Diskussion:Progressive Rock
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Vandalismus
Hallo,
gut, dass es so aufmerksame User gibt, die z.B. die mutwilligen und unsinnigen Veränderungen wie am 14.02.2006 um 10.50 Uhr wieder entfernen. Ganz ausschließen lässt sich solch Vandalismus anscheinend nicht. Gruß, Velbert2 13:38, 18. Feb. 2006 (CET)
Kunst, Kritik & abgelehnter Vorschlag
Bevor ich weiter irgendwas ins Blaue reinschreibe, äußere ich meine Bedenken mal hier. @Daniel: Zum Thema "tendenziös"- das ist Kritik doch immer. Kritikpunkte zu benennen ist gute wissenschaftliche Traditon, denke ich.
Vor allem ist Progressive Rock auf seine Weise qua Namensgebung selbst höchst tendenziös, denn schließlich wird ohne alle weitere Klärung die mindestens begriffslogische Hypothese aufgestellt, dass alles andere "rückschrittlich" wäre. Was mich wieder zum Kunstverständnis von Progressive Rock bringt.
Interpretiert man das Aufkommen musikalischer Stilrichtungen einmal (kulturtheoretisch) als implizit geführte Debatte über "gute Musik", gibt Progressive Rock hier ein ziemlich radikales Statement ab. Die Benennung der resultierenden Probleme kann dann wesentlich besser erklären, warum Prog für lange Zeit zu einem regelrechten Feindbild werden konnte (es war ja bei weitem nicht so, dass die Punks das nur "langweilig" fanden). Leider weiß der Artikel bislang von alldem nichts.
Vor diesem Hintergrund ist dann auch wenig verwunderlich, dass tatsächlich noch nicht einmal die Begrifflichkeit hinreichend geklärt ist. Für einen Lexikon-Artikel mit durchaus wissenschaftlichem Anspruch finde ich das geradezu sträflich. IMHO dringend zu klärende Fragen: Was heißt hier "progressiv"? Was soll das in einer Musikrichtung (namens Pop), die beim erstmaligen Auftachen des Terminus Progressive Rock damals selbst kaum 5 Jahre alt war? Und wie kann es sein, dass in einer historischen Phase, die dieser Tage auch von Kritikern durchaus als eine Art "Kulturrevolution" betrachtet wird, sich etwas selbst als "fortschrittlich" deklariert, das zu guten Teilen die Ästhetik vergangener Jahrhunderte kultivieren wollte? (Ohne dies ist meiner unbescheidenen Meinung nach hier in keiner Weise von "Exzellenz" zu reden...)
Übrigens: Die klar erkennbare und auch ausführlich begründete kritische Meinung des von mir verlinkten byte-funk-Bloggers ist meiner Ansicht nach gut geeignet, einem "ahnungslosen" Leser einen Eindruck von der Problematik zu geben, was der Artikel hier bislang leider nicht kann. (Und als kleine Fußnote den hiesigen Qualitätsvorstellungen doch wohl kaum abträglich, oder?)
johnson --Johnson.mc 19:53, 12. Mai 2010 (CEST)
- "Vor allem ist Progressive Rock auf seine Weise qua Namensgebung selbst höchst tendenziös" Da harke ich ein:
- Mitnichten muss diese Stilbezeichnung zwangsläufig als Beitrag zu einem "kulturnormativ-moralischen" Diskurs gelesen werden. Direkt über unserem Diskussionsabschnitt findest du ein Zitat von Keith Emerson, der den Begriff ausschließlich über eine ästhetische Eigenschaft der Musik definiert: Das durchführend-variationsreiche, "progressive" Spiel mit musikalischem Material anstelle der "Repetition von Riffs" wie in der damals konventionalisierten Popmusik üblich - sicherlich in Anlehnung an die Traditionen der europäischen Kompositionsweise.
- Die Argumentation des Abschnitts so wie auch die verlinkte Quelle unterstellen den Beteiligten ein kulturnormatives Bewusstsein, was entsprechende Belege verlangen würde und meinem Eindruck nach zumindest nicht die klare Regel ist. Zuletzt habe ich die Autobiographie von Bill Bruford (Yes, King Crimson, kurz mal Genesis) gelesen, der ein tatsächliches Stilbewusstsein der Beteiligten negiert und den ästhetischen Stil als Folge der Invidiualität der beteiligten Musiker sieht, die tatsächlich meist aus einem ähnlichen soziokulturellen Umfeld stammten (interessanterweise gibt er der anglikanischen Kirche eine Teilschuld an dem spezifischen, meist stark keyboarddominierten, Stil).
