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Xonotlit

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Xonotlit
Nadelig-Kugeliger Xonotlit auf Apophyllit aus der „Wessels Mine“, Hotazel, Kalahari, Südafrika (Größe: 7,8 × 4,2 × 2,7 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Xon[1]

Andere Namen
  • Xonaltit
  • Eakleit
  • Jurupait
Chemische Formel Ca6[(OH)2|Si6O17][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/D.11
VIII/F.21-030

9.DG.35
66.03.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[3]
Raumgruppe P2/a (Nr. 13, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/13.3[2]
Gitterparameter a = 17,03 Å; b = 7,36 Å; c = 7,01 Å
β = 90,3°[2]
Formeleinheiten Z = 2[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6 bis 6,5[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,71 bis 2,72; berechnet: 2,71[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {h01}[4]
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig; splittrig
Farbe kalkweiß bis bläulichgrau, hellrosa bis rötlich
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend
Glanz Perlglanz, Fettglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,583
nβ = 1,585
nγ = 1,595[5]
Doppelbrechung δ = 0,012[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 50° (berechnet)[5]

Xonotlit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Ca6[(OH)2|Si6O17][2], ist also ein Calcium-Silikat mit zusätzlichen Hydroxidionen. Strukturell gehört es zu den Ketten- und Bandsilikaten (Inosilikaten).

Xonotlit entwickelt meist faserige bis nadelige Kristalle bis etwa zwei Zentimeter Länge, die parallel der b-Achse [010] gestreckt und in radialstrahligen, rosettenförmigen oder kugeligen Mineral-Aggregaten angeordnet sind, die einen perlmutt- bis fettähnlichen Glanz aufweisen. Auch blättrige und derbe Aggregate wurden beobachtet. In reiner Form ist Xonotlit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von polykristalliner Ausbildung erscheint er jedoch meist weiß und durch Fremdbeimengungen nimmt er gelegentlich eine bläulichgraue oder hellrosa bis rötliche Farbe an, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Mit einer Mohshärte von 6 bis 6,5 gehört Xonotlit zu den harten Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Orthoklas (6) gerade noch mit einer Stahlfeile ritzen lassen. Allerdings ist Xonotlit spröde und bricht bei ungleichmäßiger Belastung splittrig, wobei unebene bis muschelige Bruchflächen entstehen.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt wurde das Mineral in einem Bergwerk bei Tetela de Xonotla (auch de Tonatla) bei Puebla[6] in Zentralmexiko. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte 1866 durch Carl Rammelsberg, der es nach seiner Typlokalität benannte, allerdings zunächst in der Schreibweise Xonaltit. 1875 korrigierte Rammelsberg den Mineralnamen in die heutige Schreibweise Xonotlit.[7]

Da der Xonotlit bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Xonotlit als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[8] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Xonotlit lautet „Xon“.[1]

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht dokumentiert.[9]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Xonotlit zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“, wo er als einziger Vertreter in der Gruppe „Xonotlit“ mit der Systemnummer VIII/D.11 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/F.21-030. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Ketten- und Bandsilikate“, wo Xonotlit zusammen mit Hillebrandit, Nekoit und Scawtit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/F.21 bildet.[10]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Xonotlit in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“, dort aber ebenfalls in die Abteilung „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Silikatketten. Das Mineral ist hier in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 3-periodischen Einfach- und Mehrfachketten“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 9.DG.35 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Xonotlit die System- und Mineralnummer 66.03.01.01. Das entspricht ebenfalls der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Doppelte unverzweigte Ketten, W=2 mit Ketten P>2“ in der Gruppe „P=3“, in der auch Zorit, Eudidymit, Epididymit, Yuksporit, Haineaultit und Chivruaiit eingeordnet sind.

Modifikationen und Varietäten

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Von Xonotlit sind zwei Varietäten bekannt. Beide wurden zunächst als eigenständige Minerale beschrieben, jedoch später diskreditiert, nachdem festgestellt wurde, dass sie identisch mit Xonotlit waren.

„Jurupait“ wurde 1921 von Arthur Starr Eakle beschrieben, der das Mineral in einem Steinbruch bei Crestmore im Riverside County des US-Bundesstaates Kalifornien fand, genauer in den Crestmore Hills, die ein Teil der Jurupa Mountains sind. H. F. W. Taylor verglich 1921 Proben von Jurupait mit Xonotlit und konnte nachweisen, dass beide Minerale identisch sind. Geringe Abweichungen der Gitterparameter führte er auf eine teilweise Substitution von Calcium durch Magnesium zurück. Der Mineralname Jurupait wurde daher diskreditiert und gilt seitdem als Synonym von Xonotlit.

„Eakleit“ wurde 1917 von Esper Signius Larsen zunächst als eigenständiges Mineral aus Kalifornien beschrieben, korrigierte jedoch 1923 seine Beschreibung, nachdem er durch Waldemar Theodore Schaller darauf aufmerksam gemacht wurde, dass das neue Mineral mit dem kurz zuvor beschriebenen Xonotlit chemisch identisch war. Vergleichsanalysen mit verschiedenem Material von Xonotlit und Eakleit bestätigten die Identität und der Mineralname Eakleit wurde diskreditiert.

