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Leer (Ostfriesland)

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Wappen Deutschlandkarte
Leer (Ostfriesland)
Deutschlandkarte, Position der Stadt Leer (Ostfriesland) hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 53° 14′ N, 7° 27′ OKoordinaten: 53° 14′ N, 7° 27′ O
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Leer
Höhe: 3 m ü. NHN
Fläche: 70,11 km2
Einwohner: 34.025 (31. Dez. 2024)[1]
Bevölkerungsdichte: 485 Einwohner je km2
Postleitzahl: 26789
Vorwahl: 0491
Kfz-Kennzeichen: LER
Gemeindeschlüssel: 03 4 57 013
Stadtgliederung: 9 Stadtteile
Adresse der
Stadtverwaltung:
Rathausstraße 1
26789 Leer
Website: www.leer.de
Bürgermeister: Wolfgang Kellner (parteilos)
Lage der Stadt Leer (Ostfriesland) im Landkreis Leer

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Datei:Leer Rathaus Hafen townhall harbour 2008.JPG
Blick auf Rathaus und Freizeithafen

Die Stadt Leer in Ostfriesland ist die Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises in Niedersachsen. Mit rund 34.000 Einwohnern ist sie nach Emden und Aurich die drittgrößte Stadt Ostfrieslands. Die Einwohner werden Leeraner genannt, das dazugehörige Adjektiv lautet ebenfalls so.

Durch ihren Seehafen ist die an Ems und Leda gelegene Stadt seit Jahrhunderten vom Handel geprägt. Sie zählt zu den größten deutschen Reederei-Standorten. [2] Leer gilt zudem als die wichtigste Einkaufsstadt Ostfrieslands und beheimatet ein großes Handelsunternehmen, die Bünting-Gruppe. Durch die Lage an Kreuzungspunkten der Verkehrsträger Straße, Schiene und Fluss bezeichnet sich die Stadt selbst als Tor Ostfrieslands.

Die Altstadt gilt aufgrund des Erhaltungsgrades historischer Häuser als die „wertvollste“ der Region. Vier Burgen, zahlreiche Bürgerhäuser und Kirchen aus mehreren Jahrhunderten sind in der Stadt zu finden.

Leer ist Sitz der Evangelisch-reformierten Kirche, des Kommandos Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst der Bundeswehr und einer der beiden Standorte der Fachhochschule Emden/Leer. In Leer befindet sich auch die Seefahrtsschule des Fachbereichs Wirtschaft. Eine Reihe weiterer öffentlicher Dienstleister hat in der Stadt den Sitz oder eine Niederlassung.

Im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert war Leer durch den Häuptling Focko Ukena ein politisches Zentrum Ostfrieslands. Zur Stadt erhoben wurde Leer aber erst 1823. Zuvor galt der Ort als Marktflecken, hatte aber schon lange vor der Verleihung des Stadtrechts städtische Züge angenommen.

Geographie

Lage

Leer liegt im südlichen Ostfriesland an der Mündung der Leda in die Ems. Ursprünglich befand sich der Leeraner Stadtkern an einer Schleife der Leda in unmittelbarer Nähe der Mündung des Flusses; durch die Erweiterung ihres Gebiets und Eingemeindungen breitete sich die Stadt in Richtung Ems aus. Seit der Eingemeindung der Stadtteile Bingum und Nettelburg 1972 erstreckt sich das Leeraner Stadtgebiet auch auf Bereiche westlich der Ems und südlich der Leda. Den Seehafen Leer erreichen Seeschiffe über die Ems und die Leda sowie eine Seeschleuse, die den Leeraner Hafen schützt. Die Stadt befindet sich ungefähr auf halber Strecke zwischen Groningen und Oldenburg.

Geologie

Das Kerngebiet der Stadt befindet sich auf einem Ausläufer des Oldenburgisch-Ostfriesischen Geestrückens aus eiszeitlichen Sandern. Besonders im Gebiet der Kernstadt sowie in Teilen von Loga und Logabirum sind Sande und Geschiebelehm vorherrschend. Der Geestrücken wird im Westen, Süden und Südosten von den Flussmarschen von Ems und Leda umschlossen. Das Gebiet nahe der Flüsse besteht aus überschlickten Randmooren. Im nordöstlichen Teil des Stadtgebiets gibt es auch Moorböden. Ursprünglich befanden sich im Norden der Stadt Sandhügel, die bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts abgetragen wurden. Heute erstreckt sich das Stadtgebiet auf Höhen zwischen einem und sieben Meter über NN.[3] [4]

Nachbargemeinden

Die Stadt Leer liegt zentral innerhalb des gleichnamigen Landkreises. Sie grenzt an sechs der elf weiteren Kommunen des Kreises, namentlich (im Uhrzeigersinn, beginnend im Nordosten) die Samtgemeinden Hesel (darin die Gemeinden Holtland und Brinkum) und Jümme (darin die Gemeinden Nortmoor und Detern), die Gemeinden Rhauderfehn und Westoverledingen, die Stadt Weener sowie die Gemeinden Jemgum und Moormerland.

Stadtgliederung

Leeraner Stadtteile

Leer gliedert sich in die Kernstadt und acht weitere Stadtteile. Dies sind Heisfelde, Loga (beide 1968 eingemeindet), Leerort (eingemeindet 1971), Bingum, Hohegaste, Logabirum, Nettelburg und Nüttermoor (alle 1972 eingemeindet). Zwei Stadtteile sind durch Flüsse vom Rest des Stadtgebietes getrennt: Nettelburg liegt südlich der Leda im Overledingerland, Bingum westlich der Ems im Rheiderland. Hinzu kommen kleinere Ortschaften, die jedoch nicht als eigenständige Stadtteile gezählt werden, beispielsweise Siebenbergen, Logaerfeld und Eisinghausen.

Da sich die zirka 34.000 Einwohner auf rund 70,3 Quadratkilometer verteilen, hat Leer in Ostfriesland die zweithöchste Einwohnerdichte. Sie liegt mit 486 Einwohnern pro Quadratkilometer nicht nur über dem ostfriesischen Durchschnitt, sondern auch über jenem des Landes Niedersachsen (zirka 168 Einwohner pro km²) und des Bundes (etwa 230 Einwohner pro km²).

Dicht bebaut sind neben der Kernstadt die Stadtteile Leerort, Heisfelde und Teile des Stadtteils Loga. Die weiteren Stadtteile sind dünner besiedelt und teils deutlich von der Landwirtschaft geprägt. In hohem Maße trifft dies auf Hohegaste und Nettelburg zu, die über keinen Siedlungskern verfügen.

Klima

Leer liegt in der gemäßigten Klimazone, hauptsächlich im direkten Einfluss der Nordsee. Im Sommer sind die Tagestemperaturen tiefer, im Winter häufig höher als im weiteren Inland. Das Klima ist von der mitteleuropäischen Westwindzone geprägt.

Nach der effektiven Klimaklassifikation des Geografen und Klimatologen Wladimir Peter Köppen befindet sich Leer in der Einteilung Cfb.

  • Klimazone C: warm-gemäßigtes Klima
  • Klimatyp Cf: feucht-gemäßigtes Klima
  • Klimauntertyp b: warme Sommer

Die nächstgelegene Wetterstation befindet sich in Emden (siehe dort für weitere Informationen).

Geschichte

Hauptartikel: Geschichte der Stadt Leer

Ur- und Frühgeschichte (bis etwa 800)

Das im Mündungsgebiet der Leda in die Ems günstig gelegene Gebiet der heutigen Stadt Leer wurde schon früh besiedelt. Im nordwestlichen Stadtgebiet befinden sich in Logabirum die Reste eines Großsteingrabes, in dem bedeutende Funde aus der Zeit von 2900 bis 2700 v. Chr. entdeckt wurden.[5] Dabei wurden 17 Körperbestattungen der Einzelgrabkultur und 26 steinzeitliche Brandgräber der Trichterbecherkultur aufgedeckt. Aus der späten Steinzeit, der Bronzezeit und der frühen Eisenzeit sind einzelne Funde wie auch Siedlungsreste in Loga und Logabirum bekannt. Im 2. und 3. Jahrhundert lag auf dem Gebiet des heutigen Westerhammrich eine relativ wohlhabenden Siedlung. Bei archäologischen Untersuchungen wurden hier mehrere Werk- und Vorratsgruben, fünf Brunnenanlagen und Pfostensetzungen, die offensichtlich zu dreischiffigen Hallenhäusern mit Vorratsspeichern gehörten, entdeckt. Funde von überkuppelten Ofenanlagen lassen eine Buntmetallverarbeitung im größeren Umfang vermuten. Diese Siedlung wurde offenbar im 4. Jahrhundert wieder aufgegeben.[5]

Entwicklung zur Handelssiedlung (ab etwa 800 bis 1744)

Die Ostwand der Krypta auf dem alten reformierten Friedhof in Leer, Ostfriesland. Die Krypta ist der letzte Rest des mittelalterlichen Kirchenbaus, der an der Stelle der ersten durch den heiligen Liudger in Ostfriesland gestifteten Kirche stand. In die Wand sind alte Grabsteine eingearbeitet worden.