- Manche der teils polemisch vorgebrachten Vorwürfe verlangen der Relativierung, wie etwa der der Realitätsferne der Inhalte. Beim berüchtigten "21st Century Schizoid Man" muss man nicht mal genäher hinsehen, hier wird ja recht deutlich ein destruktiver Zeitgeist beschworen. Peter Hammill ist ein Meister der emotional-expressiven Texte, und sogar bei ELP und Genesis findet man zumindest gutgemeinte Sozialkritik (Tarkus, Get 'em out by friday). Im übrigen fanden Led Zeppelin Herr der Ringe und mythologische Spielereien auch toll, und die hatten dann wieder den gleichen Erfolg wie der im Blog-Eintrag schwer angepriesene Jimi Hendrix.
- Ich räume ein, dass es eine Schwäche des Artikels ist, die Definitionsfrage ganz außen vor zu lassen und bin ja auch dafür, das tatsächlich existierende Unbehagen der Musikjournalisten etc. am Prog darzustellen (was hingegen die 70er-Jugendgeneration von Prog hält, ist naturgemäß schwieriger zu belegen, hier können nur die Darstellungen aus entsprechenden Medien zitiert werden). Dabei würde ich mir allerdings, eventuell zusätzlich zu dem Blogeintrag, fachliche Quellen wünschen, die dieses Unbehagen ausdrücken. Daniel Strüber Kontakt 21:36, 12. Mai 2010 (CEST)
Puuh...
nun denn: Wo möchtest du etwas von "muss ... zwangsläufig" gelesen haben? Das kleine Wörtchen "einmal" steht nicht zufällig da- es geht darum, ein Interpretationsmuster zu benennen, das mindestens in der Musikpresse der letzten 30 Jahre häufig zur Anwendung kam (was du möglicherweise nicht abstreiten möchtest?)
Ich bleibe weiterhin dabei, dass es einem Lexikon-Artikel gut zu Gesicht steht, die Ursachen für eine in diesem Fall durchaus massive Gegebewegung erklären zu können (und nein, das bloße Erwähnen musikgeschichtlich tatsächlich formulierter Kritikpunkte ist mitnichten ein "Vorwurf" und verlangt keineswegs nach Relativierung). Vor allem auch, weil der Punk-Artikel selbstverständlich Prog-Bands als Antipoden listet. Spätestens, wenn ein Lexikonbeitrag wissenschaftliche Ansprüche stellt, sollte er für derartiges eine nachvollziehbare Erklärung bieten können.
Keith Emerson: Möchtest du dem guten Mann tatsächlich unterstellen, dass er die Konnotationen des Wortes "progressiv" völlig übersehen hat? Erwähne ich deshalb, weil mir leider auch unangenehm auffällt, dass hier verschiedentlich die unter Prog-Fans übliche Angewohnheit gepflegt wird, die Verwendung komplexer instrumentaler Spieltechniken als "progressiv" zu bezeichnen (was kein musikwissenschaftlich korrekter Begriff sein dürfte).
Stichwort Realitätsferne: Auch das kann durchaus als "Zitat" der Punk-Perspektive verstanden werden, aber wir können uns auch gern auf die Formulierung einigen, dass die (doch wohl unzweifelhaft) starke Tendenz zu Fantasy-Stoffen von ebenjener Punk-Generation vielfach als Realitätsferne interpretiert worden ist. Wiederum: Die bloße Benennung eines tatsächlich an relevanter Stelle geäußerten Kritikpunktes heißt noch lange nicht, dass man sich die Kritik zu eigen macht (aber man gibt ein reichliches schiefes Bild ab, wenn man das verschweigt).
Und die Tatsache, dass sich auch andere Beispiele finden lassen, sagt doch nun wirklich nichts aus (oder würdest du den westddeutschen Schlager der gleichen Zeit der kritischen Linken zuordnen, nur weil Udo Jürgens auch mal "Ein ehrenwertes Haus" ironisiert hat?)
