Reichsabtei Salem

Die Reichsabtei Salem (gegründet 1138; geschlossen durch Säkularisation 1804) in der heutigen Gemeinde Salem im Linzgau (Südbaden) war ein Kloster des Zisterzienserordens und eine der reichsten und bedeutendsten reichsunmittelbaren Abteien des Bodenseeraums. Seit 1142 Reichsstift, hatte Salem ab 1354 die niedere Gerichtsbarkeit über seine Gebiete und ab 1487 das Recht, Steuern zu erheben. Ab 1618 war Salem Sitz der Oberdeutschen Zisterzienserkongregation. Im 17. Jahrhundert von Kriegen bedrängt und durch einen Brand 1697 fast vollständig zerstört, erlebte es im 18. Jahrhundert seine zweite Blütezeit als Zentrum des südwestdeutschen Rokoko mit dem Bau der Wallfahrtskirche Birnau und der Gründung der ersten Sparkasse Deutschlands. Die weitläufige barocke Klosteranlage (erbaut 1697-1706 von Franz Beer) mit dem gotischen Münster (1299-1414) beherbergt seit 1920 das Internat Schule Schloss Salem.
Geschichte
Siehe auch: Kloster Salem/Liste der Äbte
Gründung und frühe Blütezeit (1134 – 1298)

Die Gründung Salems fällt in die Wirkungszeit des Bernhard von Clairvaux (um 1090 – 1153), dem es binnen weniger Jahrzehnte gelang, den Orden der Zisterzienser über ganz Mitteleuropa auszubreiten. (Bernhard hat Salem selbst nie besucht; Frowin, der erste Abt von Salem, traf ihn jedoch 1146 bei einem Aufenthalt in Konstanz.) Salem entstand durch Filiation aus dem Kloster Lützel (gegründet 1124), das wiederum indirekt von der Primarabtei Morimond abstammte.
Wie zahlreiche Adelige seiner Zeit stiftete Freiherr und Ritter Guntram von Adelsreute den Zisterziensern 1134 ein kleines Grundstück; später trat er selbst in das Kloster ein und vermachte ihm vor seinem Tod im Jahr 1138 den Rest seiner Besitzungen. Das gestiftete Grundstück lag 9 km landeinwärts vom Ufer des Bodensees in einer Talsenke, wo fließendes Wasser zur Verfügung stand; dort befand sich bereits die fränkische Siedlung Salemanneswilare (später: Salmannsweiler) mit einer kleinen Kapelle.
Das Zisterzienserkloster Lützel hatte zunächst Bedenken wegen der geringen Größe des gestifteten Grundstücks; schließlich enstandte man 1137 die für eine Neugründung erforderliche Gruppe von zwölf Mönchen und einigen Laienbrüdern unter dem designierten Abt Frowin nach Salmannsweiler, um Unterkünfte und Werkstätten zu errichten. Das neue Klosters wurde „Salem“ genannt, eine Neubildung aus dem Namen des Gründungsortes und der Heiligen Stadt Jerusalem. Wie es der Tradition entsprach, wurde am ersten Sonntag nach Christi Himmelfahrt 1138 das neue Kloster eingeweiht; der 15. Mai 1138 galt fortan als offizieller Gründungstag.
Rasch folgte die rechtliche Konsolidierung: 1140 wurde Salem von Papst Innozenz II. anerkannt, 1142 von Konrad III. zum Reichsstift erhoben. Dessen Nachfolger Friedrich Barbarossa bestätigte die Privilegien. 1178 wurde Salem von Papst Alexander III. direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt und von jeder anderen geistlichen Obrigkeit befreit. Salem war nun ein Stützpunkt der weltlichen und der geistlichen Macht in Südbaden. Für das Kloster bedeutete dies wiederum Stabilität und Schutz gegen Ansprüche anderer Reichsstände; die Äbte wussten diese privilegierte Position stets zu nutzen und auszubauen.
