Krieg ist ein militärisch ausgetragener Konflikt zwischen Staaten und/oder planmäßig vorgehenden, bewaffneten nichtstaatlichen Kollektiven. Seine Formen sind vielfältig und nicht unbedingt an Staatssysteme gebunden: Er kann z.B. als Bürgerkrieg, Unabhängigkeitskrieg oder bewaffneter Konflikt auch innerhalb von Staaten stattfinden, zum Weltkrieg oder zum Völkermord werden.

Begriff
Das Wort "Krieg" bedeutet ursprünglich „Hartnäckigkeit“, „Anstrengung“, „Streit“. Das Verb „kriegen“ heißt einerseits „Krieg führen“, andererseits „bekommen, erhalten“: Dies kann Herkunft und Charakter dieser kollektiven Gewaltanwendung anzeigen. Auch wo andere Kriegsanlässe im Vordergrund stehen, fehlt selten ein ökonomischer Hintergrund.
Während individuelles oder kollektives Rauben und Töten von Menschen heute generell als Verbrechen gilt und in einem Rechtsstaat strafbar ist, gilt „Krieg“ nicht als gewöhnliche Kriminalität. Kollektive, die selbst als Kriegspartei agieren, beurteilen ihre eigene Gewalt immer als notwendig und gerechtfertigt. Die zivilisatorische Gewaltbegrenzung auf die staatliche Exekutive, wie sie der Rechtsstaat als Regelfall voraussetzt, kann im Krieg partiell oder ganz aufgehoben werden. Diese organisierte Form der Kollektivgewalt bedarf also einer Legitimation. Krieg als Staatsaktion erfordert daher ein Kriegsrecht im Innern eines Staates sowie ein Kriegsvölkerrecht zur Regelung zwischenstaatlicher Beziehungen. Dieses unterscheidet vor allem Angriffs- von Verteidigungskrieg.
Typen
Kriege lassen sich in verschiedene Grundtypen einordnen:
Ein zwischenstaatlicher Krieg findet in der Regel zwischen zwei oder mehreren Staaten statt. Dazu gehört der Koalitionskrieg: Mehrere Staaten verbinden sich zu einer gemeinsam agierenden Kriegspartei. Ist ein Land bereits besetzt und seine Regierung entmachtet, kann der Kampf zwischen Staaten als Partisanen- oder Guerrillakrieg zwischen Bevölkerung und feindlicher Staatsarmee fortgesetzt werden: Nichtreguläre Streitkräfte kämpfen militärisch gegen die Armee einer Besatzungsmacht.
In einem Bürgerkrieg dagegen kämpfen verschiedene Gruppen innerhalb eines Staates, teilweise auch über Staatsgrenzen hinweg, aber nicht staatlich organisiert . Auch dieser kann mit nichtregulären Streitkräften, "Privatarmeen" und/oder Söldnern gegen die Armee der eigenen Staatsregierung geführt werden.
In einem Unabhängigkeitskrieg kämpft ein Volk um einen eigenen Staat: z.B. als Dekolonisationskrieg gegen eine Kolonialmacht, als Sezessionskrieg für die Loslösung eines Teilgebiets vom Staatsverband oder als Krieg um Autonomie für eine regionale Autonomie innerhalb eines Staates. Bei diesen Arten handelt es sich oft um die Folge eines Nationalitätenkonflikts.
Diese Typologie ist nicht eindeutig, da real zahlreiche Misch- und Übergangsformen vorkommen. Der heutige „Krieg gegen den Terror“, den die USA nach den Anschlägen vom 11.9.2001 ausgerufen haben, ist darin kein Sonderfall. Er lässt sich weder als zwischenstaatlicher Krieg noch als Bürgerkrieg einordnen, sondern gilt als asymmetrischer Konflikt: Eine Staatenkoalition (Koalitionskrieg) kämpft gegen eine als weltweite Kriegspartei auftretende terroristische Gruppierung (Partisanen- oder Guerillakrieg, wobei die Eigensicht - Kriegspartei - der Außensicht - Gruppenkriminalität - widerspricht). Dabei verfolgen beide Parteien auf strategischer, taktischer und operativer Ebene unverkennbar bestimmte Ziele: politische Hegemonie, ideologische Vorherrschaft, wirtschaftliche Vorteile.
Bandenkrieg, Wirtschaftskrieg u.a. sind keine Kriege gemäß der Definition, sondern übertragene Begriffe, die hier nicht behandelt werden.
Verlaufsschema
Kriege werden innerhalb eines Kollektivs immer auf drei Ebenen mit unterschiedlicher Entscheidungsgewalt organisiert:
- die strategische Ebene: Hier wird entschieden, ob, warum und wozu ein Krieg geführt wird. Strategische Entscheidungen werden meist von führenden Politikern oder den ranghöchsten Militärpersonen eines Kollektivs getroffen.
- die taktische Ebene: Hier wird entschieden, wie der Krieg geführt wird. Diese Entscheidungen werden meist von Personen getroffen, die innerhalb des Kollektivs militärische Führungskompetenz erworben haben.
- die operative Ebene: Hier sollen Personen die innerhalb der übergeordneten Ebenen getroffenen Entscheidungen ausführen. Die meisten Kriegsteilnehmer agieren auf dieser Ebene.
Der allgemeine Ablauf einer Kriegsentscheidung kann in vier Phasen eingeteilt werden, die sich im Krieg wie ein Kreislauf ständig wiederholen:
- Orientierung: Das kriegerische Kollektiv sucht im Gebiet seines (potentiellen) Gegnerkollektivs oder seiner Gegner nach möglichen Angriffszielen.
- Observierung: Das nähere Umfeld eines ausgewählten Kriegsziels wird auf Verteidigungsmaßnahmen des Gegnerkollektivs hin untersucht.
- Entscheidung: Das kriegerische Kollektiv trifft aufgrund der gewonnenen Informationen eine Entscheidung darüber, ob ein Angriff erfolgt oder nicht.
- Handlung: Das kriegerische Kollektiv führt nach getroffener Entscheidung einen Angriff auf seinen Gegner durch.
