Zum Inhalt springen

Weihnachten im Schuhkarton

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Packen einer Geschenkbox (2016)

Weihnachten im Schuhkarton ist eine seit 1996 im deutschsprachigen Raum stattfindende Sammelaktion für Weihnachtsgeschenke für Kinder. Die Geschenkübergabe ist nach Ansicht von Kritikern mit christlicher Missionierung verbunden.[1] Zunächst wurde sie von der Billy Graham Evangelistic Association getragen, ab 2002 von dem Verein mit evangelikalem Hintergrund Geschenke der Hoffnung, im Jahr 2019 in Samaritan’s Purse – Die barmherzigen Samariter umbenannt.[2] Weihnachten im Schuhkarton ist Teil der weltweit stattfindenden Operation Christmas Child, die seit 1993 von der amerikanischen Hilfsorganisation Samaritan’s Purse organisiert wird. Die Geschenkboxen aus dem deutschsprachigen Raum gehen überwiegend nach Osteuropa.

Der walisische Geschäftsmann Dave Cooke initiierte im Jahr 1990 das Projekt Operation Christmas Child.[3][4] Im Jahr 1993 stieg die Organisation Samaritan’s Purse ein.[5][3] Vorsitzender von Samaritan's Purse ist Franklin Graham, Sohn des bekannten US-Evangelikalen Billy Graham.[6] Seit 1996 findet diese jährliche Sammlung unter dem Namen Weihnachten im Schuhkarton auch im deutschsprachigen Raum statt,[7] d. h. in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein und Südtirol.[8][9] Seit November 2001 nennt sich der deutsche Partner dieser Kampagne Geschenke der Hoffnung. Er ging aus dem deutschen Zweig der Billy Graham Evangelistic Association hervor.[10] Der Trägerverein wurde 2019 in Samaritan’s Purse – Die barmherzigen Samariter umbenannt. Im Jahr 2017 wurden im deutschsprachigen Raum an mehr als 5.000 Sammelstellen von Weihnachten im Schuhkarton 409.448 Geschenkpakete entgegengenommen.[11]

Ablauf und Struktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es beteiligten sich Privatpersonen, Kindertagesstätten, Schulen,[12] kirchliche Einrichtungen[13][14] oder andere am Packen der Kartons.[8][15] Teilweise riefen auch Prominente und Vereine zum Spenden auf oder waren Schirmherr für das Projekt.[16][17] Dabei werden Schuhschachteln mit Geschenkpapier beklebt[18] und mit kleinen Präsenten gefüllt. Die Träger der Kampagne empfehlen Hygieneartikel, Schreibmaterialien, Kuscheltiere, Süßigkeiten oder Kinderkleidung.[19][20] Nicht erwünscht sind Hexerei- und Zaubereiartikel (darunter auch die Harry-Potter-Bücher).[21] Die Schenkenden geben an, ob die Box für Jungen oder Mädchen gedacht und für welche Altersgruppe sie geeignet ist.[22]

In Sammelstellen werden die Kartons kontrolliert, unter anderem auf Zoll- und Einfuhrbestimmungen.[23][24][25] Anschließend erfolgt der Transport in die Zielländer. Geschenkboxen aus dem deutschsprachigen Raum gehen überwiegend nach Osteuropa.[26]

Die Verteilung vor Ort wird in der Regel im Rahmen einer Weihnachtsfeier vorgenommen. Bei der Verteilung engagieren sich christliche Gemeinden unterschiedlicher Konfessionen; wo dies nicht möglich ist, wird der Kontakt zu anderen religiösen Gruppen oder sozialen Einrichtungen gesucht.[27][28] Im Anschluss an die Weihnachtsfeiern laden die lokalen Partner ein, in einem Glaubenskurs mehr über den christlichen Glauben in der Interpretation von Samaritan’s Purse zu erfahren.

Die Übergabe der Geschenke an die Kinder erfolgt mit dem Angebot, auch ein Heft mit Bibelgeschichten in der jeweiligen Landessprache mitzunehmen. 2014 stand in dem Heft unter anderem: „Unser größtes Problem ist Sünde. Wir alle brauchen Befreiung von Sünde. Sünde ist, wenn wir nicht auf Gott hören. (…) Unser falsches Verhalten (Sünde) hat Folgen. Die schlimmste Folge ist die endgültige Trennung von Gott und allem Guten und damit der Tod. Das nennt die Bibel Hölle. (…)“ Die Zeitung Der Standard zitiert eine Pädagogin, wonach den Kindern damit eingeredet werde, dass sie ständig sündigten. Das sei „der helle Wahnsinn, denn so wird den Kindern pure Angst gemacht“.[1]

