Geschichte der Schweiz
Vorgeschichte
Aus der Altsteinzeit gibt es Funde, die auf bewohnte Neandertaler-Höhlen (Wildkirchli, Wildenmannlisloch) hinweisen. Über weite Abschnitte dieser Zeit war das Gebiet der heutigen Schweiz jedoch von den Alpengletschern bedeckt. Erst während des Magdalénien ab etwa 22'000 v.Chr. setzte mit der beginnenden Erwärmung eine Wiederbesiedlung des Gebietes durch Menschen ein. So ist etwa die heutige Stadt Chur nach gegenwärtigen Erkenntnissen seit etwa 11'000 Jahren (Ende der Altsteinzeit) besiedelt.
In der Jungsteinzeit war die Schweiz dicht besiedelt. Es gibt zahlreiche Fundstellen. Viele der bekannten Pfahlbauten, deren Überreste man an den Uferzonen der Schweizer Seen findet, stammen aus der Stein-, Kupfer- und Bronzezeit.
Vor Eroberung durch die Römer lebten auf dem Territorium der heutigen Schweiz die verschiedensten keltischen Stämme und Völker: Helvetier, Lepontier, Seduner, Raetier, usw.
Römerzeit
Im 1. Jahrhundert v. Chr. wollten die Helvetier ins Rhonetal auswandern, wurden aber bei Bibracte von Gaius Julius Cäsar aufgehalten und zurückgeschickt. Noch in der republikanischen Zeit wurden Colonia Julia Equestris (Nyon) und Augusta Raurica (Kaiseraugst) gegründet.
Im 1. Jahrhundert wurde das Gebiet der heutigen Schweiz ins Römische Reich integriert. Zuerst gehörte die Schweiz zur römischen Provinz Gallia Belgica, dann zur Provinz Germania Superior, der Osten zur Provinz Raetia. Die Zentralalpen (Wallis und Hochsavoyen) gehörten zur Provinz Vallis Poenina und Alpes Graiae. Das Zentrum der Schweiz war Aventicum (Avenches).
Die Römer bauten Verkehrswege, an denen sich Siedlungen (vici) entwickelten, hauptsächlich auf einer Linie zwischen Genf und Arbon: Arbor Felix (Arbon), Basilia (Basel), Curia (Chur), Genava (Genf), Lousanna (Lausanne), Octodurus oder Forum Claudii Vallensium (Martigny), Salodurum (Solothurn), Drusomagnus (?) (Sion), Turicum (Zürich), Urba (Orbe), Vitudurum (Oberwinterthur). Römische Legionslager (lat: Castra) gab es in Tenedo (Zurzach) und Vindonissa (Windisch).
Nach dem Fall des Limes konnte das Weströmische Reich die Provinzen Rhätien und Helvetien nicht mehr halten und zog sich zurück. Die gallo-romanischen Stämme zogen sich in die Alpen zurück, während Alemannen das Flachland besiedelten.
Christianisierung
Eine Christianisierung ist in der Schweiz erst ab dem 3. Jahrhundert nachgewiesen, allerdings bis zum Beginn des 4. Jahrhunderts nur in spärlichen Funden. Das Christentum verbreitete sich entlang der römischen Strukturen. Die anfänglichen Schwerpunkte lagen dabei in der Westschweiz.
Es gibt Legenden von Märtyrern während der Christenverfolgung von Diokletian (Mauritius in St. Maurice, Ursus und Viktor in Solothurn, Felix und Regula in Zürich), die vermutlich auf die historischen Säuberungen des römischen Heers von Christen 298 zurückgehen.
In Genf, Sion und Basel entstanden im 4. Jahrhundert Kirchen und Bischofssitze. In Genf und Martigny gibt es Überreste von sakralen Bauten aus dieser Zeit. In Kirchendokumenten ist 381 ein Bischof Theodul von Martigny bezeugt, um 400 ein Bischof Isaak von Genf, 451 ein Bischof Asinio von Chur.
In Graubünden und im Tessin entstanden im 5. Jahrhundert zahlreiche Kirchen und einige Klöster. In der Westschweiz wurde die Christianisierung durch die Burgunderkönige gefördert, die z.B. die Abtei Saint-Maurice und das Kloster Romainmôtier gründeten. Als die Franken im 6. Jahrhundert die Burgunder ablösten, war die Westschweiz bereits christlich.
