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Studentenverbindung

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  • Verhalten der Studentenverbindungen gegenüber dem Dritten Reich unter Einbeziehung aller internen und externen Quellen.
  • Fundierte Aussagen über das Verhalten von Studentenverbindungen zum Antisemitismus
  • Situation in Österreich.
  • Weitere Lücken siehe Diskussionsseite.

Eine Studentenverbindung oder auch Studentenkorporation ist ein relativ enger Zusammenschluss einer Gruppe von derzeitigen und ehemaligen Studenten an einer Hochschule oder Fachhochschule, der sich an alten studentischen Traditionen orientiert.

So nannte man früher nur studentische Zusammenschlüsse im deutschsprachigen Raum oder an deutschsprachigen Universitäten seit etwa 1800. Heute werden auch vergleichbare studentische Zusammenschlüsse in anderen Ländern so bezeichnet.

In Deutschland gehören etwa 2-3% aller Studenten einer Verbindung an. Obwohl genaue Zahlen schwer zu ermitteln sind, kann man davon ausgehen, dass sich 170.000 bis 200.000 studierende oder berufstätige Personen in Deutschland und Österreich als "Verbindungsstudenten" bezeichnen.

Hauptmerkmale

Studentenverbindungen sind Vereine - eingetragen oder nicht - mit folgenden gemeinsamen Merkmalen:

  • Basisdemokratie: Verbindungen treffen ihre internen Entscheidungen basisdemokratisch auf verschiedenen Arten von Zusammenkünften der Mitglieder (Conventsprinzip).
  • Probephase : Neue Mitglieder durchlaufen eine ein- bis zweisemestrige oder, je nach Bund, längere, "Fuchsenzeit" zum gegenseitigen Kennenlernen mit eingeschränkten Rechten und Pflichten.
  • Generationen-Verbund (Lebensbund): Auch nach dem Studium bleiben die Mitglieder ihrer Verbindung lebenslang verbunden und unterstützen sie.
  • Geselligkeit: Die gemeinsamen Freizeitaktivitäten werden teilweise in bestimmten traditionellen Formen durchgeführt.
  • Charakterbildung: Die Rechte und Aufgaben jedes Mitglieds dienen nach dem Verständnis der Verbindungen dem Einüben von individueller und sozialer Verantwortung.

Diese Merkmale werden von allen Verbindungsarten als unaufgebbar betrachtet und unterscheiden sie von anderen studentischen Vereinigungen oder politischen Zweckgemeinschaften. Hinzu kommen einige traditionelle Merkmale, die nur einen Teil der Verbindungen kennzeichnen:

  • Fester Treffpunkt: Die meisten Verbindungen besitzen ein eigenes Haus (Korporationshaus) zum Treffen und Wohnen. Andere treffen sich regelmäßig in öffentlichen oder gemieteten Versammlungsräumen (in Deutschland meist Konstante, in Österreich meist Studentenbude genannt).
  • Farben ("Couleur"): Die Mitglieder der meisten Verbindungen tragen bestimmte äußere Abzeichen in festgelegten Farben, um ihre Zusammengehörigkeit zu zeigen.
  • Männerbünde: Die meisten Verbindungen nehmen nur Männer auf, andere auch Frauen, manche nur Frauen. Die Anzahl der Damenverbindungen nimmt zu.
  • Akademisches Fechten: Das akademische Fechten mit scharfen Waffen ("Mensur") ist in einigen Verbindungsarten Pflicht, in anderen freigestellt. Die meisten Verbindungen sind nichtschlagend.

Aufbau

Eine Verbindung gliedert sich in studierende und berufstätige Mitglieder. Die Aktivitas ist die Organisationsform der studierenden Mitglieder, meist ohne Rechtsform. Sie treffen ihre Entscheidungen demokratisch in „Conventen“, bei Corps etwa dem Corpsburschen-Convent (CC). Sie wählen dort in jedem Semester einen Vorstand - die Chargia, die sich meist aus drei "Chargierten" zusammmensetzt - und den "Fuxmajor", der für die Neulinge (Füxe) verantwortlich ist. Alle Amtsinhaber können jederzeit - auch spontan - abgewählt werden. Mit dieser Basisdemokratie ist ein Anspruch auf Autonomie verbunden: Man weigert sich, für innere Belange Anweisungen von staatlichen Stellen, Parteien oder Universitätsbehörden entgegen zu nehmen oder sich in staatliche Strukturen eingliedern zu lassen.

Aus historischen Gründen sehen die Convente für sich auch eine Art Aufsichtspflicht für ihre Mitglieder (siehe Comment), die bei Verstößen gegen gemeinsam und demokratisch festgesetzte Regeln Bestrafungen vorsieht. Dazu gehören geringfügige Geldstrafen in die Gemeinschaftskasse, aber auch "protokollarische Strafen" ("Verweise" etc.) sowie den zeitweisen und endgültigen Ausschluss aus der Verbindung ("Dimission").

Beim Eintritt in eine Verbindung macht der Student eine Probezeit durch. Als "Fux" oder "Fuchs" bezeichnet (weibliche Studenten heißen meist ebenso, seltener "Fee" oder "Fähe"), kann er/sie die Verbindung mit weniger Rechten, aber auch weniger Pflichten unverbindlich kennenlernen. Man wird mit den Traditionen und Werten seiner Verbindung vertraut gemacht und lernt befreundete Verbindungen kennen. Das dauert ein bis zwei Semester und endet mit der "Burschung" (auch "Rezeption" etc.), womit man "Bursche" (Vollmitglied) wird.

Dieser übernimmt für zwei bis drei Semester die Hauptverantwortung des Aktivenlebens: Ämter (Chargen), Gastgeberrolle bei Veranstaltungen, Leitung verschiedener Convente oder Repräsentationspflichten bei Besuchen. In dieser Zeit werden in „schlagenden“ Verbindungen die Mensuren gefochten (siehe unten).

Die restlichen zwei Drittel seines Studiums ist der Verbindungsstudent jedoch Inaktiver und kann sich auf seinen Studienabschluss konzentrieren, ohne Ämter und weitere Pflichten übernehmen oder Mensuren schlagen zu müssen.

Ehemalige Studenten heißen unabhängig von ihrem Lebensalter "Alter Herr" oder „Hohe Dame“. Sie bilden gemeinsam die Altherrenschaft (Hohedamenschaft). Das sind meist eingetragene Vereine (e.V.). Für die Aufnahme ist eine gesicherte Lebensstellung Voraussetzung.

