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Wietzendorf

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Wappen Deutschlandkarte
Wietzendorf
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Wietzendorf hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 52° 55′ N, 9° 59′ OKoordinaten: 52° 55′ N, 9° 59′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Soltau-FallingbostelVorlage:Infobox Gemeinde in Deutschland/Wartung/Landkreis existiert nicht
Höhe: 66 m ü. NHN
Fläche: 107,58 km2
Einwohner: 4176 (31. Dez. 2024)[1]
Bevölkerungsdichte: 39 Einwohner je km2
Postleitzahl: 29649
Vorwahl: 05196
Kfz-Kennzeichen: HK
Gemeindeschlüssel: 03 3 58 023
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Hauptstraße 12
29649 Wietzendorf
Website: www.wietzendorf.de
Bürgermeister: Uwe Wrieden
Lage der Gemeinde Wietzendorf im Soltau-Fallingbostel
Datei:Wietzendorf in SFA.svg
Karte

Wietzendorf ist eine Gemeinde in der Lüneburger Heide und gehört zum Landkreis Soltau-Fallingbostel im Land Niedersachsen. Wietzendorf ist nach Einwohnern die kleinste selbständige Gemeinde im Landkreis und hat eine Fläche von 106,88 km².

Geographie

Wietzendorf liegt in der Mitte des „Städte-Dreiecks“ Hamburg, Hannover, Bremen an der Bundesautobahn 7 auf Höhe der Anschlussstellen Soltau-Süd und Soltau-Ost. Direkt an der Autobahn befindet sich das gemeindeeigene Industriegebiet Lührsbockel. Die Gemeinde Wietzendorf befindet sich in der Nähe der Städte Soltau, Munster und Bergen.

Neben dem Kernort besteht Wietzendorf unter anderem aus folgenden Ortsteilen: Bockel, Dehnernbockel, Halmern, Klein Amerika, Lührsbockel, Marbostel, Reiningen, Reddingen, Suroide, Meinholz.

Nachbarstädte

Soltau
14km
Bispingen
19km
Munster (Örtze)
18km
Verden
61km
Kompassrose, die auf Nachbargemeinden zeigt Faßberg
16km
Osterheide
21km
Bergen
14km
Hermannsburg
17km

Geschichte

Mittelalter

Erste urkundliche Erwähnung findet Wietzendorf 1053 in der Gründungsurkunde des Klosters Gozeka. Die Wietzendorfer Kirche wird 1231 von der Bergener getrennt und damit selbständig. Der Ort wird 1255 mit der Bezeichnung "Wicenthorpe" als Kirchdorf in der Amts-Vogtey Bergen urkundlich festgehalten. Als erster Pfarrer findet Arnoldus 1417 namentliche Erwähnung. Die Wietzendorfer kaufen 1435 von den Herzögen Otto und Friedrich von Lüneburg und Braunschweig für 50 Lubische Mark den Wietzenbruch.

Neuzeit

1530 erfolgt die Reformation in Wietzendorf. Das Lehnsregister der Höfe stellt 1563 fest, dass 29 Hofstellen vorhanden sind (2 adelige Güter, 9 Vollhöfe, 1 Halbhof, 17 Kötnerhöfe). Die heute älteste Kirchenglocke von 1564 trägt die Inschrift: "Zu der Zeit, do Carsten Sieverden, Heinrich zu Redingh, Michel zum Broke Kerksworen waren, anno 1564, gos mich Valtein Brom zu Witzendorp." Auf Anregung des Abtes vom Kloster St. Michaelis, Lüneburg, erfolgt 1590 die Einrichtung einer Schule im Ort, der Bau eines Schulhauses folgte 1605. Der 30jährige Krieg sucht Wietzendorf dreimal mit Truppen heim. Zunächst dringen 30 Reiter des berüchtigten Marodeurs und Kirchenräubers Leo Freidach 1626 im Ort ein, hauen die Kirchtür auf und rauben und plündern die Kirche sowie anschließend das Schulhaus und das Pfarrhaus. Danach (1635 ) quartieren sich Schwedische Regimenter ein. Kaiser Ferdinand III. "confirmieret" 1639 den Adel derer von Wietzendorf neu und bestätigt ihr altes Wappen, das heute auch das Wappen der Gemeinde ist. Schließlich brandschatzen 1641 Schweden unter dem Befehl von Generalfeldmarschall Thorstenson in Wietzendorf und Reiningen.