In der Ostschweiz gab es vereinzelte christliche Gemeinschaften aus der Römerzeit (z.B. Arbon), aber es dominierten die mehrheitlich heidnischen Alemannen. Als die irischen Wandermönche Columban, Gallus, und Fridolin im 7. Jahrhundert an den Bodensee kamen, fanden sie starken Widerstand, weil die Einwohner dort Wodan verehrten. Die ersten Kirchen auf alemannischem Gebiet waren Säckingen und die Einsiedelei von Gallus an der Steinach, das spätere Kloster St. Gallen.
Die Wandermönche waren jedoch in ihrer Mission recht erfolgreich, und die zahlreichen Klostergründungen im 8. Jahrhundert in der Ostschweiz (z.B. St. Gallen, Disentis, Pfäfers, Luzern) fanden in einem christianisierten Land statt. Wie andernorts hielten sich jedoch heidnische Volksbräuche noch lange Zeit parallel zum Christentum.
Frühmittelalter
534 wurde die burgundische Westschweiz, 536 das Herzogtum Alemannien ein Teil des Frankenreiches.
Durch den Vertrag von Verdun im Jahre 843 kam das Gebiet der Westschweiz zu Lothringen (ab 888 Westschweiz zum Königreich Burgund), das übrige Gebiet zum deutschen Reich.
Die Königspfalz Zürich, seit 800 die südlichste Königspfalz in Schwaben, wird von den Karolingern häufiger besucht. Ludwig der Fromme gründet für seine Töchter das Fraumünster, das zu einem der reichsten Grundbesitze in der Zentral- und Ostschweiz wird, auch Karl der Dicke ist mehrfach in Zürich.
Hochmittelalter
Auch die Ottonen und Salier reisen öfters via Zürich, wahrscheinlich auf dem Weg nach Italien.
Die Zähringer gründen im 12. Jahrhundert im Mittelland einige Städte: Bern, Murten, Freiburg im Üechtland, Thun, eine Zeitlang gehört ihnen auch Zürich.
Die Habsburger haben in der Schweiz ihr Stammschloss, die Habsburg und in der nahen Brückenstadt Brugg (unweit von den Ruinen des römischen Kastells Vindonissa) ihre erste städtische Residenz im 11. Jahrhundert. Der Aargau gehört zu ihren Stammlanden.
Durch das Aussterben einiger lokaler Grafengeschlechter im 13. Jahrhundert, konzentriert sich der Grundbesitz beim Adel - die Habsburger erben durch geschickte Heiratspolitik ausgedehnte Ländereien der Zähringer, Lenzburger und Kyburger auf dem Gebiet der heutigen Kantone Schwyz, Nidwalden, Glarus, Zürich.
Städte wie Zürich, Bern, Basel und Freiburg werden im 13. Jahrhundert zu freien Reichsstädten.
Beginn der Eidgenossenschaft

Im 13. Jahrhundert wird der Gotthardpass durch den Bau der Teufelsbrücke zu einer Handelsstrasse, und zu einem wichtigen politischen Faktor. Besonders die Habsburger, die bereits mit Zürich und Aargau die wesentlichen Zugänge beherrschen, sind an der Kontrolle dieses Übergangs sehr interessiert.
Die Waldstätte Uri und Schwyz holen sich aber im 13. Jahrhundert Freiheitsbriefe von Friedrich II., die ihnen die Reichsunmittelbarkeit mit weitgehender Selbstverwaltung durch einen Landammann zusichern. 1273 wird Rudolf I. von Habsburg deutscher König. Er setzt in den Waldstätten Vögte ein, offiziell als Gerichtsvertreter für den Kaiser, de facto als Interessenvertreter für das Haus Habsburg. Er plante auch, seinem Sohn Albrecht das Herzogtum Schwaben (einschließlich des Gotthards) als erbliches Herzogtum zu übertragen - womit die reichsfreien Gebiete dort natürlich nicht mehr reichsfrei gewesen wären.
Das führt zum Bundesschluss: Die Waldstätte (Orte) Uri, Schwyz und Unterwalden schließen einen Bund.
