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'''Pithekoussai''' ([[Griechisches Alphabet|griechisch]] {{lang|grc|Πιθηκούσσαι}}) ist eine antike Stadt auf der Insel [[Ischia]] im Mittelmeer. Es handelt sich um eine Gründung der Griechen im westlichen Mittelmeerraumgebiet, die ein |
'''Pithekoussai''' ([[Griechisches Alphabet|griechisch]] {{lang|grc|Πιθηκούσσαι}}) ist eine antike Stadt auf der Insel [[Ischia]] im Mittelmeer. Es handelt sich um eine Gründung der Griechen im westlichen Mittelmeerraumgebiet, die ein wichtiges Beispiel für die Bedeutung der [[Griechische Kolonisation|griechischen Kolonisation]] darstellt. Diese Siedlung wurde ca. 770 v. Chr. gegründet, nach einigen Jahrzehnten von Prosperität fiel sie an der Wende des achten und des siebten Jahrhunderts in Bedeutungslosigkeit. Ob man Pithekoussai für die erste [[Kolonie]] halten kann, ist in der Forschung allerdings umstritten, da es nicht eindeutig ist, ob es sich im Fall von Pithekoussai um eine Kolonie ([[apoikie]]) oder einen Handelsstützpunkt ([[emporion]]) handelt. Unabhängig davon, wie wir Pithekoussai definieren, steht fest, dass diese Stadt eine wichtige Brücke für den Austausch zwischen dem Osten und dem Westen des Mittelmeerraumgebietes dargestellt hat. |
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Version vom 9. August 2007, 15:45 Uhr

Pithekoussai (griechisch Πιθηκούσσαι) ist eine antike Stadt auf der Insel Ischia im Mittelmeer. Es handelt sich um eine Gründung der Griechen im westlichen Mittelmeerraumgebiet, die ein wichtiges Beispiel für die Bedeutung der griechischen Kolonisation darstellt. Diese Siedlung wurde ca. 770 v. Chr. gegründet, nach einigen Jahrzehnten von Prosperität fiel sie an der Wende des achten und des siebten Jahrhunderts in Bedeutungslosigkeit. Ob man Pithekoussai für die erste Kolonie halten kann, ist in der Forschung allerdings umstritten, da es nicht eindeutig ist, ob es sich im Fall von Pithekoussai um eine Kolonie (apoikie) oder einen Handelsstützpunkt (emporion) handelt. Unabhängig davon, wie wir Pithekoussai definieren, steht fest, dass diese Stadt eine wichtige Brücke für den Austausch zwischen dem Osten und dem Westen des Mittelmeerraumgebietes dargestellt hat.
Quellenlage
Über Pithekoussai berichten die antiken schriftlichen Quellen nur sparlich. Außer den kurzen Beschreibungen von Strabon und Livius, Autoren die zu den Zeiten des Kaisers Augustus gelebt haben, gibt es über diese Siedlung kaum Notizen. Obwohl es sich im Fall von Strabon und Livius um bedeutende Autoren handelt, ist das historische Wert dieser Quellen angesichts der Tatsache, dass sie erst ca. acht Jahrhunderte nach der Gründung von Pithekoussai entstanden sind, nur vom begrenzten historischen Wert. Die wichtigste Quelle für die Erforschung von Pithekoussai stellt, wie bei vielen anderen Gründungen der Griechen, die Archäologie dar.
Literarische Quellen
Das, was wir über Pithekoussai im wesentlichen aus den antiken literarischen Quellen erfahren, stützt sich insbesondere auf folgende zwei Fragmente von den antiken Schriftstellern Strabon und Livius:
Pithecussae was once settled by Eretriens and also Chalkidians, who, although they had prospered there on account of the fruitfulness of the soil and on account of the gold mines, forsook the island as the result of a quarrel; later on they were also driven out of the island by earthquakes, and by eruptions of fire, sea, and hot waters; (…). Hence, also the myth according to which Typhon lies beneath this island, and when he turns his body the flames and the waters, and sometimes even small islands containing boiling water, spouth forth.
Paleopolis lag nicht weit von der Stelle, wo jetzt Neapel liegt. In beiden Städten wohnte dasselbe Volk. Es stammte aus Cumae; die Cumaner führen ihren Ursprung auf das euböische Chalkis zurück. Durch die Flotte , auf der sie aus ihrer Heimat herangekommen waren, besaßen sie große Macht an der Küste des Meeres, an dem sie wohnten; sie war zuerst auf den Inseln Aenaria und Pithecussae gelandet und hatten dann gewagt, ihre Wohnsitze auf das Festland zu verlegen.
