Siegfried-Klasse
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Klassendetails | |
Schiffstyp | Küstenpanzerschiff |
Einheiten | SMS Siegfried, SMS Beowulf, SMS Frithjof, SMS Heimdall, SMS Hildebrand, SMS Hagen SMS Odin, SMS Ägir |
Bauwerft | Germaniawerft, Kiel AG Weser, Bremen Kaiserliche Werft, Wilhelmshaven Kaiserliche Werft, Kiel Kaiserliche Werft, Danzig |
Entwurf | Amtsentwurf 1885 – 1882 |
Kiellegung | 1888 – 1893 |
Stapellauf | 1889 – 1895 |
Indienststellung | 1890 – 1896 |
Außerdienststellung | 1916 – 1918 |
Technische Daten | |
Bauweise | Quer- und Längsspant-Stahlbau |
Wasserdichte Abteilungen | 8 nach Umbau: 9 |
Wasserverdrängung | Konstruktion: 3.500 t Maximal: 3.741 t nach Umbau: Konstruktion: 4.000 t Maximal: 4.237 t |
Länge | KWL: 76,4 m über Alles: 79,0 m nach Umbau: KWL: 84,8 m über Alles: 86,13 m |
Breite | 14,9 m |
Tiefgang | 5,74 m nach Umbau: 5,47 m |
Antriebsanlage |
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Maschinenleistung | 5.022 PSi nach Umbau: 4.724 PSi |
Geschwindigkeit | 14,9 kn nach Umbau: 15,3 kn |
Brennstoffvorrat | 220 t Kohle (ab 1893 Öl) nach Umbau: 580 t Kohle |
Fahrbereich | 1.490 sm bei 10 kn nach Umbau: 3.400 sm bei 10 kn |
Bewaffnung |
nach Umbau:
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Panzerung | |
Besatzung | 161 bis 166 Mann |
Die Siegfried-Klasse war eine Klasse von acht Panzerschiffen IV. Klasse der Kaiserlichen Marine, die für den Schutz der deutschen Nord- und Ostseeküste bestimmt waren. 1899 wurden die Schiffe entsprechend zu Küstenpanzerschiffen umklassifiziert. Sie wurden auch im Ersten Weltkrieg noch eingesetzt.
Entwicklung
Mit dem Dienstantritt von Generalleutnant Leo von Caprivis als Chef der Kaiserlichen Admiralität im Jahr 1883 erhielt die Küstenverteidigung einen deutlich höheren Stellenwert, als dies zuvor der Fall war. Von Caprivi ging vom baldigen Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland aus. Nach seiner Meinung hatte die Heeresrüstung Vorrang vor der Marine, weshalb er auf große und teure Hochseeschiffe verzichten wollte, zumal diese eine lange Bauzeit aufwiesen. Statt dessen wurde eine größere Zahl an Torpedobooten beschafft, in denen von Caprivi eine nahezu ideale Waffe sah, zumal sie vergleichsweise billig und schnell zu bauen waren. Die Überbewertung des Torpedos stärkte gleichzeitig seine Ablehnung großer Panzerschiffe, für welche die neuartige Waffe eine ernstzunehmende Gefahr darstellte. Diese Meinung war jedoch auch in anderen Marinen verbreitet und eine der Ursachen für die schiffsbaulichen Unsicherheiten der Zeit.[1]
Von Caprivis Konzeption der Küstenverteidigung beinhaltete auch den Bau gepanzerter Schiffe, die von den Torpedobooten und den vorhandenen Küstenbefestigungen angeschlagene Gegner vernichten sollten. Die Anforderungen an einen derartigen Entwurf sahen ein Schiff mit relativ geringem Tiefgang vor, das problemlos die großen Flussmündungen und den in der Planung befindlichen Kaiser-Wilhelm-Kanal befahren konnte. Es sollte gepanzert und stark bewaffnet sein, auch wenn ein Einsatz in einer Seeschlacht zu vermeiden war. Außerdem sollte eine zumindest bedingte Hochseefähigkeit gewährleistet werden. Insgesamt waren zehn derartige Fahrzeuge geplant, sechs davon waren für die Verteidigung der Fluss-, besonders der Elbmündung vorgesehen, vier sollten in der Ostsee stationiert werden.
