in dem die kaiserliche Familie bis 1889 resignierte. Der Kaiser begann sein Land langsam zu modernisieren: neue Brücken und zahlreiche Gotteshäuser wurden gebaut.

Während dieser Zeit der kam es zu einer kulturellen Blütezeit bei der vor allem die äthiopischen Philosophie blühte. Im Land lebten bekannte Philosophen wie Zär’a Yaqob und Walda Heywat. Zär’a Yaqob beschäftigte sich mit Fragen über Gott und Religion sowie zu Mensch und Moral[17].

Sultanat Awsa

Staatsflagge des Awsa Sultanats

Im Jahre 1734 wurde das Sultanat Awsa in der Danakil-Senke im Nordosten des heutigen Äthiopien etabliert. Die neue Dynastie der Mudaito[18] unter Sultan Kadhafo, der von 1734 bis 1749 regierte, war dem christlichen Abessinien feindlich gesinnt.

Nach anfänglichen militärischen Erfolgen des Sultanats gegen die äthiopische Übermacht und den Wirren der Ära der Prinzen wurde das Gebiet Awsas 1944 vollständig vom äthiopischen Imperium erobert geniesst heute aber weitgehende Autonomie.

Das primäre Symbol des Sultans war ein silberner Stab, der angeblich magische Eigenschaften gehabt haben soll.[19]

Ära der Prinzen

Kämpfer aus dem frühen 19. Jahrhundert
Kaiserin Mentewab, bedeutende Figur der Ära der Prinzen

Von 1769 bis 1855 ging das Äthiopische Reich durch die „Ära der Prinzen“ (amharisch Zemene Mesafint). Dies war eine Periode in der äthiopischen Geschichte, in der zahlreiche Konflikte zwischen Kriegsherren tobten; der Kaiser wurde auf eine Führungsperson beschränkt, die nur die Umgebung um die damalige Hauptstadt Gonder beherrschte. Sowohl die Entwicklung der Gesellschaft als auch die der Kultur stagnierten. Religiöse Konflikte, sowohl innerhalb der äthiopisch-orthodoxen Kirche als auch gegen die Muslime wurden oft als Vorwand für gegenseitige Machtkämpfe benutzt.

Der Anfang dieses Zeitraums markierte das Datum der Absetzung des Kaisers Joas I. durch Ras Mikael Sehul am 7. Mai 1769.

Kaiser Theodor II., der die Ära der Prinzen 1855 beendete und die verschiedenen Teilkönigreiche wieder vereinigte
Äthiopisches Kaiserreich um 1867, Karte von Dimitrie Ghica-Comănești

Nach der Absetzung des alten Kaisers war der neue Kaiser Yohannes II., der nur ein Jahr regierte, zu einer Repräsentationsfigur herabgesetzt worden und wurde auf die Hauptstadt Gonder beschränkt.

Nach Yohannes II. Tod wurde vom äthiopischen Hochadel, der immer mehr in die Erbfolge der Dynastie einzugreifen begann, Tekle Haymanot II. zum neuen Kaiser bestimmt. 1777 wurde Tekle Haymanot II. abgesetzt und Salomon II. neuer Kaiser.

Die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts waren durch heftige Kämpfe zwischen den Ras' geprägt. Unter anderem wurde und die zukünftige Rolle des Kaisers Egwale Seyon gestritten. Aus den anfänglichen Auseinandersetzungen entwickelte sich ein Bürgerkrieg der das Kaiserreich vollständig isolierte.

Reichseinigung unter Theodor II.

Das abessinische Kaiserreich nach der Reichseinigung um 1891[20]

Das Ende der Zemene Mesafint bahnte sich mit dem Aufstieg Kassa Hailus, des späteren Kaisers Theodor II., an. Am 11. Februar 1855 ließ sich dieser zum ersten modernen Kaiser von Abessinien krönen und begann dem Prozess der äthiopischen Reichseinigung. Auf seine Herrschaft entfielen unter anderem innenpolitische Reformen, die ersten Modernisierungen, die damit verbundene Abschaffung der Sklaverei, die Verbesserung des Justizsystems und die Reorganisierung der veralteten Kaiserlichen Armee.

Die sogenannte äthiopische Reichseinigung war auf die mehreren erfolgreichen Kampagnen der kaiserlichen Armee gegen die verschiedenen Teilkönigreiche zurückzuführen. Die Kampagnen begannen mit der Schlacht von Gur Amba (27. September 1852) und endeten mit der Schlacht von Derasge (1855). Die wichtigste Kampagne war die Besetzung des Königreiches Shewa 1855. Die mit ihm verbündeten Oromo in der Provinz Wällo waren bereits 1852 vom äthiopischen Imperium besiegt worden[21]. Später folgten die Provinzen Godscham und Wällo mit den Tigray und die widerspenstigen Regionen Begemder und der gesamten Norden des Reiches.

Landschaft Abessiniens 1861, Französische Darstellung von Louis van Houtte

Die Rückkehr der Kontrolle über ganz Kaiserreich in die Hände eines Kaisers beendete 1855 endgültig die Zemene Mesafint und bildete den Anfang der Geschichte des modernen äthiopischen Nationalstaates. Die Expansion des Äthiopischen Reiches führte aber zu den ersten Konfrontationen mit den europäischen Nationen und erneut mit dem Osmanischen Reich. Theodor II. ließ aufgrund eines von 1865 bis 1866 dauernden diplomatischen Konfliktes mit dem Vereinigten Königreich alle Europäer in seinem Land als Geiseln gefangen nehmen. Dies führte zur Britischen Äthiopienexpedition von 1868.

Im Dezember 1867 landete ein indisch-britisches Expeditionsheer, bestehend aus 13.000 britischen und indischen Soldaten, 26.000 Zivilpersonen und mehr als 40.000 Tieren[22], unter dem Kommando von Robert Cornelis Napier an der Küste des Landes, welches Ende Januar 1868 mit dem Vormarsch ins Landesinnere begann. Am 13. April 1868 startete die britisch-indische Armee den Sturm auf Magdala, wo sich der Kaiser verschanzt hatte. Um einer für ihn schmachvollen Gefangennahme zu entgehen, beging er unmittelbar vor dem Fall der Bergfestung am 13. April 1868 Selbstmord[23]. Sein Nachfolger wurde Tekle Giyorgis II..

