Christenverfolgung

Unterdrückung oder Bedrohung von Christen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit
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Christenverfolgung nennt man eine öffentliche Ablehnung und Bedrohung der Christen durch Staaten, andere Religionen oder Ideologien. Der Begriff bezieht sich vor allem auf die staatliche Unterdrückung des Christentums im Römischen Reich bis zum Mailänder Toleranzedikt (313) in der frühen Kirchengeschichte.

Eine kollektive Bedrängnis christlicher Gruppen gab und gibt es jedoch auch in anderen Ländern und Zeiten, z.B.:

"Verfolgung" umfasst verschiedene Maßnahmen wie Diskriminierung, Ausgrenzung, Einziehung oder Zerstörung von kirchlichem Eigentum, Propaganda gegen die Lehre der Christen, Verhaftungen, Folter bis hin zu Massakern und Massenhinrichtungen. Diese waren und sind aber nicht immer primär gegen den christlichen Glauben gerichtet, sondern können auch wirtschaftliche, ethnische, nationalistische, rassistische oder politische Hintergründe haben und zugleich auch andere Minderheiten betreffen.

Daher ist umstritten, ob manche antikirchlichen Maßnahmen in der Neuzeit "Christenverfolgung" genannt werden können. Einige Historiker fürchten, damit werde eine ahistorische Kontinuität unterstellt, die Christen in völlig unangemessener Analogie zur Judenverfolgung zu permanenten Opfern stilisiere.

Verfolgungen von Christen durch andere Christen, also etwa der sogenannten "Ketzer" im europäischen Mittelalter oder die Glaubenskriege der Reformations- und Gegenreformationszeit, sind ein anderes Thema und fallen nicht unter diesen Begriff.

Im Neuen Testament überlieferte Verfolgungen

Palästina

Das Christentum entstand seit der Kreuzigung des Jesus von Nazareth durch den römischen Statthalter Pontius Pilatus. Das Bekenntnis zur Auferstehung dieses Hingerichteten brachte die ersten Christen in Gefahr aus zwei Richtungen:

  • dem Sanhedrin (Hohen Rat) in Judäa, oberste Autorität im damaligen Judentum, der Jesus an Pilatus ausgeliefert hatte. Seine exekutiven Befugnisse waren begrenzt: Umso mehr versuchten die sadduzäischen Hohenpriester ihre gesamtjüdische Führungsrolle über den Tempelkult zu wahren.
  • dem römischen Staat, dessen Provinzfürsten die Macht des römischen Kaisers durchzusetzen hatten und römisches Recht vor allem gegen Aufstände autonom anwenden konnten.

Der lukanischen Apostelgeschichte zufolge konnten die Christen ihre Botschaft anfangs aber frei und unbehelligt verkünden: sogar im Tempel mitten in Jerusalem (Apg 2, 14ff). Pilatus verfolgte sie nach Jesu Tod nicht weiter; er ignorierte innerjüdische Konflikte, solange sie seine Macht nicht bedrohten. Der Sanhedrin ließ einige Apostel nach ihren ersten Missionserfolgen festnehmen und verhören; sie wurden gezüchtigt und verwarnt, aber wieder freigelassen (Apg 4, 21; 5, 40).

Dazu trug offenbar die berühmte Fürsprache des Pharisäers Gamaliel im Sanhedrin entscheidend bei (Apg. 5, 34-39): "Ist ihr Rat oder Werk aus den Menschen, so wird es untergehen; ist es aber aus Gott, so könnt ihr sie nicht hindern..." Wie Joseph von Arimathia hatten die Pharisäer darum wohl schon das Todesurteil gegen Jesus abgelehnt. Anders als die Sadduzäer duldeten sie die Urchristen als innerjüdische messianische Sekte, deren Wahrheit man an ihrem Erfolg in der Geschichte ablesen könne. So konnte auch Paulus von Tarsus, der von Gamaliel ausgebildet wurde (Apg. 22, 3), später in seinem Prozess vor dem Sanhedrin (um 56) die Uneinigkeit zwischen beiden jüdischen Gruppen ausnutzen (Apg. 23, 6).

Nachdem Pilatus abgesetzt worden und sein Nachfolger Festus wohl noch nicht in Judäa eingetroffen war, konnten die Sadduzäer jedoch ihr Religionsgesetz (vor allem das Deuteronomium) anwenden. Der erste Christ, der wegen seines Glaubens den Tod fand, war der Diakon Stephanus. Er wurde um 36 - ähnlich wie Jesus selbst - wohl wegen seiner tempelkritischen Mission in der jüdischen Diaspora als Gotteslästerer und Gesetzesbrecher angeklagt, aber erst wegen seines öffentlichen Bekenntnisses zum Menschensohn vom Sanhedrin verurteilt (Apg. 6, 8 - 7, 60). Im Auftrag der Sadduzäer beaufsichtigte Paulus seine Steinigung und leitete danach eine große Verfolgung der Jerusalemer Urchristen ein (vgl. Gal. 1, 13f/1. Kor. 15, 9). Ein Teil von ihnen floh daraufhin nach Syrien und Samaria; ein Kern mit den Aposteln als Gründern blieb jedoch in Jerusalem. Ihre Anhänger konnten Stephanus bestatten und öffentlich betrauern (Apg. 8, 1-2).

Vertrieben wurden nur Christengemeinden in Judäa, eventuell auch Galiläa; im Diasporajudentum dagegen wurden sie nicht verfolgt, sondern konnten weiterhin häufig Synagogen für ihre Missionspredigten nutzen. Dies wie auch die gesetzesfreie Heidenmission führte letztlich zur Ausbreitung ihrer Religion im damaligen römischen Reich, zunächst in Kleinasien (Apg. 11, 19ff).

44 bedrängte der von Rom eingesetzte jüdäische König Herodes Agrippa I. die übrigen Jerusalemer Christen, ließ den Apostel Jakobus den Älteren enthaupten und nahm Petrus, einen der Gemeindeleiter, gefangen, um auch ihn am Passahfest hinzurichten. Er wollte sich damit wohl beim Hohen Rat beliebt machen (Apg. 12,1-4). Kurz darauf ließ er sich auf dem Höhepunkt seiner Macht bei einem Festakt als Gott verehren; wenige Tage später starb er nach nur 3 Regierungsjahren. Sowohl Lukas als auch Flavius Josephus (Antiquitates 19, 343-350) sahen darin ein Gottesurteil: Juden wie Christen lehnten die Vergötterung von Menschen ab. Hier bahnte sich der Konflikt mit dem Kaiserkult an.