Der erste Entwurf entstand im Jahr 1885. Dieser wurde 1887 sowie 1889, nach Baubeginn des ersten Schiffes, nochmals abgeändert. Es entstand eine Schiffsklasse, die mehrere Nachteile aufwies, welche bereits bei den zehn Jahre zuvor gebauten Panzerkanonenbooten der Wespe-Klasse vorhanden waren. Die Schiffe waren vergleichsweise langsam und besaßen einen geringen Aktionsradius. Die Aufstellung der schweren Geschütze war ebenso ungünstig wie das Fehlen einer vollwertigen Mittelartillerie. Auch die Panzerung war relativ schwach, was mit einer glockenförmigen Wölbung des Schiffsrumpfes nach französischem Vorbild ausgeglichen werden sollte.
Nach diesem Entwurf wurden zunächst sechs Schiffe gebaut. Die vorhandenen Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung des Torpedos sowie das Fehlen finanzieller Mittel für die Durchführung entsprechender Versuche verhinderten, dass eine optimale technische Lösung gefunden werden konnte. Im Jahr 1892 erfolgte auf Grundlage der inzwischen gemachten Erfahrungen mit dem Typschiff eine weitere Änderung des Amtsentwurfes. Nach diesen Plänen wurden zwei weitere, leicht vergrößerte Einheiten gebaut.
Technik
Die Schiffe der Siegfried-Klasse wurden als Quer- und Längsspant-Stahlbauten ausgeführt. Bei einer Konstruktionsverdrängung von 3.500 t betrug die Maximalverdrängung 3.741 t. Bei den beiden letzten Schiffen Odin und Ägir stieg die Konstruktionsverdrängung um 50 t, die Maximalverdrängung jedoch nur um rund 10 t. Die Schiffe waren insgesamt 79 m lang, wobei die Konstruktionswasserlinie 76,4 m umfasste. Die maximale Breite der Schiffe betrug 14,9 m, Odin und Ägir hingegen 15,2 m. Der Tiefgang bei maximaler Verdrängung betrug 5,51 m vorn und 5,74 m achtern bei den ersten sechs sowie 5,61 m vorn und 5,47 m achtern bei den letzten beiden Schiffen. Die Schiffe waren durch sieben Querschotts unterteilt, um die Sinksicherheit zu erhöhen. Außerdem verfügten sie über rund 60 % der Schiffslänge über einen Doppelboden.
Die elektrische Ausrüstung der Schiffe wurde von drei Generatoren gespeist, die bei einer Spannung von 67 V 29 bis 36 kW erzeugten. Abweichend davon arbeitete das Bordnetz der Ägir mit einer Spannung von 120 V. Insgesamt sechs Generatoren erzeugten eine Leistung von 243 kW.
Die Sollstärke der Besatzung lag bei 20 Offizieren und 256 Mannschaften. Bei den als Flaggschiff vorbereiteten Hildebrand und Ägir war darüber hinaus auch Platz für einen Stab von sechs Offizieren und 22 Mannschaften. Nach dem Umbau der Schiffe erhöhte sich die Zahl der Mannschaften auf 287, auch der Stab wurde in der Folge auf neun Offiziere und 34 Mannschaften ausgelegt.
Obwohl nur bedingt hochseetauglich, galten die Einheiten der Siegfried-Klasse als gute Seeschiffe. Ihre Bewegungen waren ruhig, ihr scheinbar behäbiges Rollen brachte ihnen in Verbindung mit dem gedrungenen Aussehen den Spitznamen Meerschweinchen ein. Die sehr gut zu manövrierenden und drehenden Schiffe waren luvgierig und verloren gegensee viel Fahrt. Schweres Wetter zwang sie zum beidrehen. Die Seeeigenschaften wurden durch den Umbau verbessert.
Antriebsanlage
Die Maschinenanlage der Panzerschiffe bestand aus zwei stehenden Dreizylinder-Dreifachexpansionsmaschinen in zwei nebeneinander angeordneten Maschinenräumen. Den nötigen Dampf lieferten vier Dampflokomotivkessel mit acht Feuerungen, die auf zwei hintereinander liegende Kesselräume verteilt waren. Die Kessel verfügten über eine Heizfläche von 915 bis 1.100 m² und erzeugten einen Dampfdruck von 12 atü. Abweichend von den anderen Einheiten verfügte die Ägir bereits seit ihrem Bau über acht Thornycroft-Wasserrohrkessel mit einer Heizfläche von insgesamt 1.500 m².
