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Europäisches Parlament

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Datei:Flag of Europe.png
Flagge der Europäischen Union
Datei:European parliament with flags.jpg
Gebäude: Europäisches Parlament (Straßburg)
Datei:EuropeanParliament.jpg
Ansicht des EP vom anderen Ufer der Jll
Europäisches Parlament (Plenum)
Datei:HPIM0646.JPG
Europäisches Parlament - das (Atrium)

Das Europäische Parlament (EUROPARL) ist eines der Organe der Europäischen Union und wird seit 1979 alle fünf Jahre in allgemeinen, freien und geheimen Europawahlen direkt gewählt. Davor, von 1952 bis 1979, wurden die Mitglieder des EU-Parlaments von den Parlamenten der Mitgliedsstaaten bestimmt. Es ist die demokratische Vertretung von 450 Millionen Menschen. Die in den Mitgliedstaaten bestehenden politischen Strukturen spiegeln sich auch in den politischen Fraktionen auf Ebene des Europäischen Parlaments wider. Es gibt sieben Fraktionen sowie eine Reihe von fraktionslosen Abgeordneten. In ihren Heimatländern sind die Abgeordneten Mitglied in rund 160 verschiedenen Parteien. Am 20. Juli 2004 hat sich das Europäische Parlament für die sechste Wahlperiode konstituiert, seitdem hat es 732 Abgeordnete.

Das Europäische Parlament ist sozusagen die Bürgerkammer der EU, neben dem Ministerrat als Staatenkammer. Auf deutsche Verhältnisse übertragen, könnte man das Europäische Parlament mit dem Bundestag vergleichen und den Ministerrat mit dem Bundesrat. Allerdings hat das Europäische Parlament gegenüber dem Ministerrat eine klar schwächere Position.

Aufgaben

Das Parlament hat drei wesentliche Aufgaben:

  • Es teilt die Gesetzgebungsfunktion des Rates, also die Annahme europäischer Gesetze (Richtlinien, Verordnungen, Entscheidungen). Durch diese Mitwirkung an der Gesetzgebung wird die demokratische Rechtmäßigkeit der angenommenen Texte gewährleistet. Das EP besitzt (noch) kein Initiativrecht, das heißt es kann keine eigenen Gesetzesvorlagen einbringen; dies ist aber in der diskutierten Europäischen Verfassung vorgesehen. Dieses Initiativrecht besitzt auf EU-Ebene momentan nur die Europäische Kommission. In den meisten Politikfeldern werden seit dem Vertrag von Nizza Gesetzestexte nach dem Mitentscheidungsverfahren angenommen, bei dem Parlament und Rat gleichberechtigt sind und sich bei Uneinigkeit in dritter Lesung in einem Vermittlungsausschuss (ähnlich dem Verfahren zwischen Bundestag und Bundesrat) einigen müssen.
  • Das Europäische Parlament und der Rat gemeinsam sind die Haushaltsbehörde der EU. Die Europäische Kommission schlägt einen Haushaltsentwurf vor. Im Haushaltsverfahren können dann Parlament und Rat Änderungen beschließen. Die Befugnisse des Parlaments im Bereich der Agrarausgaben sind allerdings gering. Seitdem das Parlament Haushaltsbefugnisse besitzt, ist der Anteil der Agrarausgaben am EU-Haushalt (etwa 100 Mrd. Euro im Jahr 2004) allerdings von etwa 90% auf unter 50% gesunken. Für das Haushaltsjahr 2005 ist eine Steigerung des Etats um 10% auf 109,5 Mrd. Euro vorgesehen.
  • Es übt eine demokratische Kontrolle über die Kommission aus. Vor deren Ernennung prüft das Parlament in Ausschüssen die Kompetenz und Integrität der designierten Kommissare. Es stimmt der Benennung der Kommissionsmitglieder zu und kann einen Rücktritt der Kommissare durch ein Misstrauensvotum erzwingen. Außerdem übt es über sämtliche Institutionen eine politische Kontrolle aus.

Insgesamt hat das Parlament seit seiner Gründung wesentliche Kompetenzen hinzu gewonnen; dies ist aber in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Es ist nicht oder nur am Rande Gegenstand von Lehrplänen und wird oft auch in den Medien nicht richtig dargestellt, wohl auch deshalb, weil die Situation so komplex ist.