Eine im Neuen Testament unbestätigte Notiz bei Josephus und Eusebius von Caesarea berichtet, Jakobus der Gerechte, der Bruder Jesu und damalige Leiter der Urgemeinde, sei im Jahr 62 auf Geheiß des Hohenpriesters gesteinigt worden. Die Urgemeinde wurde nach Notizen von Hegesippus, den Eusebius von Cäsarea zitiert, vorübergehend nach Pella evakuiert. Vier Jahre später kam es unter Führung der Zeloten zum nationalen jüdischen Aufstand, der 70 mit der Tempelzerstörung endete. Damit verloren auch die Christen ihr Zentrum. Dennoch kehrte ein Teil von ihnen zurück und blieb in der Stadt bis zum Ende des Bar-Kochba-Aufstands (135). Dann verbot Kaiser Vespasian allen Juden die Ansiedlung in Jerusalem.

Die bis dahin entstandenen Evangelien setzen vielfach eine Verfolgungssituation der Christen in und um Israel voraus. Mk. 13, 9-13 z.B. kündet in einer Jesusrede an:

"Sie werden euch den Gerichten übergeben, und in den Synagogen werdet ihr geschlagen werden, und vor Fürsten und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, ihnen zum Zeugnis."

Historiker sehen darin meist einen Reflex auf die Situation nach dem Tempelverlust; Spannungen mit den Synagogen verschärften sich mit dem Wachstum der Christengemeinden, bis das nun rabbinisch dominierte Judentum sie um 100 ausschloss.

Eine systematische Verfolgung war damit nicht verbunden. Auch die Übergabe an "Fürsten und Könige" wurde kaum von Juden veranlasst. Vielmehr wurden Juden und Christen von den Römern auch in außerpalästinischen Provinzen kaum unterschieden und gemeinsam verfolgt, wenn Konflikte mit ihnen zu eskalieren drohten. Die Christen sahen darin eine zu erwartende, notwendige Konsequenz ihres Glaubens an den Juden, der Gottes Reich gebracht hatte und wiederkommen würde (vgl. Mt. 5, 11).

Mittelmeerraum außerhalb Palästinas

Das römische Reich war damals kein straff organisierter Zentralstaat; in den Provinzen regierten die Statthalter relativ souverän. Sie mussten dabei auf örtliche Gegebenheiten Rücksicht nehmen und sich mit Städten, Klientelfürsten, Landbesitzern arrangieren. So konnten die Lokalbehörden die "Christianer" sehr verschieden behandeln. Erst seit der Gemeindegründung in Antiochien erkannten römische Staatsbeamte sie als eigene Gruppe (Apg 11, 26). Ortsansässige Juden sorgten für ihre Ausweisung (Apg 13, 44-50).

Die Paulusmission brachte Unruhe und Spaltung in manche hellenistische Städte des Mittelmeerraums. In Ikonion z.B. soll Paulus für seine Kritik am Jupiterkult fast gesteinigt worden sein (Apg 14, 5.19). In Philippi, einer Römerkolonie, wurden er und seine Begleiter wegen "Aufruhr" und "unrömischer" Botschaft angeklagt, gefoltert und inhaftiert. Mit Berufung auf ihr römisches Bürgerrecht seien sie jedoch freigekommen (Apg 16, 11-40). In Thessaloniki sollen Juden sie aus Neid auf ihre Missionserfolge angeklagt haben (Apg 17, 5-7):

"Diese alle handeln gegen des Kaisers Gesetze, indem sie sagen, ein Anderer sei König, nämlich Jesus."

Ungeachtet der antijudaistischen Tendenz dieser Darstellung - die Juden lehnten Götzendienst und Gottkönigtum selber ab und wurden deswegen in der Antike lange vor den Christen existentiell bedroht - wird hier schon der entscheidende Grund späterer Christenverfolgung sichtbar: Die Anbetung des vom römischen Staat gekreuzigten Messias konnte als Staatsfeindschaft wirken.

Ein weiteres Motiv für Verfolgungen deutet sich in Apg 19, 23-40 an: Durch die "neue Lehre" der Christen verloren Kunsthandwerker, die Götterstatuen aus Edelmetallen herstellten, und ihre Zulieferer und Händler im Raum Ephesus ihren Absatzmarkt. Der Goldschmied Demetrius berief daraufhin eine Protestversammlung ein, die die Paulusmissionare festsetzte und zu lynchen drohte. In dieser Lage nahm der örtliche "Kanzler" Alexander, ein Jude, die Christen in Schutz und erklärte: "Ihr habt diese Menschen hergeführt, die weder Tempelräuber noch Lästerer unserer Göttin (Diana) sind." Er erreichte, dass die Menge sich beruhigte und die Männer freiließ. Dies zeigt zum einen: Ein Jude konnte trotz des 1. Gebots Fremdkulte diplomatisch anerkennen; zum anderen verhielt er sich fair und rettete ortsfremden Christen das Leben, obwohl sie mit Juden um die gleiche Klientel konkurrierten.

Verfolgungen im römischen Reich

Toleranz, Polytheismus und Kaiserkult

Für Rom war ein Minimum an Toleranz gegenüber den vielen verschiedenen Religionen seiner Einwohner notwendig, um das Reich zusammenzuhalten. Die unterworfenen Völker durften ihre Götter und Bräuche behalten, sofern damit kein politischer Machtanspruch verbunden war. Die Römer trennten Privatreligion (sacra privata), die den Familienvätern, und Staatsreligion (sacra publica), deren Rituale den Priestern als Staatsbeamten oblag und die vom Magistrat beaufsichtigt wurden. Sie verehrten eine Vielzahl von Göttern, die sie meist von den Griechen übernahmen: an ihrer Spitze Jupiter (Zeus).

Als Ersatz für eine einheitliche Staatsreligion wurde die Staatsmacht seit Augustus sehr stark in der Person des Kaisers konzentriert. Er war seit 12 v. Chr. nicht nur princeps, der die Befugnisse von Consulat und Volkstribunat auf sich vereinte, sondern als pontifex maximus auch der oberste Priester und Vollstrecker des göttlichen Willens. Als solcher trug er den Ehrentitel des "Retters" (griech. soter). Folglich wurde nach seinem Tod (14 n. Chr.) der Kaiserkult eingeführt: Verstorbene Kaiser wurden nun als Schutzgötter des Reichs rituell verehrt. Der Respekt vor dem Kaiseropfer galt als notwendiger Ausdruck solidarischen, staatstragenden Verhaltens. Wer diese Pflicht verletzte, war den Römern höchst suspekt.

Caligula (37-41) wandelte das politisch-religiöse Pontifikat dann in ein hellenistisch-orientalisches "Gottkönigtum" um: Er ließ sich als Alexander, Cäsar und Gott verehren. Nicht alle seiner Nachfolger übernahmen sein Hofzeremoniell, überhöhten sich aber wie er meist zum dominus et deus.

