Methamphetamin

organische Verbindung, Medikament und Droge
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Strukturformel
Strukturformel von N-Methylamphetamin
Allgemeines
Freiname Methamphetamin
Andere Namen
  • (S)-N-Methyl-1-phenyl-propan-2-amin (IUPAC)
  • N-Methylamphetamin (MA)
  • 2-Methylamino-1-phenylpropan
  • Desoxyephedrin
  • Crystal
  • Meth
Summenformel C10H15N
Kurzbeschreibung

braune, ölige Flüssigkeit

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
  • 537-46-2
  • 51-57-0 (Methamphetamin-Hydrochlorid)
PubChem 10836
DrugBank DB01577
Wikidata Q191924
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N06BA03

Wirkstoffklasse

Psychostimulans, indirektes Sympathomimetikum

Eigenschaften
Molare Masse 149,223 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Schmelzpunkt

170–175 °C (als Hydrochlorid) [1]

Siedepunkt

300–305 °C (als Hydrochlorid) [1]

pKS-Wert

9,9 [1]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung{{{GHS-Piktogramme}}}

H- und P-Sätze H: {{{H}}}
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Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

N-Methylamphetamin, auch Methamphetamin genannt (ugs. abgekürzt Meth), ist ein hochwirksames, synthetisches Stimulans auf Amphetaminbasis.

Geschichte

Methamphetamin wurde 1893 erstmals durch den japanischen Chemiker Nagayoshi Nagai in flüssiger Form synthetisiert.[4] 1919 wurde die Substanz im Zuge der Strukturaufklärung von Ephedrin erstmals in Reinform von Akira Ogata kristallisiert und 1921 patentiert.[5][6] In Deutschland wurde ab 1934 in den Berliner Temmler-Werken an einem weiteren Verfahren zur Herstellung von Methamphetamin geforscht. Im Oktober 1937 reichten die Temmler-Mitarbeiter Werner Dobke und Friedrich Keil dazu ein Patent ein, das am 31. Oktober 1937 als Deutsches Reichspatent No. 767186 erteilt wurde.[7] Methamphetamin wurde 1938 unter dem Markennamen Pervitin® von den Temmler-Werken auf den Markt gebracht und bis 1988 hergestellt.

Verwendung im Zweiten Weltkrieg

Insbesondere während der »Blitzkriege« gegen Polen und Frankreich 1939/40 fand Methamphetamin millionenfache Verwendung. Unter den Spitznamen »Panzerschokolade«, »Stuka-Tabletten« oder »Hermann-Göring-Pillen« diente das Mittel zur Dämpfung des Angstgefühls und zur Steigerung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit.

Allein in der Zeit von April bis Juni 1940 bezogen Wehrmacht und Luftwaffe mehr als 35 Millionen Tabletten Pervitin. Durch eine Intervention des damaligen »Reichsgesundheitsführers« Leonardo Conti war das Medikament ab Mitte 1941 nicht mehr frei erhältlich, sondern nur noch auf Rezept. Hierdurch reduzierte sich der Einsatz der Droge merklich.[8]

Der spätere Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll bat seine Eltern während des 2. Weltkrieges mehrfach in Briefen von der Front, ihm Pervitin zu schicken.[9] Böll blieb auch nach dem Krieg abhängig von Pervitin.[10]

Verwendung nach 1945

Auch nach 1945 kam der Wirkstoff zum Einsatz: während des Vietnam-Kriegs ebenso wie vermutlich als Doping-Substanz, eingesetzt etwa 1952 von Josy Barthel.[11] Der österreichische Bergsteiger Hermann Buhl benutzte Pervitin auf Anraten des Expeditionsarztes bei seiner Erstbesteigung des Nanga Parbat 1953.[12] Darüber hinaus steht Franz Loogen, Mannschaftsarzt der Deutschen Fußballnationalmannschaft beim Wunder von Bern 1954, im Verdacht, die Fußballer gezielt mit Pervitin gedopt zu haben.[13] Das Fertigarzneimittel Pervitin wurde 1988 vom Markt genommen.

