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Erster Weltkrieg

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Der Erste Weltkrieg war voll fat!!! ein Krieg, der von 1914 bis 1918 in Europa, dem Nahen Osten und Ostasien geführt wurde und über 9 Millionen Menschenleben forderte. Er wurde zunächst zwischen den Mittelmächten Deutsches Reich und Österreich-Ungarn auf der einen Seite und den Entente-Mächten Frankreich, Großbritannien und Russland sowie Serbien auf der anderen Seite ausgetragen. Wider Willen kam Belgien als Opfer hinzu, in das die Deutschen ungeachtet der belgischen Neutralität aufgrund des Schlieffenplans einmarschierten. Im Verlauf des Krieges wurden die Mittelmächte durch das Osmanische Reich und Bulgarien verstärkt, während auf alliierter Seite die Staaten Italien, Portugal, Rumänien und die USA in den Krieg eintraten. Im Ersten Weltkrieg entluden sich die machtpolitischen Gegensätze der europäischen Großmächte, die zu einer enormen Aufrüstung geführt hatten. Zum Ende des Krieges befanden sich 25 Staaten und deren Kolonien, in denen insgesamt 1,35 Milliarden Menschen lebten, also etwa drei Viertel der damaligen Erdbevölkerung, im Kriegszustand. Aufgrund der Verwerfungen, die der Erste Weltkrieg weltweit auslöste, und der Folgen die stellenweise noch heute spürbar sind, gilt er bei vielen Historikern als die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts".

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Britische Soldaten der Royal Irish Rifles in einem Schützengraben, Herbst 1916

Der Krieg begann am 28. Juli 1914 mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien, wodurch eine Reihe von Bündnissen aktiviert wurden, die zum Weltkrieg führten. Manche Nachbetrachter sehen dies als Resultat der in Europa weit verbreiteten Ansicht, ein militärischer Konflikt sei nicht vermeidbar oder auch nur wünschenswert gewesen. Der Verlauf des Ersten Weltkrieges machte die Unfähigkeit der europäischen Führungsschichten deutlich, militärische Neuerungen und soziale Spannungen zu erkennen oder zu akzeptieren (vergleiche auch Kriegsschulddebatte).

Der Erste Weltkrieg war der erste Krieg, der mit einem massiven Materialeinsatz (Panzer, Flugzeuge, Luftschiffe) und mit Massenvernichtungswaffen (Giftgas) geführt wurde. Die Fronten bewegten sich dennoch kaum; im endlosen Stellungskrieg rieben sich die Truppen gegenseitig auf. Insbesondere auf den Schlachtfeldern vor Verdun und in Flandern fielen auf beiden Seiten Millionen von Soldaten, ohne dass sich etwas an der militärischen Lage änderte. Auch deswegen stellt sich der Erste Weltkrieg als ein Krieg dar, der an Grauen alles bis dahin Bekannte übertraf.

Politische Ausgangssituation (Zeitalter des Imperialismus)

Mittel- und Osteuropa

An der Schwelle des 20. Jahrhunderts gab es in Mittel- und Osteuropa wesentlich weniger Staaten als heute. Das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn und Russland teilten sich das Gebiet im Wesentlichen untereinander auf.

Im Südosten Europas lag das ebenfalls Großmachtspolitik treibende Osmanische Reich. Kleinere Staaten gab es nur auf dem Balkan, der in den Jahrzehnten zuvor wegen der Unabhängigkeitsbestrebungen der dortigen Völker und dem Aneinandergrenzen der expansiven europäischen Mächte und des osmanischen Reiches in dieser Region ein ständiger Unruheherd gewesen war. Im Deutschen Reich, Russland und Österreich-Ungarn, die sämtlich monarchisch regiert wurden und nur mehr oder weniger machtlose Parlamente hatten, gab es zahlreiche ethnische Minderheiten, die zumeist nach nationaler Unabhängigkeit strebten.

Im 19. Jahrhundert waren unter anderem in Ungarn und Polen entsprechende nationalistische Aufstände unterdrückt worden. Besonders im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn brodelte es erheblich zwischen den verschiedenen Volksgruppen. Zudem stand das österreichisch-ungarische Kaiserreich im krassen Gegensatz zum russischen Zarenreich, das sich als Sprecher der "slawischen Völker unter Wiener Herrschaft" sah und als Schutzmacht des (unabhängigen) Königreichs Serbien auftrat. Das Verhältnis Österreich-Ungarns zu beiden Staaten war erst wenige Jahre zuvor, 1908, im Zuge der Bosnischen Annexionskrise erheblichen Belastungen ausgesetzt gewesen, die bereits damals leicht in einen Krieg hätten münden können.

Ideologisch wurde dieser Nationalismus mit einem Panslawismus begründet. Aber auch die deutschen Bevölkerungsgruppen im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn versuchten, sich gegen die anderen national gesinnten Bevölkerungsteile zu behaupten und sich gegenseitig in Stellung zu bringen.

Westeuropa

Die westeuropäischen Staaten, aber auch (in geringerem Ausmaß) das Deutsche Reich, hatten weite Teile der Welt unter sich in Kolonien aufgeteilt (siehe Kolonialismus). Großbritannien, das über besonders viele Kolonien in Afrika und Asien verfügte, war die führende Seemacht, die sich seit Beginn des Jahrhunderts durch das reichsdeutsche Flottenbauprogramm herausgefordert fühlte. Letzteres führte aus Sicht einiger Historiker zum Anwachsen der Spannungen im Jahrzehnt vor dem des Krieges.

Blockstrukturen

In Europa hatten sich zwei Blöcke herausgebildet. Auf der einen Seite die Mittelmächte: Deutsches Reich und Österreich-Ungarn (verbündet mit Italien, das sich aber zunächst aus dem Krieg heraushalten wollte, und dem Osmanischen Reich). Auf der anderen Seite stand der russisch-französische Zweibund, der durch jeweilige Ententen mit Großbritannien zur Triple-Entente verbunden war.

Alle drei Staaten waren in Konflikt mit dem Deutschen Reich geraten: In Frankreich verspürten die französischen Nationalisten noch immer Rachegelüste wegen ihrer Niederlage von 1870/1871 im Deutsch-Französischen Krieg. Großbritannien, das sich als Weltmacht sah, fühlte sich herausgefordert unter anderem wegen der deutschen Flottenbaupolitik beziehungsweise der so genannten "Kanonenbootpolitik" vor Marokko. Die Beziehungen des russischen Zarenreiches zum Deutschen Reich hatten sich seit langer Zeit verschlechtert. Dies war insbesondere seit dem Berliner Kongress von 1878 der Fall, nachdem der deutsche Kaiser verstärkt auf ein Bündnis mit Österreich-Ungarn gesetzt hatte. Der 1887 zwischen dem Deutschen Reich und Russland abgeschlossene Rückversicherungsvertrag wurde 1890 vom neuen Deutschen Kaiser Wilhelm II nicht erneuert.

Militärische Ausgangslage

Die Entente war bei Beginn des Kriegs in einer besseren Ausgangslage als die verbündeten Mittelmächte. Sie verfügte über mehr Soldaten (auch aus ihren Kolonien), größere Rohstoffreserven und hatte größere Reserven an Kriegsmaterial. Auch an Waffentypen, insbesondere schwerer Artillerie, mangelte es den westlichen Alliierten nicht. Aufgrund von mangelnder Organisation konnte die Entente ihre personelle und materielle Überlegenheit zu Beginn des Kriegs jedoch nicht entfalten.

Dagegen waren die verbündeten Mittelmächte, insbesondere das Deutsche Reich, wesentlich besser auf einen eventuellen Krieg vorbereitet. Ihre Armeen waren besser organisiert und Bewaffnung und Kampfmoral waren teilweise besser und ausgeprägter als bei der Entente. Die für den Transport der Truppen und den Nachschub erforderliche Logistik war vorhanden und wurde zudem durch ein gut funktionierendes Eisenbahnnetz unterstützt.

Dennoch war keiner der Blöcke auf einen langen Krieg eingestellt, beispielsweise war Winterbekleidung für die Soldaten nicht vorgesehen. Die Führungen gingen davon aus, einen kurzen Krieg zu führen und diesen noch 1914 erfolgreich beenden zu können.

Kriegsziele

Österreich-Ungarn

Österreich-Ungarn nahm für sich in Anspruch, um seine Interessen auf dem Balkan und um seine Existenz schlechthin zu kämpfen, die es an den Flanken insbesondere durch Russland bedroht sah. Durch den Krieg traten Differenzen zwischen den österreichisch-ungarischen Volksgruppen zeitweilig in den Hintergrund. Österreich-Ungarn strebte nicht nur die Eingliederung Serbiens, sondern auch Montenegros und Rumäniens oder Polens an. Entgegen den nationalistischen Tendenzen der damaligen Zeit hielt Österreich-Ungarn an der universalen Idee vom Kaisertum und somit am Vielvölkerstaat fest.

In den ersten Kriegswochen, vor den schweren Niederlagen in Galizien und Serbien durch Spionagetätigkeit Oberst Redls an Russland, erlaubten sich die österreichischen Staatsmänner in ihren Vorstellungen genaue territoriale Ziele. Einige Wochen später verdrängte jedoch das Überlebensmotiv geplante Erwerbungen.

Wie bei keiner anderen Großmacht standen bei der Monarchie auch "negative" Kriegsziele im Vordergrund: die Behauptung des Trentino, des Küstenlandes mit Triest und Dalmatiens sowie der albanischen Küste gegen Italien, die Abwehr der rumänischen Ansprüche auf Siebenbürgen und die Bukowina, die Zurückweisung der großserbischen und südslawischen Bestrebungen in Bosnien-Herzegowina, Dalmatien, Kroatien und Slawonien, die Verteidigung gegen die panslawistischen Pläne Russlands in Galizien und Böhmen und nicht zuletzt der Widerstand gegen die deutschen Hegemonialbestrebungen.

Auch die herrschenden Kreise der Monarchie wollten erobern und mussten nicht von äußeren Kräften zur Eroberung animiert werden. Aber die Hauptbestrebungen der österreichisch-ungarischen Monarchie bildeten die Aufrechterhaltung ihres Bestandes, das heißt ihre 'Integrität'. Dass die Wahrung dieser 'Integrität' auch Expansionsbestrebungen deckte, zeigen viele Denkschriften. Die Monarchie tendierte unbestreitbar unter dem Einfluss äußerer Einwirkungen und innerer Bestrebungen immer mehr in Richtung dieser weit gefassten Interpretation der Integrität.

Insgesamt lässt sich sagen, das offizielle Kriegsziel Österreich-Ungarns war die Erhaltung der Integrität der Monarchie. Inoffiziell versuchte die Monarchie allerdings ihre Stellung als Großmacht durch Einflussnahme beziehungsweise Annexion in Serbien, Montenegro, Albanien, Rumänien, Polen und der Ukraine zu stärken. Dennoch war in der Praxis, durch das prekäre Gleichgewicht des Habsburgerreiches, der Erwerb slawischer oder rumänischer Gebiete nicht oder nur in beschränktem Umfange möglich, ohne die Vorrangstellung der Deutschen und Ungarn im Staatsverband zu schwächen.

Zu Beginn des Krieges versuchte man durch weit reichende Kriegsziele alle externen Bedrohungen für die Monarchie zu beseitigen und ihren Großmachtstatus für alle Zeiten zu sichern. Die komplexe innere Struktur der Monarchie machte es aber schwer alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Dadurch waren die imperialistischen Bestrebungen der Habsburgermonarchie mit besonderen Problemen belastet und trugen darum auch Züge, die typisch für diesen Interessenkonflikt waren. In Österreich-Ungarn bedingte die Erörterung der Kriegsziele und deren territorialer Aspekt, mehr als in jedem anderen Staat, auch die Frage nach den sich daraus notwendigerweise ergebenden inneren, verfassungs- und nationalitätenrechtlichen Folgen.

Die österreichischen Staatsmänner waren sich zwar bewusst, dass die Gewinne von zweifelhaften militärischen Erfolgen abhingen, was sie allerdings nicht daran hinderte, bei der Aufstellung der Kriegsziele auch ihr Wunschdenken in die Pläne einzubauen. Auf den Sitzungen des gemeinsamen Ministerrates wurde zwar immer wieder betont, dass die Kriegsziele vom Verlauf der militärischen Operationen abhingen, dennoch ließen sich die Teilnehmer immer wieder verleiten, den Ereignissen vorzugreifen.

Literatur

  • Günther Kronenbitter: "Krieg im Frieden": die Führung der k.u.k. Armee und die Großmachtpolitik Österreichs-Ungarns 1906-1914, München, 2003 ISBN 3-486-56700-4

Deutsches Reich

Im Deutschen Reich überwog bei Ausbruch des Krieges noch der allgemeine Konsens über den Verteidigungscharakter des Krieges. Kurz darauf schossen, ausgelöst durch die raschen Erfolge der Armee im Westfeldzug, Annexionsprojekte, zum Teil fantastischer Natur, aus dem Boden. Dabei trat das vorwiegend kommerziell bestimmte Vorkriegsziel, die überseeische, koloniale und vorderasiatische Expansion des Deutschen Reiches (deutscher Imperialismus) hinter die Konzentration auf die Machterweiterung in Europa zurück, um das durch die europäische Mittellage bedrohte Deutsche Reich zu entlasten. Durch Annexionen in Ost und West von mehr oder minder extremer Größenordnung wollte man die gefährdete Hegemonialstellung des Deutschen Reiches auf dem europäischen Festland für alle Zukunft sichern, um dann von dieser Basis aus den Kampf um einen Anteil an der Welt mit größerer Aussicht als bisher führen zu können. Dieser jähe Umschlag von der Idee des Verteidigungskrieges zu der des Eroberungskrieges, der sich in weiten Kreisen des Bürgertums und der Intelligenz vollzog, der Siegestaumel, verbunden mit vielen ins Absurde und Brutale gesteigerten Machtträumen warf ein bezeichnendes Licht auf die von preußisch-militaristischen Traditionen geprägte deutsche Öffentlichkeit.


Kanzler Bethmann Hollweg hatte am 9. September 1914 in seinem "Septemberprogramm" die Kriegsziele festgelegt. Deutschland wollte seine seit der Reichseinigung stark gewachsene Machtstellung sichern und seine Ansprüche auf eine Weltpolitik geltend machen.

Kriegsziele waren im Einzelnen:

  1. Militärisch-politische und wirtschaftliche Kontrolle Belgiens durch Annexion von Lüttich-Antwerpen, der flandrischen Küste und des Erzbeckens von Briey.
  2. Eine wirtschaftliche Einheit Mitteleuropas unter Einschluss von Pufferstaaten (beispielsweise Polen) und wirtschaftspolitische Einflusssphären (zum Beispiel Rumänien)
  3. Vergrößerung des Kolonialbesitzes
  4. Beseitigung der englischen Vorherrschaft durch Aufstände von Marokko bis Indien.
  5. Sonderfrieden mit Russland.

Das Septemberprogramm des Kanzlers spiegelte in Anknüpfung an Überlegungen der Industrie und Bankenwelt der Vorkriegsjahre die Ideen der führenden Kreise Deutschlands in Politik, Wirtschaft und Militär wider. Namentlich die Industrie erhoffte sich von friedensvertraglichen Regelungen weitgehende Wettbewerbsprivilegien durch Eingriffe in die Autonomie der betroffenen Länder. Das Programm ist das Ergebnis der Zusammenfassung vieler Programme und Konzepte über das zukünftige Europa. Bethmann Hollweg war der Rezipient unzähliger Kriegszielprogramme vieler Interessensgruppen, der sie auf praktikable Form in politisch erreichbare Ziele reduzierte.

Die Kriegszielmehrheit im Reichstag erstreckte sich von den konservativen über liberale Parteien bis ins sozialdemokratische Lager hinein. Ab 1915 sind allerdings wachsende Gegensätze in dieser Frage festzustellen. Nachdem in der Euphorie der ersten Kriegswochen viele, meist fantastische Kriegsziele aufgestellt worden waren, verbot Bethmann Hollweg Ende 1914 aus Rücksicht auf das Ausland und die deutsche Arbeiterschaft die öffentliche Kriegszieldebatte. Diese Beschränkung wirkte allerdings nur in sehr geringem Maße und wurde auf Betreiben der 3. Obersten Heeresleitung (OHL), auch wegen der psychologischen Mobilisierung der kriegsmüden Bevölkerung aufgehoben. Die OHL erblickte in der Freigabe der Kriegszieldiskussion ein entscheidendes Mittel zur Totalisierung des Krieges und als Mittel zur ideologischen Kriegsführung.

Das Herzstück der deutschen Kriegszielpolitik im Westen war stets Belgien. Seit dem Septemberprogramm rückte keiner der politisch Verantwortlichen von der Forderung nach Beherrschung Belgiens als Vasallenstaat neben möglichst großen direkten Annexionen ab. Zweites zentrales Kriegsziel war die mehr oder weniger direkte Beherrschung Polens neben der Annexion eines unterschiedlich breiten Grenzstreifens.

Im Rahmen der "Randstaatenpolitik" Deutschlands - der "Zurückdrängung Russlands" und der Schaffung einer Zone von "Pufferstaaten", von Finnland bis zur Ukraine - lag der Schwerpunkt deutschen Expansionsstrebens im Osten vor allem im Baltikum. Der "Abgliederungskonzeption" hing eine Mehrheit der führenden Schichten Deutschlands an, von ganz rechts bis ins antizaristische linke Lager. Gebietserweiterungen in Kurland und Litauen wurden von Vertretern aller weltanschaulichen Richtungen in fast allen Fällen verlangt. Einerseits, weil sie dem Reich direkt benachbart waren, andererseits, weil sie nichtrussische Bevölkerung, sogar teilweise eine kleine deutsche Minderheit, die Baltendeutschen, besaßen. Vorgesehen war, ähnlich wie im polnischen Grenzstreifen, durch Ansiedlung von Russlanddeutschen auf russischen Krondomänen, Kirchen- und Großgrundbesitz, neben den Besitzungen der baltendeutschen Aristokratie, die Verdrängung der Letten im eigenen Lande. Als Motivation der Besiedlungsaktion brach hier mit voller Schärfe die völkische Komponente der deutschen Kriegszielpolitik durch.

