Barockmusik
Die Periode des Barock der abendländischen Kunstmusik (auch bezeichnet als Generalbasszeitalter) erstreckt sich vom 17. bis ins 18. Jahrhundert. Eine ungefähre Einteilung könnte so aussehen:
- Frühbarock: ca. 1600 bis 1650, unter italienischer Dominanz
- Hochbarock: ca. 1650 bis 1710, mit bedeutenden französischen Einflüssen
- Spätbarock: ab ca. 1710
Der Tod von Johann Sebastian Bach um 1750 wird allgemein als das Ende des musikalischen Barock angesehen. Gesamtkulturell schloss sich die Phase des Rokoko an; in der Musik hatte sich bereits ab den 1730er-Jahren der so genannte Empfindsame Stil zu etablieren begonnen.
Siehe auch: Musik des 17. Jahrhunderts, Musik des 18. Jahrhunderts, Generalbass, Epochen der Musik, Portal Musik.
Geistiger Hintergrund
Typisch für die Zeit ist der Absolutismus, der seinen reinsten Ausdruck in Ludwig XIV. fand und in ganz Europa imitiert wurde. Die Kultur blühte unter feudalistischer Förderung auf, und in Bauwerken, Gartenanlagen und anderem wurde das Repräsentative und Monumentale bis hin zum Übertriebenen angestrebt. Die Bezeichnung dieser Zeit stammt aus dem französischen baroque, was "Auswucherung, Warze" heißt. In den Künsten der Barockzeit interessierte man sich insbesondere dafür, die verschiedenen menschlichen Stimmungen (Affekte) zum Ausdruck zu bringen und in festen Formen zu repräsentieren.
Kompositorische Merkmale
Es war Merkmal der Zeit, der Form mindestens das selbe Gewicht zuzumessen wie dem Inhalt. Wichtige musikalische Formen, die sich im Barockzeitalter ausbildeten, waren Passacaglia, Chaconne, Fuge, Suite, Kirchensonate, Kammersonate, Concerto Grosso, Solokonzert, Oper, Oratorium (Musik), Kantate und Passion.
Äußerlich kennzeichnendstes Merkmal der Barockmusik ist der Gebrauch des Generalbasses.
Der Gebrauch der Kirchentonarten reduzierte sich im Barock auf Dur und Moll.
Die musikalische Sprache und Melodienbildung beruhte auf einem reichhaltigen System von Figuren, die einer musikalischen Rhetorik entsprachen und an "Affekte" gekoppelt waren. Als nur eins unter sehr vielen möglichen Beispielen sei die chromatisch absteigende Bassline genannt, die immer wieder gerne verwendet wurde, wenn ein Klagegesang zu komponieren war.
Eine möglicherweise treffende Charakterisierung des Sachverhalts stammt von Nikolaus Harnoncourt und sei hier dem Sinn nach zitiert: "Die Musik des Barock spricht, die nachbarocke Musik malt".
Instrumente
Die barocken Formen heute noch gebräuchlicher Instrumente unterscheiden sich im Klang beträchtlich von ihren Nachfahren, da ein ganz anderes, eben "sprechendes" Klangideal vorlag.
Der große Instrumentenreichtum der Renaissance schwand im Barock. Das Lieblingsinstrument des Zeitalters war die Violine, im Spätbarock auch die Traversflöte. Das auf Streichinstrumenten aufgebaute und mit Blasinstrumenten ergänzte Orchester begann sich zu standardisieren - in schrittweiser Abkehr von den freien und wechselnden Instrumentalbesetzungen der Renaissance. Tasteninstrumente wie Cembalo und Orgel erfuhren eine Erweiterung ihres Umfangs bzw. ihrer Register.
Desweiteren wurden im Barock andere Stimmungssysteme eingesetzt als in den nachfolgenden Epochen. Die Entwicklung ging von reinen und mitteltönigen Systemen bis hin zu wohltemperierten Stimmungen.