Der eigentliche Siedlungskern der heutigen Stadt Leer lag im Bereich des reformierten Friedhofs. Hier wurden vom 7. bis 8. Jahrhundert Plaggen zu einer Warft aufgeworfen. Im Jahr 791 missionierte der Friesenapostel Liudger die Leeraner nach der Integration in das Fränkische Reich und gründete die erste Kapelle im ostfriesischen Raum am Westrand der damaligen Siedlung, eine Holzkirche.

Im 11. Jahrhundert wurde Leer Münzstätte. Diese wurde von Gottfried II. als Graf von Friesland und Gottfried von Cappenberg als Graf des Emsgau betrieben. Zwischen 1063 und 1066 ließ auch Adalbert von Bremen hier Münzen prägen.[5] Um das Jahr 1200 begann der Bau der romanischen St. Liudger Kirche, die ältere Vorgängerbauten aus Holz ersetzte. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts wurde Leer Sitz einer Propstei und unterstand fortan in geistlicher und weltlicher Hinsicht dem Bistum Münster. Gehemmt wurde die wirtschaftliche Entwicklung und vor allem des Hafens der Siedlung durch den Stapelzwang in Emden, der dort um 1400 von der örtlichen Familie der Abdena eingeführt wurde.[6]

In der Zeit der Ostfriesischen Häuptlinge geriet Leer in den Machtbereich des aus Neermoor stammenden Häuptlings Focko Ukena, der sich fortan Häuptling von Leer nannte. Er baute den Ort zum Zentrum seines Machtbereichs aus und errichtete hier um 1421 die Fockenburg im Typus ostfriesischer Häuptlingsburgen, der noch heute am Steinhaus Bunderhee zu erkennen ist. Ukena war ursprünglich ein Verbündeter der tom Brok gewesen, des mächtigsten Häuptlingsgeschlechtes jener Zeit, das als erstes eine eigene Landesherrschaft in Ostfriesland begründet hatte. Als sich dagegen in Ostfriesland immer größerer Widerstand regte, stellte sich Focko Ukena an die Spitze der mit ihrer Abhängigkeit unzufriedenen Häuptlinge und wurde damit zur Leitfigur in deren Kampf zur Wiederherstellung der Friesischen Freiheit. 1427 besiegte Ukena die tom Brok mit Unterstützung verbündeter Seeräuber endgültig, ging fortan aber dazu über, eine eigene Landesherrschaft im Erbe der tom Brok zu gründen. Leer wurde so von 1427 bis 1430 Hauptort Ostfrieslands. Andere ostfriesische Häuptlinge und Bauern sahen sich zunehmend in ihrer Freiheit bedroht und begannen, sich gegen Ukena zur Wehr zu setzten. Um 1430 entstand im Brookmerland der Freiheitsbund der Sieben Ostfrieslande unter Führung der Cirksena, der ein Landesaufgebot aufstellte und im selben Jahr die Burg in Leer belagerte. Nachdem diese nicht mehr zu halten war, floh Focko Ukena machtlos nach Emden. Die Fockenburg wurde anschließend geschleift.

Die aufstrebenden Cirksena nutzten die Gelegenheit und verbanden sich 1433 selbstständig mit der Stadt Hamburg. Diese wollte der in Ostfriesland weit verbreiteten Duldung der Seeräuber ein für alle Mal ein Ende bereiten und setzte daher auf einen starken Souverän in Ostfriesland. Der Grundstein für die nun bald folgende Herrschaft der Cirksena in Ostfriesland war gelegt. Zur Absicherung der eigenen Interessen errichteten die Hamburger an strategisch günstigen Stellen in Ostfriesland Burgen, so in Stickhausen und ab 1435 in Leer. 1453 ging der gesamte Hamburger Besitz in Ostfriesland einschließlich der Festung Leerort an den Häuptling und späteren Grafen Ulrich Cirksena über. Die Burg wurde Sitz des gräflichen Drosten und Amtmannes und zur stärksten Festung in Ostfriesland ausgebaut. Das neu gebildete Amt Leerort umfasste Leer mit dem Moormerland, das westliche Overledingerland und das Oberrheiderland bis zur heutigen niederländischen Grenze.

Graf Edzard der Große verlieh Leer 1508 das Marktrecht

Im 16. Jahrhundert begann der Aufstieg Leers zum Marktort. Um ein Gegengewicht zum Handelszentrum Groningen zu schaffen, das sich zu dieser Zeit im Machtbereich Graf Edzard I. befand, verlieh dieser dem Ort 1508 das Marktrecht am Sankt-Gallus-Tag und schuf damit den noch heute begangenen Gallimarkt als Flachsmarkt. Damit wurde die Grundlage zur Entwicklung Leers zu einem bedeutenden Zentrum der Tuchproduktion gelegt, deren Grundstoff Flachs war.

Während der Wirren der Sächsischen Fehde fiel Heinrich I. (Braunschweig-Wolfenbüttel) mit einem Heer von 20.000 Mann in Ostfriesland ein und belagerte die nur durch wenige Bauern und Soldaten verteidigte Festung Leerort. Jedoch wurde er dort am 23. Juni 1514 durch einen gezielten Kanonenschuss getötet. Die dadurch führerlos gewordene Truppe zog sich daraufhin aus Ostfriesland zurück. Nach Beendigung der Sächsischen Fehde musste Graf Edzard I. seine Ansprüche auf Groningen aufgeben und sich auf Ostfriesland beschränken. 1528 gewährte er Leer die Erlaubnis, einen weiteren Markttag zum Fest der Kreuzerhöhung, den Kreuzmarkt, am 14. September sowie jeden Donnerstag einen Wochenmarkttag abzuhalten. Später kamen noch der Fastmarkt, Pferde- und Viehmärkte hinzu.

1522/1523 hielt die Reformation in Person des aus Münster geflohenen Predigers Lübbert Cansen (auch: Lübbert Kanz) Einzug in Leer. Es folgte ein großer Bildersturm. Monstranzen, Kelche, sowie alles Gold und Silber wurden aus den Kirchen entfernt und an den Mauern und Wänden befindliche lateinische Inschriften und Malereien übertüncht.

Zunächst lebten Lutheraner und Reformierte in Leer nebeneinander, dann setzten sich die Reformierten durch. Die reformierte Gemeinde übernahm die Verwaltung des Marktfleckens und wurde sehr wohlhabend. Sie richtete 1525 die erste Volksschule ein. Die Lutheraner wurden immer stärker aus dem Stadtleben herausgedrängt und wichen in Folge dessen erst nach Esklum und dann nach Logabirum aus.

Während der Geldrischen Fehde wurde der Flecken 1533 nach der Schlacht bei Jemgum zweimal von den geldrischen Truppen des Balthasar von Esens geplündert und angezündet. Ein Jahr später ließen sich in dem Ort erstmals Mennoniten nieder.

Unter dem reformierten Grafen Graf Johann wurde 1584 eine Lateinschule in Leer gegründet, die 1588 bis 1594 von Ubbo Emmius geleitet wurde.

Leer gelangte durch seine Handwerker, besonders die Leinenweber, zu Wohlstand. Im Jahr 1570 wurde die Waage an die Leda verlegt und damit zur Keimzelle der späteren Hafenwirtschaft. Nach 1600 gab es auch wieder Lutheraner im Ort. Die Lutherkirche wurde 1675 errichtet. Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) wurde Leer durch die Mansfelder Söldner verwüstet.

Unter wechselnden Herrschaften (1744 bis 1871)

Im Jahr 1744 starb der letzte Fürst aus der Cirksena-Familie und Leer kam mit Ostfriesland an Preußen. Der Ort wurde von Friedrich dem Großen gefördert und nahm einen erneuten wirtschaftlichen Aufschwung. Im Zuge der Proto-Industrialisierung siedelten sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mehrere Fabriken an, darunter eine kleine Seifenfabrik, eine Strumpffabrik, eine Leimsiederei, eine Hutfabrik, eine Ölmühle, eine Lederfabrik und weitere kleinere Betriebe. Die Leeraner Leinenweber hingegen, die im Verlagssystem arbeiteten, hatten am Ende des Jahrhunderts bereits mit den neuen moderneren Produktionsweisen zu kämpfen, nachdem die Dampfmaschine in der Textilproduktion rasche Verbreitung gefunden hatte.

