Liberales Forum
Parteivorsitzende | Angelika Mlinar |
Gründung | 4. Februar 1993 |
Gründungsort | Wien |
Mitgliederzahl | ca. 2.000[1] |
Das Liberale Forum (LIF) ist eine liberale Partei in Österreich. Es ist Mitglied der Liberalen Internationale und der ELDR.
Gründung
Gegründet wurde das Liberale Forum am 4. Februar 1993, als sich fünf Abgeordnete (Heide Schmidt, Klara Motter, Friedhelm Frischenschlager, Hans Helmut Moser, Thomas Barmüller) von der FPÖ abspalteten und unter dem Vorsitz von Heide Schmidt eine eigene Fraktion bildeten. Grund dafür waren Meinungsverschiedenheiten mit dem damaligen Parteivorsitzenden Jörg Haider. Auslöser der Abspaltung war das von Kritikern als ausländerfeindlich betrachtete „Österreich zuerst“-Volksbegehren der FPÖ; die Gründer des LIF wollten wieder eine klassisch-liberale Partei formieren, wie sie seit Haiders Aufstieg in der FPÖ in Österreich nicht mehr existierte.
Geschichte
2006 bis 2009
Mit Unterstützung der SPÖ in Form eines Wahlbündnisses bei der Nationalratswahl im Jahre 2006 war das LIF erstmals seit 1999 wieder mit einem Mandat im Nationalrat vertreten. Bei der Nationalratswahl 2008 scheiterte die Partei an der Vier-Prozent-Hürde. Bei der Europawahl 2009 ist das LIF unfreiwillig nicht angetreten: Die liberale Abgeordnete Karin Resetarits unterstützte statt dem LIF die Jungen Liberalen.[2][3]
Parteireform 2008/09
Nach der deutlichen Niederlage bei der Nationalratswahl 2008 und dem Rückzug von Heide Schmidt beschlossen mehrere Parteimitglieder, eine Reform von Programm und Statuten anzugehen − das Grundsatzprogramm stammte aus 1993 und war in vielen Punkten nicht mehr aktuell. Zu diesem Zweck wurde bei einem Parteitag am 25. Oktober 2008 eine neue Parteispitze gewählt und ein Reformteam bestimmt, Parteichef wurde Werner Becher.[4]
Knapp acht Monate später, am 20. Juni 2009, wurde bei einem neuerlichen Parteitag das neue Programm beschlossen und wiederum ein neues, diesmal fixes Parteipräsidium gewählt. Seit diesem Datum ist die Juristin und Unternehmerin Angelika Mlinar neue Bundessprecherin.[5]
2010
Gemeinderatswahlen in Wien
Nach einer Parteireform, deren wesentlichste Neuerung in der erstmaligen Einführung von Landesorganisationen bestand, wird das Liberale Forum im Oktober 2010 zu den Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen antreten. Die „alte Garde“, bestehend aus Heide Schmidt, Volker Kier, Thomas Barmüller und Friedhelm Frischenschlager, sollen als sogenanntes Strategieteam dem Wiener LIF beratend zur Seite stehen.[6]
Auf der Landesversammlung am 29. Mai wurde Bundessprecherin Angelika Mlinar zur Spitzenkandidatin für die Wiener Gemeinderatswahl gewählt, an zweiter Stelle folgt der Wiener Landessprecher Hannes Heissl. [7]
Wenig begeistert zeigte sich die Parteispitze darüber, dass die vom LIF abgespaltenen Jungen Liberalen (JuLis), eine ursprünglich als Studentenfraktion zu ÖH-Wahlen ins Leben gerufene Liste, angekündigt haben, mit eigener Kandidatur bei der Wahl anzutreten.[6] Allerdings schafften die JuLis in keinem Bezirk die nötigen Unterstützungsunterschriften.
Das Liberale Forum erreichte die nötigen Unterstützungsunterschriften für den Antritt zu Gemeinderatswahl in 15 der 18 Wiener Wahlkreise (ausgenommen Hietzing, Rudolfsheim-Fünfhaus und Döbling), und tritt in allen 23 Bezirken zur Bezirksratswahl an.[8] Als Wahlziele gelten ein Einzug in den Gemeinderat sowie ein möglichst dichtes Netz von Bezirksrätinnen und Bezirksräten.
Aufbau einer Jugendorganisation
Nachdem das neue Statut auch die Schaffung von Teilorganisationen ermöglichte, kam es 2010 zur Errichtung einer Jugendorganisation des LIF, dem Liberalen Jugendforum, das sich an junge Menschen zwischen 14 und 30 wendet. [9]
Wahlen und Vertretung in Parlamenten
Landtags- und Gemeinderatswahlen
Bei der niederösterreichischen Landtagswahl 1993 gelang dem LIF mit 5,12 % und drei Abgeordneten der Einzug in den Landtag, dafür scheiterten die Liberalen in einer ihrer Hochburgen, Vorarlberg, 1994 mit nur 3,49 %. Im gleichen Jahr wählten bei der Salzburger Landtagswahl 5,76 % das Liberale Forum, jedoch erlangte das LIF kein Grundmandat und war daher in einer weiteren Hochburg nicht vertreten.