Das deutsche Kriegsziel "Mittelafrika" war eines der am hartnäckigsten verfolgten deutschen Kriegsziele. Ein Vorschlag des Staatssekretärs des Reichskolonialamtes Solf der im August und September 1914 ein konkretes Mittelafrikaprojekt entwarf, war die "Verteilung der afrikanischen Kolonien Frankreichs, Belgiens und Portugals", das Bethmann Hollweg schließlich in sein Septemberprogramm einschloss. Das neue geschlossene mittelafrikanische Kolonialreich Deutschlands sollte folgende Gebiete umfassen: Angola, die Nordhälfte von Mosambik, Belgisch-Kongo, mit den Kupfergruben Katangas als wertvollstem Einzelobjekt, Französisch-Äquatorialafrika bis auf die Höhe des Tschadsees, Dahomé und das Gebiet südlich des Nigerbogens bis Timbuktu. Dieses Projekt der Schaffung eines "zusammenhängenden mittelafrikanischen Kolonialreiches" blieb, in manchen Bereichen noch stark erweitert, fortan grundsätzlich ein Bestandteil der amtlichen deutschen Kriegsziele. Im Frühjahr 1918 stimmt Solf sogar den Forderungen des deutschen Kolonialvereines zu. Nach diesen Forderungen sollten deutsch werden: die "Flussgebiete des Senegal und Niger und südlich von diesen bis zum Meere" (also mit Nigeria), neben den alten Forderungen in Zentralafrika; - die Herrschaft vom Kap Verde bis zum Oranje im Westen, Nordrhodesien, Nordmoçambique, Uganda, Kenia, Madagaskar, die Komoren und Dschibuti im Osten. An Stützpunkten für die Erhaltung des zukünftigen Weltreiches forderte der Admiralstab im Mai 1917 die Azoren, Dakar mit Senegambien als Hinterland (andernorts auch die Kapverdischen- und Kanarischen Inseln sowie Madeira), Valona oder das Nutzungsrecht für Cattaro oder Alexandrette, Réunion, Osttimor, Neukaledonien, Yap und Tahiti. Insgesamt gesehen spielte das "Mittelafrikaprojekt" und das Stützpunktprogramm in der deutschen Kriegszielpolitik aber nur eine untergeordnete Rolle, glaubte man doch sie durch einen Sieg in Europa wie von selbst zu erreichen. Andererseits wurde das Ziel Mittelafrika im weiteren Verlaufe des Krieges von liberal gesinnten Politikern mehr und mehr als Ersatz- und Ablenkungsziel für die Nation, fort von wilden Annexionsforderungen in Europa, benutzt. Kolonien waren für Deutschland eher Aufputz und Ausdruck seiner (Welt-)Macht. Die deutschen Konzepte für ein geschlossenes Mittelafrika erwarteten von ihrer Verwirklichung den sichtbaren Beweis der deutschen Weltmacht und rechneten, dass Mittelafrika für Deutschland die Bedeutung erlangen würde, die Indien für England hatte. Aber Schwerindustrie und Banken hatten schon vor dem Krieg wenig Interesse an "Kolonialreichen, die im Monde liegen", gezeigt und drängten auf die europäische Expansion.

Trotz der Flut annexionistischer Agitation, die im Sommer 1915 ihrem Höhepunkt zustrebte, ließen die Eroberungswünsche unter der Einwirkung der Kriegsnöte in breiten Bevölkerungskreisen verhältnismäßig schnell nach. Auf die Eroberungswünsche während der Kriegspsychose des Jahres 1914/15 folgte im Frühjahr die Ernüchterung eines Großteils der Bevölkerung. Die annexionistische Propaganda erfasste nicht wie im 2. Weltkrieg alle Bevölkerungskreise, sondern hauptsächlich industrielle und intellektuelle Schichten. In der zweiten Hälfte des Krieges erlangte die sozialdemokratische Parole eines "Friedens ohne Annexionen" große Popularität, vor allem unter den Soldaten, und deren Unmut richtete sich gegen die Alldeutschen als Kriegshetzer und Kriegsverlängerer.

Der Friede von Brest-Litowsk mit dem bolschewistischen Russland stellte die erste Verwirklichung deutscher Kriegsziele dar. Er war keineswegs ein Verständigungsfriede, wie in der Friedensresolution verkündet, sondern ein harter Gewaltfriede, durch militärischen Vormarsch erzwungen. Im Kernpunkt der Vereinbarungen stand die Abtretung von Polen, Litauen und Kurland, die "Unabhängigkeit" der Ukraine sowie die Besetzung von Livland und Estland durch deutsche "Polizeitruppen", obwohl diese Länder formal bei Russland verblieben. Weiter musste Russland seine Truppen aus Finnland und den, an die Türkei grenzenden, Bezirken Erdehan, Kars und Batum abziehen. Russland verlor dadurch 26% seines Territoriums, 27% des anbaufähigen Landes, 26% des Eisenbahnnetzes, 33% der Textilindustrie, 73% der Eisenindustrie und 75% der Kohlenbergwerke.

Einen Höhepunkt der deutschen Kriegszielpläne, mit ausgedehnten Annexionsgebieten und Einflusssphären im Osten und Südosten, bildete das Jahr 1918, zwischen dem Frieden mit Sowjetrussland und der Niederlage der Mittelmächte. Vor allem Ludendorff, oft gegen den Widerstand, aber doch auch mit Duldung der Reichsleitung, hat vor und nach den Zusatzverträgen zum Brest-Litowsker Frieden vom Sommer 1918 Livland, Estland, die Krim, das Gebiet der Kuban- und Donkosaken als Brücke zum Kaukasus und das Kaukasusgebiet selbst; darüber hinaus das Gebiet der Wolgatataren, das Gebiet der Astrachan-Kosaken, ferner Turkmenien und Turkestan, u.a. durch den Plan eines "Südostbundes", in Konkurrenz mit türkischen Aspirationen, als deutsche Einflusssphären zu sichern versucht. Kaiser Wilhelm II. entwickelte den Plan, Russland nach Abtretung Polens, der Ostseeprovinzen und des Kaukasus in vier unabhängige "Zarentümer, die Ukraine, den Südostbund als antibolschewistisches Gebiet zwischen der Ukraine und dem Kaspischen Meer, in Zentralrussland und Sibirien zu teilen. Diese Form der Beherrschung ergäbe eine "Brücke nach Zentralasien zur Bedrohung der englischen Stellung in Indien". Da Ludendorff nicht an die dauernde Separation der Ukraine von Russland glaubte, entwickelte er ein Konzept der deutschen Einflusssphären in Russland, als Gegengewicht zum bolschewistischen Kern. Einerseits war der kurzlebige Staat Krim-Taurien als Siedlungsgebiet für Russlanddeutsche vorgesehen, andererseits das Don-Kubangebiet als Verbindung zum Kaukasus. Die Krim sollte ein permanent besetzter Kolonialstaat mit deutscher Besiedlung werden, als Flottenstützpunkt wichtig für den deutschen Einfluss im Kaukasus und Mittleren Osten. Für den Kaukasus entwickelte Ludendorff einen deutsch bestimmten Kaukasusblock mit Georgien als Kern, was sich durch die große Entfernung und den türkischen Vorstoß als völlig utopisch herausstellte.

Die Zusatzverträge zum Brest-Litowsker Frieden vom 27. August 1918 stellten zwar einen neuen Höhepunkt der Demütigung Russlands dar, setzten aber gleichzeitig diesen, noch viel weitergehenden Annexionsplänen ein vorläufiges Ende. Die russischen Randstaaten von Finnland bis Georgien waren zwar nicht direkt annektiert worden, befanden sich aber in enger wirtschaftlicher und militärischer Abhängigkeit vom Deutschen Reich. Der zunehmende Zerfall der russischen Macht durch die Revolution und die Nichtachtung des amerikanischen Kriegseintritts ließen alle Zügel derer schießen, die aus lange angestauter Sorge vor der Ostmacht den "Ritt ins Ostland" ersehnten. Je drohender im Westen die Gegner gegen die Front anrannten, desto eher lockte der Griff nach dem offenen Osten. Die Frage war aber auch, ob sich ein deutsch beherrschtes Mitteleuropa in einem zukünftigen Krieg gegen die zwei größten Seemächte Großbritannien und die USA durchsetzen könnte. Schließlich besaßen die beiden Weltmächte praktisch den unbegrenzten Zugriff auf das globale wirtschaftliche Potential mit seinen Ressourcen. Als Antwort darauf entwickelten die deutschen Planer die Idee des deutschen Großraumes von der Biskaya bis zum Ural. Der östliche Großraum, "wehrwirtschaftlich" geschlossen und verteidigungsfähig, autark und blockadefest, als Gegengewicht zu den Seemächten, löste damit Mitteleuropa als zentrales deutsches Kriegsziel ab. Die Schwäche der Mitteleuropakonzeption, die Abhängigkeit von anderen souveränen Staaten und die begrenzten Rohstoffreserven entfielen beim Ostraum-Programm.

Deutschland hatte im Gegensatz zu den anderen kriegsführenden Staaten kein "natürliches" Kriegsziel, was eine Suche nach Zielen künstlichen Charakters, die im Bewusstsein des Volkes nicht verwurzelt sein konnten, nach sich zog. Das Fehlen greifbarer nationaler Ziele, nachdem der Weg nach Südosten durch das Bündnis mit Österreich-Ungarn verbaut war, führte zu einer Konzentration auf reine Machtexpansion. Diese Machtexpansion, gemäßigt und kritisch oder radikal und ausschweifend, war der Ausdruck des spezifischen politischen Bewusstseins der Wilhelminischen Zeit. Sie begriff die Kumulation von Macht als den Kern staatlicher Existenz. Machtkonflikte erschienen ihr als die innerste Antriebskraft der Geschichte. Einen Krieg zu beginnen, einem fremden Staat Gebiete abzunehmen war von jeher das unbezweifelte Recht des souveränen Staates gewesen. Deutschland verpasste in dieser Selbstverständlichkeit bei der Formulierung der Kriegsziele und dem Einsatz aller zu Gebote stehenden politischen und militärischen Mittel den sich damals in aller Welt anbahnenden Umschwung in Politik und öffentlicher Meinung. Die deutsche Kriegszieldebatte war kein Kampf zwischen den Möglichkeiten der Expansion oder des Friedens, sondern ein mörderischer Krieg zwischen gemäßigten und extremen Versionen eines deutschen Friedens. Die Annexionisten versuchten, grob gesagt, die schweren Probleme des Reiches auf außenpolitischer Ebene durch Kriegsziele zu lösen, die Gemäßigten durch innere Reformen (obwohl sie Kriegsziele keineswegs ausschlossen). Zahlenmäßig waren die Anhänger der gemäßigten Richtung den Annexionisten unterlegen, sie fanden aber vorerst mehr Gehör bei der Reichsleitung unter Bethmann Hollweg. Sie waren aber, anders als manche Gegner, keine Massenagitatoren. Die Gemäßigten blieben von der Arbeiterschaft isoliert und standen ebenso hilflos wie Bethmann Hollweg der annexionistischen Massenbewegung gegenüber. Es gab also ein Missverhältnis von starkem Einfluss "nach oben" und mangelnder Breitenwirkung "nach unten". Bei den Annexionisten war das zumindest bis zur Installierung der 3. OHL genau umgekehrt. Das führte bei den Gemäßigten zu einem Gefühl der Unterlegenheit, obwohl sie durch den Gang der Ereignisse bestätigt wurden; - diese psychologische Hypothek sollte noch in der Weimarer Republik fortwirken.

Die Motive für die Kriegszielbewegung waren vielfältig und verflochten. Sie reichten von reinen Existenzängsten über wirtschaftliche Partikularinteressen bis zu unverhohlenen Allmachtsträumen. Die durch die nationalistische Agitation fortwährend noch gesteigerten, weit überspannten Erwartungen der deutschen Öffentlichkeit schränkten die Handlungsfähigkeit der noch relativ nüchternen Reichsleitung unter Bethmann Hollweg immer wieder ein und vergrößerten die Diskrepanz zwischen weltpolitischen Illusionen und kontinentaleuropäischen Realitäten. In der Außenpolitik vor und im Kriege zeigte sich wieder einmal Deutschlands altüberkommene geographisch-politische Spaltung. Der Bruch mit England wurde gefördert und begrüßt von der Flottenpartei, der (Schwer-) Industrie, dem anitplutokratischen Flügel des preußischen Mittelstandes sowie den Junkern und war im wesentlichen eine norddeutsche Angelegenheit. Der Kampf mit Russland fand dagegen mehr Unterstützung in Süddeutschland, bei den Sympathisanten der Habsburger und bei der Finanzindustrie. Auf die Seite des kontinentalpolitischen Flügels war auch der Reichskanzler Bethmann Hollweg zu zählen, auf die Gegenseite sein Hauptwidersacher (in den ersten Kriegsjahren), Tirpitz.

Hier taucht auch wieder der alte Versuch auf, innere Probleme durch Expansion nach außen zu lösen. Es versuchten die traditionellen agrarischen und industriellen Machteliten im Reich, notwendige Reformen durch einen Sieg zu verhindern, um ihre privilegierte soziale Stellung im Inneren zu behaupten. Daher war ein Verständigungsfriede für die politisch Mächtigen Deutschlands immer undenkbar, bedeutete er doch den Verlust ihrer Macht fast ebenso sicher wie eine von außen herbeigeführte Niederlage. Das angestrebte "Imperium Germanicum" scheiterte nicht nur an der deutschen "Kontinuität des Irrtums", sondern auch an den Mängeln der inneren Strukturen des Reiches, das zu keinerlei Selbstbeschränkung als Vormacht eines Kontinentaleuropas fähig war, sowie an den Erfordernissen der Zeit mit ihrem Selbstbestimmungsrecht der Völker, das vom Reich im Grunde nicht wirklich akzeptiert wurde. Nach der "Sozialimperialismustheorie" von Hans-Ulrich Wehler entwickelte das Reich bereits in der Bismarck-Zeit die politische Strategie, die sozialen Spannungen im Inneren durch eine verstärkt auf den überseeischen Imperialismus setzende Außenpolitik abzulenken und womöglich zu neutralisieren. Der Krieg war demnach als "Flucht nach vorne" zu verstehen. Für Wehler hatten die deutschen Kriegsziele für die Machteliten den funktionalen Aspekt, als "Integrationsklammer", als Mittel, die politische und soziale Einheit der tief in sich gespaltenen wilhelminischen Gesellschaft herzustellen.

Das Deutsche Reich war aufgrund seiner militärischen Macht, seines wirtschaftlichen Potentials und seiner territorialen Größe ohnehin schon die stärkste europäische Großmacht. Daher musste jede in seinem Wesen angelegt imperialistische Expansion zwangsläufig mit dem Gleichgewicht der Kräfte in Europa kollidieren. Hätte sich Deutschland gegen die stärkst-mögliche Koalition aufrechterhalten, wäre ihm automatisch eine hegemoniale Funktion in Europa und der Welt zugefallen (Ludwig Dehio). Schließlich hat Deutschland im Krieg bewiesen, dass es schon eine Weltmacht war, sonst hätte es nicht jahrelang gegen die drei anderen beneideten Weltmächte Russland, die Vereinigten Staaten und das Britische Empire Krieg führen können. Das Streben nach Weltmacht ging eher in die Richtung von Statussymbolen einer Weltmacht, mit möglichst vielen Kolonien. Denn das deutsch beherrschte Gebiet der Erdoberfläche erschien den deutschen Imperialisten im Vergleich zu den anderen Weltmächten, aber auch zur nur europäischen Großmacht Frankreich, viel zu klein, als Ausgangsbasis für die Zukunft einfach zu schmal.

Deutschland war also stark genug für den Versuch eine dritte Weltmacht, neben der russischen und der anglo-amerikanischen, zu werden, aber nicht stark genug, um Erfolg zu haben. Es scheiterte an dem überspannten Versuch, ein Reich von der flandrischen Küste bis zum Peipussee, von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer und der Ägäis, von "Helgoland bis Bagdad" zu beherrschen, wobei Kolonien und überseeische Stützpunkte, mit "Mittelafrika" als Supplement zu einem ausgeweiteten "Mitteleuropa", vorgesehen waren. Freilich hätte gerade eine solche Machtzusammenballung europäische Befreiungskriege gegen die deutsche Hegemonie provozieren müssen, wie sie im Zweiten Weltkrieg Realität wurden.

Vorkriegspolitik, Kriegsziele von 1914, Kriegsziele von 1918 bilden eine Einheit, so wie die Kriegsziele der verschiedenen Gruppen, Parteien, Klassen und Individuen eine Einheit bilden. Die Kriegszielpolitik des Deutschen Reiches war die erschütternde Illusion durch unrealistische Überschätzung der deutschen Macht. Charakteristisch für diese Politik war ein Ineinandergreifen von wirtschaftlichem Denken und rein emotionalen Elementen, mit einem Mangel an Sinn fürs Reale, Überschätzung der eigenen und Unterschätzung der feindlichen Kräfte. Deutschland mit seinem "Bündnis zwischen Rittergut und Hochofen" führte eine Kriegszielpolitik, die nur aus dem Dilemma des konservativen Systems eines industrialisierten Agrarstaates erklärbar wird, in dem die ökonomische Machtstellung der Konservativen immer schwächer geworden ist.