Die um 1189 errichtete alte reformierte Kirche St. Liudger wurde 1785 wegen Baufälligkeit abgebrochen. Lediglich die Krypta blieb bis in die heutige Zeit erhalten. Die neue Kirche wurde am 16. September 1787 geweiht. Durch Napoleon kam Leer von 1806 bis 1810 an das Königreich Holland und danach an Frankreich. Cramer von Baumgarten wurde 1812 von der französischen Verwaltung als Maire (Bürgermeister) eingesetzt und war somit der erste Leeraner Bürgermeister.

Im Jahr 1815 wurde Leer mit Ostfriesland dem Königreich Hannover zugeschlagen Das Stadtrecht erhielt Leer im Jahre 1823 von König Georg IV. zugesprochen. Leer baute in der Folgezeit seinen Hafen und seine Infrastruktur aus. Im Jahr 1856 erhielt die Stadt mit einem Bahnhof an der Hannoverschen Westbahn von Emden nach Rheine eine erste Eisenbahnverbindung. Am 6. August 1861 verlieh Georg V., König von Hannover, der Stadt ihr erstes Stadtwappen. Im Jahr 1866 kamen Ostfriesland und Leer wieder zu Preußen.

Im Deutschen Kaiserreich (1871 bis 1918)

Die jüdische Gemeinde baute von 1883 bis 1885 erstmals eine Synagoge in Leer. Im Jahr 1887 begann die Planung für das Rathaus der Stadt, da durch den Nachlass eines Leeraner Bürgers von rund 160.000 Goldmark die Mittel dazu verfügbar waren. Nach fünf Jahren Bauzeit wurde das Rathaus am 29. Oktober 1894 eingeweiht.

Von 1900 bis 1903 baute Leer seinen Hafen tidefrei um. Die Ledaschleife wurde von dem Fluss abgetrennt und mit einer Seeschleuse mit der Leda verbunden. Mit einer großen Feier weihte die Stadt den neuen Hafen am 19. September 1903 ein.

Weimarer Republik (1919 bis 1933)

Von 1925 bis 1928 wurden erneut umfangreiche Baumaßnahmen in der Stadt durchgeführt. Für den zeitweise größten Viehmarkt Europas errichtete die Stadtverwaltung unter Bürgermeister Dr. Erich vom Bruch auf der Halbinsel Nesse eine neue Viehmarktanlage.

Der Landkreis Leer wurde bei der preußischen Kreisreform erheblich vergrößert. Es kamen der Kreis Weener sowie einige Gemeinden des Kreises Emden hinzu.

Zeit des Nationalsozialismus (1933 bis 1945)

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 hatten die Juden in Leer unter Repressionen staatlicher Organe zu leiden. Im Jahr 1938 wurde die Leeraner Synagoge zerstört. Fast 90 Prozent der jüdischen Leeraner (1925: 289 Personen) wurden im Holocaust ermordet, überlebt haben nur etwa 20 bis 30 Personen. Leer erlitt erst in den letzten Kriegstagen bei der sinnlosen Verteidigung der Stadt gegen die vorrückenden Kanadier schwere Schäden.

Nachkriegsentwicklung

1950 verlieh der niedersächsische Minister des Innern der Stadt Leer das Recht, ein neues Wappen zu führen. Das neue Stadtwappen basierte auf einem Siegelabdruck von 1639. Am 1. Oktober 1955 wurde Leer der Status einer selbstständigen Stadt verliehen. In den Jahren 1968 wurden Heisfelde und Loga Leeraner Stadtteile, Leerort wurde 1971 eingemeindet, Bingum, Hohegaste, Logabirum, Nettelburg und Nüttermoor folgten schließlich 1972.

Einwohnerentwicklung

Relativ verlässliche Einwohnerzahlen für Ostfriesland liegen seit Beginn der ersten preußischen Herrschaft (1744) vor. Spätestens seit dieser Zeit war Leer war der zweitgrößte Ort (seit 1823 die zweitgrößte Stadt) Ostfrieslands nach Emden. Durch umfangreiche Eingemeindungen 1972 wuchs Aurich allerdings beträchtlich und nimmt mittlerweile diesen Rang ein. Leer ist jetzt die drittgrößte Stadt der Region.

Leer wuchs während der industriellen Revolution deutlich, im Jahrhundert zwischen 1810 und 1910 nahm die Einwohnerzahl um mehr als 100 Prozent zu. Die im Zweiten Weltkrieg weitgehend unversehrt gebliebene Stadt nahm eine größere Zahl Heimatvertriebener auf, wodurch sich ein weiterer Schub in der Einwohnerzahl ergab. Eine weitere Zunahme der Einwohnerzahl bedeutete in den Jahren 1968 bis 1972 die Eingemeindung umliegender Kommunen. Seitdem liegt die Einwohnerzahl konstant über 30.000.

Jahr Einwohnerzahl[7]
1745 4.500
1814 5.353
1848 6.940
1880 10.086
1910 12.690
Jahr Einwohnerzahl
1930 12.981
1940 13.898
1945 18.071
1950 20.414
1961 21.418
Jahr Einwohnerzahl
1970 34.262
1980 31.303
1990 31.859
2000 33.849
2008 34.154

Entwicklung des Ortsnamens

Leer ist einer der ersten namentlich bekannten Orte in Ostfriesland. Erstmals wurde die Stadt in einer wohl aus dem 9. Jahrhundert stammenden Lebensbeschreibung des heiligen Liudger genannt. Im 10. Jahrhundert tauchte der Name der Stadt in den Besitzregistern des Klosters Werden aus dem 10. Jahrhundert als hleri auf. Dies wird als Weideplatz gedeutet. Spätere Schreibweisen des Ortsnamens sind Lüer, Ler, Lheer und Lier.[5]

Politik

Stadtrat

Siehe auch: Liste der Bürgermeister der Stadt Leer

Das politische Spektrum in Leer ist seit dem Austritt von vier CDU-Ratsmitgliedern und der Gründung einer eigenen Fraktion recht zersplittert. Neben den etablierten Parteien SPD, CDU, FDP, Grüne und Linke sind auch eine Wählergemeinschaft (AWG) und die aus den ehemaligen CDU-Mandatsträgern gebildete Fraktion für Leer im Stadtrat vertreten. Von 1964 bis 2006 stellte die SPD-Fraktion ununterbrochen die Mehrheit im Rat der Stadt. Auch in der aktuellen Wahlperiode (bis 2011) ist sie die stärkste Fraktion.

Ergebnisse der jüngsten Ratswahl vom 10. September 2006:

  • SPD: 42,5 Prozent, 16 Sitze
  • CDU: 28,2 Prozent, sieben Sitze (ursprünglich elf)
  • AWG: 12,2 Prozent, vier Sitze
  • Grüne: 10,1 Prozent, vier Sitze
  • FDP: 4,8 Prozent, zwei Sitze
  • LA: 2,3 Prozent, ein Sitz
  • Fraktion für Leer: vier Sitze (Austritt aus der CDU-Fraktion)

Bürgermeister ist der parteilose Wolfgang Kellner, ein ehemaliges SPD-Mitglied. Kellner wurde bei der Bürgermeisterwahl (Stichwahl) am 24. September 2006 wiedergewählt und amtiert bis 2011.