Bei der Landtagswahl in der Steiermark 1995 erzielte das LIF 3,84 %, durch ein Grundmandat in Graz konnten damit zwei Abgeordnete in den Landtag einziehen. Bei den Gemeinderatswahlen 1996 in Wien überholte das LIF mit 7,96 % hauchdünn die Grünen, allerdings stellten sie wegen des Wahlrechts einen Sitz weniger als die Grünen, nämlich sechs.
1998 stellten sich die Liberalen erneut der Landtagswahl in NÖ und verfehlten mit 2,13 % den Wiedereinzug in den Landtag, das LIF scheiterte auch 1999 bei Landtagswahlen in Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg. In Salzburg, dessen Landeswahlrecht inzwischen geändert wurde, wurden nur mehr 3,66 % der Stimmen erreicht, in Vorarlberg 3,36 %, in Tirol waren es 3,25 %. Im Jahr 2000 fiel das LIF mit 1,11 % aus dem Steirischen Landtag.
In Wien machte man sich im Jahr 2001 noch Hoffnungen mit der Spitzenkandidatin Alexandra Bolena. Aufgrund der 5-Prozent-Hürde bei einem Ergebnis von nur 3,43 % verlor das Wiener LIF jedoch seine sechs Abgeordneten im Landtag / Gemeinderat. Damit schied das Liberalen Forum aus dem letzten Landesparlament, in dem es bis dahin noch vertreten war, aus.
Nationalratswahlen
Ergebnisse des LIF bei Nationalratswahlen | ||
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Jahr | Stimmenanteil | Mandate |
1994 | 6.0 % (+6.0) | 11 (+11) |
1995 | 5.5 % (-0.5) | 10 (-1) |
1999 | 3.7 % (-1.8) | 0 (-10) |
2002 | 1.0 % (-2.7) | 0 (-) |
2006 | n.k. | 1 (+1) |
2008 | 2.1 % (+2.1) | 0 (-1) |
Wahlen 1994, 1995, 2002
Bei den Wahlen zum österreichischen Nationalrat erreichte das LIF in den Jahren 1994 elf Mandate und 1995 noch zehn Mandate. Bei der Wahl 1999 scheiterte das Liberale Forum an der 4-Prozent-Hürde und ist seither nicht mehr im österreichischen Parlament vertreten.
Bei der Wahl 2002 versuchte es die Partei noch einmal mit dem (damals) Ex-ORF-Moderator Reinhard Jesionek als Spitzenkandidat und einen auf jugendliche Zielgruppen zugeschnittenen Wahlkampf. Das Experiment unter Bundessprecher Alexander Zach scheiterte jedoch kläglich mit einem Wahlergebnis von nur mehr 0,98 %.
Wahl 2006
Bei den Nationalratswahlen am 1. Oktober 2006 ist das LIF nicht mehr mit eigener Wahlliste angetreten. Heide Schmidt gab in einem Interview mit der Tageszeitung Der Standard an, dass ihre Kandidatur an den finanziellen Rahmenbedingungen scheitere.
Anfang September 2006, wenige Wochen vor der Wahl am 1. Oktober, ging das Liberale Forum ein Wahlbündnis mit der SPÖ ein.[10] LIF-Bundessprecher Alexander Zach erhielt ein Fixmandat auf der Bundesliste der SPÖ, im Gegenzug gaben prominente Liberale wie Schmidt, Resetarits und Hans Peter Haselsteiner eine Wahlempfehlung für die SPÖ ab.
Diese in Österreich unübliche Form der Zusammenarbeit war innerhalb des LIF heftig und teils auch in der SPÖ umstritten.[11][12] Josef Kalina, damaliger Leiter der SPÖ-Kommunikation, erklärte, dass das Wahlbündnis – vergleichbar mit „L'Ulivo“ des italienischen Premierministers Romano Prodi – ein Zweckbündnis gewesen sei.
Organisatorisch wurde Alexander Zach im Nationalrat dem Parlamentsklub der SPÖ zugerechnet.