Pharmakologie

Wirkung

N-Methylamphetamin unterdrückt Müdigkeit, Hungergefühl und Schmerz. Es verleiht kurzzeitig Selbstvertrauen, ein Gefühl der Stärke und dem Leben eine ungewohnte Geschwindigkeit. Zu den Nebenwirkungen gehören Persönlichkeitsveränderungen, Psychosen und Paranoia aufgrund von Schlafentzug oder bei Prädisposition. Eine häufige Einnahme führt zu Gewöhnung und späterem Wirkungsverlust, der oft Dosissteigerung zur Erzielung der ursprünglichen Wirkung nach sich zieht.

Pharmakokinetik

Verglichen mit Amphetamin kann N-Methylamphetamin die Blut-Hirn-Schranke besser überwinden und wird so schneller im Gehirn wirksam. Im Körper wird Methamphetamin durch das Cytochrom P450 Cyp2D6 per N-Demethylierung zum Amphetamin (Hauptmetabolit) verstoffwechselt, welches über die Niere ausgeschieden wird. Dabei wird je nach pH-Wert des Harns eine zum Teil erhebliche Rückresorption beobachtet. Bei alkalischem Urin liegt Methamphetamin hauptsächlich als freie (relativ unpolare) Base vor, und kann wieder ins Blut zurück diffundieren. In saurem Harn liegt Methamphetamin in ionisierter Form vor und kann deshalb die Schleimhautwände nicht passieren. Daher ist das Ansäuern des Harns eine wichtige Maßnahme in der Notfalltherapie.

Amphetamin wird auch zu Norephedrin und p-Hydroxyamphetamin weiter metabolisiert. Diese werden dann glucuronidiert und über die Niere ausgeschieden.

Pharmakodynamik

Diese entspricht weitgehend der des N-Desmethyl-Homologons (Amphetamin): Siehe dazu die Pharmakodynamik des Amphetamins. Der dopaminerge Anteil ist beim Methamphetamin noch stärker ausgeprägt, mit Noradrenalin:Dopamin = 2:1[14] – neben der höheren Lipophilie ein weiterer Umstand, der die stärkere Ausprägung des Rauschgefühls und des Suchtpotenzial gegenüber Amphetamin erklärt. Die Serotonin-Ausschüttung ist gering (DA:5-HT = 30:1).[14]

Medizinischer Gebrauch

Methamphetamin ist in Deutschland als verkehrsfähiges, aber nicht verschreibungsfähiges Betäubungsmittel eingestuft[15], es gibt daher keine medizinische Verwendung mehr. Das Fertigarzneimittel Pervitin®, ein Mittel zur Unterdrückung von Müdigkeit, wurde 1988 vom Markt genommen. Es enthielt das Methamphetamin als Hydrochlorid.

In den USA gibt es zur Behandlung der erkältungsbedingten Nasenschleimhautschwellung einen Inhalierstift mit Levomethamphetamin in sehr geringer Dosierung (Vicks®Vapor Inhaler), welche euphorisierende Effekte bzw. eine Suchtentwicklung ausschließt. Das Enantiomer Dextromethamphetamin wird in den USA zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), der Schlafkrankheit (Narkolepsie) und des krankhaften Übergewichts angewendet (Desoxyn®)[16]. Auch hier wird jeweils das Salz des Methamphetamins in Form des Hydrochlorids verwendet.


Neueste Versuche mit Amphetamin nach Schlaganfällen oder traumatischen Verletzungen des Kleinhirns sollen eine Verbesserung der motorischen Fähigkeiten zeigen, die im Tierversuch nachgewiesen wurden, und belegen die Sicherheit der Präparate am Menschen, auch wenn die erhofften Ergebnisse bisher selten und wenige Vorteile über Placebo zeigten.

Zu einer Verbesserung der motorischen Fähigkeiten kommt es allerdings nur dann, wenn der Dopaminhaushalt noch einwandfrei funktioniert (der für die motorischen Bewegungen zuständig ist). Bei längerer Einnahme solcher Stoffe wäre dieser Haushalt gestört und könnte zu Krankheiten wie Morbus Parkinson führen.