Der Legende nach geschah dies auf dem Rütli, wo sie einen Ewigen Bund am 1. August 1291 beschlossen. Ins breite Bewusstsein der Menschen drang diese Legende mit dem 1804 veröffentlichten Theaterstück "Wilhelm Tell" von Friedrich Schiller.
In der Tatsache war der Bund vielleicht schon früher beschlossen (ca. 1240-1290), schriftlich beurkundet wurde dies "anfang August" 1291. Der Bundesbrief ist erhalten und befindet sich im Bundesbriefarchiv in Schwyz. Der erhaltene Brief ist mit großer Wahrscheinlichkeit nur ein Teil eines größeren Vertragswerkes zwischen den drei Orten. Etwa zur gleichen Zeit werden die habsburgischen Vögte vertrieben.
1292 Rudolfs Sohn Albrecht bestätigt die Freiheitsbriefe nicht.
1315 will Leopold I. von Österreich Habsburgischen Machtanspruch in der Innerschweiz durchsetzen. Sein gepanzertes Ritterheer gerät jedoch in einen Hinterhalt der Eidgenossen und wird in der Schlacht bei Morgarten fast vollständig vernichtet. Der Schlacht ging ein Streit der Schwyzer mit dem unter dem Schutz der Habsburger stehenden Kloster Einsiedeln voraus, in dessen Verlauf die Schwyzer aufgrund einer Klage des Abts exkommuniziert wurden und daraufhin das Kloster plünderten. Leopold nahm das zum Anlass für den Kriegszug.
Um seine Selbständigkeit gegenüber Habsburg zu wahren, schließt sich Luzern 1332 dem Bund der Waldstätte an.
In Zürich bekommt Bürgermeister Rudolf Brun nach der Zunftrevolution Schwierigkeiten mit dem Habsburgischen Rapperswil, wo sich die vertriebenen Adligen und Handelsherren festgesetzt haben und löst sie 1351 durch ein Bündnis mit den Waldstätten.
Auch Glarus suchte den Beitritt zur Eidgenossenschaft, um dem Habsburger Druck zu widerstehen, bekam jedoch 1352 nur einen Beitritt als Zweitklass-Eidgenosse.
Zug war der Habsburgische Handelsumschlagsplatz auf der Gotthardroute und nach dem Beitritt Zürichs zur Eidgenossenschaft ein ziemliches Hindernis. Die Stadt Zug war habsburgisch gesinnt, das Amt Zug (die Umgebung) hatte starke Sympathien für die Eidgenossen. Nach einer Belagerung wurde Zug eingenommen, und dann 1352 Stadt und Amt in den Bund der Eidgenossen aufgenommen.
1353 schloss auch Bern einen "ewigen Bund" mit den Waldstätten.
Das resultierende Gebilde wird als die Acht Alten Orte bezeichnet. Es handelt sich allerdings nicht um einen Staatenbund sondern eher um ein Konglomerat von Bündnissen der einzelnen Partner untereinander.
Die nächste Auseinandersetzung mit den Habsburgern erfolgte 1386: Leopold III. von Österreich wird bei Sempach in offener Feldschlacht (Schlacht von Sempach) von den Eidgenossen besiegt.
Innerhalb der Eidgenossenschaft kommt es 1449-1450 zum Alten Zürichkrieg, weil sich Zürich und Schwyz um die vom letzten Grafen von Toggenburg hinterlassenen Ländereien am oberen Zürichsee streiten. Bei Sankt Jakob an der Birs wird eine Minderheit von Schweizern durch das französische Heer aufgerieben, jedoch nach so starker Gegenwehr, dass die Franzosen auf einen Weitermarsch verzichten.
Von 1474-1478 setzten sich die Eidgenossen in den Burgunderkriegen mit Herzog Karl dem Kühnen von Burgund auseinander.
Nachdem die Berner die savoyische Waadt, die zu Burgund gehörte, erobert hatten, unternahm Karl der Kühne einen Feldzug. Nach der Belagerung von Grandson wird er am 2. März 1476 in der Schlacht bei Grandson am Neuenburgersee in die Flucht geschlagen. Die Eidgenossen erbeuten nicht nur Hunderte von Geschützen sondern auch das Lager des Herzogs, der als damals reichster europäischer Fürst auch im Feld nicht auf prunkvolle Hofhaltung verzichtete. Die für Schweizer Verhältnisse unermeßlich grosse Burgunderbeute brachte in der Folge die sozialen Verhältnisse ins Wanken. Wenige Monate später belagerte Karl die Stadt Murten, wo sein Söldnerheer 22. Juni 1476 in der Schlacht bei Murten von den Eidgenossen aufgerieben wurde. Im nächsten Jahr kamen die Eidgenossen dem befreundeten Herzog von Lothringen zu Hilfe. Karl der Kühne fällt am 5. Januar 1477 in der Schlacht bei Nancy. Kurzfassung: Karl der Kühne verlor bei Grandson das Gut, bei Murten den Mut, bei Nancy das Blut.
Eine wesentliche Folge der Burgunderkriege war, dass die Siege von Grandson und Murten gegen eine militärische Großmacht die Fürsten Europas veranlassten, die erfolgreichen Eidgenossen als Söldner, die sogenannten Reisläufer anzuwerben. Gleichzeitig verschob sich das Kräftegleichgewicht zugunsten der Städte. Eine schwere Krise entstand, als die zwei Städte Freiburg im Üchtland und Solothurn, die in den Burgunderkriegen auf der Seite der Eidgenossen gekämpft hatten, ebenfalls Aufnahme in den Bund forderten. Beim Stanser Verkommnis kam es durch die Vermittlung von Nikolaus von Flüe in letzter Minute zu einer Einigung.

Nach dem Schwabenkrieg erreichten die Eidgenossen ("Oberdeutscher Bund") 1499 im Frieden zu Basel mit Maximilian I. de facto die Unabhängigkeit vom Heiligen Römischen Reich.
Mit dem Beitritt von Solothurn und Freiburg 1481, Basel und Schaffhausen 1501, und Appenzell 1513 erweiterte sich die Eidgenossenschaft auf Dreizehn Alte Orte. Die Waadt wurde erobert, Lugano und Locarno wurden dem Bund ebenfalls angeschlossen. Dazu kamen als zugewandte Orte die Städte St. Gallen, Biel, Rottweil, Mülhausen und Genf, die Abtei St. Gallen sowie Neuenburg.
1506 errichtete der Papst Julius II. die Schweizergarde, die Cohors Helvetica, welche bis heute die eigentliche Armee des Vatikans darstellt. Der Höhepunkt der eidgenössischen Militärmacht war 1513, als sie sogar Schutzherren des Herzogs von Mailand wurden.
Nach der Niederlage gegen Frankreich bei der Schlacht bei Marignano 1515 schlossen die Eidgenossen Frieden mit Franz I. von Frankreich, verzichteten auf weitere militärische Interventionen in Italien und erklärten sich für neutral. Als Söldner kämpfen Schweizer, besonders diejenigen aus den katholischen Kantonen, jedoch bis zur französischen Revolution weiter in fremden Kriegsdiensten.
Reformation und Gegenreformation
Die vom Wildhauser Ulrich Zwingli 1519 eingeleitete Reformation in Zürich breitete sich im Mittelland aus. 1525 wanderte die Jenische Volksgruppe nach Bauernkriegen aus. Nach den Kappelerkriegen kam es 1531 im Zweiten Kappeler Landfrieden zum Kompromiss: Zürich, Bern, Basel, Schaffhausen und Teile von Graubünden bleiben reformiert; die Urkantone, Luzern, Zug, Solothurn und der Freiburg bleiben katholisch. 1541 setzte Johannes Calvin in Genf die Reformation durch.
Ancien Régime
Am 24. Oktober 1648 erreichte die Schweiz dank des Verhandlungsgeschicks des Basler Bürgermeisters Johann Rudolf Wettstein im Westfälischen Frieden die völkerrechtliche Anerkennung ihrer faktisch längst erreichten Souveränität.
Mit der Französischen Revolution fällt das eroberte Mülhausen 1789 wieder an Frankreich.
Helvetik, Mediation, Restauration
Am 5. Mai 1798 wurde die Alte Eidgenossenschaft von Frankreich erobert und der Zentralstaat Helvetische Republik wurde daraufhin errichtet. Fünf Jahre später, 1803, verordnete Napoléon Bonaparte in der Mediationsakte eine neue Verfassung und Gebietsaufteilung und gab der Schweiz weitgehend ihre Autonomie zurück. Die ehemaligen Untertanengebiete und zugewandten Orte St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin und Waadt wurden zu eigenständigen Kantonen (19-örtige Eidgenossenschaft).
1815 wurde die "immer währende Neutralität der Schweiz" durch die europäischen Grossmächte am Wiener Kongress anerkannt. Eine neue Verfassung, der "Bundesvertrag", stärkte in der so genannten Restauration die Eigenständigkeit der Kantone. Das Wallis, Neuenburg und Genf kamen als neue Kantone dazu (22-örtige Eidgenossenschaft).
Der Schweizer Bundesstaat
Nach einer fortlaufenden Polarisierung zwischen liberalen (mehrheitlich städtisch-reformierten) und konservativen (mehrheitlich ländlich-katholischen) Kantonen und nach den Freischarenzügen schließen sich die katholischen Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis 1845 zum Sonderbund zusammen. Der Antagonismus zwischen den katholischen und reformierten Kantonen führte im November 1847 zum Sonderbundskrieg. Der Sonderbund wird schließlich nach militärischen Auseinandersetzungen unter General Henri Dufour beendet.
Zu dieser Zeit, am 9. August 1847, wurde die erste Eisenbahnlinie der Schweiz, die Spanisch-Brötli-Bahn, zwischen den Städten Zürich und Baden eröffnet.
Am 12. September 1848 konstituiert sich die Schweiz als "parlamentarischer Bundesstaat" und gibt sich eine Bundesverfassung. Letztere wurde am 19. April 1874 gesamtrevidiert. Diese Revision blieb mit einigen Änderungen und Anpassungen bis 1999 bestehen.
Auf Initiative von Henri Dunant (1828-1910) erfolgt im August 1864 in Genf die Gründung des Roten Kreuzes.
20. Jahrhundert
Während des ersten Weltkriegs bewahrte die Schweiz ihre Neutralität, jedoch wurde die Armee mobilisiert. Nach dem Krieg wurde die Schweiz 1920 Mitglied des Völkerbundes, der seinen Sitz in Genf hat.
1926 wurde das "Hilfswerk" Kinder der Landstrasse der Pro Juventute auf Anregen des Bundesrates Giuseppe Motta gegründet. Unter diesem Hilfswerk wurden fahrende Kinder ihrer Eltern entrissen und teilweise zwangssterilisiert. 1972 wurde "Kinder der Landstrasse" aufgelöst. Nach heutigem Schweizer Recht gilt diese Verfolgung als Völkermord.
Am 20. Februar 1938 kam das Rätoromanische als vierte Landessprache neben Deutsch, Französisch und Italienisch dazu.
Die Schweiz berief sich während des zweiten Weltkriegs auf ihre bewaffnete Neutralität und ordnet die allgemeine Mobilmachung der Armee unter dem Oberbefehlshaber General Henri Guisan (1874-1960) an. Trotz einer strengen Asylpolitik erhielten über 26'000 Juden und weitere Verfolgte Zuflucht in der Schweiz. Vielen anderen Schutzsuchenden wurde die Einreise jedoch verwehrt. Dokumentiert ist auch die Wegweisung von ca. 30.000 Jüdinnen und Juden, die in der Folge den Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Die Schweiz hat während des Krieges eine zwielichtige Rolle gespielt, indem sie unter anderem Kriegsbeute annahm. Die Rolle der Schweiz im zweiten Weltkrieg wurde in den Neunzigerjahren des Zwanzigsten Jahrhundert mit der Verfassung des Bergier-Berichtes aufgearbeitet.
Zwischen ca. 1800 und 1950 wurden Waisen- und Scheidungskinder von den Behörden weggenommen und sie boten Interessierten als Verdingkinder öffentlich feil. Diese konnte man in einem regelmässig durchgeführten öffentlichen Verdingmarkt ersteigern. Zuspruch bekamen die jeweilige Familie, welche am wenigsten Kostgeld verlangt. Sie wurden meistens in Bauernhöfen zu Zwangsarbeit eingesetzt. Sie wurden dabei häufig ausgebeutet, erniedrigt oder vergewaltigt. Die Zahl solcher Kinder belief sich auf mehrere Hunderttausende. Viele dieser, welche bis in die 1960er und 1970er Jahre verdingt haben, warten heute noch auf eine offizielle Entschuldigung der Regierung und verlangen finanzielle Entschädigungen.
Am 6. Mai 1963 ist die Schweiz dem Europarat beigetreten. Am 7. Februar 1971 wurde an einer Volksabstimmung das Frauenstimmrecht nach einem jahrzehntelangen Kampf angenommen.
Am 1. Januar 1979 wurde der Kanton Jura errichtet, welcher bisher zum Kanton Bern gehörte.
Der Bundesrat lehnte am 13. September 1988 den Beitritt der Schweiz zur Europäischen Gemeinschaft (EG) und das Volk am 6. Dezember 1992 den Beitritt der Schweiz zum EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) ab.
Am 26. November 1989 wurde über "Die Schweiz ohne Armee" abgestimmt, die wider Erwarten 35,6% der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigte.
Die neue Bundesverfassung, welche diejenige von 1874 ablöste, trat am 1. Januar 2000 in Kraft. Am 21. Mai des gleichen Jahres wurden die bilateralen Verträge mit der Europäischen Union (EU) abgeschlossen.
21. Jahrhundert
Als letztes Land außer dem Vatikan trat die Schweiz nach einer gutgeheißenen Volksabstimmung am 10. September 2002 den Vereinten Nationen (UNO) bei. Siehe auch: Die Schweiz in den Vereinten Nationen.
Am 10. Dezember 2003 wurde Christoph Blocher von der SVP an Stelle von Ruth Metzler (CVP) in den Bundesrat gewählt und übernimmt das Justiz- Polizeidepartement. Damit ändert zum ersten Mal seit 1959 die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrates (= Bundesregierung), die so genannte "Zauberformel" (des parteipolitischen Ausgleichs). Mit der Wahl des populistischen Rechtspolitikers Blocher entsteht im Bundesrat nunmehr eine völlig veränderte Situation, welche die bis dahin praktizierte Konkordanz-Politik der eidgenössischen Staatsführung ernsthaft auf die Probe stellt.
Literatur
Alt- und Mittelsteinzeit (Paläolithikum und Mesolithikum)
- J.-M. LeTensorer / U. Niffeler Hrsg.): Paläolithikum und Mesolithikum. SPM I (Basel 1993).
Jungsteinzeit (Neolithikum)
- A. Furger / C. Fischer / M. Höneisen (Hrsg.): Die ersten Jahrtausende. Die Schweiz von den Anfängen bis zur Eisenzeit (Zürich 1998).
- E. Stöckli / U. Niffeler / E. Gross-Klee (Hrsg.): Neolithikum. SMP II (Basel 1995).
Bronzezeit
- S. Hochuli u.a. (Hrsg.): Bronzezeit. SPM III: Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum frühen Mittelalter 3 (Basel 1998).
- Goldene Jahrhunderte. Die Bronzezeit in Südwestdeutschland. Almanach 2 (Stuttgart 1997).
- U. Seidel: Bronzezeit. Sammlungen des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart 2 (Stuttgart 1995)
Eisenzeit (Hallstatt- und Latènezeit)
- A. Furger-Gunti: Die Helvetier. Kulturgeschichte eines Keltenvolkes (Zürich 1984).
- F. Müller / G. Kaenel / G. Lüscher (Hrsg.): Eisenzeit. SPM IV (Basel 1999).
- K. Spindler: Die frühen Kelten (Stuttgart 3. Aufl. 1996).
Römerzeit
- W. Drack / R. Fellmann: Die Römer in der Schweiz (Stuttgart 1988).
- L. Flutsch / U. Niffeler / F. Rossi (Hrsg.): Römische Zeit. SPM V (Basel 2002).
- A. Furger u.a.: Die Schweiz zwischen Antike und Mittelalter (Zürich 1996).
Allgemein
- J. Ewald / J. Tauber (Hrsg.): Tatort Vergangenheit. Ergebnisse aus der Archäologie heute (Basel 1998).
Siehe auch