Kernkraftwerk Fukushima Daiichi
Kernkraftwerk Fukushima Daiichi | ||
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Lage | ||
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Koordinaten | 37° 25′ 17″ N, 141° 1′ 57″ O | |
Land | ![]() | |
Daten | ||
Eigentümer | Tōkyō Denryoku | |
Betreiber | Tōkyō Denryoku | |
Projektbeginn | 1966 | |
Kommerzieller Betrieb | 26. März 1971 | |
Aktive Reaktoren (Brutto) |
6 (4696 MW) | |
Reaktoren in Planung (Brutto) |
2 (2760 MW) | |
Eingespeiste Energie im Jahr 2007 | 28.077 GWh | |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme | 809.673 GWh | |
Website | http://www.tepco.co.jp/nu/f1-np/index-j.html | |
Stand | 2. Juli 2008 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Das Kernkraftwerk Fukushima I (jap. 福島第一原子力発電所, Fukushima daiichi genshiryoku hatsudensho) ist eines der aktiven Kernkraftwerke in Japan sowie eines der größten des Landes. Es ist in Ōkuma im Landkreis Futaba in der Präfektur Fukushima gelegen. Das Kraftwerk liegt etwa 250 km nördlich von Tokio, unmittelbar am Meer. In zwölf Kilometern Entfernung befindet sich das Kernkraftwerk Fukushima II.
Technik
Fukushima I ist das erste Kernkraftwerk des Energieversorgungsunternehmens Tōkyō Denryoku (TEPCO) und besteht aus sechs Blöcken. Die ersten beiden Siedewasserreaktoren sowie Block 6 wurden von General Electric gebaut, Block 3 und 5 von Toshiba und Block 4 von Hitachi. Eine Erweiterung um zwei Blöcke vom Typ Fortgeschrittener Siedewasserreaktor ist geplant. Das Kühlwasser bezieht die Anlage aus dem Meer. Insgesamt hat die Anlage eine Fläche von ca. 3,5 km².
Störungen und Betriebsabweichungen


2002 stellte sich heraus, dass 16 Jahre lang Berichte des Betreibers TEPCO gefälscht und Inspektionen aus Kostengründen verschleppt worden waren. Alle TEPCO-Kernkraftwerke wurden daraufhin heruntergefahren. Am 16. Mai 2003 war die Überprüfung beendet, und die Anlage konnte erneut angefahren werden.[1]
Am 28. März 2007 berichtete das Wall Street Journal, dass TEPCO die Inbetriebnahme der Blöcke 7 und 8 um ein Jahr auf das Jahr 2013 bzw. 2014 verschoben hat. Als Grund wurde das Vertuschen eines Unfalls genannt.[2]
Unfall nach dem Erdbeben am 11. März 2011
Am 11. März 2011 wurde aufgrund des schweren Sendai-Erdbebens das Kraftwerk abgeschaltet.[3] Zu diesem Zeitpunkt waren die Blöcke 1, 2 und 3 in Betrieb und die Blöcke 4, 5 und 6 waren auf Grund von Wartungsarbeiten heruntergefahren.[4] TEPCO berichtete, dass die Notstromdieselaggregate starteten, jedoch nach einer Stunde infolge des Tsunami[5] stoppten, so dass für die Blöcke 1, 2 und 3 keine ausreichende Kühlung mehr gewährleistet war, um die Nachzerfallswärme abzuführen.[6] Zwar gab es mobile Generatoren vor Ort, und weitere wurden herangefahren; diese konnten allerdings bis zum 12. März morgens MEZ aufgrund ungeeigneter Kabel, eventuell auch der Versperrung von Zufahrtswegen nicht angeschlossen werden.[3][7] Zum ersten Mal in der Geschichte Japans musste Regierungschef Naoto Kan den atomaren Notstand ausrufen. Im Umkreis von zehn Kilometern um das Kraftwerk herum wurde die Bevölkerung aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen.[8][9][10]
Da das Kühlsystem im Reaktorblock 1 nicht mehr zur Verfügung stand, verdampfte Kühlwasser, bis Teile der Brennstäbe aus dem Wasser ragten. Der Druck wurde teilweise in das Containment abgelassen, wo er sich von 4 auf 8,4 bar erhöhte. Daraufhin wurde Dampf aus dem Containment und Reaktorgebäude abgelassen. Am 12. März wurde ausgetretenes radioaktives Caesium und Iod gemessen.[5][7]
Um ca. 15:36 Uhr Ortszeit[11] (7:36 MEZ) am 12. März ereignete sich eine Explosion im Kernkraftwerk Fukushima I, bei der die äußere Verkleidung des Reaktorgebäudes 1 weggesprengt wurde.[5] Daraufhin wurde der Kreis, aus welchem der Bevölkerung der Rückzug empfohlen worden war, auf 20 Kilometer ausgeweitet.[12][13] Einer Stellungnahme der Regierung zufolge wurde das Containment nicht beschädigt, die Strahlungswerte am Werkstor sollen 70-fach über den Normalwerten liegen.[14][15] Durch die Explosion wurden vier Arbeiter vor Ort verletzt, drei weitere Arbeiter kamen in anderen Vorfällen zu Verletzungen. Zudem wurde ein Arbeiter einer erhöhten Strahlungsdosis ausgesetzt.[16]