Zeitalter des Imperialismus

Bündnisse des Ersten Weltkriegs -
  • Entente und Alliierte
  • Mittelmächte
  • Abessinien und weitere Neutrale
  • Nach der britischen Expedition 1868 und der in den 1880er Jahren beginnende Wettlauf um Afrika begann für Äthiopien das Zeitalter des überseeischen Imperialismus. Während dieser Periode modernisierte sich das Land und versuchte vielmehr eigene imperialistische Pläne umzusetzen, wie z.b ein Zugang zum Meer. Es kam dabei zu drei Kriegen mit Italien. Die Zeit endete mit dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918. An dem sich das Land aber kaum beteiligt hatte.

    Herrschaft von Yohannes IV.

    Der neue Kaiser Tekle Giyorgis II. konnte sich zunächst als Nachfolger von Theodor II. durchsetzen und wurde am 11. Juni 1868 zum Kaiser proklamiert. Gefahr drohte Tekle Giyorgis II. jedoch schon bald vonseiten seines Schwagers, der den Kaiser schließlich in der Schlacht am Assam (nahe Adua) am 11. Juli 1871 schlug, gefangen nahm und sich selbst am 21. Januar 1872 als Yohannes IV. zum Kaiser krönen ließ[24].Tekle Giyorgis II. starb im folgenden Jahr in der Gefangenschaft.

    Der tief religiöse Yohannes IV. versuchte sich mit den verfeindeten Briten auszusöhnen und stellte das äthiopische Judentum mit der orthodoxen Staatskirche gleich. Der Islam hingegen wurde weiterhin unterdrückt[25].

    Mahdisten in der Schlacht von Omdurman, undatiertes Gemälde von Robert Talbot Kelly (1861–1934)

    Der Kaiser führte in den Jahren 1875 und 1876 gegen das osmanische Ägypten Krieg und wehrte mehrere Invasionen ab. Anschließend sah er sich aber dazu verpflichtet, den Ägyptern und Briten bei der Evakuierung ihrer Garnisonen an der sudanesisch-äthiopischen Grenze während des Mahdi-Aufstandes im Sudan zu helfen. Bereits 1885 war es deshalb zu Kämpfen mit den Mahdisten gekommen. 1887 siegten die Mahdisten bei Debra Sin und konnten Gonder einnehmen und plündern. Yohannes IV. machte dem Kalifen der Madigsten Abdallahi ibn Muhammad ein Friedensangebot, welches abgelehnt wurde. Der Kaiser verkündete daraufhin, dass er gegen Khartum ziehen würde. Im März 1889 griffen die Äthiopier unter Führung des Kaisers mit 150.000 Soldaten den Sudan an und es kam am 9. März zur Schlacht von Gallabat. Nach anfänglichen Erfolgen der kaiserlichen Armee endete die Schlacht mit einer äthiopischen Niederlage. Der Kaiser wurde von einem Heckenschützen tödlich getroffen und fiel am 11. März, bei der zweiten Schlacht am Fluss Atbara, in die Hände der 80.000 kämpfenden Mahdisten. In der Hauptstadt Omdurman wurde sein Haupt später auf einer Lanze zur Schau gestellt.

    Eritreakrieg (1886–1889)

    Italienische Niederlage in der Schlacht bei Dogali (1887), Gemälde von Michele Cammarano

    Zur gleichen Zeit tobte seit 1885 ein Kolonialkrieg gegen das Königreich Italien um das Gebiet des heutigen Staates Eritrea.

    Italien das mehrfach versucht hatte im Sudan gegen die Mahdisten zu intervenieren wurde von Großbritannien und Ägypten zurückgewiesen. Die kolonialen Pläne konzentrierten sich danach auf das geschwächte Äthiopien. Als sich 1885 die Italiener der vormals ägyptischen Stadt Massawa bemächtigt und die Kolonie Eritrea gegründet hatten, war es zu ernsten Spannungen mit Abessinien gekommen, das mit dem Besitz Massawas einen Zugang zum Meer zu erreichen versuchte. Der Konflikt mündete 1886 in einer italienischen Kriegserklärung[26], doch aus Unerfahrenheit und Oberflächlichkeit erlitten die italienischen Truppen mehrere Niederlagen.[27] Die endgültige Kriegsentscheidung brachte aber erst die Schlacht bei Dogali vom 25. Januar bis zum 26. Januar 1887. Den äthiopischen Streitkräften gelang es die Italiener zu besiegen.

    In der Nähe von Massawa fanden indessen am 27. und 28. März 1887 weitere Gefechte statt. Erst nach dem äthiopischen Herrscherwechsel kam es 1889 zum Friedensschluss der Abessinien die Unabhängigkeit sicherte. Kaiser Menelik II. unterzeichnete den Freundschaftsvertrag von Wetschale, den Italien als Protektorat auslegte, was 1895 zu einem erneuten Italienisch-Äthiopischen Krieg führte.

    Expansion und Modernisierungen unter Menelik II.

    Expansion des Äthiopischen Kaiserreiches von 1750 (orange) bis zu den Eroberungen Kaiser Meneliks II. Ende des 19. Jahrhunderts (gelb) im Zeitalter des Imperialismus
    Äthiopische Truppen des Ras Wolda Giyorgis auf dem Rückmarsch nach der Unterwerfung Kaffas (Fotografie von Alexander Bulatowitsch)

    Der eigentliche Begründer des modernen Äthiopien war Menelik II. (1889-1913). Durch seine Politik der Modernisierung, die im Sieg über die Italiener bei Adua 1896 gipfelte, bewahrte er das Land vor dem europäischen Kolonialismus.