1201 wurde Salem trotz freundschaftlicher Beziehungen zu Konstanz auf Betreiben von Abt Eberhard I. dem Erzbistum Salzburg untergeordnet. Die Salzburger Kirche wurde nun „Mutter und Herrin“ - und vor allem politische Schutzmacht - von Salem; im Gegenzug erhielt Salem eine Saline bei Hallein, die bis zu ihrem Verkauf 1529 eine wichtige Einnahmequelle des Klosters sein sollte.
Binnen anderthalb Jahrhunderten gründeten Salemer Delegationen die drei Tochterklöster Raitenhaslach (1147), Wettingen (1227) und Königsbronn (1302). Das um 1158 gegründete Kloster Tennenbach wurde 1182 inkorporiert. Besonders Abt Eberhard I. von Rohrdorf machte sich auch um den Erfolg der Zisterzienserinnen verdient; 1217 nahm Salem das fünf Jahre zuvor gegen einigen Widerstand innerhalb des Ordens gegründete Frauenkloster Wald in seine Obhut. Im Laufe des 13. Jahrhunderts folgten weitere Frauenklöster in Rottenmünster, Baindt, Heiligkreuztal, Heggbach und Gutenzell sowie Feldbach und Kalchrain im Thurgau.
Großzügige Schenkungen sicherten im 12. und 13. Jahrhundert das Einkommen des Klosters und bildeten den Grundstock seines Reichtums. Vor allem lokale Adelige und die Fürstbischöfe von Konstanz schenkten Zehntrechte, Hofgüter und Grundbesitz in der näheren Umgebung; mancher Abt adeliger Herkunft brachte selbst Grundbesitz mit in den Orden, der nach den Ordensregeln in den Besitz des Klosters überging. Zahlreiche Hofgüter, wie das Gut Maurach (erstmals 1155 erwähnt) wurden dem Kloster verschenkt oder vermacht. Im 13. Jahrhundert konnte Salem bereits gezielt Lehen, Grundstücke und Güter pachten oder erwerben (z.B. 1228 den Ort Nußdorf mit allen Höfen, Weinbergen und Zehnten). Bis zum Jahr 1300 erwarb das Kloster durch Schenkung oder Kauf Güter unter anderem in Elchingen, Biberach an der Riß, Saulgau, Pfrungen, Meersburg sowie Fischrechte im Bodensee.
Gerade wegen seines Wohlstands und wachsenden Territoriums war Salem jedoch ein Streitobjekt; immer wieder geriet es in den Jahrzehnten nach der Gründung mit den Besitzansprüchen lokaler Adeliger in Konflikt. Trotz des Schutzes durch Kirche und Reich und guter Beziehungen zum Hause Habsburg wurden gelegentlich Klostergüter geplündert oder vom Landadel vorübergehend beschlagnahmt. Diese Unsicherheit sollte bis weit ins 16. Jahrhundert ein Problem für Salem bleiben.
Vom Münsterbau bis zur Reformation (1299 – 1520)

Um 1300 umfasste das Kloster Salem 310 Mönche und Laienbrüder - darunter Handwerker, Bildhauer und Künstler - und war damit das größte Kloster der Region. Unter Abt Ulrich II. von Seelfingen wurde 1299 der Bau einer neuen Klosterkirche beschlossen. Der Kirchenbau aus dem 12. Jahrhundert wurde vollständig abgetragen. Die neue Kirche wurde als dreischiffige Basilika errichtet. Bereits 1307 konnten elf Altäre geweiht werden; der Bau wurde jedoch erst 1414 vollendet.
Unter Ulrich II. wurden zudem eine Schutzmauer und ein Wassergraben um den Klosterbereich gezogen. Dieser Etter sollte nicht nur Plünderer abhalten, sondern auch den autonomen Rechtsprechungs-Bezirk des Klosters bekräftigen. Desweiteren wurden Nutzbauten und Wohnhäuser für die Handwerker gebaut sowie die Bibliothek und die Kunstsammlung erweitert.