Vertreter in Bundestag und Landtag

Vertreter des Landtagswahlkreises ist Ulf Thiele (CDU) aus Uplengen. Er verteidigte sein Direktmandat im Wahlkreis 83 (Leer), das er auch bei der Wahl 2003 (erstmals) gewonnnen hatte. Bei der Landtagswahl 2008 ergaben sich folgende Verhältnisse:[8]

Partei Erststimmen Kandidat Zweitstimmen
CDU 44,3 Prozent Thiele 42,5 Prozent
SPD 30,5 Prozent Hein 31,6 Prozent
Bündnis 90
Die Grünen
6,5 Prozent Schachner 6,8 Prozent
FDP 3,0 Prozent Brüggemann 6,1 Prozent
Die Linke 6,0 Prozent Junker 7,5 Prozent
Die Friesen 2,7 Prozent Rademacher 2,6 Prozent
Einzelbewerber 7,1 Prozent Koch ---

Leer gehört zum Bundestagswahlkreis Unterems (Wahlkreis 26), der aus dem Landkreis Leer und dem nördlichen Teil des Landkreises Emsland besteht. Der Wahlkreis wurde zur Bundestagswahl 1980 neu zugeschnitten und ist seitdem unverändert. Bislang setzten sich in diesem Wahlkreis ausschließlich CDU-Kandidaten durch, was mit dem Wahlverhalten im katholisch geprägten Emsland erklärt werden kann. In den Gemeinden des Landkreises Leer alleine erzielte die SPD bessere Ergebnisse als im Wahlkreis insgesamt. Im Bundestag wird der Wahlkreis von der CDU-Abgeordneten Gitta Connemann aus Leer vertreten. Bei der Bundestagswahl 2009 ergaben sich folgende Ergebnisse:[9]

Partei Erststimmen Kandidat Zweitstimmen
CDU 45,2 Prozent Connemann 39,1 Prozent
SPD 29,3 Prozent Borde 27,6 Prozent
Bündnis 90
Die Grünen
7,4 Prozent Lenger 7,5 Prozent
FDP 9,5 Prozent Goldmann 12,8 Prozent
Die Linke 7,4 Prozent Junker 8,7 Prozent

Wappen

Leeraner Wappen

Blasonierung: „Auf einem blauen Grund in der Mitte ein silbernes L, links und rechts von dem senkrechten Schaft des L zwei silberne sechszackige Sterne und in der Mitte über dem L ein silbernes Röschen mit vier Blättern.“

Der Stadt wurde das Wappen, das von einem alten Siegel des Fleckens Leer (älteste Abbildung von 1659) abgeleitet ist, im Jahr 1950 vom Niedersächsischen Innenminister verliehen. Zuvor wurde das 1861 von König Georg V. von Hannover verliehene Wappen genutzt. Das königliche Wappen zeigte unter anderem „im rothen Felde ein silbernes kastell, über welchem ein goldener Löwe schreitet, ferner auf einem an das Thor des Kastells gelehnten rothen Schilde das weisse Pferd unseres Königlichen Wappens“. Dem Stadtrat erschien dieses Wappen 1950 jedoch zu überladen, woraufhin man sich des alten Siegels erinnerte.[10]

Städtepartnerschaften und Patenschaften

Leer unterhält Partnerschaften mit dem britischen Trowbridge und mit dem polnischen Elbląg (Elbing). Die Kontakte nach Trowbridge bestehen bereits seit den 1960er-Jahren und gehen auf eine Initiative des Leeraner Akkordeonorchesters zurück. Die Partnerschaftsurkunde wurde 1989 unterzeichnet. Neben Schulen haben auch verschiedene Vereine enge Kontakte, besonders der Leeraner Schwimmverein Poseidon mit dem Amateur Swimming-Club Trowbridge. Mit Elbląg wurde 1992 eine Freundschafts- und 2001 eine Partnerschaftsurkunde unterzeichnet. Kontakte bestehen zwischen Schülern und Studenten sowie Tanzsportlern. Gegenseitige Messebesuche sind die Regel. Leer hat zudem über das Schulhilfswerk Arabras eine Patenschaft über die Schule Stadt Leer in Araquacema (Brasilien) übernommen. [11]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen und Theater

Haus Samson, erbaut 1643 im Barockstil. Im Erdgeschoss befindet sich eine Weinhandlung; im ersten und zweiten Obergeschoss stellt ein privates Museum ostfriesische Wohnkultur aus.

In Leer gibt es das Heimatmuseum, das Teemuseum der Bünting-Gruppe, das Böke-Museum mit Werken des Künstlers Karl-Ludwig Böke (1927–1996), das Haus Samson (ein Museum zur Wohnkultur im 18./19. Jahrhundert) sowie den Museumshafen mit historischen Schiffen. Das Schiff Prinz Heinrich aus dem Jahr 1909 wird zurzeit (Stand: Dezember 2009) restauriert und soll nach Abschluss der Arbeiten ein Museum der Schifffahrtsgeschichte beherbergen.

Leer ist Spielort der Landesbühne Niedersachsen Nord mit Sitz in Wilhelmshaven. Mehrere Laientheater und Heimatbühnen sind in der Stadt beheimatet. Da es in Leer keinen Theaterbau gibt, wird die Aula der Emsschule mit 800 Sitzplätzen benutzt.

Kirchen und Orgeln

Zu den bekanntesten Kirchen der Stadt zählen die Lutherkirche und die Große Kirche, Hauptkirche der Reformierten in Deutschland. Die Große Kirche wurde 1787 durch den Zimmermann Isaak Woortmann im Stil des Barock fertiggestellt. Von der Vorgängerkirche, die um 1200 in der Nähe des Plytenbergs erbaut, 1777 wegen Baufälligkeit aber abgerissen wurde, ist noch die Krypta erhalten. Der eigentümliche achteckige Grundriss des Neubaus in Form eines griechischen Doppelkreuzes hatte Vorbilder in reformierten Kirchen der Niederlanden und in Emden. Die Kirche und ihre Ausstattung sind schlicht gehalten, nach reformierter Tradition ohne Kreuz und Altar. Der Abendmahlstisch stammt ebenfalls aus dem Jahr 1787. Das Taufbecken datiert um 1200 und wurde wahrscheinlich von der alten Kirche übernommen. Die Orgel der Großen Kirche ist in vier Jahrhunderten gewachsen und zählt damit zu den ältesten Orgeln Ostfrieslands. Einige Register stammen aus dem Kloster Thedinga und gehen auf das 16. Jahrhundert zurück. Erweiterungs- und Umbauten erfolgten 1763–1766 durch Albertus Antonius Hinsz, 1845–1850 durch Wilhelm Caspar Joseph Höffgen und 1953–1955 durch Paul Ott. Heute hat die Orgel 37 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Renaissance-Kanzel wurde 1609 von Andreas Kistemaker gefertigt. Auf vier freistehenden Säulen ruht das Dach der Kirche. Der Turm wurde 1805 errichtet.

Glockenturm der Lutherkirche in Leer

Erst 1675 wurde den Lutheranern erlaubt, innerhalb der Stadt eine Kirche zu errichten. Das Kirchenschiff wurde in verschiedenen Bauabschnitten im 18. und 19. Jahrhundert in Form eines griechischen Kreuzes erweitert und 1766 der Glockenturm aufgesetzt. Die prächtige Innenausstattung ist vorwiegend barock gehalten, wie beispielsweise der Altar, der 1696 angefertigt wurde, und der Fürstenstuhl aus dem Jahr 1732. Wesentlich älter hingegen ist die Kanzel, die wohl aus dem Kloster Ihlow stammt und um 1500 datiert wird. Überregionale Bekanntheit hat die Orgel erlangt, die Jürgen Ahrend 2002 mit 39 Registern auf drei Manualen und Pedal hinter dem Prospekt von Hinrich Just Müller (1795) gebaut hat. Das hölzerne Tonnengewölbe aus dem Jahr 1793 erhielt seine Bemalung im Jahr 1910 unter Einbeziehung älterer Malereien, die man wiederentdeckte.

In Leer wurde auch der erste Kirchenneubau der Katholiken nach der Reformation errichtet: die 1776 geweihte St.-Michael-Kirche. Die Orgel wurde 1972 von der Firma Alfred Führer mit 14 Registern auf zwei Manualen eingebaut.

Im Jahr 1825 wurde die klassizistische Mennonitenkirche Leer als schlichte Saalkirche ohne Turm gebaut. Die Orgel von Wilhelm Eilert Schmid (1826) besitzt neun Register und ist im Wesentlichen erhalten.

Weitere Bauwerke

Leer ist bekannt für seine historische Altstadt, die als die wertvollste Ostfrieslands gilt.[12] Das vom Aachener Baumeister Karl Henrici entworfene Rathaus, das Anleihen bei der Niederländischen Renaissance macht, stammt aus dem Jahr 1894 und bildet zusammen mit der benachbarten Historischen Waage (1714) im Stil des niederländischen Hochbarocks ein Ensemble. Ebenfalls in barockem Stil gehalten ist das Amtsgericht von 1720, ein ehemaliges Palais.

Bünting-Häuser an der Brunnenstraße, im klassizistischen Stil

Eine Vielzahl von Wohn- und Geschäftshäusern in der Innenstadt ist dem Klassizismus und dem Historismus zuzuordnen. Hervorzuheben sind unter anderem das Clasen'sche Haus (1806) und ein Dreier-Ensemble an der Brunnenstraße, das den ebenfalls 1806 errichteten Stammsitz der Firma Bünting einschließt. Das frühere Armenhaus der lutherischen Kirche stammt aus dem Jahr 1788 und wird als Jugendherberge genutzt. Weitere historische Häuser befinden sich an den Straßenzügen Brunnenstraße, Königstraße und Mühlenstraße.