    Seine Herrschaft begann am 10. März 1889. Er gehörte zu den Gegnern Yohannes IV. und konnte sich mit italienischer Hilfe nach Yohannes' IV. Tod als Kaiser durchsetzen. Als auch andere Kolonialmächte (Frankreich, Großbritannien und das Deutsche Reich) die Pläne aufgaben, Äthiopien zu kolonisieren, ließ der Kaiser sein Land rasch modernisieren. Unter anderem wurde eine französische Eisenbahnlinie nach Dschibuti gebaut, ein Telefon- und Telegrafennetz errichtet und eine äthiopische Nationalbank und Post gegründet. 1894 führte Menelik II. eigene Briefmarken ein und ersetzte den Maria-Theresien-Taler durch den äthiopischen Dollar mit seinem Konterfei auf der Münze.

    Kaiser Menelik II. auf einer äthiopischen Briefmarke von 1894
    Das Horn von Afrika um 1900

    Obwohl die Reichseinigung bereits abgeschlossen war kam es unter Menelik II. zu einer noch ehrgeizigeren Expansion der Monarchie. Es wurden die in den 1890er Jahren die Reiche der Oromo im Süden, der Gurage im Südwesten, der Awsa, dem Staat der Afar im Nordosten, und der Somali im Osten vom abessinischen Heer beseitigt.[28] Selbst der mächtige „Gottkönig“ von Kaffa musste sich dem Expansionsdrang des äthiopischen Imperiums beugen. Menelik II. konnte bis zum Ende seiner Herrschaft 1913 das Staatsgebiet Abessiniens vervierfachen.

    Unter dem Kaiser kam es zur endgültigen Festlegung der Grenzen mit Französisch-Somaliland im März 1897, Britisch-Somaliland ein paar Monate später im Juni 1897, mit der italienischen Kolonie Eritrea im Jahr 1900, mit dem Anglo-Ägyptischen Sudan im Jahr 1902, Britisch-Ostafrika im Jahr 1907 und Italienisch-Somaliland 1908. Die Grenzen existieren fast unverändert noch bis heute.

    Erneute Italienische Kolonialisierungsversuche (1895–1896)

    Nach dem gescheiterten Eritreakrieg schloss am 2. Mai 1889 König Umberto I. mit Kaiser Menelik II. einen Freundschaftsvertrag, der die Vorstufe zur erneuten italienischen Expansion nach Abessinien bilden sollte. Das abessinische Kaiserreich erkannte in ihm den italienischen Kolonialbesitz am Roten Meer an. Der italienische Text las sich als Anerkennung Äthiopiens, nunmehr ein italienisches Protektorat zu sein. Im Amharischen war davon keine Rede. Ministerpräsident Francesco Crispi verkündete den anderen Großmächten den neuen Protektoratsstatus, Menelik II. forderte eine Rücknahme dieser Deutung. Als Italien sich weigerte, kündigte Äthiopien den Vertrag. Hierauf blockierte Italien die Küste mit seiner Flotte, förderte Stammesgegensätze und versorgte Gegner Meneliks II. mit Waffen. Frankreich und das Russische Reich unterstützten Menelik II. und dieser griff im Sommer 1895 die Italiener an. Im Dezember siegten die Italiener in der Schlacht um den Amba Alagi, worauf weitere Verstärkungen nach Ostafrika gesandt wurden.

    Italienische Niederlage in der Schlacht von Adua (1896)

    Am 1. März kam es zur entscheidenden Schlacht von Adua gegen die italienischen Invasionstruppen unter General Oreste Baratieri bei der Stadt Adua. Im Norden der afrikanischen Monarchie. Trotz der waffentechnischen Überlegenheit der Italiener siegten die Abessinier. Der äthiopische Sieg schwächte das Königreich Italien innenpolitisch stark: es kam in Großstädten wie Rom zu Kundgebungen gegen eine Fortsetzung des Krieges. Am 5. März 1896 trat Crispi von seinem Amt zurück und der Krieg endete im Oktober 1896 mit einem Friedensvertrag.

    Erster Weltkrieg

    Kolonien in Afrika am Vorabend des Ersten Weltkriegs (1914)
    Kaiser Iyasu V.

    1906 schloss Italien entgegen den Vertragsvereinbarungen vom Oktober 1896 mit Frankreich und Großbritannien einen Vertrag, der das Abessinische Kaiserreich zur gemeinsamen Einflusszone erklärte.

    Nach diesem Vertrag überwarf sich Menelik II. mit den drei Großmächten und Abessinien lehnte sich an das Deutsche Reich an. Am 7. März 1905 schloss es mit einer deutschen Delegation unter Leitung von Friedrich Rosen und Kaiser Menelik einen Freundschafts- und Handelsvertrag.

    Zu Beginn der 1910er Jahre kam es zwischen der kaiserlichen Armee und französischen und italienischen Kolonialtruppen zu mehreren Grenzkonflikten. Kaiser Wilhelm II. nutzte dies und leistete Wirtschaftshilfe, dafür nahm Menelik II. mehrere deutsche Beamte in seine Regierung auf, von denen allerdings zahlreiche auf Druck der mächtigen und europafeindlichen Kaiserin Taytu wieder entfernt wurden.

    1913 starb Menelik nach langer Krankheit. Sein Nachfolger wurde sein Enkel Iyasu V.

    Nach dem Attentat von Sarajevo (28. Juni 1914) verschärfte sich die Lage am Horn von Afrika erneut. Das Kaiserreich wurde sowohl von der Triple Entente als auch von den Mittelmächten unter Druck gesetzt. Da Abessinien aber von alliierten Kolonien umgeben war, aber die guten Beziehungen zum Deutschen Reich, Österreich-Ungarn un dem Osmanischen Reich nicht aufgeben wollte, erklärte Iyasu V. zu Beginn des Ersten Weltkriegs am 28. Juli 1914 vorerst die Neutralität seines Landes.

