Polen (Ethnie)

Die Polen sind eine Ethnie, die in der Republik Polen 98,7 % der Gesamtbevölkerung stellen. Polen sprechen das westslawische Polnisch und sind in ihrer Mehrheit Katholiken. Es gibt aber auch Minderheiten von Polnisch-Orthodoxen, Juden und Protestanten. Die kleine Gruppe polonisierter Lipka-Tataren ist muslimisch.
Die Bezeichnung „Polen“ (polnisch Polacy) leitet sich vom indogermanischen Wort „pole“[1] (Feld) ab; gleich wie sein semantischen Äquivalente -falen; Champagne; und Kampanien. „Inter Alpes Huniae et Oceanum est Polonia, sic dicta in eorum idiomate quasi Campania“, beschrieb im Jahre 1211 der Rechtsgelehrte Gervasius von Tilbury in seinem Otia Imperalia. Demnach ist der Name Polens von seinen „Feldbewohnern“ abgeleitet.
Siedlungsgebiet
Als historische und anerkannte nationale Minderheiten leben Polen in vielen mittel- und osteuropäischen Ländern: Lettland (2,5 % der Bevölkerung), Litauen (6,74 %), Slowakei (0,1 %), Tschechien (0,5 %), Ukraine (0,45 %), Ungarn (3800), Weißrussland (4 %).[2]
Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Polen befindet sich rund um die Warthe und die Netze in der Region der Städte Posen (Poznań) und Gnesen (Gniezno). Schon im frühen Mittelalter vereinigte sich der dort lebende westslawische Stamm der Polanen mit den Wislanen, die um die heutigen Städte Krakau (Kraków) und Warschau (Warszawa) lebten. Weitere damalige polnische Stämme waren die Goralen, die Masowier, die Krakaueren und andere. Mit der Gründung des jagiellonischen Reiches Polen-Litauen siedelten viele Polen im Gebiet des heutigen südöstlichen Litauen, der heutigen Westhälfte Weißrusslands und dem heutigen westlichen Drittel der Ukraine, außerdem in Nordmähren und der nördlichen Slowakei. Im 19. Jahrhundert wurden mit der Industrialisierung viele Polen im Ruhrgebiet und in den industriellen Zentren Österreich-Ungarns angesiedelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Polen aus dem Gebiet östlich der heutigen Ostgrenze Polens (Curzon-Linie) aus ihrer Heimat vertrieben und in Hinterpommern, dem Ermland und Masuren, in Pommerellen, der Neumark Brandenburg und in Niederschlesien anstelle der vorher aus diesen Gebieten vertriebenen deutschen Bevölkerung angesiedelt.
In den letzten 200 Jahren wanderten Polen in verschiedene Teile der Welt aus, wo sie sich verschieden stark assimilierten. So leben Polen, Polnischstämmige oder Einwohner mit polnischem Herkommen auch in Deutschland (361.696 mit ausschließlich polnischer Staatsbürgerschaft (2006) und circa 2 Mio. in Polen Geborene mit deutscher Staatsangehörigkeit). Laut dem Nachbarschaftsvertrag zwischen Polen und Deutschland von 1991 gibt es aber offiziell keine nationale, polnische Minderheit in Deutschland, sondern nur Zuwanderer aus Polen.[3] Weitere Ziele polnischer Auswanderer waren Brasilien (1 Mio. Polnischstämmige), Frankreich (1 Mio., eine der bekanntesten Vertreterinnen war Marie Curie), Kasachstan (25.000), den USA (10,6 Mio.Polish Americans ) und Kanada (650.000). Ferner leben in Großbritannien etwa 170.000 Menschen mit polnischer Abstammung und in Irland seit dem EU-Beitritt Polens etwa 120.000 Einwanderer. Außerdem wohnen Polen auch in Argentinien, Südafrika, Australien, Russland, Rumänien, Schweden, Belgien, den Niederlanden, Österreich, Griechenland, Italien und Island (wo sie die größte Minderheit des Inselstaates darstellen).[4]
Neutrale Schätzungen gehen davon aus, dass es weltweit 44 bis 60 Millionen Polen gibt. Es gibt polnische Angaben, die von über 70 Millionen Polen in der gesamten Welt sprechen. Hier gehen aber die Meinungen über die Definitionen auseinander, wer ein Pole ist und wer nicht. So werden unter anderen die Nachkommen der im 19. Jahrhundert nach Deutschland eingewanderten Ruhrpolen ebenso mitgezählt, wie 1,3 Millionen deutsche Spätaussiedler aus Polen. Auf diese Weise entstehen Zahlen von 2,2 bis 3 Millionen Polen in Deutschland. In polnischen Quellen wird die Zahl von Polen in Frankreich mit 1.050.000, in Kanada mit 800.000 und in den USA mit 10.600.000 angegeben. Die amerikanische Volkszählung von 2000 spricht aber nur von 667.414 Personen (0,25 % der Bevölkerung), die zu Hause Polnisch sprechen. Werden alle Menschen einbezogen, die in den letzten 150 Jahren einen polnischen Vorfahren hatten, ergibt dies eine Gesamtzahl von über 100 Millionen Polen (siehe auch Polnische Diaspora).