Lange Zeit dominierte in Westdeutschland die Auffassung, dass keinerlei Zusammenhang zwischen den deutschen Kriegszielen im Ersten und Zweiten Weltkrieg bestehe. In allen kriegsführenden Staaten waren es aber nur die deutschen Nationalisten, allen voran die Alldeutschen, die den entscheidenden Qualitätssprung, die Umsiedlung feindlicher Bevölkerungsteile, vollzogen. Die Veränderung der ethnischen Verteilung zur Festigung der Macht des Reiches wurde, in der Tradition der preußischen Ostmarkenpolitik, durch zwangsweises Aufkaufen, Übernahme von Krondomänen, Kirchengütern usw. und Abschiebung von Teilen der Bevölkerung geplant. Die "völkischen" Aussiedlungs- und Kolonisationspläne für den "Ostraum" gab es zwar schon seit Kriegbeginn, sie beherrschten allerdings erst seit 1918, nach dem kurzfristigen Triumph der 3. OHL, die gesamte Führungsspitze des Reiches. Diese für den Osten, vor allem für den polnischen Grenzstreifen, von der Obersten Heeresleitung projektierte Ansiedlung von (vorerst) Russlanddeutschen wies schon in die Richtung der Ostpläne der Nationalsozialisten. Der Nationalsozialismus hat die Ostraumideologie und den deutschen Expansionsdrang nach Osten hart und rücksichtslos wieder aufgenommen, allerdings viel energischer und brutaler als das kaiserliche Deutschland. Die Befürworter des Grenzstreifenprojekts in Regierung und Militär dachten nur an eine systematische "Auskaufung" als Fortführung der preußischen Ostmarkenpolitik, nicht jedoch an eine völkerrechtswidrige gewaltsame Aussiedlung schon im Krieg, wie sie das Dritte Reich durchführte.

Die "völkische" Politik Ludendorffs, vor allem im Osten 1918, nahm jedoch schon große Teile der Rassenpolitik Hitlers vorweg. Der Versuch im Sommer 1918, den deutschen Großraum im Osten zu realisieren, war begleitet von "völkischen" Umsiedlungs- und Kolonisationsplänen, die in vielen Zügen auf Hitlers "Ostpolitik" vorauswiesen. Die Idee, Millionen von Slawen als Heloten zu behandeln oder gar Millionen von Juden zu ermorden, existierte im Ersten Weltkrieg natürlich nicht. Das Problem war das veraltete Denken der meisten Annexionisten in Kategorien der agrarischen Epoche, das sich die Lösung der inneren Schwierigkeiten, die aus dem rasanten Bevölkerungswachstum im Zuge der raschen Industrialisierung Deutschlands erwuchsen, nur auf dem traditionellen Weg einer territorialen Expansion mit bäuerlicher Ansiedlung vorstellen konnte. Hitlers schon in den Zwanziger-Jahren fixiertes Fernziel, ein deutsches Ostimperium auf den Trümmern der Sowjetunion aufzubauen, war also nicht nur "Vision", sondern besaß einen konkreten Anknüpfungspunkt in dem 1918 für kurze Zeit schon einmal realisierten. Das verräterische Vokabular von 1918 zeigt, dass wichtige Voraussetzungen für Programmatik und Praxis des Nationalsozialismus in dieser Zeit entstanden oder geschaffen wurden. Hitler, der "an diese Kontinuitäten anknüpft und sie doch zerbricht" (Nipperdey), und sein Programm knüpften an die am weitesten gespannten Kriegsziele des Ersten Weltkrieges zwar an, waren jedoch qualitativ durch die Verquickung mit dem rassischen Dogma davon abgehoben. Neben frappierend ähnlichen Kriegszielen gab es auch Ähnlichkeiten im Auftreten nach West wie nach Ost. Nach Westen beide Male noch relativ zivilisiert, nach Osten sehr viel brutaler, mit Steigerungen unter Hitler.

Literatur

  • Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht, Düsseldorf, 2000 (erstmals 1961) ISBN 3770009029

Frankreich

Frankreich wollte Revanche für die von den Franzosen als schmerzhaft empfundene Niederlage von 1871 nehmen und Elsass-Lothringen zurückerobern. Frankreich wollte darüber hinaus die durch den Deutsch-Französischen Krieg eingeleitete Vormachtstellung des Deutschen Reiches auf dem europäischen Festland beseitigen, welche die französische Nation zuvor seit dem 17. Jahrhundert innegehabt hatte.

Das wichtigste, fast absolute Kriegsziel der Nation tauchte bereits in den ersten Kriegstagen auf: die Rückgewinnung Elsass-Lothringens. Diese Forderung blieb vom Anfang bis zum Ende des Krieges, quer durch das politische Spektrum, ein unverrückbares Kriegsziel. Als nach dem Sieg an der Marne beschlossen wurde, den Krieg bis zum Ende der "Hegemonie des preußischen Militarismus" fortzuführen, traten bald auch weitere Ziele an die Öffentlichkeit, vom Saarbecken, über linksrheinische Gebiete, in manchen Kreisen bis hin zur Infragestellung der Reichseinheit, oder zumindest ihrer Schwächung im föderativen Sinne. Führend in dieser Frage war die extreme national-royalistische "Action française", während die republikanische "Ligue des patriotes" eine Kampagne lancierte, die auf eine Umgestaltung des Rheinufers in einen Pufferstaat unter französischer Dominanz, oder sogar offene Annexion abzielte. Im Herbst 1915 zeichneten sich schließlich jene französischen Kriegsziele ab, die in den kommenden Jahren immer wieder, mit unterschiedlicher offizieller Unterstützung, kaum verändert auftauchten. Die Rückkehr von Elsass-Lothringen in den Grenzen von 1814 oder sogar 1790, also mit dem Saargebiet, die Zurückdrängung Deutschlands an den Rhein, durch Annexion oder Neutralisation des Rheinlandes, wobei sich die Regierung völlig freie Hand ließ, sowie eine wirtschaftliche und militärische Angliederung Belgiens und Luxemburgs an Frankreich.

Die überseeischen Kriegsziele Frankreichs manifestierten sich durch die Konzentration auf die Westfront, hauptsächlich bei den Vereinbarungen mit den Alliierten über den Nahen und Mittleren Osten und Westafrika.

Für die Russland, im März 1915 im „Abkommen über Konstantinopel und die Meerengen“, zugesprochenen Gebiete forderte Delcassé vorerst Kilikien und Syrien als Interessenszonen. Dem Comité de l'Asie Française war das jedoch zu wenig, es rief offen nach einer Annexion Kilikiens und Syriens, inklusive Palästina. Die Regierung folgte dieser Forderung und bekam im Oktober Kilikien und Syrien mit dem Libanon von Großbritannien zuerkannt. Palästina sollte internationalisiert werden. Die kolonialen Kriegsziele waren auch weniger Bestrebungen der Regierung, sondern der Kolonialpartei und ihren Sympathisanten im Außen- und Kolonialministerium. Die Regierung, durch die Westfront voll in Anspruch genommen, diskutierte koloniale Fragen nicht einmal, weswegen der Kolonialminister bis 1918 in dieser Frage dominierte.

Priorität für viele Kolonialisten hatte ein geschlossenes französisches Westafrika, inklusive der deutschen und britischen Enklaven. Auch im Orient war Großbritannien mehr Konkurrent als der eigentliche Kriegsgegner, das Osmanische Reich.

Zum Leidwesen der Kolonialisten hörte Georges Clemenceau aber wenig auf die Kolonialpartei und ihre Leute im Außenministerium am Quai d'Orsay, sondern trat Lloyd George in der anglo-französischen Deklaration vom 7. November 1918 die Ansprüche auf Palästina und Mossul ab; - möglicherweise, um britische Unterstützung bei den französischen Ambitionen auf die linksrheinischen Gebiete zu erhalten.

Die anderen Hauptgründe, warum die französische Kolonialpartei ihre Kriegsziele nicht voll durchsetzen konnte, waren das Mandatsprinzip des Völkerbundes in Afrika, die Tatsache, dass Großbritannien die militärische Macht in den fraglichen Gebieten inne hatte und die Mäßigung der Kolonialisten, vor allem in der Sprache, bedingt durch Wilsons Selbstbestimmungsrecht der Völker. Hatten kolonialistische Beamte lange Zeit die kolonialen Kriegsziele bestimmt, konnte sich Clemenceau zuletzt doch durchsetzen.

Die günstige Kriegslage im Sommer 1916, insbesondere der als entscheidend bewertete Kriegseintritt Rumäniens, bewirkte bei der Regierung Briand ein Aufgeben der bisherigen Zurückhaltung. Diskussionen und Untersuchungen in Bezug auf die Friedensbedingungen setzten ein und führten schließlich zu einem umfangreichen Forderungsprogramm.

Auf Verlangen Präsident Poincarés entwarf zuerst Generalstabschef Joffre im August 1916 einen Plan der wünschenswerten Friedensbedingungen; - mit Annexion des saarländischen Kohlebeckens, der Bildung von drei oder vier linksrheinischen Staaten mit Brückenköpfen am rechten Rheinufer bei Straßburg und Germersheim, sowie einer Verkleinerung Preußens zugunsten der anderen deutschen Staaten. Dieser Generalstabsplan wurde im Oktober 1916 überarbeitet und verschärft, wobei eine dreißigjährige Okkupation des Rheinlandes und eine Teilung Deutschlands in neun unabhängige Staaten vorgesehen war. Dieses extreme Konzept sollte aber erst nach Kriegsende wieder auftauchen.

Das Kriegszielprogramm der Regierung Briand, im November 1916 von Paul Cambon, Botschafter in London, und seinem Bruder ausgearbeitet, war deutlich moderater. Danach sollte der deutsche Nationalstaat bestehen bleiben, Frankreich „zumindest“ die Grenze von 1790, also Elsass-Lothringen mit dem Saarland, erhalten. Einer mit großen Schwierigkeiten verbundenen Okkupation des Rheinlandes wird die Errichtung zweier neutraler, unabhängiger Pufferstaaten unter französischem Schutz vorgezogen. Belgien, aber nicht Luxemburg, wird im Gegensatz zum Generalstabsmemorandum in Unabhängigkeit belassen.

Manchen Regierungsmitgliedern ging das Cambon-Memorandum zu weit, andere wollten wiederum keinen Verzicht auf Annexionen im Rheinland. Ministerpräsident Briand stand aber hinter dem Programm, weshalb es im Januar 1917, in revidierter Form, zum offiziellen Regierungsprogramm wurde. Die revidierte Form bezog sich jedoch in erster Linie auf die Verwendung subtilerer Formulierungen. So wurde das „zumindest“ beim Anspruch auf die 1790er-Grenze weggelassen oder die Bezeichnung „Pufferstaaten“ durch „Neutralität“ und „provisorische Okkupation“ ersetzt.

Alles Sonstige sollte inter-alliierten Verhandlungen vorbehalten bleiben, was Frankreich freie Hand sicherte. Jedenfalls waren alle der Meinung, ein System von Pufferstaaten würde spätere Annexionen erleichtern. Das Dokument war gedacht als Diskussionsgrundlage mit Großbritannien, ohne legislative Sanktion, und war daher möglichst unverbindlich gehalten, vage vor allem in Bezug auf die, von Großbritannien abgelehnte, Annexion des Rheinlandes.

Aus diesem Grunde wurde das spektakulärste Kapitel in der Geschichte der französischen Kriegsziele auch ohne Wissen Großbritanniens geschrieben - die Mission des Kolonialministers Doumergue in Petrograd am 12. Februar 1917. Das Angebot Doumergues an Russland zur freien Festsetzung seiner Westgrenze war der Versuch, einen Sonderfrieden mit dem Deutschen Reiche zu verhindern. Am 14. Februar 1917 sicherte Russland seinerseits den Franzosen Unterstützung bei ihren Forderungen zu. Frankreich wurde Elsass-Lothringen im Umfang des früheren Herzogtums Lothringen mit dem Saarbecken zugestanden, die nicht annektierten linksrheinischen Gebiete „sollen ein autonomes und neutrales Staatswesen“ unter französischem Schutz bilden, das besetzt bleibt, bis alle Friedensbedingungen erfüllt sind.

Wenige Wochen später wurde die Abmachung durch die erste russische Revolution allerdings hinfällig, und die französische Kriegszielpolitik geriet, zusammen mit der gesamten Politik wegen der unsicheren Kriegslage, bedingt durch ein mögliches Ausscheiden Russlands, in eine tiefe Krise. Das zaristische Russland war schließlich die einzige Großmacht gewesen, die Briands Pläne im Saarland und am Rhein unterstützt hatte. Mit dem Kollabieren des Zarenreichs kollabierten, so schien es vorerst, auch Frankreichs Rheinpläne.

Der den gescheiterten Briand ersetzende Ministerpräsident Ribot leitete eine neue Phase der französischen Kriegszielpolitik ein. Da durch das drohende Ausscheiden Russlands nun der Ausgang des Kampfes selbst in Frage gestellt wurde, trat die Frage der Kriegsziele natürlich in den Hintergrund; - offiziell wurde nur mehr an Elsass-Lothringen festgehalten.

Die Regierung Ribot wies den „Geist der Eroberung“ weit von sich und verlangte neben Elsass-Lothringen „nur“ notwendige „Sicherheitsgarantien“. Als die Erfolge des deutschen U-Bootkrieges und die Meutereien im französischen Heer im Frühjahr 1918 die Kriegslage für die Alliierten zusätzlich verschlimmern, sieht sich Ribot von den französischen Sozialisten gedrängt, die Kriegsziele noch mehr zurückzuschrauben. Er entbindet Russland seiner Zusagen bezüglich der neuen französischen Ostgrenze, an die sich die neue russische Regierung ohnehin nicht gebunden fühlte, und beteuert, die Rückgabe Elsass-Lothringens sei keinesfalls eine Annexion und die notwendigen „Garantien“ solle man doch nicht im „Geiste der Eroberung“ sehen.

Später meint Ribot „die Stunde ist noch nicht gekommen, um über alle Friedensbedingungen zu diskutieren“, und weist jegliche Annexionsbestrebungen zurück. Gleichzeitig lässt er aber die Möglichkeit unabhängiger Rheinstaaten offen und predigt weiterhin die Niederwerfung des „preußischen Militarismus“. Ribot hielt also an der Rheinlandpolitik, ebenso wie an der Gesamtheit der französischen Ziele fest, die Veränderung betraf lediglich die äußere Form der Kriegsziele, nicht ihren Inhalt.

Erst im Januar 1918 erhielt Frankreich die endgültige offizielle Unterstützung in der Hauptkriegszielfrage Elsass-Lothringen; - Lloyd George und Präsident Wilson forderten öffentlich die Auslöschung des Unrechts von 1871. Bis Kriegsende konzentriert sich die Regierung Clemenceau darauf, das Recht Frankreichs auf die Provinzen, ohne jegliche Abstimmung, zu zementieren, während die anderen Fragen diskret im Hintergrund blieben, was aber keinesfalls ein Abgehen von weiteren Zielen bedeutete.

So kam es, dass selbst nach Ende des Krieges die französischen Kriegsziele noch halbfertig und unklar waren, obwohl nach der sicheren Erlangung Elsass-Lothringens die Rheingrenze eindeutig das Hauptziel Clemenceaus und aller politischen Führer war.

Langlebigstes und wichtigstes Konzept zur Schwächung Deutschlands war der Versuch der Loslösung der Rheinlande von Deutschland, durch Annexion oder Neutralisation. Es ist nicht richtig, dass Frankreich mit seinen Absichten in Versailles gescheitert ist, konnte es doch, trotz aller Konzessionen an seine Alliierten, einen guten Teil seiner Ziele durchsetzen. Zwar musste das Land auf offene Annexionen im Saar- und Rheinland verzichten, hatte jedoch durch die Besetzung dieser Gebiete alle Möglichkeiten den Vertrag, wie 1923 bei der Ruhrbesetzung, „nachzubessern“. Dass die Okkupation letztlich scheiterte, lag jedenfalls nicht am mangelnden Durchsetzungsvermögen der Grande Nation in Versailles.

Allerdings ist anzunehmen, dass bei einem Nichtausscheiden Russlands die „annexionistischen Mächte“ Frankreich und Russland ihren Frieden diktiert, also ihre Kriegsziele weitgehend durchgesetzt und Deutschland auf das Gebiet zwischen Rhein und unterer Weichsel beziehungsweise Oder beschränkt, hätten. Die Forderungen an die Besiegten hätten von vornherein anders gelautet, denn der Einfluss der liberal-gemäßigt gesinnten angelsächsischen Mächte wäre auf der Friedenskonferenz weit weniger zum Tragen gekommen. Frankreich und sein großer kontinentaler Verbündeter hätten die neue Karte Europas weitgehend unter sich ausgemacht. So aber musste sich Frankreich, da es seine westlichen Alliierten benötigte, um Deutschland auch nach dem Kriege dauerhaft niederzuhalten, von vornherein bescheiden, um sich nicht britischen und US-amerikanischen Einwänden beugen zu müssen, die ja das bereits „kosmetisch behandelte“ und reduzierte Programm Frankreichs kritisierten und einzuschränken trachteten. Man könnte daher, leicht überspitzt, formulieren, Deutschland verdankt das Rheinland der russischen Revolution.

Russland

Russland konzentrierte seine internationalen Interessen nach dem verlorenen Krieg 1904/05 gegen Japan auf den Balkan, als dessen natürliche Schutzmacht es sich sah. Dabei kam es unweigerlich zu starken Spannungen mit Österreich-Ungarn. Das Selbstverständnis Russlands als Erbe der byzantinisch-orthodoxen Kultur und die traditionelle Feindschaft gegen das Osmanische Reich kamen in den russischen Kriegszielen ebenfalls zum Ausdruck. Nach dem osmanischen Kriegseintritt erhoffte man sich auf russischer Seite den Gewinn Konstantinopels und der Meerengen zwischen der Ägäis und dem Schwarzen Meer. Die russischen Kriegsziele umfassten neben dem alten Ziel der Meerengen, aber auch Galizien, vor allem den „(klein)russisch“ besiedelten Ostteil, und aus strategischen Gründen, das ins russische Gebiet hineinragende Ostpreußen. Im weiteren Sinne spielte sicher auch die Idee des Panslawismus, einer Zusammenfassung aller Slawen in einem Kontinentalblock, eine Rolle.

In der ersten Siegeszuversicht erstellte der russische Außenminister Sazonow am 14. September 1914 ein 13-Punkte-Programm, das in manchen Aspekten als Gegenpart zum Septemberprogramm Bethmann-Hollwegs anzusehen ist. Dies ist auch bekannt als „12-Punkte-Programm“, weil bei den ersten Veröffentlichungen Punkt 13, über die Reparationen, eliminiert worden war.