Gebrauch als Suchtmittel

Methamphetamin gilt heute unter Modenamen wie »Jaba«, »Meth«, »Crystal« oder »Crystal Meth« auch als relativ günstige sogenannte „Designer- oder Partydroge“ mit aufputschender Wirkung, die überwiegend geschnupft, teilweise aber auch geraucht wird. Die Droge wurde bereits als „Wachhaltemittel“ im Zweiten Weltkrieg verwendet und wird heute vorwiegend in Osteuropa hergestellt. Heutige Konsumenten kommen aus allen Schichten. Untersuchungen gibt es bisher nur in den Vereinigten Staaten, in denen werden jedoch schwere neuropsychologische Defizite, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen und demenzartigen Zustandsbilder bereits im Jugendalter angenommen. [17] Eine besondere Verbreitung besteht in den USA und Thailand, daher auch die Szenebezeichnung als »Thai-Ecstasy«. Neben der oralen Aufnahme wird Methamphetamin auch – ähnlich wie Heroin – auf Alufolie geraucht. Die Modenamen sollen u.a. auch suggerieren, dass es sich bei dem Inhaltsstoff von Pervitin um eine »neue« und »exotische« Droge handele.

Wirkung berauschender Dosierungen

Der Konsum verursacht starke Euphorie, verringert das Schlafbedürfnis, steigert die Leistungsfähigkeit und das Mitteilungsbedürfnis. Das sexuelle Verlangen wird gesteigert. Hunger- und Durstgefühl werden gemindert. Außerdem können (bei höheren Dosierungen) Halluzinationen auftreten. Die Wirkung ist ähnlich der von Amphetamin, aber deutlich stärker. Sie hält bis zu elf Stunden an und kann durch den weiteren Konsum verlängert werden. Danach tritt meist eine starke Erschöpfung ein. Bei hohen Dosen kann die Wirkung von Methamphetamin unabhängig von der Konsumform weit über 24 Stunden andauern. Gegen Ende des Rauschzustandes stellt sich oft quälende Schlaflosigkeit trotz Müdigkeit ein. Auf die Phase des Rausches kann ein von Lethargie und Depression geprägter Kater folgen.

Risiken

Der Konsum von Methylamphetamin kann schnell zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Dies gilt besonders für die Konsumformen Rauchen und Injektion. Toleranzausbildung und damit einhergehende Dosissteigerungen werden wiederholt beobachtet.

Zeichen einer Überdosierung sind erhöhte Körpertemperatur, Schwitzen und trockener Mund, Schwindelgefühl, Zittern, Kreislaufproblem mit plötzlichem Blutdruckabfall, Angstzustände.

Wechselwirkungen mit anderen Drogen

Bei Versuchen an Ratten wurde eine erhöhte Schädigung des Gehirns bei kombinierter Verabreichung mit Ecstasy gefunden. [18]

Nebenwirkungen

  • Schlafstörungen
  • Erhöhte Körpertemperatur (Hyperthermie)
  • Vermutete irreversible Schädigung der Neurotransmitter/Rezeptoren (beim Menschen noch nicht ausreichend nachgewiesen, in Tierversuchen nachgewiesen. Aus Deutsches Ärzteblatt, anhaltende neurotoxische Schäden durch Extasy/Methylamphetamine)
  • Verminderte Kritikfähigkeit
  • Paranoide Wahnvorstellungen auf Grund des Schlafmangels
  • Akutwerden einer latenten Schizophrenie
  • Übersteigerte(r) Egozentrik/Narzissmus
  • Aggressivität
  • Kribbeln unter der Haut, das in extremen Fällen als unter der Haut krabbelnde Insekten wahrgenommen wird (Dermatozoenwahn)
  • Taubes Gefühl im Körper (der Körper wird als nicht vorhanden wahrgenommen)
  • Kein Schmerzgefühl vorhanden

Akute Folgen bereits bei erstmaligem Konsum

  • Lungenhochdruck bzw. -infarkt
  • Hirnblutungen
  • Angstzustände
  • Kopfschmerz
  • Nervosität
  • Motorische Unruhe (Tremor)
  • Augenrollen
  • Kaureflex
  • Wangenschmerz (innen)