Die Sicherheit des Klosters war stets in Gefahr gewesen; während der Regentschaft des Papstgegners Ludwig dem Bayern (1314-1347) war es sogar ganz auf Selbstschutz angewiesen. Den Schutz durch die Grafschaft Heiligenberg, die sich Salem aufdrängte und im Gegenzug die weltliche Oberherrschaft verlangte, lehnte man ab. Erst König Karl IV. verpflichtete 1354 die umliegenden Städte und den Adel zum Schutz von Salem und gewährte dem Kloster die Ausgliederung aus dem weltlichen Gerichtsstand und die niedere Gerichtsbarkeit. Damit unterstanden die Bürger der Salemer Besitzungen bei geringeren Vergehen nur noch dem Urteil des Klostergerichtes. Die Blutgerichtsbarkeit blieb jedoch bei der Landvogtei Oberschwaben, die vom Spätmittelalter bis ins 18. Jahrhundert die Schirmherrschaft über Salem ausübte.
Abt Wilhelm Schrailk nutzte 1384 die guten Beziehungen des Klosters zum Heiligen Stuhl, um die Wallfahrt zu Altbirnau dem Kloster zu inkorporieren und erhielt zusätzlich die selten vergebene Erlaubnis, die Pontifikalinsignien (Mitra, Brustkreuz, Papstring) in die Wappen des Klosters und seiner Filiationen aufzunehmen.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts ließ die klösterliche Disziplin mehr und mehr nach. Die Eindämmung des Vagantentums wurde zu einem Hauptproblem der Klosterverwaltungen. Insbesondere Mönche aus adeligen Familien sahen im Eintritt in das Klosterleben nicht mehr religiöse Erfüllung, sondern bequeme Sicherung der Grundversorgung. Neue Vollmachten, die Papst Paul II. 1468 dem Abt des Klosters gewährte, erlaubten die Bestrafung pflichtvergessener Mönche und die allmähliche Wiederherstellung der Klosterordnung.
Im August 1485 besuchte Kaiser Friedrich III. das Kloster Salem. Dem Abt Johannes I. Stantenat gelang es wohl bei diesem Besuch, wichtige Privilegien auszuhandeln: Ein kaiserlicher Freibrief vom 26. Mai 1487 gestattete dem Kloster, fortan von seinen Untertanen Steuern zu erheben und säumige Zahler selbst zu bestrafen. Zusätzlich durfte Salem nun seinen Schutzvogt selbst wählen und wieder absetzen. Damit hatte Salem die vollen Privilegien eines Reichsstandes erlangt.
Von den Bauernkriegen bis zum Dreißigjährigen Krieg (1521 – 1680)
Die Reformation und die Ausbreitung des Protestantismus im Reich war ein harter Schlag gegen den Zisterzienserorden. Von 109 deutschen Zisterzienserklöstern wurden rund 50 aufgelöst, darunter auch die salemitanische Tochtergründung Königsbronn. Salem lag auf katholischem Territorium und blieb daher bestehen; Kaiser Karl V. bestätigte sogar auf dem Reichstag zu Worms (1521) noch einmal die Salemer Privilegien und den Schutz durch das Reich. Diese Zusicherung konnte mehrfach verhindern, dass das Bistum Konstanz die Abtei entmachtete und als Kommende unterordnete. Die Eingliederung der Abtei Reichenau war Bischof Johann von Weeze im Jahr 1540 bereits gelungen; Salem jedoch bewahrte seine Unabhängigkeit.
Die kaiserliche Schirmherrschaft war dem Kloster jedoch wenig von Nutzen, als 1524 der Deutsche Bauernkrieg ausbrach. Die Klosterleitung hatte bereits in den Jahrzehnten zuvor den Bauern hohe Abgaben abverlangt und Konflikte heraufbeschworen; 1515 war in Bermatingen sogar ein Mönch von Bauern erschlagen worden. Die aufständischen Bauern ließen sich vom Kloster verpflegen; nur das friedliche Ende der Aufstände im Linzgau verhinderte größere Plünderungen. Umgehend senkte das Kloster die Steuern, um künftigen Aufständen vorzubeugen. Größerer finanzieller Schaden entstand dem Kloster im Schmalkaldischen Krieg (1546-1547), als durchziehende Truppen Schutzgelder erpressten oder sich von den Klöstern Unterkunft und Verpflegung stellen ließen.