Sazonov sah in erster Linie territoriale Abtretungen Deutschlands, angeblich auf der Basis des Nationalitätenprinzips, vor. Russland würde den Unterlauf des Njemen (Memelland) und den östlichen Teil Galiziens annektieren sowie dem Königreich Polen das östliche Posen, (Ober-) Schlesien und Westgalizien angliedern. Weitere Bestimmungen waren die oft genannten Fixpunkte alliierter Kriegszielprogramme: Elsass-Lothringen, vielleicht das Rheinland und die Pfalz an Frankreich, ein Gebietszuwachs für Belgien bei Aachen, Schleswig-Holstein zurück an Dänemark und die Wiederherstellung Hannovers.

Österreich würde eine „Dreifache Monarchie“ bilden, bestehend aus den Königreichen Böhmen (Böhmen und Mähren; - Mähren wurde dabei für das Gebiet der Slowaken gehalten, was die Unklarheit russischer Vorstellungen von Zentraleuropa zeigt), Ungarn und Österreich (Alpenländer), wobei sich Ungarn mit Rumänien über Siebenbürgen einigen müsste. Serbien erhielte Bosnien-Herzegowina, Dalmatien und Nordalbanien, Griechenland hingegen Südalbanien, Bulgarien einen Teil Mazedoniens, England, Frankreich und Japan die deutschen Kolonien. Die Meerengen blieben, noch vor dem türkischen Kriegseintritt, zumindest offiziell unerwähnt. Sazonows Programm war die erste umfassende Kriegszielerklärung der russischen Regierung und Russland war damit die erste Ententemacht, die ihren Alliierten eine Liste mit Kriegszielen vorlegte.

Großbritannien

Großbritannien wollte sich der wachsenden Wirtschaftskraft Deutschlands entledigen und die starke deutsche Flotte ausschalten, da es seine Machtstellung durch das seit der Reichseinigung aufstrebende Deutschland bedroht sah. Die deutsche Invasion Belgiens war der offizielle Grund für Großbritanniens Kriegseintritt - die Wiederherstellung Belgiens blieb in den ersten Kriegsjahren daher auch das einzige erklärte wichtige Kriegsziel. Zum Ziel der Befreiung Belgiens trat aber schon früh die Formel der „Zerschlagung des preußischen Militarismus“, zur Wahrung des europäischen Gleichgewichts, das durch die deutsche Besetzung Belgiens und der Kanalküste bedroht schien.

Direkte territoriale Ziele auf dem europäischen Kontinent hatte Großbritannien jedenfalls zu keiner Zeit, auch außerhalb Europas habe Großbritannien, laut Premier Asquith, schon jetzt gerade so viel Land wie „we are able to hold“. Dennoch mussten etwaige Interessen gegenüber Frankreich, Russland und den anderen Verbündeten gewahrt bleiben, was im Klartext Erwerbungen von deutschen und türkischen Besitzungen in Afrika und Vorderasien bedeutete.

Territoriale Belange wurden offiziell immer, wohl um peinliche Implikationen zu vermeiden, als sekundär angesehen. Nach dem Ausscheiden des zaristischen Verbündeten konnte der Krieg propagandistisch hervorragend als Kreuzzug der Demokratie gegen Tyrannei und Despotismus geführt werden. Aber Ende 1916 wollte die englische Öffentlichkeit schließlich konkret wissen, wofür ihre Soldaten kämpfen und sterben sollten, was die Formulierung der Kriegsziele dringend machte. Am 20. März 1917 bezeichnete Lloyd George die Beseitigung der reaktionären Militärregierungen und die Etablierung von „populären“ Regierungen, als Basis des internationalen Friedens, als wahre Kriegsziele. Gegen Ende des Jahres einigte sich das Kabinett auf erste provisorische Kriegsziele. Es unterstützte französische Aspirationen auf Elsass-Lothringen, italienische Forderungen, entgegen dem Vertrag von London, nur auf Basis des Nationalitätenprinzips, sowie die Restauration Belgiens, Serbiens und Rumäniens. Später kamen, neben der Forderung nach Unabhängigkeit Polens und der Völker der Donaumonarchie, auch eigene Expansionswünsche in Form von Forderungen nach Selbstbestimmung für die deutschen Kolonien, um den Deutschen die Grundlage für ihr Mittelafrika zu entziehen und den schon okkupierten arabischen Teilen der Türkei unter „British rule“ zu Tage.

Das Sykes-Picot Abkommen vom 3. Januar 1916 regelte die Interessenszonen Großbritanniens und Frankreichs im Nahen Osten. Großbritannien erhielt das südliche Mesopotamien, während Palästina internationalisiert werden sollte. Die deutschen Kolonien in Afrika und Übersee sollten keinesfalls zurückgegeben werden, was auch die an der Eroberung beteiligten Japaner und britischen Dominions kaum zugelassen hätten. Es stellte sich heraus, dass die „war aims of the British Empire“ nicht ausschließlich auf den Interessen des Vereinigten Königreiches basierten, da Australien, Neuseeland und Südafrika ihre Eroberungen deutscher Kolonien behalten wollten.

Eine im Januar 1917 vorgelegte Denkschrift des Foreign Office betrachtete die deutschen Kolonien als die für die Deutschen handgreiflichsten Resultate der „Weltpolitik“ des Kaisers. Der Hauptzweck dieser Kolonien war, aus englischer Sicht, die Vorbereitung von Angriffen auf fremde Kolonien. Die Wegnahme der deutschen Kolonien sei die Vorbedingung für das wichtige britische Kriegsziel: das Ende der deutschen Seemacht und Seepolitik. Oberstes Kriegsziel müsse es sein zu verhindern, dass Deutschland Weltmacht werde. Es solle seine Energien auf den Kontinent, auf das 1870 Erreichte, beschränken, während England die Vorherrschaft zur See und ein überseeisches Reich, aber keine kontinentalen Bestrebungen haben solle.

Neben der Tendenz zur Schwächung Deutschlands gab es in der britischen Politik also auch eine Gegenbewegung, die alte Wurzeln besaß. „The balance of power/Das Gleichgewicht der Kräfte“ des Nachkriegseuropa erfordere ein starkes Deutschland, als Gegengewicht zu Frankreich und Russland. Diese Komponente der britischen Kriegszielpolitik sollte bei der Friedenskonferenz in Versailles noch eine wichtige Rolle spielen. Die alten Rivalitäten mit Frankreich und Russland waren zwar durch den Konflikt mit Deutschland überdeckt, aber dennoch latent vorhanden. Es war klar, dass nach dem Krieg die Konflikte wieder ausbrechen würden, weshalb sich jede Großmacht ihre neue Ausgangsposition früh sichern musste. Für England, das keine direkten realisierbaren Erwerbungen auf dem Kontinent in Aussicht hatte, war die Beibehaltung eines auf dem Land militärisch starken Deutschland geopolitisch lebensnotwendig. Die im Weltkrieg existierende Koalition wurde von England nicht für sehr dauerhaft gehalten, Deutschland hielten die Briten sogar für einen möglichen Alliierten der Zukunft, wofür es stark und wohlgesinnt zu halten sei; - eine Denkart, die Russland oder Frankreich, nicht nur während des Krieges, fremd war.

Ende August 1918 wurde Lloyd Georges Deutschlandpolitik zunehmend härter, Balfour wollte die Kohlenreviere im Ruhrgebiet und Schlesien vom Reich abspalten, sogar die lang vergessene Abtretung Schleswig-Holsteins an Dänemark, tauchte wieder auf. Im November, als das englische Hauptkriegsziel, die deutsche Vorherrschaft auf dem Kontinent zu brechen, bereits erreicht war, wurde aus den schon beschriebenen Gleichgewichtsgründen kein "second Alsace-Lorraine" angestrebt.

Der Wegfall Russlands aus der Kriegskoalition machte das „balance of power“-Konzept Großbritanniens einfacher aber zugleich auch schwieriger. Der russische Druck auf den deutschen Osten fiel nun weg und ein System von neuen Staaten musste die Bindung deutscher Kräfte im Osten übernehmen. Da diese neuen Staaten nie die Macht des alten russischen Reiches entwickeln konnten, wurde der zuvor erwogene Anschluss Österreichs an Deutschland von den Briten, als nicht mehr zweckdienlich, verworfen.

Im Westen war die Situation anders, da umfangreiche Annexionswünsche Frankreichs im Rheinland, wenn auch in verdeckter Form, eine Hegemonie der Franzosen einzuleiten drohten, die England durch Milderung der Friedensbedingungen für Deutschland zu verhindern suchte.

Italien

Auch Italien betrieb seit der nationalen Einigung, die 1870 abgeschlossen worden war, eine expansionistische Politik, die unter anderem auf italienisch besiedelte Gebiete unter österreichisch-ungarischer Herrschaft zielte. Auch die Unterzeichnung des Dreibund-Vertrags mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich im Jahre 1882 konnte die daraus resultierenden Spannungen nicht beseitigen. Zudem war es 1911/12 zu einem Krieg mit dem Osmanischen Reich gekommen, der mit der faktischen Annexion Libyens und der Dodekanes durch Italien endete.

Durch Nachgeben Russlands auf italienisches Drängen nach Erwerbung slawischer Gebiete an der Adria, kam schließlich der Geheimvertrag von London am 26. April 1915 zustande, dem am 23. Mai 1915 die Kriegserklärung an Österreich-Ungarn und der Angriff u.a. am Isonzo folgte.

Der Vertrag von London spiegelt die Kriegsziele Italiens genau und verlässlich wider, das ja durch seine günstige Verhandlungsposition praktisch alle Anliegen durchsetzen konnte. Italien erhält das Trentino, Südtirol bis zum Brenner, die Stadt und das Gebiet von Triest, die Grafschaft Görz und Gradiska, ganz Istrien, die istrischen und einige kleinere Inseln, aber nicht Fiume. Ferner erhält Italien die Provinz Dalmatien ab Lissarik und Trebinje im Norden, bis Kap Planka im Süden, also etwa von Zara bis vor Split, mitsamt den vorgelagerten Inseln, sowie Lissa und Lagosta. Zuletzt erwirbt Italien noch den strategisch bedeutsamen albanischen Hafen Valona mit umfangreichem Hinterland. Auch würde bei einer etwaigen Teilung der Türkei eine noch festzusetzende Region an der Südküste Kleinasiens an Italien gehen. Dass die Vereinbarung insbesondere in Bezug auf Dalmatien im Vertrag von Versailles nicht zur Gänze verwirklicht wurde, lag am Widerstand der Serben beziehungsweise Südslawen und der, durch den Vertrag nicht gebundenen, US-Amerikaner.

Das Osmanische Reich hatte seine jahrhundertelange Großmachtstellung faktisch längst verloren. Durch den Kriegseintritt auf der Seite der Mittelmächte erhofften sich die Osmanen die Wiedergewinnung der Vormacht im Schwarzmeerraum zum Nachteil von Russland, mit dem das Osmanische Reich seit Jahrhunderten verfeindet war.

Der Weltkrieg war für das Osmanische Reich anfangs der Versuch, seine Unabhängigkeit und Kraft wiederzugewinnen. Tatsächlich schaffte die Türkei, trotz ihrer wirtschaftlichen und militärischen Rückständigkeit und ihrer unmodernen, ineffizienten inneren Strukturen, im Krieg eine Selbständigkeit zu erlangen, wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Türken machten klar, dass sie Herren im eigenen Haus waren, sie erlangten in einem Bündnis auf absoluter Gleichheit, vor allem in internen Belangen, volle Selbständigkeit; - auch gegenüber Deutschland.

Das Osmanische Reich nahm den Weltkrieg aber gleichzeitig zum Anlass, um mit Hilfe panislamischer und pantürkischer Losungen seine Position zu kräftigen, seine Macht zu erweitern, Einflusszonen zu schaffen, verlorene Gebiete zurückzuerobern, ja sogar neue Territorien zu erwerben. Die osmanischen Revolutionierungsaktionen stehen in Bezug auf ihre Weitgestreutheit - sie erstreckten sich von Tunis bis Turkestan und Nordwestindien - denen des deutschen Bündnispartners kaum nach.

Das Hauptziel der osmanischen Hoffnungen, Wünsche und Träume wurde der islamisch-türkische Osten. Ein islamischer Dreibund Türkei-Persien-Afghanistan sollte das Bindeglied nach Indien und nach Russisch-Turkestan sein.

Der politische Turanismus der Jungtürken war ein Traum, weil sie die Macht des Osmanischen Reiches bedeutend überschätzten und vor allem die Tatsache übersahen, dass den verschiedenen Turkvölkern ein einheitliches Nationalbewusstsein fehlte.

Für die Türkei hatten die Kriege der letzten Jahrhunderte fast alle mit oft riesigen Gebietsverlusten geendet. Auch im Weltkrieg hatte sie, als einzige der vier Verbündeten, große Gebiete verloren. Um ihre Stellung, vor allem bei Friedensverhandlungen zu wahren, glaubte sie Gebietserwerbungen zu brauchen. Schneller und leichter als die Rückeroberung ihrer arabischen Gebietsteile von den Briten schien die Einverleibung der von Russland nicht oder kaum mehr verteidigten Gebiete Kaukasiens und Zentralasiens zu sein. Außerdem erschien die Eingliederung verwandter Völker im Osten lohnender als die Rückeroberung der aufständischen arabischen Gebiete.

Auf lange Sicht war der Bestand des Reiches auch ohne Krieg zweifelhaft. Der Türkei fehlten die meisten notwendigen Voraussetzungen für ihren inneren Zusammenhalt: eine gemeinsame Rasse, Religion, Sprache, Kultur, Geografie und Wirtschaft.

Die Türkei jagte in Asien wie das Deutsche Reich fantastischen Plänen nach, die auf größtenteils irrealen Voraussetzungen beruhten. Das türkische Vordringen in den Kaukasus, im Namen des Pan-Turanismus, erscheint heute als der Amoklauf des zusammenbrechenden Osmanischen Reiches.

Serbien

In Serbien war Grundlage aller Kriegszielprogramme die Idee von der Vereinigung aller Südslawen. Meistens reichten die serbischen Ansprüche über eine Vereinigung mit Kroaten und Slowenen, bei Unabhängigkeit von Bulgarien und Montenegro, oder sogar nur einem Großserbien, mit Abrundung des serbischen Gebietes und Zugang zur Adria, nicht hinaus.

Aber schon die serbische Kriegsproklamation vom 4. August 1914 sprach vom „Jammer von Millionen unserer Brüder ..., welcher aus Bosnien und Herzegowina, aus dem Banat, der Backa, Kroatien, Slawonien, Srem und von unserem Meer, aus dem felsigen Dalmatien, zu uns drang“; die Proklamation nannte also das nationale Befreiungsziel der Serben, die Vereinigung aller Serben, Kroaten und Slowenen.

Ministerpräsident Pasic legte am 21. September dem russischen Außenminister Sazonow umfangreiche Kriegsziele vor: Bosnien, die Herzegowina, Dalmatien, die Backa, das Banat, Görz mit Umgebung und Istrien. Letzteres war er bereit, mit Italien, bei dessen etwaigem Kriegseintritt, zu teilen. Eine Woche später, als Pasic von den italienischen Forderungen erfuhr, wollte er auf ganz Istrien verzichten, warnte aber davor, Italien Dalmatien zuzugestehen, weil dann die Serbokroaten der Monarchie auf der Seite Österreich-Ungarns stehen würden.

Eine russisch-südslawische Denkschrift, vom kroatischen Abgeordneten Supilo verfasst, aus dem Dezember 1914 äußerte schon detailliertere Vorstellungen über den kommenden südslawischen Staat. Dieser Staat hätte 260.000 km² umfasst, bestehend aus den südlichen Teilen Kärntens und der Steiermark, dem Krain, dem gesamten Kronland Küstenland (mit Triest), Dalmatien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Slawonien mit Fiume, das südliche Ungarn (ein wenig nördlich der Mur, südlich von Pécs und Szegedin), sogar Montenegro und das damalige Serbien; von den 14 Millionen Einwohnern wären 12,7 Millionen Südslawen.

Im Februar 1915 versprach der britische Außenminister Grey Serbien, Bosnien, die Herzegowina und einen Zugang zur Adria, im Mai zog man sogar eine Föderation mit Kroatien in Betracht. Das britische Foreign Office und Premierminister Grey sagten Supilo persönlich sogar zu, dass bei serbischer Zustimmung, Bosnien, der Herzegowina, Süddalmatien, Slawonien und Kroatien erlaubt werde, ihr eigenes Schicksal selbst zu bestimmen (1.9.1915). Der Einfluss der südslawischen Exilpolitiker innerhalb der Bevölkerung daheim, lag allerdings bis ins letzte Kriegsjahr fast bei Null.

Montenegro, das schon vor 1914 um enge militärische, diplomatische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem serbischen Bruderstaat bemüht war, sollte spätestens, als König Nikola I. den Mittelmächten einen Sonderfrieden anbot, mit Serbien vereinigt werden.

Dennoch waren die frühen Kriegsziele der serbischen Verantwortlichen viel eher großserbisch, als südslawisch motiviert. Ihre großserbischen Ambitionen wurden bei den westlichen Verbündeten, da viele der angestrebten Gebiete nur eine serbische Minderheit besaßen, mit einem jugoslawischen Mäntelchen umgeben. Erst nach der Vernichtung Serbiens, Ende 1915, gewann die Idee der südslawischen Einheit an Attraktivität.

Um dem Druck Italiens beim Vertrag von London nachzugeben, wurde die russische Unterstützung serbischer Wünsche in Istrien, Triest und Dalmatien aber zeitweilig aufgegeben. Der § 5 im Vertrag von London billigte Serbien lediglich zu: Kroatien, die Adriaküste Ungarisch-Kroatiens, ohne Dalmatien, sowie die Küste südlich des Kap Planka bis zur Drina in Nordalbanien.

Dass die Serben die Abmachung von Anfang an bekämpften und im wichtigsten Teil, bei Dalmatien, auch Erfolg hatten, ist nicht verwunderlich. Unter den Serben, die den Weltkrieg als „Ringen im Augenblick, da es begann, zu einem Kampf für die Befreiung und Einigung aller unserer unfreien Brüder, der Serben, Kroaten und Slowenen“ propagierten, gab es aber auch offen großserbische Tendenzen. Vor allem nach Ausscheiden des großen Bruders, des zaristischen Russlands, aus dem Kampf und der Vernachlässigung des kleinen serbischen Verbündeten und der eher nebensächlichen Salonikifront durch die Westalliierten gaben sich viele mit Montenegro, der Vojvodina, Bosnien-Herzegowina und Süddalmatien als Teile Großserbiens zufrieden. Gleichzeitig machte die provisorische Regierung Russlands deutlich, dass nicht Großserbien, sondern nur eine jugoslawische Lösung unter demokratischem Vorzeichen ihre Unterstützung finden würde.