In Fukushima blies zum Explosionszeitpunkt ein Westwind von etwa 15 km/h; der Wetterbericht prognostiziert, dass dieser Wind bis einschließlich Montag 14. März gleichbleibend anhält.[17] Eventuell freigesetzte radioaktive Partikel würden daher zunächst auf das Meer hinausgetrieben; Fukushima liegt an der Ostküste von Honshū, der größten Insel Japans, am Pazifik (siehe auch Westwindzone). Die japanischen Behörden vermuten seit circa 17:00 Uhr MEZ aufgrund stark erhöhter Iod- und Caesiumwerte eine partielle Kernschmelze, die japanische Tageszeitung Asahi Shimbun berichtete von partiell freiliegenden Brennstäben.[18] Seit 20:20 Uhr Ortszeit (12:20 MEZ) wird Meerwasser zur Abkühlung mit Borsäure als Neutronenfänger in das Containment gepumpt, die Behörden bereiten auch die Verteilung von Iod-Tabletten vor.[5][19] Das Auffüllen des Containments soll etwa zehn Tage in Anspruch nehmen, manche Quellen sprechen auch von zwei.[19][20] Der Vorfall wurde von der Japanischen Atomaufsichtsbehörde als INES 4 (Unfall) eingestuft.[21][22] Premierminister Naoto Kan flog mit einem Hubschrauber zur Anlage und forderte dort einen Leiter von TEPCO auf, die umliegende Bevölkerung zu unterstützen.[23]
Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO/IAEA) teilte am 12. März gegen 21 Uhr (MEZ) mit, dass bislang etwa 170.000 Anwohner innerhalb des 20-km-Radius evakuiert wurden und dass die Evakuierungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen seien.[24] Zum Evakuierungsradius gehört noch nicht die 25 km nördlich gelegene Stadt Minamisōma. Gegen 22 Uhr (MEZ) gab die Japanische Atomaufsichtsbehörde bekannt, dass die Notkühlung im Block 3 nicht mehr funktionsfähig wäre und dringend eine Methode zur Bereitstellung von Kühlwasser gefunden werden müsse.[25] Kabinettssekretär Yukio Edano sagte, offizielle Stellen handelten nun aufgrund der Annahme, dass eine Kernschmelze in Block 3 im Gang sei und das es sehr wahrscheinlich sei, dass in Block 1 eine Kernschmelze in Gang sei.[26]
Daten der Reaktorblöcke
Das Kernkraftwerk Fukushima I hat insgesamt sechs in Betrieb befindliche Blöcke, zwei weitere sind in Planung:
Reaktorblock[27] | Reaktortyp | Nettoleistung | Bruttoleistung | Baubeginn | Netzsynchronisation | Kommerzieller Betrieb | Abschaltung |
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Fukushima I-1 | Siedewasserreaktor | 439 MW | 460 MW | 25.07.1967 | 17.11.1970 | 26.03.1971 | 03.2011 (erwartet)[28] |
Fukushima I-2 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 09.06.1969 | 24.12.1973 | 18.07.1974 | 07.2014 (erwartet)[29] |
Fukushima I-3 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 28.12.1970 | 26.10.1974 | 27.03.1976 | |
Fukushima I-4 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 12.02.1973 | 24.02.1978 | 12.10.1978 | |
Fukushima I-5 | Siedewasserreaktor | 760 MW | 784 MW | 22.05.1972 | 22.09.1977 | 18.04.1978 | |
Fukushima I-6 | Siedewasserreaktor | 1067 MW | 1100 MW | 26.10.1973 | 04.05.1979 | 24.10.1979 | |
Fukushima I-7[30] | Fortgeschrittener Siedewasserreaktor | 1325 MW | 1380 MW | (2014 geplant) | |||
Fukushima I-8[31] | Fortgeschrittener Siedewasserreaktor | 1325 MW | 1380 MW | (2015 geplant) |
Siehe auch
- Liste der Kernreaktoren in Japan
- Liste der produktivsten Kernreaktoren
- Liste der Unfälle in kerntechnischen Anlagen
Weblinks
- Fotos der Kraftwerke Fukushima I und Fukushima II
- List of Reactors insc.anl.gov
- Nuclear and Industrial Security Agency NISA Japanische Behörde für Nukleare und Industrielle Sicherheit NISA
- Japan Atomic Industrial Forum JAIF Japanisches Atom Industrie Forum JAIF
- Tokyo Electric Power Company TEPCO Tokyo Elektrizitäts Kraft Gesellschaft TEPCO
- ODL Fukushima-I (japanisch)
Einzelnachweise