Die konstruktive Leistung der Antriebsanlage lag bei 4.800 PSi. Die reale Leistung der Schiffe wich jedoch deutlich von diesem Wert ab und schwankte zwischen 4.453 PSi bei der Heimdall und 5.250 PSi bei der Frithjof. Beide Maschinen wirkten auf jeweils eine Schraube mit 3,5 m Durchmesser. Die maximale Geschwindigkeit sollte bei 15 kn liegen, jedoch erreichten fünf der Schiffe diesen Wert nicht, wobei die Odin mit einer Höchstgeschwindigkeit von 14,4 kn die größte Abweichung aufwies. Der mitgeführte Brennstoffvorrat der ersten sechs Einheiten betrug 220 t Kohle, die eine Reichweite von 1.490 sm bei einer Marschgeschwindigkeit von 10 kn ermöglichten. Odin und Ägir erhielten einen vergrößerten Brennstoffvorrat von 370 t Kohle, was eine Erhöhung der Reichweite auf 2.200 sm bei 10 kn zur Folge hatte.
1893 wurde die Siegfried als erstes größeres deutsches Kriegsschiff und als einziges bis zur Indienststellung des Leichten Kreuzers Königsberg im Jahr 1929 überhaupt mit einer reinen Ölfeuerung ausgerüstet. Die Feuerung bewährte sich, jedoch lagen die Brennstoffkosten rund bei dem 2,5-fachen der anderen Küstenpanzerschiffe. Das Schiff wurde daher im Zuge des 1902 bis 1903 durchgeführten Umbaus wieder mit einer Kohlefeuerung ausgestattet, behielt jedoch eine Ölzusatzfeuerung.
Bewaffnung
Die Hauptbewaffnung der Siegfried-Klasse bestand aus drei 24 cm L/35-Mantelringkanonen, die bei einer maximalen Rohrerhöhung von 25° über eine Reichweite von 13 km verfügten. Die Geschütze waren einzeln in Türmen untergebracht. Zwei dieser Türme befanden sich nebeneinander auf der Back, der dritte auf der Schanz. Für die schwere Artillerie wurden insgesamt 204 Schuss Munition mitgeführt, auf Odin und Ägir waren es jedoch nur 174. Zur Torpedobootsabwehr verfügte die Siegfried über sechs, Odin und Ägir über zehn und die fünf anderen Einheiten über acht 8,8 cm L/30-Schnelladekanonen. Der Munitionsvorrat für diese Geschütze betrug 1.500 bis 2.500 Schuss. Als kleinstes Kaliber befanden sich auch sechs 3,7 cm-Revolverkanonen an Bord, auf die bei Odin und Ägir jedoch verzichtet wurde. Die Bewaffnung wurde durch vier Torpedorohre mit 35 cm Durchmesser vervollständigt. Eines davon war unter der Wasserlinie fest im Bug eingebaut, die anderen befanden sich über Wasser am Heck und beiden Seiten der Schiffe. Die beiden letzten Schiffe der Klasse verfügten bereits über Torpedorohre mit 45 cm Durchmesser, wobei auf das Hecktorpedorohr verzichtet wurde. Von den 35 cm-Torpedos wurden zehn Stück mitgeführt, von den 45 cm-Torpedos acht Stück.
Panzerung
Die Panzerung der Schiffe fiel nicht einheitlich aus. Die ersten drei Schiffe erhielten eine Panzerung aus Verbundstahl, der auf Teakholz aufgebracht wurde. Bei Heimdall, Hildebrand und Hagen verwendete man teilweise den von Krupp entwickelten Nickelstahlpanzer, der bei den letzten beiden Schiffen vollständig zur Anwendung kam.
