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Teen-Pop

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(Weitergeleitet von Teen Pop)
Ariana Grande als Vertreterin für die zweite Teen-Pop-Generation, 2015.[1]

Teen-Pop (englisch Teen Pop), auch Teenybobber Music genannt, ist vor allem im englischsprachigen Raum ein musikalisches Subgenre der Popmusik, das sich vorwiegend an Teenager richtet.[2][3] Auch die Musik von Girlgroups und Boygroups wird typisierend als Teen Pop bezeichnet.[4]

Teen-Pop-Konzert in Budapest, 2014

Ein wesentlicher Aspekt des Teen-Pop liegt in der Art und Weise, wie jugendliche Fans sich mit den Künstlern identifizieren oder diese idealisieren. Die Inszenierung spielt dabei eine zentrale Rolle: Die Stars verkörpern oft ein stilisiertes Bild von Jugend, Attraktivität und nahbarer Perfektion, das gezielt auf Sehnsüchte und Lebenswelten des jungen Publikums zugeschnitten ist. Dabei entsteht nicht nur ein Teen-Idol, sondern auch ein kulturelles Bezugssystem, das Themen wie Gruppenzugehörigkeit, Abgrenzung und persönliche Entwicklung berührt. Viele junge Rezipienten nutzen die Popkultur, um sich spielerisch mit gesellschaftlichen Erwartungen auseinanderzusetzen – auch mit Fragen von Selbstbild, Rollenverhalten und emotionaler Autonomie.[5]

Die visuelle Präsentation ist ein prägender Bestandteil des Teen-Pop. Popmusiker dieses Genres werden häufig nicht nur über ihre musikalischen Werke, sondern auch über ihr äußeres Erscheinungsbild und ihre öffentliche Inszenierung positioniert. Dabei wird oft auf jugendliche Attraktivität und eine inszenierte Nahbarkeit gesetzt, die das Image eines Idols „von nebenan“ vermitteln kann. Solche Darstellungsweisen sollen emotionale Identifikation beim jungen Publikum begünstigen und eine stärkere Bindung zur Künstlerfigur aufbauen. Modetrends, auffällige Frisuren und einprägsame Tanzchoreografien zählen zu den zentralen Vermarktungsstrategien im Teen-Pop.[6]

Die Soziologen Phillip Vannini von der Royal Roads University in Kanada und Scott M. Myers von der Montana State University in den USA stellten 2002 in ihrer Analyse zeitgenössischer Teenie-Popmusik heraus, dass entsprechende Songs insbesondere ein jugendliches Publikum ansprechen, das sich eher mit Fragen des Erwachsenwerdens und dem Wunsch nach Vergnügen auseinandersetzt als mit gesellschaftlichen Problemlagen. Laut ihrer Einschätzung steht im Zentrum der Rezeption weniger Reflexion als vielmehr Identifikation mit jugendlichen Lebensgefühlen.[7]

Seine Anfänge hatte die jugendorientierte Popmusik laut dem Musikjournalisten und Autor Bill Lamb bereits am Ende der Swing-Ära in den 1940er Jahren, wobei Frank Sinatra als eines der ersten Teenidole gilt. In den 1960er Jahren etablierten sich weitere Teen-Pop-Künstler, darunter Paul Anka, Ricky Nelson und Frankie Avalon, die maßgeblich zur frühen Entwicklung des Genres beitrugen.[2] Donny und Marie führten das Genre fort. Weitere erfolgreiche Vertreter der Richtung waren Olivia Newton-John, The Partridge Family, Shaun Cassidy und die Bee Gees vor ihrer Disco-Ära.

Ab 1980 erlebte die jugendorientierte Popmusik eine neue Welle, geprägt von Künstlern wie Michael Jackson, Madonna, Cyndi Lauper, Pat Benatar, Wham!, George Michael, Debbie Gibson, Tiffany, Samantha Fox, Kylie Minogue und New Kids on the Block, die mit ihren Veröffentlichungen zahlreiche Nummer-eins-Hits erzielten.[2][3] Wichtige Impulse erhielt das Genre zudem von Produzententeams wie Stock Aitken Waterman, die gezielt auf die Produktion von Teen-Pop-Hits spezialisiert waren.

Britney Spears bekam nach ihrem zweiten Album den Titel „Prinzessin des Pop“.[8]
Die Backstreet Boys gehörten in den 1990er-Jahren zu den prägenden Vertretern des Teen-Pop.