Alte Herren haben zwar aufgrund von Familie und Beruf am wenigsten Zeit, können den Bund aber finanziell unterstützen: durch Jahresbeitrag und Spenden, vor allem aber durch den Unterhalt des Korporationshauses. Besonders Engagierte können auch Ämter im Altherrenverband und im Dachverband übernehmen.

Alte Herren und aktive Studenten treffen sich auf Veranstaltungen des eigenen Bundes, etwa beim Stiftungsfest oder bei Tagungen des jeweiligen Dachverbandes wie dem Burschentag.

Das Lebensbund-Prinzip bedeutet eine lebenslange Verpflichtung, für alle Mitglieder der eigenen Verbindung einzustehen. Entgegen ursprünglichen Konzepten aus der Zeit um 1800 erlaubt es heute jedoch auch freiwillige Austritte oder - bei schwerwiegendem Fehlverhalten - den zeitweisen oder endgültigen Ausschluss aus der Verbindung.

Dachverbände

Die meisten Studentenverbindungen sind in Dachverbänden zusammengeschlossen, deren Zweck es ist, die vereinbarten Ziele und Prinzipien gemeinsam zu erreichen. Dazu gibt es verschiedene Arten: Manche Dachverbände sind lockere Zusammenschlüsse, die ihren Einzelverbindungen weitreichende Freiheiten lassen. Andere dienen hauptsächlich der Wahrung gemeinsamer, demokratisch festgelegter Prinzipien. Wieder andere verstehen sich als ein großer Bund mit Dependancen in verschiedenen Universitätsstädten. Daneben gibt es "freie Verbindungen", die keinem Dachverband angehören.

Viele deutsche Dachverbände haben sich wiederum zu zwei übergeordneten Interessenvertretungen vereint: Der Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK) umfasst die Aktivenverbände von 11 Korporationsverbänden und damit etwa 200 Studentenverbindungen mit etwa 4.000 Studenten. Nicht Mitglied im CDK sind die beiden Corps-Verbände (KSCV und WSC), die Deutsche Burschenschaft (DB) und der Coburger Convent (CC). Auch die katholischen Verbände sind keine Mitglieder, kooperieren aber mit dem CDK.

Im Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) fanden sich die Altherrenschaften von 15 Korporationsverbänden, darunter auch die DB und der CC zusammen. Er vertritt etwa 500 Altherrenschaften mit etwa 50.000 Mitgliedern.

Zum Europäischen Kartellverband (EKV) gehören die katholischen Korporationsverbände CV, KV, RKDB, TCV, der UV sowie nicht-deutsche Korporationsverbände.

(Siehe auch: Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen)

Verbindungsarten

Vielfalt und Unterschiede sind bei dieser traditionellen studentischen Gemeinschaftsform außerordentlich groß. Am häufigsten findet man an Universitäten heute

sowie weitere Arten. Diese unterscheiden sich vor allem durch ihre Prinzipien und spezifischen Gebräuche. Trotz aller Vielfalt treten bestimmte Formen besonders häufig auf, die in der folgenden Tabelle aufgeführt sind. Diese enthält jedoch nicht alle Dachverbände und keine dachverbandsfreien Verbindungen. In der Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen findet man ferner die erloschenen und heute noch aktiven Dachverbände und ihre Merkmale.

Verbindungsform Dachverband / -verbände Anzahl der Verbindungen
Katholische Studentenverbindungen (farbentragend) CV, ÖCV, TCV 200
Corps KSCV, WSC 161
Burschenschaften DB, NDB 141
Katholische Studentenvereine (nicht farbentragend, farbenführend) KV, UV, ÖKV 126
Landsmannschaften CC, ÖLTC 73
Andere christliche Studentenverbindungen Schwarzburgbund, Wingolf, Wartburg-Kartell 61
Sängerschaften (fakultativ schlagend) und musische Verbindungen (nichtschlagend) Weimarer CC und SV 44
Akademische Turnvereine ATB, ATBÖ 41
Turnerschaften CC und MK 34
Akademisch-Technische Verbindungen MWR, Hütte 8

Geschichte

Der folgende Abschnitt fasst den ausführlichen Hauptartikel "Geschichte der Studentenverbindungen" zusammen und berücksichtigt dabei besonders die Zeit von 1871 bis heute.

Vorläufer vor 1800

Mit den ersten Universitäten entstanden auch Zusammenschlüsse von Studenten. Diese entwickelten bestimmte Formen, die heute nicht mehr existieren, aber als frühe Vorläufer heutiger Verbindungstraditionen anzusehen sind:

Verbindungen vor 1871

Die Arten von Studentenverbindungen, die wir heute kennen, entwickelten sich an deutschsprachigen Universitäten seit etwa 1800. Sie übernahmen einzelne Elemente der älteren Formen studentischer Zusammenschlüsse und entwickelten sie weiter.

Eine erste neuere Form waren die Corps, die sich zu Senioren-Conventen zusammenschlossen. Sie verstanden sich als Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Regelung des studentischen Lebens ohne politischen Gestaltungsanspruch. Doch sie strebten bald auch danach, die frühere universitäre Einteilung der Studenten in "Landsmannschaften" abzuschaffen und alle Studenten („Burschen“) in einer einheitlichen "Burschenschaft" zusammenzuführen.

Aus diesen Überlegungen heraus gründete sich am 12. Juni 1815 in Jena die sogenannte Urburschenschaft. Sie wollte auf universitärer Ebene die politische Überwindung der Kleinstaaterei zu Gunsten eines vereinten Deutschlands vorwegnehmen und vorbereiten. Ihre Ideen griffen rasch um sich. Bei einem Treffen von etwa 500 Studenten auf der Wartburg am 18. Oktober 1817 gründete sich die Allgemeine Deutsche Burschenschaft. Sie fasste viele bestehende und neue Burschenschaften zusammen und verstand sich von Anfang an als politische Organisation mit politischen Forderungen: vor allem nach Demokratisierung und Einigung Deutschlands.

Die Ausbeitung eigenständiger Organisationen stieß auf das Misstrauen der restaurativen Fürstenregierungen, die damals zum "Deutschen Bund" gehörten. Nach dem politisch motivierten Mord eines Burschenschafters erließen sie 1819 die Karlsbader Beschlüsse. Damit setzte eine sogenannte "Demagogenverfolgung" an den Hochschulen ein. Bis 1848 blieben unterschiedslos alle Verbindungen verboten.

Unabhängig davon stieß die Burschenschaftsidee auch bei einigen älteren Studentenvereinigungen auf Vorbehalte. Der Zusammenschluss aller Studenten blieb aus. Allmählich ließen die Burschenschaften einige Reformforderungen bezüglich der studentischen Kultur fallen und passten sich teilweise der älteren Corpstradition an.