Der Gürtelpanzer aller Schiffe war zweigeteilt. Bei den ersten sechs Schiffen verlief er über die gesamte Schiffslänge. Der obere Gang war dabei zum Bug und Heck hin mit 180 mm Stahl gepanzert, in der Schiffsmitte mit 240 mm Stahl. Die Panzerung war dabei auf 330 mm Holz angebracht. Der untere Gang wies eine Stärke von 100 bis 140 mm Stahl auf 290 mm Holz auf. Bei Odin und Ägir waren Bug und Heck ungepanzert, der obere Gang mit 220 mm Stahl auf 180 mm Holz und der untere Gang mit 120 mm Stahl auf 280 mm Holz ausgeführt. Das Panzerdeck hatte bei den letzten beiden Schiffen eine Stärke von 70 mm im achteren und 50 mm im vorderen Bereich, die vorangegangenen Einheiten verfügten nur über ein solches mit 30 mm Stärke. Der Kommandoturm erhielt eine horizontale Panzerung von 30 mm Stärke sowie an Seiten 80 mm beziehungsweise 120 mm bei Odin und Ägir. Die Kuppeln der Geschütztürme waren einheitlich mit 30 mm Stahl auf 200 mm Holz geschützt, die Barbetten erhielten 200 mm Stahl bei gleichstarker Holzunterlage.
Während des Umbaus wurde die Panzerung von Heimdall und Hagen komplett in Nickelstahl ausgeführt. Das Panzerdeck erhielt dabei eine durchgehende Stärke von 50 mm, der Kommandoturm wurde mit bis zu 160 mm geschützt. Der obere Gang des Gürtelpanzers behielt seine ursprüngliche Stärke, der untere Gang wurde im achteren Bereich auf 140 mm verstärkt. Die Holzhinterfütterung wurde dabei so angepasst, dass sich eine durchgehende Gesamtstärke der Panzerplatten von 530 mm ergab.
Umbau
Bereits nach wenigen Einsatzjahren zeigte sich, dass die Siegfried-Klasse zu klein bemessen war. Besonders das geringe Kohlefassungsvermögen der Schiffe und ihre dadurch bedingte geringe Reichweite waren problematisch. Nach dem Dienstantritt von Alfred Tirpitz als Staatssekretär des Reichsmarineamtes im Jahr 1897 wurden daher Überlegungen angestellt, den militärischen Wert der Panzerschiffe zu steigern. Es wurde schließlich der Beschluss gefasst, die Schiffe durch das Einfügen einer Mittelsektion zu verlängern. Diese Technik war zuvor mehrfach bei Handelsschiffen erfolgreich eingesetzt worden. Die Kaiserlichen Werften in Danzig und Kiel nahmen daher von 1900 bis 1904 den Umbau aller Schiffe nach dem Muster der bereits 1898 bis 1900 modernisierten Hagen vor.
Bei diesem Umbau wurden die Schiffe mittig zerschnitten und verlängert. Die Konstruktionswasserlinie wuchs dadurch um 8,4 m auf 84,8 m, die Gesamtlänge maß fortan 86,13 m, wovon Odin und Ägir nur um zwei Zentimeter abwichen. Während sich die größte Breite dieser beiden Schiffe auf 15,4 m erhöhte, blieb sie bei den anderen Einheiten gleich. Der maximale Tiefgang der Schiffe fiel unterschiedlich aus und schwankte zwischen 5,42 und 5,66 m vorn sowie 5,30 und 5,66 m achtern. Die Konstruktionsverdrängung stieg auf 4.000 t, bei Odin lag sie bei 4.100 t, bei Ägir bei 4.110 t. Die Maximalverdrängung der Schiffe lag zwischen 4.237 und 4.436 t.
Mit Ausnahme der Ägir erhielten alle Schiffe eine neue Kesselanlage. Es wurden Wasserrohrkessel mit einer Heizfläche zwischen 1.216 und 1.402 m² verbaut. Der Kesseldruck wurde jedoch nicht verändert. Bei den meisten Einheiten war eine teilweise deutliche Steigerung der Maschinenleistung die Folge, bei der Frithjof sank sie hingegen um rund 200, bei der Siegfried sogar um rund 300 PSi. Die Höchstgeschwindigkeit aller Schiffe stieg auf über 15 kn. Durch die Verlängerung konnte das Kohlefassungsvermögen auf 580 t gesteigert werden, was die Reichweite auf 3.000 sm bei Odin und Ägir und auf bis zu 3.400 sm bei den sechs anderen Schiffen anhob.