    Schlacht bei Tanga 1914, Gemälde von Martin Frost

    Ende 1915 folgte Iyasu V. aber dem deutschen Drängen und dem Aufruf des türkisch-osmanischen Sultan-Kalifen zum „Heiligen Krieg“. Anfang 1916 erschienen deutsche U-Boote vor Eritrea, und auch nach Abessinien geflohene somalische Rebellen bzw. Abgesandte des somalischen Derwisch-Aufstandes innerhalb des von Briten beanspruchten Territoriums erhielten deutsche Waffen. Statt der Küste zum Roten Meer oder Somalia ließ er jedoch den anglo-ägyptischen Südsudan angreifen. Dort hatten deutsche Agenten parallel einen Aufstand christlicher Afrikaner sowie muslimischer Darfuris inszeniert, während pro-türkische Senussi aus Libyen durch Ägypten in den Nordsudan vorstoßen sollten. Iyasus V. Unternehmen scheiterte jedoch schon im Anfang, seine deutlich unterlegenen äthiopischen Truppen wurden im Mai rasch geschlagen. Die Alliierten sahen ihn folgerichtig als Feind, anglo-ägyptische Truppen stießen im Gegenzug rasch und unaufhaltsam auf Addis Abeba vor.

    Parallel dazu fachten britische Agenten im September unter den Adeligen von Shewa eine Rebellion gegen ihn an. Iyasu V. und sein Vater wurden im Oktober 1916 in der Schlacht von Segale, nördlich Addis Abeba, geschlagen. Bis 1917 hielt er sich in seiner Residenz Harar auf. Der Kaiser wurde noch vor seiner eigentlichen Krönung vertrieben und 1921 inhaftiert. Danach schied Abessinien aus dem Krieg aus.

    Parallel dazu fachten britische Agenten im September unter den Adeligen von Shewa eine Rebellion gegen ihn an. Der Kaiser geriet drauf immer mehr in Bedrängnis und Abessinien schied, angesichts der neuen innenpolitischen Krise, völlig aus dem Krieg aus.

    Zwischenkriegszeit

    Nach dem Kriegsaustritt begann in Abessinien, wie auch 1918 in Europa, die Zwischenkriegszeit. In dieser Periode kam es zu Beginn zu innenpolitschen Machtkämpfen. Haile Selassie wurde 1931 neuer Kaiser und führte umfassende Reformen durch. Es kam unter seiner Herrschaftszeit zum ersten größeren Wirtschaftsaufschwung seit Meleniks II. Tod. In den 1930er Jahren rückte das Land schließlich de facto in den Kreis der Großmächte auf. Die Zwischenkriegszeit endete offiziell mit der Abessinienkrise 1934/35.

    Absetzung von Iyasu V.

    Kaiser Iyasu V. auf seinem Weg ins Exil (um 1916)

    Aus Angst vor einer erneuten Instabilität, wie zur Zeit der Ära der Prinzen, zeigte sich der Adel Äthiopiens besorgt . Iyasu hatte seit dem Beginn seiner Herrschaft den Islam bevorzugt und drängte den Einfluss der orthodoxen Staatskirche weiter zurück. Deshalb entschloss sich der Adel zu einer politischen Intrige: am 27. September wurde Iyasu gestürzt und es wurde verkündet, dass Iyasu zugunsten der Kaiserin Zauditu abgesetzt wurde. Nach dem Umsturz gelang Iyasu aber die Flucht in die Wüste Danakil-Somalia.[29] Als ein von dort aus organisierter Gegenputsch des Kaisers scheiterte floh er mit seinen Leibwächtern und loyalen Afars und Somalis nach Jijiga im Osten des Reichs.[30][31]

    Herrschaft von Kaiserin Zauditu I.

    Kaiserin Zauditu

    Nach der Flucht Kaiser Iyasus V. wurde am 27. September 1916 in der Hauptstadt Zauditu, die älteste Tochter von Menelik II, zur neuen Kaiserin ausgerufen.[32] Ihr Titel lautete, da sie die erste Frau im Amt war, offiziell Königin der Könige (Negiste Negest). Nach der Krönung wurde ihr Cousin Tafari Makonnen (später Kaiser Haile Selassie) neuer Kronprinz.[33]

    Zunächst wurde es Zauditu nicht erlaubt sich an der Tagespolitik des Landes zu beteiligen. Die Staatsgeschäfte wurden vorerst offiziell vom Regierungschef Habte Giyorgis geführt.

    Krieg gegen Iyasu V. und Italienisch-äthiopische Grenzkonflikte 1917/1918

    Als Iyasu V. versuchte seine Macht im Exil zu kondenzieren und sich zum Gegenkaiser erklärte, kam es zu immer hälftiger werdenden Konflikten mit Kaiserin Zauditu. Iyasu V. und sein Vater Mikael von Wollo versuchten Mitte Oktober 1916 Addis Abeba wieder zu erobern. Zuerst schien der Vormarsch ihrer kampferprobten Truppe unaufhaltsam. Die der Revolte entgegengeschickten abessinischen Truppen blieben zuerst chancenlos.[34]

    Schlacht von Segale, unbekannter Künstler, um 1920
    Lage 1917
  • Von Italien besetzt
  • Von Abessinien besetzt
  • Am 27. Oktober kam es aber zur entscheidenen Schlacht von Segale, etwa 65 km nördlich von Addis Abeba. Thronfolger Ras Tafari und Habte Giyorgis führten eine kurzerhand neu organisierte rund 35.000 Mann starke Truppe nordwärts in die Schlacht.[35]

    Iyasus V. erschöpfte Armee wurde innerhalb weniger Stunden überrannt und seine wichtigste Waffe, Artillerie, außer Gefecht gesetzt.[36][37][38]

    Nach der Niederlage und der Gefangennahme seins Vaters durch kaiserliche Truppen, hielt er sich noch bis 1917 in seiner Residenz in Harar auf. 1921 wurde er inhaftiert.

    Im Jahr 1917 besetzen italienische Truppen als Reaktion auf die innenpolitisch immer noch instabile Lage Abessiniens im äußersten Südosten des Landes das Gebiet Boh (heute ein Teil der Warder-Zone in der Region Somali). Abessinien reagierte auf die Besetzung mit der Besetzung der nördlichen Hälfte der heute somalischen Region Bakool. Die strategisch bedeutende Stadt El Barde geriet dabei in die Hände Äthiopiens. Italien besetze daraufhin im Januar/Februar 1918 die ebenfalls wichtige Stadt Geladin. Die Streitigkeiten endeten mit der Unterzeichnung des Versailler Vertags, den Abessinien zwar nicht unterzeichnete, in dem Italien aber garantierte sich auf sein, ihm zuerkanntes, Kolonialgebiet zurückzuziehen. Die Kaiserliche Armee hingegen zog sich erst 1923 aus der Region zurück.