Die "fachlichen Quellen" schließlich: Das hiesige Schreiben über alles, was dem Phänomen "Pop-Musik" im weitesten Sinne zuordnen lässt, ist mit dem Problem konfrontiert, dass sich die real existierende Musikwissenschaft seit einem halben Jahrhundert dazu mehrheitlich ausschweigt (jaa, dazu gibt es eine fachliche Quelle:[1]). Dein Argument konsequent fortgesetzt würde das bedeuten, dass die Artikel über Pop-Musik hier allesamt entfernt werden müssten, weil es keine wissenschaftlichen Belege dazu gibt (und bei Jahrzehnte zurückliegenden Vorgängen auch keine Zeitschriften-Beiträge). Dann wären wir alle unzufrieden, oder?
johnson --Johnson.mc 12:46, 13. Mai 2010 (CEST)
- Die Darstellung unterschiedliche Lesearten finde ich, wie du bestimmt gemerkt hast, angemessen. In deiner Formulierung des Abschnitts allerdings ist die Existenz anderer möglicher Lesearten gar nicht berücksichtigt, was aus der Darstellung einer möglichen Leseart wiederum deren Verabsolutierung macht.
- Keith Emerson will ich gar nichts unterstellen, weder, dass er sich einer bestimmter Konnotation nicht bewusst wäre - noch, dass diese Konnotation eine Bedeutung für sein eigenes Verständnis des Begriffs hätte. Das wäre nämlich erst einmal zu belegen. Solange keine Äußerung eines der stilbildenden Künstler des Progressive Rock vorliegt, die ein vorhandendes kulturethisches Stilbewusstsein belegt, ist das eine Unterstellung - egal, wie arriviert diese im Musikjournalismus ist. (Wobei die Arriviertheit dann wiederum die Erwähnung im Artikel rechtfertigt.)
- Handwerklich anspruchsvolle Spieltechniken sind für mich nun schon ein Merkmal des Progressive Rock, wenn auch kein konstituierendes, wie der bytefunk-Artikel richtig bemerkt. Ich würde sie eher als notwendige Folge der Ausdrucksmöglichkeiten bzw. des stärker auf instrumentale Motive fokussierten Songwritings sehen.
- Damit wir noch was Produktives erreichen:
- 1. Ich habe den beiden unterschiedlichen Lesearten des Begriffs und ihrer Problematik jetzt einen Abschnitt gewidmet und dabei auch deine Argumentation angerissen. Das mit den Quellen sehe ich dann meinetwegen auch nicht so eng (wobei es meiner Meinung nach einen Unterschied gibt zwischen rein sachlich darstellenden Artikeltexten, wie im Popmusik-Bereich meist üblich, und solchen, die bestimmte Konflikte und Kritik benennen).
- 2. Weiterhin bin ich der Auffassung, dass existierende Kritik zwar erwähnt werden sollte, halte in einem Artikel über einen ästhetischen Stil aber einen Abschnitt mit der Bezeichnung "Kritik" für sehr unüblich. Denkbar wäre ein Abschnitt "Rezeption" oder "Wirkung", der sowohl kritische Stimmen zu Wort kommen lässt und Gegenbewegungen benennt, als auch den möglicherweise weitreichenden Einfluss der klassischen Prog-Bands in die heutige Popmusik belegt. Coldplay räumen z. B. einen Einfluss durch Tony Banks Keyboardspiel der früheren Genesis ein. Daniel Strüber Kontakt 18:55, 13. Mai 2010 (CEST)
- Neueste Änderung habe ich wieder rückgängig gemacht, da du damit den Standpunkt "Die wollten Kunst machen und fanden ihre Musik höherwertiger" durchdrückst. Dafür fehlt es weiterhin an Belegen.
- Gegen eine angebliche Ablehnung des minimalistischen Prinzips in der Kunst dürfte auch Mike Oldfields Beeinflussung durch die Komponisten der "Minimal Music" sprechen. Daniel Strüber Kontakt 18:04, 14. Mai 2010 (CEST)
- Gegen den angeblichen ideologischen Grabenkampf, der hier beschworen wird, weiteres Zitat von Robert Fripp:
- I remember driving back from the hotel one night and on the radio I heard Sgt. Pepper's for the first time. I tuned in after they'd introduced the album. I didn't know what it was at first, and it terrified me - "A Day in the Life", the hupe build-up at the end. At about the same time I was listening to Hendrix, Clapton with John Mayall's Bluesbreakers, the Bartok String Quartets, Stravinsky's The Rite of Spring, Dvorak's New World Symphony... they all spoke to me the same way. Perhaps different dialects, but it was all the same language. At that point, I could not resist... From that point to this very day [1984], my interest is in how to take the energy and spirit of rock music and extend it to the music drawing from my background as part of the European tonal harmonic tradition. In other words, what would Hendrix sound like playing Bartok.