Durch die vergrößerte Kesselanzahl erhielten alle Schiffe einen zweiten Schornstein, wie ihn die Ägir bereits seit ihrem Bau besaß. Zusammen mit dem geänderten Gefechtsmast und der Verlängerung führte das zu einer deutlichen Veränderung der Silhouette der Schiffe. Die Generatoren wurden einer Überarbeitung unterzogen und leisteten nun 48 bis 60 kW. Die Bordspannung von 67 V wurde jedoch beibehalten. Auch an der Bewaffnung wurden Änderungen vorgenommen. Die Revolverkanonen entfielen bei allen Schiffen, dafür wurde die Zahl der 8,8 cm-Sk generell auf 10 erhöht. Die über Wasser befindlichen 35 cm-Torpedorohre wurden durch solche mit 45 cm Durchmesser ersetzt, lediglich das Bugrohr wurde mit dem kleineren Kaliber belassen, soweit dies überhaupt eingebaut war.
Der Umbau wurde seinerzeit positiv aufgenommen, auch trotz der relativ hohen Umbaukosten, die rund 2,3 Mio. Mark pro Schiff und damit mehr als ein Drittel der Neubaukosten betrugen. Zum Beginn der Umbauplanungen, noch vor der Verabschiedung des Ersten Flottengesetzes, besaß die Kaiserliche Marine mit den vier Einheiten der Brandenburg-Klasse nur wenige moderne Panzerschiffe. Die fünf Schiffe der Kaiser Friedrich-Klasse befanden sich erst im Bau. Eine Aufwertung der Siegfried-Klasse schien deshalb wünschenswert. Die acht Schiffe wurden durch den Umbau nicht zu vollwertigen Hochsee-Panzerschiffen, jedoch war ihre Verwendbarkeit durch die gesteigerte Reichweite weit weniger eingeschränkt als zuvor. Außerdem waren die Schiffe deutlich besser als geschlossener Verband einsetzbar. Obwohl sie 1899 nicht als Linienschiffe klassifiziert, sondern als Küstenpanzerschiffe geführt wurden, wurden als Ersatzbauten gemäß dem Zweiten Flottengesetz Linienschiffe bewilligt, ohne dass es dazu Bedenken gegeben hätte. Auch das mag ein weiteres Zeichen für den positiven Blick auf den Umbau sein. Wie auch die zeitgenössischen Linienschiffe wurde die Siegfried-Klasse jedoch bereits zwei Jahre nach dem Abschluss des Umbauprogramms durch den Stapellauf der HMS Dreadnought entwertet.
Einsatz
Die Schiffe der Siegfried-Klasse wurden in Friedenszeiten verschiedentlich in der Flotte eingesetzt. Während einige der Panzerschiffe über einen längeren Zeitpunkt hauptsächlich als Stammschiffe der Reserve-Divisionen der Nord- und Ostsee in Dienst waren, wurden andere vornehmlich zu den jährlich stattfindenden Herbstmanövern aktiviert und nach deren Abschluss wieder außer Dienst gestellt. Auslandsaufenthalte waren selten und fast immer Teil einer Übungsreise. Lediglich die Hagen wurde 1895 kurzzeitig nach Marokko entsandt. Der letzte Friedenseinsatz aller acht Küstenpanzerschiffe erfolgte vor und während der Herbstmanöver 1909, zu denen ein Großteil der in Reserve befindlichen Schiffe herangezogen wurde. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges faßte man die Siegfried-Klasse im VI. Geschwader unter dem Kommando von Richard Eckermann und später Herwarth Schmidt von Schwind zusammen. Der Verband blieb lediglich zu Übungen bis Mitte September 1914 geschlossen. Anschließend wurden die Schiffe auf die großen Flussmündungen in der Nordsee verteilt, wo sie im Vorposten- und Sicherungsdienst eingesetzt wurden. Das VI. Geschwader wurde am 31. August 1915 aufgelöst, die Schiffe mehrheitlich Mitte Januar 1916 außer Dienst gestellt. Lediglich die Beowulf verblieb bis zum Kriegsende im aktiven Dienst. Die anderen Schiffe wurden hauptsächlich als Wohnschiff für verschiedene Verbände genutzt. Mit Ausnahme der Odin wurden alle Einheiten der Siegfried-Klasse am 17. Juni 1919 aus der Liste der Kriegsschiffe gestrichen. Während die Marine fünf der Schiffe nach dem Krieg abwracken ließ, wurden Frithjof, Odin und Ägir durch den Hamburger Reeder Arnold Bernstein aufgekauft. Nach einem entsprechenden Umbau wurden alle drei für mehrere Jahre als Frachtschiffe eingesetzt.