Abt Petrus II. Müller gab seinem Kloster 1607 neue Leges ac Statuta, verschärfte Ordensregeln, die über 150 Jahre ihre Gültigkeit behielten. Nach jesuitischem Vorbild wurde die Tagesordnung neu gegliedert. Beim Essen sollte durchgehend aus der Bibel vorgelesen werden; Ausgänge waren nur zweimal wöchentlich erlaubt. Die neue Ordnung sollte wohl Ungehorsamkeiten der Mönche einschränken helfen, wollte die Abtei Salem den Ruf der Mustergültigkeit behalten.
Die Steuerausfälle und Plünderungen in den Kriegen des 16. Jahrhunderts hatten die Finanzen der Abtei in eine Notlage gebracht. Verschuldung und hohe Reichssteuern zwangen das Kloster zum Verkauf ganzer Dörfer und Zehntrechte weit unter Preis. Dazu kamen Prozesskosten gegen die Grafen von Heiligenberg, die immer wieder hartnäckig versuchten, Ansprüche gegen Salem gelten zu machen, Salemer Untertanen zu pfänden, gefangenzunehmen und ihnen ihre Gerichtsbarkeit aufzuzwingen. Erst am 5. Juli 1637 konnte zwischen Salem und Heiligenberg ein Vertrag geschlossen werden, der festschrieb, über welche Dörfer das Kloster respektive die Grafschaft künftig die Gerichtsbarkeit innehaben würde.
Trotz der Kriegshandlungen und der schwierigen Finanzlage entschloss sich Abt Thomas I. Wunn direkt nach seinem Amtsantritt 1615 zu ausgedehnten Neubauten: Abtei, Konventbau, Kreuzgang, Museum, Wärmehalle und Noviziat wurden neu errichtet – nur um in den kommenden Kriegsjahren schwere Schäden davonzutragen.
Das 17. Jahrhundert brachte auch ein neues Bündnis: die Gründung der Oberdeutschen Zisterzienserkongregation. Vergleichbare Zusammenschlüsse wurden in den romanischen Ländern schon im 16. Jahrhundert gebildet; 1595 gab es einen ersten Versuch deutscher Äbte zur Bildung einer nationalen Kongregation, der jedoch scheiterte. Im November 1617 einigten sich im Salem die Äbte von Wettingen, Tennenbach, St. Urban und Neuburg (Elsass) und der Komissar von Hauterive auf die Statuten der oberdeutschen Kongregation. Am 22. Januar 1619 wurden sie vom Generalkapitel in Cîteaux bestätigt. Salem wurde als Sitzungsort des Provinzialkapitels festgelegt; als erster Präses (Vicarius generalis Germanieae Superioris) wurde sein Salemer Initiator, Abt Thomas I. Wunn, gewählt. Die Statuten sahen auch die Gründung einer Akademie für Novizen vor; am 1. Januar 1625 wurde in Salem der Studienbetrieb eröffnet.
Dann geriet das Kloster jedoch im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) gegen die Fronten. Bereits im Vorfeld des Krieges mussten Truppen einquartiert und verpflegt werden, wobei die durchziehenden Soldaten oft plünderten und stahlen. 1610 wurde den Einwohnern der zum Kloster gehörenden Gebiete gestattet, eine „Volkswehr“ von 1500 Mann zu bilden und zu bewaffnen; im Jahr des eigentlichen Kriegsbeginns 1618 wurde sie jedoch wieder aufgelöst. Salem zahlte zudem hohe Kriegssteuern (Römermonat) und Beiträge an die Katholische Liga; der Liga war Salem 1609 beigetreten, sperrte jedoch ab 1623 die Zahlungen, weil Truppen der Liga wiederholt von Salem Kontributionen erpresst hatten und weil man fürchtete, dass das protestantische Württemberg bei einem Sieg mit einem Mitglied der Katholischen Liga kurzen Prozess machen würde.