Die Christen sahen sich anfangs als jüdische Erneuerungsbewegung und wurden auch von den Römern gut 100 Jahre lang als jüdische Sekte aufgefasst. Jüdische Gemeinden waren bereits im ganzen Imperium Romanum verbreitet: Das 1. Gebot erlaubte ihnen nur die Verehrung ihres eigenen Gottes. Sie griffen aber die Bilder- und Götzenkulte ihrer Umgebung nicht an, sondern lehnten sie nur für sich ab. Das galt Römern zwar als "barbarisch", wurde aber vom Staat toleriert und rechtlich abgesichert. So genossen Juden im Prinzip Religionsfreiheit. Bis 70 und darüberhinaus gewannen sie ebenso wie die Christen Zulauf unter den sogenannten "Gottesfürchtigen": römischen Staatsbürgern aller Nationen, die die hedonistische und dekadente Lebensweise ihrer Oberschicht abstieß.

Die Christen betonten zwar ihre Staatstreue und beteten für den Kaiser. Aber sie lehnten den Synkretismus und Polytheismus ihrer Umgebung ab und verweigerten den römischen Staatssymbolen ihre Anerkennung. Offensiver als das Judentum verlangten sie von den Adressaten ihrer Mission die Aufgabe ihrer Tempel, Riten und Götterbilder. Damit zogen sie sich im Römischen Reich leicht den Unwillen der übrigen Bevölkerung zu.

Der Staat ließ sie zunächst gewähren und nötigte sie als jüdische Sekte zunächst nicht zur Verehrung der Kaiser. Er schützte sie aber auch nicht gegen örtliche Willkür und Massenempörung. Bald galt ihr Glaube - auch wegen des unaufhaltsamen Wachstums seiner Anhängerschaft - als staatszersetzend und gefährlich.

Unter Claudius (41-54)

49 wurden Juden als Anhänger des "Chrestus" durch ein Edikt des Kaisers Claudius aus Rom ausgewiesen (Sueton-Notiz). Träfe dies zu, so hätte dort schon damals eine Christengemeinde existiert. Paulus traf einige ihrer vertriebenen Mitglieder um 50 in Korinth (Apg 18, 1f). Dabei wird deutlich, dass die Regierung zwischen Juden und Christen anfangs keinen Unterschied sah und beide gleichermaßen verfolgte, wenn sie die öffentliche Ordnung störten. Aus Anlass eines Tumults in Alexandria drohte Claudius den Juden:

"Wenn sie meinen Anordnungen nicht folgen, were ich sie mit allen Mitteln verfolgen als Leute, die eine Seuche einschleppen, die sich über die ganze Welt verbreitet."

Dieses Vorgehen gegen das Eindringen von Fremdkulten war in Rom traditionell; der Schutz römischer Sitten sollte zugleich staatliche Sicherheit gewähren.

Unter Nero (54-68)

Die Christenverfolgung im Jahr 64 hatte nichts mit dem Kaiserkult zu tun. Sie folgte auf einen verheerenden Brand in Rom, der 10 von 14, darunter die ärmeren, gerade von Juden und Christen bewohnten Stadtteile traf. Dies ist vor allem durch Tacitus bekannt.

Ihm zufolge kam danach das Gerücht auf, der Kaiser selbst habe die Brandstiftung befohlen. Nero habe versucht, diesen Verdacht auf die verhasste religiöse Minderheit der "Chrestianer" zu lenken. In diesem Zusammenhang erwähnt Tacitus "Christus" und seine Kreuzigung durch Pilatus und fährt fort:

"Man verhaftete zuerst Leute, die bekannten, dann auf ihre Anzeige hin eine riesige Menge. Sie wurden nicht gerade der Brandstiftung, wohl aber des allgemeinen Menschenhasses überführt. Die Todgeweihten benutzte man zum Schauspiel. Man steckte sie in Tierfelle und ließ sie von Hunden zerfleischen, man schlug sie ans Kreuz oder zündete sie an und ließ sie nach Einbruch der Dunkelheit als Fackeln brennen."

Nero habe dafür seinen Park zur Verfügung gestellt, dort ein Zirkusspiel veranstaltet und sich als Wagenlenker unter das Volk gemischt.

"So regte sich das Mitleid - obwohl sie schuldig waren und die härtesten Strafen verdienten -, weil sie nicht dem Allgemeinwohl, sondern der Grausamkeit eines Einzelnen zum Opfer fielen."

Tacitus lässt offen, ob die Verhafteten ihre Schuld am Brand zugaben oder verhaftet wurden, weil sie Christusbekenner waren: In beiden Fällen wäre die Denunziation vieler "Mitschuldiger" unlogisch. Er bestätigt, dass die Betroffenen willkürlich verhaftet wurden und ihr Christsein ausreichte, um sie verdächtig und als "Sündenbock" geeignet zu machen. Er hätte sie in einem geordneten Verfahren ebenfalls für ihren "Menschenhass" - also die Ablehnung römischer Sitten und Riten - geopfert, um Sympathie im Volk für sie zu verringern. Der Vorwurf des odium generis ("Hass gegen das Menschengeschlecht") hatte zuvor auch schon die Juden getroffen. Er grenzte aus der römischen Gesellschaft aus und konnte somit fatale Folgen haben.

Nero genoss sonst einen untadeligen Ruf als Schützer der Bürgerrechte: Es war üblich, ihn als obersten Schiedsrichter anzurufen. Lukas bestätigt, dass auch Paulus sich in seinem Prozess in Jerusalem auf den Kaiser berief (Apg 25, 11). Dieser konnte allerdings auch neues Recht und Straftatbestände setzen.

Ob die Christen in Rom sich beim Brand nicht an den Löscharbeiten beteiligten und dadurch zusätzlichen Hass auf sich zogen, ist unbekannt. Paulus hatte ihnen eingeschärft, alle Verfolger, gerade auch Staatsvertreter, zu segnen und sie mit zuvorkommender Nächstenliebe zu beschämen, um Böses mit Gutem zu überwinden (Röm. 12, 9-21):

"Soviel an Euch liegt, haltet mit allen Menschen Frieden!"

Die Verfolgung blieb in Neros Regierungszeit ein Einzelfall und auf Rom begrenzt. Sie wurde erst von den Kirchenvätern mit dem Kaiserkult in Verbindung gebracht. Der christlichen Legende nach sollen auch die Apostel Petrus und Paulus im Verlauf von Neros "Zirkusspiel" hingerichtet worden sein: Paulus als römischer Bürger durch das Schwert, Petrus als Nichtbürger durch Kreuzigung.