Schiffe der Klasse
- SMS Siegfried: Stapellauf am 10. August 1889. Die erste Indienststellung erfolgte am 29. April 1890. Nach den nötigen umfangreicheren Probefahrten wurde das Schiff im Manövergeschwader eingesetzt. Am 18. März 1892 kam es zu einem schweren Unfall, als eines der Hauptdampfrohre platzte und mehrere Besatzungsmitglieder starke Verbrennungen erlitten, an denen fünf Mann starben. Von 1895 bis 1897 diente die inzwischen auf Ölfeuerung umgestellte Siegfried als aktives Stammschiff der Reserve-Division der Nordsee, in den Jahren 1899 bis 1901 wurde das Schiff hingegen lediglich zu den Herbstmanövern aktiviert. Von 1902 bis 1903 umgebaut, blieb die Siegfried mit Ausnahme der Herbstmanöver 1909 dauerhaft in Reserve. Im Ersten Weltkrieg wurde das Schiff bis Ende 1915 auf der Jade- und Wesermündung eingesetzt und am 14. Januar 1916 außer Dienst gestellt. Nach der Nutzung als Wohn- und Beischiff wurde die Siegfried 1920 in Kiel abgewrackt.
- SMS Beowulf: Stapellauf am 8. November 1890. Nach der Indienststellung am 1. April 1892 wurde das Schiff als Ersatz für die Siegfried dem Manövergeschwader zugeteilt. Von 1893 an gehörte die Beowulf zur Reserve-Division der Nordsee. In diesem Verband wurde das Schiff sieben Jahre lang eingesetzt, unterbrochen lediglich durch reparaturbedingte Werftaufenthalte 1894/95 und 1896/97. Von Frühjahr 1900 bis Mitte 1902 erfolgte der Umbau des Schiffes. Anschließend wurde die Beowulf zu Probefahrten 1902, in der Flotte in den Jahren 1903 bis 1904 und während der Herbstmanöver 1909 in Dienst gehalten. Im Ersten Weltkrieg wurde die Beowulf zunächst in der Nordsee eingesetzt, hielt sich jedoch von Mai bis September 1915 in der Ostsee auf. Bis zum März 1916 versah das Schiff den Küstenschutzdienst auf der Ems und diente dann für ein Jahr mit reduzierter Besatzung als Ziel- und Beischiff. 1918 wurde das Küstenpanzerschiff in der Ostsee eingesetzt, zunächst als Eisbrecher, während der Finnland-Intervention und in der zweiten Jahreshälfte als Flaggschiff des Befehlshabers der Baltischen Gewässer. Die Beowulf wurde 1921 in Danzig abgewrackt.
- SMS Frithjof: Stapellauf am 21. Juli 1891. Nach der ersten Indienststellung am 23. Februar 1893 wurde das Schiff vorübergehend im Manövergeschwader eingesetzt. Von 1893 bis 1995 in der Reserve-Division der Nordsee eingesetzt. 1896 erfolgte planmäßig lediglich der Einsatz während der Herbstmanöver. Ab November diente das Schiff jedoch wieder aktiv als Ersatz für die in Reparatur befindliche Beowulf und blieb bis ins Jahr 1900 als Stammschiff der Reserve-Division in Dienst. Nach dem vom Frühjahr 1902 bis zum September 1903 durchgeführten Umbau wurde die Frithjof zunächst im II. Geschwader, ab dem Herbst 1904 im neu gebildeten Reserve-Geschwader eingesetzt. 1905 bis 1907 wurde das Schiff zu Übungen im Verband der Schul- und Versuchsschiffe herangezogen und war auch an den Herbstmanövern beteiligt. Die aktive Friedenszeit endete nach den Manövern des Jahres 1909. Während des Ersten Weltkrieges war die Frithjof auf der Emsmündung im Vorpostendienst eingesetzt. Am 16. Januar 1916 wurde das Schiff außer Dienst gestellt und bis Kriegsende als Wohnschiff genutzt. 1923 wurde die Frithjof zum Motorfrachtschiff umgebaut, als solches bis 1930 eingesetzt und anschließend in Danzig abgewrackt.