Der serbische Ministerpräsident Pasic musste sich der Entwicklung anpassen und so wurde, mit der Deklaration von Korfu, am 20. Juli 1917 die Verwirklichung des südslawischen Staates durch einen Kompromiss, der das Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Völker vorsah, eingeleitet. Am 1. Dezember 1918 wurde schlussendlich der „einheitliche Staat der Serben, Kroaten und Slowenen“ aus den Gebieten der österreichisch-ungarischen Monarchie, Serbiens und Montenegros gebildet.

Bulgarien

Bulgarien erstrebte seit seiner vollständigen Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich im Jahre 1908 die Einverleibung Makedoniens, das von nationalistischen Bulgaren als Teil der bulgarischen Nation betrachtet wurde. Die Mittelmächte sicherten Bulgarien im September 1915 den serbisch beherrschten Teil Makedoniens zu, weshalb Bulgarien am 14. Oktober 1915 auf ihrer Seite in den Krieg eintrat.

Im späteren Verlauf des Krieges forderte Bulgarien auch noch die rumänische Dobrudscha und türkische Gebiete an der Marica sowie weitere serbisch und albanisch besiedelte Gebiete des besetzten Serbiens.

Rumänien

Zu den Kriegszielen Rumäniens zählte die Annexion Siebenbürgens, der Bukowina und des Banats, bei denen es sich um mehrheitlich rumänisch besiedelte Gebiete unter österreichisch-ungarischer Herrschaft handelte. In einem Vertrag mit den Alliierten ließ sich Rumänien diese Gebiete zusichern und erklärte Österreich-Ungarn am 27. August 1916 den Krieg.

Frühere Verhandlungen Rumäniens mit der Donaumonarchie um die Abtretung Siebenbürgens scheiterten an der strikten Ablehnung Ungarns. Die Abtretung der Bukowina durch Cisleithanien genügte den Rumänen nicht. Den rumänischen Forderungen nach der Bukowina bis zum Pruth und dem Banat setzte Russland vorerst Widerstand entgegen. Nach der schweren Niederlage bei Gorlice gab Sazonov dann im Laufe des Julis 1915 seinen Widerstand gegen die rumänischen Forderungen auf, aber der rumänische Ministerpräsident Bratianu wollte nach der Eroberung Polens durch die Mittelmächte wieder einmal abwarten.

Nach den ersten großen Erfolgen der russischen Brussilow-Offensive, die vor allem Rumäniens potentiellen Hauptgegner, die österreichisch-ungarische Monarchie, betrafen, unterzeichnete der Balkanstaat am 17. August 1916 einen Bündnisvertrag mit der Entente.

Darin wurde Rumänien fast die ganze Bukowina (südlich des Pruth), Siebenbürgen und das Temesvarer Banat zugesichert, was einer Verdoppelung seiner Fläche und Bevölkerung entsprochen hätte. Der Umstand, dass außer Serbien keiner seiner direkten Nachbarn zu den endgültigen Siegern zählte, sicherte dem Balkanstaat letztlich eine Ausdehnung nach allen Seiten. Nicht nur die versprochenen Gebiete in Ungarn, sondern auch die gesamte Bukowina mit ihrem nördlichen, ukrainisch besiedelten Teil, sowie das gesamte Bessarabien und die von Bulgarien zurückerhaltene Dobrudscha verwandelten den Nationalstaat Rumänien in einen Nationalitätenstaat. Der Vertrag von Trianon verdoppelte das Territorium Rumäniens und vergrößerte seine Bevölkerung von 7,2 auf 18 Millionen, den Anteil der Minderheiten von 8 auf 30%.

Chronologischer Verlauf

Kriegsbeginn (Julikrise)

Innerhalb der Führungsschichten gab es unzweifelhaft Revanchegelüste. Jedoch war aufgrund der europäischen Bündnissysteme abzusehen, dass der nächste Krieg große Teile des Kontinents erfassen würde. Außerdem verblasste der Schrecken des Kriegs, da seit der letzten militärischen Auseinandersetzung zwischen zwei europäischen Großmächten 43 Jahre vergangen waren.

In dieser Situation löste der Mord am österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo (damals österreich-ungarisches Gebiet) am 28. Juni 1914 durch den serbischen Attentäter Gavrilo Princip (Attentat von Sarajewo) eine Kettenreaktion aus, die einen Monat in Anspruch nahm und in einem europäischen Krieg endete. Die Julikrise ist geprägt von Drohungen, halbherzigen diplomatischen Vermittlungsversuchen und politischen Fehleinschätzungen.

Drei Wochen nach dem Mord setzte Österreich-Ungarn Serbien durch Außenminister Graf Berchtold ein Ultimatum (23. Juli 1914) mit einer Frist von 48 Stunden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die europäische Stimmungslage eher gegen die Serben gerichtet, die als „blutrünstiger Haufen“ gesehen wurden. Außerdem wurde vermutet, dass die serbische Führung hinter dem Attentat steckte. Das Ultimatum forderte nicht nur die Bekämpfung von gegen Österreich-Ungarn agierenden Organisationen, sondern umfasste zudem Bedingungen, welche die serbische Souveränität bei ihrer Erfüllung eingeschränkt hätten. Innerhalb der 48 Stunden ging die serbische Regierung auf fast alle Punkte ein, verwahrte sich jedoch gegen eine Einschränkung der Souveränität Serbiens und beschloss die Teilmobilmachung der Armee. Trotz dieser Zugeständnisse Serbiens erklärte Österreich-Ungarn die Antwort für "unbefriedigend" und brach die diplomatischen Beziehungen zu Serbien nach Ablauf des Ultimatums am 25. Juli ab, und ordnete ebenfalls die Teilmobilmachung an. Die österreichischen Ziele sahen zunächst einen lokalen Krieg um die Vorherrschaft auf dem Balkan vor, zumal die Hauptstadt Belgrad nur unweit der österreichisch-ungarischen Grenze liegt. In dieser Situation wurde aus Berlin Rückendeckung in Form der bereits am 6. Juli zugesicherten "Blankovollmacht" gegeben, da das Bündnis zwischen Wien und Berlin nur defensiven Charakter hatte. Die anderen europäischen Staaten interpretierten diese Treueerklärung insofern falsch, als dass sie sich nicht vorstellen konnten, dass in diesem Falle Österreich die treibende Kraft hinter den Ereignissen war. Die Blankovollmacht sah ein deutsches Eingreifen im Falle eines russischen Eingreifens vor. Am 25. Juli beschloss Russland auf dem Kronrat von Krasnoje Selo, Serbien militärisch zu unterstützen. Gleichzeitig wurde sowohl von russischer als auch von englischer und deutscher Seite eine Botschafterkonferenz vorgeschlagen. Dieser Vorschlag blieb jedoch unbeachtet. Ein weiteres entscheidendes Missverständnis war, dass man im deutschen Reich die Angelegenheit für einen lokalen Österreich-Serbischen Konflikt hielt, während man in den übrigen Staaten eine deutsche Kriegstreiberei für gegeben hinnahm.

Die deutsche Rückendeckung war entscheidend für die Kriegserklärung Österreichs an Serbien am 28. Juli. Am 27. Juli erfolgte die Teilmobilmachung der russischen Armee. Der Befehlshaber der Mobilisierungsabteilung der russischen Armee, Sergej Dobrorolski, äußerte rückblickend, dass der Krieg bereits seit dem 25. Juli für den russischen Generalstab beschlossene Sache gewesen sei. Den russischen Militärs war bekannt, dass Deutschland im Falle einer Generalmobilmachung Russlands ebenfalls seine Truppen mobilisieren würde, worauf sie auch konsequent abzielten. Als Zar Nikolaus II. am Morgen des 30. Juli die Generalmobilmachung der russischen Armee billigte, war ihm zunächst nicht bewusst, dass dieser Vorgang einer indirekten Kriegserklärung gleichkommt. Noch am selben Tag wollte der Zar die Generalmobilmachung rückgängig machen, wurde jedoch von dem Generalstab der russischen Armee davon abgehalten.

Das Deutsche Reich forderte in einem Ultimatum die sofortige Rücknahme der russischen Mobilmachung. Nachdem diese ausblieb, machte das Reich ebenfalls mobil und erklärte Russland am 1. August den Krieg, woraufhin Frankreich in Erwartung eines deutschen Angriffes ebenfalls mobil machte.

Daraufhin setzte das deutsche Oberkommando den Aufmarschplan, eine modifizierte Version des Schlieffenplans in Kraft, der als einzige Siegchance für den drohenden Zweifrontenkrieg gesehen wurde. Dieser setzte auf Geschwindigkeit, um die langsame russische Mobilmachung für einen schnellen Schlag gegen Frankreich auszunutzen. Nachdem das neutrale Belgien die Durchmarschgenehmigung verweigerte, verletzte das Reich die belgische Neutralität für den Angriff gegen Frankreich. Für die liberale Regierung in London war dies der Anlass, in den Krieg einzutreten.

Gerade das Verhalten Deutschlands war Ausgangspunkt für die viel diskutierte Kriegsschuldfrage im Vertrag von Versailles. Dieser Punkt wird auch heute noch diskutiert, wobei mittlerweile die Ansicht vorherrscht, dass Inkompetenz und mangelnde Verhandlungsbereitschaft nicht nur in der deutschen Führungsschicht Europa in diesen Krieg stürzte, zumal die gleichen Aktionen auf beiden Seiten ganz unterschiedlich bewertet worden sind. Insbesondere in Deutschland und Russland ging die politische Führung zu sehr auf die kriegsorientierten Forderungen der Militärs ein, was fatale Folgen hatte.

Zu Beginn des Krieges standen sich 118 Millionen Menschen der Mittelmächte und 278 Millionen Menschen der Entente Cordiale gegenüber.

Kriegsjahr 1914

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Ausmarsch bayerischer Soldaten 1914

Der deutschen Kriegsführung war klar, dass sie in einem Zwei-Fronten-Krieg kaum überleben konnte. Daher versuchte sie, den schon vor dem Krieg ausgearbeiteten Schlieffen-Plan (Generaloberst Alfred von Schlieffen war zwischen 1891 und 1905 Generalstabschef) umzusetzen. Dieser Plan sah vor, dass Deutschland mit aller Kraft Frankreich erobern, im Osten aber die Stellungen nur halten solle. Dazu sollte das starke französische Verteidigungssystem im Norden mit einer weit ausgreifenden Bewegung durch das neutrale Belgien umgangen und schnellstmöglich gegen Paris vorgegangen werden.

Am 6. August erfolgt Wilhelm II. Aufruf „An das deutsche Volk!“, und deutsche Truppen, Ulanen der 2. und 4. Kavalleriedivision, beginnen den Überfall auf Belgien, wobei es bereits am selben Tag im Dorf Battice zu gewaltsamen Übergriffen auf die Zivilbevölkerung kommt. Nachdem die deutschen Soldaten glaubten, von Freischärlern und bewaffneten Zivilisten angegriffen worden zu sein, wurde in den kommenden Wochen vielfach Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in Belgien und Frankreich verübt. Dieses harte Vorgehen war prinzipiell durch die damalige Landkriegsordnung gestattet, die den Krieg auf militärische Einheiten begrenzen wollte und deshalb diese Strafmaßnahmen vorsah. Tatsächlich waren diese Feuerüberfälle jedoch auf versprengte militärische Einheiten zurückzuführen; nicht selten beschossen sich deutsche Einheiten in einer Mischung aus Massenhysterie und unübersichtlicher Lage untereinander.

Während der Mobilmachung wurde ein handstreichartiger Überfall auf die belgische Stadt Lüttich geplant und ausgeführt. Die Stadt fiel schnell in die Hände der Angreifer, während der Gürtel von 12 Forts unbesetzt blieb. Erst nach dem Heranschaffen schwerster Artillerie (der Dicken Berta) war es möglich, die Festungen zu besetzen. Der Höhepunkt der Kämpfe war die Beschießung und der Fall von Fort Loncin.

Nach der Verletzung der belgischen Neutralität erklärte Großbritannien dem deutschen Kaiserreich den Krieg. Die britische Kriegserklärung gegen das Deutsche Reich trat am 4. August, nach Ablauf eines vorausgehenden Ultimatums Großbritanniens um 0:00 Uhr in Kraft. Die unangefochtene britische Seeherrschaft ermöglichte es, sofort 100.000 Mann nach Frankreich zu schicken.

Am 18. August begann daraufhin die deutsche Großoffensive zur Umfassung der alliierten Armeen, dabei stieß man sehr schnell nach Brüssel vor.

Am 1. August ordnen sowohl die französische Regierung, als auch der Deutsche Kaiser die Mobilmachung ihrer Armeen an. Am selben Tag überreicht der deutsche Botschafter in St. Petersburg Russland die deutsche Kriegserklärung. Am Vormittag des 2. August besetzten deutsche Truppen die Stadt Luxemburg; woraufhin der französische Staatspräsident Raymond Poincaré am folgenden Tag per Erlass den Belagerungszustand über Frankreich verhängt und Deutschland Frankreich wegen diverser Grenzverletzungen in Deutsch-Lothringen den Krieg erklärt.

Am 4. August marschieren deutsche Truppen völkerrechtswidrig und ohne Kriegserklärung in das neutrale Belgien ein. Großbritannien befiehlt am selben Tag die Mobilmachung seiner Armee und setzt Deutschland ein Ultimatum bis Mitternacht, was den britischen Außenminister Sir Edward Grey zu seiner geradezu prophetischen Äußerung veranlasst: „The lamps are going out all over Europe; we shall not see them lit again in our lifetime.“ (In ganz Europa gehen gerade die Lichter aus; zu unseren Lebzeiten werden wir sie nicht wieder angehen sehen.) Nach Ablauf dieses Ultimatums erklärt England dem Kaiserreich am 5. August den Krieg.

Seit dem Tage der französischen Mobilmachung, hatte es in Deutsch-Lothringen, im Bereich des XXI. Armeekorps zunächst kleinere, dann aber schnell umfangreicher werdende französische Truppenbewegungen und erste Feuergefechte mit deutschen Verbänden gegeben. Am 10. August erlitten bayerische Truppen im Bereich Badonviller erste größere Verluste, am 11. August kam es bei Lagarde zu einem großen Gefecht zwischen Franzosen und Teilen der 42. Infanterie-Division, in dessen Verlauf ca. 2.300 Franzosen in Gefangenschaft gerieten.

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Die französischen Generäle Castelnau, Joffre, und Pau (von links nach rechts)

Die Aufklärung ergab, dass sich die deutsche 6. Armee (zu der u.a. die 42. ID gehörte) im Bereich zwischen Metz und Saarburg zwei französischen Armeen mit mindestens neun aktiven Armeekorps, nämlich der 1. unter General Dubail und der 2. unter General Castelnau gegenüber sah – allerdings mit dem Unterschied, dass die 6. Armee „allein“ war und sich der größte Teil des 7. Armee, die zur Verstärkung angefordert worden war, noch auf dem Weg nach Nordosten befand.

Nachdem es auch am 12. August bei Badonviller zu einem Sieg über französische Truppen gekommen war, wurde entschieden, die große Streitmacht des Gegners erst auf deutsches Gebiet zu locken, um Zeit zur Heranführung der 7. Armee zu gewinnen und anschließend in eine Falle im Bereich zwischen MörchingenLauterfingenMittersheimPfalzburg, wo er geschlagen werden sollte. Die deutschen Truppen zogen sich daraufhin bis auf diese Linie zurück und bezogen Stellungen.

Am 16. August beschloss der Kommandierende der 6. Armee Kronprinz Rupprecht von Bayern befehlswidrig, die französischen Verbände im Widerspruch zum Schlieffen-Plan, der ihm strengste Defensive auferlegte, so bald wie möglich in Lothringen anzugreifen. Im Verlauf des 18. August entwickelten sich dann erste Gefechte u.a. im Gebiet um Lauterfingen.

Am 20. August befahl der französische General Joffre die schon lange vor dem Krieg im so genannten "Plan XVII" vorgesehene Offensive in Richtung Deutsch-Lothringen und Saar-Ruhr-Gebiet. Daraus, und aus einer Reihe von weiteren Schlachten bei Saarburg, bei Longwy, an der Maas, zwischen Sambre und Maas und bei Mons entwickelten sich für beide Seiten verlustreiche Kämpfe zwischen den Vogesen und der Schelde, die so genannten Grenzschlachten. Trotz der unerwarteten Aktionen der Franzosen und Briten glaubte die Oberste Heeresleitung (OHL) an einen raschen Vorstoß nach Paris.

Am 4. September gelang es den Deutschen, die Marne zu überschreiten, woraufhin es zwei Tage später zu der für beide Seiten äußerst verlustreichen und sich zwischen Ourcq und Maas erstreckenden Marneschlacht kam. Kurz danach gab die OHL den Schlieffen-Plan auf, da es den Truppen nicht gelungen war, weit genug vorzustoßen, um Paris zu isolieren oder gar zu umfassen. Als sich die deutschen Truppen, für die Alliierten überraschend, von der Marne zurückzogen, reichten die französischen Munitionsvorräte nur noch für zwei Tage.

