Wilsonwassertreter
Wilsonwassertreter | ||||||||||||
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![]() Wilsonwassertreter (Phalaropus tricolor); Weibchen im Prachtkleid | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Phalaropus tricolor | ||||||||||||
(Vieillot, 1819) |
Der Wilsonwassertreter (Phalaropus tricolor, Syn.: Steganopus tricolor) ist eine Vogelart aus der Familie der Schnepfenvögel. Die Erstbeschreibung stammt von Louis Pierre Vieillot und ist dem amerikanischen Ornithologen Alexander Wilson gewidmet.
In Mitteleuropa ist der Wilsonwassertreter ein seltener Irrgast. So wurden beispielsweise in den Niederlanden zwischen 1966 und 2003 insgesamt zwanzig Mal einzelne Individuen gesehen.[1]
Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Wilsonwassertreter wurden früher zusammen mit dem Odinshühnchen und dem Thorshühnchen als eigene Familie Phalaropodidae (oder Phalaropidae) innerhalb der Regenpfeiferartigen angesiedelt. Hier nahm man eine Verwandtschaft mit den Säbelschnäblern an. Heute besteht aufgrund mehrerer morphologischer und molekulargenetischer Analysen kein Zweifel daran, dass Wassertreter zu den Schnepfenvögeln gehören. Aufgrund ihrer abweichenden Merkmale werden sie aber noch immer innerhalb der Schnepfenvögel oft als eigene Unterfamilie Phalaropodinae geführt. Für den Wilsonwassertreter oder Amerikanisches Odinshühnchen (Steganopus tricolor), der gelegentlich der Gattung der Wassertreter (Phalaropus) zugerechnet wird, ist mittlerweile die Zuordnung zur Gattung Steganopus üblich.
Verbreitung
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Der Wilsonwassertreter brütet in den Prärielandschaften Nordamerikas und kommt vor allem im westlichen Kanada und den USA vor. Er zählt zu den Zugvögeln und überwintert in Südamerika. Gelegentlich kommt es vor, dass Vögel dieser Art während ihres Zuges auch nach Europa vertrieben werden.
Der Wilsonwassertreter ist während seiner Zugzeit häufig an Brackwasser- und Salzseen wie dem Mono Lake in Kalifornien und dem Großen Salzsee in Utah zu beobachten. Während dieser Zeit ist er häufig mit dem Odinshühnchen vergesellschaftet.
Erscheinungsbild
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Die Körperlänge des Wilsonwassertreters ist etwa 23 Zentimeter. Er zeichnet sich durch einen geraden, feinen schwarzen Schnabel aus. Das Weibchen ist in seinem Prachtkleid auf der Körperoberseite überwiegend grau und braun gefärbt. Die Körperunterseite ist weiß; der Hals ist rötlich und auch auf den Flanken befinden sich rötliche Flecken. Das Männchen ähnelt dem Weibchen; die Farben sind jedoch weniger leuchtend.
Lebensweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ähnlich wie bei den Wassertretern ist die bei Vögeln übliche Rollenverteilung vertauscht. Die Weibchen werben aktiv um die Männchen, kämpfen um Brutreviere und verteidigen aggressiv ihre Nester sowie den gewählten Geschlechtspartner. Sobald die Weibchen ihre Eier gelegt haben, beginnen sie mit dem Zug nach Süden. Die Männchen bebrüten dann das aus drei bis vier Eiern bestehende Gelege.
Während der Nahrungssuche schwimmen Wilsonwassertreter häufig schnell in kleinen, engen Kreisen und bilden dabei eine Art kleinen Whirlpool. Dieses Verhalten wird im Allgemeinen so interpretiert, dass es dem Vogel so gelingt, Futter an die Oberfläche zu bringen. Es sind vor allem Kleintiere und darunter Insektenlarven, die aus dem Wasser genommen werden.
Etymologie und Forschungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erstbeschreibung der Wilsonwassertreter erfolgte 1819 durch Louis Pierre Vieillot unter dem Namen Steganopus tricolor. Bei seiner Beschreibung bezog er sich auf Chorlito del tarso comprimido[2] von Félix de Azara. Als Verbreitungsgebiet gab er Paraguay an.[3] 1760 führte Mathurin-Jacques Brisson die für die Wissenschaft neue Gattung Phalaropus ein.[4] Der Begriff ist ein Wortgebilde aus φαλαρος, φαλος phalaros, phalos, deutsch ‚weißer Fleck haben, weiß‘ und πους, ποδος poys, podos, deutsch ‚Fuß‘.[5] Der Artname tricolor hat seinen Ursprung in lateinisch tri-, tres ‚drei, drei‘ und lateinisch color, coloris ‚Farbe‘.[6] Alfred Laubmann hatte für sein Werk Die Vögel von Paraguay keine Bälge zur Verfügung. Er betrachtete den Wilsonwassertreter als Wintergast und sah nur in Azaras Beschreibung einen Nachweis für das Land.[7] Phalaropus lobata Wilson, 1814[8], Phalaropus wilsoni Sabine, 1823[9], Phalaropus fimbriatus Temminck, 1825[10] Phalaropus frenatus Vieillot, 1825[11], Lobipes incanus Jardine & Selby, 1827[12] und Phalaropus stenodactylus Wagler, 1831[13] werden alle als Synonyme zur Nominatform betrachtet. Charles Lucien Jules Laurent Bonaparte stellte die Art 1838 in die neue Gattung Holopodus.[14]
Belege
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Félix de Azara: Apuntamientos para la historia natural de los páxaros del Paragüay y Rio de la Plata. Band 3. Impr. de la viuda de Ibarra, Madrid 1805 (biodiversitylibrary.org).