Die Behauptung von Strabon, dass sich in Ischia ein fruchtbares Boden befindet, entspricht allerdings nicht ganz den Tatsachen, weil es auf Ischia auch in der Antike nur sehr wenig Humus im Boden gab. Über einen besonders fruchtbaren Boden, der eine Stadt wie Pithekoussai hinreichend mit Nahrungsmitteln versorgen könnte und der Stadt sogar zum Reichtum zu verhelfen würde, kann im Fall von Ischia nicht die Rede sein. Auch die Erwähnung der Goldgruben ist umstritten, da sich nirgendwo auf der Insel Gold befindet. Die Beschreibung von Erdbeben und vulkanischer Tätigkeit entspricht dagegen vollkommen der geomorphologischen Struktur von Ischia.
Archäologische Quellen
Neben der Erkenntnisse, die die geographische Lage dieser Siedlung und die geologische Beschaffenheit des Bodens des Insels Ischia vermittelt, sind für die Erforschung von Pithekoussai archäologische Ausgrabungen von immenser Wichtigkeit. Nur wenige antike Siedlungen können eine so günstige Lage diesbezüglich aufweisen wie Pithekoussai. Seit 1952 bis zum Jahr 1982 wurden bei Lacco Ameno archäologische Arbeiten unter Führung von Giorgio Buchner durchgeführt, die einen großen Beitrag bezüglich der Erforschung von Pithekoussai darstellen. Die Archäologen konzentrierten sich bei ihrer Arbeit auf drei Gebiete: Die Nekropolis im Tal San Montano, die Akropolis von Pithekoussai auf dem Osthang von Monte di Vico und das metallurgische Viertel im Gebiet von Mazzola auf dem Hügel von Mezzavia.
Die Nekropolis
Dabei sind die Ausgrabungen aus der Nekropolis am bedeutendsten, nicht zuletzt wegen der Tatsache, dass sie bis zu dem Anfang der archäologischen Arbeiten praktisch intakt geblieben sind. Allerdings stellte die Nekropolis die Archäeologen vor eine schwere Aufgabe: Sie befindet sich nämlich in einer thermalen Zone, und deswegen steigt die Temperatur, je tiefer man sich unter der Erdoberfläche befindet. Bei den am tiefsten gelegenen Gräbern (die gleichzeitig die ältesten sind) in ca.7 Meter unter der Erdoberfläche, wurde eine Temperatur bis zu 63 Grad Celcius gemessen. Insbesondere Keramik, die in diesen Gräbern gefunden wurde, hatte eine Konsistenz von Käse. Deswegen können wir uns vorstellen, wie viel Zeit, Geduld und Erfahrungen nötig waren, um solche Arbeiten durchzuführen. Insgesamt wurde ungefähr ein Zehntel der Nekropolis gründlich untersucht und dabei ca.1300 Gräber entdeckt. Bis heute wurden allerdings nur die Gräber 1-723 systematisch beschrieben. Die Ausgrabungen aus der Necropolis liefern eine große Menge an für die Historiker interessanten Material. Insgesamt wurden während der Ausgrabungen fünf unterschiedliche Typen von Gräbern festgestellt: 1. Beerdigung in Gräbern mit Beigaben 39% (194 Gräber) 2. Beerdigungen in Amphoren mit oder ohne Beigaben 27% (131 Gräber) 3. Beerdigung in Gräbern ohne Beigaben 16% (81 Gräber) 4. Feuerbestattung unter Grabhügel mit Beigaben 15% (73 Gräber) 5. Feuerbestattung unter Grabhügel ohne Beigaben 3% (14 Gräber)
Die Analyse der Gräber bietet den Forschern wichtige Hinweise, die auf die gesellschaftliche Struktur in Pithekoussai hindeuten (s.u.). Zu den bedeutendsten Entdeckungen aus der Nekropolis gehören v.a. der so genannte Nestorbecher, Darstellung eines Schiffbruches auf einer Tonscherbe lokalen Typus, Skarabäer di faïence ägyptischer Provenience, Siegel aus Syrien oder Kylikien, Keramik des „Early Proto-Corinthian“ Typus und nordsyrische Aryballoi.