Die Schwedenkriege, die Süddeutschland 1632 erreichten, trafen Salem schwer. Der befürchtete Überfall der schwedischen Truppen am 26. April 1632 verlief glimpflich; weit schwerer setzten Salem die kaiserlichen Regimenter zu. In den Jahren 1632-1647 wurde Salem mehrfach geplündert und als Truppenunterkunft benutzt. Die durchziehenden Truppen erpressten Schutzgelder, drangsalierten oder ermordeten die Bevölkerung, plünderten ihre Häuser und steckten sie in Brand. Im Frühjahr 1634 ließ der kaiserliche Feldmarschall Horn das Kloster plündern; im August des selben Jahres zerstörten Soldaten Teile des Münsters und stahlen einige Kirchenglocken. Mehrfach musste der Abt mit den verbliebenen Patres nach Konstanz fliehen. Im Herbst 1641 sah sich der Abt gezwungen, den Konvent aufzulösen und die Mönche in andere Klöster zu verschicken.
Erst mit dem Waffenstillstand zwischen Bayern, Schweden und Frankreich im März 1647 kehrte in Salem wieder Frieden ein; die verstreuten Mönche, soweit sie noch am Leben waren, konnten zurückkehren. Die Abtei hatte zu diesem Zeitpunkt Schulden von rund 190.000 Gulden und stand vor dem Ruin. Der 1647 gewählte Abt Thomas II. Schwab wurde erst zehn Jahre später vom Vatikan bestätigt, weil Salem die geforderten Annaten nicht bezahlen konnte. Zur Schuldentilgung mussten Hofgüter, Zehntrechte und weiterer Besitz an Privatleute oder andere Klöster verkauft wurden. Salem blieb jedoch über Jahrzehnte hoch verschuldet, weil es auch für die Türkenkriege, den Pfälzer Erbfolgekrieg (1788-1797) und den Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) Kontributionen zahlen musste.
Neubau und Wiederaufleben (1697 – 1802)

In der Nacht vom 9. auf den 10. März 1697 ereilte das Kloster eine Brandkatastrophe, in der die meisten Gebäude vollständig zerstört wurden. Von einem schadhaften Ofen in der Wachstube breitete sich das Feuer aus, erreichte bald den hölzernen Dachstuhl und griff von dort auf die Abtei- und Konventsgebäude und das Siechenhaus über. Löschzüge der umliegenden Gemeinden vermochten nur das Münster zu retten. Der Brand vernichtete auch einen Großteil der Kunstschätze und der Bibliothek.
Nur wenige Wochen nach dem Brand wurden der Neubau des Klosters beschlossen. Als Baumeister wurde der Vorarlberger Franz Beer berufen, der am Bau der Klosterkirche von Obermarchtal beteiligt gewesen war. Die neue Anlage sollte nach einem Gesamtplan entstehen und an Größe nur mit der Abtei Weingarten und dem Kloster Ottobeuren vergleichbar sein. Abt Stephan I. Jung gelang es trotz der nach wie vor hohen Verschuldung des Klosters, 350.000 Gulden für den Bau aufzubringen; es wird vermutet, dass alte Klosterschätze dafür aufkamen, die im Dreißigjährigen Krieg rechtzeitig weggeschafft worden waren (Siewek 1984; S. 264). Nach achtjähriger Bauzeit konnte im Jahr 1706 das neue Gebäude bezogen werden.
1740 suchte erneut ein Krieg Südbaden heim: Der Österreichische Erbfolgekrieg kostete das Kloster 150.000 Gulden an Kontributionen und die Bevölkerung einen vergleichbaren Wert an Lebensmitteln für Soldaten und Pferde. Eine Aufstellung, die Abt Stephan II. Enroth 1745 nach Rom sandte, listet zusätzlich rund 77.000 Gulden an Kapitalschulden des Klosters auf.
Das Kloster unter Anselm II.

Unter Abt Anselm II. Schwab (1746 - 1778) gelangte das Kloster in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu neuer Blüte. Die repräsentative Wallfahrtskirche Birnau wurde errichtet, um dem Fürstbistum Konstanz und der Reichsstadt Überlingen die Macht des Klosters zu demonstrieren. Schwab ließ sich im Bewusstsein der pontifikalen Privilegien und weltlichen Rechte des Klosters sogar von Kaiser Franz I. zum Kaiserlichen Geheimrat ernennen; er war Berater von Maria Theresia und Joseph II..
