Fosfomycin
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| Allgemeines | ||||||||||||||||
| Freiname | Fosfomycin | |||||||||||||||
| Andere Namen |
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| Summenformel | C3H7O4P | |||||||||||||||
| Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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| Arzneistoffangaben | ||||||||||||||||
| ATC-Code | ||||||||||||||||
| Wirkstoffklasse | ||||||||||||||||
| Eigenschaften | ||||||||||||||||
| Molare Masse | 138,06 g·mol−1 | |||||||||||||||
| Schmelzpunkt | ||||||||||||||||
| Löslichkeit |
löslich in Wasser[1] | |||||||||||||||
| Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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| Toxikologische Daten | ||||||||||||||||
| Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). | ||||||||||||||||
Fosfomycin ist ein Arzneistoff (Antibiotikum), der in der Humanmedizin bei schweren bakteriellen Infektionen eingesetzt wird. Fosfomycin wurde 1970 in Alicante (Spanien) aus Streptomyceten isoliert und ist bisher das einzige verfügbare Epoxid-Antibiotikum.
Anwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fosfomycin steht in Form des Natriumsalzes zur intravenösen Anwendung zur Verfügung. Die nicht über den Darm gehende (parenterale) Applikationsform ist zur Behandlung von schweren, akuten und chronischen Infektionen indiziert, wenn diese durch fosfomycinempfindliche Erreger verursacht werden. Fosfomycin ist insbesondere dann indiziert, wenn Penicilline und Cephalosporine nicht gegeben werden können bzw. deren Wirksamkeit auf Grund der Lokalisation der Infektion und der Empfindlichkeit der Erreger nicht ausreicht. Fosfomycin wird in der Regel im Rahmen einer Kombinationstherapie, insbesondere bei der Behandlung multiresistenter Keime, verabreicht.[4]
In Form des besser resorbierbaren Salzes Fosfomycin-Trometamol gibt es auch ein Granulat, welches zur peroralen Anwendung einer unkomplizierten Harnwegsinfektion der Frau zugelassen ist (Eindosisbehandlung; Resorption etwa 40 %).[5] In der aktuellen S3-Leitlinie zur Behandlung von unkomplizierten Harnwegsinfektionen wird es aufgrund der günstigen Resistenzlage als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der unkomplizierten Zystitis empfohlen.[6]
Wirksamkeit/Wirkspektrum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch Störung der Mureinsynthese in der Zellwand der Bakterien wirkt es bakterizid. Es besitzt eine gute Wirksamkeit gegen folgende Bakterien:
- Gramnegative
- Haemophilus influenzae
- Escherichia coli (inkl. ESBL)
- Citrobacter
- einige Proteus-Arten
Wirkmechanismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fosfomycin ist ein Epoxid-Antibiotikum. Es ist ein irreversibler Hemmstoff des Enzyms MurA (UDP-N-Acetylglucosamin-enolpyruvyl-transferase). MurA katalysiert den ersten Schritt der Mureinbiosynthese: den Transfer einer Enolpyruvyleinheit aus Phosphoenolpyruvat (PEP) an UDP-N-Acetylglucosamin (UNAG). Die Produkte der Reaktion sind Enolpyruvyl-UDP-N-Acetylglucosamin und Phosphat. Fosfomycin alkyliert die Thiolgruppe einer Cystein-Seitenkette (Cys-115, Nummerierung von E. coli MurA), die eine wichtige Rolle in der Katalyse besitzt.
Fosfomycin kann nur in Anwesenheit von Glucose-6-phosphat in die Bakterienzelle aufgenommen werden, setzt also Zelluntergänge im Zielgewebe voraus. In vitro muss G6P zugesetzt werden.[7]
Resistenz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten Indol-positiven Proteus-Stämme sind resistent gegen Fosfomycin. Gegen Bacteroides-Arten ist der Wirkstoff unwirksam.
