Zeugnisverweigerungsrecht
Das Zeugnisverweigerungsrecht ist geregelt:
- im deutschen Zivilprozess in Zivilprozessordnung, §§ 383 ff.
- im deutschen Strafprozess in Strafprozessordnung, §§ 52 ff.
Zweck
Zweck des Zeugnisverweigerungsrechts ist der Schutz des Zeugen vor Konfliktlagen, die sich aus Loyalität sich selbst oder einem Dritten gegenüber und der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage ergeben würde, wenn der Zeuge zur Aussage gezwungen wäre. Zu solchen Konfliktlagen gehört insbesondere die Situation, dass der Zeuge sich selbst oder ihm nahe stehende dritte belastet und so eventuell der Gefahr einer (schwereren) Strafverfolgung aussetzt.
Umfang
Zu unterscheiden ist zwischen dem Zeugnisverweigerungsrecht
- aus persönlichen Gründen (ZPO.§383 - z.B. des Ehegatten der Prozesspartei) und
- aus sachlichen Gründen (ZPO.§384 - z.B. Gefahr der eigenen Strafverfolgung).
Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen
Das Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen berechtigt zur umfassenden Aussageverweigerung.
Wer darf das Zeugnis verweigern?
Ausgehend von einer betroffenen Person (Beschuldigter im Strafprozess, Prozesspartei im Zivilprozess) darf das Zeugnis verweigern:
- der Ex-Ehegatte, Ehegatte und Verlobte bzw. die bei einer Lebenspartnerschaft äquivalenten Personen,
- wer mit dem Betroffenen ein Abstammungsverhältnis hat (z.B. Oma<->Enkel) ("in gerader Linie verwandt"),
- wer mit dem Betroffenen ein Verwandtschaftsverhältnis hat dessen Grad kleiner oder gleich 3 ist,
- wer mit dem Betroffenen bis zum zweiten Grad verschwägert ist,
- Geistliche über das, was ihnen als Seelsorger anvertraut wurde,
- Journalisten über ihre Quellen (aber nur eingeschränkt, die Ermittlungsbehörden möchten sich gerne bei den Informationen der Journalisten bedienen, insbesondere "wenn die Aussage zur Aufklärung eines Verbrechens beitragen soll" ),
- Personen, die Kraft Amtes, Standes oder Gewerbes zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (Schweigepflicht),
- im Strafprozess darüber hinaus:
- Verteidiger des Betroffenen,
- Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Ärzte, Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen
- Mitarbeiter der Schwangerenkonfliktberatung oder Drogenberatung, wenn diese Stelle anerkannt ist,
- Mitglieder des Bundestages, Mitglieder des Landtages oder Gleichgestellte.
Für diejenigen Personen, die wegen ihrer Schweigepflicht Zeugnis verweigern dürfen, gilt das Zeugnisverweigerungsrecht nicht mehr, wenn sie von ihrer Schweigepflicht entbunden werden.
Aus diesem Grund sollen Personen, die berufsbedingt oft Zeuge sind, oft eher abgeneigt sein, überhaupt Zeuge werden zu wollen. Beispielsweise soll sich die Neigung von Unfallärzten, einen bestimmten Befund überhaupt zu diagnostizieren, dann verringern, wenn ihnen gegenüber erwähnt wird, dass es sich bei der Ursache für den Befund nicht um einen einfachen Unfall, sondern um eine wahrscheinliche Straftat handelt.
Zeugnisverweigerungsrecht aus sachlichen Gründen
Das Zeugnisverweigerungsrecht aus sachlichen Gründen berechtigt nur zur Verweigerung der Antwort auf Einzelfragen.
Ein polizeiliches Vernehmungsprotokoll ist im Zivilprozess als Urkundenbeweis verwendbar, selbst wenn der Vernommene sein Zeugnisverweigerungsrecht später geltend machen möchte. (Urteil des OLG Hamm vom 29. Juli 1998, Aktenzeichen: 20 U 14/97)
Ausübung
Die Zeugnisverweigerung muss dem Gericht gegenüber erklärt und die das Zeugnisverweigerungsrecht begründenden Tatsachen glaubhaft gemacht werden (§ 386 ZPO). Glaubhaftmachung erfolgt regelmäßig durch eidesstattliche Versicherung. Bei Streit über das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrecht wird hierüber durch Zwischenurteil des Gerichts entschieden.
Gegenüber wem darf Zeugnis verweigert werden?
Das hier betrachtete Zeugnisverweigerungsrecht betrifft Aussagen gegenüber Ermittlungsbehörden (wie z.B. Staatsanwaltschaft) und Gerichten, darf aber, weil es das restriktivste ist, auch gegenüber allen anderen angewandt werden.
Darüber hinaus darf gegenüber der Polizei immer das Zeugnis verweigert werden, selbst wenn obige Voraussetzungen nicht erfüllt sind. In solchen Fällen kann sich die Polizei aber entschließen, den Fall an die Staatsanwaltschaft weiterzugeben. Gegenüber der Staatsanwaltschaft darf dann nur noch nach obigem Zeugnisverweigerungsrecht Zeugnis verweigert werden.
siehe auch: Zeuge
Weblinks