Das kriegerische Kollektiv, das diesen Kreislauf - auch OOEH-Schema genannt - ungestört durchführen kann, ist in der Offensive. Ein Kollektiv, das selber nicht zu einem vollständigen OOEH-Entscheidungskreislauf in der Lage ist, versucht diesen bei seinem Gegner mit Hilfe von geeigneten Verteidigungsmaßnahmen zu unterbrechen. Es befindet sich also in der Defensive.
Hauptursachen
Beim Krieg sind die vordergründigen Kriegsanlässe von den tieferen Kriegsursachen zu unterscheiden. Die meisten Kriege lassen sich auf einige Hauptursachen zurückführen. Dazu gehören vor allem:
- wirtschaftliche Vorteile, Ressourcenmangel
- politisches und/oder ideologisches Hegemoniestreben
- drohender Verlust von Einfluss in besetzten bzw. annektierten Gebieten
- mangelnde Wehrhaftigkeit gegenüber möglichen Angreifern, die diese zum Krieg einladen (passive Kehrseite von aktivem Hegemoniestreben)
- ethnische Konflikte
- Nationalismus
- religiöser Fanatismus, Dogmatismus oder auf Krieg basierende Rituale in verschiedenen Religionskriegen (z.B. Dschihad im Islam, Kreuzzüge im Christentum, „Blumenkriege“ der Azteken)
- Ablenkung von innenpolitischen Missständen, um Bevölkerung und Staatsführung zusammenzuschweißen
- struktureller Militarismus, also die Abhängigkeit einer Wirtschaftsordnung vom Kriegführen zwecks Absatz militärischer Produkte.
Krieg ist jedoch selten monokausal zu erklären: Viele der hier genannten ökonomischen, politischen, ideologischen, religiösen und kulturellen Kriegsgründe spielen in der Realität zusammen, bedingen sich gegenseitig und gehen ineinander über. Darum lässt sich der Kriegsbegriff auch nicht auf militärische Aggressionshandlungen einengen. Diese durchlaufen fast immer eine Vorbereitungsphase: Krieg beginnt in der Regel im "Frieden". Wirklicher Frieden ist also mehr als die Abwesenheit von Krieg.
Geschichte
Antike und europäisches Mittelalter
Raubkriege begleiten die menschliche Kulturgeschichte seit jeher. Für vorstaatliche Stammesgesellschaften war ein bewaffneter Raubzug oft Mittel des Überlebens und Machterwerbs zugleich. Die Frühzeit dieser Stammesfehden entsprach in etwa dem, was heute als Bewaffneter Konflikt gilt: Kleinere lokale Gruppen bekämpften sich in oft spontaner, ungeplanter Form und mit ständig wechselnden Allianzen.
Erst mit dem Aufkommen von staatsähnlichen Gebilden, die in der Antike fast immer Monarchien waren, entstanden speziell zum Kämpfen abgestellte Heere. Die Machthaber bedienten sich der Heere in Konflikten, die von ihnen als persönliches Duell verstandne wurden.
Antike Großreiche entstanden oft aus organisierten Raubzügen. Sie stellten die eroberten Gebiete unter Tributzwang, Versklavten oder Exilierung Teile der Bevölkerung. Sie setzten militärische Siege in eine dauerhafte Herrschaft um.
Die herrschenden Oberschichten der Zeit sahen den Krieg als Normalzustand an. Der darauf folgende Friede bedurfte besonderer Vertragsschlüsse. Im Griechenland des 4. vorchristlichen Jahrhunderts gab es dagegen mehrere Versuche durch die Idee des Allgemeinen Friedens eine dauerhafte Friedensordnung zu begründen.
Das römische Reich besetzte und die eroberten Gebiete und versuchte sie ökonomisch auszubeuten. Der Friede war brüchig. Die Pax Romana der römischen Kaiserzeit beruhte auf ständiger militärischer Präsenz.
Die Herrscher Europas traten das Erbe des antiken Imperialismus an. Kriege und Bürgerkriege stellten weiterhin einen Normalzustand dar. Dabei durchlief die Kriegsführung unterschiedliche Phasen. Die Waffentechnologie entwickelte sich dort am ehesten weiter, wo Herrscher über Mittel und Absichten zum Krieg verfügten.
Im Gefolge der Reformation zerfiel die relativ stabile Einheit des Mittelalters, das Heilige Römische Reich unter Führung von Kaiser und Papst. Die Verbindung von konfessionellen und machtpolitischen Gegensätzen führte schließlich zum Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Dabei gingen angekündete Feldschlachten oft mit Raubzügen, Plünderungen und Massakern an der Zivilbevölkerung einher. Im Verlauf starb etwa ein Drittel der mitteleuropäischen Bevölkerung, sei es durch unmittelbare Kriegswirkungen, sei es durch Kriegsfolgen wie Missernten und eingeschleppte Seuchen.
Diese Geschehnisse bewirkten einen Gesinnungswandel. Der Westfälische Frieden 1648 brachte zum ersten Mal das Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten in die Diskussion. Der Krieg entwertete den Anspruch, religiöse Standpunkte mit Waffengewalt durchzusetzen. Der Westfälische Friede leitete in Europa die Trennung von Politik und Religion ein.
Die darauf folgende vergleichsweise friedliche Periode begünstigte die Aufklärung. Aus der Idee der allgemeinen Menschenrechte entwickelte sich die Idee des gehegten Krieges im zivilen Rahmen. Hatte seit Augustinus von Hippo die kirchliche Lehre vom gerechten Krieg die Kriterien zur Legitimation geliefert, so übernahmen dies nun aufgeklärte Juristen wie Hugo Grotius. Machthaber folgten den Kriterien vor allem aus pragmatischen und finanziellen Gründen. Frieden als Ziel der Politik wurde denkbar und streckenweise auch erreicht: etwa in der Epoche nach dem Wiener Kongress 1815.
Die moderne Form des Krieges setzte Nationalstaaten voraus, die über ein Steueraufkommen und Militärbudget verfügen und damit eine stehende Armee aufstellen können. Die Entwicklung führte zu immer größeren Armeen mit immer stärkeren Waffen und entsprechend höheren Opferzahlen.