- Robert Fripp sieht sich als Integrator, der die von ihm empfundenen Qualitäten der Rockmusik aufgreifen will, statt als kunstbeflissener Elitist, der ihre Einfachheit verurteilt.
- Deine Argumentation zur These einer implizierten Minderwertigkeitsbehauptung könnte man hier sicherlich auch anwenden, dann aber in der entgegengesetzten Richtung: Soso, die klassische Musik hat es nötig, um Energie und Seele erweitert zu werden? Was würde wohl die Mozartstiftung dazu sagen? Daniel Strüber Kontakt 11:59, 15. Mai 2010 (CEST)
Du meinst, die Mozartstiftung würde eine solche Diskussion unterbinden wollen?
Und das wäre dann korrekt?
Ich bleibe beim von dir hier exponiert eingeführten Emerson, denn: Ich gebe dir völlig recht- Keith Emerson benennt hier das essentielle Prog-Verständnis, was bei passender Einordnung heutigen Generationen sogar dazu verhelfen könnte, Aufstieg und Niedergang von Prog zu verstehen (ich bekenne freimütig, das bislang nur überflogen zu haben). Die ganze Geschichte in einem Satz- sowas ist eine Riesenchance für einen Lexikon-Aritkel, wenn man denn bereit ist genauer hinzusehen. Obwohl der sprachlogische Kern eigentlich so offensichtlich ist, dass auch ein Zehntklässler kein Sezierbesteck dazu braucht:
Pop ist nicht progressiv.
Ebenso offensichtlich: Es handelt sich um ein höchst subjektives Werturteil, das im Sinne einer fachlich-wissenschaftlichen Dartstellung zu hinterfragen wäre.
Und wenn man ein sozio-kulturelles Phänomen erklären möchte, hilft es erfahrungsgemäß meist sehr viel weiter, wenn man den Kontext klären kann, in dem sich das abspielt. Das ist hier selbstverständlich mindestens das künstlerisch-ästhetische Wertesystem (was denn sonst?), anders ist eine solche Hypothese wie die von Emerson völlig unverständlich. Schließlich hat sich gerade auf der Ebene dieses Wertesystems zu jener Zeit ein radikaler Paradigmenwechsel vollzogen- diesen spannenden Prozess außer Acht zu lassen fände ich sehr schade für die Wikipedia (nicht zuletzt, weil Emerson in diesem Wertewandel ja auch eine akzentuierte Position bezieht, die immer noch populär ist).
Denn dieser Prozess ist keineswegs abeschlossen- im verlinkten taz-Artikel findet sich die interessante Aussage: "Provozieren kann ich heute nur noch mit Prog. Es ist vielleicht der neue Punkrock". Spätestens ein "exzellenter" Lexikon-Beitrag sollte transparent machen können, wie es zu einer solchen Aussage kommt. Ich finde leider: Dein Artikel kann das nicht.
--Johnson.mc 13:17, 15. Mai 2010 (CEST)
- Ich wollte darauf hinaus, dass das Fripp-Zitat die verallgemeinert unterstellte Motivation "Pop ist doof, Klassik ist super, also machen wir den Pop klassischer" als nicht zutreffend entlarvt.
- Man kann einem Künstler nicht vorwerfen, dass ihm bestimmte Ausdrucksmöglichkeiten reizvoll erscheinen. Ein künstlerischer Akt ist nicht nur eine (evtl. nicht als solche beabsichtigte) Bewegung in einem künstlerisch-ästhetischen Wertesystem, sondern auch ein Ausdruck von Individualität und Persönlichkeit.