Auch als Bauherr trat Anselm hervor. Unter anderem ließ er anstelle des bescheidenen Dachreiters, der bis dahin das Läutwerk getragen hatte, einen riesigen Turm über der Vierung errichten. Der Turm durfte nach den Regeln des Ordens ebenfalls nur als Dachreiter ausgeführt werden, war jedoch mit Kupferplatten verkleidet und mit vergoldeten Kruzifix sowie 15 neuen Glocken ausgestattet. 1808 musste der Turm wegen Schadhaftigkeit abgerissen werden.
1749 eröffnete Anselm in Salem die „Ordentliche Waisenkassa“; 1775 ist sie erstmals urkundlich dokumentiert. Sie verwaltete ursprünglich das Vermögen und die Renten von Waisen, das bis dahin den Stiefeltern oder „Waisen-Vögten“ zur freien, oft missbräuchlichen Verfügung stand. Nach ihrem Vorbild wurden die Waisenkassen in Bonndorf (1765) und Heiligenberg (1784) angelegt. Die Salemer Waisenkasse gilt als erste Sparkasse Deutschlands; aus ihr ging 1806 die Großherzogliche Markgräflich Badische Waisenkasse hervor; die heutige Sparkasse Salem-Heiligenberg beruft sich auf diese Tradition und konnte somit im Jahr 1999 ihr 250jähriges Bestehen feiern.
Von der Säkularisation bis zur Gegenwart (1802 – heute)
Bereits am 1. Oktober 1802 wurden das Kloster provisorisch von einer Kommission der Markgrafschaft Baden in Besitz genommen. Auf Anordnung von Kurfürst Karl Friedrich von Baden wurde das Kloster seinen Söhnen Ludwig und Friedrich überantwortet. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 besiegelte die Auflösung der geistlichen Reichsstände und damit auch das Ende des Klosters Salem. Im Unterschied zu vielen anderen Säkularisationen wurde Salem jedoch nicht gewaltsam aufgehoben; die Aufhebung wurde vielmehr vertraglich geregelt: Die Konventsmitglieder wurden mit Leibrenten entschädigt, die Bibliothek mit 80.000 Bänden sowie die Münz- und Naturaliensammlungen sollten erhalten bleiben.
Die Prinzen wünschten zunächst einen Fortbestand des Konvents, beschlossen jedoch 1803, ihn doch vollständig zu zerschlagen . Am 23. November 1804 wurde Salem geschlossen; die meisten der 61 Konventsmitglieder verließen das Kloster, um sich als Geistliche in umliegenden Ortschaften niederzulassen. Sämtlicher Besitz fiel an die Markgrafschaft Baden.
Zum Zeitpunkt der Aufhebung hatte Salem jährliche Einkünfte von rund 100.000 Gulden und besaß Vermögenswerte von rund drei Millionen Gulden, darunter 330 Quadratkilometer Land mit etwa 6000 Einwohnern. Dazu gehörten die Oberämter Salem, Ostrach, Schemmerberg, die Obervogteiämter Stetten am kalten Markt und Münchhöf sowie die Pflegämter Ehingen und Unterelchingen, die nun der Markgrafschaft Baden zufielen. Die Klosterkirche wurde 1808 als Pfarrkirche der neuen Gemeinde Salem wieder eröffnet.
Architektur
Münster
Baugeschichte

Auf der Gemarkung Salmannsweiler lag bei der Besiedelung durch die Zisterzienser eine (wohl bereits baufällige) Kapelle, die den Heiligen Verena und Cyriak geweiht war. Sie wurde 1152 für den Neubau einer Klosterkirche abgerissen. Auch von dieser zweiten Kirche sind keine baulichen Zeugnisse erhalten; es ist belegt, dass sie vollständig aus Stein gebaut wurde und vier Altäre besaß, die am 13. September 1152 durch den Bischof von Chur und den Bischof von Konstanz geweiht wurden. Sie wurde wiederum 1299 abgerissen, um Platz für den Bau des Münsters zu schaffen.
Das heute bestehende gotische Münster stammt im Wesentlichen aus dem 13. Jahrhundert. Der Bau wurde im Jahr 1299 unter Abt Ulrich II. von Seelfingen begonnen und 1414 unter Abt Petrus I. Ochser abgeschlossen. Kleinere bauliche Veränderungen, vor allem im Innenraum, über die Jahrhunderte hinweg änderten nicht die grundsätzliche Form der Kirche.