Im 19. Jahrhundert finden sich auch erste Ansätze zur Begrenzung und Regulierung von bewaffneten Konflikten, die sich als modernes Völkerrecht etablierten. Daraus abgeleitet wurde auch das kodifizierte Kriegsrecht und das Kriegsvölkerrecht (siehe hier). Seine bedeutendsten Errungenschaften vor 1914 waren:
- die Genfer Konvention von 1864, die vor allem die humane Versorgung von Kriegsopfern vorsah;
- die Haager Landkriegsordnung von 1907, die erstmals strikt zwischen Zivilisten und Kombattanten trennte und in Artikel 22 den revolutionären Satz festschrieb ([1]): „Die Staaten haben kein unbegrenztes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes.“
Die Kriegsgründe blieben bei dieser Kodifizierung des Kriegsverlaufs ausgeklammert, und die Wahl der Mittel wurde ebenfalls noch nicht verbindlich geregelt.
Das Zeitalter der Weltkriege
Im Ersten Weltkrieg führte der Einsatz von Panzern, U-Booten, Giftgas sowie die totale Kriegswirtschaft zu einem neuen Gesicht des Krieges. Feld- und Seeschlachten forderten Millionen Todesopfer und Abermillionen von Schwerverletzten.
Die bisherige europäische Bündnis-, Gleichgewichts- und Vertragspolitik mit ihrer Doppelstrategie von Hochrüstung und Diplomatie war nicht zuletzt am Konkurrenzkampf um Kolonien gescheitert. Darum wurde vor allem auf Initiative des US-präsidenten Woodrow Wilson nach 1918 versucht, eine internationale Konfliktregelung zu institutionalisieren. Die Gründung des Völkerbunds stellte den Frieden als gemeinsames Ziel der Staaten heraus und gab dem Völkerrecht eine organisatorische Basis.
Der Briand-Kellogg-Pakt zur Ächtung des Angriffskrieges war ein weiterer Schritt, um nicht nur den Kriegsverlauf, sondern die Staatssouveränität bei der Entscheidung zum Krieg zu begrenzen und den Verteidigungskrieg international akzeptierten Kriterien zu unterwerfen.
Angesichts der neuen Kriegsqualität, die die Massenvernichtungsmittel bedeuteten, wurde ferner versucht, bestimmte als unnötig grausam verstandene Waffen zu ächten und zu verbieten. Dies gelang bis 1939 jedoch noch nicht, obwohl die prinzipielle juristische Handhabe dafür mit der Haager Landkriegsordnung gegeben war.
Der Aufstieg des Nationalsozialismus beendete diese Bemühungen. Systematisch ignorierte Adolf Hitler von 1933 bis 1939 die völkerrechtlichen Obligationen Deutschlands und bereitete seinen Eroberungs- und Vernichtungskrieg vor. Die Appeasement-Politik Großbritanniens scheiterte 1938 mit der deutschen Besetzung der Tschechei. Der Weg in den 2. Weltkrieg war damit frei.
Dieser begann wie der erste als konventioneller Krieg, wurde aber rasch und unaufhaltsam zum „totalen“ Krieg. Staatlich gelenkte Kriegswirtschaft, Kriegsrecht, allgemeine Wehrpflicht und Propagandaschlachten an der Heimatfront bezogen die Völker ganz und gar in die Kampfhandlungen ein. Die Mobilisierung aller nationalen Reserven für Kriegszwecke hob die Unterscheidung zwischen beteiligten Zivilisten und Kombattanten auf. Die Kriegsführung ignorierte das Völkerrecht.
So kam es im Kriegsverlauf
- zum Bombenkrieg gegen dicht besiedelte Gebiete, erstmals durch deutsche Bomber im spanischen Bürgerkrieg (Guernica) 1937, dann durch deutsche Terrorangriffe auf englische Städte, dann auch durch die englisch-amerikanischen Flächenbombardements deutscher Städte,
- zur Verbindung von territorialer Eroberung und industrieller Massenvernichtung vor allem an Juden und Slawen im deutschen Russlandfeldzug, wobei deutsche Wehrmacht und SS zusammenwirkten,
- zur organisierten Massenvernichtung durch Arbeit und Nahrungsmangel in deutschen, aber nach 1945 auch in russischen Kriegsgefangenlagern,
- zur Strategie der „verbrannten Erde“, die die Deutschen erst im Partisanenkrieg in Osteuropa, dann im Rückzug auch im eigenen Land anwandten,
- zu Massenselbsttötungen in Deutschland und Japan (Kamikazeflieger)
- und schließlich zu den amerikanischen Atombombenabwürfen auf Hiroshima am 6. August und Nagasaki am 9. August 1945.
Die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse schufen den neuen Straftatsbestand des „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“: dies war der erste Versuch, überhaupt Menschen nach dem Völkerrecht wegen ihrer Kriegsverbrechen zu beurteilen.
UNO und Kalter Krieg
Die ungeheure Steigerung der Vernichtungskapazitäten und Verselbstständigung der Kriegführung verstärkte nach 1945 die Bemühungen, Kriege generell zu vermeiden. In Europa, besonders in Deutschland herrschte bei weiten Teilen der Zivilbevölkerung die Einstellung vor: Nie wieder Krieg!
Erneut wirkten nun vor allem die USA auf die Einrichtung einer Weltorganisation zur diplomatischen Konfliktlösung und Kriegsverhütung hin: die UNO. Die Erfahrung der Ohnmacht des Völkerrechts in den Weltkriegen fand ihren Niederschlag in ihrer Charta, hier vor allem in Kapitel II, Absatz 4:
- Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.
Dies verbot erstmals allgemeinverbindlich jeden Angriffskrieg und jede militärische Erpressung. Die Charta bekräftigt das Prinzip der Nichteinmischung und das natürliche Recht zur Selbstverteidigung im Fall eines feindlichen Angriffs. Sie verpflichtet alle Mitglieder zu gemeinsamen friedenserhaltenden oder wiederherstellenden Maßnahmen und machte diese von einem Mandat des UN-Sicherheitsrats abhängig. Dabei stand auch die Sorge vor einem neuen weltumspannenden Konflikt Pate, die durch den Zerfall der Anti-Hitler-Koalition bereits auf der Konferenz von Potsdam im Juli 1945 am Horizont auftauchte.
