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Werner Gruehn

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Werner Gruehn (* 18.jul. / 30. Juli 1887greg. in Balgallen, heute Balgale, Lettland; † 31. Dezember 1961 in Hildesheim) war ein deutscher evangelischer Theologe und Religionspsychologe.

Werdegang

Nach Besuch des Gymnasiums in Riga und dem Abitur 1907 studierte er bis 1909 an den Universitäten München und Erlangen Philosophie und danach Evangelische Theologie an der Universität Dorpat. Nachdem er 1914 sein Studium abgeschlossen hatte, war er für kurze Zeit Seelsorger in Sonnaxt (heute Sunākste), wurde aber bereits 1915 Lehrer, zunächst in Riga, drei Jahre später in Dorpat, wo er auch seine seelsorgerische Tätigkeit als Vikar und Diakon fortsetzte. 1920 erwarb Gruehn die Lehrbefähigung für Systematische Theologie an der Universität Dorpat mit einer religionspsychologischen Arbeit, die den Ausgangspunkt seiner folgenden lebenslangen Beschäftigung mit diesem Gebiet bildete. Den Doktorgrad der Theologie erwarb er 1927 an der Universität Kiel, im selben Jahr habilitierte er sich erneut an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo bis zu seiner Ernennung zum außerordentlichen Professor 1929 als Privatdozent lehrte und 1937 schließlich ordentlicher Professor für Systematische Theologie wurde. Von 1931 bis 1939 war er neben seiner Tätigkeit in Berlin Professor und Rektor der privaten Deutschen Theologisch-Philosophischen Luther-Akademie in Dorpat.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs floh Gruehn nach Hannover, wo er kurze Zeit als Seelsorger tätig war, zog dann aufgrund einer schweren Krankheit nach Hildesheim und widmete sich dort wieder seinen unterbrochenen und im Krieg verlorengegangenen religionspsychologischen Untersuchungen, die er neu kompilierte, sowie der Neuordnung der Internationalen Gesellschaft für Religionspsychologie; sein Freund Wilhelm Keilbach übernahm in Gruehns Sinne die Nachfolge als Geschäftsführer der Gesellschaft.

Bedeutung

Gruehns religionspsychologische Arbeiten fanden große Beachtung, auch unter Fachpsychologen. 1927 wurde er Geschäftsführer der Internationalen Gesellschaft für Religionspsychologie, 1929 gründete er ein eigenes Religionspsychologisches Institut in Dorpat. Die religionspsychologische Methode von Karl Girgensohn, die auf der Vorlage religionsbezogener Texte und der Untersuchung der darauf folgenden Assoziationen beruhte entwickelte er zu einer Reizwort-Methode fort.

Politische Haltungen und Verhältnis zur NS-Ideologie

Werner Gruehn wurde 1917 Mitglied im Vorstand der Deutsch-Baltischen Partei in Riga, die sich gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen der lettischen Bevölkerung wandte; im Jahr 1919 war er kurzzeitig durch bloschewistische Revolutionäre inhaftiert.

Obgleich er nicht Mitglied der NSDAP war, verantwortete er eine antisemitisch kommentierte Neuübersetzung und Herausgabe der Erinnnerungen von Aaron Simanowitsch, des Sekrtetärs von Rasputin[1] und schrieb ein antisemitisches Vorwort dazu, in dem er Hitlers Rassenpolitik lobte[2]

Familie

Werner Gruehns Vater, Friedrich Albert Gruehn war Pfarrer in Balgallen; er wurde 1906 erschossen, vermutlich von lettischen Revolutionären. Gruehn war zweimal verheiratet. Beide Ehen, 1918 und 1926 geschlossen, wurden geschieden.

Werke (Auswahl)

  • Neuere Untersuchungen zum Wertproblem. Ein Beitrag zur experimentellen Erforschung des religiösen Phänomens, Krüger, Dorpat 1920 (Habilitationsschrift)
  • Religionspsychologie. Hirt, Breslau 1926
  • Seelsorge im Licht gegenwärtiger Psychologie. Bahn, Schwerin 1926
  • Die Theologie Karl Girgensohns : Umrisse einer christlichen Weltanschauung. Bertelsmann, Gütersloh 1927
  • Die Frömmigkeit der Gegenwart – Grundtatsachen der empirischen Psychologie. Aschendorff, Münster 1956 (mit den Untersuchungen der 1930er Jahre)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Werner Gruehn (Hrsg.): Der Zar, der Zauberer und die Juden: Memorien des Geheimsekretärs Grigorij Rasputins. Nibelungen Verlag, Berlin 1942
  2. Hartmut Ludwig: Die Berliner Theologische Fakultät 1933 bis 1945. In: Rüdiger vom Bruch (Hrsg.) unter Mitarbeit von Rebecca Schaarschmidt: Die Berliner Universität in der NS-Zeit. Band II: Fachbereiche und Fakultäten. Steiner, Wiesbaden 2005, ISBN 3-515-08658-7, S. 119 S. 119 des Aufsatzes im Web