- ↑ Japan: Betreiber fährt nach Skandal Reaktor wieder an. 7. Mai 2003, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ TEPCO verschiebt Fertigstellung von Kernkraftwerk. 28. März 2007, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ a b Markus Becker, Christoph Seidler: Drohende Kernschmelze: Notaktion soll Krisen-AKW retten. Spiegel Online, 11. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Impact to TEPCO's Facilities due to Miyagiken-Oki Earthquake (as of 3PM). 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ a b c d Battle to stabilise earthquake reactors. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch): „Three of Fukushima Daiichi's six reactors were in operation when yesterday's quake hit, at which point they shut down automatically and commenced removal of residual heat with the help of emergency diesel generators. These suddenly stopped about an hour later, and this has been put down to tsunami flooding.“
- ↑ Massive earthquake hits Japan. 11. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ a b Atomalarm in Japan, taz vom 12. März 2011
- ↑ Drohende Kernschmelze: Radioaktives Cäsium sickert aus japanischem AKW. Spiegel Online, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Erdbeben in Japan: Radioaktivität steigt im Umkreis von japanischem Reaktor. Abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Seismic Damage Information(the 12th Release). NISA, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Gov't yet to confirm explosion at reactor: Edano. Kyodo News, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ JAPAN: NHK TV, WORKERS INJURED IN FUKUSHIMA EXPLOSION. agi.it, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ 13.24 Uhr: +++ 10.000 Menschen in Minamisanriku vermisst +++. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ 原発 格納容器に損傷なし. Abgerufen am 12. März 2011 (japanisch).
- ↑ Explosion did not occur at Fukushima reactor: Japan spokesman. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ IAEA update on Japan Earthquake. 13. März 2011, abgerufen am 13. März 2011 (englisch).
- ↑ WETTER FUKUSHIMA, JAPAN. wetter.de, abgerufen am 12. März 2011 (Erst für Dienstag wird Nordost-Wind mit 13 km/h prognostiziert).
- ↑ Spiegel-Live-Ticker. spiegel.de, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ a b Japan struggles with nuclear reactors in wake of quake
- ↑ Explosion did not occur at reactor: Japan gov't spokesman. 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ IAEA update on Japan Earthquake. IAEA, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Explosion in Fukushima 1 als «Unfall» eingestuft. NZZ Online, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Damage from mega quake increasing, death toll feared to top 1,800
- ↑ IAEA update on Japan Earthquake auf der Website der Internationalen Atomenergie-Organisation vom 12. März 2011, 21:10 Uhr (CET); englisch, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Japan's Fukushima nuclear plant faces new reactor problem. Reuters, 12. März 2011, abgerufen am 12. März 2011.
- ↑ Chief Cabinet Secretary Yukio Edano said officials were acting on the assumption that a meltdown could be underway at that reactor, Fukushima Daiichi's unit 3, and that it was "highly possible" that a meltdown was underway at Fukushima Daiichi's unit 1 reactor, where an explosion destroyed a building a day earlier. The Washington Post, abgerufen 13. März 2011.
- ↑ LATEST NEWS RELATED TO PRIS AND THE STATUS OF NUCLEAR POWER PLANTS. IAEA, abgerufen am 12. März 2011 (englisch, Power Reactor Information System der IAEA: Japan: Nuclear Power Reactors - Alphabetic“).
- ↑ NUKE DATABASE SYSTEM: FUKUSHIMA DAIICHI-1. Abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ NUKE DATABASE SYSTEM: FUKUSHIMA DAIICHI-2. Abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Nuclear Power Reactor Details - FUKUSHIMA-DAIICHI-7. Abgerufen am 12. März 2011 (englisch).
- ↑ Nuclear Power Reactor Details - FUKUSHIMA-DAIICHI-8. Abgerufen am 12. März 2011 (englisch, Kernkraftwerk Fukushima Daiichi 8 im PRIS der IAEA).