Auch die Bemühungen zur Ächtung bestimmter Waffengattungen wurden seit 1945 verstärkt. Doch während das Verbot von B- und C-Waffen weithin akzeptiert wurde, misslang das universale Verbot der Atomwaffen. Bis 1949 besaßen die USA das Atommonopol; bis 1954 erreichte die Sowjetunion ein strategisches „Atompatt“, das vor allem auf der Bereithaltung von Wasserstoffbomben und Fernlenkwaffen beruhte. Beide weltpolitischen Kontrahenten waren von nun an zum atomaren Zweitschlag mit unkalkulierbaren Folgen im Feindesland fähig.
Seit dem Beinahe-Zusammenstoß der Supermächte in der Kubakrise von 1962 wurden ergänzend aber erste Schritte zur gemeinsamen Rüstungskontrolle gemacht. Die KSZE wurde 1973 eingerichtet und erlaubte den Europäern gewisse eigenständige Abrüstungsinitiativen mit der Sowjetunion. Hinzu kam die seit 1979 wachsende Friedensbewegung, die den innenpolitischen Druck zu Abrüstungsvereinbarungen vor allem in Westeuropa und den USA verstärkte. Mit Gorbatschows Angeboten gelang 1986 in Reykjavik ein Durchbruch zum vollständigen Rückzug aller Mittelstreckenraketen aus Europa, der eine Reihe Folgeverträge nach sich zog.
Unterhalb der Atomkriegsschwelle fanden jedoch zwischen 1945 und 1990 laufend sogenannte konventionelle Kriege vor allem in Ländern der so genannten Dritten Welt statt. Eine Reihe davon waren Stellvertreterkriege, z.B. der Koreakrieg (1950 bis 1953), der Vietnamkrieg (1964-1975) sowie zahlreiche Konflikte in Afrika und Lateinamerika. Dort verhinderte der Blockgegensatz des Kalten Krieges und das gegenseitige Abstecken von Einflusszonen der Supermächte häufig regionale Konfliktlösungen und begünstigte verlängerte Bürgerkriege mit vom Ausland finanzierten Guerillakämpfern.
Tendenzen seit 1990
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 endete der Kalte Krieg vorläufig. Entgegen vielfachen Erwartungen löste ihn jedoch keine Ära der allgemeinen Abrüstung und friedlichen Konfliktlösung ab. Zwar hat sich die Gesamtzahl der Kriege eines Zeitabschnitts (nämlich?) seit 1992 halbiert; jedoch kam es zu neuen „heißen“ Kriegen, die nun auch im Westen zunehmend wieder als erlaubtes Mittel zum Erreichen politischer Ziele angesehen werden.
Die UNO nahm ihre kriegsvermeidende Rolle nicht immer wahr, sondern legitimierte einige militärische Eingriffe, die zuvor als illegale Angriffskrieg galten. Sie wurden nun als legitime Mittel zur Durchsetzung von Menschenrechten oder als Prävention gegen tatsächliche oder vermutete Rüstungspläne und Angriffsabsichten des Gegners begründet und notfalls auch ohne UN-Mandat geführt. Durch dieses Schaffen neuer Fakten veränderte sich die Auslegung des geltenden Völkerrechts: Das Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten wird immer öfter aufgegeben.
Offenbar wird – zumindest in der westlichen Welt – die Vorstellung von Krieg als Kampf „Staat gegen Staat“ oder „Volk gegen Volk“ allmählich abgelöst von der Idee, dass Kriege eine Art Polizeiaktion der Weltgemeinschaft gegen aus den Regeln ausscherende Mitglieder sind oder sein sollten. Dabei besteht jedoch über die Auslegung der Regelverletzung, die einen Krieg rechtfertigen kann, bisher in der UNO keine Einigkeit. Das dort bisher zur Feststellung legitimer Selbstverteidigung gültige Verfahren im UN-Sicherheitsrat wurde zuletzt 2003 von der einzigen verbliebenen Supermacht, den USA, unterlaufen und missachtet. Damit wurde die Allgemeingültigkeit des Völkerrechts erneut in Frage gestellt.
Die Unzulänglichkeit der bisherigen völkerrechtlichen Kriterien, Entscheidungs- und Kontrollmechanismen wird zunehmend erkannt: etwa gegenüber ethnischen Völkermorden ohne offenkundige staatliche Lenkung, neueren asymetrischen Konflikten; sich auflösenden oder mit Privatarmeen verbindenden Staatsgebilden, der Strategie der „preemptive strikes“ (vorbeugenden Entwaffnung) und dem internationalen Waffenhandel. So hat die UNO bisher weder die Überprüfung der tatsächlichen Kriegsgründe noch die Kontrolle der Waffentechnologie noch die Einhaltung von Abkommen zur Ächtung und Nichtverbreitung von ABC-Waffen wirksam geleistet.
Ferner wurde mit der neueren Legitimation von Angriffskriegen ein neues Wettrüsten eingeleitet. Dabei wird seitens der USA und anderer Staaten wie Nordkorea oder der Volksrepublik China auch der Ersteinsatz von Atomwaffen eingeplant und vorbereitet. In Russland ist ebenfalls eine neue Hinwendung zur auch atomaren Hochrüstung zu verzeichnen. Die Schwelle zum Atomkrieg wurde mit sogenannten „mini nukes“ und „smart bombs“, die sich selbst in einprogrammierte Ziele lenken könnnen, deutlich gesenkt.