Die Akropolis
Auch die Ausgrabungen an der Akropolis von Pithekoussai auf Monte di Vico, die im Jahr 1965 verliefen, haben uns viele neue Kenntnisse über diese Siedlung gebracht. Der Anlasspunkt für die Ausgrabungsarbeiten war die Entdeckung einer archäologischen Fundstätte bei der Konstruktion einer großen Villa auf Monte di Vico. Konkret handelt es sich um eine große Schlucht, die eine große Menge an Keramik und anderen Materialien enthielt. Die Tatsache, dass es sich in der Schlucht Sachen aus einem Zeitraum von insgesamt fünfzehn Jahrhunderten befinden, deutet darauf hin, dass sie aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen wurden, und deswegen dementsprechend interpretiert sein müssen. Die Keramik aus dem achten Jahrhundert ist in der Schlucht in einer großen Menge vorhanden: Insgesamt wurden mehr als 10 000 Keramikfragmente aus der euböischen Periode entdeckt Zu den bedeutendsten Funden gehören Kotylai von Typus Aetos 666, die wichtig für die Datierung der Entstehung von Pithekoussai sind, da sie nur vor 750 v.Chr im Umlauf waren. Sie deuten darauf hin, dass Pithekoussai schon in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts entstanden ist. Eine sehr wichtige Entdeckung aus der Acropolis stellt auch eine große Anzahl an kleinen Resten von Eisen und den so genannten tuyères, Rohren aus Keramik mit denen man Luft ins Feuer bei der Erzeugung von Eisen blies. Außerdem wurde auch ein Stück von Eisenerz im naturellen Zustand gefunden, der (wie festgestellt wurde) aus der Insel Elba stammt, und zwar aus einem Gebiet, das schon seit der Antike für die Gewinnung von Einsenerz benutzt worden ist.
Das metallurgische Viertel Mezzavia
In den Jahren 1969-1971 verliefen archäologische Arbeiten im Gebiet von Mazzola, die außerhalb der Vorgebirge von Mote di Vico liegt und damit eine Peripherie von Pithekoussai darstellt. Dieser mindestens 500 Meter lange suburbane Komplex beinhaltet eine Reihe von abgetrennten Komplexen, die im Laufe des ersten Viertels des siebten Jahrhunderts verlassen wurden. Davon wurden drei untersucht und nur eines davon gründlich ausgegraben. In dem untersuchten Komplex sind insgesamt vier Strukturen erkennbar, davon hat wahrscheinlich nur das Gebäude Nr. I. als Wohnung gedient. Ein gut erhaltener Tiegel im Küchenraum deutet daraufhin, dass dieser Komplex möglicherweise in Folge einer Katastrophe schnell verlassen wurde. In Anlehnung an Strabon (s.o.) ist es möglich, dass es sich um ein Erdbeben gehandelt hat. In den Resten des Gebäudes Nr.III. wurden viele kleine Stücke von Eisen und Reste von einer Schmiede gefunden. Im Gebäude Nr.IV. wurde eine andere Schmiede entdeckt und zwei glatte und harte Steinflächen, die vermutlich als Amboss gedient haben. Dank dieser Funde können wir vermuten, dass im Viertel von Mezzavia eine intensive Metallverarbeitung betrieben wurde. Eisen war dabei nicht das einzige Metall, das verarbeitet wurde: Es wurden auch Stücke von Bronze und Blei entdeckt. Außer verschieden Hinweisen auf Metallverarbeitung, wurden in Mezzavia diverse Keramikreste entdeckt: Einen sehr bedeutenden Fund stellt eine Tonscherbe dar, an der die älteste Unterschrift der griechischen Welt steht. Diese Scherbe stammt aus dem späten achten Jahrhundert.