Anfang der 1990er Jahre begannen sich neue Strömungen im Mainstream der Popmusik durchzusetzen. In Nordamerika wurden Genres wie Grunge und Gangster-Rap zunehmend populär und vermischten sich teils mit Elementen des Teen-Pop, dominierten aber ab etwa 1991 die Charts. Währenddessen gewann Teen-Pop im Vereinigten Königreich an neuer Popularität: Gruppen wie Take That etablierten sich als zentrale Vertreter des Genres, während Bands wie Oasis zu den prägenden Köpfen des Britpop zählten. Das Britpop-Genre selbst, das melodische und stilistische Einflüsse des Teen-Pop aufwies, wurde in den 1990er Jahren zum vorherrschenden Musikstil in Großbritannien.[3]

Einen Wendepunkt markierte das Jahr 1996, als die britische Girlgroup Spice Girls mit ihrem Debütsong Wannabe einen internationalen Nummer-eins-Hit landete. Der Song trug maßgeblich zur weltweiten Popularisierung der sogenannten „Girl Power“-Bewegung bei und übte starken Einfluss auf die nachfolgende Teen-Pop-Generation aus. In diesem Umfeld erlebte das Genre eine Wiedergeburt, getragen von Künstlergruppen wie Hanson, Backstreet Boys, *NSYNC und All Saints, die den Teen-Pop erneut im Zentrum des internationalen Popgeschehens positionierten.[2][3]

Seinen kommerziellen Höhepunkt erreichte Teen-Pop im Jahr 1999, als Künstlerinnen wie Britney Spears, Christina Aguilera, Jessica Simpson, Jennifer Lopez und Mandy Moore internationale Charterfolge feierten und weltweite Nummer-eins-Hits landeten.[2][3] Parallel dazu traten auch Interpreten und Gruppen in Erscheinung, die oftmals als sogenannte One-Hit-Wonder klassifiziert wurden – darunter Willa Ford, Jamie-Lynn Sigler, Aaron Carter und Dream Street, die jeweils kurzfristige Erfolge innerhalb des Genres erzielten.

Rückgang der Popularität

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Laut Gayle Wald, von der George Washington University, die in ihren Arbeiten Popmusik sowie kulturelle Phänomene rund um Boybands untersuchte, war das nachlassende Interesse am Teen-Pop von Boygroups aus den späten 1990er Jahren auf mehrere Faktoren zurückzuführen:

  • Werbeübersättigung: Ab den frühen 2000er Jahren war Teen-Pop in den Medien allgegenwärtig, was zu einer Übersättigung des Marktes führte. Diese Überpräsenz in den Medien sorgte dafür, dass die Zielgruppe ermüdet war und sich nach neuen, weniger kommerziellen Klängen sehnte.
  • Wahrnehmung als künstlich: Ein Teil des Publikums empfand den Teen-Pop als stark kommerziell und künstlich produziert. Die Boybands wurden häufig als Produkte der Musikindustrie wahrgenommen, was das Vertrauen in die Authentizität des Genres beeinträchtigte und zu einer Entfremdung bei den Fans führte.
  • Übergang der Fangemeinde: Mit dem Älterwerden der ursprünglichen Fangemeinde, die Teenager im späten 20. Jahrhundert prägte, veränderten sich auch die musikalischen Vorlieben. Die jüngeren Hörer wandten sich zunehmend anderen Musikrichtungen zu, die besser mit ihren sich verändernden Interessen und Identitäten übereinstimmten.
  • Wachsende männliche Hörerschaft: Ein weiterer Faktor war die Entwicklung einer männlicheren Zielgruppe. Insbesondere junge Erwachsene begannen, die Musik der Boybands als „weiblich“ oder „unmännlich“ wahrzunehmen, was das Interesse an diesen Gruppen weiter zurückgehen ließ. Dies führte zu einem Wandel hin zu anderen Musikstilen, die als weniger geschlechtsspezifisch empfunden wurden.[9]

Viele Musikgenres integrierten Teen-Pop-Elemente in ihre Werke, darunter Post-Grunge-Rock, mit Künstlern wie Nickelback, Puddle of Mudd, Three Days Grace, Creed und Seether, sowie Hip-Hop, in dem 50 Cent, Kanye West, Lil Wayne und Lil Jon Teen-Pop-Elemente einfließen ließen.[10] Auch die japanische Idolgruppe AKB48 nahm Teen-Pop-Elemente in ihre Musik auf.[11]

Ab etwa 2005 erlangten viele Künstler, darunter Hilary Duff, Lindsay Lohan, JoJo, Jesse McCartney, Rihanna, Mariah Carey, Beyoncé Knowles, Usher, Katy Perry, Gwen Stefani und Chris Brown, zunehmend an Popularität und verwendeten Teen-Pop-Musik, was auf eine erneute Relevanz der jugendorientierten Popmusik hinwies.[2][12]

Olivia Rodrigo (links) und Justin Bieber (rechts) wurden als prägende Künstlerpersönlichkeiten des Teen-Pop rezipiert und verkörperten stilbildende Phasen jugendorientierter Popmusik.