Krieg und Politik
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bestimmt im Artikel 26 (1): „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“
Seit der Neuzeit wird Krieg eng mit der Politik souveräner Nationalstaaten verknüpft, die innenpolitisch über ein Gewaltmonopol verfügen. Der preußische Militärtheoretiker Clausewitz sah Krieg als „Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“. Weil diese Gewalt von einem souveränen Staatswesen ausgeht, definierte er sie als „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“: „So sehen wir also, dass der Krieg nicht bloß ein politischer Akt, sondern ein wahres politisches Instrument ist, eine Fortsetzung des politischen Verkehrs, ein Durchführen desselben mit anderen Mitteln. Was dem Kriege nun noch eigentümlich bleibt, bezieht sich bloß auf die eigentümliche Natur seiner Mittel.“
Eine politische Orientierung, die Krieg für natürlich, unvermeidbar, sogar fortschrittsfördernd hält und Rüstungsanstrengungen prinzipiell bejaht, nennt man Militarismus. Der griechische Philosoph Heraklit drückt diese Haltung mit dem geflügelten Wort aus: „Krieg ist der Vater aller Dinge.“
Die entgegengesetzte Haltung will Kriege nicht nur vermeiden, sondern langfristig als Mittel der Konfliktaustragung ausschließen, abschaffen und überflüssig machen: Der Pazifismus (von Lateinisch pacem facere: „Frieden schaffen“). Für ihn ist Krieg „eine Geißel der Menschheit“ (UNO-Charta).
Zwischen diesen Polen bewegt sich die so genannte „Realpolitik“ des Großteils aller Staaten, die militärische Gewalt als ultima ratio – „letztes Mittel“ – nie ganz ausschließt und von Fall zu Fall als unvermeidlich anwendet. Dabei ist in heutigen westlichen Gesellschaften vor, in und nach einem Krieg meist heftig umstritten, ob und wann dieses Mittel tatsächlich das letzte, der Krieg also wirklich unvermeidbar war und ist.
Auslöser
Hierzu werden mitunter kriegsauslösende Einzeltaten inszeniert (Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg) oder wirtschaftliche Konflikte provoziert (Zoll, Patentrecht, Einfuhrbeschränkungen). Da sowohl Attentate als auch Terrorakte die moralische Rechtfertigung für einen Krieg bilden können, kommt der Inszienierung eines Krieges oft höhere Bedeutung zu, als der späteren Durchführung. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass Kriegsführung neben logistischen und humanitären Gesichtspunkten vor allem ökonomische Zwänge birgt.
Besondere regierungspolitische Motive
In ärmeren Ländern dienen Kriege oft innenpolitischem Kalkül. Dabei rechnet die Regierung eines solchen Landes damit, dass das Volk durch das durch den Krieg erzeugte Härteklima mit unmittelbaren Lebensfunktionen wie Nahrung, Kleidung, Wohnung so beschäftigt ist, dass es keine Zeit mehr hat, sich Themen wie Regierung, Politik oder Wirtschaft zu widmen. Eine Regierung kann so versuchen, Kritik zu unterdrücken.
Wohlstandsnationen führen Kriege meist abseits der eigenen Heimat. Eine drastische Einengung der Lebensgrundlage ist in diesen, eher höher gebildeten Bevölkerungen meist nicht vermittelbar und würde nicht breit akzeptiert. Dennoch wird in der Heimat eine „psychologische Militarisierung“ auf das gesamte Volk übertragen, welche auf Patriotismus und Duldung der Beschneidung von Grundrechten, beispielsweise im Wege der Terrorismusbekämpfung, abzielen.
In beiden Fällen handelt es sich um eine Art Flucht nach vorn, im Zusammenhang mit bereits unabhängig vom Krieg bestehenden Strukturproblemen im eigenen Land beziehungsweise drohendem Machtverlust der Regierung. Der Krieg kann als Rechtfertigung für unterschiedliche Einschränkungen (zum Beispiel der Menschenrechte oder der Sozialversorgung) verwendet werden.
Da eine Bevölkerung sich zumeist in relativer Akzeptanz mit ihrer Regierung befindet (gestützt durch staatlich gelenkte Medien oder durch echte Akzeptanz von aggressiven Expansionsabsichten beziehungsweise durch stillschweigendes Erdulden der Staatsführung), stellt die Wechselwirkung zwischen der Volksmeinung einerseits und der Legitimation einer Regierung Krieg zu führen andererseits, ein besonders wichtiges Instrument der Militarisierung im Vorfeld der Kriegsführung dar.
Ausnahmezustand
Zu diesen kleinen Kriegen zählen Krawalle, Aufstände, der Staatsstreich, Bürgerkriege usw. Sie bilden die überwältigende Mehrzahl aller Kriege; die „regulären“ Kriege zwischen Staaten und regulären Truppen demgegenüber die Ausnahme. Einige Autoren (Agamben, Hardt und Negri) hinterfragen diese Ansicht mittlerweile, so werde Ausnahmezustand zum Normalzustand zu erklärt:
- Aktionen, die man früher in einem Krieg durchführte, werden nun als so genannte „Polizeimaßnahmen“ durchgeführt
- Die Bekämpfung des Terrorismus steht in einem Spannungsverhältniss zu Demokratie, etwa durch die Beschneidung von bürgerlichen Freiheiten.
Die Politik sehe Krieg nicht mehr als letztes Mittel, sondern als Werkzeug zur Kontrolle und Disziplinierung.
Ressourceneinsatz
Wegen der extremen Belastung, die der Krieg den beteiligten Parteien auferlegt, ist eine positiv gestimmte eigene Öffentlichkeit für eine kriegführende Institution oder Nation von kriegsentscheidender Bedeutung.
Militärstrategie
Die militärische Strategie ist der Plan, um den Zweck des Krieges zu erreichen. Zweck des Krieges ist nach Clausewitz immer der Friede, in dem die eigenen Interessen dauerhaft gesichert sind.
Militärische Strategien ändern sich mit der Waffenentwicklung. In der Geschichte wurden häufig dominante Mächte zurückgeworfen, weil neuere, wirksamere Waffen entwickelt wurden. Aber auch ohne Neuentwicklung von Waffen können bessere strategische Planungen einen Krieg entscheiden, u. U. auch aus der Unterlegenheit heraus.
In der Militärstrategie geht es immer darum, durch geschickte räumliche und zeitliche Anordnung der Gefechtssituationen den Erfolg herbeizuführen. Als Krönung gilt es allgemein, wenn man ohne einen Kampf den Sieg davonträgt. Kriegslisten sind daher ein wesentliches Element des Krieges. Die wohl berühmteste Kriegslist der Geschichte ist die des trojanischen Pferdes.
Militärstrategie lässt sich nach Edward Luttwak in zwei Dimensionen aufspannen. Einer Horizontalen und einer Vertikaklen. Die Horizontale Ebene entspricht der temporären Abfolge jeder strategischen Operation inklusive Clausewitzs Kulminationspunkt. Die Vertikale Dimension gliedert sich in mehrere Ebenen. Die unterste ist die technische Ebene, diese umfasst die Effektivität, als auch die Kosten von Waffensystemen, und damit auch der Ausbildungsstand und Leistungsfähigkeit der einzelnen Soldaten. Als nächstes folgt die taktische Ebene. Sie umfasst die untere Militärische Führung also alles bis Batallions oder Brigadeebene, sowie die Moral der Truppe und beinhaltet vor allem die Geländeausnutzung. Als nächstes folgt die operative Ebene. In dieser findet sich die militärische Strategie von Divisionsebene und aufwärts. Hier werden größere militärische Manöver unter anderen Gesichtspunkten wie in der taktischen Ebene geplant und ausgeführt. Hier entscheiden weniger das Gelände als beispielsweise die zur verfügungstehenden Ressourcen inklusive die Einbeziehung wirtschaftlicher Kapazität. Als oberste Ebene gilt die Gefechtsfeldstrategie. In ihr entscheiden einzig und alleine die politischen Ziele und Eigenheiten der kriegführenden Parteien. Auf einem Kriegsschauplatz wird die Strategie im Rahmen von Feldzügen durch Operationen umgesetzt. Für Operationen werden Weisungen und Operationspläne erstellt, die die übergeordneten strategischen Ziele in praktische, militärische Aufträge und Handeln umsetzen.
Zu den berühmtesten strategischen Denkern gehören Sun Tzu (Die Kunst des Krieges) und Carl von Clausewitz (Vom Kriege).
Ethische Aspekte
Wirkungen
Jeder Krieg ist, neben dem Verlust von Infrastruktur oder Arbeitsplätzen, immer auch mit Tod und furchtbarem Leid verbunden. Diese entstehen einerseits als zwangsläufige Nebenfolgen des Waffeneinsatzes gegen Menschen, andererseits aus strategischen Gründen (zum Beispiel beim Sprengen von Brücken oder durch Vergiftung von Grundnahrungsmitteln), zum Teil wird die Zerstörung von Gebäuden, ja der ganzen Infrastruktur des Kriegsgegners aber auch bewusst herbeigeführt, um die Zerstörungskraft einer Armee zu demonstrieren und den Gegner einzuschüchtern (zum Beispiel „Shock and awe“-Doktrin des dritten Golfkriegs). Von dieser Taktik können natürlich bisweilen bestimmte Objekte verschont bleiben (beispielsweise Prag oder Fürth im Zweiten Weltkrieg).
In nahezu allen Kriegen und bei allen Armeen werden Kriegsverbrechen begangen (beispielsweise Folterungen, Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, etc.). Das große Machtgefälle in Kriegsgebieten und die weitgehende Freiheit vor Strafverfolgung bauen in Verbindung mit der Allgegenwart des Todes natürliche Hemmschwellen ab.
Bedeutung
Viele Kriege waren von entscheidender historischer Bedeutung. Durch die Römischen Kriege wurde die „Zivilisation“ in Europa verbreitet und durch Kriege im Rahmen der Völkerwanderung das Ende des römischen Reiches herbeigeführt. Die Auswirkungen hiervon waren so stark, dass 1000 Jahre Chaos folgten, welche aus heutiger Sicht als Mittelalter bezeichnet werden. Durch die Revolutionskriege wurde der demokratische Gedanke in Europa verbreitet, durch die Bauernkriege der Protestantismus. So wurde das Aufstreben des Faschismus im 2. Weltkrieg beendet oder zumindest so stark zurückgedrängt, dass Faschisten nunmehr eine Randstellung einnehmen. Neben den politischen Auswirkungen hat ein Krieg immer eine Vielzahl an negativen Folgen. So dezimiert er die Bevölkerung eines Landes extrem, durch den 2. Weltkrieg wurden ganze Jahrgänge nahezu ausradiert. Ebenso drastisch sind die wirtschaftlichen Folgen.
Alternativen
Da als eine der rationalen Kriegsursachen der Kampf um Ressourcen gilt, werden Kriege umso unwahrscheinlicher, je günstiger Ressourcen einer Region für eine andere Region verfügbar werden, ohne in einer kriegerischen Auseinandersetzung unter Lebensgefahr erobert werden zu müssen. Damit sind Kriege wirtschaftlich um so uninteressanter, je besser die bestehenden Ressourcen im Wege von Vereinbarungen genutzt werden.
Alternative zum militärischen Widerstand („Krieg“), wenn man angegriffen wird, sind die Konzepte des „zivilen Widerstands“.
Da Volkswirtschaften (ebenso wie Regionen, Städte und Familien) in erster Linie ihre eigenen Interessen vertreten und Ressourcen zurückhalten, erscheint dieses „Idealbild“ der Welt utopisch.
Bewertung des Krieges
Immer wieder wurde in der Geschichte versucht, die Kriegsführung bestimmten Regeln oder moralischen Vorgaben zu unterwerfen, also zu einer Art Verhaltenskodex zu finden. Die sich im Krieg Bahn brechende Aggression wird „höheren Werten“ unterworfen – und letztlich damit auch relativiert.
Nach verlorenen Kriegen neigen die Menschen dazu, Krieg generell zu verdammen. So kamen in Deutschland nach 1945 Formeln wie „Nie wieder Krieg“ auf (bekannt ist das Plakat von Käthe Kollwitz mit diesem Titel). Nach Siegen hingegen wird der Krieg verherrlicht. So ist die Welt voll von Siegesdenkmalen, Thriumphbögen und anderen Erinnerungen an große militärische Erfolge.
Oft wird der Krieg heroisiert. Kant beispielsweise schreibt: Selbst der Krieg, wenn er mit Ordnung und Heiligachtung der bürgerlichen Rechte geführt wird, hat etwas Erhabenes an sich und macht zugleich die Denkungsart des Volks, welches ihn auf diese Art führt, nur um desto erhabener, je mehreren Gefahren es ausgesetzt war und sich mutig darunter hat behaupten können: da hingegen ein langer Frieden den bloßen Handelsgeist, mit ihm aber den niedrigen Eigennutz, Feigheit und Weichlichkeit herrschend zu machen und die Denkungsart des Volks zu erniedrigen pflegt.