Pithekoussai allgemein
Gründung und Funktion der Siedlung
Einige Rückschlüsse über die Gründe, warum Pithekoussai entstanden ist, lassen sich aus unseren Kenntnissen über die geographische Position dieser Siedlung, über die Beschaffenheit des Bodens auf Ischia und über die archäologischen Ausgrabungen ziehen. Wenn man auf die Mappe des Mittelmeerraumes schaut, bietet sich logischerweise die Frage, warum Pithekoussai in einer so großen Distanz zu den Mutterstädten auf der Insel Euböa entstanden ist. Eine plausible Antwort bieten uns die schon erwähnten Funde von Eisen, u.a. von Eisenerz aus Elba auf der Acropolis und im metallurgischen Viertel Mezzavia. Aufgrund von diesen Gegebenheiten lässt sich die These aufstellen, dass eines der wichtigsten Gründe für die Entstehung von Pithekoussai das Interesse der Euböer am Metall der Etrusker gewesen ist. Diese These wird auch durch folgende Erkenntnisse unterstützt. Erstens (wie schon oben erwähnt) ist der Boden auf Ischia (außer für Weinanbau) für die Landwirtschaft nicht geeignet. Deswegen können wir ausschließen, dass der Grund für die Entstehung von Pithekoussai Landsuche (wie im Fall von vielen anderen Kolonien, beispielsweise Kyrene) gewesen ist. Dass das Motiv der Griechen bei der Gründung von Pithekoussai nicht die Landsuche war, beweißt auch die Tatsache, dass Pithekoussai in einer sehr großen Entfernung vom griechischen Mutterland liegt. Falls es sich um eine Landsuche handeln würde, würden die Griechen sicherlich eine näher gelegene Ortschaft finden. Drittens beweisen die zahlreichen Funde von Keramik aus verschiedenen Teilen des Mittelmeeres, dass Pithekoussai ein wichtiges Handelszentrum gewesen ist. Wie uns allerdings die Entdeckung des metallurgischen Viertels von Mazzola beweist, ist Pithekoussai nicht nur ein Handels- sondern auch um ein industrielles Zentrum gewesen. Dass es sich im Fall von Pithekoussai um ein sehr wichtiges Handels- und Industriezetrum gehandelt hat, beweisen auch viele andere griechische Gründungen auf dem Weg nach Golf von Pithekoussai: „Die (…) Koloniegründungen in Korkyra (Eretria), Naxos, Zankle, Messana und Rhegion (durch Chalkis) liegen (..) nicht zufällig an wesentlichen Etapen des Seeweges vom korinthischen Golf nach Pithekoussai – einem Weg, dem Korinth mit Eroberung Korkyras, der Gründung von Syrakusai und seinen späteren Gründungen an der Adria (Leukas, Ambrakia, Anaktrion) ebenso folgte wie Megara und besonders die Gemeinden Achaias, die Kroton und [[Sybaris] im Golf von Tarent gründeten. Sybaris dürfte nicht zufällig an der kürzesten Landverbindung zwischen dem Golf von Tarent und dem Tyrrhenischen Meer liegen – was die gefährliche Durchquerung der Straße von Messina vermied und ihm sprichwörtlichen Reichtum verschaffte (…).“
Viele wissenschaftliche Diskussionen über Pithekoussai betreffen das Thema, ob es sich im Fall dieser Siedlung um einen Handelsstützpunkt (emporion) oder um eine Kolonie (apoikia) handelt. Generell definiert man diese beiden Begriffe folgendermaßen: Währenddessen Emporia einen heterogenen Ursprung haben und durch eine gemischte Population gekennzeichnet sind, handelt es sich im Fall von Apoikien um autarke Städte, ein Produkt der griechischen Polis, mit allem Implikationen, die es mit sich bringt. Pithekoussai hat zwar eine gemischte Population, aber keinen heterogenen Ursprung. Deswegen lässt sich die Stadt eindeutig weder als Emporion noch als Apoikia bezeichnen.
Zur Zeit der Gründung von Pithekoussai wurde die griechische Polis wahrscheinlich noch nicht herausgebildet. Selbst Korinth war noch um das Jahr 730 nur ein Aglomerat von Dörfer. Deswegen ist es nicht möglich, über Pithekoussai als über eine Kolonie im vollen Sinne des Wortes zu sprechen. Die Diskussion, ob es sich im Fall von Pithekoussai um eine Kolonie oder um einen Handelsstützpunkt handelt ist bis heute nicht abgeschlossen, da es noch nicht gelungen ist, ein Model zu entwerfen, die alle Spezifica der Begriffe emporion und apoikia klar definieren würde. Es ist auch nicht das Ziel dieser Hausarbeit diese Diskussion detailliert zu beschreiben und schon gar nicht zu versuchen, eine definitive Antwort auf diese Frage zu geben. Sicher steht, dass man in der neueren Literatur den Begriff emporion als Beizeichnung von Pithekoussai bevorzugt.