Andere gründeten die ersten betont christlichen Studentenverbindungen, da sie das christlich-religiöse Element vermissten und es zum Bestandteil ihres traditionellen Gemeinschaftslebens machen wollten. Diese waren auch die ersten, die das damals weit verbreitete studentische Fechten zur Austragung von "Ehrenhändeln" für sich ablehnten. Bereits 1836 verzichtete die Uttenruthia auf Duell und Mensur.

Schon vor 1848 bildete sich im Umfeld der politischen Emanzipation des Bürgertums die sogenannte "Progressbewegung" an den Hochschulen, die die studentischen Traditionen abschaffen oder an die bürgerliche Kultur der Zeit anpassen wollte. Aus ihnen bildeten sich Turnerschaften, Sängerschaften und eine neue Art von Landsmannschaften.

1848 wurden infolge der Märzrevolution die Karlsbader Beschlüsse aufgehoben. Die Demokratiebewegung erreichte in der Frankfurter Paulskirche einen ersten vorübergehenden Durchbruch. Aus den bis dahin verbotenen "Untergrundorganisationen" unbotsamer Jugendlicher wurden nun anerkannte Zusammenschlüsse der akademischen Elite der Nation. Die Burschenschafterfarben Schwarz-Rot-Gold wurden nun sogar zu den Farben des Deutschen Bundes erklärt. An Gymnasien und Oberrealschulen formierten sich erste Schülerverbindungen.

Bis 1871 setzten sich bereits eine Reihe der heute noch gültigen Merkmale der Verbindungen durch: u.a. das Lebensbundprinzip, Conventsprinzip, Fuchsen- und Burschenzeit.

Verbindungen im Deutschen Kaiserreich (1871 bis 1918)

Die Gründung des Deutschen Reiches 1871 erfüllte wesentliche Forderungen des Bürgertums, die besonders die Burschenschaftsbewegung von Anfang an vertreten hatte: vor allem die territoriale Einigung Deutschlands und eine gemeinsame Reichsverfassung. Die Verbindungsstudenten gehörten nun zur etablierten Führungsschicht und stützten diese. Seitdem kam die ganze Vielfalt und Traditionspflege der deutschen und östereichischen Studentenverbindungsarten zur vollen Entfaltung, so dass diese Zeit heute noch als "alte Burschenherrlichkeit" gilt.

Eine Kehrseite dieser Entwicklung war derAntisemitismus. Eine aufgeklärte Judenfeindlichkeit hatte sich in Teilen der akademischen Bildungsschicht schon seit der französischen Revolution 1789 verstärkt. Einige Judengegner standen bei der Gründung der Urburschenschaft Pate. Die "Judenfrage" spielte auf den ersten Burschentagen eine wichtige Rolle. Der Ausschluss von Juden wurde seit 1817 in einigen Verbindungssatzungen festgelegt.

Eine einheitliche Ausgrenzung der Juden wurde damals aber nicht vollzogen. Die Aufnahmekriterien unterschieden sich von Verbindung zu Verbindung, Dachverband zu Dachverband und blieben auch nicht dauerhaft dieselben. Einige Verbindungen hielten die Prinzipien der Gleichheit und Glaubensfreiheit hoch und nahmen betont auch Juden auf.

Die neue Reichsverfassung gewährte Juden nun den Zugang an Hochschulen. Um ihre sozialen Aufstiegschancen zu verbessern, traten sie vielfach in Verbindungen ein. In ihnen fanden sich daher oft auch prominente Juden. Patriotismus, Christentum und politischer Gestaltungsanspruch vieler Verbindungen wirkten jedoch oft ausgrenzend für Juden und Andersgläubige. Infolge einer verstärkten antisemitischen Propaganda, die neue Rasse-Ideologien mit einer Politisierung von antijüdischem Sozialneid verband, verbreitete sich der Antisemitismus um 1880 immer mehr.

Nun gründeten sich auch Studentenverbindungen, die die Ausgrenzung der Juden zum festen Satzungs- und Programmpunkt machten. Ein solcher betont antisemitisch gegründeter Dachverband war der "Kyffhäuserverband", der die Vereine Deutscher Studenten zusammenschloss. Auch in österreichischen Verbindungen, besonders Burschenschaften griff der Antisemitismus um sich. Daraufhin gründeten sich mehr und mehr jüdische Studentenverbindungen, die sich stets zum deutschen Vaterland, teilweise aber auch zum Zionismus bekannten.

Um 1900 wurden auch Frauen schrittweise zum regulären Universitätsstudium zugelassen. 1899 bildeten sich daher auch die ersten Damenverbindungen. Gemischte Verbindungen waren damals noch undenkbar.

Der Erste Weltkrieg beendete die "alte Burschenherrlichkeit". Alle gesunden jungen Männer mussten in den Krieg. Die Verbindungen stellten diesen nicht in Frage. Die große Mehrheit der Korporierten bejahte ihn als Dienst "für's Vaterland" und trug ihn mit.

Das Universitätsleben war nun nur noch sehr eingeschränkt möglich. Viele Verbindungen mussten suspendieren, und manche erholten sich nach Kriegsende nicht mehr davon. Vor allem Damenverbindungen wurden nach 1918 nicht wieder aktiviert.

Verbindungen in der Weimarer Republik

Ab 1919 kehrten die meisten Studenten wieder an die Universitäten zurück, wo sie ihre Traditionen neu aufleben ließen. Die Verbindungen hatten einen Zulauf wie nie zuvor. Auch die eigentlich unpolitischen Studentenverbindungen bekannten sich nun zu konservativen und nationalen Ideen. Sie bildeten keine Parteien, schlossen sich insgesamt auch keiner Parteilinie an und überließen parteipolitische Aktivitäten dem Einzelnen. Doch die meisten Mitglieder vertraten nun eine weit verbreitete Republikfeindlichkeit und hielten an Idealen des Kaiserreichs fest.

Das zeigte sich auch daran, dass besonders die Burschenschaften die schwarz-rot-goldene Flagge, die vor 1848 Symbol der Demokratiebewegung gewesen und nun deutsche Staatsflagge geworden war, nicht mehr als gemeinsame Fahne anerkannten. Sie verknüpften das "Vaterland" nicht mit der ungeliebten Republik, sondern mit nationalistischen Gebiets- und Großmacht-Ansprüchen.