Heutige Volksstämme der Polen sind vor allem die Polnischen Schlesier, die Goralen, die Masowier, die Masuren, die Groß- und Kleinpolen und die Kujawier.
Polen in Ungarn
Die polnische Minderheit in Ungarn war eine sehr bevölkerungsreiche in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die erste permanente Sonntagsschule wurde 1922 gegründet. Während des Zweiten Weltkrieges gab es in Ungarn 27 polnische Grundschulen und – einzigartig in Europa – eine polnische Hochschule und ein Lyceum in Balatonboglár. Von offizieller Seite wird die heutige Anzahl der Polen in Ungarn mit 3.800 angegeben, während Minderheitenorganisationen die Anzahl auf 10.000 schätzen.[5]
Polen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion
1992 wurde die Anzahl der Polen hier auf 1.126.000 geschätzt. Überwiegend leben die Polen in Litauen, Weißrussland und der Ukraine (vergleiche mit den Zahlen oben).
Seit dem 14. Jahrhundert sind Polen in diese zum polnisch-litauischen Reich gehörenden Gebiete eingewandert. Sie bildeten bis ins 20. Jahrhundert die politisch und sozialökonomisch dominierende Schicht. Aufgrund der drei Teilungen von Polen-Litauen zwischen 1772 und 1795 kam der größte Teil zum russischen Reich, das polnische Kerngebiet wurde zunächst Kongresspolen, dann Weichselgebiet genannt. Die ab 1918 erstandene Zweite Polnische Republik erlangte in mehreren Kriegen Gebietszuwächse im Osten, verlor diese Gebiete 1939 aber wieder in Folge des Hitler-Stalin-Paktes, und endgültig 1945 durch den mit der Sowjetunion geschlossenen Grenzvertrag. Die meisten dort lebenden Polen wurden anschließend in die Volksrepublik Polen umgesiedelt. Die verbliebenen Polen haben sich zu fast zwei Dritteln an Litauer, Weißrussen und Ukrainer assimiliert. Inzwischen werden sie aber als nationale Minderheiten anerkannt. In der Sowjetunion war Polnisch keine offiziell anerkannte Sprache.[6]
Siehe auch
- Pole, Ungar, zwei Brüderlein
- Geschichte Polens
- Geschichte der Juden in Polen
- Kaschuben
- Schlesier
- Polonia
- Polen in Deutschland
- Polnische Staatsangehörigkeit
Quellen
- ↑ „fr. pal, pele, altd. pal, pael, dn. pael, sw. pale, isl. pall, bre. pal, peul, it. polo, pole, pila, [in:] A dictionary of the Anglo-Saxon languages. Joseph Bosworth. S. 275.; planus, plain, flat; from Indo- Germanic pele, flat, to spread, also the root of words like plan, floor, and field. [in:] John Hejduk. Soundings. 1993. S. 399“; „the root pele is the source of the English words ‚field‘ and ‚floor‘. The root ‚plak‘ is the source of the English word ‚flake‘“, [in:] Loren Edward Meierding. Ace the Verbal on the SAT. 2005. S. 82.
- ↑ Fischer Weltalmanach 2006, ISBN 3-596-72006-0
- ↑ Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2010, Speerspitze Steinbach
- ↑ CIA World Factbook
- ↑ Mailing List von Flags of the world
- ↑ Rudolf A. Mark, Die Völker der ehemaligen Sowjetunion, 1992