Soziale Struktur
Über die soziale Struktur von Pithekoussai lässt sich generell nicht viel sagen. Trotzdem erhalten wir einige wenige Hinweise über sie durch die Analyse der Ausgrabungen aus der Necropolis. Durch die Untersuchung dessen, wie die Grabbeigaben aussehen und wie sie zwischen den fünf erwähnten Typen von Gräber verteilt sind, bekommen wir Anhaltspunkte dafür, wie die Gesellschaft in Pithekoussai organisiert wurde. Die Feuerbestattung wurde generell für Erwachsene (sowohl Männer als auch Frauen) reserviert, Beerdigungen mit Beigaben ist eine Form, die für Kinder typisch ist, Beerdigung ohne Beigaben wiederum für Erwachsene. Enchystrismos war ausschließlich für Säuglinge bestimmt. Die persönlichen Ornamente sind in Gräbern von Kindern meistens aus Bronze, bei Erwachsenen erscheint dagegen häufig Silber. Erwachsene bekommen in der Regel mehr Beigaben als Kinder. Auf Grund von dieser Informationen lassen sind bestimmte Thesen aufstellen, wie z.B. das der Rang von Erwachsenen, die ohne Beigaben bestattet wurden, in der Gesellschaft ein niedrigerer gewesen ist und davon ableiten, dass es in Pithekoussai mindestens zwei unterschiedliche soziale Klassen gab. Ebenfalls lässt sich vermuten, dass das Ansehen von Kinder in der Gesellschaft eine niedrigere war als von Erwachsenen, da sie wenige Beigaben bekommen haben. Da wir aber über keine sicheren Daten bezüglich der Bedeutung von Grabbeigaben in Pithekoussai verfügen, haben die oben angeführten Vermutungen nur einen begrenzten Wert.

Die Aufgabe zu beschreiben, wie die Beziehungen zwischen den Mutterstädten auf Euböa und Pithekoussai gewesen sind, ist dadurch erschwert, dass wir über Chalkis und Eretria nur wenig wissen, da ihre Necropolen bis heute nur wenig erforscht wurden. Wie wir oben gesehen haben, war Pithekoussai von ihren Mutterstädten vor allem aus Handelsgründen gegründet. Das passt gut zu der Tatsache, dass es zwischen dem griechischen Mutterland und Pithekousssai auch nach der Gründung Kontakte gab, was Funde von Keramik aus Euböa in Pithekoussai gut bezeugen. Es ist allerdings zu erwähnen, dass die Funde der Keramik aus Euböa bei weitem nicht solche Häufigkeit ausweisen wie beispielsweise Funde aus Korinth oder aus dem Orient. Außerdem stellt die lokale Produktion von Keramik fast ohne Ausnahme Imitationen protokorinthischer Keramik dar. Wie Giorgio Buchner bemerkt, hätten die Forcher ohne der schriftlichen antiken Quellen Pithekoussai wahrscheinlich als eine korinthische Kolonie bezeichnet. Daraus können wir zum Schluss kommen, dass die Handelsbeziehungen mit den Mutterstädten zwar eine Rolle spielten, jedoch nicht die Hauptrolle. Die Kontakte zwischen Pithekoussai und Euböa überdauern bis zum Verlassen von Pithekoussai nach dem Ende des achten Jahrhunderts. Danach scheint sich auch Euböa für den Westen allgemein nicht mehr zu interessieren, zumindest sind keine Funde aus Euböa in diesem Gebiet mehr feststellbar. Ein anderer möglicherer Hinweis auf die Beziehungen zwischen Pithekoussai und ihrer Mutterstädten ist die Erwähnung Strabons, dass die Eretrier von Pithekoussai aus weggezogen sind in Folge innerer Streitigkeiten (s.o.). Handelt es sich hier um ein Echo des so genannten lelantischen Krieges, der auf Euböa möglicherweise zu diesem Zeitpunkt ausgebrochen ist? Dies ist eine interessante Frage, die in der Forschung kontrovers diskutiert wird.
Beziehungen mit den Einheimischen
Auch über die Beziehungen zwischen den Einheimischen auf Ischia und den Griechen haben wir wenig Informationen. Das Viertel von Mazzola und Monte di Vico wurden in der Bronzezeit offensichtlich von einem apeninischen Volk besiedelt, in der Eisenzeit scheinen die Siedlungen allerdings verlassen zu sein, da bei den Ausgrabungen von der Acropolis weder indigene Keramik aus der prähellenischen Eisenzeit, noch importierte mykenische Keramik vorhanden ist. Diese wurde auch an keinem anderem Ort in Pithekoussai entdeckt, was uns zum Schluss kommen lässt, dass sich die Euböer an einem Ort angesiedelt haben, der vorher unbewohnt war. Dies gilt allerdings nicht für die ganze Insel Ischia, da es sich in der Nähe von Pithekoussai ein indigener Dorf (das heutige Castiglione) befand, in dem Überreste aus der Bronze- und Einsenzeit und mykenische Keramik ausgegraben wurden. Castiglione, das sich östlich von Pithekoussai befindet, wurde zu dieser Zeit besiedelt und da diese Siedlung im Laufe des achten Jahrhunderts erhalten geblieben ist , können wir vermuten, dass die Beziehungen zwischen Pithekoussai und Castiglione friedlich gewesen sind.