Etwa seit 1925 propagierte ein großer Teil aller Studenten und ihrer Organisationen die sogenannte "Konservative Revolution", die die Weimarer Demokratie ablösen sollte. Um diese Zeit trat auch die Hochschulorganisation der NSDAP, der neugegründete "Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) seinen Siegeszug an. Hier ließen viele Verbindungen eine Doppelmitgliedschaft ausdrücklich zu, um nicht zu viel Mitglieder an die braune Konkurrenz zu verlieren. Politische Ziele und Ideologie berührten sich vielfach.

Verbindungen im "Dritten Reich"

Adolf Hitlers Machtergreifung wurde von vielen Studenten begeistert begrüßt, auch wenn sie nicht zur NSDAP gehörten. Viele Korporierte traten nun in diese Partei ein und begrüßten auch die ersten Gewaltmaßnahmen gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und Juden.

Ab 1934 wurde unübersehbar, dass die Nazis Studentenorganisationen nicht von der Gleichschaltungspolitik ausnehmen würden. Nun gab es vereinzelt Widerstand gegen das "Führerprinzip" und den rassistischen Ausschluss aller Juden, auch unter den "Alten Herren". Doch zwischen 1934 und 1936 lösten sich die Studentenverbindungen entweder selbst auf oder wurden zwangsaufgelöst. Manche existierten nun als "Kameradschaften" innerhalb des NSDStB weiter.

Im Krieg seit 1939 konnten sich lokal einige Verbindungen heimlich neugründen, Veranstaltungen in Couleur abhalten und sogar Mensuren fechten.

Eine Reihe von Verbindungsstudenten machten Karriere in Hitlers Partei und Staat. Andere beteiligten sich an Widerstandsversuchen. Sie gehörten zum inneren Führungskreis der Attentäter des 20. Juli 1944, zum Kreisauer Kreis, zur Bekennenden Kirche oder starben in Gestapohaft.

Verbindungen seit 1945

Ab etwa 1947 versuchten sich einige Studentenverbindungen in Westdeutschland und Österreich wiederzugründen.

1949 erklärte die Westdeutsche Rektorenkonferenz (WRK) in ihrem Tübinger Beschluß: "Im Bilde der kommenden studentischen Gemeinschaft wird kein Platz mehr sein für Veranstaltungen von Mensuren, die Behauptung eines besonderen Ehrbegriffs, die Abhaltung geistloser und lärmender Massengelage, die Ausübung einer unfreiheitlichen Vereinsdisziplin und das öffentliche Tragen von Farben." Daraufhin änderten viele Universitäten ihre Hochschulordnungen entsprechend. Das Verbot von Korporationen durch Universitäten wurde einige Jahre später vor Gericht für unrechtmäßig erklärt. Jedoch versuchten einige Universitäten Verbindungen (besonders schlagende) fernzuhalten, indem sie sie nicht als Vereine an der jeweiligen Uni anerkannten. An der TU Berlin beispielsweise wurde Corps Lusatia als erste Verbindung mit Mensurpflicht erst 1963 zugelassen. Die gleiche Verbindung erzwang 1968 in einem Musterprozess vor dem Verwaltungsgericht auch die ofizielle Zulassung an der FU Berlin. Die volle Anerkennung der Verbindungen durch die Regierung fand allerdings schon 1961 ihren Abschluß, als die Korporationsverbände in die Förderung des Bundesjugendplanes aufgenommen wurden.

Bis 1950 war die Wiederbelebung des Korporationswesen trotzdem sehr weit fortgeschritten. 1953 wurde die Mensur, unter anderem bei einem Treffen von Vertretern schlagender Korporationen mit Theodor Heuss, für straffrei erklärt, sofern sie nicht mehr zur Ausfechtung von Ehrenhändeln diene.

Nach und nach gaben viele Dachverbände auch Schulderklärungen zu ihrem Verhalten im "Dritten Reich" ab: zunächst christlich orientierte Verbindungen wie der Schwarzburgbund, die sich dabei an die Kirchen anlehnten.

Jüdische Studentenverbindungen haben sich bis heute nicht wieder gegründet. Ein ausgewanderter jüdischer Dachverband existiert aber immer noch in New York.

Die Zeit der Studentenbewegung von 1968 wurde für viele Verbindungen zu einer existenzbedrohenden Krise: Viele ihrer Traditionen sahen sich nun scharfer Kritik ausgesetzt und die Mitgliederzahlen gingen rapide zurück. Neue, politisch und sozial anders ausgerichtete Studentenorganisationen gewannen an Boden. Viele Verbindungen mussten sich vertagen. Einige, die bisher nur Männer aufnahmen, versuchten sich erfolgreich durch die Aufnahme von Studentinnen zu stabilisieren. Aus dieser Zeit stammen auch viele heutige Vorbehalte gegen eine Reihe von Verbindungen.

Die rückläufige Entwicklung kam ab 1980 zum Stillstand. Seit etwa 1985 ist wieder eine Zunahme an neuen Mitgliedern zu beobachten. Viele Verbindungen, die seit 1970 vertagt wurden, haben ihren Aktivenbetrieb wieder aufgenommen.

In der DDR blieben Studentenverbindungen verboten. Erst seit 1980 gründeten sich an einigen Universitätsstandorten Studentenverbindungen neu, meist unter dem Deckmantel historischer oder Fechtvereine und unter strenger Beobachtung durch das Ministerium für Staatssicherheit (siehe Rudelsburger Allianz).

Nach der Wende von 1989 wurde es auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wieder möglich, die Studentenverbindungen an den Universitäten neu zu beleben. Viele Verbindungen verlegten ihren Sitz wieder an alte Heimatuniversitäten in Ostdeutschland. Es kam dabei zu Wieder- und einigen Neugründungen. Teilweise wurden auch neue Universitätsstädte für Verbindungen erschlossen.

Seit der Unabhängigkeit der baltischen Staaten hat sich eine rege Zusammenarbeit zwischen den deutsch-baltischen Verbindungen in Deutschland und den nach deutschem Vorbild gegründeten estnischen und lettischen Verbindungen ergeben.

Die Gegenwart ist durch widersprüchliche Tendenzen gekennzeichnet. Einige Verbindungen (vorwiegend in der Deutschen Burschenschaft) betonen verstärkt ihre "Verbundenheit mit dem deutschen Volk" und nehmen darum nur Deutsche als Mitglieder auf. Dabei hatten die meisten Verbindungen vor allem der Korps-Tradition teilweise schon im 19. Jahrhundert ganz selbstverständlich auch ausländische Mitglieder.

