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Neusiedler See

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Abendstimmung am Neusiedler See; Blick von Podersdorf Richtung Westen
Abendstimmung am Neusiedler See; Blick von Podersdorf Richtung Westen
Daten
Name: Neusiedler See
Lage: nördl. Burgenland, Westungarn
Geografische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Fläche 315 km²
maximale Tiefe: 1,8 m
mittlere Tiefe: 1 m
Zuflüsse: Wulka
Abflüsse: Einserkanal (künstlich)
Höhe über NN: 115,45 m
Größere Städte am Ufer: Neusiedl am See, Rust
Besonderheiten: sehr flach

Der Neusiedler See (ungar. Fertő-tó; lat. peiso) ist neben dem Plattensee der westlichste Steppensee in Europa und liegt an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn.

Geographie

Die Seefläche beträgt 315 km², davon 240 km² in Österreich und 75 km² in Ungarn. Er ist damit die größte Seefläche in Österreich. Das Einzugsgebiet des Sees beträgt 1.120 km². Die Hauptausdehnung in nord-südlicher Richtung beträgt 36 km, die Breite zwischen 6 und 12 km. Er liegt am Rand der Ungarischen Tiefebene und wird im Nordwesten vom Leithagebirge und im Nordosten von der Parndorfer Platte begrenzt. Vor den Regulierungsarbeiten im 19. Jahrhundert setzte sich der See im Südosten im weiten Sumpfland des Hanság fort, von dem im Süden noch Reste erhalten sind. Er stand somit in einer engen Verbindung mit der Donau und der Raab.

Wasserstand

Der Wasserspiegel liegt im Mittel bei etwa 115,45 m.ü.M., die maximale Tiefe beträgt nur 1,8 m. Niederschläge und Trockenheit können einerseits erhebliche Überflutungen und andererseits die Austrocknung des Sees zur Folge haben. In geringerem Ausmaß bestimmen Süßwasserquellen im Seewinkel und die kleineren Zuflüsse, wie der Wulka den Wasserstand.

In der Vergangenheit war der See bereits mehrmals komplett ausgetrocknet (zum Beispiel 1740, 1773, 1811–1813, 1864–1870). Ein wesentlicher Faktor bei der Austrocknung ist, dass der See in einer sehr windreichen Gegend liegt. Der Wind führt hohe Wassermengen in den Schilfgürtel, die von den Pflanzen sehr rasch aufgesogen werden.

2003 sank der Wasserstand des Neusiedler Sees wieder stark ab und führte zu einem Problem für manche Segler, die mit ihren Booten nicht auslaufen konnten. Allerdings ist die Schwankungsspanne der Wasserspiegels seit 1965 mit knapp 90 cm deutlich geringer - und damit der Wasserstand des Sees stabiler - als davor. Vorher waren Schwankungen von 1,6 m üblich. Dies wurde durch Einsatz genau definierter Prozeduren zur Stabilisierung des Wasserstandes zwischen Österreich und Ungarn im Jahre 1965 ermöglicht. Diese so genannte Seeregulierung wird über den Einser Kanal durch eine Seerandschleuse zwischen Apetlon und Mexikópuszta auf ungarischem Staatsgebiet geregelt. Bilaterale wasserwirtschaftliche Fragen werden durch die Österreichisch-Ungarische Gewässerkommission behandelt.

Eine Expertenrunde präsentierte im Sommer 2005 die Ergebnisse zweier Studien der Universität für Bodenkultur Wien. Diese prognostizieren eine weitestgehende Austrocknung des Neusiedlersees ab 2010 bis 2050. Die Studien wurden im Jahr 2003 aufgrund der herrschenden Trockenheit von der burgenländischen Landesregierung in Auftrag gegeben und sollten Prognosen und Lösungsvorschläge liefern. Dabei wurde von einer durchschnittlichen Temperaturerhöhung durch Globale Erwärmung von 2,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2050 ausgegangen, was eine Steigerung der Verdunstung um 23,3 Prozent bedeuten würde. Heute sinkt der Wasserstand des seichten Steppensees in den Sommermonaten um 60 bis 80 Zentimeter durch Verdunstung auf etwa 100 Zentimeter Wassertiefe. Daneben konnte ein Zusammenhang zwischen Sonnenaktivität und Niederschlagsmenge in der Region festgestellt werden. Demnach ist die nächste Trockenperiode in der Region bereits ab 2010/2012 zu erwarten, was in Kombination mit der steigenden Temperatur eine sukkzessive Austrocknung des Sees in den kommenden Jahrzehnten zur Folge haben kann. Was an sich nicht außergewöhnlich wäre, da der Neusiedlersee in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder ausgetrocknet ist.