    Kondiktion der kaiserlichen Macht

    Nach der vollständigen Beseitigung Kaiser Iyasus V. und der Beilegung des Grenzkonfliktes mit Italien 1918 kam es wieder zur Kondiktion der Macht der Kaiserin Zauditu. Obwohl sie breite Unterstützung vom konservativen Adel erfuhr verlor die Kaiserin schnell das Interesse an der Tagespolitik. Da ihr Kronprinz Tafari Makonnen, der eher liberaler eingestellt war, das Land eigenmächtig beagnn zu modernisieren. Er schaffte die Sklaverei vollständig ab und sorgte dafür, dass Äthiopien am 28. September 1923, neben Liberia der einzige unabhängige Staat Afrikas, dem Völkerbund beitrat. Die konservative Zauditu beschäftigte sich daher eher mit religiösen Angelegenheiten und ließ eine Vielzahl an neuen Kirchen errichten. 1920 wurde der offizielle Staatsname von Kaiserreich Abessinien in Kaiserreich Äthiopien geändert.

    Im September 1928 versuchten einige Reaktionäre am Hof und Teile der kaiserlichen Familie mithilfe eines Putsches den Reformkurs Tafari Makonnens zu stoppen. Als der Putsch aber scheiterte und von der Armee mit deren modernen Waffen niedergeschlagen wurde, wurde die Kaiserin in der Folge gezwungen, ihn zum Negus (König) zu ernennen und de facto die ganze Macht im Staat zu übergeben. Zauditu blieb als Kaiserin weiterhin nominell Staatsoberhaupt.

    Gugsa Welles Rebellion 1930

    Am 31. März 1930 kam der äthiopische General und Ehemann der Kaiserin Gugsa Welle ums Leben. Er hatte versucht, in Begemder eine Rebellion gegen Tafari Makonnen zu starten, und wurde in der Schlacht von Anchem von der kaiserlichen Armee geschlagen und getötet. Zauditu hatte die Rebellion nicht unterstützt und ihren Ehemann dazu aufgefordert, sie zu unterlassen. Zwei Tage später, am 2. April 1930, starb sie unerwartet.

    Kaiserkrönung Haile Selassies

    Niederländische Aufnahme der Kaiserkrönung Selassies (1930)

    Nach dem Tod der Kaiserin wurde Tafari zum neuen Kaiser von Äthiopien (Neguse Negest ze-'Ityopp'ya, König der Könige von Äthiopien) proklamiert. Er wurde am 2. November 1930 in der Kathedrale von St. George in Addis Abeba zum Kaiser gekrönt und nahm den Namen Haile Selassie an.

    Die Krönung war sehr prunkvoll und Herrscherhäuser und Adelige aus der ganzen Welt wohnten ihr bei.[39] Unter den Anwesenden waren der englische König George V., Marschall Franchet d'Esperey von Frankreich und der italienische König Viktor Emanuel III.. Zudem kamen Abgesandte aus den Vereinigten Staaten, Ägypten, der Türkei, Schweden, Belgien und Japans Kaiser Hirohito.,[40] Laut dem britischen Autor Evelyn Waugh, der ebenfalls anwehend war, soll die Veranstaltung mehr als 3.000.000 US-Dollar gekostet haben.[41] Many of those in attendance received lavish gifts;[42] Während der Feierlichkeiten erhielten viele der Anwesenden großzügige Geschenke; in einem Fall, soll der jüdisch-christliche Kaiser sogar eine Gold-ummantelte Bibel einem amerikanische Bischof geschickt haben, der die Krönung nicht besuchen konnte, aber ein Gebet dem Kaiser am Tag der Krönung gewidmet hatte.[43]

    Frühe Regierungszeit Selassies (1930-1934)

    Der neue Kaiser genoss danach international ein hohes Ansehen und begann sein Land weiter zu modernisieren. Er führte am 16. Juli 1931 die erste geschriebene Verfassung Äthiopiens ein und etablierte ein Zweikammersystem mit dem Kronrat von Abessinien an der Spitze.[44] Dessen erster Präsident Ras Kassa Haile Darge, ein Vetter Selassies, wurde. Die Verfassung machte das Land zur konstitutionellen Monarchie unter der Vorherrschaft des Adels, ganz ähnlich wie im kaiserlichen Deutschland bis zu den Oktoberreformen 1918.

    Im Jahr 1932 wurde, als letztes noch nicht unter äthiopischer Herrschaft stehendes Teilkönigreich, das seit 1790 bestehende Königreich Jimma, offiziell in die äthiopische Monarchie eingegliedert. Der Kaiser hatte zuvor den Tod von König Abba Jifar genutzt und ließ, während den aufkommenden politischen Wirren, den Kleinstaat besetzen.[45]

    Italienische Invasion und Zweiter Weltkrieg

    Am 3. Oktober 1935 marschierten italienische Soldaten, welche von General Emilio De Bono kommandiert wurden, von der Kolonie Eritrea aus in Äthiopien ein und begannen den zweiten Italienisch-Äthiopischen Krieg. Der Krieg, der durch italienischen Einsatz von Giftgas und Verstößen gegen die Haager Landkriegsordnung geprägt war, dauerte mindestens sieben Monate an, bevor Kaiser Haile Selassie ins Exil ging und die Italiener den Sieg erklärten. Die Invasion wurde vom Völkerbund verurteilt und das faschistische Italien unter Benito Mussolini wurde als Aggressor bezeichnet, allerdings wurden nur wenige Sanktionen verhängt. Im Mai 1936 wurde Äthiopien schließlich Teil des italienischen Kolonialgebietes Ostafrika und blieb bis zum Zweiten Weltkrieg in dessen Besitz.