Anwendungsgebiete
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Indikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Medikament wird bei bakteriellen Infektionen angewendet, die durch fosfomycinempfindliche Keime hervorgerufen wurden. Diese können eine Osteomyelitis, eine Meningitis, eine Harnwegsentzündung, eine Atemwegsentzündung, eine Entzündung der Haut und Weichteile, Infektion der Gallenwege, eine Sepsis, eine Endokarditis oder oto-rhino-laryngologische und ophthalmologische Infektionen sein. Vorbeugend wird es perioperativ zusammen mit Metronidazol eingesetzt. In dieser Kombination zeigt es eine ähnliche Wirksamkeit wie Doxycyclin, Ampicillin oder Cephalotin.[8] Fosfomycin wird bei systemischen Infektionen in etwa der Hälfte der Fälle als empirische Therapie intravenös verabreicht, noch bevor der Erreger bekannt ist.[9]
Synergismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sofern eine Kombination mit anderen Antibiotika medizinisch indiziert ist, wird die Verwendung mit einem anderen bakterizid wirkenden Antibiotikum empfohlen. In-vitro-Untersuchungen zeigen, dass durch die Kombination von Fosfomycin mit β-Lactam-Antibiotika, z. B. Penicillin, Ampicillin, Cefazolin, Carbapeneme, in der Regel additive bis synergistische Effekte erzielt werden. Kombinationen mit Substanzen, die gegen Staphylokokken wirksam sind (Linezolid, Quinupristin/Dalfopristin, Moxifloxacin), wirken ebenfalls synergistisch.[4] Die Kombination von Fosfomycin und Oritavancin hat sich als synergistisch gegen Vancomycin-resistente Enterokokken (sowohl vanA als auch vanB) erwiesen.[10]
Antibiofilmische Aktivität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fosfomycin wird häufig zur Behandlung von Infektionen im Zusammenhang mit Prothesen und implantierten medizinischen Geräten eingesetzt und zeichnet sich besonders durch seine wirksame Aktivität gegen Biofilme aus – vor allem im Rahmen von Kombinationstherapien.[11] In einem experimentellen Tiermodell einer MRSA-Infektion im Umfeld eines Fremdkörpers zeigte die Kombination Fosfomycin und Rifampicin eine Heilungsrate von 83 %, die alle anderen untersuchten Kombinationen übertraf.[12] Auch klinische Daten bestätigen das therapeutische Potenzial: In einer Auswertung von 365 Patient mit Osteomyelitis oder gelenkassoziierten Infektionen wurde unter einer intravenösen Fosfomycin-basierten Kombinationstherapie eine Erfolgsrate von 82 % erreicht.[13]
Anwendungsbeschränkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dosisreduktion bei eingeschränkter Nierenleistung
- Dosisanpassung bei älteren Patienten mit Hilfe der Kreatinin-Clearance
- Kontrolle der Serumelektrolyte (insbesondere bei Patienten mit Herzinsuffizienz, Ödemneigung oder sekundärem Hyperaldosteronismus) aufgrund der erhöhten Natriumzufuhr (14,5 mmol/g Fosfomycin). Die erhöhte Natriumzufuhr kann über eine Erhöhung der Kaliumausscheidung auch Kaliumverluste verursachen (s. Hypokaliämie).
Nebenwirkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Medikament ist im Tierversuch gut verträglich. Die Nebenwirkungsrate ist gering. Nebenwirkungen treten insbesondere im Bereich des Gastrointestinaltraktes auf.
Gelegentlich werden Exantheme, akute Überempfindlichkeitsreaktionen, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Diarrhoe, Phlebitis, Geschmacksirritationen, passagere Erhöhung der Leberwerte, Luftnot, Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Hypernatriämie, Hypokaliämie genannt. In Einzelfällen kam es zu Sehstörungen.
Handelsnamen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- zur parenteralen Anwendung: Infectofos (D), Fosfomycin Sandoz (A)
- zur oralen Anwendung: Monuril (D, A, CH), Fosfuro (D), Generika (D)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006; S. 730, ISBN 978-0-911910-00-1.
- ↑ Datenblatt Phosphomycin disodium salt bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 3. Mai 2011 (PDF).