Chronische Folgen eines starken Konsums

  • Nierenschäden durch oxidativen Stress [19]
  • Gewichtsverlust
  • Blutverdickung bei gleichzeitiger Blutdrucksteigerung
  • Schlaganfälle und Herzstillstand bei Konsumenten mit Herzproblemen
  • Unregelmäßigkeiten der Menstruation bis zum Aussetzen derselben
  • Erektile Dysfunktion („Impotenz“)
  • Autoaggressionen
  • Erschöpfung und Schädigung von Neurotransmittern (Serotonin und Dopamin) und deren Transporter, vor allem durch oxidativen Stress
  • Beeinträchtigung und Degeneration der Nebenniere
  • Zerfall des Zahnschmelzes, ggf. auch Zahnausfall, insbesondere durch Austrocknen der Mundschleimhäute mit Begleiterscheinungen durch mangelhafte Mundhygiene

Konsumformen und Szenenamen

Konsumiert wird Methamphetamin meist nasal, also geschnupft. Anders als beim Amphetamin (Speed, Pep) liegt der Siedepunkt des szenetypischen Salzes (Methamphetamin-HCl) recht niedrig, daher kann es in einer „Icepipe“ geraucht werden, während Amphetaminsulfat sich beim Erhitzen zersetzen würde, bevor es verdampft. Geraucht gelangt das Methamphetamin schneller in den Blutkreislauf, was einen stärkeren „Kick“ hervorruft. Die Wirkdauer ist kürzer als beim Schniefen. Methamphetamin kann auch geschluckt werden, die Wirkung tritt dann eher sanft ein, hält aber sehr lange an. Eine weitere Konsumform ist die Injektion, die natürlich besondere Risiken im Hinblick auf die meist fehlende Hygiene sowie eventuell verunreinigten Stoff birgt. Methylamphetamin wirkt geschnupft nach ca. 3–10 Min., geschluckt erst nach ca. 30–40 Min.

Auf dem deutschen bzw. europäischen Schwarzmarkt wird Methamphetamin zumeist unter dem Namen „Crystal“ oder „Crystal Speed“ gehandelt. In den USA, wo die Droge (insbesondere im Vergleich zu Amphetamin) weitaus verbreiteter ist, ist zumeist von „Crank“, „Meth“ oder „Crystal Meth“ die Rede. Ein weiterer Staat mit einer vergleichsweise hohen Verbreitung ist Thailand; hier wird die Substanz zumeist „Yaba“ genannt, ein Szenename, der auch im Zuge von Medienberichten über die Verbreitung in Europa oft genannt wurde, vermutlich um zu suggerieren, dass es sich dabei um eine „neue“ und „exotische“ Droge handeln würde.

„Ice“ als Bezeichnung für die Methamphetaminbase

Einer sich recht hartnäckig haltenden Legende nach handelt es sich bei rauchbarem Methamphetamin um die Base, wie es beim Kokain der Fall ist. Metamphetaminbase ist allerdings eine ölige Flüssigkeit, kristallin sind nur seine Salze. Geraucht wird also die gleiche Substanz, die auch geschnupft oder geschluckt wird, nämlich Methamphetamin-HCl. Wenn man allerdings hierbei von „rauchen“ spricht, so ist eigentlich verdampfen gemeint.

Damit man den Stoff „rauchen“ kann, muss er aber eine gewisse Reinheit aufweisen, sonst verbrennen die Streckmittel und verhindern ein sauberes Verdampfen. Als Ice (oder Crystal) wird also eine sehr reine Form des Methamphetamin-HCl bezeichnet, die durch die klaren Kristalle eine Ähnlichkeit mit Eis (engl. ice) aufweist. Zusätzliche Konfusion bringt die oft unklare Benennung im Drogenjargon. Unter Ice wird teilweise auch 4-Methylaminorex verstanden, eine eher wenig verbreitete Droge, die wie Methamphetamin stimulierend und euphorisierend wirkt, chemisch aber nur geringe Verwandtschaft dazu aufweist.