    Im Jahre 1941 wurde das Äthiopische Kaiserreich von äthiopischen Partisanen und Einheiten des Commonwealth of Nations sowie von britischen Truppen befreit. Die Hauptoffensiven gegen die italienischen Kolonialtruppen wurden vom anglo-ägyptischen Sudan und von Britisch-Ostafrika aus eingeleitet. Fünf Jahre nach seiner erzwungenen Flucht ins Exil kehrte Kaiser Haile Selassie wieder nach Addis Abeba zurück.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das ehemalige italienische Eritrea in das äthiopische Kaiserreich zunächst als föderativer Teilstaat eingegliedert. Die Eigenständigkeit Eritreas wurde schrittweise aufgehoben und 1962 wurde Eritrea zu einer Provinz herabgestuft.

    Politik

    Abessinien war ein seit fast drei Jahrtausenden existierender Staat und galt bis zu seinem Ende als das älteste noch existierende Staatsgebilde der Welt.

    Nach der Verfassung von 1931 war Abessinien eine konstitutionelle Monarchie der salomonischen Dynastie. Der äthiopische Kaiser war das Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und ernannte den Ministerpräsidenten sowie bis 1957 den äthiopischen Kronrat. Der Kronrat war das offizielle Parlament und bestand aus dem Rat und einem Repräsentantenhaus mit 375 für vier Jahre gewählten Mitgliedern. Nur die amharische Oberschicht besaß das Wahlrecht.

    Nach der Verfassung waren die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche und das äthiopische Judentum Staatsreligionen, weitere Religionsgemeinschaften, wie der Islam, wurden von der Regierung anerkannt. Im Rechtswesen, das nach europäischen Vorbild aufgebaut war, gab es neben den Zivilgerichten auch religiöse und Militärgerichte, die vom Kaiser ernannt wurden.

    Innenpolitik

    Kaiser

    Der äthiopische Kaiser (amharisch: ንጉሥ, Negus Negest) war das offizielle Staatsoberhaupt des Kaiserreichs Abessiniens und Oberbefehlshaber der kaiserlichen Streitkräfte des Landes.

    Die Kaiser waren von 1137 bis zum Sturz 1270 Angehörige der Zagwe-Dynastie und später bis 1974 Angehörige der Salomonischen Dynastie, die von König Salomon abstammt. Der Titel gehörte zu den ältesten Herrschertiteln der Welt und wurde mit dem Putsch von 1974 abgeschafft. Letzter Kaiser war Haile Selassie.

    Ministerpräsident

    Der Ministerpräsident Abessiniens war der Regierungschef des Kaiserreichs.

    Das Amt wurde nach einer Reform des Kaisers Menelik II. 1909 geschaffen. Der Regierungschef konnte bis 1957 nur von Kaiser ernannt und abgesetzt werden. Nach der Verfassungsreform von 1955 (siehe unten) musste der Ministerpräsident nach den ersten Wahlen 1957 auch die Unterstützung des königlichen Parlaments haben. Der Ministerpräsident wurde vom Kaiser beauftragt eine neue Regierung für vier Jahre zu bilden. Der Ministerpräsident konnte erst nach Absprache mit dem Staatsoberhaupt Minister ernennen. Die neu gebildete Regierung musste aber auch noch vom Parlament gebilligt werden. Der Amtsinhaber musste wie sein gesamtes Kabinett politisch unabhängig sein.

    Erster Ministerpräsident war von 1909 bis 1927 Habte Giyorgis. Nach dem gescheiterten Militärputsch in Abessinien 1960 wurde das Amt vom 15. Dezember 1960 bis zum 17. April 1961 abgeschafft, danach aber wieder von Kaiser Haile Selassie eingeführt. Letzter Premier war für einige Monate 1974 Mikael Imru. Nach der kommunistischen Machtübernahme des Derg-Regimes wurde das Amt völlig abgeschafft und erst wieder 1987 eingeführt.

    Verfassung

    Kaiserliches Siegel der salomonischen Dynastie und des äthiopischen Kronrates unter Kaiser Haile Selassie

    Die Verfassung des Kaiserreichs Abessiniens basierte auf der Meiji-Verfassung des Japanischen Kaiserreichs[46] und wurde 1931 entwickelt. Sie trat im Juli 1931 in Kraft und sollte die Macht des äthiopischen Kaisers einschränken. Jedoch unterstanden weiterhin alle drei Gewalten – Exekutive, Legislative und Judikative – dem Kaiser.

    1955 wurde eine neue Verfassung, bestehend aus acht Kapiteln und 131 Artikeln, in Kraft gesetzt. Sie demokratisierte das Land wenig und enthielt einige Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte.

    Eine vorgeschlagene Revision der Verfassung von 1955 wurde zwar 1974 veröffentlicht, aber nie umgesetzt.

    Parlament

    Das 1931 entstandene abessinische Parlament, der äthiopische Kronrat (englisch: Crown Council of Ethiopia) war von 1931 bis 1974 das offizielle Parlament und ein Verfassungsorgan des Kaiserreichs. Das Parlament war ein Zweikammer-Parlament und bestand zuerst aus dem Rat und einem Senat und später aus dem Rat und dem Volksrepräsentantenhaus.

    Das Parlament wurde 1957 zum ersten Mal gewählt und bestand aus 210 Mitgliedern, die direkt vom Volk für vier Jahre gewählt werden mussten. Das Parlament trat erstmals am 1. November 1957 zusammen, zu 20 Wahlkreisen lagen zu diesem Zeitpunkt noch keine Ergebnisse vor.[47] Zwischen 1957 und 1974 gab es insgesamt fünf Direktwahlen für das Parlament, wobei das Volk zuerst nur Mitglieder für das Volksrepräsentantenhaus und erst später auch Mitglieder für den Kronrat wählen durfte. Am Ende des ersten Mandates erreichte die Mitgliederzahl des Kronrates 250 und die des Volksrepräsentantenhauses 125. Mitglieder. Diese Struktur blieb bis 1974 weitgehend erhalten.

    Der Kronrat hatte die Aufgabe das Volk zu repräsentieren und konnte nach Absprache mit dem Kaiser auch Gesetze erlassen. 1975 wurde der Rat aufgelöst und noch im gleichen Jahr in den Vereinigten Staaten wiedergegründet. Präsident des Rates ist seit 1983 Ermias Sahle-Selassie.