1883 wurde das Münster umfassend restauriert;
Äußeres Erscheinungsbild

Das Salemer Münster ist eine dreischiffige Basilika auf einer rechteckigen Grundfläche von 67 x 28 m (Außenmaße); dabei ragt der mächtige Baukörper des Querschiff nicht seitlich über das Grundviereck hinaus. Der Dachfirst des Querschiffs ist bis zum 32 m hohen First des Mittelschiffs hinaufgezogen und überragt die niedrigen Seitenschiffe mit ihren Pultdächern um das Doppelte.
Zwei Reihen von Maßwerkfenstern, in zehn Fensterachsen gegliedert, davon sechs Achsen westlich und vier östlich des Querschiffs, besitzt das Münster auf jeder Seite. Die Westfront mit dem schlichten Portal wird von einem hohen Harfengiebel überragt. Der Giebel und die Lanzettfenster verleihen der architektonisch eher grobschlächtigen Front eine gewisse Filigranität. Zwei mächtige Strebepfeiler stützen die Fassade und rahmen den Eingang zur Kirche.
Gemäß den Ordensbestimmungen der Zisterzienser, die architektonische Schlichtheit vorschrieben, erhielt das Münster nur einen einfachen Dachreiter, der die Glocken trug. Lediglich Abt Anselm II. Schwab mit seinem Sinn für das Repräsentative konnte sich der Versuchung nicht entziehen, die Kirche mit einem prächtigen Vierungsturm auszustatten. Unter dem Altshausener Baumeister Johann Kaspar Bagnato wurde 1755 mit dem Bau begonnen. 16 neue Glocken sowie ein Uhrwerk wurden angeschafft. Der Turm erreichte eine Höhe von 85 m und war von einem vergoldeten Turmknopf gekrönt, der selbst fast zwei Meter Durchmesser hatte. Die Verkleidung war aus Kupferplatten; die Eckpilaster aus Blei waren mit Bronze verziert. 1808 wurde der baufällige Holzturm abgerissen. Da das Münster als Pfarrkirche genutzt werden sollte, errichtete man einen einfachen Dachaufsatz mit Walmdach.
Innenraum
- Rokoko-Ausstattung durch Johann Georg Dirr und klassizistische Ergänzungen durch Johann Georg Wieland; vorige Austattung durch Josef Anton Feuchtmayer.
Klosteranlage
Das Münster ist als Baukörper in das Klostergeviert integriert; die strengen, hoch aufragenden Formen der Kirche kontrastieren mit dessen ausladendem barockem Baustil.
- Neubau der Klosteranlagen nach 1615; Zerstörung durch Brand 1697
- Neubau durch Franz Beer 1697-1706
Dekoration durch Wessobrunner Schule: Die Gebrüde Schmuzer fertigten den Stuck in der Sakristei, im Refektorium und im Bernhardusgang. Ab 1706 arbeitete Franz Josef Feuchtmayer für das Kloster und stattete den Kaisersaal sowie das Audienzzimmer des Abtes (heute Münzkabinett) mit Figuren, Büsten und Reliefszenen aus.
Mit Josef Anton Feuchtmayer, der 1718 nach dem Tod des Vaters dessen Werkstatt übernahm, wurde Salem zum südwestdeutschen Zentrum des Barock. (vgl. Siewek 1984; 278).
Weitere Bauten
- Stefansfeld-Kapelle (Franz Beer, 1708-1710)
- Klosterkaserne: Als Reichsstand hatte Salem die Verpflichtung, ein Truppenkontingent zu unterhalten. 1718 wurde daher im nahen Mimmenhausen eine Kaserne errichtet, in der 40 Mann, darunter vier zu Pferd, als Teil des Landgraf-Fürstenbergischen 1. Infanterie-Regiments stationiert waren. Feuer zerstörte 1846 das Gebäude; die Überreste wurden abgetragen.