- Wenn dir das Zitat unverständlich ist, liegt es vielleicht daran, dass du ein signifikant ästhetisches Phänomen eindimensional als soziokulturelles Phänomen liest. Dein begriffslogischer Schluss legt das nahe: "Pop ist nicht (bzw. weniger) progressiv", so weit kann ich dir folgen. Nun hat der Zehntklässler nicht nur Politik-, sondern auch Musikunterricht. Dort wird er über musikalische Ausdrucksformen sprechen und darüber, was man mit einer musikalischen Idee anstellen kann. Und hier kommt das "progressiv" zu seiner begriffslogisch gleichberechtigten Bedeutung: Es ließe sich wahrscheinlich quantitativ belegen, dass sich in der Popmusik über einem einzelnen Motiv weniger solche Progression vollzieht.
- Die Ergänzung journalistischer Standpunkte ist aus meiner Sicht eine willkommene Ergänzung für den Artikel. Es ist dabei allerdings darauf zu achten, dass die zitierten Standpunkte als solche wiedergegeben werden und dabei ebenso wie der Gegenstand des Artikels selbst einer kritischen Würdigung bedürfen. Daniel Strüber Kontakt 14:44, 15. Mai 2010 (CEST)
- Ich habe heute ein umfangreiches Kapitel erstellt, das sich der Rezeption widmet. Ergänzungen und Korrekturen und insbesondere auch stilistische Verbesserungen (es lebe der Nominalstil) sind willkommen. Daniel Strüber Kontakt 21:56, 17. Mai 2010 (CEST)
Mitteleuropa, Osteuropa
Hallo. Der Prog.Artikel gefällt mir sehr gut. Ich möchte hier ein paar Anregungen und Hinweise in die Runde einfließen lassen, wodurch dieser Artikel vielleicht in ein / zwei Abschnitten etwas umfangreicher werden könnte. Ich beschäftige mich seit eingien Jahren mit der Prog.Szene in Mittel- und Osteuropa (vornehmlich Mitteleuropa) und arbeite auch dahin meine BA-Arbeit zu diesem Bereich zu schreiben. Diesbezüglich bin ich auf einige Schlüsse gekommen, die durchaus diskussionswürdig seien könnten, bzw. bei Konsenz Eingang finden könnten. Ich vertrete nicht die Meinung, dass England speziell stilprägend war, vielmehr sehe ich hier, dass von England die Inspiration ausging, aber keine direkte Prägung. Progrock bestünde sonst aus Imitieren, doch faktisch haben sich die Progbands stets neu erfunden und auch aus ihrem traditionellen Umfeld Neues in den Prog eingeflochten, was aus England nicht mitgegeben wurde. Die Welle der Inspiration sehe ich also aus England kommen, aber die Entwicklung in anderen Ländern hin zum Prog verlief sehr schnell und bzgl. des Zeitraums 1970 bis 1972 sogar parallel zur britischen Weiterentwicklung.
Musikalische Vertreter für Deutschland (BRD und DDR):
Es werden bereits Vertreter aus Deutschland genannt, hier könnte (oder müsste) die Band Kraan noch aufgeführt werden. Viele deutsche Prog.Bands aus den frühen 70er Jahren (viele bzgl. BRD eher dem Krautrock zurechenbar) schafften den Schritt in die NeoProg-Zeit nicht. Kraan (siehe Album Nachtfahrt von 1982) hingegen schaffte den Sprung in die 1980er Jahre und auch hin zu einer deutschen Variante des New Waves/Neo-Progs. Ebenso wäre auch die Band Exmagma (Album: Goldball, 1974) erwähnenswert (eher Jazzrock-Prog-relevant). Auch für die DDR werden Bands genannt, allerdings ohne weitere Informationen hierzu. Die erste ProgBand dort war Electra. Die ersten Prog-stilistischen Veröffentlichungen sind bereits im Jahr 1970 anzusiedeln, ihren Höhepunkt erreichte die Band in diesem Stil 1971 und 1972 (teilweise auch bis 1975, aber nicht ohne Einschränkungen), während sie danach eher auf eingängigere Rockmusik, später auch New Age, zurückgriffen. Ab 1979 ist Electra nicht mehr dem ProgRock zuzurechnen. Die Band Lift hingegen hat einen anderen musikalischen Höhepunkt innerhalb ihres prog-related Schaffens. Vielmehr halte ich nur ihr 1979er Album (Meeresfahrt) für direkt progressiv-relevant (loses Konzeptalbum). Die Stern-Meissen Combo war progressiv-relevant von 1975 bis 1982 und schaffte damit, wie Kraan, auch den Sprung in die 1980er Jahre. Von dieser Band sind quasi alle Alben aus diesem Zeitraum prog-relevant und sie sind/waren auch von ihrem Status her eine der vielfältig-schaffensten ProgBands Deutschlands. In ihren Anfängen sind auch Puhdys (nur 1972 und 1973), sowie auch Babylon (nur 1976) dem ProgRock zuzuordnen - ebenso müsste man die Frage in den Raum werfen, ob auch City (Zeitraum: 1977-1979) hinzugezählt werden müsste. Auch interessant, trotz aller Vielfalt und auch wenn es musikalisch nicht relevant ist, wäre m.M. auch, dass die DDR-Bands ausschließlich deutsche Texte (oftmals zusammen mit kooperierenden Textern) lieferten, während in der Bundesrepublik zu dieser Zeit deutschsprachige Rockmusik selten und gängige Sangessprache Englisch war.