Die Einrichtung einer ersten Poststelle erfolgt 1675 im heutigen Gasthaus Hartmann. Im Jahr 1686 beginnt im Ort die Führung von Kirchenbüchern. Der russische Zar Peter der Große kommt 1713 mit seinem Gefolge durch Wietzendorf und lässt hier die Pferde wechseln. Der Holzkirchturm, der heute noch steht, wird 1746 errichtet. An einer Pockenepidemie sterben 1758 fast 100 Menschen. Die tabellarische Beschreibung der Amts-Vogtey Bergen sieht 1770 für Wietzendorf 13 herrschaftliche und 14 gutsherrliche Höfe vor. Es wohnen in dem Ort 268 Personen. 27 Wohnhäuser und 69 Nebengebäude sind vorhanden, außerdem an Vieh 54 Ochsen, 108 Kühe, 52 Rinder, 55 Hengste, 497 Schafe, 32 Schweine und 77 Immenvölker.

Im Jahr 1805 müssen 1.469 russische Soldaten einquartiert werden. Wietzendorf fällt 1810 an das Königreich Westfalen, das von Jerome, einem Bruder Kaiser Napoleons, von Kassel aus regiert wird. 1824 erfolgt der Bau des Pfarrhauses. Wietzendorf kommt 1859 vom Amt Bergen zum Amt Soltau und 1885 in den neu gegründeten Kreis Soltau. Zu dieser Zeit wird an der Kampstraße ein neues Wietzendorfer Schulgebäude, die Präzeptorschule errichtet und durch Spezialteilung (Verkoppelung) kommt das Gelände der Gemarkung in den Privatbesitz der Bauern. Laut Einwohnerverzeichnis gibt es im Jahr 1867 bereits 766 Einwohner.

Gedenktafel der Geschichte des Stalag XD 310

Die Friedenseiche, die auch heute noch vor der Kirche steht, wird 1871 nach dem Friedensschluss von Versailles gepflanzt. 1873 wird das Sägewerk errichtet. Nach dem Abbruch der alten Kirche 1874 kommt es zum Aufbau des neuen Kirchengebäudes. Zur Errichtung einer holländische Windmühle, deren Rumpfgebäude heute noch steht, kommt es 1879. Im Jahr 1890 erfolgt die feierliche Einweihung des neuen Schulgebäudes im Beekgarten. Die preußische Militärverwaltung kauft 1891 zur Anlegung des Truppenübungsplatzes Munster 423 ha Heide. Wietzendorf bekommt 1910 durch den Bau der Ost-Hannoverschen Eisenbahn (OHE) einen Bahnhof und wird dem größeren Verkehrsnetz angeschlossen. Der Betrieb der Postkutsche erlischt.

Im Juli 1941 richtete die Wehrmacht am Rand des Truppenübungsplatzes Munster in Wietzendorf das Kriegsgefangenenlager Stalag XD 310 ein, allerdings zunächst ohne Unterkünfte oder andere Lagerinfrastruktur bereitzustellen. Zehntausende sowjetischer Kriegsgefangener "hausten" hier in Erdlöchern und anderen, primitivsten Behelfsunterkünften. Insgesamt kamen in diesem Lager mehr als 16.000 Rotarmisten durch Hunger, Kälte, Misshandlungen und Krankheiten ums Leben.

Gegenwart

Mahnmal an die mehr als 16.000 Rotarmisten die im Stalag XD 310 starben

Die Errichtung eines Mahnmales 1945 auf dem sowjetischen Kriegsgefangenenfriedhof bei Meinholz würdigt die dort in Massengräbern ruhenden etwa 16.000 Kriegsgefangenen. Die Kultivierungen des Wietzendorfer Moores zwischen Wietzendorf und Bergen beginnt 1955, um landwirtschaftlich zu nutzende Wiesenflächen zu schaffen.