Um Themen fachkundig behandeln zu können, spezialisieren sich die Abgeordneten. Sie werden in insgesamt 22 ständige Ausschüsse gewählt, die für bestimmte Sachbereiche zuständig sind und die Arbeit der Plenarsitzungen vorbereiten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit zur Einrichtung nichtständiger Ausschüsse (derzeit einer; er berät für die finanziellen Auswirkungen der EU-Erweiterungen) sowie von Untersuchungsausschüssen.

Geschichte

Vom 10-13. September 1952 traf sich das erste Mal, im Rahmen der EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl), eine Parlamentarische Versammlung, die aus 78 Mitgliedern der nationalen Parlamente bestand. Die Versammlung konnte nur beratend tätig werden. 1957 wurden mit den Römischen Verträgen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) gegründet. Die Gemeinsame Versammlung, die zu diesem Zeitpunkt aus 142 Abgeordneten bestand, war jetzt für alle 3 Gemeinschaften zuständig. Sie erhielt keine neuen Kompetenzen, gab sich aber trotzdem selbst den Namen Europäisches Parlament. 1971 erhielt die EG einen eigenen Haushalt und die Versammlung wurde an der Aufstellung und der Verabschiedung des Haushaltsplanes beteiligt. 1979 fanden zum ersten Mal direkte Wahlen zum Parlament statt. 1986 wurde die Einheitliche Europäische Akte unterzeichnet. In den Verträgen wurde erstmals der Begriff Europäisches Parlament verwendet und dessen Rechte erweitert und es an der allgemeinen Gesetzgebung beteiligt. Nach dem Maastrichter Vertrag konnte das Parlament einen Gesetzentwurf gegen den Willen des Ministerrates verhindern und Untersuchungsausschüsse einsetzen.

Sitz und Dienstorte

Sitz des Europäischen Parlaments ist Straßburg. Dort finden zwölf viertägige Sitzungen im Jahr statt. Die Ausschüsse und Fraktionen tagen außerdem auch in Brüssel, wo zudem kürzere Plenarsitzungen stattfinden. In Luxemburg haben das Generalsekretariat und dessen Dienststellen ihren Sitz; hier arbeiten 3500 Mitarbeiter, darunter viele Übersetzer und sitzungsferne Verwaltungsdienste.

Warum diese drei Orte?

Als symbolischer Sitz wurde sofort nach der Gründung Straßburg festgelegt. Es symbolisiert die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Krieg. Weil es keine Büroflächen gab, wurden die Dienste zunächst in Luxemburg angesiedelt. Doch mit Gründung der EWG 1958 wurde Brüssel als Sitz der Europäischen Kommission bestimmt. Deshalb entwickelte es sich so, dass die Parlamentarischen Ausschüsse dort tagten. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde Straßburg als Sitz endgültig bestätigt; diese Klausel wurde im Vertrag von Amsterdam bekräftigt und fehlt auch nicht im aktuell gültigen Vertrag von Nizza.

Die Gebäude, die das Parlament in den jeweiligen Städten nutzt, wurden von den entsprechenden Staaten gebaut. Das Parlament versucht, sie an den Tagen, an denen sie nicht für Sitzungen gebraucht werden, zu vermieten. Auch der Europäische Bürgerbeauftragte hat seinen Sitz in den Gebäuden in Straßburg.

Die Sitzfrage ist auch innerhalb des Parlaments nicht unumstritten. Es gab und gibt immer wieder Initiativen von Abgeordneten, den Sitz zu verlegen. Dazu wäre jedoch eine Vertragsänderung und damit eine Zustimmung aller Mitgliedstaaten notwendig. .

Aktuelle Sitzverteilung

Relativer Einfluss der Wähler aus verschiedenen Ländern auf die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments
(gemäß dem Vertrag von Nizza, Quelle: Spiegel Online):
Land Bev. (Mio.)  MEPs  Bev./MEP  rel. Einfluss
Luxemburg 0,4     6 66.667 12,42
Malta 0,4     5 80.000 10,53
Zypern 0,8     6 133.333 6,21
Estland 1,4     6 233.333 3,54
Slowenien 2,0     7 285.714 2,89
Lettland 2,4     9 266.667 3,10
Irland 3,7     13 284.615 2,91
Litauen 3,7     13 284.615 2,91
Finnland 5,2     14 371.429 2,22
Dänemark 5,3     14 378.571 2,18
Slowakei 5,4     14 385.714 2,14
Österreich 8,1     18 450.000 1,84
Schweden 8,9     19 468.421 1,76
Portugal 9,9     24 412.500 2,00
Ungarn 10,0     24 416.667 1,98
Belgien 10,2     24 425.000 1,94
Tschechien 10,3     24 429.167 1,92
Griechenland 10,6     24 441.667 1,87
Niederlande 15,8     27 585.185 1,41
Polen 38,6     54 714.815 1,15
Spanien 39,4     54 729.630 1,13
Italien 57,7     78 739.744 1,11
Frankreich 59,1     78 757.692 1,09
Großbritannien 59,4     78 761.538 1,08
Deutschland 82,1     99 828.283 1,00