Andere beginnen und verstärken die Zusammenarbeit mit in anderen Ländern. Beispiel dafür ist der römisch-katholische Europäische Kartellverband, der Verbindungen im europäischen Ausland umfasst. Demgegenüber strebte der erste Weltkorporationstag vom November 2002 in Würzburg eine internationale Begegnung ohne organisatorische Vereinheitlichung an. Dort trafen sich Studentenverbindungen aus aller Welt und einigten sich auf eine gemeinsame Entschließung (siehe [1]).

Äußere Kennzeichen

Alle Studentenverbindungen haben einige der folgenden äußeren Erkennungszeichen. Diese sind historisch gewachsen: So stammen die Farben aus einer militärischen Tradition, die Zirkel aus dem mittelalterlichen Handwerk und die Feiern aus den Bräuchen der Freimaurer.

Farben

Hauptartikel: Couleur

Datei:Studentenmütze.png
eine Penälermütze nach Vorbild einer Studentenmütze

Als farbentragend werden Studentenverbindungen bezeichnet, deren Mitglieder (zumindest bei offiziellen Veranstaltungen) ein Band und eine Kopfbedeckung (Studentenmütze auch Kopfcouleur genannt) in den Farben ihrer Verbindung (Couleur) tragen.

Daneben existieren seit 1857 sogenannte farbenführende Verbindungen, deren Mitglieder keine Couleur tragen. Die Farben dieser Verbindungen finden sich dann häufig in dem Wichs und in Couleurgegenständen wie z.B. den so genannten Zipfeln. Manche nicht-farbentragende Verbindungen in Süddeutschland und in Österreicht tragen allerdings ein Band aber keine Studentenmütze.

Einige Studentenverbindungen tragen weder Farben, noch führen sie Farben. Diese Verbindungen werden als schwarze Verbindungen bezeichnet.

Zirkel

Hauptartikel: Zirkel (Studentenverbindung)

Der Zirkel ist eine monogrammartige Verschlingung von Buchstaben, gefolgt von einem Ausrufezeichen und enthält in der Regel die Anfangsbuchstaben des Verbindungsnamens und des Wahlspruches der Verbindung. Oft finden sich auch (alternativ oder zusätzlich) die Anfangsbuchstaben von "libertas vita carior" (lvc), "vivat, crescat, floreat" (vcf) bzw. "vivat circulus fratrum (Verbindungsname)" im Zirkel.

Wappen

Hauptartikel: Studentenwappen

Das Studentenwappen ist eine nicht streng den heraldischen Regeln folgende Form der Wappen und kam um das Jahr 1800 in Gebrauch. Meist wird das Schild durch ein Kreuz in vier Felder geteilt. Beliebte Elemente sind die Farben der Verbindung, das Bundeszeichen, der Zirkel (Studentenverbindung), Hinweise auf die Universitätsstadt, regionale heraldische Elemente sowie weitere Symbole für Freundschaft und Ewigkeit, die teils aus dem Freimaurertum, teils direkt aus der Antike übernommen wurden.

Fahne

Die meisten Studentenverbindungen haben eine Fahne in ihren Farben. Diese wird während des Semester am Korporationshaus gehißt. Daneben haben Studentenverbindungen oft noch eine Prunkfahne oder -standarte, die neben den Farben der Verbindung häufig das Wappen, den Namen der Verbindung und den Wahlspruch aufweist.

Feiern

Verbindungen legen seit jeher großen Wert auf gesellschaftliche Veranstaltungen und Feiern aller Art für ihre Mitglieder. Diese lebten schon früher oft weit von ihren Familien entfernt und waren mit einer mehr oder weniger großen Geldmenge ausgestattet. So konnte der Student seine frei verfügbare Zeit selbstständiger gestalten und ohne elterliche Aufsicht mit seinen Vorlieben ausfüllen.

Ein wichtiger Erwerbszweig in Universitätsstädten war daher schon immer die Gastronomie. Der alltägliche Konsum alkoholischer Getränke war für die meisten Studenten üblich. Dazu bildeten sich allmählich spezielle studentische Veranstaltungsformen heraus.

Traditionelle Namen dafür sind etwa "Kneipe" und "Kommers", aber auch heute in Vergessenheit geratene Begriffe wie "Hospicium" oder "Kränzchen". Essen, Trinken und Rauchen waren darin bis zum frühen 19. Jahrhundert gleich wichtig. Sie verballhornten ursprünglich Riten der Freimaurer und der Universitäten: So entstand die Kneipe nach dem Bild der Vorlesung.

Mit der Zeit kamen so immer mehr Neuerungen in studentisches Brauchtum. Als einige Landesfürsten den Alkoholgenuss verboten, reagierten die (einige?) Studentenverbindungen mit Trinkzwang und "Biercomment". Sie verballhornten nun zum Teil auch ihre eigenen Riten: So entstand der "Bierjunge" als Persiflage des studentischen Duells und der Mensur.

Einige dieser Formen haben sich bis heute gehalten, fortentwickelt und werden in zeitgemäßer Form weiter gepflegt. So hat fast jede Verbindung alle oder mehrere der folgenden Veranstaltungen in ihrem Semesterprogramm:

  • Kneipe: Dies ist eine traditionelle Feier, die in einem festgelegten Rahmen (Kneip-Comment) gestaltet wird. Es werden Reden gehalten und Lieder gesungen sowie meist Bier getrunken. Typischer Brauch auf einer Kneipe ist das Reiben eines Schoppensalamanders.
  • Kommers: Dies ist die festliche und repräsentative Form der studentischen Kneipe. Kommerse finden typischerweise bei Stiftungsfesten, Stadt- oder Universitätsjubiläen statt. Dabei wird zu besonderen Anlässen ein "Landesvater" gestochen. Das kommt bei den meisten Verbindungen aber nur alle fünf Jahre einmal vor.
  • Stiftungsfest: Dies ist die Feier zu jedem Jahrestag der Gründung einer Studentenverbindung. Gesellschaftlicher Höhepunkt dabei ist der Stiftungsfestball.
  • Kongress/Verbandsfest: Dies ist die zentrale Veranstaltung eines Dachverbandes mit Arbeitssitzungen (Kongress) und gesellschaftlichen Bestandteilen (meist Kommersen), die meist einmal jährlich oder alle zwei Jahre stattfindet.

Diese traditionellen Veranstaltungsformen finden ohne Partnerinnen ("Damen") statt. Sie sind heute jedoch in der Minderzahl gegenüber gemischten Veranstaltungen. Den Semesterverlauf füllen heutige Verbindungen überwiegend mit modernen Formen zwangloser Feste, die in der Regel mit Partnerinnen in kleinem Kreis stattfinden. Dazu gehört auch der Stiftungsfestball.