Gegen Ende September nahmen die Bewegungen auf beiden Seiten ab, das Kräfteverhältnis war ausgeglichen, und ein Stellungskrieg bahnte sich an. Dies hing unter anderem auch damit zusammen, dass die Munitionsvorräte, speziell für die Artillerie, nicht rasch genug aufgefüllt werden konnten. Es zeigte sich sehr schnell, dass der Munitionsverbrauch weit über die Kapazitäten hinausging. Lediglich in Belgien hatte der Vorstoß noch nicht an Schnelligkeit verloren. Bis zum November waren Antwerpen, Brügge und andere bedeutende belgische Städte in deutscher Hand. Schweren Widerstand boten die Alliierten jedoch bei Ypern, weshalb der am 14. September zum Chef des Generalstabs ernannte General von Falkenhayn die Angriffe einstellen musste. Von Ende Oktober bis zum 10. November kam es bei Ypern wiederholt zu verlustreichen Kämpfen, die die OHL mit dem irreführenden Bericht stilisierte, bei Langemarck hätten junge deutsche Regimenter unter dem Gesang "Deutschland, Deutschland über alles" die vordersten gegnerischen Stellungen eingenommen. Der Bericht der OHL löste den Mythos von Langemarck aus, der bis in die NS-Zeit hinein existierte und den angeblichen Opfertod einer jungen, gebildeten deutschen Generation verherrlichte. Mit den Kämpfen bei Ypern endete der Bewegungskrieg. An der deutschen Westfront entstand nun ein ausgedehntes System aus Schützengräben.

Da die Russen unerwartet schwere Angriffe gegen Deutschland führten, war die Lage an der Ostfront für die Mittelmächte zunächst schlecht. Die Deutschen waren aufgrund des Schlieffenplans an ihrer Ostfront defensiv eingestellt, was sich jedoch aufgrund einer gewaltigen russischen Offensive im Nordosten als Fehler erwies. Kurz nach Kriegsbeginn waren zwei russische Armeen in Ostpreußen eingefallen und standen somit auf Reichsgebiet. Als Folge dessen wurden die Truppen verstärkt und die alten Befehlshaber durch Generalmajor Erich Ludendorff und Generaloberst von Paul von Hindenburg ersetzt. Ihnen war es zu verdanken, dass sich die Lage an der Ostfront schnell änderte, besonders der Sieg in der Schlacht bei Tannenberg vom 26.-31. August war für Deutschland ein großer Erfolg. Dabei gelang deutschen Truppen die Einschließung und Bekämpfung der russischen Narew-Armee. Vom 6.-15. September folgte die Schlacht an den Masurischen Seen, die mit der Niederlage der russischen Njemen-Armee endete. Die russischen Truppen räumten daraufhin einen großen Teil Ostpreußens. Russische Truppen hatten kurz nach Kriegsbeginn auch das zu Österreich-Ungarn gehörende Galizien besetzt. Das österreichisch-ungarische Heer musste sich nach einem Vorstoß auf die galizische Stadt Lemberg aufgrund der erdrückenden russischen Übermacht im September zu den Karpaten zurückziehen. Am 1. November wurde Generaloberst von Hindenburg zum Oberbefehlshaber Ost des deutschen Heeres ernannt. Am 11. November begann eine deutsche Gegenoffensive an der Ostfront, welche die russischen Verbände bis östlich von Łódź zurückdrängte. Im November 1914 erklärte die britische Kriegsmarine die gesamte Nordsee zur Kriegszone, die sofort vermint wurde. Schiffe, die unter der Flagge neutraler Staaten fuhren, konnten in der Nordsee ohne Vorwarnung das Ziel britischer Angriffe werden. Dieses Vorgehen der britischen Regierung verletzte geltendes Völkerrecht, darunter die Deklaration von Paris von 1856, die Großbritannien unterzeichnet hatte. Vom 5.-17. Dezember gelang es österreichisch-ungarischen Truppen, einen russischen Vorstoß auf Krakau aufzuhalten. Danach begann auch im Osten der Übergang zu einem Stellungskrieg. Vom Dezember 1914 bis zum April 1915 tobte die Winterschlacht in den Karpaten, in der sich die Mittelmächte gegen Russland behaupten konnten.

Die Regierung des Osmanischen Reichs versuchte zunächst, sich in einer "bewaffneten Neutralität" aus den Kampfhandlungen herauszuhalten. Den herrschenden Jungtürken war klar, dass man sich an eine Großmacht anlehnen müsste, um militärisch überhaupt standhalten zu können. Auf Betreiben Enver Paschas kam es schließlich zum Kriegsbündnis mit Deutschland und Österreich-Ungarn, das allerdings im Kabinett umstritten war. Im Oktober 1914 beschossen die Osmanischen Türken mit zwei vom Deutschen Reich erworbenen Kriegsschiffen russische Küstenstädte. Daraufhin erklärten Anfang November Frankreich, Großbritannien und Russland dem Osmanischen Reich den Krieg, das sich nun auf der Seite der Mittelmächte befand. Bereits am 23. November gelang es britischen Truppen, die osmanische Stadt Basra am Persischen Golf einzunehmen.

Außerhalb von Europa kam es besonders in Afrika zu teils schweren Kämpfen. Die von allen Seiten umzingelte Kolonie Togo wurde sofort eingenommen. Um Kamerun stand es genau so schlecht, bis zum Ende des Jahres 1914 zogen sich die deutschen Truppen in den Dschungel zurück, wo sich ein zermürbender Kleinkrieg entwickelte. Deutsch-Südwestafrika wurde von der südafrikanischen Union angegriffen. Bis zum Jahresende bestand keine Möglichkeit mehr, das Gebiet zu halten. Einzig Deutsch-Ostafrika verteidigte sich unter Paul von Lettow-Vorbeck verbissen. Dank der deutschen Strategie von Rückzügen und Guerilla-Taktiken konnte sich die Kolonie bis zum Kriegsende halten.

Die deutschen Kolonien im Pazifik wurden auf Grund eines japanischen Ultimatums kampflos übergeben. Einzig der Pachthafen Kiautschou wurde erbittert verteidigt, bis Material und Munition aufgebraucht waren.

Kriegsjahr 1915

Im Januar 1915 kam es im Kaukasus zu ersten größeren Kampfhandlungen zwischen osmanischen und russischen Truppen. Dabei musste das Osmanische Reich eine schwere Niederlage hinnehmen. Dies nahm man auf osmanischer Seite zum Anlass, dem Volk der Armenier Kooperation mit den Russen zu unterstellen. Es kam zu Verfolgungen der Armenier durch osmanische Truppen, die schätzungsweise 1 Million armenische Todesopfer forderten. Zahlreiche Armenier wurden in Wüstengebiete deportiert. Der erste große Völkermord des 20. Jahrhunderts wird bis heute in der Türkei tabuisiert.

Das deutsche Heer siegte vom 2.-27. Februar mit Hilfe der neu eingetroffenen 10. Armee in der Winterschlacht in Masuren über die Russen. Die russischen Truppen zogen sich daraufhin endgültig aus Ostpreußen zurück.

Im November 1914 erhielt Erich von Ludendorff als Chef des Stabes gemeinsam mit Paul von Hindenburg das Oberkommando über alle deutschen Truppen der Ostfront. Im Sommer 1915 fielen Polen, fast ganz Kurland und Litauen unter deutsche Okkupation. In Polen entstanden durch die Besatzungsmächte zwei Gouvernements: ein Österreichisches in Lublin und ein Deutsches mit Sitz in Warschau. Die restlichen Gebiete wurden unter dem Begriff Ober Ost zusammengefasst. Das Gebiet des Oberbefehlshabers der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten, kurz Ober Ost, erstreckte sich über Kurland, das ethnografische Litauen, einige rein polnische Distrikte wie Augustow und Suwalki und die westlichen Distrikte Weißrusslands.

An der Westfront kam es im Februar und März zur so genannten Winterschlacht in der Champagne, bei der die Franzosen erstmals massives Trommelfeuer einsetzten. Diese Taktik war jedoch nicht sehr erfolgreich, da sich die Deutschen schnell auf einen Angriff der Infanterie einstellten und die Angreifer aus bereits gut ausgebauten Unterständen mit Sperrfeuer und MG-Salven niederstreckten.

Wenig später begannen die Deutschen mit der Entwicklung einer der furchtbarsten Waffen des Ersten Weltkriegs, dem Giftgas. Für den so genannten Blasenangriff wurde Chlorgas verwendet, das sehr schwer ist, und sich somit in die Gräben senkte. Der erste Angriff war mehr als Experiment gedacht und fand am 22. April in Ypern statt. Die Wirkung war verheerend: 15.000 aus Algerien stammende französische Soldaten, dazu bretonische Territorialsoldaten sowie die erst kürzlich an der Front eingetroffenen Kanadier, flohen oder wurden getötet, so dass die Deutschen anfänglich ohne Widerstand vorrücken konnten. Dennoch nutzte die OHL die Gunst der Stunde nicht, worauf die Alliierten die Front wieder schließen konnten. Es ist historisch nicht endgültig geklärt, welche Kriegspartei tatsächlich zuerst Gas als Kampfmittel eingesetzt hat.

Am 25. April begann die Dardanellen-Operation der Alliierten auf der Halbinsel Gallipoli mit dem Ziel, nach Konstantinopel durchzubrechen. Alliierte Truppen hatten zuvor unter Missachtung der griechischen Neutralität die Insel Lemnos erobert, um sie als Ausgangspunkt für Angriffe gegen das Osmanische Reich zu nutzen. Die zerklüfteten Felsen von Gallipoli boten zwar einen guten Unterschlupf, aber bei den Angriffen waren sie den Briten, Australiern und Neuseeländern wenig hilfreich. Auch war der türkische Widerstand unerwartet hart, weshalb die Operation bis zum 9. Januar 1916 mit einer umfassenden amphibischen Evakuierung abgebrochen werden musste.

An der deutschen Ostfront kam es vom 2. bis zum 7. Mai östlich von Krakau bei Gorlice und Tarnów zu einer Schlacht, in der den deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen ein tiefer Einbruch in die russischen Stellungen gelang. Als Folge der Schlacht gewannen die Mittelmächte die Kontrolle über Galizien zurück.

Am 7. Mai versenkte ein deutsches Unterseeboot das britische Passagierschiff Lusitania vor der südirischen Küste, was schwere Spannungen zwischen dem Deutschen Reich und den USA auslöste. Dabei soll dem deutschen Unterseeboot die Position der Lusitania durch gegnerische Funksignale übermittelt worden sein.

Am 9. Mai versuchten Briten und Franzosen einen Durchbruch im Artois Schlacht bei Lens, die jedoch trotz enormer Verluste ohne Erfolg blieb und Mitte Juni abgebrochen wurde.

Am 23. Mai erklärte Italien nach der Zusicherung von österreichisch-ungarischen Gebieten durch Frankreich und Großbritannien den Mittelmächten den Krieg und griff Österreich am Isonzo-Fluss an. Damit befand sich Österreich-Ungarn ab sofort in einem Drei-Frontenkrieg, was den Druck auf die Mittelmächte erheblich erhöhte. Bis 1917 versuchten die italienischen Truppen in elf Offensiven vergeblich die österreichischen Stellungen zu stürmen, da diese die Höhe des Gebirges wirkungsvoll zur Verteidigung nutzten. Die Kämpfe gingen als "Krieg in Schnee und Eis" in die Geschichte ein und forderten etwa 2 Mio. Tote und Verletzte. Zahlreiche Soldaten wurden dabei durch gezielt ausgelöste Lawinen getötet.

Anfang Juli starteten die Mittelmächte eine Großoffensive an ihrer Ostfront. Bis zum September gelang ihnen dabei die Einnahme wichtiger Städte wie Warschau, Brest-Litowsk und Wilna. Die Mittelmächte drückten die russische Front teilweise um mehrere hundert Kilometer ein. In der Schlacht bei Tarnopol hielt die russische Armee den Vorstoß auf. Im selben Monat übernahm Zar Nikolaus II. persönlich den Oberbefehl über das russische Heer. Trotz der großen russischen Gebietsverluste strebte er keinen von den Mittelmächten erhofften Separatfrieden an.

Verstärkung erhielten die Mittelmächte am 14. Oktober 1915 durch den Kriegseintritt Bulgariens. Bereits am 6. September hatte sich Bulgarien zu einer Zusammenarbeit mit den Mittelmächten bereit erklärt, die durch einen Angriff auf Serbien eine Landverbindung zum Osmanischen Reich herstellen wollten. Im Oktober begann die Offensive gegen Serbien, in deren Folge die Mittelmächte im November auf dem Amselfeld einen Sieg über die serbische Armee errangen. Bis zum Dezember 1915 besetzten österreichisch-ungarische, deutsche und bulgarische Truppen Serbien.

Zu den letzten größeren Kampfhandlungen an der Westfront des Kriegsjahres 1915 kam es zwischen 25. September und 13.Oktober im Artois und der Champagne. Diese für Briten und Franzosen verlustreiche Herbstschlacht brachte wieder nur geringfügige Einbrüche in die deutschen Stellungen. Der u.a. auch in den Vogesen, im Bogen von St. Mihiel, in den Argonnen und unterirdisch mit gewaltigen Minen geführte Landkrieg an der Westfront im Jahre 1915 brachte im Ergebnis keine nennenswerten Verschiebungen der Frontlinie, führte aber zu den schwersten französischen Verlusten innerhalb eines Kalenderjahres während des gesamten Krieges.

Ende November unternahmen britische Truppen vom Persischen Golf aus einen Vorstoß nach Mesopotamien. Bei Kut el-Amara wurden sie jedoch von der osmanischen Armee eingeschlossen und mussten im April 1916 kapitulieren.

Kriegsjahr 1916

Verdun - Fort Vaux

Der im Oktober 1915 erfolgreich begonnene Balkanfeldzug der Mittelmächte endete im Februar 1916 nach der vollständigen Besetzung Montenegros und Albaniens durch das österreichisch-ungarische Heer.

Nachdem sich das deutsche Heer im Vorjahr an seiner Westfront eher defensiv verhalten hatte, beschloss die Oberste Heeresleitung unter Erich von Falkenhayn zu Beginn des Jahres 1916, Verdun anzugreifen. Falkenhayn wollte die französische Armee dazu bringen, für die Verteidigung ihrer stärksten und somit moralisch wichtigen Festung große Truppenverbände aufzubieten, um sie dann im Kampf gegen die deutlich größere deutsche Armee "ausbluten" zu lassen. Die deutsche Armee führte nun gewaltige Mengen an Geschützen, Munition und Truppen in das Gebiet nördlich der Maas. Mitte Februar herrschte im Angriffsgebiet auf deutscher Seite eine nie zuvor gekannte Konzentration an Kriegsgerät.

Am 21. Februar begann die Schlacht um Verdun mit einem gewaltigen, über achtstündigen Trommelfeuer aus 1.500 Geschützrohren, welches das Zeitalter der Materialschlachten einleitete. Dabei wurden die meisten französischen Vorposten ausgelöscht. Kurz danach griffen acht deutsche Divisionen auf voller Frontbreite an und zerschlugen die letzten gegnerischen Einheiten, worauf die Moral der Franzosen erheblich sank. Am 25. Februar wurde das wichtige Fort Douaumont von deutschen Truppen erobert. Kurz danach entschlossen sich die Alliierten, dass die Festung Verdun unbedingt gehalten werden sollte. Mit der Verteidigung der Stadt wurde General Pétain beauftragt. Durch den guten Nachschub über die Straße von Bar-le-Duc nach Verdun gelang es den Franzosen, bis Anfang April dem Gegner ebenbürtig zu werden.

Am 20. Mai wurde die Höhe "Toter Mann" ("Dead Mans Hill" oder "Le-Mort-Homme") von den Deutschen eingenommen, jedoch nicht sehr lange gehalten. Die Höhe gilt wegen der unglaublich brutal geführten Kämpfe als Symbol für die "Hölle von Verdun". Am 2. Juni erfolgte die Erstürmung von Fort Vaux durch deutsche Truppen. Im Juli entbrannten heftige Kämpfe um Fort Thiaumont, das innerhalb kurzer Zeit mehrere Male den Besitzer wechselte, bis es endgültig unter deutsche Kontrolle geriet.

Ein deutscher Student berichtete über das Schlachtgeschehen wenige Monate vor seinem Tod bei einem Sturmangriff auf ein Fort vor Verdun: "7.30 Uhr Gas mit den größten Kalibern. 7.30 bis 8 Uhr 38,5 bis 42-Zentimeter-Granaten. Erde bis zum Himmel. Die Schlucht eine riesige Dampfwolke, turmhoch flogen die Trümmer. Dorf FI. ist eine Rauchwolke. Gegenüber unserer Stellung scheint die Welt unterzugehen. Raus aus den Gräben! Kein Quadratmeter, der nicht zerwühlt ist. Die Maschinengewehre rasseln, das Infanteriefeuer rollt. Ein Höllenlärm. Da stürzt einer, dort wieder einer. Leutnant U., unser derzeitiger Kompanieführer, steht auf – da – spritzen Fetzen seiner Generalstabskarte, er krampft die Hände vor die Brust und fällt vorne über. Nach wenigen Minuten ist er tot."

Die Schlacht vor Verdun wurde bei den deutschen Soldaten schnell als "Maas-Mühle" und "Blutpumpe" bekannt. Auf einem Gebiet von wenigen Dutzend Quadratkilometern explodierten mehrere Millionen Granaten, die das Schlachtfeld mehrfach durchpflügten. Das umkämpfte Gebiet war übersät von Granattrichtern, Leichen und verschossener Munition. Bis heute hat sich die dortige Vegetation nicht vollständig erholt.

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Gommecourt nach britischem Beschuss in der Anfangsphase der Sommeschlacht

Durch die erbitterten Kämpfe vor Verdun wurde die französische Armee stark geschwächt, so dass ihre britischen Verbündeten im Frühsommer eine Großoffensive am Fluss Somme begannen. Der Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte in Frankreich, Douglas Haig, griff das auch von Falkenhayn betriebene Konzept der Abnutzungsschlacht auf. Die von ihm geplante Offensive an der Somme sollte nicht nur die französische Armee entlasten, sondern auch die völlige materielle und personelle Erschöpfung der Deutschen herbeiführen. Nach achttägiger, ununterbrochener Artillerievorbereitung durch über 1400 Geschütze, bei der etwa anderthalb Millionen Granaten verschossen wurden, begann am 1. Juli 1916 der Angriff auf die deutschen Stellung an der Somme. Trotz des schweren Geschützfeuers waren zahlreiche deutsche Unterstände intakt geblieben, so dass die deutschen Soldaten dem englischen Angriff mit MG-Feuer begegnen konnten. Allein am ersten Tag der Somme-Schlacht starben 21.000 britische Soldaten, davon 8.000 alleine in der ersten halben Stunde. Viele britische Einheiten verloren über die Hälfte ihrer Soldaten. Trotz dieser enormen Verluste ließ Haig die Offensive weiterführen. Aufgrund der Schlacht an der Somme und der "Brussilow-Offensive"an der Ostfront musste das deutsche Heer Truppen vor Verdun abziehen und den Angriff auf die Stadt am 21. Juli abbrechen.