Unter Domitian (81-96)

Nach dem jüdischen Aufstand in Palästina, der auch durch ein Kaiserbild im Tempel ausgelöst worden war, wurden Juden reichsweit verstärkt von der Regierung beobachtet und von der römischen Oberschicht verachtet. Diese Situation kann hinter den wenigen vertreuten Notizen aus Domitians Regierungszeit stehen.

Der römische Historiker Dio Cassius berichtet, im Jahr 95 habe der Kaiser neben vielen anderen, die "in die jüdischen Sitten verirrt waren", auch seinen Vetter wegen "Gottlosigkeit" hinrichten lassen und dessen Frau verbannt. Der Vorwurf lässt erahnen, dass es um die Ablehnung der Staatsgötter ging: Christen galten deswegen später als atheoi.

Eusebius von Cäsarea zitiert dazu Hegesippus und behauptet, die Frau des Vetters sei Christin gewesen. Domitian habe dann eine Judenverfolgung befohlen, die auch Christen getroffen habe, die als Juden denunziert worden seien. Darunter seien Enkel des Judas, eines Bruders Jesu, gewesen. Man habe sie dem Kaiser vorgeführt, er habe sie verhört und nach der Art ihres Glaubens gefragt. Als sie ihm erklärten, Christi Reich sei nicht weltlich, sondern himmlisch, habe er sie freigelassen und die Verfolgung der Christen eingestellt.

Die Darstellung lässt nicht erkennen, was genau die Verfolgung veranlasste. Sie war zeitlich begrenzt und traf eher Juden als Christen. Dabei können lokale Spannungen zwischen ihnen eine Rolle gespielt haben.

Unter Trajan (98-117)

Erst nach der Trennung vom Judentum (um 100) wurde das Christentum als eigenständige Religion wahrgenommen. Nun mussten Christen wie alle Staatsbürger regelmäßig Weihrauch vor einem Kaiserbild in den Kaisertempeln verbrennen. Dabei konnten sie sich zwar von einem Haussklaven vertreten lassen; aber die meisten lehnten diesen Ausweg für sich ab: Sklavendienste waren in einer christlichen Hausgemeinschaft nicht üblich, und die Bediensteten waren selbst meist Christen.

Anfang des Jahres 100 bat der Statthalter der Provinz Bithynien in Kleinasien, Plinius, in einem Brief den Kaiser um Rat, wie er sich zu den störrischen Christen verhalten solle: Sei schon ihr Name (= ihr Christusbekenntnis) an sich strafbar, auch wenn kein Verbrechen vorliege, oder seien es die Verbrechen, die mit dem Namen zusammenhängen? Er habe sie verhört, mit der Todesstrafe bedroht und die, die sich weigerten, ihrem Glauben abzuschwören, hinrichten lassen. Viele anonym Angeklagte habe er Götter anbeten, dem Kaiserbild opfern und Christus lästern lassen. Wer das erfüllt habe, sei freigelassen worden: "Denn zu all dem sollen sich wahre Christen nicht zwingen lassen." Viele hätten daraufhin erklärt, sie seien früher Christen gewesen, hätten sich aber nur am regelmäßigen Lobsingen beteiligt und einen Eid geschworen: "nicht etwa zu einem Verbrechen, sondern zur Unterlassung von Diebstahl, Raub, Ehebruch, Treulosigkeit, Unterschlagung von anvertrautem Gut." Die Zehn Gebote und christliche Lasterkataloge klingen hier an (vgl. 1. Kor 5, 11; 1. Tim 1, 9f u.a.): Demnach waren Christen an sich gute Staatsbürger. Doch Plinius klagte:

"Nicht nur über die Städte, sondern auch über die Dörfer und das flache Land hat sich die Seuche dieses Aberglaubens verbreitet. Es scheint aber, dass es möglich ist, sie aufzuhalten und in die richtige Richtung zu lenken."

Kaiser Trajan billigte sein Verfahren; man könne nicht alle vermuteten Christen gleich behandeln. Er ordnete an:

"Sie aufspüren soll man nicht. Wenn sie angezeigt und überführt werden, müssen sie bestraft werden...Klageschriften ohne Autor dürfen bei keiner Straftat Platz haben. Denn das wäre ein sehr schlechtes Beispiel und passt nicht zu unserem Zeitalter."

Das Christentum sollte also eingedämmt, nicht ausgemerzt werden. Dabei bot römische Rechtstradition einen gewissen Schutz vor Willkür: Christen sollten nicht gezielt ausfindig gemacht, anonyme Anzeigen nicht berücksichtigt werden. Nur wer nachweislich den Kaiserkult verweigerte, war wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt hinzurichten. Damit war aber auch klar: Im Fall einer Anklage konnten Christen ihr Leben nur durch Vollzug des Opfers, also Verrat ihres Glaubens retten. Da jeder römische Bürger sie anzeigen konnte, waren sie nun permanent gefährdet; ob sie verfolgt wurden, hing vielfach von "Volkes Stimme" ab. Nach dieser Regelung gingen die Behörden fortan vor.

Regionale Verfolgungen im 2. Jahrhundert

Von Domitian bis zu Commodus (180-192) gab es fast ständig lokal begrenzte Verfolgungen von Christen mit unterschiedlicher Intensität. Eine davon war die blutige Hetzjagd auf sie in der Hafenstadt Smyrna (heute: Izmir). In deren Verlauf wurde 155 auch der damalige Bischof Polykarp verbrannt. Eine Aufzeichnung seiner Gemeinde, das "Zeugnis des Polykarp", erzählt von den Vorgängen und wurde damals unter Christen weit verbreitet. Dieser älteste christliche Märtyrerbericht ist eins der seltenen historischen Dokumente. Es stilisiert den Bischof zu einem vorbildlichen Märtyrer.

Schon bei seiner Festnahme habe er auf Flucht verzichtet und freudig ausgerufen: "Des Herrn Wille geschehe!" Er sei den Soldaten entgegen geeilt, habe sie als Gäste bewirtet und beschämt, bis sie an ihrem Auftrag zweifelten. Er sei zum Statthalter gebracht worden, der ihn vergeblich bat: "Bedenke dein Alter! Opfere dem Kaiser und lästere Christus!" Auch Drohen mit Raubtieren habe nichts ausgerichtet. Darauf habe das Volk verlangt: "Vor die Löwen! Vor die Löwen!" Der Statthalter habe dies abgelehnt und stattdessen einen Scheiterhaufen in der Zirkusarena errichten lassen. Bis zuletzt habe der Brennende Gott gelobt und ihm gedankt, dass er des Märtyrertodes gewürdigt worden sei.

Einen weiteren Bericht dieser Art von 177 aus Lugdunum (Lyon) in Gallien zitiert Eusebius von Caesarea in seiner Kirchengeschichte (V,1; (englisch)). Allerdings wurden viele solche Märtyrerlegenden erst später angefertigt oder vorhandene tendenziös verändert. Offizielle römische Quellen zur Christenpolitik findet man dagegen kaum.