Total 450,8     732 615846 1.35

Das Europäische Parlament hat zur Zeit 732 Mitglieder; sie verteilen sich auf sieben Fraktionen. 28 Mitglieder sind fraktionslos.

Siehe auch:

Sitzverteilung nach Fraktionen
Fraktion Sitze
Europäische Volkspartei und europäische Demokraten (EVP-ED) 268
Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) 202
Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) 88
Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz (Grüne/FEA) 42
Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken (KVEL/NGL) 41
Unabhängigkeit und Demokratie (Ind/DEM) (UKIP unter anderem ) 36
Union für ein Europa der Nationen (UEN) 27
fraktionslos 28

Total 732

Europawahl

Das Europaparlament wird alle 5 Jahre gewählt. Die jüngste Europawahl fand am 10., 11. und 13. Juni 2004 in allen 25 Mitgliedsstaaten statt. Die nächste Wahl ist 2009 vorgesehen. Die Abgeordneten spiegeln nicht alle Wählerstimmen gleich wieder; kleine Staaten haben überproportional viele Abgeordnete während große Staaten, insbesondere Deutschland, unterproportional berücksichtigt worden sind. Das änderte sich etwas durch die Osterweiterung am 1. Mai 2004. Deutschland bleibt weiter das Land mit den meisten Mandaten (99) und musste im Gegensatz zu den anderen Nationen keine Mandate an die designierten Abgeordneten der Beitrittsstaaten abgeben. Trotzdem bleibt die ungleiche Repräsentation bestehen. Einer Gleichbehandlung der Wählerstimmen stehen zwei Gesichtspunkte entgegen:

  • Durch eine ausreichende Fraktionsgröße soll gewährleistet werden, dass auch die Parteienvielfalt der kleineren Staaten im Europaparlament repräsentiert wird.
  • Bei einer entsprechenden Gewichtung der Wählerstimmen aus den großen Ländern würde das Europaparlament eine nicht mehr arbeitsfähige Größe annehmen.
Europäisches Parlament Parteien und Fraktionen 1979-2004

Wahlergebnis

Deutschland

CDU 36,5% (-2,8); SPD 21,5% (-9,2); GRÜNE 11,9% (+5,5); CSU 8,0% (-1,4); PDS 6,1% (+0,3); FDP 6,1% (+3,0); REP 1,9% (+0,2%); Tierschutzpartei 1,3% (+0,6); GRAUE 1,2% (+0,8); FAMILIE 1,0% (+1,0); Übrige 4,5% (+1,9)

Österreich

SPÖ 33,33% (+1,62); ÖVP 32,70% (+2,03); Liste HPM 13,98% (+13,98); Grüne 12,89% (+3,6); FPÖ 6,31% (-17,09); Linke 0,78% (+0,78)

Sitzverteilung

Deutschland

CDU 40 (-3); SPD 23 (-10); GRÜNE 13 (+6); CSU 9 (-1); PDS 7 (+1); FDP 7 (+7)

Österreich

SPÖ 7; ÖVP 6 (-1); Liste HPM 2 (+2)1; Grüne 2; FPÖ 1 (-4)

1. Karin Resetarits verließ am 8. Juni 2005 die Liste HPM und schloss sich der Liberalen Fraktion an.

Präsidenten des Europaparlaments

Sacharow-Preis

Der Sacharow-Preis wird seit 1985 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte einsetzen. Der Preis ist nach Andrej Sacharow benannt und mit 15.000 Euro dotiert. Unter den Preisträgern waren bisher unter anderem Leyla Zana, Aung San Suu Kyi und die Vereinten Nationen.

Siehe auch

Vorlage:Wiktionary1

Videos

Das Parlament eine Doku des ZDF


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