Noch im Herbst ging die geschwächte französische Armee in einem militärischen Kraftakt zur Gegenoffensive über. Am 24. Oktober nahmen französische Truppen die Forts Douaumont und Thiaumont ein. Weitere französische Offensiven zwangen die Deutschen dazu, am 2. Dezember Fort Vaux zu räumen. Das Fort wurde nach seiner Räumung von deutschen Pionieren gesprengt. Bis zum 16. Dezember eroberten die Franzosen fast sämtliche Gebiete zurück, welche die Deutschen bei ihrer Offensive im Frühjahr eingenommen hatten.

Währenddessen hatte sich auch der Kampf an der Somme zu einer gewaltigen Materialschlacht entwickelt. In monatelangen, verlustreichen Kämpfen gelang es britischen und französischen Truppen, die deutsche Front um einige Kilometer einzudrücken. Die Verluste waren jedoch dermaßen hoch, dass die Somme-Schlacht Ende November 1916 abgebrochen wurde.

Die Schlacht vor Verdun forderte insgesamt über 600.000 Tote und Verwundete auf beiden Seiten. Alleine die deutschen Gefallenenzahlen beliefen sich für die Zeit von Februar bis November 1916 auf 88.000. Aufgrund des Verlaufs der Schlacht wurde Erich von Falkenhayn als Generalstabschef des deutschen Heeres im August 1916 von Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg abgelöst.

Die Schlacht an der Somme forderte noch mehr Todesopfer als der Kampf um Verdun. Über eine Million britische, deutsche und französische Soldaten wurden in der Schlacht verwundet oder getötet. Von dem Verlust an "altgedienten", schon 1914 ins Feld gezogenen Mannschaften und Unteroffizieren erholte sich das deutsche Heer bis Kriegsende nicht mehr. Während der Somme-Schlacht hatte die britische Armee erstmals in geringer Zahl Panzer eingesetzt, die jedoch mehrfach auf dem Weg zur Front mit technischen Defekten stehen geblieben waren. Da die Somme-Schlacht den Alliierten bei gewaltigen Verlusten nur geringe Gebietsgewinne brachte, wurde der französische Oberbefehlshaber Joffre am 3. Dezember durch General Nivelle ersetzt.

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Österreichische Propagandapostkarte 1916

Auch an den anderen Kriegschauplätzen kam es 1916 zu schweren Kämpfen. Von Mai bis Juni führte die österreichisch-ungarische Armee eine Offensive gegen die italienischen Stellungen, die nach geringen Anfangserfolgen aufgrund der Lage an der Ostfront abgebrochen werden musste. Die italienische Armee unternahm von Juni bis November mehrere Großangriffe am Isonzo. Dabei eroberten die Italiener die Stadt Görz, doch blieben weitere Erfolge der italienischen Armee aus. Im Juni begann die russische Armee die nach dem zuständigen General benannte Brussilow-Offensive, bei der Russland aufgrund des Mangels an Kriegsgerät vor allem auf seine große Masse an Soldaten setzte. Das russische Heer eroberte größere Gebiete in Wolhynien und Galizien, konnte jedoch von den österreich-ungarischen Truppen mit deutscher Hilfe im August aufgehalten werden. Aufgrund der hohen Verluste wurde die gesunkene Moral des russischen Heeres immer deutlicher. Die zweite Brussilow-Offensive, die von September bis Oktober geführt wurde, scheiterte ebenso wie die dritte Offensive von Oktober bis Dezember. Am 5. November wurde das zuvor russische Polen von den Mittelmächten zum unabhängigen Königreich proklamiert. Die dabei von den Mittelmächten erhoffte militärische Unterstützung durch die Polen blieb jedoch aus.

Am 27. August 1916 trat Rumänien auf der Seite der Alliierten in den Krieg ein. Rumänische Truppen fielen im österreichisch-ungarischen Siebenbürgen ein, doch erfolgte bereits Ende August eine Gegenoffensive der Mittelmächte. Innerhalb kurzer Zeit eroberten österreichisch-ungarische, deutsche und bulgarische Truppen einen Großteil Rumäniens. Am 6. Dezember nahmen die Mittelmächte die rumänische Hauptstadt Bukarest ein. Die Rumänen konnten mit russischer Hilfe lediglich den Nordosten ihres Landes halten. Nach dem Sieg über Rumänien richteten die Mittelmächte am 12. Dezember mit Hilfe der USA ein Friedensangebot an die Alliierten, das diese am 30. Dezember ablehnten.

Kriegsjahr 1917

Im März 1917 zogen sich die an der Somme stationierten deutschen Truppen in die stark ausgebaute Siegfriedstellung zurück, wobei sie einen Teil des von ihnen freigegebenen Gebietes verminten.

Im selben Monat unternahmen die Briten einen Vorstoß nach Bagdad, wobei ihnen die Einnahme der Stadt gelang.

Vor dem Hintergrund der Kriegsbelastungen und aufgrund des starken Nahrungsmangels kam es am 8. März (23. Februar nach russischem Kalender) in St. Petersburg zu Massendemonstrationen, die sich zur Februarrevolution ausweiteten. Es bildeten sich in Petersburg Arbeiter- und Soldatenräte, während eine provisorische bürgerliche Regierung unter Fürst Lwow errichtet wurde. Am 15. März dankte Zar Nikolaus II. ab. Neben der parlamentarischen Regierung stand als zweite Gewalt der oberste Arbeiter- und Soldatenrat von Petersburg. Zur Enttäuschung großer Teile der russischen Bevölkerung entschied sich die provisorische Regierung zur Weiterführung des Krieges. Aus diesem Grunde ermöglichte die Oberste Heeresleitung im April einer im schweizer Exil lebenden Gruppe von Bolschewiken um Lenin, mit dem Zug nach Russland zu kommen. Der Zug fuhr über Berlin, wo er mit 40 Millionen Goldmark (entspricht mehr als sieben Tonnen Gold) beladen wurde. Am 16. April traf Lenin in Sankt Petersburg ein, wo er zur sozialistischen Revolution aufrief.

Am 6. April 1917 erklärten die USA dem Deutschen Reich den Krieg. Anlass war die Erklärung des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs durch das Reich, der auch viele zivile Opfer forderte. Außerdem flog die Zimmermann-Depesche auf, in der das Deutsche Reich Mexiko aufforderte die USA anzugreifen. Im Dezember 1917 folgte die Kriegserklärung der USA an Österreich-Ungarn.

Ungeachtet der gewaltigen Verluste im vorangegangenen Kriegsjahr starteten die Alliierten auch im Jahre 1917 mehrere Großangriffe auf die deutsche Westfront. Diesmal wählte der britische Oberbefehlshaber Haig die nordfranzösische Stadt Arras als Ziel einer Offensive, während die französische Armee an der Aisne und in der Champagne die deutschen Stellungen angriff. An der Aisne setzten die Franzosen noch mehr Soldaten und Kriegsgerät ein, als bei ihrer Gegenoffensive vor Verdun 1916. Die Offensiven der Alliierten begannen im April und mussten bereits im Mai nach hohen Verlusten abgebrochen werden. Das deutsche Heer war dazu übergegangen, die Schützengräben weitaus tiefer und dichter zu staffeln als zuvor. Zudem setzten die Deutschen mobile Reserve-Divisionen ein, die mit großer Schnelligkeit an hart umkämpfte Frontabschnitte herangeführt wurden.

Als Folge der verlustreichen Offensiven kam es in der französischen Armee zu Meutereien, von denen zeitweilig bis zu 16 Korps erfasst wurden. Deshalb wurde der französische Oberbefehlshaber Nivelle durch General Pétain abgelöst, der die Verteidigung Verduns organisiert hatte. Durch den Übergang zu einer strikten Defensivhaltung konnte Pétain die Ordnung in der französischen Armee wiederherstellen. Gegen meuternde Soldaten wurde mit äußerster Härte vorgegangen. In Frankreich wurden 1917 mehrere Hundert Soldaten hingerichtet oder dazu gezwungen, sich in das so genannte Niemandsland (der Bereich zwischen den Schützengräben) zu begeben, was den sicheren Tod durch Geschützfeuer bedeutete. Obwohl deutsche Verbände weitergemeldet hatten, dass der französische Widerstand an größeren Frontabschnitten praktisch nicht mehr existierte, nutzte die deutsche Heeresleitung die Meutereien in der französischen Armee nicht aus.

Trotz der verlustreichen Kämpfe im Frühjahr starteten die Briten im Mai 1917 eine Großoffensive in Flandern. Wie mehrfach zuvor setzte man dabei auf den massiven Einsatz von Kriegsgerät und Infanterie auf großer Breite. Die Flandernschlacht, die durch die widrigen Geländebedingungen geprägt war, dauerte mehrere Monate und brachte den Briten geringe Gebietsgewinne bei hohen Verlusten. Sie musste im Herbst 1917 abgebrochen werden.

Am 27. Juni 1917 trat Griechenland auf Seiten der Alliierten in den Krieg ein. Das neutrale Griechenland stand bereits seit 1916 unter Druck, da britische und französische Schiffe die griechische Küste blockierten. Nach einem Ultimatum des französischen Oberkommissars Jonnart dankte im Juni 1917 der griechische König Konstantin ab. Es folgte die Bildung einer neuen, den Alliierten wohlgesonnenen Regierung unter Ministerpräsident Venizelos, welche den Mittelmächten den Krieg erklärte.

Die Alliierten drängten zu ihrer Entlastung Russland zur Durchführung einer Offensive, die von dem russischen Kriegsminister Kerenski geplant wurde und am 30. Juni begann. Nach Anfangserfolgen lief sich die Offensive am 11. Juli fest. Bereits am 19. Juli gingen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen bei Tarnopol zum Gegenangriff über. Dabei gelang ihnen die Rückeroberung von Galizien und der Bukowina. In Russland selbst kam es am 17. Juli zu einem Putschversuch der Bolschewiki, der durch das Militär zerschlagen wurde. Lenin floh daraufhin nach Finnland, während Fürst Lwow am 21. Juli von dem aus einer gemäßigten sozialistischen Partei stammenden Kerenskij als Ministerpräsident der provisorischen Regierung abgelöst wurde. Trotz der militärischen Misserfolge und der kritischen Situation im Inneren beharrte Kerenskij auf einer Weiterführung des Krieges. Im September eroberten deutsche Truppen die Stadt Riga und im Oktober die baltischen Inseln Ösel, Dagö und Moon, woraufhin der militärische Widerstand der russischen Armee nahezu zusammenbrach.

Im Oktober 1917 gelang am südlichen Kriegsschauplatz, am Isonzo österreichischen Truppen, die durch Deutsche Armeekorps, u.a. der bayerischen Division Edelweiß unterstützt wurden der Durchbruch bei Flitsch (Bovec, Slowenien) und Tolmein (Tolmin, Slowenien). Die Italiener wurden bis an die Piave zurückgeworfen und konnten ihre Front erst nach großen Verlusten mit Mühe und durch Heranbringen britischer und französischer Unterstützung stabilisieren.

Anfang November eskalierte die Situation in Russland. Durch die von dem inzwischen aus Finnland zurückgekehrten Lenin geführte Oktoberrevolution vom 6. bis 7. November wurde die provisorische Regierung gestürzt und die Macht von den Bolschewiki übernommen. Bereits am 8. November wird von den neuen russischen Machthabern das Dekret über die Beendigung des Krieges erlassen, wodurch sich für die Mittelmächte eine starke militärische Entlastung an ihrer Ostfront anbahnte.

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Zerstörte britische Panzer bei Cambrai

Im Gegensatz zu der sich Ende 1917 verändernden Situation im Osten kam es in Frankreich nach wie vor zu schweren Kämpfen. Am 20. November unternahm die britische Armee nach kurzer Artillerievorbereitung einen Überraschungsangriff auf die deutschen Stellungen bei Cambrai und setzte dabei mehrere hundert Panzer ein. Dabei gelang den Briten ein tiefer Einbruch in die deutsche Front, so dass die deutsche Armee alle verfügbaren Reserven heranführte. Wenige Tage nach Beginn der Schlacht gingen die Deutschen zum Gegenangriff über, wobei sie erstmals in großem Umfang Sturmtruppen an der Westfront einsetzten. Am 3. Dezember endete die Panzerschlacht von Cambrai mit annähernd unveränderten Fronten. Insgesamt waren über 80.000 britische und deutsche Soldaten verwundet oder getötet worden. Aus taktischer Sicht hatte die Schlacht großen Einfluss auf das weitere Kriegsgeschehen. Ein nach kurzem Geschützfeuer schnell vorgetragener Angriff mit Panzern und Sturmtruppen schien einen Durchbruch in dem völlig statischen Grabenkrieg möglich zu machen.

Bei dem britischen Angriff auf das von den Osmanen kontrollierte Palästina handelte es sich um die letzte größere Offensive des Kriegsjahres 1917. Der Angriff endete am 10. Dezember mit der Eroberung Jerusalems durch britische Truppen.

Am 15. Dezember wurde ein Waffenstillstand zwischen den Mittelmächten und Russland vereinbart und eine Woche später in Brest-Litowsk die zunächst ergebnislosen Friedensverhandlungen eröffnet.

Kriegsjahr 1918

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Deutsche Soldaten im Schützengraben an der Somme, 1918

Aufgrund der zähen Friedensverhandlungen mit Russland rückten die Mittelmächte Anfang 1918 weiter auf russischem Territorium vor und schlossen am 9. Februar 1918 einen Sonderfrieden mit der Ukraine. Deshalb ließ Lenin trotz der harten Bestimmungen am 3. März den Friedensvertrag von Brest-Litowsk unterzeichnen. Russland schied unter dem Verlust von etwa 25 Prozent seines europäischen Territoriums aus dem Krieg aus. Selbst die Ukraine wurde unter deutsche Kontrolle gestellt, wovon man sich erhöhte Rohstoff- und Getreideversorgung erhoffte. Durch das Ausscheiden Russlands wurde es der deutschen Heeresleitung ermöglicht, etwa 1 Million Soldaten an die Westfront zu verlegen. Dadurch erlangten die Mittelmächte an der Westfront die personelle Überlegenheit. Diese Überlegenheit konnte aufgrund des Eintreffens immer größerer US-amerikanischer Verbände in Frankreich nur von kurzer Dauer sein, weshalb sich die OHL erstmals seit 1916 zu einer Großoffensive an der Westfront entschloss. Die deutsche Armee plante einen Angriff auf einen Frontabschnitt, wo britische und französische Stellungen aufeinander trafen.

Am frühen Morgen des 21. März 1918 begann die deutsche Frühjahrsoffensive mit einem mehrstündigen Trommelfeuer aus mehreren Tausend Geschützen. Erstmals wurde auch das so genannte Paris-Geschütz eingesetzt. Deutsche Sturmtruppen erzielten einen tiefen Einbruch in die alliierte Front, die sich an mehreren Abschnitten nahezu auflöste. Innerhalb weniger Tage rückte das deutsche Heer mehrere Kilometer vor. Aufgrund ihres schnellen Vorrückens traten in der deutschen Armee große logistische Probleme auf. Da das deutsche Heer nur über eine geringe Anzahl an Kraftfahrzeugen verfügte, konnten die vorstoßenden Truppen nicht ausreichend mit Munition und Nahrung versorgt werden, so dass die Offensive teilweise unterbrochen werden musste. Die Übernahme eines längeren alliierten Frontabschnittes durch US-amerikanische Soldaten ermöglichte es den Franzosen, den deutschen Vorstoß allmählich zu stoppen. Am 3. Juni endete die deutsche Frühjahrsoffensive an der Marne.

Durch die immer stärker gewordene personelle und materielle Unterstützung durch die US-Amerikaner konnten die Alliierten bereits im Juli zwischen Marne und Aisne zur Gegenoffensive übergehen. Diese Offensive gipfelte in der Panzerschlacht bei Amiens am 8. August, bei der die Deutschen eine schwere Niederlage hinnehmen mussten. Auf deutscher Seite sprach man vom "schwarzen Tag des deutschen Heeres". Um die größten Lücken zu schließen, ging man auf deutscher Seite im Sommer 1918 dazu über, auch Siebzehnjährige zum Kriegsdienst heranzuziehen. Bereits am 14. August stufte die OHL die militärische Lage als aussichtslos ein. Die Deutschen Truppen mussten sich nun mehrfach zurückziehen, bis sie nur noch einen geringen Teil Nordostfrankreichs besetzt hielten. Dabei gelang den Alliierten bis zuletzt kein entscheidender Durchbruch, was der so genannten Dolchstoßlegende nach dem Krieg zu einem Auftrieb verhalf.

Im September brach der Widerstand der bulgarischen Armee nach einem Durchbruch der Alliierten in die mazedonische Front komplett zusammen. Vor diesem Hintergrund verlangten Hindenburg und Ludendorff am 29. September ultimativ die Ausarbeitung eines Waffenstillstandsangebots durch politische Vertreter des Reiches. Um Verhandlungen auf der Basis des 14-Punkte-Programms des amerikanischen Präsidenten zu ermöglichen, wurde durch Erlass des Kaisers am 30. September ein parlamentarisches Regierungssystem in Deutschland eingeführt. Der neue, vom Parlament bestätigte Reichskanzler Max von Baden unterbreite am 4. Oktober Woodrow Wilson ein derartiges Angebot. Die USA forderten daraufhin die Räumung der von den Deutschen besetzten Gebiete, die Einstellung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges und die Abschaffung der Monarchie. Gerade die Abschaffung der Monarchie wird jedoch von Regierung und SPD abgelehnt.