    Außenpolitik

    Kaiser Haile Selassie mit Kaiser Hirohito 1956 in Japan

    Hauptziele der abessinischen Außenpolitik waren nach 1945 die Einflussnahme auf neu entstandene afrikanische Nationalstaaten, die im Zuge der Dekolonisation Afrikas von den ehemaligen Kolonialmächten in die Unabhängigkeit entlassen worden waren und die Einnahme einer Führungsrolle in der afrikanischen Politik. Das Kaiserreich unterstützte nationalistische Bewegungen gegen die Kolonialherren in seinen Nachbarstaaten und leistete später den neu gegründeten Staaten Wirtschaftshilfe. 1960 war das Land Gründungsmitglied der Organisation für Afrikanische Einheit und stellte mit Kifle Wodajo den ersten Generalsekretär der Organisation.

    Ein weiteres Ziel war die Einnahme einer aktiven Rolle in der globalen Politik. Abessinien war 1945 ein Gründungsmitglied der Vereinten Nationen und nahm 1951 an UN-Einsätzen im Koreakrieg teil. 1948 hatte die Monarchie die Gründung des Staates Israel stark unterstützt und konnte trotzdem die guten Beziehungen zur arabischen Welt aufrechterhalten. Ein von äthiopischen Muslimen geforderter Beitritt zur Arabischen Liga wurde von der abessinischen Regierung abgelehnt. Aus dem Nahostkonflikt hielt sich Abessinien nach dem Sechstagekrieg weitgehend heraus, bot sich aber nach dem Jom-Kippur-Krieg 1973 als Vermittler der Konfliktparteien an.

    Mit dem Ausbruch des Kalten Krieges veränderte sich die internationale Stellung des Kaiserreichs erneut; Abessinien wurde zu einem engen Verbündeten der USA und des Westens in Afrika. Die Regierung unter Kaiser Haile Selassie erhielt Anfangs der 1970er Jahre massive Wirtschaftshilfe von Westeuropa. In den 1960er Jahren wurden, vor allem aus wirtschaftlichen Gründen, diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China und Indien aufgenommen. Mit der Revolution von 1974 änderte sich die Außenpolitik Äthiopiens grundlegend und das Land lehnte sich an die Sowjetunion und den Ostblock an.

    Geschichte der Außenbeziehungen

    Die moderne abessinische Außenpolitik begann 1493 mit der Unterzeichnung eines Bündnisvertrages mit dem Königreich Portugal. Portugiesische Truppen unterstützen im Jahr 1543 die kaiserliche Armee Abessiniens gegen die Truppen des Sultanats Adal unter Ahmed Graññ, denen sie eine vernichtende Niederlage bescherten.

    Während des europäischen Wettlaufs um Afrika, als zahlreiche europäische Länder die afrikanischen Völker kolonisieren wollten, blieb Abessinien standhaft und versuchte vielmehr eigene imperialistische Pläne umzusetzen. Unter Kaiser Theodor II. kam es zur Konfrontation mit Großbritannien. Aufgrund dieses diplomatischen Konfliktes nahm er ab 1865 alle Europäer in seinem Land als Geiseln gefangen. Dies führte zur militärischen Britischen Äthiopienexpedition von 1868 und zur Befreiung der Gefangenen.

    Um 1870 kam es zur Konfrontation mit dem Osmanischen Reich, als dessen Truppen, wie schon im 16. Jahrhundert, mehrere kleinere Küstengebiete auf dem Gebiet des heutigen Staates Eritrea eroberten und in Richtung Abessinien vorstießen. Das Kaiserreich konnte sich aber durchsetzten. Später wurden die Beziehungen wieder friedlicher, so eröffnete das Osmanische Reich von 1910 bis 1912 ein Honorarkonsulat in der historischen Stadt Harar und ein Generalkonsulat in der Hauptstadt Addis Abeba. Im Jahr 1925 eröffnete die Republik Türkei eine Botschaft in Addis Abeba.

    Unter Kaiser Johannes IV. verbesserten sich die Beziehungen zu Großbritannien und es wurden Kontakte zum Königreich Ägypten geknüpft. Der Kaiser hatte den Briten und Ägyptern bei der Evakuierung ihrer Garnisonen an der sudanesisch-abessinischen Grenze während des Mahdi-Aufstandes unterstützt.

    Unter Kaiser Menelik II. verfolgte die Monarchie eine aggressive Außenpolitik und erweiterte ihr Staatsgebiet um das Vierfache. Es wurden die Reiche der Oromo im Süden, der Gurage im Südwesten, der Awsa, dem Staat der Afar im Nordosten, und der Somali im Osten vom abessinischen Heer beseitigt. Selbst der mächtige "Gottkönig" von Kaffa musste sich dem Expansionsdrang des äthiopischen Imperiums beugen.

    Im Jahr 1895 kam es zum ersten Italienisch-Äthiopischen Krieg. Das Königreich Italien marschierte in Teilen des Kaiserreichs ein und konnte gewisse Anfangserfolge erzielen. Am 1. März 1896 kam es zur Schlacht von Adua bei der die Äthiopier die italienischen Kolonialsoldaten vernichtend schlugen. Die Niederlage führte zu einer schweren Regierungskrise in Italien und dem Sturz von Ministerpräsident Francesco Crispi. Nach dem Kolonialkrieg wurden die Beziehungen zu Frankreich und Russland, die Abessinien im Krieg unterstützt hatten, von Menelik II. erneuert.

    In den 1890er Jahren kam es zur endgültigen Festlegung der Grenzen mit Französisch-Somaliland im März 1897, Britisch-Somaliland ein paar Monate später im Juni 1897, mit der italienischen Kolonie Eritrea im Jahr 1900, mit dem Anglo-Ägyptischen Sudan im Jahr 1902, Britisch-Ostafrika im Jahr 1907 und Italienisch-Somaliland 1908.