Frauen in Pithekoussai
Viele Forscher stellen sich heute die Frage, welches Ursprungs die Frauen in griechischen Kolonien waren: handelte es sich um griechische Frauen, die entweder zusammen mit den ersten Kolonisatoren oder später angereist sind, oder heirateten die Griechen indigene Frauen? Diese Frage ist generell nicht einfach zu beantworten, u.a. aus dem Grund, dass Frauen ein Thema darstellen, das in den antiken Quellen nur wenig behandelt wurde. Im Fall von Pithekoussai ist es nicht anders. Die einzigen Informationen, über die wir verfügen, stammen aus den archäologischen Ausgrabungen und lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Erstens waren Frauen in Pithekoussai präsent, was eine große Zahl von Frauen- und Kindergräber bezeugt. Zweitens wurden in weiblichen Gräbern Kleiderspangen italienischen Provenienz entdeckt und aufgrund dieser Funde wurde die These aufgestellt, dass zumindest Frauen der erster Generation indigener Ursprung gewesen sind. Die Kritik dieser These liegt darin, dass uns dieser Fund nicht zwingend zu der Annahme führt, dass es sich um nichtgriechische Frauen gehandelt hat, da es vorstellbar ist, dass auch griechische Frauen die Kleiderspangen italienischer Provenienz tragen konnten, die sie beispielsweise durch den Handel erwerben konnten. Wie die aktuelle Forschung zeigt, sind Kunstprodukte nicht notwendig nur für eine Ethnie spezifisch. Die These, dass die Frauen in Pithekoussai indigener Ursprung gewesen sind lässt sich also weder bestätigen noch verneinen.
Die Bedeutung von Pithekoussai
Kontakte mit dem Orient
Wie schon oben beschrieben, wurden in Pithekoussai große Mengen an importierter Keramik und anderer Waren aus verschiedensten Gebieten des v.a östlichen Mittelmeers entdeckt worden. Pithekoussai hat aber nicht nur Handel mit dem Orient getrieben; es gibt auch Anhaltspunkte dafür, dass hier Ausländer aus dem Orient sogar gelebt haben. Auf einer Amphore griechischen Typus aus dem Grab 575 , die in der Necropolis entdeckt wurde, wurden beispielsweise drei semitische Inschriften gefunden, die auf die Präsenz von Ausländer in Pithekousassai hindeuten. Dieses Gefäß stammt wahrscheinlich aus dem Insel Rhodos, wo eine föinikische Minderheit gelebt hat. Von dort aus wurde sie vermutlich nach Pithekoussai exportiert und hat ursprünglich als Behälter für Öl gedient. Auf der Necropolis änderte diese Amphore allerdings ihren ursprünglichen Zweck, da in ihrem Innerem die leiblichen Überreste eines Säuglings gefunden wurden. Darüber zeugt auch die letzte von den drei semitischen Inschriften, die einen semitischen religiösen Symbol darstellt. Daraus kann man ableiten, dass die dritte Inschrift in Pithekoussai aufgekratzt wurde, und zwar von jemanden, der nicht ein Euböer war. Deswegen kommen wir zu dem Schluss, das mindestens eines der Eltern aus dem Orient stammte.