Inzwischen laden viele Verbindungen mindestens einmal im Jahr alle Studenten zu einer großen Party ein, die dann oft mit mehreren hundert Teilnehmern gefeiert wird. Dazu wird das Korporationshaus, über das heute praktisch alle deutsche Verbindungen verfügen, für Besucher geöffnet.

Weitere Veranstaltungen sind primär auf die jeweiligen Schwerpunkte der Studentenverbindung ausgerichtet. So veranstalten Burschenschaften und wissenschaftliche Studentenverbindungen eine Reihe von wissenschaftlichen Abenden, musische Verbindungen Gesangsabende oder Konzerte, sportlich orientierte Verbindungen (wie Akademische Segelvereine oder Ruderverbindungen) sportliche Aktivitäten und christliche Studentenverbindungen religiöse Feiern.

Politisches Engagement

Obwohl viele Studentenverbindungen ihre Mitglieder zum bewussten und verantwortlichen politischen Denken ermutigen, werden sie als Organisation selbst nur indirekt politisch aktiv.

Ausnahmen sind die Burschenschaften, die in der Deutschen Burschenschaft und Neuen Deutschen Burschenschaft organisiert sind, die sich immer schon politisch betätigten.

Andere Verbände hingegen verneinen jede allgemeinpolitische Aktivität ihrer Mitgliedsverbindungen. So vertsehen sich die Corps-Verbände sowohl nach außen als auch bezüglich ihrer Mitglieder als absolut neutral.

Der Begriff des Vaterlands spielt für einige Studentenverbindungen eine große Rolle. Seine historisch bedingte Bejahung vertreten neben vielen Burschenschaften auch die Vereine Deutscher Studenten in Deutschland und Österreich. Diese definieren "Vaterland" unterschiedlich, wobei nicht selten auch historisch überholte Gebietsansprüche eine Rolle spielen (Details siehe Hauptartikel).

Demgemäß ist auch die Möglichkeit des Beitritts von Ausländern recht unterschiedlich geregelt. Die meisten Verbindungen nehmen Menschen jeder Staatsangehörigkeit auf. Manche machen die Mitgliedschaft von einer Verbundenheit zum Vaterland des jeweiligen Mitglieds abhängig. Einige verlangen die Zugehörigkeit zum deutschen Volk, andere die deutsche bzw. österreichische Staatsbürgerschaft von ihren Mitgliedern.

Tatsächlich sind heute Menschen aus praktisch allen Kontinenten Mitglieder in deutschen Studentenverbindungen: vor allem aus West-, Nord- und Osteuropa, den Mittelmeerländern, allen Teilen Amerikas, aber auch aus Afrika und Ostasien.

Verbindungen in anderen deutschsprachigen Ländern

Auch wenn sich die Studentenverbindungen im deutschsprachigen Raum über die Landesgrenzen hinweg stark ähneln, so gibt es dennoch einige Besonderheiten, auf die im folgenden eingegangen wird.

(Für Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern siehe: Studentenverbindungen in nicht-deutschsprachigen Ländern)

Liechtenstein

In Liechtenstein gibt es zwar keine Universität, aber eine katholische Ferial-Verbindung, die LAV Rheinmark. In ihr finden sich liechtensteinische Studenten zusammen, wenn sie in den Ferien von ihrem Universitätsort in ihr Heimatland zurückkommen.

Österreich

Die Studentenverbindungen in Österreich sind im Großen und Ganzen mit den Verbindungen in Deutschland vergleichbar. Die gesellschaftspolitische Relevanz ist (war) allerdings größer. So entstammen fast alle Bundeskanzler der ersten Republik katholischen CV-Verbindungen. Engelbert Dollfuß, Begründer der austrofaschistischen Diktatur, war zum Zeitpunkt seiner Ermordung Philistersenior seiner Studentenverbindung KÖHV Franco Bavaria (Wien). Posthum wurde ihm von allen Verbindungen des Österreichischen Cartellverbands (ÖCV) die Ehrenmitgliedschaft (Bandphilister h.c.) verliehen.

Die Verbindungen Österreichs sind politisch insgesamt deutlich konservativer als jene in Deutschland. Außerdem sind sie untereinander tief in katholische und schlagende Verbindungen gespalten. Gemeinsame Auftritte bei universitären oder allgemein gesellschaftlichen Veranstaltungen sind dort nach wie vor undenkbar. Die aggressive Ablehnung fand ihren traurigen Höhepunkt in der Ermordung eines katholischen Grazer Studenten Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie hat sich heute in ein "nicht einmal ignorieren" gewandelt.

Manche Korporationsverbände wie der Cartellverband oder der nicht-farbentragende Kartellverband koexistieren als deutsche und österreichische Verbände, weisen aber gemeinsame Wurzeln und teilweise sogar eine gemeinsame Geschichte auf. Partiell kann bei den schlagenden, nationalen österreichischen Verbindungen eine besondere Verbundenheit mit Deutschland festgestellt werden.

Ungewöhnlich ausgeprägt ist in Österreich das Schülerkorporationswesen. Der größte Verband von Mittelschulverbindungen ist der Mittelschüler Kartell Verband (MKV). Österreichische Mittelschulverbindungen bezeichnen sich größtenteils auch als "Studentenverbindung".

Schweiz

Das Korporationswesen in der Schweiz ähnelt dem in Deutschland und Österreich, allerdings mit einem Unterschied: Die drei großen Dachverbände "Schweizerischer Zofingerverein (Zofingia)", "Studentenverbindung Helvetia" und der "Schweizerischer Studentenverein (StV)", dem deutschen CV nahestehend, wurden von Anfang an als Dachverband gegründet und entstanden nicht aus Zusammenschlüssen einzelner Verbindungen. Daneben gehörten ihnen von Anfang an Verbindungen an Universitäten und Schülerverbindungen an. Letztere sind in der Schweiz weitaus häufiger anzutreffen als in Deutschland. Zudem waren alle drei Verbände ebenfalls von Anfang an politische Vereine (Siehe auch Schweizerischer Studentenverein).

Kritik

Studentenverbindungen werden in der Gesellschaft verschieden wahrgenommen. Ihre Traditionen sind diverser Kritik ausgesetzt und treffen zum Teil auf Ablehnung, sei es wegen ihrer Herkunft, sei es wegen ihres heutigen Erscheinungsbildes. Dabei geht es oft um besonders augenfällige Merkmale, die immer wieder Anstoß erregen. Einige seien hier kritisch erörtert.