In Leer gibt es vier sogenannte Burgen. Dabei handelt es sich teils um bewehrte Steinhäuser, teils um Schlösser. Die Harderwykenburg ist die älteste von ihnen; sie stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die ab 1621 angelegte Haneburg ist Sitz der Kreisvolkshochschule. Um 1650 entstand die Evenburg, von der die Vorburg erhalten ist. Das Schloss wurde 1861 im neugotischen Stil umgebaut, im Zweiten Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogen und von 2004 bis 2006 nach historischen Plänen rekonstruiert. Es ist umgeben von einem Landschaftspark. Bei der Philippsburg handelt es sich um ein Barockschloss aus der Zeit um 1730.

An bedeutenden technischen Bauwerken sind der Wasserturm, das Ledasperrwerk und die Jann-Berghaus-Brücke, eine der größten Klappbrücken Europas, zu nennen. Ihre Durchfahrtbreite wurde 2008/2009 für die Passage der Kreuzfahrtschiffe der Meyer-Werft von 40 auf 56 Meter vergrößert.[13]

Parks und Naherholung

In Leer befinden sich mehrere Parks, darunter den Schlosspark der Evenburg und den Philippsburger Park, der sich an die dortige Burg anschließt. Der größte ist der Julianenpark mit einem kleinen Teich. Eine kleinere Grünfläche befindet sich auch am Plytenberg. Im Stastteil Logabirumerfeld befinden sich ausgedehnte Wallheckengebiete, im stadtteil Logabirum auch Waldflächen.

Regelmäßige Veranstaltungen

Die Gallimarkt-Herolde

In jedem Jahr findet im Herbst der Gallimarkt, einer der größten Jahrmärkte in Nordwestdeutschland, mit dem angeschlossenen traditionellen Galliviehmarkt statt. Der Viehmarkt wird in der Ostfrieslandhalle (3000 Plätze) abgehalten. Alle zwei Jahre wird in Leer die Ostfrieslandschau, eine Messe für Unternehmen und Vereine aus der Region, ausgerichtet.

Der alljährlich stattfindende Ossiloop beginnt im Julianenpark und endet in Bensersiel. Ein weiterer Bestandteil der Sportszene ist der karitative Citylauf Leer mit etwa 2000 Teilnehmern, der von der Polizeiinspektion Leer/Emden seit 1991 an jedem ersten Septembersonntag veranstaltet wird.

Jedes Jahr im Juli findet die Veranstaltung Leer Maritim, ein internationales Tourenskippertreffen, statt.[14] Sportlicher Höhepunkt ist dabei eine Drachenbootregatta. In jedem ungeraden Jahr wird zeitgleich ein Stadtfest gefeiert.

Im Kulturzentrum Zollhaus, dem alten, denkmalgeschützten Backsteingebäude, werden vom Zollhausverein seit 15 Jahren regelmäßig Konzerte, Kabarettveranstaltungen, Ausstellungen und Kindertheater angeboten (jährlich etwa 8000 Besucher). Weiterer Spielort für Konzerte ist das städtische Jugendzentrum. Veranstaltungen finden auch im Kulturspeicher statt, einem 1778 errichteten ehemaligen Hafenspeicher.

Kulinarisches

Echter Folts-Kruiden

Leer ist eine der drei Städte Ostfrieslands, in denen Unternehmen ansässig sind, die den echten Ostfriesentee herstellen. Es handelt sich dabei um die Firma Bünting. Die Ostfriesen hatten 2008 den weltweit größten Teeverbrauch pro Kopf (Ostfriesland dabei in Relation zu Nationalstaaten gesetzt): Im Durchschnitt trank jeder Ostfriese in jenem Jahr rund 290 Liter Tee, das entsprach in etwa dem Zwölffachen des deutschen Durchschnittsverbrauchs.[15] Im Jahre 1806 gegründet, ist Bünting das älteste noch existierende Teehandelshaus Ostfrieslands. Leer ist zudem als Brennereistandort für mehrere lokale Spirituosen bekannt. Der bekannteste unter ihnen ist der Kruiden, ein 32-prozentiger Kräuterbitter. Das bekannteste Hauptgericht ist zur Winterzeit der Grünkohl mit Pinkel und Kassler oder durchwachsenem Speck.

Sport

In Leer gibt es mehr als 40 Sportvereine mit mehr als 11.000 Mitgliedschaften.[16] Mitgliedschaften ist in diesem Fall nicht gleichzusetzen mit Mitgliedern, da ein und dieselbe Person Mitglied in mehreren Sportvereinen sein kann. Wie in anderen Orten Ostfrieslands werden in Leer die Friesensportarten Boßeln und Klootschießen betrieben.

Zu den größten Sportvereinen zählen VfL Germania Leer, Frisia Loga und VfR Heisfelde. Über die Region hinaus bekannt ist vor allem der 1915 gegründete VfL Germania durch die Fußball- und die Leichtathletik-Abteilung. Die Fußballer spielten in den 1930er-Jahren in der Nordwestdeutschen Oberliga, der damals höchsten Spielklasse. In den 1950er-Jahren stieg die Germania in die Amateur-Oberliga Niedersachsen-West auf, seinerzeit die zweithöchste Spielklasse. Bei den Leeranern wurde Sepp Piontek entdeckt und vom SV Werder Bremen abgeworben. Bis zum November 2009 spielte Germania in der Oberliga Niedersachsen-West, zog das Team aber während der Saison aus finanziellen Gründen zurück. Die Sportler der Leichtathletik-Abteilung machten durch Erfolge bei überregionalen Meisterschaften auf sich aufmerksam. Die ehemalige Fünfkampf-Weltrekordhalterin Lena Stumpf wurde 1949 als bisher einzige Ostfriesin Sportlerin des Jahres. Einem männlichen ostfriesischen Sportler gelang ein solcher bislang nicht. Die Ruderin Christina Hennings, die 2006 Vizeweltmeisterin mit dem Frauenachter wurde, startet für den 1903 gegründeten Ruderverein Leer.

Leer verfügt über ein Hallen- und ein Freibad. Größtes Stadion der Stadt ist das Hoheellern-Stadion des VfL Germania.

Religionen

Christentum

Große Kirche, Hauptkirche der Reformierten in Deutschland

Leer ist traditionell protestantisch ausgerichtet, und so gibt es im Stadtgebiet vor allem lutherische und reformierte Kirchengemeinden. Die Evangelisch-reformierte Kirche hat ihren Hauptsitz in Leer. Weiterhin ist das religiöse Leben der Stadt von Vielfalt geprägt. In Leer gibt es unter anderem Gemeinden der Katholiken, Pfingstbewegung, Baptisten, Mennoniten, Methodisten, Adventisten, der Neuapostolischen Kirche und der Mormonen.

In der Stadt bestehen sieben lutherische Kirchengemeinden: die Lutherkirchengemeinde und die Christuskirchengemeinde Leer, die Paulusgemeinde Heisfelde, die Petruskirchengemeinde und die Friedenskirchengemeinde Loga, die Matthäikirchengemeinde Bingum und die Kirchengemeinde Logabirum. Reformierte Kirchengemeinden gibt es in Nüttermoor, Loga und in der Kernstadt mit den Gemeindebezirken Große Kirche und Heisfelde. Die Katholiken sind mit der St.-Marien-Gemeinde Loga und der St.-Michael-Gemeinde Leer vertreten.

Judentum

Die jüdische Gemeinde in Leer bestand über einen Zeitraum von rund 300 Jahren von ihren Anfängen im 17. Jahrhundert bis zu ihrem Ende am 23. Oktober 1941. Die Stadt war vor 1933 ein Zentrum des deutschen Viehhandels und infolgedessen für die im Viehhandel tätigen ostfriesischen Juden ein zentraler Ort, weshalb sich die Gemeinde bis 1925 mit 289 Mitgliedern zur drittgrößten in Ostfriesland entwickelte. Nach 1933 begann die Ausgrenzung und Verfolgung der Juden, die hier dennoch aufgrund ihrer Bedeutung für den Viehhandel erst ab Mitte der dreißiger Jahre völlig aus dem Wirtschaftsleben entfernt werden konnten. Die 1883 bis 1885 erbaute Synagoge der jüdischen Gemeinde wurde in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 zerstört. Schätzungsweise 90 Prozent der Leeraner Juden sind im Holocaust umgekommen, die wenigen Überlebenden über die ganze Welt verstreut.