In der europäischen Literatur wird häufig so zwischen dem „geordneten“ und dem nicht geordneten Krieg unterschieden. Auf der anderen Seite stehen die, die im Prinzip mit der gleichen Grundüberlegung wirtschaftlichen Wohlstand als beste Kriegsprävention ansehen. Hier neigt man dazu, die Perversionen des ungehegten Krieges als Normalzustand des Krieges darzustellen. Daraus folgen Überlegungen, wie Krieg vermieden werden kann und Versuche, einen ewigen Frieden zu erreichen. Der Krieg wird so als das absolute Böse angesehen, als das Werk von moralisch verkommenen Machthabern, die aus niederen Motiven ihr Land in einen Krieg stürzen.
Es gibt auch Ansichten, dass sich der Charakter des Krieges geändert habe und folglich heute ein „gehegter Krieg“ nicht mehr möglich sei. Dass sich die Formen des Krieges ändern, ist aber eine Feststellung, die so alt ist wie die Geschichte der Menschheit. Neue Kriegsformen wurden zu allen Zeiten als ordnungswidrig geachtet, häufig als Verstöße gegen eine göttliche Ordnung. Heute werden in unserer abendländischen Kultur bestimmte Kriegsformen als zulässig dargestellt (etwa Bombenabwürfe auf Städte, die Militär treffen sollen, aber auch Zivilpersonen gefährden), während andere Kriegsformen (etwa sog. Selbstmordattentate, die nicht militärische Einrichtungen treffen) als unanständig interpretiert werden, während in der islamischen Welt oft die gegenteilige Ansicht anzutreffen ist.
Krieg ist nicht nur ein Mittel staatlich organisierter und gelenkter Politik. Neben den Staaten, die als kriegführende Seite ein Heer hatten, spielten offenbar zu allen Zeiten die ,nicht regulären' Gruppen im Krieg eine erhebliche Rolle: Kosaken, Jäger, Husaren, Samurai, Partisanen, in der neuerer Zeit die Guerilla, Freischärler, Milizen und Taliban. Was nicht regulär ist, wird politisch diskutiert. Bei noch genauerem Hinsehen allerdings merkt man, dass die Theorie des irregulären Kämpfers (Partisanen) eine Weiterentwicklung der Clausewitzschen Theorie ist, wie sie die Clausewitz-Kenner Lenin und Carl Schmitt vorgenommen haben.
Somit scheitert auch der Versuch, zwischen einem Konflikt und einem formal erklärten Krieg zu unterscheiden und die Bezeichnung „Krieg“ auf jene Konflikte einzuschränken, die mit einer formalen Kriegserklärung einhergehen.
Völkerrecht
Das moderne Völkerrecht versucht, zwischenstaatliche Kriege von anderen Formen gewaltsamer Konfliktaustragung, Angriffs- und Verteidigungskrieg, Zivilisten und Militärpersonal und damit legitime von illegitimen Kriegshandlungen zu unterscheiden.
Der zwischenstaatliche Krieg soll gemäß seinen Regeln mit einer Kriegserklärung beginnen. Diese war im Mittelmeerraum schon seit der Antike vorgesehen. Sie wird seit der Neuzeit aber sehr oft übergangen und durch den Angriff selbst ersetzt.
Ein erklärter Kriegszustand, bei dem jedoch die Waffen schweigen, heißt Waffenstillstand, ein formales Eingeständnis der Niederlage Kapitulation. Diese beendet regulär die Kriegshandlungen, aber noch nicht den Krieg selbst.
Gegenbegriff zum „Krieg“ ist der „Frieden“. Dieser setzt völkerrechtlich wiederum einen wie auch immer gearteten Friedensabschluss zwischen ehemaligen Kriegsgegnern voraus. Wird eine Kriegspartei im Krieg jedoch weitgehend oder vollständig zerstört, so dass sie nicht mehr Vertragspartner sein kann, spricht das Völkerrecht von Debellation (Lateinisch: „Besiegung“).
Historisch häufiger aber sind Zwischenzustände wie der einer dauerhaften Besetzung ohne gültigen Friedensvertrag oder ein Zustand, bei dem sich die Gegner ständig auf einen offenen Krieg vorbereiten, dessen Verlauf planen und einüben. Paradebeispiel dafür ist der Kalte Krieg.
Der organisierte Einsatz von Waffen bedeutet immer die massenhafte Tötung von Menschen. Schon die ständige Rüstung zum Krieg erfordert Aufwendungen und verschlingt Mittel, die für andere Aufgaben fehlen. Auch wenn eine kriegführende Partei Todesopfer nicht anstrebt, werden sie immer als unvermeidbar in Kauf genommen. Wer diese Wirkung betrachtet, nennt diese Form der gewaltsamen Konfliktaustragung daher meist „staatlich organisierten Massenmord“ (Bertha von Suttner, Karl Barth). Darin kommt zum Ausdruck, dass das Phänomen des Krieges kaum wertneutral zu betrachten ist, weil es dabei immer auch um das Leben vieler und die langfristigen Perspektiven aller Menschen geht.
Zugleich zeigt die Verbindung von Staat und Krieg sowie die Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von Krieg, Raub und Mord das Fehlen einer allgemein akzeptierten Rechtsinstanz an. Die UN-Charta und der Internationale Strafgerichtshof können als Schritte zur verbindlichen Durchsetzung des Völkerrechts angesehen werden. Ob sie eher zur Rechtfertigung oder Reduktion neuer Kriege beitragen, ist noch nicht entschieden.
Die Ächtung des Krieges
Die menschliche Sehnsucht nach einem Frieden, der die „Geißel der Menschheit“ überwindet, ist uralt. Politische Friedensarbeit kann sich daher auf breite und heterogene Traditionen stützen.
- In der chinesischen Kosmologie des Taoteking und der Philosophie des weisen Staatslenkers Laotse spielte die Kriegsvermeidung durch harmonischen Interessenausgleich eine wichtige Rolle.