Ungarn:
Die Band Omega wird bereits genannt, aber Skyrover ist kein direkt prog-relevantes Album. Dieses Album (auf ungarisch im Original: Csillagok Útján, 1978) beinhaltet weitgehend eingängige Musik, die der Prog-Definiton nicht direkt passend zugeordnet werden sollten. Skyrover, so wie das Album in der englischen Version heißt, ist vielmehr ein populär-musikalischer Nachfolger des relativ anspruchsvollen (und prog-relevanten) Vorgängeralbums Idörablo (1977 - auf Englisch: Time Robber). Omega ist auch eines der ganz frühen Band Europas, die progressive Einflüsse direkt umsetzten - sie sind im Zeitraum 1970 bis 1977 dem ProgRock zuzuordnen, und zwar auch als Einflussgeber für DDR- und BRD-Bands (beträfe die Alben: Éjszakai Országút (1970), Omega Elö (1971), Omega 5 (1973), Nem tudom a neved (1975) und Idörablo (1977)). Omega veröffentlichte ab 1973 bei Bellaphone Rec. auch auf Englisch und zum Teil auch auf Deutsch, und waren, nicht minder auch deshalb, international sehr erfolgreich. Ungarn war neben der DDR das Land mit der aktivsten Rockmusik-Szene des damaligen Ostblocks und brachte daher auch noch weitere progressiv-relevante Bands hervor. Eine weitere ist Locomotiv GT, welche im Zeitraum 1973 bis 1984 als progressiv, teilweise auch Jazzrock-inspiriert, gelten kann. Sie ist bzgl. Musikalität fast noch vielseitiger und international auf gleicher erfolgreicher Ebene wie Omega anzusiedeln (Locomotiv GT ging ja in Teilen aus der frühen Omega-Formation hervor). Des Weiteren wäre noch Bergendy (Album: Hétfö, 1973) und die frühen Piramis (Album: Piramis, 1977) erwähnbar. Die Aussage aber, dass Bands aus diesem Bereich Europa des westlichen Vorbildern nacheiferten halte ich für nicht direkt haltbar. Sie waren Vorbilder, durchaus, aber in Ungarn verschmolz aus Traditionelles mit Rockmusik, und auch hierfür ist Omega ein sehr gutes Beispiel - vor allem die 1971er und 1973er Alben. In Bezug auf Omega und Locomotiv GT ist aber auf jeden Fall zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um Localacts handelte, sondern um Bands mit internationalem Maß und Einfluss.
Polen:
Aus Polen gab es vor allem zwei Bands die Erwähnung finden könnten: Czerwone Gitary (nur 1970 bis 1972) und Budka Suflera (nur 1975-1979). Letztere schuf sehr melodischen bis melodramatischen ProgRock, und damit einen sphärisch-musikalischen Ausdruck, den ich so bestenfalls aus der italienischen ProgRock-Szene kenne.
Frankreich:
... das fällt mir gerade noch ein weil durchaus erwähnenswert: Die Band Atoll brachte hier experimentellen ProgRock hervor (1974-1977), ebenso auch die Band Artcane (1977).