Vint

Vint (russ. Винт = Schraube) ist der russische Szenename für Methamphetamin, das vom Konsumenten selbst unter einfachsten Bedingungen (z. B. in der Küche) hergestellt wird und in dieser Form erstmals 1987 innerhalb der russischen Drogenszene aufgetaucht ist. Die Droge wird meistens unmittelbar vor der Einnahme synthetisiertQuelle? und ausschließlich gespritzt. Der wichtigste Grundstoff für die Herstellung ist reines Ephedrin oder Pseudoephedrin, das aus ephedrinhaltigen Arzneimitteln extrahiert wird oder (selten) als reine Lösung in Ampullen verfügbar ist. Weitere wichtige Komponenten sind Iod und Phosphor. Vint fand in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion große Verbreitung, nicht zuletzt wegen der sehr niedrigen Beschaffungs- und Herstellungskosten. Es besitzt neben dem bekannten Suchtpotenzial des Methamphetamins auch eine starke körperlich schädigende Wirkung, da die Synthese für gewöhnlich nicht sehr präzise abläuft und das Endprodukt oft von schlechter Qualität ist.

Chemie

Methamphetamin ist als freie Base bei Raumtemperatur flüssig. Das Hydrochlorid-Salz ist jedoch eine weiße kristalline Substanz.

Herstellung

Die Herstellung erfolgt durch

Die drei letzteren Herstellungsprozesse verlaufen enantiospezifisch.

Datei:Methlab.jpg
Privates Labor zur Herstellung von N-Methylamphetamin

Vor 1980 erfolgte die Synthese oft auf erstgenanntem Herstellungwege aus Phenylaceton, wobei vor allem die Rockergruppe Hells Angels in den 1960ern große Mengen Methamphetamin auf diese Weise produzierte. Heute unterliegt Phenylaceton strenger Überwachung (z. B. in Deutschland dem Grundstoffüberwachungsgesetz), weshalb dieser Syntheseweg eher selten geworden ist. Die Reduktion des Ephedrins bzw. Pseudoephedrins ist seit Anfang der Achtziger wahrscheinlich am verbreitetsten ([1]S.135, "D.Synthesis"). Das Ephedrin wird entweder aus rezeptfrei erhältlichen Schnupfenmitteln extrahiert oder stammt vom osteuropäischen Schwarzmarkt.

Anschließend wird Methamphetamin mit Hilfe von Salzsäure als Hydrochlorid gefällt.

Stereochemie

Methamphetamin besitzt ein Stereozentrum am C2-Kohlenstoff. Das (S)-(+)-Isomer ist optisch rechtsdrehend und physiologisch etwa 3-4 mal stärker wirksam als das (R)-(−)-Isomer. Industriell hergestellte MA-Produkte (Desoxyn®) sind immer enantiomerenrein, während ein Racemat auf illegale Herkunft hindeutet ([1] S.135,"C. Stereochemistry", letzter Satz). Die Literatur über die unterschiedliche physiologische Wirksamkeit von Enantiomeren eines Arzneistoffes ist umfangreich.[20]

Bezeichnungen

Neben N-Methylamphetamin wird das Arzneimittel auch als Pervitin, Pervertin, Desoxyephedrin, dl-Desoxyephedrin, dl-Methamphetamin, N-Ethyl-1-phenyl-propan-2-amin, (+)-Desoxyephedrin oder (+)-Methamphetamin bezeichnet.

Rechtsstatus

Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland ist Methamphetamin laut Anlage II BtMG[15] ein verkehrsfähiges und nichtverschreibungsfähiges Betäubungsmittel, jeglicher Besitz ohne Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bundesopiumstelle) ist strafbar.