Noch war das Christentum bloß eine von vielen Sekten im römischen Reich. In Abgrenzung von gnostischen Einflüssen, Marcioniten und Montanisten vollzog es aber einen inneren Wandel und entwickelte eine hierarchische Organisationsform: das monarchische Bischofsamt. Um 180 wurde zudem der Kanon des Neuen Testaments festgelegt. Damit gewannen die Gemeinden innere und äußere Stabilität. Kirchliche Amtsträger hatten nun auch politisches Gewicht gegenüber den lokalen Behörden.

Sie wurden in der nichtchristlichen Bevölkerungsmehrheit zunehmend abgelehnt und von der gebildeten Oberschicht zugleich tief verachtet. So äußerte Caecilius Natalis, der Sprecher des Heidentums um 200 über die Christen:

"Es sind Leute, welche aus der untersten Hefe des Volkes unwissende und leichtgläubige Weiber sammeln, die ja schon wegen der Schwäche ihres Geschlechts leicht zu gewinnen sind, und eine ruchlose Verschwörerbande bilden. Sie verbrüdern sich in nächtlichen Zusammenkünften, ein feiges und lichtscheues Volk, stumm in der Öffentlichkeit und nur in Winkeln gesprächig. Die Tempel verachten sie als Grabmäler, die Götter verfemen sie, über die Opfer lachen sie. Obwohl selbst bemitleidenswert, bemitleiden sie die Priester, verschmähen Ehrenstellen und Purpurkleider und können nicht einmal ihre Blöße decken!"

Das zeigt Misstrauen gegenüber der Mission der Christen unter den Ärmeren, ihren privaten Hausgottesdiensten und ihrer Ablehnung von Staatsämtern. Da sie als undurchschaubar und staatsgefährdend galten, wurden ihnen bald allerlei unerklärbare Unglücksfälle angelastet. So schrieb Tertullian auch um 200:

"Wenn der Tiber bis in die Stadtmauern steigt, wenn der Nil nicht bis über die Feldfluren steigt, wenn die Witterung nicht umschlagen will, wenn die Erde bebt, wenn es eine Hungersnot, wenn es eine Seuche gibt, sogleich wird das Geschrei gehört: 'Die Christen vor die Löwen!'"

Diese Situation spiegeln auch christliche Schriften aus dieser Zeit: der 1. Petrusbrief, der 1. Clemensbrief und die Offenbarung des Johannes. Sie richteten sich u.a. an Gemeinden wie Smyrna und Philippi, die schon Verfolgungen erdulden mussten. Angelehnt an jüdische Märtyrertheologie und die Paulusschule, entwickeln sie Gedanken, die ihnen halfen, mit der ständigen Existenzgefährdung umzugehen. Sie deuten das Leid der Christen als unausweichliche Konsequenz ihres Glaubens: Der Weg in Gottes Reich führt notwendig durch die tödliche Ablehnung der Welt (Apg 14, 22). Sie ist die gottferne Fremde (Phil 3, 20). Hinter ihren "Mächtigen und Gewaltigen" stehen Satan und seine Dämonen, gegen die nur die "Waffenrüstung Gottes" bestehen kann: Wahrheit, Gerechtigkeit, die Frohbotschaft des Friedens (Eph 6, 10-17) - im Vertrauen auf den, dessen Tod den Frieden zwischen Gott und Welt, Nahen und Fernen, Juden und Heiden gestiftet hat (Eph 2, 13-16). So mahnt 1. Petr 4, 12:

"Meint nicht, euch widerfahre etwas Seltsames, sondern freut euch, dass ihr mit Christus leidet, damit ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben möget. Selig seid ihr, wenn ihr geschmäht werdet für den Namen Christi..."

Darum war aktiver Widerstand gegen staatliche Maßnahmen seitens der Christen sehr selten. Sie beantworteten Feindseligkeiten nicht mit Gewalt, sondern mit verstärkter Erinnerung an ihren Herrn und seinen schon errungenen Sieg über den Tod.

Unter Severus

Im dritten Jahrhundert begann dann die allgemeine Verfolgung des Christentums im gesamten Römischen Reich. Die Verfolgungen waren prinzipiell gegen die Christen und wurden administrativ und systematisch durchgeführt.

202 erließ Kaiser Septimius Severus ein Verbot aller Bekehrungen zum Christentum oder Judentum bei Todesstrafe. In der Folge kam es zu einer Häufung von lokalen Christenverfolgungen, die sich insbesondere gegen Katechumen, Neugetaufte und deren Lehrer richtete.

Unter Decius (*201 †251)

Zu solchen Verfolgungen kam es unter Kaiser Decius (249-253), nachdem sich das Christentum stark ausgebreitet hatte. Decius erließ 250 ein allgemeines Opfergebot. Jeder Bürger musste sich eine Bescheinigung (libelli) ausstellen lassen, dass er geopfert habe.

Viele Christen, die sich geweigert hatten, wurden gefangen gesetzt, gefoltert und grausam hingerichtet.

Im Gegensatz zu früheren Zeiten hatten die Verfolgungen und vor allem die Folterungen eher den Zweck, die Christen von ihrem Glauben abzubringen.

Gründe dafür waren vermutlich:

  • die römische Staatsreform bei der Tausendjahrfeier 247 (Gründung Roms 753 v. Chr.), die bewusst religiös orientiert war und den Kaiserkult festigte
  • die Größe der christlichen Kirche, die sich betont vom öffentlichen Leben fernhielt und so als 'Staat im Staat' verdächtig wurde
  • der Protest vieler Berufsgruppen (Priester, Götzenbildhersteller, Veranstalter von Spielen, etc.), die durch die Ablehnung seitens der immer zahlreicheren Christen ihre Existenz gefährdet sahen.
  • die Bedrohung des Reichs durch die Germanen, die im Innern Einigkeit erforderte.
 
Hinrichtung durch Tierhatz

Meistens wurden die Christen verbrannt (Das Martyrium von Polykarp von Smyrna, der älteste Märtyrerbericht aus der Mitte des 2. Jahrhunderts). Römische Bürger, die sich zum Christentum bekannten, wurden enthauptet, in einigen Fällen gekreuzigt oder in der Arena von wilden Tieren zerrissen. Bei Bedarf sah man von der Todesstrafe ab und die Männer landeten in Bleibergwerken. Frauen und Mädchen wurden oft an Freudenhäuser ausgeliefert. Viele gaben dem Druck nach. Dennoch trotzten viele standhaft jeder Drohung. Märtyrer und Bekenner, die unter der Folter standhaft blieben, wurden zu dieser Zeit von ihren Glaubensgenossen hoch geachtet. Zwei typische Merkmale der christlichen Heiligenverehrung entstammen dieser Zeit: die jährliche Feier des Todestages und die Reliquienverehrung.