Kontakte mit den Etruskern
Die Ausgrabungen von Pithekoussai weisen aber nicht nur zahlreiche Verbindungspunkte mit dem Orient, sondern auch mit der Welt der Etrusker in Italien auf, wie wir beispielsweise an den schon erwähnten Funden von Eisen (und insbesondere von Eisenerz aus Elba) und Kleiderspangen italienischer Provenienz beobachten konnten. Die Kontakte mit den Etruskern führen uns zu folgenden Fragen: Wie ist der Kontakt der zwischen den Euböer und den Etruskern zu bewerten? Waren die Euböer für kulturelle Transformationen in Italien verantwortlich? Wenn ja, für welche? Das achte Jahrhundert v. Chr. ist für die Entwicklung in Italien generell sehr wichtig: es lassen sich einige neue Phänomene betrachten wie z.B. protourbane zentralisierte Siedlungen, Erscheinung von sozialen Differenzen, Spezialisierung in der Produktion. Es wäre zu vereinfachend die Verantwortung für die Entstehung von aller dieser Phänomene den Euböern zuzuschreiben. Ihr Einfluss lässt sich allerdings genauso wenig verneinen. In den indigenen Siedlungen von Italien wurden viele Funde festgestellt, die den Funden von Pithekoussai ähnlich sind (weil sie den gleichen Typus darstellen) oder die sogar einen identischen Muster aufweisen. Um nur einige Beispiele zu nennen: In der vorhellenistischen Kyme wurden auf der Necropoli Becher entdeckt, die dem euböischen mittelgeometrischen Still zuzuordnen sind. Ähnliche Becher wurden auch in Capua oder Pontecagnano und was besonders bemerkenswert ist – in Pithekoussai ausgegraben. Auch Siegel des Typus Lyre-Player Groupe, die wir ebenfalls aus Pithekoussai kennen, wurden an verschiedenen Orten in Etrurien festgestellt; In Faluri wurde sogar ein Siegel gefunden, das identisch mit einem anderen in Pithekoussai gefundenen Siegel ist. In Pithekoussai selbst wurden wiederum zwei Amphoren etruskischer Provenienz entdeckt. Diese Beispiele stellen nur einen Bruchteil von Entdeckungen dar, die auf den Austausch von Waren zwischen den Etruskern und den Euböern hinweisen. Der intensive Warenaustausch zwischen den Etruskern und den Euböern und die gleichzeitige Entwicklung der Metallindustrie in etruskischen Zentren lässt David Ridgway die These aufstellen, dass die Euböer als Tausch für Eisen und andere Waren den Etruskern ihr technisches Wissen angeboten haben. Auch das Wachstum von zentralisierten Siedlungen, demografischer Wachstum, Erscheinung von sozialen Unterschieden und Erlernen der Navigation, betrachtet Ridgway als mögliche Frucht des Kontakts mit den Euböern aus Pithekoussai. Obwohl es für diese Vermutungen keine konkreten Beweise gibt, stellen sie trotzdem eine plausible Erklärung für den Aufschwung der Etrusker auf dem Feld der Technologie, Politik und Wirtschaft im achten Jahrhundert dar. Der wichtigste Argument, der für diese Annahmen spricht, ist die Tatsache, dass diese Änderungen gerade im achten Jahrhundert an Orten erschienen sind, mit denen die Euböer, die ihrerseits über alle diese Errungenschaften bereits verfügt haben, im intensiven Kontakt standen.
Nestorbecher

Der berühmteste Fund von Pithekoussai stellt sicherlich der so genannte Nestorbecher dar. Es handelt sich um einen Import aus Rhodos und er wurde in einem aus dem Ende des achten Jahrhunderts stammenden reichen Grab eines ungefähr zehnjährigen Jungen entdeckt. Das was diesen Becher so interessant macht, ist eine dreizeilige Inschrift, die auf ihn aufgekratzt wurde:
Nestor besaß eine höchst trinkwürdige Schale, aber jeder, der aus der meinen trinkt, wird sogleich von Verlangen nach der schöngekrönten Aphrodite befallen werde.
Die Inschrift wurde in Pithekoussai aufgekratzt und es handelt sich um eine scherzhafte Anspielung auf Homers Versen aus Ilias, die ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wie diese Inschrift entstanden ist. Für die Forscher ist dabei von Bedeutung, dass die Inschrift in einer griechischen Alphabeth chalkidischen Typus und in einem euböischen Dialekt aufgekratzt wurde. Chalkis, eines der Mutterstädte von Pithekoussai, war im achten Jahrhundert eines der wichtigsten Zentren der ionishen Adelskultur , und deswegen überrascht es nicht, dass Homers Versen gerade in einer ihrer Tochterstädte erschienen sind. Nestorbecher ist aber nicht nur wegen des Bezugs auf Homer bedeutend. Es handelt sich gleichzeitig um eines der ältesten bislang gefundenen Beispiele der griechischen Alphabet auf dem italienischen Boden überhaupt. Dieser Fund illustriert die Übertragung des Alphabets von Griechen an die Etrusker, die die Alphabets ihrerseits an die Römer weiter gegeben haben. Die Alphabet der Etrusker erscheint um 700 v. Chr. und es handelt sich um den gleichen Typus, der auch in Pithekoussai und Kyme benutzt wurde.