- In Indien, China und Japan breiteten Jainismus und Buddhismus eine Ethik der Gewaltlosigkeit, Toleranz und Friedensliebe aus, die seit 500 v. Chr. die Gestalt einer Weltreligion gewann.
- In der antiken griechischen Philosophie der Antike stellten Sokrates und die Skeptiker die Selbstverständlichkeit in Frage, mit der Wahrheitsbesitz beansprucht und angeblich ewige Rechte gegen andere verteidigt werden. Die Stoiker Zenon und Chrysippos wandten sich gegen das Kriegführen und stellten Überlegungen an, ob Kriege notwendig seien oder wie man sie vermeiden könne.
- In allen europäischen Staatsutopien von Platon bis Thomas Morus spielte die Gewaltminderung durch ideale Gesetzgebung und Menschenbildung eine Rolle.
- Das Gottesbild des Judentums hat den weithin üblichen Einsatz der eigenen Religion zur Rechtfertigung der eigenen Kriege erschwert. In den Visionen der Heilsprophetie erscheint Gott als kommender Weltrichter, der die Völker zu endgültiger Abrüstung anweist: „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des Herrn Zebaoth (der Heerscharen) hat es geredet.“ (Micha 4, 2-4).
- Diese Weisung zur universalen Abrüstung hat Jesus Christus durch das prophetische Zeichen des Gewaltverzichts (Markus 11, 7/Sacharja 9, 9) und die Selbsthingabe zur Versöhnung (Markus 14, 22-24) im Neuen Testament bekräftigt. Darum ist der tätige Einsatz für weltweiten Frieden (Lukas 2, 14) für Christen wie für Juden integraler Bestandteil ihres Glaubens (Römerbrief 12, 18).
- Der Islam versteht Allah als Gott der ewigen Gerechtigkeit, so dass der Glaube an ihn Frieden auf Erden bewirken kann. Mit dem politisch verstandenen Djihad verbindet sich aber auch das Idealbild eines „Paradieses unter dem Schwert“, das die Muslime gegen Ungläubige verteidigen sollten.
- Die Instrumentalisierung religiöser Ideale für politische Interessen fand einen Höhepunkt mit den Kreuzzügen des Mittelalters, die die heiligen Stätten „befreien“ und christliche Staaten errichten wollten. Die Kreuzzugs-Ideologie des ewigen Kampfes des „Guten“ gegen das „Böse“ ist spielt noch heute eine bedeutende Rolle.
- In der Neuzeit wurde der Gewaltverzicht von der Religion entkoppelt. Immanuel Kant, Jean-Jacques Rousseau und andere Aufklärer strebten den „ewigen Frieden“ an und entwarfen rechtsstaatliche und demokratische Konzepte, um ihn herbeizuführen. Ludwig van Beethoven hat diesem Traum am Ende der 9. Symphonie mit seiner Vertonung Schillers Gedicht Ode an die Freude („alle Menschen werden Brüder“) ein musikalisches Denkmal gesetzt.
- Im Zeitalter der europäischen Nationalkriege gewann das Völkerrecht, nach der verheerenden Erfahrungen des 1. Weltkriegs der Gedanke eines Völkerbunds zur Kriegsverhinderung Akzeptanz. Der Briand-Kellogg-Pakt galt der Ächtung des Krieges als eines Mittels der Politik. Die UNO hat den Angriffskrieg verboten, den Weltfrieden zum Ziel aller Politik erhoben und erstmals ansatzweise wirksame Formen der Konfliktvermeidung und Konfliktlösung ermöglicht.
Diese Tendenzen wurden durch die ungeheure Steigerung der Vernichtungsmöglichkeiten im Krieg notwendig und gestärkt. Die UNO konnte Kriegsursachen wie ökonomische und politische Interessengegensätze jedoch nicht aufheben und viele Kriege nicht verhindern. Auch die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen ließ sich bis heute nicht wirksam stoppen. Der am Ende des Kalten Kriegs eingeleitete Abrüstungsprozess kam seit den „neuen Kriegen“ zum Erliegen und wurde durch neue Aufrüstungstendenzen abgelöst. Internationaler Terrorismus und Antiterrorkrieg lassen die Gewaltbereitschaft weltweit noch weiter wachsen.
So ist der Frieden nach wie vor eine äußerst bedrohte, verletzliche Pflanze und eine Utopie, die des täglichen Einsatzes bedarf, um eines Tages wirklich werden zu können. Eine Alternative dazu gibt es im Zeitalter der Massenvernichtungsmittel nicht mehr. Spätestens seit Erfindung der Atombombe ist der Frieden „die Überlebensbedingung des technischen Zeitalters“ geworden (Heidelberger Thesen der EKD 1959).
Siehe auch
Literatur
- Carl von Clausewitz: Vom Kriege. Ullstein, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-548-36413-6
- Martin L. van Crefeld: Frauen und Krieg. Gerling Akademie Verlag, München 2001, ISBN 3-3-932425-33-2
- Martin L. van Crefeld: Die Zukunft des Krieges. Gerling Akademie Verlag, München 1998, ISBN 3-932425-04-9
- Albert Einstein und Sigmund Freud: Warum Krieg? Diogenes, Zürich 1996, ISBN 3-257-70044-X
- Karl Held und Theo Ebel: Abweichende Meinungen zur »Nachrüstung«. Der Westen will den Krieg. Acht Beweise und ein Schluß. München, 1983, ISBN 3922935168 Kostenlose Online-Version
- Maria Mies: Krieg ohne Grenzen. Die neue Kolonisierung der Welt. (mit einem Beitrag von Claudia von Werlhof) 2004, ISBN 3894382864 Besprechung
- Herfried Münkler: Die neuen Kriege. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-499-61653-X
- Herfried Münkler: Über den Krieg. Stationen der Kriegsgeschichte im Spiegel ihrer theoretischen Reflexion. Velbrück Wiss., Weilerswist 2003, ISBN 3-934730-54-X
- Rudolf Steinmetz: Soziologie des Krieges. Barth, Leipzig 1929
- Sun Tsu: Die Kunst des Krieges. Droemer Knaur, München 2001, ISBN 3-426-66645-6