An die Jüdischen Einwohner der Stadt wird heute mit einer Gedenktafel auf dem jüdischen Friedhof erinnert. Eine Gedenkstätte für die zerstörte Synagoge an der Heisfelder Straße befindet sich seit 2002 direkt gegenüber dem einstigen Standort de Gotteshauses. Die Stätte wurde vollständig durch Spenden von Leeraner Bürgern finanziert. An der Stelle der alten Synagoge ist lediglich eine Gedenktafel angebracht, da auf dem Grundstück mittlerweile eine Autowerkstatt steht. So konnte den Gerüchten über eventuell noch unversehrte Kellergewölbe der Synagoge noch nicht nachgegangen werden.

Siehe auch: Jüdische Gemeinde Leer

Wirtschaft und Infrastruktur

Leer ist in erster Linie eine Dienstleistungsstadt und gilt als die Einkaufsstadt Ostfrieslands. Sie weist die höchste Einzelhandelszentralität unter den ostfriesischen Städten auf, die 2007 bei 170 Prozent lag.[17] Aurich kam im selben Jahr auf 153,[18] Emden auf 116 Prozent.[17]

Eine Reihe von Industrieunternehmen und Seereedereien hat ihren Sitz in Leer. Die Landwirtschaft spielt aufgrund der geringen von ihr genutzten Fläche von 70 Quadratkilometern keine größere Rolle.

Daten zur Arbeitslosigkeit in der Stadt Leer werden nicht erhoben. Im Geschäftsbereich Leer der Agentur für Arbeit, der den Landkreis Leer ohne Borkum umfasst, lag die Arbeitslosenquote im November 2009 bei 8,3 Prozent.[19] Sie lag damit einen Prozentpunkt über dem niedersächsischen Durchschnitt.

Ansässige Unternehmen

Zentrallager der Firma Bünting

Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich Leer mit mehr als 15 Reedereien und über 390 Schiffen zu einem der größten deutschen Reederei-Standorte entwickelt. [20] An Land werden bei den Reedereien sowie in deren Umfeld, etwa im Bereich der Schiffsfinanzierung, mehrere hundert Arbeitnehmer beschäftigt.[21] Leer ist Sitz mehrerer regionaler Banken, weitere haben in der Hafenstadt Niederlassungen.

Mit der Bünting-Gruppe hat ein großes deutsches Handelsunternehmen seinen Sitz in Leer und in der Nachbargemeinde Nortmoor direkt an der Stadtgrenze ein Verteilzentrum . Zu Bünting gehören u. a. die Combi-Verbrauchermärkte, Famila Nordwest und Markant Nordwest. Das Unternehmen beschäftigt zirka 6000 Mitarbeiter, davon jedoch nur einen Teil in Ostfriesland. Der Name Bünting ist in der Öffentlichkeit allerdings vor allem mit dem zugehörigen Teehandelshaus verknüpft, das als eines von dreien in Ostfriesland den echten Ostfriesentee herstellt. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahre 1806.

Die ELV Elektronik AG hat ihren Sitz in Leer-Logabirum und beschäftigt zirka 300 Mitarbeiter. Seit 1925 sitzt in Leer auch die Egbert Wilts GmbH, einer der führenden Großhändler für Farben, Tapeten und Bodenbeläge Norddeutschlands. Wilts beschäftigt in Leer und in 14 auswärtigen Niederlassungen zirka 250 Menschen.[22] Im Leeraner Hafen ist das Umschlag- und Logistikunternehmen Rhenus vertreten. Weitere im Hafen ansässige Industriebetriebe sind ein Werk der ADM Hamburg Aktiengesellschaft, die Werft Ferus Smit und die zur Interseroh-Gruppe gehörende Firma Evert Heeren (Recycling und Rohstoffe).

Einige traditionsreiche Industriebetriebe befinden sich in der Stadt. Seit 1889 ist die Firma Neemann in Leer ansässig – zunächst als Verlag und Produzent von Papierbeuteln. Heute beschäftigt sie rund 200 Mitarbeiter und beliefert viele Konsumgüterhersteller und Händler mit Kunststofffolien und -beuteln. Das 1873 gegründete Leda-Werk in Leer stellt gusseiserne Bauteile für die Industrie sowie Kaminöfen, Heiz- und Kamineinsätze her. Ostfriesische Spirituosenspezialitäten werden seit 1879 von der Firma Folts & Speulda produziert, darunter der Kruiden.

In Leer sind auch Unternehmen der IT-Branche ansässig. Die Orgadata AG entwickelt Software für die Metallbaubranche und beschäftigt mehr als 140 Mitarbeiter, jedoch nur einen Teil davon in Leer.

Die Firma Logaer Maschinenbau im Stadtteil Loga ist unter anderem Zulieferer für den Auricher Windenergieanlagen-Hersteller Enercon. Für das Volkswagenwerk Emden produziert der Zulieferer Kautex im Gewerbegebiet Nüttermoor die Tanks für den VW Passat. Der Oldenburger Energieversorger EWE unterhält südlich des Gewerbegebietes einen Erdgasspeicher. Das auf Anlagen zur Stromerzeugung spezialisierte Unternehmen Jovyatlas produziert in Leer.

Öffentliche Einrichtungen

Leer ist Sitz der Kreisverwaltung des Landkreises Leer. Außerdem befinden sich in der Stadt ein Amtsgericht, ein Finanzamt und ein Katasteramt als Außenstelle der niedersächsischen Landesbehörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften (Bezirk Aurich). Alle drei sind für den Kreis Leer zuständig, mit Ausnahme Borkums, das von Emden aus betreut wird.

Leer ist Sitz der Evangelisch-reformierten Kirche und des Bezirksrentamtes der Kirche. Die lutherische Kirche unterhält in Leer das Kirchenkreisamt für den Landkreis.

Das Kommando Schnelle Einsatzkräfte Sanitätsdienst (Kdo SES) ist als Teil der Eingreifkräfte des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr mit ca. 900 Soldaten in der von-Lettow-Vorbeck-Kaserne in Leer stationiert.

Die Polizei ist mit mehreren Dienststellen vertreten. Leer ist Sitz der Polizeiinspektion Leer/Emden, zuständig für den Landkreis Leer und die Stadt Emden. An der Autobahn-Anschlussstelle Leer-West befindet sich ein Kommissariat der Autobahnpolizei. Auch die Wasserschutzpolizei besitzt eine Dienststelle in der Stadt. Der Zoll unterhält ein Zollamt in Leer. Die Bezirksstelle Leer der Agentur für Arbeit ist für den Landkreis Leer mit Ausnahme Borkums sowie den nördlichen Emsland zuständig. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Emden hat in Leer eine Außenstelle.

Der Leda-Jümme-Verband, bestehend aus einer Deichacht und einem Entwässerungsverband, hat seinen Sitz in Leer. Der Verband ist zuständig für den südöstlichen Teil des Landkreises Leer, sowie Teile der Nachbarkreise Ammerland, Cloppenburg und Emsland.[23] In der Stadt gibt es auch Außenstellen der Landwirtschaftskammer Weser-Ems und des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für Ostfriesland.

Das Kreiskrankenhaus in Leer wird vom Landkreis Leer, das Borromäus-Hospital von der katholischen Kirche getragen. Das DRK ist im Auftrag des Landkreises Leer für den Rettungsdienst zuständig. Ihm unterstehen sechs Rettungswachen in Leer (Hauptsitz), Borkum, Bunderhee, Hesel, Rhauderfehn und Weener.