- SMS Heimdall: Stapellauf am 27. Juli 1892. Die erste Indienststellung fand am 7. April 1894 statt. Von November 1894 gehörte das Schiff zur Reserve-Division der Ostsee. Bereits im Juli 1895 musste die Heimdall außer Dienst gestellt werden, da ihre Besatzung auf nach Marokko und Ostasien entsandten Schiffen benötigt wurde. Das Panzerschiff wurde zu den Herbstmanövern 1897, 1898 und 1900 herangezogen. Von 1901 bis 1902 erfolgte der Umbau des Schiffes, das 1902, 1903 und 1909 erneut zu den Manövern aktiviert wurde. Die restliche Zeit verbrachte die Heimdall außer Dienst befindlich in der Reserve. Während des Ersten Weltkrieg wurde das Schiff bis zum Juni 1915 auf der Jade- und der Wesermündung, anschließend bis zum Februar 1916 auf der Emsmündung im Vorpostendienst eingesetzt. Von der Außerdienststellung am 2. März 1916 bis zum Kriegsende als Wohnschiff genutzt, wurde die Heimdall 1921 in Rönnebeck abgewrackt.
- SMS Hildebrand: Stapellauf am 6. August 1892. Am 28. Oktober 1893 erstmals in Dienst gestellt, konnte das Schiff erst nach der Beseitigung von Baumängeln ab August 1894 in der Reserve-Division der Nordsee eingesetzt werden. Bis zum Herbst 1895 versah die Hildebrand den Dienst als Stammschiff der Reserve-Division, in den Jahren 1896, 1897 und 1899 wurde das Schiff lediglich zu den Herbstmanövern aktiviert, während der es als Divisions- beziehungsweise Geschwaderflaggschiff fungierte. Der Einsatz im Jahr 1900 erstreckte sich von März bis September. In den Jahren 1901 und 1902 erfolgte der Umbau des Schiffes, das anschließend Stammschiff der Reserve-Division der Ostsee, von September 1903 bis September 1904 als Flaggschiff des II. Geschwaders diente. Der letzte Friedenseinsatz erfolgte zu den Herbstmanövern 1909. Von Beginn des Ersten Weltkrieges bis zu dem Anfang Dezember 1914 aufgrund einer Grundberührung notwendig gewordenen Werftaufenthalt diente die Hildebrand als Flaggschiff des VI. Geschwaders. Das Schiff wurde hauptsächlich auf der Jade und später auf der Elbe im Vorpostendienst eingesetzt. Am 16. Januar 1916 erfolgte die Außerdienststellung der Hildebrand, die bis Kriegsende in Libau und Windau als Wohnschiff genutzt wurde. Während der Überführungsfahrt zur Abwrackwerft strandete das Schiff am 21. Dezember 1919 in einem Sturm vor Scheveningen. Das Wrack der Hildebrand wurde 1933 gesprengt.
- SMS Hagen: Stapellauf am 21. Oktober 1893. Nach der ersten Indienststellung am 2. Oktober 1894 wurde das Schiff der Reserve-Division der Ostsee zugeteilt. 1895 erfolgte ein Auslandseinsatz vor Tanger, um Forderungen des Deutschen Reiches gegenüber der marokkanischen Regierung durchzusetzen. Dies blieb der einzige derartige Einsatz eines Schiffes der Siegfried-Klasse. Die Hagen blieb bis 1897 Stammschiff der Reserve-Division. Durch eine schwere Kesselhavarie am 31. August 1897 kam es aufgrund des nötigen längeren Werftaufenthaltes zur Außerdienststellung des Schiffes. Vom Mai 1899 an wurde das Panzerschiff als erstes seiner Klasse dem Umbau unterzogen. Anfang Oktober 1900 war die Hagen wieder einsatzbereit und gehörte nach umfangreichen Probefahrten wieder zur Reserve-Division der Ostsee. Ende Januar 1901 nahm das Panzerschiff an der Trauerflottenparade anlässlich des Todes von Königin Viktoria teil. Im Oktober und November kam es an Bord des Schiffes zu bis 1918 in der Kaiserlichen Marine seltenen, mit Sachbeschädigungen verbundenen Insubordinationen. Die Hagen blieb bis zum Ende der Herbstmanöver des Jahres 1903 in Dienst und wurde lediglich zu den Manövern im Jahr 1909 nochmals in Friedenszeiten aktiviert. Während des Ersten Weltkrieges versah das Schiff den Vorpostendienst auf der Jade- und Wesermündung, vorübergehend auch auf der Ems. Es hatte einen wesentlichen Anteil an der Rettung von 381 Besatzungsmitgliedern des am 4. November 1914 untergegangenen Großen Kreuzers SMS Yorck. Am 10. September 1915 erfolgte die Außerdienststellung des Schiffs, das anschließend bis Kriegsende zunächst in Libau, später in Warnemünde als Wohnschiff diente. Die Hagen wurde nach dem Krieg in den Niederlanden abgewrackt.