Zur Begründung der Umstufung von den verschreibungsfähigen in die nicht-verschreibungsfähigen Betäubungsmittel heißt es in der 21sten Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung vom 18.02.2008:[21] "Der zunehmende Missbrauch von Metamphetamin, in der Drogenszene als "Crystal" bezeichnet, macht eine Umstufung des Stoffes in die Anlage II des BtMG (verkehrs-, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel) erforderlich. Eine Umstufung in Anlage I des BtMG (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) ist nicht angebracht, da der Stoff als Ausgangsstoff für die Arzneimittelherstellung dient und deshalb verkehrsfähig bleiben soll. Die bisherige IUPAC-Bezeichnung für Metamfetamin lautete (S)-(Methyl)-(1-phenylpropan-2-yl)azan. Nach der neuesten Fassung der IUPAC-Nomenklatur ist der chemische Name (2S)-N-Methyl-1-phenylpropan-2-amin."

Seit dem 1. Februar 1998 lautet die amtliche Schreibweise im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) der Bundesrepublik Deutschland Metamfetamin. Sie wurde mit der Zehnten Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften (10. BtMÄndV)[22] (BGBl. I S. 74) an die WHO-Nomenklatur angepasst.

Bezüglich der Bestrafung wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz beabsichtigt der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluss (2 StR 86/08) vom 6. August 2008, den Grenzwert für eine nicht geringe Menge Metamfetamin auf 5 g Metamfetaminbase oder umgerechnet ca. 6 g Metamfetaminhydrochlorid festzulegen. Nach einer Sachverständigenanhörung hält er die Gleichstellung von Metamfetamin mit anderen Amfetaminderivaten nicht für sachgerecht. Laut Einschätzung des BGH entspricht die Gefährlichkeit und Wirkung von Metamfetamin eher der von Crack. [23]

Österreich

In Österreich ist Methamphetamin als Suchtgift im Sinne des Suchtmittelgesetzes eingestuft, denn es ist in der Anlage II des Übereinkommens von 1971 über psychotrope Stoffe aufgeführt.[24] Somit sind der Erwerb, der Besitz, das Inverkehrbringen, die Ein- oder Ausfuhr, die Erzeugung, das Überlassen oder Verschaffen ist grundsätzlich verboten. Jedoch darf Methamphetamin unter bestimmten Gegebenheiten zu Erzeugnissen, die keine psychotrope Wirkung entfalten, erworben bzw. eingeführt und verarbeitet werden. So darf Methamphetamin beispielsweise zu Arzneimitteln verarbeitet werden oder in Forschungs- und Lehranstalten, die eine entsprechende Erlaubnis halten, zu Forschung- und Lehrzwecken verwendet werden.

Schweiz

Methamphetamin ist ein Betäubungsmittel gemäß der Bundesverordnung über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmV).[25][26] Zur Herstellung, Verarbeitung, Ein- und Ausfuhr von Methamphetamin und daraus hergestellten Präparaten sind nur Firmen und Personen berechtigt, die eine Erlaubnis des Schweizerischen Heilmittelinstituts (Swissmedic) zur Herstellung oder zum Handel mit Betäubungsmitteln besitzen.[27]

USA

In den USA ist Methamphetamin gemäß der Kategorisierung durch die amerikanische Drogenbekämpfungsbehörde Drug Enforcement Administration (DEA) als Klasse II-Droge eingestuft.