In der Folge dieser Christenverfolgung gab es neben so genannten Märtyrern auch Bekenner, Christen, die unter der Folter standhaft geblieben waren und die deshalb von ihren Glaubensgenossen hoch geachtet wurden. Die Ablehnung der Wiederaufnahme der Abgefallenen durch einige Bischöfe führte zu erheblichen innerkirchlichen Auseinandersetzungen. Die Bewegung der Donatisten spaltete die Kirche seit dem Toleranzedikt von Mailand. Der Streit endete erst, nachdem die Vandalen das nordafrikanische Zentrum der Donatisten ihrem Reich einverleibten.

Die Verfolgung unter Decius endete 251 mit dem Tod des Kaisers. Sein Nachfolger Valerian setzte sie nach wenigen Jahren verschärft fort, indem er 257 ein generelles Versammlungsverbot für Christen erließ und 258 die Verhaftung und Hinrichtung der christlichen Bischöfe anordnete, um die Organisation der Kirche zu zerstören. Diese Verfolgungen wurden 260 unter Valerians Sohn Gallienus, der mit einer Christin verheiratet war, wieder eingestellt.

Unter Diokletian (*240 †316)

Aus ähnlichen Gründen kam es unter Diokletian zur dritten allgemeinen und grausamsten Christenverfolgung von 303 bis 313. Auch er verlangte das Kaiseropfer und stellte eine Verweigerung des Opfers unter Todesstrafe. Zu den vorherigen Maßnahmen kamen jetzt die Zerstörung von Kirchen, die Vernichtung christlicher Schriften und die vermehrte Deportation standhafter Christen in die Bergwerke hinzu. Besonders im Osten des Reiches waren die Verfolgungen sehr blutig.

Der schweizerische Kulturhistoriker Jacob Burckhardt äußerte in seinem klassischen Werk Die Zeit Constantins des Großen (1853) aufgrund der Quellenlage den Verdacht, daß erst eine niedergeschlagene Palastrevolte christlicher Verschwörer und Soldaten zu der nachmaligen Verfolgung durch den zuvor äußerst christenfreundlichen Kaiser führte. (Vgl. besonders hierzu die Seiten 209-220 in der Ausgabe Leipzig o. J. [1930er Jahre].)

Als Diokletian 305 abdankte, setzten seine Mitkaiser und Nachfolger zunächst noch die gleiche Politik fort.

Das Ende der Verfolgungen

Toleranzedikte

Erst Kaiser Galerius gestand im Toleranzedikt von Nikomedia im Jahre 311 die Erfolglosigkeit der Christenverfolgung:

"Atque cum plurimi in proposito perseverarent ac videremus … promptissimam in his quoque indulgentiam nostram credidimus porrigendam. Ut denuo sint Chrsitiani et conventicula sua componant. … Unde iuxta debebunt deum suum orare pro salute nostra et rei publicae ac sua."
"Und jetzt, da wir sahen, dass die meisten auf ihren Vorstellungen beständig verharrten … haben wir geglaubt, unsere sehr bereitwillige Nachsicht bis dahin ausdehnen zu müssen, dass sie wieder Christen sein und ihre Versammlungen wieder halten dürfen. … Weshalb sie nun auch verpflichtet sein werden, auf gleiche Weise für unser Wohl, für das des Staates und für das ihrige zu ihrem Gott zu beten."

Zwei Jahre später erließ Kaiser Konstantin in Mailand ein weiteres Toleranzedikt (Toleranzedikt von Mailand), das Galerius bestätigt. Konstantin und seine Mitkaiser erklärten in der berühmt gewordenen Vereinbarung:

"... ut daremus et Christianis et omnibus liberam potestatem sequendi religionem quam quisque voluisset..."
"Wir geben den Christen und anderen die politische Macht, derjenigen Religion zu folgen, die sie wollen."

Somit kam es 311 zum tatsächlichen Ende der Christenverfolgungen.

Durch das Toleranzedikt von Mailand wurde die christliche Kirche frei. Zusätzlich gab Konstantin allen Bischöfen Rechte und Ehren, die bis dahin ausschließlich den Senatoren zustanden. Die höheren Staatsämter, von denen die Gestaltung des öffentlichen Lebens abhing, wurden nach einiger Zeit mit Christen besetzt.

Entwicklung zur Staatsreligion

Der Sonntag wurde 321 ein gesetzlicher Ruhetag. Das Kreuz als Zeichen des christlichen Glaubens hielt jetzt Einzug in die Öffentlichkeit, und auf den Münzen erschienen bald christliche Symbole.

Die Folgen dessen waren, dass immer mehr Kirchen errichtet wurden und die Tempel über längere Zeit zerfielen. Christliche Gottesdienste, die vorher in Katakomben geheim abgehalten wurden, nahmen nun prunkvolle Zeremonien an. Aber viel mehr als das Römische Reich sich an die Christen anpasste, begann die Kirche, sich nach dem Modell des Römischen Reiches zu formen und anzupassen. Von nun an war es vorteilhaft, ein Christ zu sein.

Kaiser Konstantin griff allerdings auch aktiv in die inneren Angelegenheiten des Christentums ein, um das Christentum nach dem System Roms zu formen.

Theodosius erklärte 380 das Christentum zur offiziellen Religion. Er erließ 383 nach einem gescheiterten Religionsgespräch ein Häretikergesetz, das Arianer, Donatisten und Manichäer mit Verbannung bedrohte.

Verfolgungen im Islam während des Mittelalters

Im Islam wurden Christen zwar prinzipiell geduldet – wenn auch als Bürger zweiter Klasse – aber im Mittelalter kam es in Kleinasien, Afrika und teilweise in Spanien gegenüber den katholischen und orthodoxen Christen zu kurzen, aber heftigen Verfolgungen.

Neuzeit

Französische Revolution

Die radikalen Fraktionen innerhalb der Französischen Revolution 1789 hatten die Abschaffung des Christentums als Religion zum Ziel. Bis zu 5.000 Geistliche wurden getötet bzw. deportiert, 1793 wurde die Religionsfreiheit widerrufen und das Christentum verboten. In den weniger radikalen späteren Jahren der Revolution nach Ende der "Terrorherrschaft" der Jakobiner, und endgültig unter Napoleon, wurde das Christentum rehabilitiert.