Auswahl barocker Komponisten
Frühbarock
Hochbarock
Spätbarock
- Tomaso Albinoni (1671 - 1751 oder 1674 - 1745)
- Reinhard Keiser (1674 - 1739)
- Johann Bernhard Bach (1676 - 1749)
- Louis Nicolas Clerambault (1676 - 1749)
- Antonio Vivaldi (1678-1741)
- Jan Dismas Zelenka (1679 - 1745)
- Johann Mattheson (1681 - 1764)
- Georg Philipp Telemann (1681 - 1767)
- Johann David Heinichen (1683 - 1729)
- Jean Philippe Rameau (1683 - 1764)
- Johann Gottfried Walther (1684 - 1748)
- Johann Sebastian Bach (1685 - 1750)
- Georg Friedrich Händel (1685 - 1759)
- Domenico Scarlatti (1685 - 1757)
- William Hieronymous Pachelbel (1685 - 1764)
- Benedetto Marcello (1686 - 1739)
- Sylvius Leopold Weiss (1686 - 1750)
- Francesco Geminiani (1687 - 1762)
- Joseph Bodin de Boismortier (1689 - 1755)
- Francesco Maria Veracini (1690 - 1768)
- Gottlieb Muffat (1690 - 1770)
- Giuseppe Tartini (1692 - 1770)
- Pietro Locatelli (1693 - 1764)
- Louis-Claude Daquin (1694 - 1772)
- Johan Helmich Roman (1694 - 1758)
- Maurice Greene (1696 - 1755)
- Johann Joachim Quantz (1697 - 1773)
- Jean-Marie Leclair (1697 - 1764)
- Johann Adolph Hasse (1699 - 1783)
- Giovanni Battista Sammartini (1701 - 1775)
- Johann Gottlieb Graun (ca. 1702-1771)
- Carl Heinrich Graun (ca. 1703-1759)
- Giovanni Battista Pescetti (ca. 1704 - ca. 1766)
Vor- und Frühklassik
- Baldassare Galuppi (1706 - 1785)
- Domenico Alberti (1710-1740)
- Wilhelm Friedemann Bach (1710 - 1784)
- Giovanni Battista Pergolesi (1710 - 1736)
- William Boyce (1711 - 1779)
- John Stanley (1712 - 1786)
- Johann Ludwig Krebs (1713 - 1780)
- Gottfried August Homilius (1714 - 1785)
- Johann Daniel Müller (1716 - 1785)
- Leopold Mozart (1719 - 1787)
- William Walond (1719 - 1768)
- Johann Philipp Kirnberger (1721 - 1783)
- Karl Friedrich Abel (1725-1787)
- Antonio Soler (1729 - 1783)
- François-Joseph Gossec (1734 - 1829)
- Johann Georg Albrechtsberger (1736 - 1809)
- Dom Bédos /1770/
Werke
Siehe ebenfalls:
- Artikel zu obenstehenden Komponisten
- Werke der Barockmusik
- Geiger-Komponisten im 17. und 18. Jh. in der Liste der Violinisten.
Interpretation
Nach dem Ende des Barockzeitalters wurde Barockmusik als veraltet betrachtet und nicht mehr aufgeführt, wodurch die Aufführungstradition unterbrochen wurde. Erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts begann man sich erneut für die nun "Alten Meister" zu interessieren; der Beweggrund dafür lag im wesentlichen in der romantischen Hinwendung zu einer mythisch verklärten Vorzeit, aus der die eigene (auch nationale) Identität erklärt werden sollte.
Ein wichtiger Meilenstein zur Wiederentdeckung der Barockmusik war die Wiederaufführung von Bachs "Matthäus-Passion" 1829 durch Felix Mendelssohn-Bartholdy. Das Werk wurde allerdings einschneidenden Bearbeitungen (Instrumentierung, Kürzungen) unterzogen, da es in seiner Urgestalt als nicht zumutbar empfunden wurde. Zudem wurden einfach die aktuell üblichen Instrumente, Spieltechniken und Orchestergrößen eingesetzt. Diese "romantische" Aufführungstradition lebte bis in die 1970er-Jahre (und in Einzelfällen bis heute) fort.
Schon vor 1950 hatte allerdings eine Rückbesinnung auf werkgetreuere Aufführungstechniken unter Zuhilfenahme von original erhaltenen Instrumenten bzw. exakten Nachbauten begonnen. Der Initiative des Komponisten Paul Hindemith verdanken wir eine der ersten öffentlichen Aufführungen der Solo-Sonaten und -Partiten von Johann Sebastian Bach durch den Geiger Eduard Melkus (wann?). Die Bach-Interpretationen des Dirigenten Nikolaus Harnoncourt ab dern 1950er-Jahren legten dann endgültig den Grundstein zur Historisch informierten Aufführungspraxis, deren sich jeder Interpret von Barockmusik heutzutage bewusst ist – auch wenn im Einzelfall Kompromisse bezüglich der zur Anwendung kommenden Mittel eingegangen werden oder auch bewusst anders entschieden wird.
Solisten
- Frans Brüggen Flöten, Dirigent
- Reinhard GoebelVioline, Dirigent
- Gustav Leonhard Cembalo
- Nikolaus Harnoncourt Cello, Gambe, Dirgent
- Christopher Hogwood Dirigent,
- Monica Hugget Violine
- Robert Kohnen Cembalo
- Sigiswald Kuijken Violine, Gambe, Dirigent
- Wieland Kuijken
- Bart Kuijken
- Hans Martin Linde Flöten, Dirigent
- Franz Josef Maier Violine, Dirigent
- Eduard Melkus Violine, Dirigent
- Simon Standage Violine, Dirigent
- Trevor Pinnock Cembalo, Dirigent
- Jaap van Zweden Violine, Dirigent
Ensembles
- Capella Academica, Leitung Eduard Melkus
- Combattimento Consort Amsterdam, Leitung Jaap van Zweden
- Collegium Musicum 90, seit 1990, Leitung Simon Standage
- Concerto Köln, seit 1985, unter wechselnder Leitung
- Concentus Musicus Wien, seit 1953, Leitung Nikolaus Harnoncourt
- Ensemble Sonnerie
- Les Musiciens du Louvre, seit 1984, Leitung Marc Minkowski
- La Petite Bande seit 1972 Leitung Sigiswald Kuijken
- Linde Consort Leitung Hans Martin Linde
- London Baroque
- Musica Antiqua Köln seit 1973 Leitung Reinhard Goebel
- Musica Fiata, seit 1976, Leitung Roland Wilson
- Ricercar Consort Leitung Philippe Pierlot
- The Academy of Ancient Music, seit 1973, Leitung Christopher Hogwood
- The English Concert, seit 1973, Leitung Trevor Pinnock
Literatur
- Robert Haas: Die Musik des Barocks (1928)