Russland:
Noch ein paar Sätze abschließend zu Russland: Hier entwickelte sich alle erst später, da die kulturellpolitischen Restriktiven erst Ende der 1970er / Anfang der 1980er Jahre etwas gelockert wurden. Vertreter hier wären die Band Dinamik (1982-1983) und vor allem die Band Vezhlivyy Otkaz (1986-1992). Letztere brachte mit stilistischen Vermengungen kaukasischer Folklore und Jazzrock völlig neue musikalische Transparenz hervor, welche auch Beachtung finden sollte.
Entschuldigt bitte die Länge meiner Ausführungen, aber ich würde mich über ein Feedback von Euch freuen und ggf. Hinweise, ob bzw. welche Anmerungen in den Beitrag ergänzt werden könnten. Wenn Ihr mögt könnte ich das dann auch machen, aber nur bei einem OK. Grüße. Thilo Kühne -- 04:17, 24. Mai 2010 (CEST) (ohne Benutzername signierter Beitrag von 88.74.209.131 (Diskussion) )
- Bezüglich der DDR-Bands kann ich deinen Ausführungen zustimmen, wobei ich bei City und Puhdys den Zusammenhang zum Prog nur rudimentär sehe. Interessant ist bei den drei Sachsen-Bands Stern Meißen, electra und Lift, dass da neben personellen Überschneidungen bei allen einen Bezug zur Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden gibt. Irgendwie könnte das ja auch in den Artikel einfließen. --Martin Zeise ✉ 11:06, 24. Mai 2010 (CEST)
- Ein Satz zu den Bands electra, Lift und Stern Combo Meißen findet sich ja schon im Artikel. Es gab in der DDR weitere Bands dieser Stilrichtung, etwa Joco-Dev und die Klosterbrüder. @Thilo: Ich würde es sehr begrüßen, wenn du den Artikel in der von dir angedachten Richtung ausbaust. --Vanellus 12:38, 24. Mai 2010 (CEST)
- Hey Thilo - danke für deine Recherchen, da ist durchaus einiges Wissenswertes dabei, das den Artikel bereichern könnte. Von mir einige Anmerkungen dazu:
- Kraan als von Klassik-Wurzeln und Pathos gänzlich befreite Band fallen nach meiner Ansicht eher in die Krautrock- und Jazzrock-Schiene. Das 1982er-Album mag Anklänge an die New Wave haben, die jedoch deutlich vom theatralischen Neo-Prog abzugrenzen ist. New Wave ging ja aus dem Punk hervor, der zu einem gewissen Grad als Gegenbewegung zum Progressive Rock angelegt war.
- Zur Rolle der Briten: Prog als Imitation der britischen Bands gab es, da würde ich dir widerspechen, zu genüge. Man höre sich mal die Alben von Neuschwanstein (siehe: Genesis), Triumvirat (siehe: ELP), Starcastle (siehe: Yes) an, oder in Osteuropa die slowakischen Collegium Musicum (bereits 1970, siehe: The Nice/ELP) - vom internationalen Retro-Prog der 90er mal ganz zu schweigen, der sich vor allem auf die britischen Bands beruft. Man könnte vielleicht als Kompromiss sagen, dass es einen frühen Progressive Rock (1968-1972) gibt, der vor allem britischer Prägung ist. Prog in seiner Hochphase (1972-78) dagegen ist ein international verbreitetes und vielseitiges Phänomen, das oft Einflüsse der britischen Bands, aber genauso essentiell regionale Einflüsse verarbeitet.
- Wenn du dem Artikel von dir ausgewählte Bands hinzufügst, würde ich mich freuen, wenn du jeweils eine kurze Einordnung der musikalischen Stilistik vornimmst - unter "progressive-relevant" kann man sich erstmal eine ganze Menge vorstellen, das demonstriert ja schon die umfangreiche Liste der Substile. Daniel Strüber Kontakt 16:58, 24. Mai 2010 (CEST)
Magma und Aphrodite’s Child
M.E. sollte Magma auch schon in der klassischen Phase bei Frankreich erwähnt werden, nicht nur als ein Beispiel für Konzeptalben. Ebenso Aphrodite’s Child für Griechenland. BNutzer 23:18, 24. Mai 2010 (CEST)
- Seh ich auch so. Besonders letztere haben mit 666 einen großen Beitrag geleistet. Gruß --Aalhuhnsuppe Disk 12:08, 25. Aug. 2010 (CEST)