Gründung von Kyme
Die Bedeutung von Pithekoussai liegt auch darin, dass sie die Mutterstadt von Kyme ist, der nach Strabon wichtigsten Kolonie von Italien und Sizilien. Kyme wurde in der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts auf der gegenüberliegenden Küste von Pithekoussai gegründet und es handelt sich um eine Kolonie im vollen Sinne des Wortes. Auf die Frage, ob Kyme von Pithekoussai aus gegründet wurde, geben die antiken Quellen eine nicht übereinstimmende Antwort: Währendessen Livius berichtet, dass die Kolonie Kyme von Chalkidiern von Pithekoussai aus gegründet wurde (s.o.), erwähnt Strabon diese Information gar nicht. Dies muss die Forscher aber nicht beunruhigen. Die Tatsache, dass Pithekoussai von Strabon nicht erwähnt wurde, lässt sich plausibel dadurch erklären, dass Strabons Quelle bezüglich Kyme Ephorus darstellt, ein Autor aus dem vierten Jahrhundert. Ephorus stammte aus der äolischen Kyme und aufgrund von dieser Tatsache erscheint es plausibel, dass er Pithekoussai nicht erwähnt hat, um seine eigene Stadt (als einen der Gründer von Kyme) besser hervorheben zu können. Kyme erlangte bald nach ihrer Gründung große Bedeutung im Mittelmeer, da sie die Funktion als Handels- und Handwerkszentrum von Pithekoussai geerbt hat. Die Bedeutung von Kyme liegt u.a. darin, dass sie sebst viele bedeutende Kolonien gegründet hat, wie zum Beispiel Neapel (um nur den wichtigsten Beispiel zu nennen). Kyme und ihre Tochterstädte hatten zahlreiche Kontakte mit den Etruskern, was zu einem technischen, politischen und kulturellen Austausch und Austausch von Waren zwischen der Welt der Griechen und der der Etrusker sehr beigetragen hat.
Literatur
Quellen
- Livius, T., Römische Geschichte, Buch VII-X, hg. von Hillen H.J., Zürich 1994.
- Strabon, The Geography, Buch II, hg. Page T.E. u.a., London u.a. 1960.
Ausgrabungsbericht
- Giorgio Buchner, David Ridgway, con appendici di C.F. Russo e F. De Salvia, e contributi di J. Close-Brooks, F. R. Serra Ridgway e altri: Pithekoussai 1, La necropoli. tombe 1-723 scavate dal 1952 al 1961, Roma 1993.
Sekundärliteratur
- Boardman, J., Kolonien und Handel der Griechen. Vom späten 9. bis zum 6.Jahrhundert v.Chr., München 1981.
- Buchner, G., Dibattito, in: Centro di Studi sulla Magna Grecia dell‘Università di Napoli (Hg.): Metropoli e colonie di Magna Grecia. Atti del terzo convegno di studi sulla Magna Grecia tenuto a Taranto dal 13 al 17 ottobre 1963, Napoli 1964, S.263-274.
- Buchner, G., Pithecusa: Scavi e scoperte 1966-1971, S.363-374. In: Centro studi dell Magna Grecia dell‘Università di Napoli (Hg.), Le Genti non Grece della Magna Grecia. Atti dell‘undicesimo convegno sulla Magna Grecia, Napoli 1972.
- Buchner, G. – Ridgway, D., Pithekoussai, Bd. 1 (Testo), Roma 1993.
- Buchner, G. – Ridgway, D., Pithekoussai, Bd. 1 (Tavole), Roma 1993.
- De Iuliis, H.M., Magna Grecia.L‘Italia meridionale dalle origini leggendaria alla conquista romana, Bari 1996.
- Eder, W., Kolonisation, in: Der neue Pauly 6, Enzyklopädie der Antike, hg. v. H.Cancik u.a., Stuttgart u.a. 1996 ff, S.646-666.
- Greco, E., Archeologia della Magna Grecia, Bari 1992.
- Ridgway, D., L‘alba della Magna Grecia, 1984 Milano.
- Ridgway, D., La „Precolonizzatione“, in: Istituto per la Storia e L‘Archeologia della Magna Grecia (Hg.), Un secolo di richerche in Magna Grecia. Atti del ventottesimo convegno di studi sulla Magna Grecia, Taranto 1989, S.111-126.
- Rüter, K. – Matthiessen, K.: „Zum Nestorbecher von Pithekussai“, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 2, 1968, S. 231-255.
- Shepherd, G., Fibulae and Females: Intermarriage in the western Greek colonies and the evidence from the cemeteries, in: Tsetskhladze, G.R. (Hg.), Antient Greeks West and East, Brill u.a. 1999, S.267-300.
- Wachter, R., Altlateinische Inschriften. Sprachliche und epigraphische Untersuchungen zu den Dokumenten bis etwa 150 v.Chr, Bern u.a. 1987.