- SMS Odin: Stapellauf am 3. November 1894. Die erste Indienststellung erfolgte am 22. September 1896. Nach Abschluss der Probefahrten wurde das der Reserve-Division der Ostsee zugeteilte Schiff wieder außer Dienst gestellt. Vom Juli 1898 bis zum September 1901 diente die Odin als aktives Stammschiff der Reserve-Division. In dieser Zeit nahm das Schiff unter anderem an Versuchen mit der drahtlosen Telegraphie teil. Der Umbau des Panzerschiffes erfolgte in den Jahren 1902 und 1903. Von Oktober 1903 an gehörte die Odin für ein Jahr zum II. Geschwader. Der letzte Friedenseinsatz erfolgte während der Herbstmanöver im Jahr 1909. Während des Ersten Weltkrieges wurde das Schiff im Vorpostendienst auf der Jade- und Wesermündung, später auf der Elbmündung eingesetzt. Nach der am 16. Januar 1916 erfolgten Außerdienststellung diente die Odin bis Kriegsende als Wohnschiff in Wilhelmshaven. Im Jahr 1919 wurde es als Wohn- und Beischiff für die IV. Nordsee-Minensuchflottille eingesetzt und dafür von März bis Oktober letztmals offiziell in Dienst gestellt. Nach der am 6. Dezember 1919 erfolgten Streichung aus der Liste der Kriegsschiffe wurde die Odin durch Arnold Bernstein angekauft und 1922 in Rüstringen zum Motorfrachtschiff umgebaut. Als solches wurde es bis 1935 eingesetzt und schließlich abgewrackt.
- SMS Ägir: Stapellauf am 3. April 1895. Das Schiff wurde am 15. Oktober 1896 als letztes der Siegfried-Klasse in Dienst gestellt. Von 1897 an gehörte die Ägir zur Reserve-Division der Ostsee. Während der Herbstmanöver 1898 wurde das Schiff als Flaggschiff des II. Geschwaders eingesetzt. Im April und Mai 1899 gehörte das Panzerschiff zum I. Geschwader und nahm mit diesem an einer Reise nach England und Portugal teil. Von September 1900 bis Juli 1901 lag die Ägir in der Reserve, um anschließend nochmals für ein Jahr eingesetzt zu werden. Von Februar 1903 bis September 1904 erfolgte der Umbau des Schiffs. Anschließend wurde die Ägir bis zum September 1909 durchgängig als aktives Schiff des aus den Einheiten der Siegfried-Klasse bestehenden Reservegeschwaders verwendet. Während des Ersten Weltkrieges diente das Panzerschiff im Vorpostendienst auf der Jade- und Wesermündung. Vom 13. Dezember 1914 bis zur Auflösung des Verbandes am 31. August 1915 übernahm die Ägir die Funktion des Flaggschiffs des VI. Geschwaders. Am 14. Januar 1916 erfolgte die Außerdienststellung des Schiffes, das in der Folge desarmiert wurde. Nach Kriegsende kaufte Arnold Bernstein die Ägir an und ließ sie 1922 zum Lokomotiv-Transportschiff umbauen. Das Schiff strandete am 8. Dezember 1929 vor Gotland.
Literatur
- Gröner, Erich / Dieter Jung / Martin Maass: Panzerschiffe, Linienschiffe, Schlachtschiffe, Flugzeugträger, Kreuzer, Kanonenboote. Bernard & Graefe Verlag, München 1982. (Die deutschen Kriegsschiffe 1815-1945. Bd. 1). ISBN 3-7637-4800-8
- Hildebrand, Hans H. / Albert Röhr / Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Biographien - ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. 10 Bände. Mundus Verlag, Ratingen o. J.
Anmerkungen
- ↑ E. H. H. Archibald schreibt dazu: „By 1890 many people thought that the development of the tordedo and the torpedo-boat had rendered the battleship obsolete.“ (Archibald, E. H. H.: The Metal Fighting Ship in the Royal Navy 1860–1970. Blandford Press, London 1971 (S. 51). ISBN 0-7137-0551-5)