Siehe auch

Quellen

  1. a b c d e f g Logan, B.K. (2002): Methamphetamine - Effects on Human Performance and Behavior. In: Forensic Science Review. Bd. 14, S. 134–151. PDF (freier Volltextzugriff)
  2. a b Datenblatt für (+)-Methamphetamine hydrochloride – Sigma-Aldrich 17. September 2008
  3. Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  4. Nagai, Nagayoshi (1893):Kanyaku maou seibun kenkyuu seiseki (zoku). In: Yakugaku Zashi. Bd. 13, S. 901.
  5. Ogata, Akira (1919): alpha and beta-Aminoalkyl(aryl)benzenes and their derivatives. In: J. Pharm. Soc. Jpn. Bd. 445, S. 193-216. Nachdruck 1919 in: Chem. Abstracts. Bd. 13, S. 1709.
  6. Ogata, Akira (1919): Constitution of ephedrine - Desoxyephedrine. In: J. Pharm. Soc. Jpn. 451, 751-764. Nachdruck 1920 in: Chem. Abstracts. Bd. 14, S. 475. HTML
  7. Patentschrift Nr. 767186 mit dem Titel: Verfahren zur Herstellung von Aminen. Patentiert im Deutschen Reiche vom 31. Oktober 1937 an, bekanntgemacht am 8. November 1951. Dieses Patent enthält neben der Synthese von Methamphetamin (Beispiel 1) zusätzlich die Verfahren zur Herstellung von weiteren Aminen, insgesamt werden sieben Beispielsynthesen, beschrieben. PDF
  8. Ulrich A. Hitler's Drugged Soldiers. Spiegel Online International 06.05.2005
  9. Eggers E. Peppige Panzerschokolade. die tageszeitung 28.12.2006
  10. Grefe C, Soboczynski A. Wo ist Böll? Zeit Magazin Leben 02.08.2007
  11. Eggers E. Mit der Kraft der Panzerschokolade. Der Tagesspiegel 26.11.2006
  12. Karl M. Herrligkoffer: Nanga Parbat. Sieben Jahrzehnte Gipfelkampf in Sonnenglut und Eis. Frankfurt a. M./Berlin 1967, S. 100ff.
  13. Eggers E. Peppige Panzerschokolade. die tageszeitung 28.12.2006
  14. a b Rothman, R.B. und Baumann, M.H. (2002): Therapeutic and adverse actions of serotonin transporter substrates. In: Pharm. Ther. 95, 73-88. (Seite 76) PMID 12163129
  15. a b Betäubungsmittelgesetz, Anlage II
  16. Desoxyn in RxList, Liste der verschreibungspflichtigen Arzneimittel in den USA
  17. Frankfurter Rundschau: Mit Crystal in die Demenz vom 06. August 2008
  18. Clemens, K.J. et al. (2005): MDMA (‘Ecstasy’) and methamphetamine combined: Order of administration influences hyperthermic and long-term adverse effects in female rats. In: Neuropharmacology. Bd. 49, Nr. 2, Jg. 2005, S. 195-207. PMID 15993443 doi:10.1016/j.neuropharm.2005.03.002
  19. Tokunaga, I. et al. (2006): Changes in renal function and oxidative damage in methamphetamine-treated rat.. In: Legal Medicine. Bd. 8, Nr. 1, Jg. 2006, S. 16-21. PMID 16157497 doi:10.1016/j.legalmed.2005.07.003
  20. Wainer und Drayer/Irving W. Wainer und Dennis E. Drayer: Drug Stereochemistry, Marcel Dekker, New York und Basel (1988), Seiten 209-368, ISBN 0-8247-7837-5
  21. Einundzwanzigste Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung - 21. BtMÄndV (PDF)
  22. 10. BtMÄndV Art. 1 Nr. 1 Buchst. b; Art. 1 Nr. 3; Art. 3 (PDF)
  23. Beschluss des BGH, Pressemitteilung vom 6. August 2008
  24. Rechtsinformationssystem des österreichischen Bundeskanzleramts (BKA/RIS), Abfrage Bundesrecht
  25. Bundesverordnung über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BetmV)
  26. Verzeichnis der Betäubungsmittel auf der Website der Swissmedic
  27. Betäubungsmittelgesetz der Schweiz (BetmG)

Literatur

  • Hans-Christian Dany: Speed. Eine Gesellschaft auf Droge. Hamburg: Edition Nautilus 2008. ISBN 978-3-89401-569-5
  • Paul Dempsey, David S. Segal, Arthur K. Cho: Amphetamine & Its Analogs: Psychopharmacology, Toxicology, & Abuse, Academic Press 1994, 503 Seiten, ISBN 0-12-173375-0
  • Cousto, Hans: DrogenMischKonsum – Das Wichtigste in Kürze zu den gängigsten (Party-)Drogen, Nachtschatten Verlag, Solothurn 2003, ISBN 3-03788-119-4
  • Alexander Shulgin, Ann Shulgin: Pihkal – A chemical Love Story, Transform Press 1991, 978 Seiten, ISBN 0963009605
  • Werner Pieper: Nazis on Speed – Drogen im 3. Reich, Grüne Kraft 2002, 349 Seiten, ISBN 3-930442-53-1