    Am 7. März 1905 schloss Abessinien, nachdem es an der dschibutischen Küste mit französischen und an der Somaliküste mit italienischen Kolonialherren in Kontakt kam, mit einer deutschen Delegation unter Leitung von Friedrich Rosen und Kaiser Menelik einen Freundschafts- und Handelsvertrag mit dem Deutschen Reich ab. Am 28. September 1923 trat Abessinien, neben Liberia, als einziger unabhängiger Staat Afrikas dem Völkerbund bei.[48]

    Am 3. Oktober 1935 begann nach einer internationalen Krise, hervorgerufen durch Italien und NS-Deutschland, der Abessinienkrieg. Das faschistische Königreich unter der Führung Benito Mussolinis besetzte große Teile des Staatsgebietes Äthiopiens und annektierte es nach dem Ende des Krieges am 9. Mai 1936. Abessinien blieb bis 1941 von Italien besetzt und war Teil der Kolonie Italienisch-Ostafrika. Nach der Befreiung durch äthiopische Partisanen und britische Truppen beteiligte sich die Monarchie aktiv am Zweiten Weltkrieg und erklärte zwischen 1942 bis 1943 den Achsenmächten den Krieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste Italien als Reparation 25 Millionen Dollar zahlen. 1947 wurden die diplomatischen Beziehungen zu Italien und zum traditionellen Verbündeten Japan (seit 1920 bestanden enge Kontakte zum japanischen Kaiserreich), dem Abessinien aufgrund seines Eintritts in den Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Alliierten 1942 den Krieg erklärt hatte, wieder aufgenommen.

    Verwaltungsgliederung

    Provinzen des Kaiserreichs Abessinien ab 1941

    Das Kaiserreich Abessinien bestand ab 1941 aus insgesamt 14 Provinzen, die in der Vergangenheit immer wieder neu organisiert wurden:

    Aufstieg des Derg

    Im Jahre 1974 wurde Haile Selassie vom Derg, einer von Mengistu Haile Mariam angeführten pro-sowjetischen marxistisch-leninistischen Militärjunta, abgesetzt. Die Monarchie wurde abgeschafft und ein realsozialistisches Einparteiensystem etabliert. Haile Selassie wurde inhaftiert und starb unter ungeklärten Umständen. Eritrea blieb auch nach dem Ende des Kaiserreiches Teil Äthiopiens. Es erhielt seine Unabhängigkeit 1993, zwei Jahre nach dem Ende des Eritreischen Unabhängigkeitskrieges.

    Siehe auch

    Literatur

    • Saheed A. Adekumobi: The History of Ethiopia. Greenwood Press, Westport CT u. a. 2007, ISBN 978-0-313-32273-0.
    • Richard Pankhurst: The Ethiopians. A History. Blackwell Publishing, Oxford u. a. 2001, ISBN 0-631-22493-9.
    • Kevin Shillington (Hrsg.): Encyclopedia of African History. Routledge, London 2005, ISBN 1-57958-245-1.
    • Carl Paul: Abessinien. Fr. Richter, Leipzig 2. Auflage 1901.
    • Mordechai Abi (Hrsg.): The Era of the Princes: the Challenge of Islam and the Re-unification of the Christian empire, 1769-1855. Longmans, London 1968.

    Einzelnachweise

    1. a b The World Factbook 1990
    2. a b Abfrage bei der Weltbank
    3. World Economic Outlook (WEO) data, IMF abgerufen am 19. Juli 2012
    4. Der Brockhaus in fünf Bänden. F. A. Brockhaus, Leipzig 2004. Seite 259
    5. Food and Agricultural Organization of the United Nations. 2012. Milenium Developmental Goals – Goal 7. Ensure environmental sustainability – national forrest assesements
    6. Das afrikanische Land mit den jüdisch-christlichen Wurzeln auf http://www.matthiasteh.ch.
    7. Pankhurst, Richard K.P. (17 January 2003) "Let's Look Across the Red Sea I" (Memento vom 9. Januar 2006 im Internet Archive) Addis Tribune
    8. a b c d Saheed A. Adekumobi: The History of Ethiopia. Greenwood Press, Westport CT u. a. 2007, ISBN 978-0-313-32273-0, S. 10.
    9. Stanislaw Chojnacki, Ethiopian Icons: Catalogue of the Collection of the Institute of Ethiopian Studies (Milan: Skira, 2000), cat. 17
    10. Richard Pankhurst: The Ethiopians. A History. Blackwell Publishing, Oxford u. a. 2001, ISBN 0-631-22493-9, S. 45.
    11. Harold Marcus: A History of Ethiopia. 1994.
    12. Harold G. Marcus: A History of Ethiopia, University of California Press, Neuauflage 2002, ISBN 0-520-22479-5 (S. 34–38)
    13. Oromo Migrations and Their Impact, in: Ethiopia: A Country Study, 1991
    14. "History of Arabia." auf www.britannica.com
    15. Richard K. R. Pankhurst in: The Ethiopian Royal Chronicles. Oxford University Press (Addis Abeba 1967).
    16. Fred M. Shelley: Nation Shapes: The Story Behind the World's Borders. ABC-CLIO, 2013, ISBN 978-1-61069-106-2, S. 295 (google.ca [abgerufen am 10. Juni 2013]).
    17. Teodoros Kiros: The Meditations of Zara Yaquob. Abgerufen am 18. September 2012.
    18. Abir, Seiten 23-26.
    19. Trimingham, Seite 262.
    20. "Abyssinia" in the Encyclopædia Britannica, 9th ed., Vol. I, pp. 61–67. 1878.
    21. Abir, Ethiopia, S. 180.
    22. Moorehead: The Blue Nile. S. 270.
    23. Vgl. dazu Volker Matthies: Unternehmen Magdala. Strafexpedition in Äthiopien. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-572-0.
    24. Deutsches Historisches Museum: Chronik 1872
    25. Gerhard Rohlfs: Meine Mission nach Abessinien – Auf Befehl Sr. Maj. Des Deutschen Kaisers im Winter 1880/81 unternommen. F.A. Brockhaus, Leipzig 1883, S. 216.
    26. Heinrich Loth: Geschichte Afrikas von den Anfängen bis zur Gegenwart, Teil II, Afrika unter imperialistischer Kolonialherrschaft und die Formierung der antikolonialen Kräfte 1884-1945, Seite 24 f. Akademie-Verlag, Berlin 1976.
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