Die Auswirkungen auf Tourismus und Landwirtschaft im nördlichen Burgenland wären katastrophal, dem Großteil der Bevölkerung rund um den Neusiedlersee wäre die Existenzgrundlage entzogen. In einer Umfrage sprachen sich deshalb auch zwei Drittel der Betroffenen für ein künstliches Befüllen des Sees aus.

Ein für die Region typisches Storchennest

Derzeit wird untersucht, ob die Schwellwerte der Flutschleusen erhöht werden können, ohne Überflutungen auszulösen. Damit könnte der See mit Hochwasser längere Trockenphasen besser überstehen. Langfristig ist aber eine Zuleitung von Donauwasser erforderlich. Durch den slowakischen Stausee von Gabčíkovo ist flussaufwärts der Grundwasserspiegel in den letzten Jahren stark angestiegen. Ein Druckrohrsystem von einem Meter Durchmesser und 50 Kilometer Länge soll von Wolfsthal und Kittsee Brunnenwasser vom Donauufer in den Norden des Neusiedlersees einleiten. Mit einem Durchsatz von einem Kubikmeter pro Sekunde soll der Wasserstand pro Jahr um zehn Zentimeter angehoben werden können.

Obwohl Ökologen grundsätzlich einen hohen Wasserstand für die einzigartige Fauna und Flora des Nationalparks Neusiedlersee-Seewinkel begrüßen würden, besteht doch die Gefahr der Ausdünnung des Salzssees, wenn durch sommerliche Regenfälle die Schleusen geöffnet werden müssen. Auch Nitrate, Phosphate und bakterielle Verunreinigungen werden als Risikofaktor gesehen. Der See würde mit Schilf zuwachsen. Darum wird im Hinblick auf die Natura 2000 Übereinkommen eine künstliche Dotation des Sees über ein Minimum hinaus abgelehnt. Als Lösung des Problems der Verunreinigungen wird eine Zuleitung in den Schilfgürtel untersucht; dieser könnte als natürlicher Filter funktionieren. Und um die Gefahr der Ausdünnung zu reduzieren, wird eine dynamische angepasste Wasserstandsregulierung erforderlich werden.

Frühestens ab 2010 kann das 50 bis 70 Millionen Euro teure Projekt fertiggestellt werden. Nach Abschluss der laufenden Untersuchungen will die in Koalition regierende ÖVP einen entsprechenden Antrag im burgenländischen Landtag einbringen.

Dabei haben österreichische und ungarische Experten eine weitaus günstigere Variante empfohlen. Die Umleitung der Raab über Rabnitz und ein bestehendes Kanalsystem würde nur 13 bis 24 Millionen Euro kosten. Diese Lösungvariante wurde aber nach Bürgerprotesten der flussabwärts gelegenen Gemeinden in Ungarn aufgegeben.

Die von der oppositionellen FPÖ vorgeschlagene Einleitung von Wasser aus der Leitha wurde wegen der zu geringen Wassermengen des Flusses verworfen.

Schilfgürtel und Naturschutz

Rinderherde mit Hirten und Hund auf der Hutweide bei Apetlon

Der See ist zum Großteil von einem Schilfgürtel umgeben. Dieser ist in den letzten Jahrzehnten stark angewachsen und bedeckt eine Fläche allein in Österreich von annähernd 100 km² und ist bei Donnerskirchen bis zu 5 km breit. Die Passagen durch den Schilfgürtel bezeichnet man als Schluichten.

Die Wasserqualität ist vom Salzgehalt und von der erheblichen Trübe, die von den Sedimenten am Seeboden ausgeht, geprägt. Die Salze sorgen dafür, dass sich das Schilf nicht weiter in den See hinein ausbreiten kann. Eine Entsalzung des Sees würde zur Verschilfung führen. In den Sommermonaten kommt es immer wieder zu Schilfbränden, da sich das trockene Schilf leicht entzündet und die Brände durch Wind ausgeweitet werden. Ringkanalisationen mit Kläranlagen haben die Qualität zum Baden wesentlich verbessert. Allerdings spiel die umliegende Landwirtschaft für den Nährstoffeintrag noch eine Rolle.