Medien

In Leer ist die Ostfriesen-Zeitung ansässig, die in ganz Ostfriesland erscheint. Der im Rheiderland liegende Ortsteil Bingum befindet sich auch im Verbreitungsgebiet der Rheiderland-Zeitung. In der Stadt gibt es ein Studio des Bürgerrundfunksenders Radio Ostfriesland. Verschiedene anzeigenfinanzierte Blätter (Ostfriesland Kompakt, Sonntags-Report, Kurier am Freitag, Leer Aktuell u. a.) erscheinen wöchentlich beziehungsweise monatlich und ergänzen die lokale Berichterstattung. Einige kleine Verlage wie Schuster, Rautenberg und De Utrooper geben Literatur zu regionalen Themen heraus. Im Ortsteil Nüttermoor steht ein Fernmeldeturm mit einer Höhe von 160 Metern. Er ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Bildung

Ubbo-Emmius-Gymnasium

In Leer gibt es sieben städtische Grundschulen und mehrere weiterführende Schulen. Dazu gehören das Teletta-Groß-Gymnasium und das Ubbo-Emmius-Gymnasium, die mit weit mehr als 1000 Schülern zu den größeren Gymnasien in Niedersachsen zählen. Das Ubbo-Emmius-Gymnasium ist nach dem Johannes-Althusius-Gymnasium Emden und dem Ulrichsgymnasium Norden das drittälteste Gymnasium Ostfrieslands und zählt zu den ältesten Schulen im deutschsprachigen Raum (16. Jahrhundert). Die Berufsbildenden Schulen in Leer bieten mehrere gymnasiale Oberstufen mit fachlicher Ausrichtung an. In Leer gibt es sieben Grundschulen: je eine in den Ortsteilen Heisfelde, Loga, Logabirum und Bingum sowie drei in der Kernstadt. Weiterhin sind zwei Realschulen, eine Hauptschule und zwei Förderschulen in der Stadt zu finden. Die Gymnasien und Berufsbildenden Schulen befinden sich in Trägerschaft des Landkreises, für die übrigen Schulen ist die Stadt der Träger. Die traditionsreiche Seefahrtschule in Leer, heute das Institut für Seefahrt am Fachbereich Wirtschaft, ist Teil der Fachhochschule Emden/Leer. Leer ist Sitz der Volkshochschule des Landkreises, der Berufsakademie Ost-Friesland, der Kreismusikschule, des Studienseminars Leer, der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie und anderer privater Bildungseinrichtungen.

Verkehr

Leer, das „Tor Ostfrieslands“

Leer befindet sich am Schnittpunkt der wichtigsten Ost-West- und der Nord-Süd-Verkehrsachsen in Ostfriesland, sowohl im Straßen- als auch im Schienenverkehr. Zudem liegt sie mit der Ems an einer Bundeswasserstraße. Leer und Emden sind damit die am verkehrsgünstigsten gelegenen Städte Ostfrieslands – wobei Emden den Vorteil der größeren Seenähe sowie des tieferen Fahrwassers hat, während Leer südlicher gelegen ist und eine Schnittstellenfunktion hat. Die Stadt Leer bezeichnet sich daher auch als Tor Ostfrieslands.

Straßenverkehr

Leer ist an die beiden Bundesautobahnen A 28 (Bremen−Oldenburg−Leer) und A 31 (Emden−Leer−Bottrop) angeschlossen. Auf dem Gebiet der Stadt gibt es vier Autobahnauffahrten. Dies sind von West nach Ost: Jemgum (westlich der Ems), Leer-West, Leer-Nord und Leer-Ost. Im Norden der Stadt befindet sich das Autobahndreieck Leer mit der A 28 und der A 31. Im Nordwesten der Stadt liegt der Emstunnel im Zuge der A 31. Der Tunnel ist nach dem Elbtunnel in Hamburg der zweite im Mündungsbereich eines deutschen Stroms, der wegen der großen Höhe der den Fluss passierenden Seeschiffe angelegt wurde. Eine Brücke über die Ems hätte enorme Ausmaße annehmen müssen: Die Kreuzfahrtschiffe der emsaufwärts gelegenen Meyer Werft in Papenburg ragen mehr als 40 Meter aus dem Wasser.

Durch die Stadt führt in Nord-Süd-Richtung die B 70, die nördlich von Leer bei Neermoor beginnt und im Süden in Richtung Emsland führt. Sie kreuzt die A 28 an der Anschlussstelle Leer-Nord im Norden der Stadt. Südlich von Leer nimmt die B 70 die B 438 auf. Diese bindet das gesamte Overledingerland, den südöstlichen Teil des Landkreises Leer, an die Kreisstadt an und wird entsprechend stark befahren. Die von West nach (Nord-)Ost verlaufende B 436 führt ebenfalls durch Leer. Sie beginnt an der Ansschlusstelle Weener der A 31 und erreicht südlich des Stadtteils Bingum das Leeraner Stadtgebiet. Auf der Jann-Berghaus-Brücke überquert sie die Ems. Halbkreisförmig führt die Bundesstraße nördlich um Innenstadt herum; sie wurde in den späten 1960er-Jahren teils vierspurig als Stadtring ausgebaut. Im Ortsteil Loga knickt sie in nordöstliche Richtung ab, kreuzt die A 31 an der Anschlussstelle Leer-Ost und führt weiter in Richtung Hesel bis nach Sande. Von Leer bis zur niederländischen Grenze sind es circa 20 Kilometer. Vom Stadtteil Bingum aus führt die Landesstraße 15 bis nach Oldendorp in der Gemeinde Jemgum und erschließt damit das nördliche Rheiderland.

Wegen der zentralen Lage als Verkehrsknotenpunkt verkehrt eine ganze Reihe von Buslinien von und nach Leer. Von besonderer Wichtigkeit für die Nachbarkreisstadt Aurich ist die Schnellbuslinie, die die beiden Städte verbindet. Da in Aurich keine Personenzüge verkehren, sichert der Schnellbus die Anbindung ans nationale Schienennetz in Leer. Die Fahrzeiten sind auf die Zughalte in Leer ausgerichtet. Überlandverbindungen gibt es auch nach Emden, Papenburg, Westerstede, Wiesmoor und in alle Gemeinden des Landkreises. Im Stadtverkehr gibt es eine Buslinie in Ost-West-Richtung, die von Logabirum über die Innenstadt nach Bingum und zurück führt. Im Jahr 2002 wurde die Stadt in einem landesweiten Wettbewerb wegen der großen Anzahl von Fahrradstraßen als fahrradfreundlichste Kommune Niedersachsens ausgezeichnet.[24]

Bahnverkehr

Verkehrsachsen in Ostfriesland: Die Stadt Leer (untere Bildmitte) ist der Verkehrsknotenpunkt der Region

Der Leeraner Bahnhof ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt für Ostfriesland. Dort kreuzen sich drei Bahnlinien: die Emslandstrecke von Münster über Rheine nach Emden (– Norddeich Mole), die Bahnstrecke Oldenburg–Leer und die Bahnstrecke Leer–Groningen. Während die Emslandstrecke zweigleisig ausgebaut, elektrifiziert und wegen der früheren Erztransporte von Emden ins Ruhrgebiet für den Schwerstlastverkehr ausgelegt ist, sind die anderen beiden Strecken lediglich eingleisig. Die Strecke nach Oldenburg ist elektrifiziert, die nach Groningen wird von dieselgetriebenen Fahrzeugen befahren.

Tägliche InterCity-Verbindungen bestehen, von Norddeich kommend, nach Luxemburg (über Münster und Köln) sowie nach Leipzig bzw. Berlin/Cottbus (über Bremen und Hannover). Die Verbindung nach Luxemburg wird zweistündlich bedient, die nach Leipzig vierstündlich, wobei täglich ein Zug stattdessen ab Magdeburg einen veränderten Laufweg über Berlin und Cottbus nimmt. Außerhalb des vertakteten Fernverkehrs hält zusätzlich ein IC-Zugpaar auf der Relation Emden–Stuttgart, sowie ein einzelner IC Bodensee nach Konstanz.

Der Emsland-Express, ein Regionalexpress von Emden nach Münster, fährt stündlich. Auf der vom Bahnunternehmen Arriva betriebenen Verbindung nach Groningen besteht im Abschnitt Leer–Nieuweschans ein Zweistundentakt, während der Abschnitt vom Grenzbahnhof nach Groningen halbstündlich bedient wird. Die Bahnstrecke wird seit 2002 nach einer zwischenzeitlichen Einstellung des Verkehrs auf der deutschen Teilstrecke wieder in ihrer vollen Länge befahren. Bis 2006 mussten die Fahrgäste in Nieuweschans umsteigen, da unterschiedliche Signalanlagen in beiden Ländern existierten.

Die 1898 gegründete Kleinbahn Leer–Aurich–Wittmund, die ein Jahr später den Fahrbetrieb aufgenommen hatte, stellte den Verkehr 1956 ein. Auf der Trasse wurde inzwischen der Ostfriesland-Wanderweg angelegt.

Flugverkehr

Im nördlichen Stadtteil Nüttermoor liegt der Flugplatz Leer-Papenburg. Mit nationalen und internationalen Charterflügen und dem Werksverkehr von Unternehmen aus der Region Leer/Papenburg nimmt der Flugplatz Leer eine führende Position unter den Flugplätzen in Niedersachsen ein. Gesellschafter der Betreiber-GmbH sind unter anderem die Landkreise Leer und Emsland, die Städte Leer und Papenburg sowie Unternehmen aus der Region.[25] Außerdem wird der Flugplatz von Hobbyfliegern benutzt. Angeflogen werden auch die Ostfriesischen Inseln. Der Flugplatz verfügt über Nachtbefeuerung, Betankungsanlage sowie Zoll- und Grenzabfertigung. Der nächstgelegene internationale Verkehrsflughafen ist Bremen.