Ab 2010 trugen der kanadische Sänger Justin Bieber und die südkoreanische Boygroup BTS zu einem erneuten Aufschwung des Teen-Pop bei. Bieber erreichte mit dem Album My World 2.0 (2010) internationale Charterfolge und wurde in den Medien vielfach als typisches Beispiel eines zeitgenössischen Teen-Idols eingeordnet.[13][14] BTS sprach mit ihren Veröffentlichungen ein jugendliches Publikum an und kombinierte thematische Inhalte des Genres mit stilistischen Merkmalen des K-Pop.[15]

Zu Beginn der 2020er Jahre wurde Olivia Rodrigo als eine zentrale Vertreterin des modernen Teen-Pop bekannt. Ihre Musik behandelte häufig Themen wie jugendliche Identität, emotionale Unsicherheit und den Übergang ins Erwachsenenalter, die als charakteristische Merkmale des Genres gelten.[16]

Teen-Pop im Wandel

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Billie Eilish, bekannt für ihren einzigartigen Stil, stellt einen modernen Kontrast zum klassischen Teen-Pop dar.

Neben klassischen Vertreterinnen wie Olivia Rodrigo, die an das traditionelle Format des Teen-Pop anknüpften, traten in den 2020er-Jahren auch Künstlerinnen in Erscheinung, die sich bewusst von den gängigen Konventionen des Genres abgrenzten. Billie Eilish etwa inszenierte sich mit einem düsteren, reduzierten Klangbild, übergroßer Kleidung und einer betont distanzierten Bühnenpräsenz als Gegenmodell zum etablierten Teen-Pop-Ideal. Obwohl sie zahlreiche Merkmale eines Popstars erfüllte – darunter Millionen von Streams und eine hohe Medienpräsenz – richtete sich ihre Ästhetik explizit gegen die typischen Erwartungen an jugendliche Weiblichkeit im Pop. Ihr Erfolg verdeutlicht die stilistische Öffnung des Genres und dessen zunehmende Vielfalt im digitalen Zeitalter.[17][18]

Einzelnachweise

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  1. „Ariana Grande: Vorzeigestar der manierlichen Popmusik“. zeit.de, 11. Februar 2019, abgerufen am 9. November 2022.
  2. a b c d e f Bill Lamb: Teen Pop. (Memento des Originals vom 23. Februar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/top40.about.com Auf: About.com. Abgerufen am 28. Januar 2007.
  3. a b c d e All Music Staff. Teen Pop. Allmusic. Abgerufen am 26. Oktober 2007.
  4. Rupert Till: „Pop Cult: Religion and Popular Music“. 2010, abgerufen am 9. November 2022 (englisch).
  5. Music Scenes: Local, Translocal, and Virtual. In: jstor.org. Abgerufen am 16. April 2025.
  6. Debbie Reynolds. In: link.springer.com. Abgerufen am 16. April 2025.
  7. Phillip Vannini, Scott M. Myers: Crazy About You : Reflections on the Meanings of Contemporary Teen Pop. In: epe.lac-bac.gc.ca. Abgerufen am 16. April 2025.
  8. „Die ewige Pop-Prinzessin: Britney Spears wird 40“. deutschlandfunkkultur.de, 2. Dezember 2021, abgerufen am 11. November 2022.
  9. Gayle Wald: „I Want It That Way“. Teenybopper Music and the Girling of Boy Bands. web.archive.org, 2002, archiviert vom Original; abgerufen am 11. November 2022 (englisch).
  10. Gayle Wald: “I Want It That Way”. Teenybopper Music and the Girling of Boy Bands (Memento vom 10. August 2002 im Internet Archive) Abgerufen am 27. Januar 2008.
  11. „Topkünstler von japanese teen pop“. last.fm, 2022, abgerufen am 11. November 2022.
  12. „Topkünstler von teen pop“. last.fm, 2022, abgerufen am 9. November 2022.
  13. „Justin Bieber: teen pop idols never die – they're gradually unfollowed“. In: The Guardian. 27. Januar 2013, abgerufen am 9. November 2022 (englisch).
  14. Keith Caulfield: Justin Bieber Tops Billboard 200 With ‘My World 2.0’. In: Billboard. 31. März 2010, abgerufen am 11. November 2022 (englisch).
  15. „The Best K-Pop Moments of 2020“. In: Teen Vogue. 2020, abgerufen am 11. November 2022.„K-Pop-Band BTS stellt Rekorde bei Spotify und YouTube auf“. beta.musikwoche, 16. April 2019, abgerufen am 11. November 2022.
  16. Olivia Rodrigo’s ‘SOUR’ Is the Start of a Phenomenon. nytimes.com, 21. Mai 2021, abgerufen am 15. April 2025 (englisch).
  17. Joe Coscarelli: Billie Eilish Is Not Your Typical 17-Year-Old Pop Star. Get Used to Her. In: nytimes.com. 28. März 2019, abgerufen am 16. April 2025.
  18. Der Anti-Teen-Pop-Star. In: focus.de. 29. März 2019, abgerufen am 16. April 2025.