Wahl 2008

Nachdem Zach als Parteivorsitzender in Interviews seit 2006 einen Antritt bei den (regulären) Nationalratswahlen 2010 zur Diskussion stellte[13], trat das Liberale Forum mit Heide Schmidt als Spitzenkandidatin und dem Bauunternehmer Hans-Peter Haselsteiner als Wirtschaftssprecher und Vorsitzendem des Unterstützungskomitees bei den Nationalratswahlen 2008 an. Am 19. August gab das Liberale Forum bekannt, dass die nötigen Unterstützungserklärungen vorliegen und einem bundesweiten Antritt somit nichts mehr im Weg stehe.[14]
Im Wahlkampf wurden alte Vorwürfe wiederholt, Zach habe im Vorfeld der Kaufentscheidung Österreichs für neue Kampfflugzeuge für den Eurofighter-Hersteller EADS lobbyiert. Dies bestritt er zunächst, später musste er aber doch eingestehen, mit seiner damaligen Firma eurocontact im Auftrag der deutschen Agentur Salaction in Österreich für EADS tätig gewesen zu sein. Zach beteuerte zwar immer wieder, dass er schon vor seiner Tätigkeit im Nationalrat seine Mitarbeit bei eurocontact beendet hätte und betonte, dass er als Abgeordneter unter anderem für die Einsetzung des parlamentarischen Untersuchungsauss zur Eurofighter-Beschaffung gestimmt hatte. Er vermeinte damit seine Unabhängigkeit unter Beweis gestellt zu haben.
Dennoch trat er am 23. September 2008 unter dem parteiinternen und dem Druck der Medien als Bundessprecher und als Kandidat für die Wahl zurück und stellte sein Mandat als Abgeordneter zum Nationalrat nieder. Den Parteivorsitz übernahm interimistisch Heide Schmidt[15][16], sein Mandat besetzte regelkonform die SPÖ nach, da Zach ja auf einem "roten" Abgeordnetenplatz im Parlament saß.
Während des Wahlkampfes lag das Liberale Forum in Umfragen bei etwa vier Prozent, kurz nach Bekanntgabe der Spitzenkandidatur Heide Schmidts sogar bei acht bis zehn Prozent. Unterstützt wurden diese guten Umfragewerte durch ein großes Medieninteresse. Von Schmidt wurde wiederholt als Ziel genannt, nach der Wahl eine Koalitionsregierung mit SPÖ und Grünen bilden zu wollen um damit auch eine Regierungsbeteiligung von FPÖ und BZÖ zu verhindern.
Trotz der starken Umfragewerte blieb das LIF letztlich mit 2,1 Prozent Stimmenanteil unter den für den Einzug in den Nationalrat erforderlichen vier Prozent der Stimmen. Schmidt und Haselsteiner kündigten in der Folge an, sich aus der Politik zurückzuziehen, was sie auch tatsächlich in die Tat umgesetzt haben.
Europaparlament
MdEP Karin Resetarits (vorher Abgeordnete der Liste Martin) trat am 7. Juni 2005 der liberalen Fraktion des Europaparlaments bei, in der Folge dann auch dem LIF.
Bundessprecher
- Heide Schmidt, 1993-2000
- Christian Köck, 2000
- Friedhelm Frischenschlager, 2000-2001
- Alexander Zach, 2001-2008
- Heide Schmidt, 2008 (designiert)
- Werner Becher, 2008-2009
- Angelika Mlinar, seit 2009

Siehe auch
Literatur
- Gerhard Kratky: Das Experiment einer Parteigründung. Das liberale Forum im Rückblick. Studienverlag, Wien 2009, ISBN 978-3-7065-4665-2.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die Presse: Zach von LIF-Einzug ins Parlament 2010 überzeugt.
- ↑ Der Standard, 28. April 2009: "Unfreundlicher Akt" bei Unterstützungserklärung.
- ↑ LIF-Vertreter Ronald Pohoryles in seinem Blog: Warum das LIF nicht für die EP-Wahlen kandidiert, 27. April 2009
- ↑ Presseaussendung 26. Oktober 2008: LIF-Reformprozess, abgerufen am 22. Juni 2009
- ↑ Presseaussendung 21. Juni 2009: Liberale beschließen neues Grundsatzprogramm und wählen Angelika Mlinar zur neuen Bundessprecherin.. Abgerufen am 22. Juni 2009
- ↑ a b Martin Stuhlpfarrer: Liberales Forum tritt im Herbst bei der Wien-Wahl an. In: Die Presse, Printausgabe 22. Mai 2010. Abgerufen am 24. Mai 2010.
- ↑ wien.orf.at: Liberales Forum tritt bei Wien-Wahl an, 22. Mai 2010. Abgerufen am 24. Mai 2010.
- ↑ neuwal: [1], 12.September 2010. Abgerufen am 12. September 2010.
- ↑ Facebookgruppe LJF: [2]. Abgerufen am 12. September 2010.
- ↑ Kurier: Fix-Mandat für Liberalen-Chef Zach - SPÖ hilft dem LIF ins Parlament, 3. September 2006
- ↑ Salzburger Nachrichten: LIF-Gründer sind empört, 4. September 2006
- ↑ Kurier: Ärger über SP-Mandat für Liberalen, 7. September 2006
- ↑ CHiLLi.cc: Interview mit Alexander Zach: „Wir sind jung und haben Zeit“, April 2007
- ↑ orf.at: Bundesweites Antreten von LIF bei Wahl fix, abgerufen am 20. August 2008.
- ↑ ORF: Zach geht als LIF-Chef, Schmidt kommt zurück, 23. September 2008
- ↑ Lebenslauf von Alexander Zach auf der Homepage des Parlaments