- Charles Lucien Jules Laurent Bonaparte: A geographical and comparative list of the birds of Europe and North America. Van Voorst, London 1838 (biodiversitylibrary.org).
- Mathurin-Jacques Brisson: Ornithologie, ou, Méthode contenant la division des oiseaux en ordres, sections, genres, especes & leurs variétés: a laquelle on a joint une description exacte de chaque espèce, avec les citations des auteurs qui en ont traité, les noms quils leur ont donnés, ceux que leur ont donnés les différentes nations, & les noms vulgaires. Band 1. Ad Ripam Augustinorum, apud Cl. Joannem-Baptistam Bauche, bibliopolam, ad Insigne S. Genovesae, & S. Joannis in Deserto, Paris 1760 (biodiversitylibrary.org).
- Mathurin-Jacques Brisson: Ornithologie, ou, Méthode contenant la division des oiseaux en ordres, sections, genres, especes & leurs variétés: a laquelle on a joint une description exacte de chaque espèce, avec les citations des auteurs qui en ont traité, les noms quils leur ont donnés, ceux que leur ont donnés les différentes nations, & les noms vulgaires. Band 6. Ad Ripam Augustinorum, apud Cl. Joannem-Baptistam Bauche, bibliopolam, ad Insigne S. Genovesae, & S. Joannis in Deserto, Paris 1760 (biodiversitylibrary.org).
- Stanley Cramp, David Snow: The Complete Birds of the Western Palearctic. Oxford University Press, Oxford 1998, ISBN 0-19-268579-1.
- Otto Höhn: Die Wassertreter (Phalaropodidae). Ziemsen, Wittenberg 1965, ISBN 3-89432-753-7.
- Bernhard Grzimek: Grzimeks Tierleben. 8 (Vögel 2). Kindler Verlag, München 1969, ISBN 3-8289-1603-1.
- Josep del Hoyo, Andrew Elliott, Jordi Sargatal (Hrsg.): Handbook of the Birds of the World. 3 (Hoatzin to Auks). Lynx Edicions, Barcelona 1996, ISBN 84-87334-20-2, S. 613–614.
- William Jardine, 7. Baronet of Applegarth, Prideaux John Selby: Illustrations of Ornithology. Band 1. Willizars, Edinburgh 1827 (biodiversitylibrary.org – Abbildung 16 & Text).
- Alfred Laubmann: Die Vögel von Paraguay. Band 1. Strecker und Schröder, Stuttgart 1939, S. 78 (google.de).
- Joseph Sabine in John Franklin: No V. Zoological AppendixNarrative of a journey to the shores of the polar sea, in the years 1819, 20, 21, and 22 vy John Franklin, Captain R.N., F.R.S. and commander of the Expedition with an appendix on various subjects relating to science and natural history. John Murray, London 1823, S. 647–703 (biodiversitylibrary.org).
- Coenraad Jacob Temminck: Nouveau recueil de planches coloriées d'oiseaux: pour servir de suite et de complément aux planches enluminées de Buffon (Tafel 313 & Text). Band 1, Lieferung 62. Legras Imbert et Comp., Straßburg 1825 (biodiversitylibrary.org).
- Louis Pierre Vieillot: Nouveau dictionnaire d'histoire naturelle, appliquée aux arts, à l'agriculture, à l'économie rurale et domestique, à la médecine, etc. Par une société de naturalistes et d'agriculteurs. Band 32. Deterville, Paris 1819 (biodiversitylibrary.org).
- Louis Pierre Vieillot: La Galerie des Oiseaux du cabinet d'histoire naturelle du jardin du roi. Band 2. Aillard & Constant-Chantpie, Paris 1825 (biodiversitylibrary.org).
- Johann Georg Wagler: Einige Mittheilungen über Thiere Mexicos. In: Isis von Oken. Band 24, Nr. 5, 1831, S. 510–535 (biodiversitylibrary.org).
- Alexander Wilson: American ornithology, or, The natural history of the birds of the United States. Illustrated with plates engraved and colored from original drawings taken from nature. Band 9. Bradford and Inskeep, Philadelphia 1814 (biodiversitylibrary.org).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Steganopus tricolor in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2024.2. Eingestellt von: BirdLife International, 2024. Abgerufen am 19. März 2025.
- Wilsonwassertreter (Steganopus tricolor) bei Avibase
- Wilsonwassertreter (Steganopus tricolor) auf eBird.org
- xeno-canto: Tonaufnahmen – Wilsonwassertreter (Steganopus tricolor)
- Wilson's Phalarope (Steganopus tricolor) in der Encyclopedia of Life. (englisch).
Einzelbelege
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hans-Günther Bauer, Einhard Bezzel und Wolfgang Fiedler (Hrsg.): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel, Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-647-2, S. 488
- ↑ Félix de Azara (1805), S. 327–329.
- ↑ Louis Pierre Vieillot (1819), S. 136–137.
- ↑ Mathurin-Jacques Brisson (1760), Band 1 S. 50, Band 6 S. 12.
- ↑ Phalaropus in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ tricolor in The Key to Scientific Names Edited by James A. Jobling
- ↑ Alfred Laubmann (1939), S. 78.
- ↑ Alexander Wilson (1814), S. 72–74, Tafel 73 Abbildung 3.
- ↑ Joseph Sabine (1823), S. 691–692.
- ↑ Coenraad Jacob Temminck (1825), Tafel 370 & Text.
- ↑ Louis Pierre Vieillot (1825), S. 178–179, Tafel 271.
- ↑ William Jardine, 7. Baronet of Applegarth u. a. (1827), Tafel 16 & Text.
- ↑ Johann Georg Wagler (1831), S. 523.
- ↑ Charles Lucien Jules Laurent Bonaparte (1838), S. 54.