Kritiker bemängeln eine Verbindung von Geschenken und christlicher Mission. Samaritan’s Purse agiere in einem „entschieden missionarischen Zusammenhang“, so 2003 die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen.[29] Stimmen aus dem evangelikalen Spektrum wie Michael Diener, Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), befürworten die Aktion.[30] Im Jahr 2016 riefen die Diözese Rottenburg-Stuttgart und das Bistum Dresden-Meißen in ihren Amtsblättern zum Boykott der Aktion auf;[31] 2002 hatte dies bereits das Bistum Trier gemacht.[32] Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, unterstützte die Aktion. Laut seinem Sprecher kommt es aber „natürlich darauf an, dass man als Teilnehmer auch über die problematischeren Aspekte Bescheid weiß“.[1] 2021 riet die Erzdiözese Freiburg von der Teilnahme an der Aktion ab, nachdem sie in den Vorjahren bereits von den Erzbistümern München und Freising und Berlin sowie dem Münster kritisiert worden war.[33]

Weltweite Aktion

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weihnachten im Schuhkarton ist Teil der weltweiten Operation Christmas Child, durchgeführt von der amerikanischen evangelikalen Hilfsorganisation Samaritan’s Purse. Es werden durch sie Kinder in Afrika, Asien, Europa, Zentral- und Südamerika erreicht.[34]

Im Jahr 2017 wurden laut Angaben der Organisatoren rund elf Millionen Geschenkkartons verteilt – 8,88 Millionen dieser Boxen stammten aus den Vereinigten Staaten.[35] 2017 kamen die Geschenke aus den Vereinigten Staaten, aus Kanada, Großbritannien, dem deutschsprachigen Raum, aus Spanien, Finnland, Japan, Australien und Neuseeland.[36] Insgesamt seien von 1993 bis 2018 in 160 Ländern zusammen 157 Millionen Geschenkboxen an Kinder übergeben worden.[34]