Hafen

Der Hafen der Stadt Leer ist ein kommunaler See- und Binnenhafen, der von den Stadtwerken Leer, einem Tochterunternehmen der Stadt, betrieben wird. Er besteht aus zwei Hafenbecken, dem Handelshafen und dem Industriehafen. Für den Umschlag wird vorrangig noch der Industriehafen genutzt. Umschlagsgüter sind Biodiesel, Pflanzenöle, Getreide, Futtermittel, Dünger, Steine und Erden sowie Eisen und Stahl(-schrott). [26] Der Hafen liegt 48 Seemeilen (knapp 89 Kilometer) von der Emsmündung bei Borkum entfernt. Durch eine Schleuse ist er von Leda und Ems abgetrennt. Die Seeschleuse erlaubt die Einfahrt von Schiffen bis zu 140 Meter Länge. Das Hafenbecken kann Schiffe bis zu sechs Meter Tiefgang aufnehmen. Der Hafen verzeichnete im Jahr 2000 sein bestes Umschlagsergebnis mit rund 1,12 Millionen Tonnen, musste seither aber einen Rückgang hinnehmen. 2006 wurden noch rund 612.000 Tonnen be- und entladen.[27] Zu den technischen gründen für den Rückgang zählen eine zunehmende Verschlickung des Hafens[28] und gelegentliche technische Probleme an der Seeschleuse. Der Hafen ist zudem von einen kleinen Zahl von Kunden abhängig, das wirtschaftlche Auf und Ab dieser Unternehmen schlägt daher schnell auf den Hafenumschlag durch. Ein Teil des Leeraner Hafens dient nicht mehr dem Hafenbetrieb, sondern ist Freizeithafen für Skipper.

Personen und Persönlichkeiten

→ Hauptartikel: Liste Leeraner Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

In der Wissenschaft wurde der Publizist und Historiker Onno Klopp (1822–1903) vor allem als Historiograf des Welfenhauses bekannt. In Leer geboren wurde auch der Naturwissenschaftler und Philosoph Bernhard Bavink (1879–1947), dem Nähe zum NS-Regime vorgeworfen wurde.

Der ostfriesische Häuptling Focko Ukena (1370–1436) machte Leer zeitweise zur führenden Stadt Ostfrieslands. Hermann Lange (1912-1943), Priester und NS-Opfer, wurde in der Stadt geboren. Seine Seligsprechung wurde für 2011 angekündigt. Der Bundestagsabgeordnete der SPD Garrelt Duin (* 1968) wurde in Leer geboren, hat seinen Wahlkreis aber in der Nachbarschaft. Er lebt inzwischen in Hinte und vertritt den Wahlkreis Aurich/Emden. Duin ist zudem Landesvorsitzender der niedersächsischen SPD.

Mehrere Künstler wurden in Leer geboren. Unter den Schriftstellern sind Albrecht Janssen (1886-1972) und Wilhelmine Siefkes (1890–1984) zu nennen. Der Maler und Grafiker Heiner Altmeppen (* 1951) wurde in Leer geboren, ebenso Peter Ehlebracht (* 1940), der – wie auch der in Leer aufgewachsene, aber in Emden geborene – Karl Dall Mitglied der Komikerband Insterburg & Co war. H.P. Baxxter (bürgerlich: Hans Peter Geerdes; * 1966), ist Frontmann der Techno-Band Scooter.

Im Bereich des Sports ist die Leichtathletin Lena Stumpf (* 1924) zu nennen, die 1949 zur Sportlerin des Jahres gewählt wurde. In jüngerer Zeit sind die Beachvolleyballerin Okka Rau (* 1977) und die Ruderin Christina Hennings (* 1984) zu nennen, die 2006 Vizeweltmeisterin mit dem Frauenachter wurde.

Weitere Persönlichkeiten

Der Theologe, Historiker, Pädagoge und Gründungsrektor der Universität Groningen (Niederlande) Ubbo Emmius (1547–1625), geboren in Greetsiel, war mehrere Jahre lang an der Leeraner Lateinschule tätig. Der Theologe Johann Ludwig Hinrichs (1818–1901), Mitbegründer der deutschen Baptistengemeinden, war von 1849 bis 1853 der erste Pastor der Baptistengemeinde Leer.

In Leer leben mittlerweile der Sprachwissenschaftler und Spezialist für Saterfriesisch und Plattdeutsch, Marron Curtis Fort (* 1938), sowie der Fernsehmoderator des Norddeutschen Rundfunks, Ludger Abeln (* 1964).

In der Vergangenheit waren Josef Piontek (* 1940), Fußballspieler und Trainer (begann seine Karriere beim VfL Germania Leer) und Ernst Reuter (1889–1953), deutscher Politiker und Bürgermeister West-Berlins, Einwohner der Stadt Leer.

Der Komiker Karl Dall (* 1941 in Emden) absolvierte in Leer seine Lehre als Schriftsetzer.

Einzelnachweise

  1. Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus 2022, Stand 31. Dezember 2024 (Hilfe dazu).
  2. Informationen zum Reederei-Standort Leer
  3. Arbeitsgruppe der Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft, Paul Weßels: Stadt und Landkreis
  4. Eberhard Rack: Kleine Landeskunde Ostfriesland. Isensee Verlag, Oldenburg 1998, ISBN 3-89598-534-1, S. 13 (Grafik)
  5. a b c d Paul Weßels, Ortschronisten der Ostfriesischen Landschaft: Leer, Stadt und Landkreis.
  6. Heinrich Schmidt: Politische Geschichte Ostfrieslands. Rautenberg, Leer 1975 (Ostfriesland im Schutze des Deiches, Bd. 5), S. 78.
  7. www.leer.de, Menü Die Stadt/Geschichte/Einwohnerzahlen
  8. Wahlkreis 85 Emden/Norden, Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik.
  9. Wahlkreis 26 Unterems, Quelle: Der Bundeswahlleiter.
  10. www.leer.de: Wappen
  11. www.leer.de Menüpunkte Die Stadt und Städtepartnerschaften/Patenschaften
  12. Gottfried Kiesow: Architekturführer Ostfriesland. Verlag Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2010, ISBN 978-3-86795-021-3, S. 5.
  13. Ostfriesen-Zeitung, 27. August 2009
  14. www.leer.de: Leer Maritim
  15. Deutscher Teeverband Jahresbericht für 2008, pdf-Datei, S. 5
  16. Jahresrückblick 2009 der Stadt Leer, pdf-Dokument, 23 S., S. 14
  17. a b Emder Zeitung, 6. August 2008, Seite 4
  18. Ostfriesischer Kurier, 13. Februar 2008, S. 12
  19. Arbeitsmarktzahlen November 2009 der Agentur für Arbeit Leer, pdf-Datei (27 Seiten), S. 8
  20. Übersicht über die Reedereien an der Ems
  21. Wirtschaftsbeilage der Nordwest-Zeitung, 15. Oktober 2003, S. 4
  22. Webseite der Firma
  23. Webseite des Leda-Jümme-Verbands
  24. www.leer.de: Fahrradfreundliche Stadt Leer
  25. Daten des Flugplatzbetreibers
  26. Webseite der IHK für Ostfriesland und Papenburg über die Häfen (herunterscrollen)
  27. www.leer.de Menü Die Stadt/Zahlen, Daten, Fakten/Kommunaler See- und Binnenhafen
  28. Ostfriesen-Zeitung, 30. Juli 2008
Commons: Leer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Enno Eimers: Kleine Geschichte der Stadt Leer, Verlag Schuster, Leer 1993, ISBN 3-7963-0293-9
  • Menna Hensmann, Günther Boekhoff: Dokumentation Leer 1933-1945. Verlag Risius, Weener 2001, ISBN 3-887610-73-3
  • Norbert Fiks: Novemberrevolution. Leer unter dem Arbeiter- und Soldatenrat 1918/1919, Leer 2007, ISBN 3-837001-23-7
  • Stadt Leer (Hrsg.): Leer: Gestern - Heute - Morgen, Leer 1973, ISBN 3-7921-0127-0
  • Eva Requardt-Schohaus: Leer – Leda-Stadt mit bewegter Geschichte. Verlag SKN, Norden 2005, ISBN 3-928327-844