Rund um den Neusiedler See befindet sich ein bilateraler Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel (zwischen Österreich und Ungarn), der zum Welterbe gezählt wird und der Ramsar-Konvention unterliegt. In diesem bereich befinden sich auch die Hutweiden, diese werden von großen Rinderherden mit Hirten und Hunden durchstreift.

Kulturelles Umfeld

Blick von Podersdorf Richtung Westen, 120° Panoramafoto

Die Region ist stark touristisch genutzt und gilt als Meer der Wiener. Segel- und Surfsport wird intensiv betrieben. Ebenso wird die Fischerei kommerziell betrieben. Als See auf dem Gebiet der Staaten Österreich und Ungarn ist auch ein Grenzübertritt auf dem Wasser möglich (Grenzposten in Fertörakos).

Wichtige Orte sind Illmitz, Podersdorf, Weiden, Neusiedl am See, Jois, Winden am See, Breitenbrunn, Purbach, Donnerskirchen, Oggau, Rust und Mörbisch in Österreich sowie Fertőrákos, Fertőboz, Fertőd, Balf und Mexikópuszta in Ungarn, wobei die Gemeinden Illmitz, Apetlon und Podersdorf den so genannten Seewinkel bilden.

Kulturell bekannt sind auch die auf einer Seebühne alljährlich in den Sommermonaten durchgeführten Seefestspiele Mörbisch.

Wirtschaftliche Bedeutung des Sees

Hauptsächlich profitiert der Fremdenverkehr in den verschiedenen Variationen, wie durch verschiedene Sporteinrichtungen für Segeln, Surfen aber auch Radfahren vom See. So gibt es einen Radrundkurs um den See mit 135 km, wovon 38 km in Ungarn und 97 km in Österreich verlaufen.

Durch das günstige Klima mit 2000 Sonnenstunden jährlich und durch den See eine relativ hoghe Luftfeuchtigkeit ist auch sehr viel Weinbau in der Region, wobei einerseits sehr viel Wein in andere Regionen verkauft wird, aber auch in zahreichen Heurigenbetrieben direkt vermarktet wird. Die dominierenden Weißweinsorten sind der Welschriesling und Weißburgunder. Bei den Rotweinen ist es der Zweigelt und der Blaufränkische. In der Weinbauregion Neusiedlersee, die sich hauptsächlich nördlich und östlich des Sees befindet, werden ca. 8.000 ha bewirtschaftet.

Durch seine ehemalige Randlage am Eisernen Vorhang wurde er hauptsächlich von Tagestouristen besucht. Aus der geographischen Nähe zum Ballungsraum Wien wird er auch das Meer der Wiener bezeichnet. Erst in den letzten Jahren stiegen auch die Nächtigungszahlen in der gesamten Region stark an.

Ein schon altes Produkt des Sees ist das Schilf als Baumaterial, wenn sich auch die Anwendung geändert hat. Wurde es früher für Stuckatur und für die Dachdeckung verwendet, wird es heute vielfach als Wärmedämmung verarbeitet.

Schifffahrt

Grundsätzlich sind private Motorboote mit Verbrennungsmotoren auf dem See verboten. Es ist nur der Polizei und Einsatzorganisationen, wie Feuerwehr. Außerdem sind noch drei Schiffahrtsunternehmen am See, die mit flachen größeren Schiffen Rundfahrten in die Schilfgürtel oder als Fahrradfähre, den See von verschiedenen Orten aus befahren.

Die Brücke über den See

In den 60er Jahren wurde von der Republik Österreich mit der Planung einer Straßenbrücke über den See begonnen, damit der Seewinkel besser an das restliche Österreich angebunden wird. Hauptargument war die Gewährleistung von Rettungstransporten im Notfall von jedem Ort in Österreich aus bis zum nächsten Spital innerhalb eines bestimmten Zeitlimits (dies konnte für das südliche Seewinkel nicht gewährleistet werden). Das Projekt löste jedoch starke Proteste unter Naturschützern aus, diese Proteste brachte die Naturschutzbewegung weiter ins Rollen, der wir heute den Nationalpark verdanken. Auch das Problem mit den Rettungstransporten konnte mittlerweile gelöst werden, heute sind Notarzthubschrauber im Einsatz.

Welterbe

Das Gebiet um den Neusiedlersee wurde 2001 zum UNESCO-Welterbe ernannt. Die Verleihung fand zeitgleich am 18. Mai 2003 in Pamhagen in Österreich sowie auf Schloss Eszterháza in Fertőd statt.

Literatur

  • V. Schiefermeyer, Die Umwelt des Neusiedler Sees und seiner Randgebiete, 1989