Das Verhältnis zu Frauen

Obwohl viele Verbindungen seit den 70er Jahren auch Frauen aufnehmen, sind Studentinnen in der korporierten Szene oft stark unterrepräsentiert. Der Anteil an reinen Damenverbindungen nimmt in letzter Zeit stetig zu. Dennoch ist der Frauenanteil in Verbindungen weiterhin sehr gering.

Sie werden deshalb von Kritikern als ausgrenzend und frauenfeindlich bezeichnet. Dies gilt besonders für schlagende Verbindungen, weil die Mensur weiterhin "Männersache" bleibt. Dort werden männliche Werte gepflegt, die - so die Außenwahrnehmung - auch traditionelle Geschlechterrollen zementieren.

"Seilschaften" für sozialen Aufstieg

Kritiker sehen das Lebensbund-Prinzip von Studentenverbindungen oft als ein System, mit dem gezielt Aufstiegschancen für Jungakademiker beeinflusst werden. Statt eigener Leistung seien die dort aufgebauten Beziehungen maßgeblich für die spätere Karriere eines Mitglieds.

Korporierte entgegnen, ohne erbrachte Leistung könne heute niemand mehr bestehen. Ohne von der Leistungsfähigkeit des Anderen überzeugt zu sein, könne es sich niemand erlauben, diesen in eine Position zu hieven. So diene die Gemeinschaft in Studentenverbindungen nur zum Kennenlernen und dem Aufbau von "Netzwerken", auf die man später zugreifen könne.

Diese Funktion gebe es ebenso im nichtakademischen Bereich, etwa in Vereinen, Gewerkschaften, Parteien, da auch dort Kontakte geknüpft und langlebige Beziehungen zum gegenseitigen Vorteil aufgebaut werden können. So bilden sich heute zunehmend Studenteninitiativen, die das so genannte "Networking" ausdrücklich zu ihrem Zweck erklären.


Doch die Ausrichtung von Studentenverbindungen auf Akademiker als gewünschter Zielgruppe prädestiniert sie besonders für den Aufbau von Beziehungsnetzwerken. Akademiker stellen auch nach eigenem Anspruch die geistige Elite des Volkes dar, so dass ihnen eine besondere Verantwortung für den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt zukommt und von ihnen erwartet wird. Das universitäre Prinzip des freien Zugangs zum Wissen für alle weckt bei vielen Kritikern Misstrauen gegen jede Form der Abschottung, die als elitär aufgefasst wird.

Die hierarchische Struktur

Die eingeschränkten Rechte und Pflichten der "Füchse" während ihrer Probezeit werden häufig als Zeichen einer hierarchischen, autoritären Struktur gesehen, die demokratischen Ansprüchen widerspreche. In ihr spiegele sich noch die frühere Form der Erniedrigung der Neulinge durch die bereits geformten Vollberechtigten.

Verbindungen verweisen dagegen auf das Zivilrecht und Vereinsrecht, das antidemokratische Strukturen nicht zulasse. Zwar seien Neumitglieder im Burschenconvent (BC) noch nicht zugelassen, hätten aber im Allgemeinen Convent (AC) volles Stimmrecht und entschieden dort über die meisten internen Angelegenheiten mit. Sie stellen auch das Gleichheitsideal heraus, das etwa im Duzen der Bundesgeschwister zum Ausdruck komme.

Zudem übernehmen die Mitglieder direkt nach dieser Probezeit die Führungspositionen in der jeweiligen Verbindung und sind dabei auch älteren Mitgliedern gegenüber weisungsberechtigt. Das typische Merkmal einer hierarchischen Struktur - das langsame Anwachsen der eigenen Befugnisse - ist also nicht vorhanden.

Viele politische Verbindungen und Burschenschaften vertreten seit ihren Anfängen einen bestimmten Wertekanon, der oft mit Dreiklängen wie „Ehre, Freiheit, Vaterland“ oder - je nach Gewichtung und Rangfolge - „Freiheit, Ehre, Vaterland“ umschrieben wird.

Einige dieser Werte werden heute weder als eindeutig empfunden noch allgemein geteilt. Sie sind seit dem ungeheuren Missbrauch des NS-Regimes für manche nicht mehr ungebrochen verwendbar. Gerade "Ehre" erscheint vielen vor dem geschichtlichen Hintergrund überholt, da sie auf einer Abgrenzung von anderen und dem Zusammenhalt und dem Wirken einer fragwürdigen Elite basiere. Hier wirkt die historische Herkunft aus der voraufklärerischen, adelig-ritterlichen "Satisfaktion" nach. Das betrifft vor allem schlagende, besonders in der Deutschen Burschenschaft organisierte Verbindungen.

Kritiker übersehen oft, dass viele Verbindungen ihrerseits den Begriff einer besonderen "studentischen Ehre" ablehnen und Dreiklänge wie "Gott, Freiheit, Vaterland" (Schwarzburgbund) oder "Religion, Wissenschaft, Freundschaft" (KV) verwenden. Zu Mißverständnissen führt besonders, daß das Bekenntnis zum "Vaterland" von Seiten der Verbindungen heute das Eintreten für den Staat Bundesrepublik Deutschland mit seiner freiheitlichen und demokratischen Grundordnung oder das Bekenntnis zu einer "Vereinigung Europas in Freiheit" (DB) bezeichnet. Daher ist für die Außenwahrnehmung nicht unerheblich, in welcher Weise Verbindungen ihre Werte aktiv vertreten.

Der Begriff „Vaterland“ wird von einigen politisch aktiven Verbindungen völkisch, deutschnational, revisionistisch bis fremdenfeindlich aufgefasst. Dies sind oft Bünde der Deutschen Burschenschaft. Diese bietet gelegentlich auch Anhängern von großdeutschen Positionen und nationalistischen Ideen ein Forum. Zusammen mit anderen Institutionen aus dem rechtsradikalen Spektrum wurden Veranstaltungen zu politisch zweifelhaften Themen organisiert.

Kritiker nehmen deshalb manchmal alle Verbindungen als konservativ bis reaktionär und nationalistisch mit fließenden Übergängen zum Rechtsradikalismus wahr. Die große Mehrheit der Korporierten lehnt radikale Tendenzen jedoch ab. Das breite Spektrum von Studentenverbindungen sieht sich überwiegend politisch neutral und betont seine Treue zum Grundgesetz, die es aus dem Patria-Prinzip ableitet.

Die Kritiker werfen diesem Teil der Verbindungslandschaft aber vor, sich nicht ausreichend von verfassungswidrigen Tendenzen anderer Verbindungen abzugrenzen. Die politisch neutrale Selbsteinstellung überlasse politisch rechts exponierten Verbindungen die politische Außenwirkung. Außerdem werfen sie der Deutschen Burschenschaft vor, rechtsradikal eingestellte Verbindungen weiterhin im eigenen Dachverband zu dulden.