Spanien: Zweite Republik

Von Anfang an war die Zweite Republik von starkem Antiklerikalismus geprägt und dem Bemühen, den Einfluß der katholischen Kirche zu schwächen. Schon die Konstitution unterwarf die öffentliche Ausübung der Religion der staatlichen Kontrolle und schränkte die Handlungsfreiheit von Ordensgemeinschaften, denen z.B. der Betätigung im Unterricht verboten wurde, stark ein. Die Jesuiten sollten aufgelöst werden (1932 durchgeführt), für andere Orden wurde die Möglichkeit der Aufhebung vorgesehen. Das "Gesetz der Konfessionen und Ordenskongregation" von 1933 schränkten die Freiheit von Kirche und Orden weiter ein.

In der ersten Monaten der Zweiten Republik wurden in verschiedenen spanischen Städten Kirchen niedergebrannt, ohne dass die Regierung dagegen einschritt oder die Täter strafrechtlich verfolgte. Die Zerstörung von Kirchen wurde verstärkt nach dem Wahlsieg der Volksfront 1936: In den ersten vier Monaten nach der Wahl wurden 170 Kirchen niedergebrannt, die vollständige Zerstörung 251 weiterer Kirchen konnte verhindert werden. Den Höhepunkt erreichte die Verfolgung nach dem Beginn des Militäraufstands im Juli 1936. Anfangs 1937 beschrieb der republikanische Justizminister die Situation:

Die tatsächliche Situation der Kirche im ganzen loyalen Territorium außer dem Baskenland ist seit Juli des letzten Jahres die Folgende: a) Alle Altäre, Bilder und Kultgegenstände sind, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen, zerstört worden [...]. b) Alle Kirchen sind für den Gottesdienst geschlossen, der vollständig [...] eingestellt wurde. c) Ein großer Teil der Kirchen, in Katalonien ist das der Normalfall, wurde abgebrannt. [...] e) In den Kirchen wurden Lager aller Arten, Märkte, Garagen, Säle, Kasernen, Unterkünfte [...] eingerichtet. f) Alle Konvente wurden geleert und das Ordensleben in ihnen beendet. Ihre Gebäude, Kultgegestände und Güter aller Art wurden verbrannt, geraubt, besetzt und niedergerissen. g) Priester und Ordensleute wurden ohne Anklage festgenommen, ins Gefängnis geworfen und erschossen [...]. Hunderte von Gefangenen liegen in den Gefängnissen von Madrid, Barcelona und der anderen Großstädte einzig aufgrund der Tatsache, daß sie Priester oder Ordensleute sind. h) Inzwischen ist der Privatbesitz von Bildern und Gegenständen des reliösen Verehrung vollständig verboten. Die Polizei [...] dringt in das Innere von Wohnungen [...] ein und zerstört mit Hohn und Gewalt [...] was mit der Religion zu tun hat oder an sie erinnert.

Soweit bekannt, fielen der Verfolgung der katholischen Kirche in der zweiten Republik 13 Bischöfen, 4184 Diözesanpriester und Seminaristen, 2365 Ordensmänner, 283 Ordensfrauen und mehrere Tausend Laien zum Opfer.

Nationalsozialismus

Der Nationalsozialismus bekannte sich zwar offiziell zu einem "positiven Christentum", ging gegen das existierende, seiner Ansicht nach "negative" Christentum als Weltanschauung aber vor. Mitglieder der NSDAP mussten ihren Kirchenaustritt belegen. Nicht bekämpft wurde der große Teil der evangelischen Christen, der sich als Deutsche Christen mit dem Nazisytem gleichschalten ließ. Mitglieder der Bekennenden Kirche verloren jedoch oft ihre Stellen als Pastoren, wurden teilweise verhaftet und in einigen Fällen auch in KZs eingeliefert und hingerichtet.

Auch gegen Vertreter der Katholischen Kirche wurde in bestimmten Fällen vorgegangen, wenn Rom auch mit Nazideutschland ein Reichskonkordat abgeschlossen hatte.

Die größte religiös verfolgte Gruppe nach den Juden bildeten die Zeugen Jehovas mit ca. 1.200 KZ-Todesopfern.

Sozialismus

Den politischen Säuberungen in der Sowjetunion seit der russischen Oktoberrevolution fiel eine unbekannte Zahl von christlichen Geistlichen zum Opfer. Die genauen Zahlen lassen sich nicht erfassen, weil Geistliche oft als Konterrevolutionäre verurteilt wurden, so dass nicht zwischen Geistlichen und Regimegegnern unterschieden werden kann. Die orthodoxe Kirche gibt an, dass zwischen 1917 und 1940 allein 120.000 Priester, Mönche, Nonnen und kirchliche Mitarbeiter verhaftet wurden; davon wurden 96.000 erschossen. Ende der dreißiger Jahre war weniger als ein Dutzend Kirchen noch offiziell geöffnet. Ab 1940 wurde die Verfolgung der Orthodoxen Kirche gemildert, da Stalin alle Kräfte für den Krieg mobilisieren wollte, auch die verbliebenen Gläubigen. Andere kleinere Kirchen wurden weiterhin verfolgt.

Vergleichsweise moderat verlief die antichristliche Politik in Rumänien, der ČSSR, relativ militant dagegen die Unterdrückung von muslimischen und christlichen Geistlichen in Albanien, so dass letzteres verkündete, erster atheistischer Staat der Welt zu sein.

In Ungarn, Jugoslawien, Polen sowie der DDR versuchte der sozialistische Staat seit den 1950er Jahren das Christentum durch gesellschaftliche Benachteiligung der Kirchenmitglieder aus der Öffentlickeit zu verdrängen. So wurden zum Beispiel 1953 in der DDR viele junge Christen von den Oberschulen relegiert, die Junge Gemeinde und die Studentengemeinde öffentlich als staatsfeindliche Organisationen bezeichnet und junge Menschen in Einzelfällen auch inhaftiert. Von einer systematischen Verfolgung kann hier jedoch keine Rede sein. Siehe auch Christen und Kirche in der DDR

Japanische Christenverfolgung

Nach der ersten Landung portugiesischer Seeleute auf Japan 1542 begann sehr bald eine christliche Missionierung unter Führung von Francisco Xavier. In den folgenden Jahrzehnten konvertierten mehrere hunderttausend Japaner, darunter auch einige Fürstenfamilien, unter Duldung der sich zu diesem Zeitpunkt erst bildenden Zentralregierung zum Christentum.

Zwar verwies bereits Toyotomi Hideyoshi um 1587 die Missionare des Landes, da er in der Einflussnahme jesuitischer, vor allem aber franziskanischer Mönche eine Bedrohung seiner Machtposition sah. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde dieser Erlass jedoch kaum durchgesetzt. Erst 1597, ein Jahr vor Hideyoshis Tod, wurden in Nagasaki 26 Christen hingerichtet.