- Die Wallfahrtskirche Birnau wurde 1747-1750 von Baumeister Peter Thumb errichtet; sie ersetzte eine kleine Wallfahrtskapelle in der Nähe von Nußdorf, die über Jahrhunderte Streitfall mit der Reichsstadt Überlingen gewesen war.
Organisation des Klosters
Die größte Zahl an Bewohnern – 310 Mönche und Laienbrüder – hatte das Kloster zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Die zahlreichen Kriege, aber auch die schwindende Attraktivität des Klosterlebens ließen die Zahl der Mönche über die Jahrhunderte hinweg schrumpfen. Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges zeitweilig ganz entvölkert. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte das Kloster wieder einen Aufschwung, so dass bei seiner Schließung 1804 wieder 77 Bewohner gezählt wurden.
Zahlreiche Laienbrüder (auch Konversen) waren, wie bei den Zisterziensern üblich, Teil des Klosterpersonals. Unter den Konversen fanden sich Müller, Bäcker, Weber, Tischler, Landarbeiter, aber auch Künstler und Ingenieure. Laienbrüder bestellten die Äcker, bewirtschafteten die Güter und arbeiteten in den klostereigenen Werkstätten. Ab dem 15. Jahrhundert ging ihr Anteil immer weiter zurück.
Entwicklung des Klosters Mönche Konversen 1282 100 100 1311 130 180 1323 125 160 1377 100 80 15. Jh. 60 30 1573/74 56 12 1599 53 3 1683 37 8 1720 49 10 1754 44 15 1804 61 17
Handwerk in Salem
Zu den Salemer Laienbrüdern gehörten zu jeder Zeit gut ausgebildete Handwerker, Maler und Bildhauer. Für größere Arbeiten wurden ab dem 15. Jahrhundert gewöhnlich Handwerker von außerhalb verpflichtet; kleinere Instandhaltungen und liturgische Utensilien konnte das Kloster jedoch selbst herstellen. Das Uhrwerk der Wallfahrtskirche Birnau etwa wurde wahrscheinlich um 1750 von einem klostereigenen Uhrmacher gefertigt.
Eine Druckerei, eine der ersten der deutschen Zisterzienserklöster, ist für das Jahr 1611 dokumentiert; sie stellte zunächst kleine liturgische Drucksachen her und nahm später auch Aufträge von außerhalb an.
Literatur
Quellen
- Apiarium Salemitanum, Oder Salmanßweylischer Bienen=Stock (...). Prag 1708 (Urkundensammlung)
- Bisemberger, Matthias: Summa Salemitana
- Codex diplomaticus Salemitanus. Urkundenbuch der Cisterzienser-Abtei Salem (1134-1498). 3 Bde., hrsg. von Friedrich von Weech. Karlsruhe 1883-1895.
Klostergeschichte
- Rösener, Werner: Reichsabtei Salem. Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte des Zisterzienserklosters von der Gründung bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Sigmaringen: Thorbecke 1974
- Schott, Claudia: Armenfürsorge, Bettelwesen und Vagantenbekämpfung in der Reichsabtei Salem. Bühl: Konkordia 1978
- Siewek, Alberich (Hrsg.): Die Zisterzienserabtei Salem. Der Orden, das Kloster, seine Äbte. Sigmaringen: Thorbecke 1984 (Umfangreiche Sammlung historischer Fakten)
- Rösener, Werner: Die Entwicklung des Zisterzienserklosters Salem im Spannungsfeld von normativer Zielsetzung und gesellschaftlicher Anpassung während des 12. bis 14. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 133. 1985, S. 43-65.
- Schneider, Reinhard (Hrsg.): Salem: 850 Jahre Reichsabtei und Schloss. Konstanz: Stadler 1984
Architektur
- Eckstein, Günter; Stiene,Andreas: Das Salemer Münster. Befunddokumentation und Bestandssicherung an Fassaden und Dachwerk. Arbeitshefte des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, 11. Stuttgart: Theiss 2002. ISBN 3-8062-1750-5
- Knapp, Ulrich: Salem: Katalog der Pläne und Entwürfe. Stuttgart: Theiss 2004. ISBN 3-8062-1359-3 (Bestandsaufnahme durch das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg)