Constantin Brâncuși

Constantin Brâncuşi [19. Februar 1876 in Peştişani, Rumänien; † 16. März 1957 in Paris) war ein rumänisch--französischer Bildhauer der Moderne. Brâncuşi zählt zu den einflussreichsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts, der mit Auguste Rodin, den der Künstler kannte und bewunderte, die Skulptur am nachhaltigsten beeinflusste, indem er mit der wirklichkeitsgetreuen Wiedergabe von Objekten brach. Seine plastischen Arbeiten in Bronze und Marmor zeigen oft abstrakte eiförmige Köpfe und fliegende Vögel.
] (*Die genaue Rekonstruktion seines Pariser Ateliers ist heute Bestandteil des Musée National d’Art Moderne in Paris.
Leben
Kindheit und Studium
Brâncuşi wurde am 19. Februar 1876 in Peştişani-Gorj Weiler Hobiţa, Oltenia, im Süden Rumäniens aus zweiter Ehe von Nicolae Brâncuşi (* 1831) und dessen Frau Maria Deaconescu (1852–1919) geboren. Sein Vater, der als wohlhabender Mann die Ländereien um das Kloster Tismana verwaltete, hatte aus erster Ehe bereits drei Söhne und aus zweiter Ehe zwei Söhne, die später geborene Tochter Eufrosina kam kurz nach seinem Tod zur Welt.[1] Nach eigenen Angaben besuchte Brâncuşi von 1884 bis 1887 die Grundschule in Peştişani. 1887 lief er von zu Hause weg, erreichte Ende März Târgu Jiu und arbeitete zunächst für einige Monate bei einem Färber. 1888 verließ er die Stadt, nachdem er als Kellner in einem Café gearbeitet hatte, und verbrachte einige Zeit in Peştişani bei seinem Halbbruder Neneal Ion, der eine Schankwirtschaft betrieb. 1889 zog er nach Craiova, arbeitete in einem Kolonialwarengeschäft und zog im September 1892 in die benachbarte Stadt Slatina, wo er bei einer verwitweten Krämerin eine Arbeitsstelle fand.[2]
Ab 1894 studierte Brâncuşi an der Kunstgewerbeschule in Craiova, die er bis 1898 besuchte. Im selben Jahr wurde er von der Kunstakademie in Bukarest aufgenommen, nachdem er in der Aufnahmeprüfung eine Kohlezeichnung nach einer Gipsfigur angefertigt hatte, die Laokoon darstellte. Nachdem er 1898 von der Einberufung zum Militärdienst zurückgestellt wurde, musste er im darauf folgenden Jahr zweimal den Nachweis eines andauernden Studiums erbringen. Als er im Jahr 1901 nicht auf seine Einberufung reagierte, wurde er daraufhin zum Dienstpflichtverweigerer erklärt. 1902 erhielt er sein Diplom; eine Bescheinigung bevollmächtigte ihn jedoch, seine Studien im Atelier der Akademie fortzusetzen. Am 1. April 1902 wurde Brâncuşi einberufen, musste jedoch aufgrund seines Diploms nur ein Jahr anstelle der vorgeschriebenen drei Jahre dienen. Brâncuşi konnte mit der Hilfe seines Freundes, des Malers Jean Alexandru Steriadi, dessen Vater ein Verwaltungsbeamter war und der ein gutes Wort für den jungen Bildhauer eingelegt hatte, dieses eine Jahr mit Kranken- und Sonderurlaub hinter sich bringen. 1903 brach er zu Fuß nach Paris auf; er erreichte die Stadt am 14. Juli 1904 nach Zwischenaufenthalten in Wien, München – wo er eine Zeitlang arbeitete – und Langres.[3]
Studium in Paris und erste Ausstellungen

In der französischen Hauptstadt verdiente Brâncuşi zunächst seinen Lebensunterhalt als Geschirrspüler in der Brasserie Chartier. Im März 1905 bezog Brâncuşi eine Mansarde am Place de la Bourse Nr. 10. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nahm er für die Osterzeit eine Arbeit als Messdiener in der rumänisch-orthodoxen Kirche in der Rue Jean-de-Beauvais an. Ab dem 23. Juni wurde Brâncuşi nach bestandener Prüfung an der École des Beaux-Arts in Paris aufgenommen, an der er bis 1907 in der Bildhauerklasse bei Antonin Mercié studierte. Am 27. Oktober musste Brâncuşi seine von Ratten befallene Mansardenwohnung verlassen und zog in die Place Dauphine Nr. 16. Mit den Gipsskulpturen L’Enfant (Das Kind), 1906, und L’Orgeuil (Der Stolz) aus dem Jahr 1905 beteiligte er sich erstmals an Ausstellungen im Salon der Societé Nationale des Beaux-Arts sowie im Salon d’Automne. Bei einer weiteren Ausstellung des Salons der Societé Nationale des Beaux-Arts, in der Brâncuşi vier seiner Arbeiten zeigen konnte – die Bronze Portrait de Nicolae Drascu sowie die Gipse Le Supplice (Die Qual) und zwei Kinderköpfe Tète d’Enfant –, traf er auf Auguste Rodin, der sein Werk L’Homme qui marche (Der Schreitende) von 1878 ausstellte.[4]
Paris – Ausstellung in der Armory Show
1907 verließ er die École des Beaux-Arts und arbeitete ab Ende März oder Anfang April dieses Jahres zunächst für Rodin. Am 18. April erhielt er auf Fürsprache des rumänische Malers Ştefan Popescu hin einen Auftrag für ein Friedhofsdenkmal, das die Witwe eines Petro Stanescu für ihren Ehemann auf dem Friedhof Dumbrava in Buzău, Rumänien, errichten lassen wollte. Da Brâncuşi für dieses Grabmal einen zwei Meter hohen Sockel für die Büste des Verstorben vorsah, benötigte er aufgrund der Ausmaße des Werks ein Atelier im Erdgeschoss und fand es im März 1908 in der Rue de Montparnasse Nr. 54[5], in Nachbarschaft des amerikanischen Malers und Fotografen Edward Steichen. Er lebte und arbeitete dort bis zum 10. Oktober 1916. In diesem Jahr stellte Brâncuşi im Salon d’Automne aus und begegnete der Baronin Renée Frachon, die ihm zwischen dem 1. Januar 1908 bis in das Jahr 1910 in mehreren Sitzungen Modell stand, und deren Mann.[1][6]
In Paris entwickelte sich ab 1908 eine enge Freundschaft mit Henri Matisse und Fernand Léger, Marcel Duchamp, Henri Rousseau, Alexander Archipenko und Amedeo Modigliani, den Brâncuşi 1909 durch Paul Alexandre kennengelernt hatte[7] und der ihn im gleichen Jahr in Livorno porträtierte. Mit Léger und Duchamp besuchte er im Dezember dieses Jahres den Salon d’Aviation. 1910 traf er auf Margit Pogány, eine ungarische Malerin, die zu dieser Zeit in Paris studierte und die er unter anderem in der in weißem Marmor gehaltenen Skulptur Mademoiselle Pogány I aus dem Jahr 1912 verewigte. Auf dem Friedhof Montparnasse wurde 1911 die Arbeit Der Kuss von 1909 auf dem Grab von Tanioucha Rashewskaia installiert, die aufgrund einer unglücklichen Ehe Selbstmord verübt hatte. Dem Sockel des Grabmals gravierte der Bildhauer in kyrillischen Buchstaben die Worte „Tanioucha Rashewskaia, geboren am 6. April 1887, gestorben am 22. November 1910, lieb, liebenswert, geliebt“ ein und pflanzte Efeu, eine Pflanze, für die der Künstler eine Vorliebe besaß, am Fuß des Sockels an.[8] Am 15. Mai 1912 bezog Brâncuşi ein zweites Atelier auf der Rue de Montparnasse Nr. 47, gegenüber seines ersten Ateliers auf dieser Straße und fertigte im selben Jahr Mademoiselle Pogány II in Marmor an.

Im Vorfeld der Vorbereitungen der großen Ausstellung Armory Show, die in New York stattfinden sollte, kamen Arthur B. Davies, Walt Kuhn und Walter Pach im Dezember nach Paris, um nach Kunstwerken Ausschau zu halten. Von Brâncuşi erbaten sie vier Skulpturen – Une Muse (Eine Muse), 1912, Marmor, La Muse endormie I (Die schlummernde Muse I), 1909, Marmor; Mademoiselle Pogány I, 1912, Gips; und Le Baiser (Der Kuß), 1912, Stein –, die er in die Verpackungsfirma Pottier bringen solle.[9]

Im Jahr 1913 war er mit den erwähnten Werken an der legendären Armory Show in New York vertreten, begegnete Henri Gaudier-Brzeska, und hatte im darauffolgenden Jahr in der Galerie 291 des bekannten Fotografen und Galeristen Alfred Stieglitz seine erste Einzelausstellung mit acht Arbeiten. Die Auswahl der Werke wurde von Edward Steichen vorgenommen, die Verschiffung der Arbeiten wurde von dem Kunstsammler-Ehepaar Agnes und Eugene Meyer bezahlt, die zu lebenslangen Freunden des Künstlers werden sollten.[6][10]
1914 beteiligte sich Brâncuşi an verschiedenen Treffen, so an denen in der Closerie des Lilas stattfindenden „Dienstagsversammlungen“ um den Dichter Paul Fort, an denen auch Fernand Léger, Blaise Cendrars, Jean Cocteau, Erik Satie und später, um 1918, Germaine Tailleferre und die anderen der Groupe des Six, Arthur Honegger, Darius Milhaud, Georges Auric, Francis Poulenc und Louis Durey, teilnahmen. Hinzu kamen die „Diners de Pussy“, der Kreis um Guillaume Apollinaire sowie die Zusammenkünfte mit den Künstlern, Philosophen und Mathematikern der „Puteaux-Gruppe“.[11]
Erster Weltkrieg
Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs blieb Brâncuşi als rumänischer Staatsbürger in Paris. Im August 1914 fuhr er mit der Freundin Steichens nach Voulangis, um dort von gesammelter Wolle Kopfschützer, Handschuhe und Strümpfe für die Soldaten stricken zu lassen, und stellte dem Roten Kreuz sein Atelier zur Verfügung. Die amerikanischen Künstler, darunter auch Edward Steichen, hatten Paris bereits seit Kriegsausbruch verlassen; 1915 folgten ihnen die Franzosen, wie Francis Picabia, Albert Gleizes, Jean Crotti und Marcel Duchamp nach. Brâncuşi spendete, wie auch unter anderem Pierre-Auguste Renoir, Auguste Rodin, Pierre Bonnard, Antoine Bourdelle, Henri Matisse und Pablo Picasso, für eine am 28. Dezember in der Galerie Bernheim-Jeune am Boulevard de la Madelaine Nr. 15 eröffneten Ausstellung zugunsten polnischer Künstler, die Opfer des Kriegs geworden waren, einige Werke.
Am ersten Tag des Jahres 1916 mietete Brâncuşi ein neues geräumigeres Atelier in der Impasse Ronsin Nr. 8, wo er sich auch seine Wohnung einrichten konnte, behielt für einige Zeit jedoch noch sein Atelier auf der Rue de Montparnasse. Der ersten Erfolg, den Brâncuşi durch die im Jahre 1913 stattgefundene Ausstellung in der Armory Show in den Vereinigten Staaten erlangte, wurde 1916 durch den Ankauf des Marmorkopfes Le Nouveau-Né I, 1916, von der im Oktober 1915 von Marius de Zayas gegründeten und von Agnes E. Meyer eröffneten Modern Gallery untermauert. Im gleichen Jahr verweigerte Brâncuşi den Wehrdienst und wurde am 8. November 1917 endgültig vom Dienst befreit.[12]
Begegnung mit den Dadaisten
Constantin Brâncuşi
Princesse X, 1916
Polierte Bronze
Musée National d’Art Moderne,
Atelier Brancusi, Paris
Link zum Bild
(Bitte Urheberrechte beachten)
1920 wurde Brâncuşis Bronze Princesse X von 1916 vom Salon des Indépendants abgelehnt, nachdem Henri Matisse während der Aufstellung der Arbeit ausgerufen hatte: „Seht mal, ein Phallus.“[13] Paul Signac, damals Präsident des Salons, teilte Brâncuşi mit, „daß er Gefahr laufe, Scherereien mit dem Polizeikommissar zu bekommen“[13], woraufhin Brâncuşi beim Kommissariat Einspruch erheben wollte und Fernand Léger ihn zu beruhigen verstand. Stattdessen bekam die Skulptur L’Oiseau, 1919 einen Ehrenplatz.[6] Obwohl Brâncuşi seit 1921 mit Tristan Tzara, Francis Picabia und Marcel Duchamp befreundet war, blieb er immer am Rande der Dada-Bewegung, wohnte jedoch im Théâtre de l’Œuvre der Lesung André Bretons von Picabias Manifeste cannibale bei, „bei der eine hoch oben auf einer Leiter stehende Person ‚Dada, dada, ich bin dada!‘ schrie. Das Publikum bombardierte Breton mit Tomaten und rief: ‚Aufhören, aufhören!‘.“ Zusammen mit Léger nahm der Künstler am 26. Mai 1920 am Dada-Festival in Paris teil, wo er das Manifest Contre cubisme, contre dadaisme unterschrieb. Im gleichen Jahr wurde in Edward Steichens Garten in Voulangis eine Unendliche Säule aufgestellt.[14]
1921 traf er John Quinn und besuchte zwischen dem 25. Mai und dem 21. Juni Mailand, Neapel, Rumänien, Prag und Belgien, unternahm eine zweiwöchige Reise mit Raymond Radiguet nach Korsika und freundete sich mit Jean Cocteau und Erik Satie, mit dem ihm eine tiefe Freundschaft verband, an. Beide tauschten häufig ihre Gedanken und Sorgen aus, und beide fesselte das Thema des Sokrates, das in beider Werke zum Ausdruck kam; in Saties sinfonischem Drama La Mort de Socrate und in der zu Ehren Saties entstandenen Skulptur Sokrate (Sokrates), 1922, von Brâncuşi, der den Musiker „gerne ‚Sokrates Bruder‘ nannte.“[15] Es war das Jahr, in dem Brâncuşi, der immer unzufrieden mit den Fotografien seiner Skulpturen war, Man Ray begegnete, und der in seinem Buch Autoportrait erzählte, dass er Brâncuşi aufsuchte, um ihn zu fotografieren, der Bildhauer jedoch keinen Wert auf die Veröffentlichung gelegt habe. Ab diesem Zeitpunkt und der Beschaffung einer gemeinsam gekauften Kamera und eines Stativs – Man Ray lehrte ihn, wie man die Bilder macht und in der Dunkelkammer entwickelt – konnte der Bildhauer seine geliebten Werke selbst fotografieren.[16]
Im Herbst 1921 erschien eine ihm gewidmete Nummer der Little Review – einer Zeitschrift, die in New York in der Fifth Avenue 66 auch eine Galerie mit Namen The Little Review Gallery hatte – mit der Aufschrift „Brancusi number“ auf rotem Streifband. Herausgegeben wurde sie von Margaret Anderson unter der Mitarbeit von Jean Cocteau, Jean Hugo, Guy Charles-Cros, Paul Morand, Francis Picabia und Ezra Pound, der in dieser Ausgabe „den ersten bedeutenden Artikel über den Bildhauer (mit vierundzwanzig Fotoreproduktionen)“ publizierte, „der zweifellos, zusammen mit einem späterem Artikel in ‚This Quarter‘, das grundlegende Dokument zur Datierung bestimmter Werke darstellt.“[17]
Reise in die Heimat – Illustrationen in Zeitschriften
1922 reiste Brâncuşi mit der Irisch-Amerikanischen Schönheit Eileen Lane, die der Bildhauer als seine Tochter einführte nach Rumänien und besuchte mit ihr den Skiort Sinaia sowie Peştişani, wo er das angehendes Projekt für ein Kriegsdenkmal in Târgu Jiu in Angriff nahm. Die Heimreise führte zurück mit Aufenthalten in Rom und Marseille.[18]

Im Oktober 1923 lud John Quinn, der für zehn bis zwölf Tage inkognito in Paris verweilte, Henri-Pierre Roché, über den die Verabredung organisiert wurde, Constantin Brâncuşi, Eric Satie und die Dichterin Jeanne Robert Foster in seinen Club in Saint-Cloud zu einer Partie Golf ein. Foster und Satie begnügten sich mit dem Zuschauen. Als Brâncuşi einen Golfball mit voller Kraft geschlagen hatte und dieser verlorenging, bemerkte Satie, dass das Golfspiel wohl von den Engländern und Angelsachsen erfunden worden sei und dass es kein Spiel für Rumänen sei. Brâncuşi, der darauf nicht erwiderte, konzentrierte sich und gewann die Partie.[19]
1924 publizierte die von Ford Madox Ford im selben Jahr gegründete Zeitschrift Transatlantic Review vierundsechzig Tafelabbildungen und ein Gedicht Brâncuşis. Den Sommer verbrachte er in Saint-Raphaël, wo er am Strand einen Krokodilstempel aus angeschwemmten und am Strand herumliegenden Korkeichenstämmen baute.[6]
In der Zeitschrift This Quarter, die in Paris von Ernest Walsh und Ethel Moorhead 1925 herausgegeben wurde, wurde Brâncuşi in dem im Heft enthaltenen Art Supplement mit einer Folge von sechsundvierzig Fotoreproduktionen bestehend aus siebenunddreißig datierten Aufnahmen von Werken, vier Porträts des Bildhauers und fünf Zeichnungen geehrt. Vorangestellt sind diesen neun Aphorismen Brâncuşis – „Brâncuşis Antworten über das direkte Behauen, das Polieren und die Einfachheit in der Kunst. Einige Aphorismen für Irene Codreana.“ – und eine von ihm verfasste Histoire de brigands (Räubergeschichte):
- „Es war einmal, vor langer, langer Zeit, als die Menschen nicht wußten, wie die Tiere zur Welt kommen …
- Zu dieser Zeit hat einmal ein Mann eine Henne gefunden, die ihre Eier ausbrütete. Und da zu jener Zeit die Menschen und die Tiere miteinander sprechen konnten, fragte er sie, was sie denn machte. Und da die Henne liebenswürdig war – denn zu dieser Zeit hatten die Menschen viel Achtung vor den Menschen, ach viel, viel mehr als heutzutage! –, erhob sie sich, um den Menschen nicht vor sich stehen zu lassen, und ging weg, um es ihm zu erklären.
- Und sie erklärte es ihm lange, sehr lange, so lange, daß die Eier, als sie zu ihnen zurückkehrte, (bereits) verdorben waren.
- Aus diesem Grunde ärgern sich heutigen Tages die Hennen, die ihre Eier ausbrüten, so sehr, daß sie uns am liebsten die Augen auspicken wollen, wenn wir uns ihren Nestern nähern!“[20]
Ausstellungen in New York – Prozess um eine Skulptur
Von Januar bis März des Jahres 1926 besuchte Brâncuşi New York, da zwei Ausstellungen in den Wildenstein Galleries stattfanden; die Exhibition of Trinatoanal Art, French, British, American, wo er die vier Werke Torse (Torso), L’Oiseau (Der Vogel) und zwei Skulpturen der Figure (Figur) ausstellte sowie die die vom 16. Februar bis 3. März stattfindenede zweite Einzelausstellung seiner Werke. Kurz vor seiner Abreise erhielt Brâncuşi eine Einladung zu der am 7. Januar offiziellen Eröffnung der zur Erinnerung an John Quinn, der im Juli 1924 verstarb, organisierten Ausstellung im Art Center in der 65 East, 56th Street, die er jedoch nicht wahrnehmen konnte, da er selbst erst am 28. Januar mit dem Schiff in New York ankam. Bevor Brâncuşi am 22. März New York verließ, machte er in den Wildenstein Galleries Bekanntschaft mit dem amerikanischen Architekten William E. Lescaze und wurde von Béatrice Wood, einer Freundin Marcel Duchamps und Henri-Pierre Rochés eingeladen.[21] Zu Ehren des Bildhauers veranstaltete der Penguin Club eine Party.
Im Mai 1926 reiste Brâncuşi nach Anvers, Belgien, wo die Gruppenausstellung L’Art francais moderne stattfand. Nach seiner Rückkehr äußerte Eugène Meyer im Juni desselben Jahres den Wunsch, die Skulptur Der Vogel im Raum für 4000 Dollar vom Bildhauer zu erwerben. Brâncuşi, der diese selbst von Paris nach New York mitgebracht hatte, da ihm im November dieses Jahres eine Ausstellung in der Brummer Gallery gewidmet war, wurde an der Zollkontrolle aufgehalten, mit der Bemerkung, dass es sich um ein Stück Metall handele, das steuerpflichtig sei, worauf Brâncuşi konterte, dass es ein Kunstwerk sei und als solches nicht versteuert werden müsste. In der Folge fand ein langwieriger Prozess um die Skulptur statt, bei dem es um eben diese Frage ging, ob die Skulptur im Sinne einer Manufakturware zollpflichtig oder ein Werk der Kunst sei, wobei das Gericht sich 1928 für letzteres entschieden hatte.[22][23]
Im Dezember 1927 veröffentlichte die Zeitschrift De Stijl – bei der Brâncuşi mitarbeitete –, deren gleichnamige Künstlergruppe durch Theo van Doesburg und Piet Mondrian 1917 gegründet wurde, drei Fotografien von Brâncuşis Werken: Princesse (Prinzessin); Sculpture pour Aveugles (Skulptur für Blinde) und ein Photo des Künstlers, nachdem sie ein Jahr zuvor in deren Nummer 77 Negresse Blonde (Blonde Negerin) abgebildet hatte.[24]
1929 besuchte James Joyce – von John Quinn und Ezra Pound auf Brâncuşi hingewiesen − den Bildhauer in seinem Atelier in der Impasse Ronsin. Joyce äußerte den Wunsch er möge eine Porträtzeichnung von ihm anfertigen, um sie in einem Buch zu publizieren. Nachdem Brâncuşi mehrere Skizzen angefertigt hatte, wählte der Schriftsteller drei aus: eine, die ihn im Profil zeigt, eine andere in Frontansicht und eine abstrakte Zeichnung mit einer Spirale und drei Vertikalen. Diese Zeichnungen wurden später auf dem Schutzumschlag eines Exemplares des Joyce-Werkes Tales Told of Shen and Shaun, eines Kapitels des sich in der Entstehung befindlichen Finnegans Wake, gedruckt.[25]
Kriegsdenkmal in Târgu Jiu, Reise nach Indien
1936 erhielt Brâncuşi einen Auftrag des Maharadschas von Indore, der für den Temple de la Délivrance (Tempel der Befreiung) die Bronze Vogel im Raum erworben hatte.[26] Für den rumänischen Pavillon auf der Weltausstellung 1937 in Paris war Brâncuşi mit L’Oiselet (Das Vögelchen), 1929, vertreten. Eine zunächst vorgesehene Colonne sans fin (Endlose Säule) im Garten des Pavillons wurde aus Zeitgründen verworfen.[27]
Zwischen Juni und September 1937 arbeitete der Bildhauer an einem Kriegsdenkmal in Târgu Jiu und wählte am 25. Juli den Ort für die erste Skulptur des 1938 fertiggestellten dreiteiligen Denkmals aus. Die Colomne sans fin wurde an jenem Ort erbaut, an dem 1916 die „rumänischen Truppen, […] die deutsche Offensive am Fluss Jiu zurückgeschlagen hatten […].“[27] Die Montage der Säule mit ihren insgesamt fünfzehn Elementen und zwei Halbelementen wurde im November 1937 abgeschlossen und im gleichen Monat aufgerichtet.[28]; sie ragt 29,33 Meter in die Höhe und hat ein Gesamtgewicht von 29 Tonnen. In der Nähe des Flusses Jiu findet sich weiterhin der von zwölf steineren Rundhockern umgebene Tisch des Schweigens, es folgt nach etwa 130 Metern das Tor des Kusses[29], das am 27. Oktober 1938 in Târgu Jiu eingeweiht wurde.[28]
Anfang 1938 reiste Brâncuşi über Bombay, Indien, nach Indore, um am Temple de la Délivrance zu arbeiten, traf den Maharadscha jedoch nicht an. Ein Würdenträger empfing ihn und ließ den Bildhauer nach dem Wunsch des Maharadschas im Palast wohnen. Er konnte über ein Auto und einen Chauffeur verfügen und sich mit Eau d’Evian waschen, besichtigte das Land und reinigte die Skulpturen, die der Maharadscha in seinem Atelier gekauft hatte. Zu einer Fertigstellung des Tempels sollte es nicht mehr kommen. Am 27. Januar reiste Brâncuşi mit demselben Schiff, mit dem er gekommen war, wieder ab und befand sich am 3. Februar in Suez, um von dort nach Kairo, Ägypten, zu reisen und die Museen der Stadt sowie die Sphinx und die Pyramiden von Gizeh zu besichtigen.[30] Es folgte eine weitere Reise in die Niederlande.
1939, am 19. April, reiste Brâncuşi nach New York. Das Museum of Modern Art feierte mit der Ausstellung Art in our time seinen zehnten Geburtstag. Für die im gleichen Zeitraum stattfindende Weltausstellung in New York, sollten gleichfalls einige Werke des Bildhauers gezeigt werden. Da die Organisatoren jedoch einen für sein Werk geeigneteren Ort als den rumänischen Pavillon wünschten, wandten sie sich an das Museum of Modern Art, dessen Direktor, Alfred Barr vorschlug die Präsentation innerhalb der im Oktober in seinem Museum stattfindenden Ausstellung in den letzten Tagen der Weltausstellung beginnen zu lassen. Man kam darin überein den Marmor Le Phoque (Der Seehund) von 1936 in der Ausstellung zu präsentieren, zu dessen beiden Steinsockeln ein Transformator und ein Kugellager gehört, wodurch sich das Werk langsam dreht. Ende des Jahres organisierte Yvonne Zervos, die Frau von Christian Zervos, in der Galerie Mai eine Ausstellung mit Werken von Brâncuşi sowie Hans Arp, Jorge González Camarena, Paul Klee und Henri Laurens.[31]
Letzte Jahre
Das Târgu-Jiu-Ensemble bildete den Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere. In den verbleibenden 19 Jahren seines Lebens, in denen seine Anerkennung weltweit wuchs, schuf er weniger als 15 Werke, die meistens die Themen seiner früheren Arbeiten wiederholten.[32]
Am 13. Juni 1952 erhielt Brâncuşi die französische Staatsbürgerschaft und erhielt den von der Polizeipräfektur ausgestellten Personalausweis am 9. Oktober dieses Jahres.[33] Am 31. Dezember 1954 starb in Australien die durch ihr Porträt Mademoiselle Pogany berühmt gewordene ungarische Malerin Margit Pogány. Im Januar des darauf folgenden Jahres zog sich Brâncuşi, bedingt durch einen Sturz, einen Obrschenkelhalsbruch zu. Nach einer einhundertzwölftägigen stationären Behandlung im Krankenhaus, bei der er dreißig Eingriffe, fünf Röntgenuntersuchungen und vierzehn Laboruntersuchungen hatte über sich ergehen lassen müssen, konnte er am 3. Mai 1954 das Krankenhaus verlassen. In der Folgezeit wiederholten sich aufgrund seiner Unsicherheit auf den Beinen mehrere Stürze, so im April 1956, als er eine Treppe herunterfiel. Brâncuşi belastete dies seelisch, so behauptete er: „Das war schon immer meine Schwäche, das hat mit meinem Sternzeichen zu tun, ich bin Fisch.“[34]
Nach seinem 80. Geburtstag quälten den Bildhauer Gedanken, was mit seinen Werken nach seinem Tode geschehen würde. Den Vorschlag des Guggenheim-Museums hielt Brâncuşi aus Sorge für seine Arbeiten für den interessantesten, da den Bildhauer auch die Sorge einer Weltkatastrophe verfolgte. Dieser Vorschlag besagte, das in New York ein Museum errichtet werden solle, „das den größten Teil seiner Arbeiten enthalten und dazu die Sicherheit eines Atombunkers bieten würde.“[35] Das Musée National d’Art Moderne trat an Brâncuşi heran, mit dem Vorschlag, dass die Schenkung seiner Werke an Frankreich, respektive an die Stadt Paris erfolgen möge. Ende März 1956 kam der Vorschlag auf, in Meudon, auf dem Grundstück des Rodin-Museums ein Atelier für seine Werke zu bauen, wozu es aber nicht kam. Im gleichen Jahr übergab er testamentarisch den gesamten Inhalt seines Ateliers an den französischen Staat.[35] Constantin Brâncuşi starb am 16. März 1957 in Paris und wurde auf dem Friedhof Cimetière Montparnasse beerdigt.
Werk
Constantin Brâncuşi
Verschiedene Sockelformen
Atelier Brâncuşi
Link zum Bild
(Bitte Urheberrechte beachten)
Das Jahr 1907 war der entscheidende Wendepunkt in der bildhauerischen Entwicklung Constantin Brâncuşis. Waren seine früheren Arbeiten noch stark durch Auguste Rodins Naturalismus geprägt, so wandte sich der Bildhauer einerseits engagiert der Taille directe, also der direkten sichtbaren Bearbeitung des Materials, andererseits der extremen Vereinfachung der Formen bei seiner figurativen Skulptur zu. Sein Glauben an die Taille directe nahm zu, als er 1906 die Holzplastiken von Paul Gauguin in einer Retrospektive und im Herbst 1907 die blockähnliche Steinplastik L’accroupi von André Derain in der Galerie Kahnweiler sah. Zwischen 1913 und 1914 arbeitete er mit verschiedenen Materialien wie Stein, Holz und Gips und ließ seine Arbeiten in Bronze gießen. Das Hauptsujet war für Brâncuşi der menschliche Kopf.[36] Wie Pablo Picasso war Brâncuşi von der afrikanischen Fetischkunst beeinflusst, die in einer neuen Art der Vergeistigung des Materials, gepaart mit der Situation des Körpers im Raum, zum prägenden Thema für die kubistische Plastik wird.[37]
Eine Besonderheit des Bildhauers Brâncuşi ist die Behandlung des Sockels. War er bisher nur als nebensächlicher Träger einer Skulptur betrachtet worden, schenkte ihm der Künstler seine besondere Aufmerksamkeit und gab ihm eine bildhauerische Form. Er benutzte andere Materialien, wählte beispielsweise geometrische Formen, wenn die Skulptur weich-organisch angelegt war oder türmte mehrere Sockelelemente übereinander. Ohne diese Sockelgestaltung wäre Alberto Giacomettis Einheit von Skulptur und Sockel nicht denkbar, und die in den 1960er Jahren aufkommenden Bodenplastiken etwa von Joseph Beuys, Richard Serra oder Robert Morris folgten ebenfalls Brâncuşis Anregung.[38]
Constantin Brâncuşi
Maïastra, 1912
Polierte Bronze
Tate Gallery, London
Link zum Bild
Mademoiselle Pogány I, 1912
Marmor
Philadelphia Museum of Art, Philadelphia
Link zum Bild
(Bitte Urheberrechte beachten)
1911 griff Brâncuşi das Thema des Prometheus auf, das in der Statue Maïastra – einmal in einer Ausführung in Marmor sowie in Bronze – seine Gestalt fand. Die ungarische Malerin Margit Pogány hatte für den Bildhauer Passagen aus Johann Wolfgang von Goethes Pandora, in denen es um den Aufstand der Titanen geht, übersetzt. Er verarbeitete das Thema jedoch nicht auf akademische Art: Ich konnte doch diesen großartigen Mythos nicht durch einen Adler darstellen, der die Leber eines am Kaukasusgipfel angeketteten Körpers zerfrißt.[39]
Brancusi schuf fünf Versionen der Mademoiselle Pogány innerhalb von zwei Dekaden – das Original aus dem Jahr 1912 und folgende Ausführungen in Marmor und Bronze, die in den Jahren 1913, 1919, 1931 und 1933 entstanden. Mademoiselle Pogany I und III (1912 und 1931) sind im Bestand des Philadelphia Museum of Art.[40]
Im Jahr 1915 schuf Brâncuşi, trotz des Krieges, eines seiner bedeutendsten Werke, Le Nouveau-Né I (Der Neugeborene I). Die in Marmor gefertigte ovale Skulptur, zeigt den Kopf eines Neugeborenen mit weit aufgerissenem Mund, das nach Luft schnappt. Der Bildhauer selbst drückte es folgendermaßen aus: „Die Lungen werden mit Luft angefüllt, das Dasein eines neuen Wesens auf dieser Erde wird erkennbar, mit all seiner Lebenskraft und seiner Angst vor den Mysterien.“[41] Und weiter: „Die Neugeborenen sind verärgert bei ihrer Geburt, da man sie gegen ihren Willen zur Welt bringt.“[41]
Constantin Brâncuşi
L’Oiseau d’or, 1919
Polierte Bronze
Art Institute of Chicago, Chicago
Link zum Bild
(Bitte Urheberrechte beachten)
Im Jahr 1919 entstand die Skulptur L’Oiseau d’or (Der goldene Vogel), ein weiterer Meilenstein in der künstlerischen Entwicklung Brâncuşis, indem er die ovale und weibliche Form der in Marmor gestalteten Maïastra von 1911, von der es eine in Bronze polierte Fassung von 1912 gibt, in die Senkrechte nach oben streckte. Die dadurch erreichte Vereinfachung der Gesamtform betont den Schwung. „Diese Vereinfachung“, so schrieb der Bildhauer, „ist nicht das Ziel der Kunst. Man erreicht sie gegen seinen Willen, wenn man das Wahre und nicht die Hülle, die wir sehen, sondern das, was sie verbirgt, machen will.“[42]

Brâncuşi, der enttäuscht war von den Aufnahmen die einige Fotografen von seinen Werken gemacht hatten, begann 1905 mit der Fotografie. Seine Aufnahmen der größeren und kleineren Skulpturen zeigen immer auch den sie umgebenden Raum, das Atelier als Ganzes, quasi in der Art eines „Super-Kunstwerkes“.[43] 1921 traf Brâncuşi auf Man Ray, der ihn für den Nutzen dieses Mediums noch einmal bekräftigte.[44] Sie kauften sich eine hölzernen Kamera mit Glasplatte, mit der Brâncuşi fortan fotografierte, sich eine Dunkelkammer einrichtete und „bald die Möglichkeit der Kamera als Hilfsmittel für seine Arbeit als Bildhauer“[43] erkannte.
Als Brâncuşi im Alter von 81 Jahren starb, hinterließ er ein Werk von 215 Skulpturen[45], 557 Negativen auf Glasplatte – 122 Atelierfotos, 253 Werkfotos, 183 dokumentarische Fotos –, von denen er jeweils zwei oder drei Abzüge herstellte. Die insgesamt 1299 Fotografien beinhalten 251 Atelierfotos, 697 Werkfotos und 351 dokumentarischen Fotos.[46]
In den 1950er Jahren sollte die Unendliche Säule, die der kommunistischen Regierung als „zu bürgerlich“ missfiel, niedergerissen werden, der Plan wurde jedoch nicht ausgeführt. 1996 nahm der internationale World Monuments Fund (WMF) das dreiteilige Ensemble von Târgu Jiu in die Liste der weltweit 100 meist gefährdeten Denkmäler auf, worauf die Weltbank Rumänien einen Kredit von 2,6 Millionen Euro zur Restaurierung gewährte. Heute bildet die Unendliche Säule das Hauptelement des Stadtwappens von Târgu Jiu.[47]
Rezeption
Das Atelier Brâncuşis
„Als ich den Bildhauer Brâncuşi zum erstenmal besuchte, beeindruckte mich sein Atelier stärker als es eine Kathedrale jemals getan hatte.[…] Alles sah so aus, als sei es von selbst gewachsen und aus sich heraus vollkommen.“
Brâncuşi verweigerte sich häufig Ausstellungen und sah sein Atelier am Montparnasse in der Impasse Ronsin als den wahren Ort der Darstellung seiner Werke an. Dort inszenierte er sie mit farbigen Vorhängen und Beleuchtungsanlagen. Vom rohen Klotz bis zu den fertigen Objekten und deren Varianten einschließlich der verkauften Arbeiten, die er als Gipsfassung ausstellte, bis hin zu den selbst gefertigten Möbeln präsentierte Brâncuşi seinen künstlerischen Entwurf: Er schuf Kunst als Totale wie die Wegbereiter der Moderne van Gogh, Paul Gauguin und Edvard Munch.
Der Kunsthistoriker Uwe M. Schneede beschreibt Brâncuşis mediale Möglichkeiten, die dieser konsequent nutzte: Der Sockel als Teil der Skulptur, das Atelier als Gesamtkunstwerk, seine Fotografie als Deutung und visuelles Gedächtnis. So war er – ähnlich wie Kurt Schwitters in seinem Merzbau – Künstler und Kurator, Ausstellungsarchitekt, Fotograf und Interpret zugleich.[49]
Nach dem Tod Constantin Brâncuşis im Jahr 1957 erhielt das Musée National d’Art Moderne in Paris von seinem Nachlass den Inhalt seines Ateliers, das seine Bildhauerwerkzeuge sowie viele seiner bedeutendsten Skulpturen enthielt. Im Einklang mit seinem letzten Willen wurde das Atelier 1997 von dem Architekten Renzo Piano in seiner Gesamtheit rekonstruiert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.[50]
Brâncuşi und Modigliani – eine Künstlerfreundschaft

Im Jahr 1909 lernte der italienische Maler Amedeo Modigliani Constantin Brâncuşi in Paris kennen und bezog auf dessen Anraten sein Atelier in der Cité Falguière am Montparnasse. Sie wurden Freunde, und durch Brâncuşis Einfluss begann Modigliani schon in diesem Jahr mit der Steinbildhauerei, die er bis etwa 1914 in den Vordergrund seines Schaffens rückte, da er von dem knappen Stil Brâncuşis und von afrikanischen Plastiken, die er durch diesen kennengelernt hatte, beeindruckt war. Die Kenntnis der afrikanischen Plastiken inspirierte Modigliani ebenfalls in seinen Gemälden zu seinen ovalen Porträtgesichtern und überlängten Körperformen. In seinem Eifer, als Bildhauer zu arbeiten, hatte Modigliani öfter versucht, den Marmor in einem Stück herauszuhauen. Brâncuşi fand den Maler eines Tages bewusstlos neben einem Steinblock liegen, den er bis zur völligen Erschöpfung bearbeitet hatte. Ein anderes Mal hatte er ihn vor seiner Ateliertür aufgehoben, ihn in sein Bett geschleppt und gewartet, bis Modigliani – der wieder einmal im hinteren Teil des Hofes der Impasse Ronsin 11 eine Gruppe von Ateliers besucht hatte, wo Opium geraucht wurde – zu Bewußtsein kam.[51]
Rumänische Akademie – Universität Constantin Brâncuşi
Im Jahr 1990 wurde Constantin Brâncuşi postum als Mitglied in die Rumänische Akademie aufgenommen.[52] Zwei Jahre später, 1992, wurde in Târgu Jiu die Universität Constantin Brâncuşi (Universitatea Constantin Brâncuşi) eröffnet. Die nach Brâncuşi benannte Universität hat fünf Fakultäten und drei zusätzliche Fachbereiche.
Brâncuşi auf dem Kunstmarkt
Im Mai 2005 erreichte bei einer Auktion von Christie’s Brâncuşis Werk Oiseau dans l’espace (Bird in Space, 1922/23) den Rekord für den höchsten Preis einer Skulptur: Der Hammer fiel bei 27,5 Millionen Dollar.[53] Dieser Rekord wurde im Februar 2009 noch übertroffen: Ebenfalls bei Christie’s, auf der Kunstauktion des verstorbenen Yves Saint Laurent sowie seines Lebensgefährten Pierre Bergé, erzielte die hölzerne Skulptur Madame L. R (1914–1917) einen Preis von über 29 Millionen Dollar.[54]
Ausstellungen (Auswahl)
Einzelausstellungen
- 1914: Galerie 291, New York (12. März bis 1. April)
- 1926: Wildenstein Gallery New York (16. Februar bis 3. März)
- 1926: Brummer Gallery, New York (17. November bis 15. Dezember)
- 1996 Brancusi: Selected Masterworks from the Musée National d’Art Moderne and Museum of Modern Art, Museum of Modern Art, New York (18. Januar bis 5. Mai)
Gemeinsame Ausstellungen
- 1907: Salon d’Automne, Paris (1. bis 22. Oktober)
- 1913: Armory Show, New York (17. Februar bis 15. März)
- 1913: Salon des Indépendants (20. März bis 16. Mai)
- 1949: Galerie Maeght, Paris (27. Mai bis 30. Juni)
- 1955–1956: The Solomon R. Guggenheim Museum, New York (26. Oktober bis 8. Januar)
- 1959: documenta II, Kassel (11. Juli bis 1. Oktober 1959)
- 1964: documenta III, Kassel (27. Juni bis 5. Oktober 1964)
Werke (Auswahl)
- 1898: Vitellius, Gips, 61 × 43 × 27 cm, Muzeul de Arta, Crajova.
- 1905: L’Orgeuil (Der Stolz), Gips, um 31 × 20 × 22 cm, derzeitiger Standort unbekannt.
- 1906: L’Enfant (Das Kind), Gips, um 35 × 25,7 × 22,5 cm Sammlung George Oprescu, Bukarest.
- 1907: Le Baiser (Der Kuß), Stein, 32,5 × 24,5 × 20 cm, Muzeul de Arta, Crajova.
- 1908: Tête d’enfant (Kinderkopf), Marmor, 17,1 × 30,5 cm, Sammlung Yolanda Penteado, São Paulo.
- 1909: Le Baiser (Der Kuß), Stein, 89 × 30 × 20 cm; Steinsockel, 155 × 64 × 33 cm, Friedhof Montparnasse, Grab Tanioucha Rashewskaia.
- 1909/10: La Muse endormie I (Die schlummernde Muse I), Marmor, 17,2 × 27,6 × 21,2 cm, Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington D. C.
- 1912: Mademoiselle Pogány, Marmor, 61 × 43 × 27 cm, Philadelphia Museum of Art.
- 1914: Deux pinguins (Zwei Pinguine), Marmor, 54 × 28,3 × 30,8 cm, Art Institute of Chicago, Chicago
- 1916: Princesse X (Prinzessin X), Marmor, 55,8 × 28 × 22,8 cm, University of Nebraska Art, Lincoln, 1986.
- 1916: Sculpture pour aveugles (Skulptur für Blinde), Marmor, 15,2 × 30,4 cm, Philadelphia Museum of Art, Sammlung Louise und Walter Arensberg, 1986.
- 1917: Le Premier cril (Der erste Schrei), polierte Bronze, 17 × 25,8 × 18 cm, Louisiana Museum, 1986.
- 1919: L’Oiseau d’or (Der goldene Vogel), polierte Bronze, 95,8 cm; größter Umfang: 53,5 cm; kleinster Umfang: 9,5 cm, Arts Club of Chicago, 1986.
- 1920: La Colonne sans fin (Die endlose Säule), Holz (alte Eiche), 558 × 34 × 37 cm, Atelier Brancusi.
- 1922: Sokrate (Socrates), Holz, 130,2 cm, Museum of Modern Art, 1986.
Literatur
- Sidney Geist: Constantin Brancusi. 1876–1957. A Retrospective Exhibition, Solomon R. Guggenheim Museum, New York, Philadelphia Museum of Art, The Art Institute of Chicago, 1969
- Carola Giedion-Welcker: Constantin Brancusi. Benno Schwabe & Co Verlag, Basel 1958
- Pontus Hulten (Vorw.): Brancusi. photographe. Musée National d’Art Moderne, Centre National d’Art Moderne, Georges Pompidou, Paris 1982, ISBN 2-85850-025-8
- Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati: Brancusi, Klett-Cotta, Stuttgart 1986, ISBN 3-608-76226-4
- Ina Klein: Constantin Brancusi – Natur, Struktur, Skulptur, Architektur. Dissertation, König, Köln 1991, ISBN 3-88375-182-0
- Friedrich Teja Bach: Constantin Brancusi – Metamorphosen plastischer Form DuMont Buchverlag, Köln 2004, ISBN 3-8321-1839-X
- Pierre Cabanne: Constantin Brancusi. Pierre Terrail, Paris 2006, ISBN 2-87939-314-0
Weblinks
- Offizielle Webseite zu Brâncuşi (englisch)
- Constantin Brâncuși bei artfacts.net
- Constantin Brâncuşi im BAM-Portal
- Constantin Brâncuşi in der Deutschen Fotothek
- Vorlage:PND
- Brâncuşis Bird in Space mit Bild, Metropolitan Museum of Art
- Brâncuşi bei artcyclopedia (englisch)
- originalgetreue Nachbildung seines Ateliers, Centre Georges Pompidou, Paris (auf französisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati: Brancusi, Klett-Cotta, Stuttgart 1986, S. 73 Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „Hulten1“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 57
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 57 ff.
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 66
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 68
- ↑ a b c d Sidney Geist: Constantin Brancusi. 1876–1957. A Retrospective Exhibition, Solomon R. Guggenheim Museum, New York, Philadelphia Museum of Art, The Art Institute of Chicago, 1969, S. 144 Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „Geist1“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 78
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 81
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 86 ff.
- ↑ Ann Temkin: Constantin Brancusi, 1914, Startling Lucidity; in: Modern art and America, New York/Washington D. C. 2001, ISBN 0-8212-2728-9, S. 162–163
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 98
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 100 ff., S. 112
- ↑ a b Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 130
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 136
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 148
- ↑ Sidney Geist, S. 140 f.
- ↑ Sidney Geist, S. 139.
- ↑ Brancusi’s woman
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 157
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 166
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 171
- ↑ Thomas Krens (Vorwort): Rendezvous. Masterpieces from the Centre Georges Pompidou and the Guggenheim Museums. Guggenheim Museum Publications, New York 1998, ISBN 0-892-07213-x, S. 604
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 110, S. 174
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 110, S. 183
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 110, S. 190
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 217
- ↑ a b Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 222
- ↑ a b Sidney Geist: Constantin Brancusi. 1876–1957. A Retrospective Exhibition, S. 145 Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag. Der Name „Geist2“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ Uwe M. Schneede: Die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-48197-3. S. 140 f.
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 230
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 232 f.
- ↑ Constantin Brancusi. brain-juice.com, abgerufen am 13. Oktober 2009.
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 251
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 255 f., S. 261
- ↑ a b Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 261
- ↑ Theodora Vischer (Kat.): Skulptur im 20. Jahrhundert. Merian-Park Basel, 3. Juni bis 30. September 1984, Basel 1984, S. 39 f.
- ↑ Karin Thomas: Bis heute. Stilgeschichte der bildenden Kunst im 20. Jahrhundert. DuMont, Köln 2004, ISBN 3-8321-1939-6. Kubistische Plastik: S. 84 f
- ↑ Uwe M. Schneede: Die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-48197-3. S. 140 f
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 84
- ↑ Mademoiselle Pogány. philamuseum.org, 28. Mai 1998, abgerufen am 13. Oktober 2009.
- ↑ a b Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 100
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 124
- ↑ a b Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 15 f.
- ↑ Pontus Hulten (Vorw.): Brancusi. photographe, Musée National d’Art Moderne, Centre National d’Art et de Culture, Georges Pompidou, Paris 1982, ISBN 2-85850.025-8, S. 10 f.
- ↑ Constantin Brâncuşi. brain-juice.com, abgerufen am 13. Oktober 2009.
- ↑ Pontus Hulten (Vorw.): Brancusi. photographe. Musée National d’Art Moderne, Centre National d’Art Moderne, Georges Pompidou, Paris 1982, S. 10 u. Anm. 3. S. 12
- ↑ Leo Kroneder: Targu Jiu als „Pflichtbesuch“ für Brâncuşi-Liebhaber. ots.at, 20. November 2009, abgerufen am 13. Oktober 2009.
- ↑ Uwe M. Schneede: Die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert, S. 140
- ↑ Uwe M. Schneede: Die Geschichte der Kunst im 20. Jahrhundert, S. 140
- ↑ Thomas Krens (Vorwort), S. 206
- ↑ Pontus Hulten, Natalia Dumitresco, Alexandre Istrati, S. 129
- ↑ Mitglieder. acad.ro, abgerufen am 13. Oktober 2009.
- ↑ Carly Berwick: Brancusi Sends Christie’s Sale Soaring. nysun.com, 5. Mai 2005, abgerufen am 12. Oktober 2009.
- ↑ Stefan Kobel: Jubel um den Pharaonenschatz. artnet.de, abgerufen am 13. Oktober 2009.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Brâncuşi, Constantin |
ALTERNATIVNAMEN | Brancusi, Constantin |
KURZBESCHREIBUNG | rumänischer Bildhauer |
GEBURTSDATUM | 19. Februar 1876 |
GEBURTSORT | Hobiţa, Rumänien |
STERBEDATUM | 16. März 1957 |
STERBEORT | Paris, Frankreich |