Verfassungswidrigkeit

Vier Verbindungen innerhalb der Deutschen Burschenschaft (DB) werden zur Zeit von den Landesämtern für Verfassungsschutz beobachtet: die "Danubia" München, "Teutonia" Regensburg, "Frankonia" Erlangen und "Germania" Hamburg. Seit 2001 müssen Bewerber für den Staatsdienst in Bayern ihre Mitgliedschaft bei der Burschenschaft Danubia München offenbaren.

Die Traditionspflege

Viele Verbindungen passen ihre alten Strukturen, Rituale und Gepflogenheiten kaum der Aktualität an. Das sehen Kritiker oft als Bestätigung für das "ewiggestrige Gedankengut" der Korporierten. Doch diese möchten bewusst die oft über 100 Jahre alten Traditionen behalten und auf diese Weise ihre Identität wahren und pflegen. So konnten sich Studentenverbindungen nach den Karlsbader Beschlüsse oder dem "Dritten Reich" aus ihrer Tradition heraus wiedergründen. Selbst in der Zeit des SED-Regimes in der DDR nahmen Studenten zu den alten akademischen Traditionen Zuflucht, um der kommunistischen Einheitskultur zu entfliehen.

Dennoch trifft der Traditionalismus vieler Verbindungen auf Kritik, weil er ein veraltetes Weltbild kultiviere und sich nicht neuen gesellschaftlichen Herausforderungen stelle.

Selbstbezogenheit

Studentenverbindungen sind oft sehr stark mit den eigenen Belangen befasst. Sie schotten sich gegenüber kritischen Einblicken von außen ab und stellen sich der Öffentlichkeit nicht genügend dar, so dass Außenstehende geradezu eingeladen werden, Vorurteile wie ein angebliches "Elite"-Denken zu bilden. Dies liegt auch an der relativ geringen Präsenz von Studentenverbindungen auf gesellschaftlich relevanten Kongressen, Aktionen und in den Medien außerhalb des eigenen Spektrums.

Alkoholmissbrauch

Als Alkoholgenuss in einigen deutschen Staaten verboten war, gaben sich Studentenverbindungen eigene "Trinkordnungen", die teilweise bis heute fortbestehen. Das gemeinsame Trinken wird etwa auf Kneipen oftmals als selbstverständlich erachtet. Vor allem Bier wird dort oft in großen Mengen konsumiert.

Eine Trinkpflicht besteht jedoch im Prinzip nicht, wird von Beteiligten aber zuweilen als Gruppenzwang erfahren. Progressivere Studentenverbindungen lassen heute aber durchaus alkoholfreie Getränke zu. Einige Verbindungen haben sich dem Mäßigkeitsprinzip verschrieben, das dem zügellosen Alkoholmissbrauch einen Riegel vorschieben soll.

Literatur

Brauchtum

  • Friedhelm Golücke, Bernhard Grün, Christoph Vogel: Die Fuxenstunde, Allgemeiner Teil. 4., völlig überarbeitete Auflage, SH-Verlag, 1996, ISBN 3894980109 - Für Mitglieder einer Korporation gedachtes Ausbildungsbuch mit vielen Informationen zu Studentenverbindungen in Gegenwart und Geschichte, herausgegeben von der GDS.
  • Peter Krause: O alte Burschenherrlichkeit - Die Studenten und ihr Brauchtum, 5. bearb. Auflage, Graz, 1997, ISBN 3222124787
  • Raimund Lang: Ergo cantemus - Texte und Materialien zum Studentenlied, GDS-Archiv für Hochschulgeschichte und Studentengeschichte, Beiheft 13, SH-Verlag, Köln, 2001, ISBN 3894981121

Geschichte

  • Harm-Hinrich Brandt und Mathias Stickler: Der Burschen Herrlichkeit - Geschichte und Gegenwart des studentischen Korporationswesens, Historia Academica Bd. 36, Würzburg, 1998, ISBN 3-930877-30-9
  • Paulgerhard Gladen: Gaudeamus igitur - Die studentischen Verbindungen einst und jetzt, München, Callwey, 1988, ISBN 3-7667-0912-7
  • Robert Paschke: Studentenhistorisches Lexikon, GDS-Archiv für Hochschulgeschichte und Studentengeschichte, Beiheft 9, Köln, 1999, ISBN 3894980729

Für weitere studentengeschichtliche Literatur siehe Geschichte der Studentenverbindungen.

Verzeichnisse

  • Ernst-Günter Glienke: Civis Academicus 2005-2006, Handbuch der deutschen, österreichischen und schweizerischen Korporationen und studentischen Vereinigungen an Universitäten und Hochschulen sowie Schülerverbindungen, Redaktion: Ernst Thomas, SH-Verlag, 2004, ISBN 3894981490. - Detaillierte Liste (mit Kurzvorstellungen) aller existierenden Studentenverbindungen deutscher Prägung. Ein Eintrag im "Civis" zählt teilweise in der sehr heterogenen Welt der Studentenverbindungen als Unterscheidungsmerkmal, ob eine Gesellschaft als Verbindung oder sonstiger Verein gelten kann; herausgegeben von der GDS.
  • Hartmut H. Jess: S.C.C. 2000 (Specimen Corporationum Cognitarum) - Das Lexikon der Verbindungen, CD-ROM, SH-Verlag, 2000. - Auf dieser CD-ROM sind die Daten von 12.000 Verbindungen und Vereinen zusammengestellt.

Kritisches

  • Diana Auth, Alexandra Kurth: "Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick", in: Christoph Butterwegge / Gudrun Hentges (Hrsg.), Alte und Neue Rechte an den Hochschulen, Agenda-Verlag, Münster, 1999, ISBN 3896880608
  • Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hg.): Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute, Papyrossa-Verlag, Köln, 1993, ISBN 3-89438-050-0
  • Dietrich Heither, Gerhard Schäfer: Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, in: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch Deutscher Rechtsextremismus, Berlin, 1996, ISBN 3885205858

Belletristik

  • Walter Bloem: Der krasse Fuchs, Roman, Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1911 mit einem Nachwort von Holger Zinn, SH-Verlag 2001, ISBN 3894981083
  • Walter Bloem: Kommödiantinnen, Roman, Ullstein, Berlin 1914
  • Walter Bloem: Brüderlichkeit, Roman, H. Fikentscher, Leipzig, 1922

Siehe auch