Im Rahmen der Verwaltungs- und Gebietsreform in Niedersachsen kommt es 1974 zur Bildung der neuen Einheitsgemeinde Wietzendorf aus den bisher selbständigen Gemeinden Wietzendorf, Bockel, Marbostel, Meinholz, Reddingen und Suroide. Das Grundzentrum Wietzendorf liegt im ländlichen Raum in Nachbarschaft zu den Mittelzentren Soltau und Munster. Die Einweihung des völlig umgestalteten Rathauses mit neuem Vorplatz und umgebautem Nebengebäude sowie Umgestaltung der Hauptstraße im Rahmen der Dorferneuerung erfolgt 1991. Der erste Bauabschnitt der Renaturierung von Aue und Wietze beginnt 1994 und kann 1996 abgeschlossen werden. Die Ausweisung des Wasserschutzgebietes Wietzendorf geschieht 1995. Alle Wietzendorfer Ortschaften werden jetzt zentral mit Trinkwasser versorgt. Im Bundeswettbewerb "Unsere Stadt blüht auf" gewinnt Wietzendorf eine Bronzemedaille.

Wappen

Wietzendorf erhält 1937 sein Wappen, das vom Adelsgeschlecht derer von Wietzendorf stammt, das bei Lüneburg zu Hause ist. Das Wappen zeigt über drei grünen Hügeln zwei gekreuzte Holzrechen.

Politik

Bürgermeister der Gemeinde Wietzendorf ist Uwe Wrieden.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Denkmal für Imker mit Bienenkörben in Wietzendorf
  • Bedeutendstes Bauwerk des Ortes ist die neugotische St.-Jakobi-Kirche, die 1876 vom namhaften Architekten Conrad Wilhelm Hase anstelle eines gotischen Vorgängerbaus errichtet wurde. Vom alten Bau blieb nur der hölzerne Glockenturm erhalten; er trägt Glocken aus den Jahren 1564, 1970 und 1972 sowie eine Glocke vom Beginn des 14. Jahrhunderts. Die heutige Kirche weist eine z. T. sehr qualitätvolle Ausstattung auf. Bemerkenswert ist hier ein gotisches Bronzetaufbecken (um 1370) sowie die spätnazarenische Gestaltung des Altarraums durch den Kirchenmaler Rudolf Schäfer (1956/57). Die monumentale Schäfer’sche Umgestaltung der Kirche steht zwar in Spannung zur maßvollen neogotischen Konzeption der Kirche, ist aber als Zeit- und Glaubenszeugnis interessant: In Wietzendorf war der Einfluss der lutherischen Erweckungsbewegung, die ab 1849 vom benachbarten Hermannsburg ausging, bis in die 1960er Jahre ungebrochen spürbar.
  • Eines der lokalen Markenzeichen ist der Wietzendorfer Honig. Damit einher geht die Tradition des Wietzendorfer Honigfestes. Bei dem 1973 erstmals ausgerichteten Fest pilgern an den zwei Festtagen bis zu 12.000 Besucher durch den Ort. Es findet jedes Jahr am letzten Wochenende im September statt.
  • Der Tourismus hat in Wietzendorf eine große Bedeutung. Unter anderem ist dies durch einen großen örtlichen Campingplatz, das Südsee-Camp, zurückzuführen. Dieser ist seit dem Jahre 2000 stark gewachsen und prägt teilweise den Ort.

Literatur

  • Ulrike Begemann: Wietzendorf einst und jetzt. Geschichte eines Heidedorfes. Wietzendorf 1992
  • Gunther Schendel: Haus voller Himmel. Die St.-Jakobi-Kirche in Wietzendorf / Lüneburger Heide. Wietzendorf 2000

Einzelnachweise

  1. Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus 2022, Stand 31. Dezember 2024 (Hilfe dazu).
Commons: Wietzendorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Stalag XD 310 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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