Kristallstruktur

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Xonotlit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P2/a (Raumgruppen-Nr. 13, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/13.3 mit den Gitterparametern a = 17,03 Å; b = 7,36 Å; c = 7,01 Å und β = 90,3° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Bildung und Fundorte

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Faseriger Xonotlit (weiß) auf Epidot-(Pb) (ehemals Hancockit) aus der „Franklin Mine“, Franklin (New Jersey), USA (Sichtfeld: 3 mm)
Kugeliger Xonotlit auf Inesit aus der „Wessels Mine“, Hotazel, Kalahari, Südafrika (Größe: 3,5 × 2,7 × 2,6 cm)

Xonotlit bildet sich in kontaktmetamorphen Lagerstätten innerhalb von Kalksteinen, Serpentiniten und metavulkanischen Gesteinen. Als Begleitminerale können unter anderem Apophyllit, Diopsid, Klinoedrit, Laumontit, Stilbit, Thaumasit, Tobermorit und Wollastonit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Xonotlit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) knapp 100 Fundorte als bekannt gelten.[12] Neben seiner Typlokalität Tetela de Xonotla trat das Mineral in Mexiko noch in mehreren Gruben bei Tetela de Ocampo in Puebla sowie in der Grube „Guadalupe“ bei Pachuca de Soto in Hidalgo zutage.

Der einzige bisher bekannte Fundort in Deutschland in ein geschlossener Steinbruch am Glasberg bei Nieder-Beerbach in Hessen.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Bulgarien, Finnland, Grönland, Island, Irak, Irland, Israel, Italien, Japan, Kanada, Neuseeland, Puerto Rico, Rumänien, Russland, Schweden, Südafrika, Tschechien, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[13]

Aufgrund seiner faserigen Beschaffenheit, seiner Absorptionsfähigkeit und seiner Stabilität bei hohen Temperaturen wird synthetisch hergestellter Xonotlit unter anderem in faserverstärkten Wärmedämmungen, Autobremsbelägen, als Brandschutzmaterial, Papier- und Farbstoffpigmentverlängerung, Thixotropiermittel, sowie als Zusatz in hochleistungsfähigen, hochtemperaturbeständigen Zementen und in flammhemmenden und tropfunterdrückenden Thermoplasten. Zudem hilft er aufgrund seiner Cäsium absorbierenden Eigenschaft in zementähnlichen Materialien bei der Immobilisierung radioaktiver Abfälle. Daneben gilt er als potentielles Biomaterial (Nanofaser) zur Knochenregeneration in 3D-gedruckten Basalgerüsten aus Seidenfibroin-Gelatine.[14]

  • C. Rammelsberg: Ueber den Xonaltit, ein neues wasserhaltiges Kalksilikat, und den Bustamit aus Mexiko. In: Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft. Band 18, 1866, S. 33–34 (rruff.info [PDF; 122 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
  • Esper Signius Larsen: Eakleite, a new mineral from California. In: American Journal of Science. S4-43, Nr. 258, 1917, S. 464–465, doi:10.2475/ajs.s4-43.258.464 (englisch, online verfügbar bei archive.org – Internet Archive [abgerufen am 3. November 2025]).
  • Arthur S. Eakle: Jurupaite – a new Mineral. In: American Mineralogist. Band 6, Nr. 7, 1921, S. 107–109 (englisch, minsocam.org [PDF; 284 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
  • Esper Signius Larsen: The identity of Eakleite and Xonotlite. In: American Mineralogist. Band 10, 1923, S. 181–182 (englisch, minsocam.org [PDF; 118 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
  • H. F. W. Taylor: The identity of jurupaite and xonotlite. In: Mineralogical Magazine. Band 30, 1954, S. 338–341 (englisch, rruff.info [PDF; 578 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
Commons: Xonotlite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 639 (englisch).
  3. David Barthelmy: Xonotlite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  4. a b c Xonotlite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 73 kB; abgerufen am 3. November 2025]).
  5. a b c Xonotlite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  6. Johann Carl Eduard Buschmann: Über die aztekischen Ortsnamen. Dogma, Bremen 2013, ISBN 978-3-95580-648-4, S. 188 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Albert Huntington Chester: A Dictionary of the Names of Minerals. 1. Auflage. John Wiley & Sons/Chapman & Hall, Ltd., New York / London 1896, S. 291 (Textarchiv – Internet Archive – Ramm. Min. Ch. 880 = C. F. Rammelsberg: Handwörterbuch des chemischen Theils der Mineralogie, Berlin 1841 und Handbuch der Mineralchemie, Leipzig 1860, 2. Auflage 2. Band 1875).
  8. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2025. (PDF; 3,2 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2025, abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – X. (PDF 60 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 3. November 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. Localities for Xonotlite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 3. November 2025 (englisch).
  13. Fundortliste für Xonotlit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 3. November 2025.
  14. Ross Sedawie: Xonotlit-Edelstein: Eigenschaften, Bedeutungen, Wert und mehr. Gem Rock auctions, 4. Juni 2025, abgerufen am 3. November 2025.