Laut Angaben von Samaritan’s Purse haben rund 14,9 Millionen Kinder seit 2009 an Glaubenskursen teilgenommen (Stand: September 2018).[37]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c Vanessa Gaigg: Kritik an Charity „Weihnachten im Schuhkarton“: Zuerst ein Geschenk, dann Jesus. 22. November 2019, abgerufen am 15. Januar 2024 (österreichisches Deutsch).
  2. „Geschenke der Hoffnung“ wird „Samaritan's Purse“. In: pro-medienmagazin.de. 10. Januar 2019, abgerufen am 23. Januar 2019.
  3. a b What is Operation Christmas Child? In: walesonline.co.uk. 23. Oktober 2008, abgerufen am 22. Oktober 2025.
  4. Hoffnung geben. Schuhkartons bis zum 15. November packen. In: Westfalen-Blatt, 10. November 2010.
  5. Ein Hoffnungsstrahl inmitten der Not. In Rietheim gibt es eine Sammelstelle der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Südkurier (Ausgabe Villingen), 4. November 2003.
  6. Duygu Ayrikcil: „Weihnachten im Schuhkarton“. Wichtige Infos, Kritik und Co. In: morgenpost.de. FUNKE Mediengruppe, 13. November 2023, abgerufen am 10. Mai 2024.
  7. Niclas Glania: Barmherzige Samariter: Die zweifelhaften Methoden einer Hilfsorganisation. In: t-online.de. 25. Dezember 2022, abgerufen am 22. Oktober 2025: „Die Schuhkarton-Spendenaktion ist seit 1996 im deutschsprachigen Raum aktiv.“
  8. a b Weihnachten im Schuhkarton. Geschenkaktion für notleidende Kinder läuft auch in Idar-Oberstein. In: Rhein-Zeitung, 4. Oktober 2003.
  9. Melanie Pratsch: Seit 20 Jahren bereiten kleine Boxen große Freude. Damit arme Kinder an Heiligabend nicht leer ausgehen. In: Taunus-Zeitung. 13. Oktober 2015, abgerufen am 22. Oktober 2025 (Zum 20. Mal sind es keine 20 Jahre, sondern nur 19 Jahre.): „Bereits zum 20. Mal geht vor dem Weihnachtsfest der Aufruf an die Bürger, Geschenkpäckchen für bedürftige Kinder zu packen.“
  10. Geschenke der Hoffnung e. V. Seit 1990 „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Mitteldeutsche Zeitung, 14. November 2007.
  11. Aktionsbericht Weihnachten im Schuhkarton 2017. (PDF) Abgerufen am 5. September 2018. S. 16 f.
  12. Gerhard W. Kluth: Aktion Weihnachten im Schuhkarton. Zusammenarbeit mit weltweit operierender, christlicher Organisation Samaritan’s Purse. In: Trierischer Volksfreund, 13. November 2001.
  13. Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ beginnt bald. In: Trierischer Volksfreund, 25. September 2006.
  14. Altenheim St. Johannes beteiligt sich an Schuhkarton-Aktion. Senioren packen Geschenkkartons für Kinder. In: Westfalen-Blatt, 9. November 2010.
  15. Im Karton steckt Freude. Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ ist wieder angelaufen. In: Westfalen-Blatt, 6. Oktober 2010.
  16. FC Red Bull Salzburg – Weihnachten im Schuhkarton. In: redbullsalzburg.at. 25. November 2020, abgerufen am 17. Januar 2024.
  17. Weihnachten im Schuhkarton. In: mario-czaja.de. Mario Czaja, 26. Oktober 2023, abgerufen am 17. Januar 2024 (deutsch).
  18. „Weihnachten im Schuhkarton“ startet. Mit Geschenken Kindern in armen Ländern Freude bereiten. In: Gießener Anzeiger, 23. Oktober 2007.
  19. „Weihnachten im Schuhkarton“: Fast 650 Päckchen auf die Reise geschickt. In: Passauer Neue Presse, 26. November 2004.
  20. So funktioniert Weihnachten im Schuhkarton. In: Rhein-Zeitung, 15. Oktober 2010.
  21. Elfi Hofmann: „Weihnachten im Schuhkarton“ bringt seit 25 Jahren Kinderaugen zum Strahlen. In: Heilbronner Stimme, 26. November 2020
  22. 52 Mal Freude im Karton. Weihnachten im Schuhkarton: Kinder der Grundschule Scherfede packen fleißig Pakete. In: Westfalen-Blatt, 14. November 2012.
  23. 1026-fache Weihnachtsfreude aus dem Schuhkarton. Stefanie Eid leitet Sammelstelle für „Weihnachten im Schuhkarton“ im Usinger Land. In: Usinger Anzeiger, 18. November 2005.
  24. Sigrid Umiger: Geschenke für Kinder – „Weihnachten im Schuhkarton“. Annahmestellen in Geschäften und in der Mediathek Müllheim. In: Badische Zeitung, 28. Oktober 2011.
  25. Stefanie Nosswitz: Päckchen als Hoffnungsschimmer. Im Mehrgenerationenhaus startet die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Südkurier, 23. Oktober 2013.
  26. Lukas Schäfer: Die große Kinder-Freude kommt im Schuhkarton. In: Südkurier (St. Georgen-Triberg), 11. Oktober 2017.
  27. Weihnachten im Karton. In: Wiesbadener Tagblatt, 7. November 2006.
  28. Am Montag Beginn der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ – 25 Annahmestellen – Gießener Oberbürgermeister als Schirmherr bittet um Unterstützung. In: Gießener Anzeiger, 18. Oktober 2008.
  29. Päckchenpacken für die Armen der Welt – Die Aktion Weihnachten im Schuhkarton ist umstritten. In: Badische Zeitung, 27. November 2003.
  30. Marcus Mockler: Das größte Geschenk. Katholiken streiten um „Weihnachten im Schuhkarton“. In: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt 41/2016. 9. Oktober 2016, archiviert vom Original am 21. September 2018; abgerufen am 3. September 2018.
  31. Kontroverse um „Weihnachten im Schuhkarton“. In: idea.de. 29. September 2016, abgerufen am 30. September 2016.
  32. Keine Beteiligung an der Aktion 'Weihnachten im Schuhkarton'. In: www.bistum-trier.de. 1. Oktober 2002, archiviert vom Original am 28. September 2018; abgerufen am 17. September 2018.
  33. Fabian Sickenberger: Barmherzigkeit mit Beigeschmack. Die in Baden-Württemberg beliebte Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" ist gestartet / Freiburger Erzdiözese rät von Teilnahme ab. In: badische-zeitung.de. 9. November 2021, abgerufen am 22. Oktober 2025.
  34. a b Franklin Graham Reflects on 25 Years of Sharing God's Love Through Shoebox Gifts Delivered to the Ends of the Earth. In: samaritanspurse.org. Samaritan’s Purse, 1. September 2018, abgerufen am 5. September 2018 (Meldung auf der eigenen Website).
  35. Aktionsbericht Weihnachten im Schuhkarton 2017. (PDF) S. 16 f., ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 5. September 2018.@1@2Vorlage:Toter Link/www.geschenke-der-hoffnung.org (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)@1@2Vorlage:Toter Link/www.geschenke-der-hoffnung.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2025. Suche in Webarchiven)
  36. Aktionsbericht Weihnachten im Schuhkarton 2017. (PDF) S. 13, abgerufen am 5. September 2018.@1@2Vorlage:Toter Link/www.geschenke-der-hoffnung.org (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2025. Suche in Webarchiven)
  37. The Greatest Journey. Discipleship Program. In: samaritanspurse.org. Abgerufen am 17. September 2018.