- ↑ Eintrag FOSFOMYCIN TROMETAMOL CRS beim Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM), abgerufen am 3. August 2008.
- ↑ a b Fachinformation INFECTOFOS® 5 g, Pulver zur Herstellung einer Infusionslösung. In: Gelbe Liste. Oktober 2015, abgerufen am 23. November 2016.
- ↑ Fosfomycin-Trometamol - Reservepräparat oder Mittel der Wahl bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen? Abgerufen am 18. August 2011.
- ↑ Wagenlehner, Florian M. E.; Hoyme, Udo; Kaase, Martin; Fünfstück, Reinhard; Naber, Kurt G.; Schmiemann, Guido: Klinische Leitlinie Unkomplizierte Harnwegsinfektionen (2011). In: Dtsch Arztebl Int 2011; 108(24): 415-23. Abgerufen am 20. Juni 2011.
- ↑ Beata Chudzik-Rząd, Sylwia Andrzejczuk, Mariusz Rząd, Krzysztof Tomasiewicz, Anna Malm: Overview on fosfomycin and its current and future clinical significance. In: Current Issues in Pharmacy and Medical Sciences. Band 28, 1. März 2015, S. 33–36, doi:10.1515/cipms-2015-0039.
- ↑ Matthew E. Falagas, Konstantina P. Giannopoulou, George N. Kokolakis und Petros I. Rafailidis: Fosfomycin: Use Beyond Urinary Tract and Gastrointestinal Infections. Oxford Brookes University, 2008
- ↑ Verena Zerbato, Gianfranco Sanson, Lisa Fusaro, Valentina Gerussi, Sara Sincovich, Fabiana Dellai, Giovanni Del Fabro, Nicholas Geremia, Cristina Maurel, Donatella Giacomazzi, Chiara Biasinutto, Filippo Giorgio Di Girolamo, Gianfranco Scrivo, Venera Costantino, Manuela Di Santolo, Marina Busetti, Lory Saveria Crocè, Simone Giuliano, Massimo Crapis, George Zhanel, Carlo Tascini, Roberto Luzzati, Stefano Di Bella: Intravenous Fosfomycin for Difficult-to-Treat Infections: A Real-Life Multicentric Study in Italy. In: Antibiotics. Band 14, Nr. 4, 14. April 2025, S. 401, doi:10.3390/antibiotics14040401.
- ↑ Cristina Lagatolla, Jai W. Mehat, Roberto Marcello La Ragione, Roberto Luzzati, Stefano Di Bella: In Vitro and In Vivo Studies of Oritavancin and Fosfomycin Synergism against Vancomycin-Resistant Enterococcus faecium. In: Antibiotics. Band 11, Nr. 10, 29. September 2022, S. 1334, doi:10.3390/antibiotics11101334.
- ↑ Stefano Di Bella, Filippo Mearelli, Milo Gatti: The Importance of Antibiofilm Antibiotics in Hardware-Associated Infections. In: Clinical Infectious Diseases. 12. Februar 2025, doi:10.1093/cid/ciaf064.
- ↑ Raluca Mihailescu, Ulrika Furustrand Tafin, Stéphane Corvec, Alessandra Oliva, Bertrand Betrisey, Oliver Borens, Andrej Trampuz: High Activity of Fosfomycin and Rifampin against Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus Biofilm In Vitro and in an Experimental Foreign-Body Infection Model. In: Antimicrobial Agents and Chemotherapy. Band 58, Nr. 5, Mai 2014, S. 2547–2553, doi:10.1128/AAC.02420-12.
- ↑ Katerina G. Tsegka, Georgios L. Voulgaris, Margarita Kyriakidou, Anastasios Kapaskelis, Matthew E. Falagas: Intravenous fosfomycin for the treatment of patients with bone and joint infections: a review. In: Expert Review of Anti-infective Therapy. Band 20, Nr. 1, 2. Januar 2022, S. 33–43, doi:10.1080/14787210.2021.1932463.