Hideyoshis Nachfolger Tokugawa Ieyasu zeigte sich zunächst tolerant, da er auf den Handel mit den Portugiesen angewiesen war, und wohl auch durch den Einfluss seines englischen Beraters William Adams. Doch nach Adams' Tod, und nachdem auch zu Holland und England Handelsbeziehungen entstanden (wodurch auch der Konflikt zwischen römisch-katholischem Christentum und dem Protestantismus in Japan bekannt wurde), änderte er seine Einstellung. Grund dafür war die Furcht vor christlichen Glaubenskriegen in Japan sowie die Erkenntnis, daß viele Christen untereinander und gegenüber der Kirche größere Loyalität zeigten als gegenüber ihm, dem Shogun. Ab etwa 1612 wurde das Christentum schrittweise verboten.

Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung unter Ieyasus Nachfolgern Tokugawa Hidetada und Tokugawa Iemitsu, besonders nachdem sich 1637 auf Kyushu die überwiegend christliche Bevölkerung im Shimabara-Aufstand gegen das Shogunat erhob. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen, über 40000 Christen getötet. Verfolgungsbehörden wurden eingerichtet, die eine landesweite Verfolgung und Ausrottung der Christen zum Ziel hatten. Wer verdächtigt wurde, Christ zu sein, musste sich öffentlich vom Christentum abkehren und christliche Symbole schänden, die als 踏み絵 (fumie, "Tret-Bilder") bezeichnet wurden, sowie sich in die Glaubensregister buddhistischer und shintoistischer Tempel eintragen und diese regelmäßig besuchen. Diejenigen, die sich weigerten, ihren christlichen Glauben abzulegen, wurden hingerichtet, oft durch öffentliche Kreuzigung oder Verbrennung.

Das japanische Christentum entwickelte sich während dieser Verfolgungsphase zu einer neuen synkretischen Religion, dem Kakure Kirishitan, mit Einflüssen des Buddhismus, des Daoismus und des Shinto. Nach der erneuten Zulassung des Christentums (1873 unter Tennō Meiji) gliederten die Anhänger dieses Glaubens sich in die neu entstehenden christlichen Gemeinden ein, manche lehnten dies aber auch ab, da ihre stark abgewandelte Religion von westlichen Kirchenorganisationen nicht akzeptiert wurde. Sie bilden heute eine schwindende Minderheit, deren Glaubensvorstellungen aber in einer Reihe der sogenannten "neuen Religionen" weiterlebt.

Gegenwart

Das Christentum ist in der Gegenwart die Religion, die am stärksten verfolgt wird. Das Hilfswerk Open Doors gibt an, dass weltweit etwa 200 Millionen Christen in 25 Ländern wegen ihres Glaubens in so diskriminiert sind, dass sie Misshandlungen, Gefängnis oder Tod riskieren.

Asien

  • In Nordkorea kommen Christen in Umerziehungslager, wo sie unmenschlich behandelt werden und oft umkommen
  • In der Volksrepublik China werden katholische wie evanglische Christen sowie andere Minderheiten systematisch verfolgt, gefoltert und in Arbeitslagern inhaftiert. Die Kommunistische Partei Chinas verlangt von Christen anstelle von Gott die atheistischen Grundsätze des Kommunismus anzuerkennen. Wer sich nicht an daran hält, riskiert die Verhaftung durch die Volkspolizei.
  • Auf den Molukken in Indonesien wurden seit 1999 über 3000 Christen umgebracht.
  • In Laos hat das Regime 1999 das Christentum zum "öffentlichen Feind Nummer eins" erklärt. Kirchen wurden geschlossen, und Christen werden verhaftet und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
  • In Pakistan werden christliche Einrichtungen verwüstet und Christen getötet. Ebenfalls werden Christen oft wegen angeblicher Verstöße gegen das Blasphemiegesetz verurteilt, in einigen Fällen zum Tod.
  • In Indien gab es seit 1998 über 1000 gewaltsame Angriffe auf Christen seitens militanter Hindus, die die Zerstörung von Kirchen, Bibelverbrennungen und Vergewaltigung von Nonnen einschlossen, sowie die Ermordung eines australischen Missionars mit seinen beiden Söhnen. Teile des Landes erließen ein Gesetz, das die "Verwendung von Alkoholischen Getränken bei religiösen Zeremonien" unter Strafe stellt.
  • In Saudi-Arabien kommt es zu Verhaftungen und Auspeitschungen von Christen.
  • Im Iran steht auf den Übertritt vom Islam zum Christentum die Todesstrafe. Allgemein ist in den entsprechenden Staaten der Abfall vom Islam oft mit dem Tod bedroht.
  • In der Türkei sind Christen und Kirchen seit langem vielfältigen Diskriminierungen juristischer und anderer Art ausgesetzt. So haben christliche Kirchen keine eigene Rechtspersönlichkeit, kirchliche Bauvorhaben sind einem extrem komplizierten und langwierigen Genehmigungsverfahren unterworfen. Die Kirchen dürfen keine Geistlichen ausbilden. Renovierungsvorhaben müssen durch das Außenministerium genehmigt werden. Seit Gründung des Osmanischen Reiches 1423 durfte keine Kirche gebaut werden.
  • In anderen asiatischen Ländern, z. B. Myanmar (Birma) und Turkmenistan gibt es massive Christenverfolgung.

Afrika

  • Im mehrheitlich islamischen Norden von Nigeria gibt es regelmäßig gewaltsame Angriffe auf Christen.
  • In Ägypten sind die Kopten zwar offiziell akzeptiert, in der Praxis jedoch oft Angriffen aus der Bevölkerung ausgesetzt, gegen die sie beim Staat kaum Schutz finden und die vom Staat auch kaum bestraft werden.
  • Im Sudan wird die christliche Minderheit im Süden seit 1986 verstärkt verfolgt. Christliche Schulen, Krankenhäuser und Kirchen werden gezielt bombardiert, christliche Leiter ermordet, Christen werden als Sklaven verkauft, Ländereien von Christen werden beschlagnahmt und Arabern übergeben. Im Norden gibt es für christliche Flüchtlinge eine Nahrungsmittel-für-Religionsübertritt-Politik.
  • Die Islam-in-Afrika-Organisation, der einige afrikanische Staaten angehören, beschloss 1990, das Christentum in Afrika auszurotten.

Siehe auch

Religionsfreiheit, Verfolgung von Minderheiten, Inquisition, Ketzer, Konfessionskriege, Nordirland, Hexenverfolgung

Literatur

  • Hans Dieter Stöver: Christenverfolgung im Römischen Reich: ihre Hintergründe und Folgen. München 1984, ISBN 3423102926
  • Rudolf Freudenberger u.a.: Christenverfolgung. Theolgoische Realenzyklopädie (TRE) 8, 1981 (S. 23-62)
  • Hans Conzelmann, Geschichte des Urchristentums. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1978 (S. 108-115), ISBN 3525513542