Im Oktober 1918 begann sich der österreichisch-ungarische Vielvölkerstaat aufzulösen. Am 28. Oktober wurden die österreichisch-ungarischen Truppen an der italienischen Front (am Piave) in Venetien entscheidend geschlagen (ital.: "Vittorio Veneto") Am selben Tag wurde die Gründung der Tschechoslowakei beschlossen, während am darauf folgenden Tag Jugoslawien gegründet wurde. Am 1. November bildete sich eine unabhängige Regierung in Ungarn. Am 3. November trat der Waffenstillstand mit den Alliierten in Kraft. Acht Tage später dankte Kaiser Karl I. ab und verzichtete auf jegliche Beteiligung an der neuen österreichischen Regierung.

Ungeachtet der deutschen Waffenstillstandsbemühungen wollte am 29. Oktober die deutsche Admiralität die deutsche Flotte zu einer Entscheidungsschlacht auslaufen lassen. Daraufhin kam es in Wilhelmshaven zu schweren Meutereien. Man verlegte die Flotte daraufhin zum Teil nach Kiel und wollte die Meuterer bestrafen. Daraufhin brach ein Matrosenaufstand aus, in dessen Folge in zahlreichen deutschen Städten Arbeiter- und Soldatenräte gegründet wurden. Kurt Eisner rief in München den Freistaat Bayern aus. Hier folgte im Frühjahr 1919 die Münchner Räterepublik. Die Revolution erfasste am 9. November auch Berlin, wo Reichskanzler Prinz Maximilian von Baden aus Sorge vor einem radikalen politischen Umsturz eigenmächtig die Abdankung des Kaisers bekannt gab und die Reichskanzlerschaft auf den Vorsitzenden der SPD, Friedrich Ebert, übertrug. Am Nachmittag desselben Tages rief Philipp Scheidemann die deutsche Republik aus. Karl Liebknecht vom Spartakusbund proklamiert die Freie Sozialistische Republik Deutschland. Sowohl der Kaiser als auch sämtliche deutsche Fürsten dankten ab. Kaiser Wilhelm II. floh am 10. November ins niederländische Exil.

Ab 7. November verhandelten der französische Marschall Foch und vier deutsche Politiker der Regierung Max von Badens unter Führung von Matthias Erzberger (Vorsitzender der katholischen Zentrumspartei) in einem Salonwagen im Wald von Compiègne über den Waffenstillstand zwischen den Alliierten und dem Deutschen Reich. Nach dem Regierungswechsel drängte Friedrich Ebert auf eine Unterzeichnung des von Frankreich diktierten Vertrages. Am 11. November um 5 Uhr früh unterzeichneten die beiden Parteien den Waffenstillstandsvertrag. Dieser sah unter anderem die Bedingungen für die Räumung der von der deutschen Armee besetzten Gebiete und des linken Rheinufers vor, das zusammen mit drei Brückenköpfen in Mainz, Koblenz und Köln von den Alliierten besetzt wurde. Zudem wurde der Friedensvertrag von Brest-Litowsk aufgehoben. Durch die Verpflichtung zur Abgabe großer Mengen von Transportmitteln und Waffen sowie die Internierung der Hochseeflotte wurde dem Reich die Weiterführung des Krieges praktisch unmöglich gemacht, obwohl der Waffenstillstand immer nur für 30 Tage galt und dann verlängert werden musste. Ab 11 Uhr am 11. November schwiegen die Waffen.

Kriegsfolgen

Verluste

Der Erste Weltkrieg forderte fast 10 Millionen Todesopfer und etwa 20 Millionen Verwundete. Von den 13,1 Millionen Deutschen, die man im Verlauf des Krieges eingezogen hatte, starben etwas über 2 Millionen. Bis zum Ausscheiden Russlands aus dem Krieg hatte man dort etwa 15 Millionen Männer zum Kriegsdienst herangezogen, von denen 1,7 Millionen fielen. Von den knapp 8,5 Millionen eingezogenen Franzosen überlebten 1,4 Millionen den Krieg nicht. Die britische Armee (incl. Empire) hatte insgesamt etwa acht Millionen Soldaten eingesetzt, von denen 950.000 nicht aus dem Krieg zurückkehrten. Österreich-Ungarn musste 1,2 Millionen Todesopfer hinnehmen, während es auf italienischer Seite fast eine halbe Million waren. Unter den Verwundeten befanden sich zahlreiche, mitunter bis zur Unkenntlichkeit entstellte Invaliden. Die besonders schwer umkämpften Gebiete in Nordfrankreich waren im Krieg größtenteils zerstört worden. Die Kosten für den Wiederaufbau wurden auf etwa 100 Milliarden Francs geschätzt. Der Krieg hatte alle beteiligten Mächte insgesamt über eine Billion Goldmark gekostet.

Politische Folgen

Am 18. Januar 1919 begann die Friedenskonferenz, die am 28. Juni unter starkem Druck der Alliierten zur Unterzeichnung des Versailler Vertrags durch die deutsche Delegation führte. Aufgrund der Bestimmungen des Vertrages von Versailles musste das Deutsche Reich Elsass-Lothringen an Frankreich, Posen und Westpreußen an Polen abtreten; das Memelgebiet wurde unter französische Verwaltung gestellt und 1923 durch Litauen besetzt. Zudem musste das so genannte Hultschiner Ländchen an die neugegründete Tschechoslowakei abgetreten werden. Danzig wurde zur Freien Stadt unter Kontrolle des neugegründeten Völkerbundes erklärt. Die ehemaligen deutschen Kolonien wurden zu "Mandatsgebieten" des Völkerbundes unter britischer und französischer Kontrolle erklärt. In Eupen-Malmedy-St.Vith (anschließend belgisch), Nordschleswig (der nördliche Teil anschließend dänisch), Teilen Ostpreußens (deutsch bleibend) und in Oberschlesien (zwischen Deutschland und Polen geteilt, obwohl 60 Prozent für den Verbleib beim Deutschen Reich votierten) wurden bis 1921 Volksabstimmungen über den Verbleib beim Deutschen Reich angesetzt. Im belgischen Abstimmungsgebiet wurden Wähler in großem Stil eingeschüchtert und von der Wahl abgehalten. Das Saargebiet wurde für 15 Jahre der Verwaltung des Völkerbundes unterstellt, wobei Frankreich die Wirtschaftshoheit übernahm. Wahlen im Memelland erbrachten hohe Stimmenanteile (etwa 80 Prozent) für die deutschen Parteien.

Das Deutsche Reich wurde zur Abrüstung verpflichtet und durfte nur noch ein Berufsheer mit einer maximalen Stärke von 100.000 Soldaten unterhalten, die Reichsmarine 15.000. Das Heer durfte weder schwere Artillerie noch Panzer besitzen, auch die Marinerüstung unterlag starken Einschränkungen. Im Westen des Deutschen Reiches wurde eine entmilitarisierte Zone geschaffen, deren Grenze etwa 50 Kilometer östlich des Rheins verlief. An den Grenzen des Deutschen Reiches wurden Zonen bestimmt, in denen keine Befestigungen errichtet oder verändert werden durften. Mehrere Flüsse und der Nord-Ostsee-Kanal (damals: Kaiser-Wilhelm-Kanal) wurden durch die Bestimmungen des Versailler Vertrags internationalisiert.

Durch den von vielen Deutschen als besonders ungerecht betrachteten Artikel 231 des Vertrages wurde dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten die alleinige Schuld am Krieg unterstellt, wodurch die Alliierten die Zahlung von Reparationen begründeten. Anfangs wurden Reparationen in Höhe von 269 Milliarden Goldmark festgelegt, welche in 42 Jahresraten ausgezahlt werden sollten, die Forderungen und Regelungen zu den Reparationszahlungen änderten sich mehrfach (siehe: Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg). Zudem musste das Deutsche Reich zahlreiche Sachlieferungen leisten. Die Bestimmungen des Versailler Vertrags reichten nicht aus, um die Großmachtstellung Deutschlands dauerhaft zu beseitigen. Trotzdem waren sie hart genug, um das Verhältnis Deutschlands zu den Alliierten schwer zu belasten. Der in weiten Teilen der deutschen Gesellschaft als aufdiktierter Frieden eingestufte Versailler Vertrag verhalf nationalistischen Kreisen im Reich zu einem starken Zulauf. Der Vertrag wurde von den USA nicht unterzeichnet. Sie schlossen am 25. August 1921 mit dem Berliner Vertrag einen Sonderfrieden mit dem Deutschen Reich, der einige der härtesten Bestimmungen ausklammerte. Marschall Foch kommentierte den Versailler Vertrag mit den Worten: "Das ist kein Frieden. Das ist ein zwanzigjähriger Waffenstillstand."

Am 10. September 1919 wurde der Friedensvertrag der Alliierten mit Österreich in St. Germain bei Paris unterzeichnet. Österreich musste Südtirol und Friaul an Italien abtreten, sowie das Gebiet um Triest. Hinzu kamen Gebietsabtretungen an das neu gegründete Jugoslawien (SHS-Staat). Österreich musste die Unabhängigkeit Ungarns, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens und Polens anerkennen. Ein Anschluss an das Deutsche Reich wurde Österreich untersagt, zudem wurde eine Umbenennung des Staates in "Deutsch-Österreich" verboten. Lediglich auf Kosten des ebenso gedemütigten Ungarn erhielt Österreich das größtenteils deutschsprachige Burgenland zugesprochen, jedoch ohne die Hauptstadt Ödenburg (ungar. Sopron) da sich dessen Einwohner in einer Volksabstimmung für den Verbleib bei Ungarn aussprachen. Auch in Österreich wurde die Wehrpflicht verboten. Die maximale Stärke des österreichischen Heeres wurde bei 30.000 Soldaten angesetzt.

Im Pariser Vorortvertrag von Neuilly mit Bulgarien, der am 27. November 1919 unterzeichnet wurde, begrenzte man die Stärke des bulgarischen Heeres auf 20.000 Soldaten. Bulgarien musste mehrere kleinere Gebiete im Westen an Jugoslawien abtreten. Außerdem fiel der bulgarisch beherrschte Teil Thrakiens an Griechenland.

Am 4. Juni 1920 wurde im Pariser Vorort Trianon der Friedensvertrag mit Ungarn unterzeichnet. Die ungarischen Teile der Slowakei mussten an die Tschechoslowakei abgetreten werden, während Slawonien und der Banat an Jugoslawien fielen. Außerdem musste Ungarn das Burgenland an Österreich und Siebenbürgen an Rumänien abtreten. Das ungarische Berufsheer wurde auf 35.000 Soldaten begrenzt.

Der letzte Pariser Vorortvertrag wurde am 10. August 1920 in Sèvres unterzeichnet. In dem Vertrag wurde die Internationalisierung der türkischen Meerengen festgelegt. Die Türkei musste Ost-Thrakien und die Stadt Smyrna mitsamt Umgebung an Griechenland abtreten, sowie sämtliche unter türkischer Kontrolle befindliche Ägäis-Inseln bis auf die Dodekanes, die an Italien fiel. Kilikien und Syrien gerieten unter französische Kontrolle, während Zypern, Ägypten, Palästina und der Irak unter britische Verwaltung kamen. Kurdistan wurde der Autonomiestatus zugesprochen, während Armenien unabhängig wurde. Die türkische Heeresstärke wurde auf 50.000 Soldaten begrenzt. Der Vertrag von Sèvres wurde von der türkischen Nationalversammlung nicht bestätigt. Es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit Griechenland, die bis 1922 zur Räumung Ost-Thrakiens und Smyrnas durch die Griechen führten. 1921 wurde der Abzug der Franzosen aus Kilikien vertraglich herbeigeführt, während Armenien zwischen der Sowjetunion und der Türkei aufgeteilt wurde. In der Folgezeit wurden Tausende Armenier Opfer von Verfolgungen durch die Türken. Im Frieden von Lausanne wurden am 24. Juli 1923 die türkischen Gebietserwerbungen bestätigt, zudem verzichteten die Alliierten auf Reparationsforderungen.

Der Erste Weltkrieg als militärhistorische Zäsur

  • Der industrialisierte Krieg: Der Erste Weltkrieg war der erste vollständig industrialisierte Krieg, in dem man versuchte alle verfügbaren personellen und materiellen Reserven aufzubieten. Die Ursprünge des von den Nationalsozialisten propagierten "Totalen Kriegs" finden sich vor Verdun und an der Somme. Hatte das Zeitalter der Millionenheere bereits während der Französischen Revolution mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht begonnen, erreichte es während des Ersten Weltkriegs eine neue Dimension. Das Deutsche Reich hatte während des Kriegs durchschnittlich knapp 7 Millionen Männer unter Waffen, die ausgerüstet werden mussten. Die Kriegswirtschaft erreichte aufgrund der gewaltigen Materialschlachten im Ersten Weltkrieg zuvor ungekannte Ausmaße. An manchen Tagen des Kriegs wurde mehr Munition verschossen als während des gesamten Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71. Die völlige Industrialisierung der Kriegsführung zeigte sich auch in der tausendfachen Produktion von Geschützen, Maschinengewehren, Panzern und Kampfflugzeugen, die es zuvor nicht gegeben hatte. Kriegsentscheidend waren seitdem endgültig die Wirtschaftskraft und die Anzahl der wehrfähigen Männer der beteiligten Staaten geworden.
  • Zäsur der Mentalität von Soldaten und Befehlshabern: Viele Soldaten zogen zunächst mit einer romantisch verklärten Vorstellung vom Krieg in die Schlacht, die angesichts moderner, in gewaltiger Zahl eingesetzter Waffen äußerst anachronistisch war. Wusste zu Beginn des Zweiten Weltkrieges praktisch jeder Soldat, was Panzer und Flammenwerfer sind, war dies während des Ersten Weltkrieges zunächst nicht der Fall. Deshalb hatte derartiges Kriegsgerät im Ersten Weltkrieg einen verheerenden psychischen Effekt auf Soldaten, gegen die es eingesetzt wurde. Auch die Kriegstaktik war von einer unzeitgemäßen Mentalität geprägt. Zu Beginn des Krieges ließ man die Infanterie oftmals in dichter Schützenreihe und nur unter dem Einsatz des Bajonetts angreifen, was meist katastrophale Folgen hatte.
  • Ausrüstung: Auf die enorm wichtig gewordene Deckung im Feld nahmen mehrere Armeen zunächst keine Rücksicht. Die Franzosen zogen 1914 mit blau-roten Uniformen in den Krieg, mit denen sie weithin sichtbar waren. Auch die deutsche Pickelhaube gehörte eigentlich in eine vergangene Epoche. Ihre Spitze verriet oftmals vorzeitig einen geplanten Sturmangriff, da sie meistens aus dem Graben ragte. Erst im Laufe des Jahres 1916 wurden die meisten deutschen Frontsoldaten mit einem zeitgemäßen Stahlhelm ausgestattet.
  • Verschwinden der Kavallerie: Der häufige Einsatz von Kavallerie in der Anfangsphase des Kriegs stellte einen eindeutigen Anachronismus dar und endete oftmals in einer Katastrophe. In den späteren Kriegsjahren wurden einige Kavalleristen als Ordnungstruppen im Hinterland der Front eingesetzt, während sich andere zu Kampfpiloten ausbilden ließen. Lediglich die britische Armee setzte bis zum Ende des Kriegs auch an der Front ihre Reiterei ein. So sollten in der Flandern-Schlacht von 1917 britische Kavallerie-Einheiten flüchtende deutsche Truppen endgültig schlagen, wozu es jedoch nicht kam.
  • Aberglaube: Der während des Ersten Weltkriegs stark verbreitete Aberglaube stand in einem gewaltigen Gegensatz zu der militärischen Realität. Viele Soldaten erwarben Talismane und "Nothemden", mit denen sie sich vor Verwundungen zu schützen suchten. Dasselbe Phänomen trat gehäuft bereits während des Dreißigjährigen Krieges auf. Angesichts von Maschinengewehren mit einer Feuerrate von über Tausend Schuss pro Minute und Geschützen mit einem Kaliber von bis zu 42 cm wirkt dieser Aberglaube wie ein Überbleibsel aus mittelalterlicher oder sogar vorchristlicher Zeit.

Der Erste Weltkrieg mit seinen Materialschlachten führte einen starken Mentalitätswechsel herbei. In militaristischen Kreisen kam nach dem Krieg das Idealbild des Soldaten auf, der vollständig abgehärtet, emotionslos und grenzenlos belastbar ist. Dieser wird in keiner Weise mehr durch seine Persönlichkeit, sondern durch seinen markanten Helm repräsentiert. Diese Vorstellungen veranlassten einen im Dezember 1918 gegründeten Bund ehemaliger Frontsoldaten dazu, sich nach dem Stahlhelm zu benennen. Das Ideal vom bedingungslos harten, rücksichtslosen Soldaten wurde insbesondere von den Nationalsozialisten aufgegriffen.

Der Erste Weltkrieg als Epochenzäsur

Mit dem Ersten Weltkrieg ging eine Epoche zu Ende – das lange 19.  Jahrhundert wie es oft genannt wird, das mit der Französischen Revolution (1789) begonnen hatte und gemeinhin als das "bürgerliche" Zeitalter apostrophiert wird. Dies war bereits den Zeitgenossen bewusst. Der britische Außenminister Sir Edward Grey meinte, dass in Europa die Lichter ausgingen; Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg sprach in düsterer Vorahnung von einem "Sprung ins Dunkle".

Der Erste Weltkrieg war – wie es der US-amerikanische Diplomat und Historiker George F. Kennan ausdrückte – die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts". Er war vor allem ein Ereignis, das sich fatal auf die weitere Geschichte Europas auswirkte: Oktoberrevolution, Stalinismus, Faschismus, Nationalsozialismus und schließlich der Zweite Weltkrieg sind ohne die Erschütterungen des 1. Weltkriegs nicht denkbar. Einige Historiker fassen die Jahre von 1914 bis 1945 als zweiten Dreißigjährigen Krieg zusammen und beschreiben die Zeit der Weltkriege als Katastrophenzeit der deutschen Geschichte.

Mit dem Ersten Weltkrieg endete eine Epoche unbedingten und optimistischen Fortschrittsglaubens, eine große Desillusionierung durch die mörderische Realität der Materialschlachten und Grabenkämpfe setzte ein. Die Ordnung des 19. Jahrhunderts geriet aus den Fugen: parlamentarisch-demokratische Republiken lösten die liberal-konstitutionelle Regierungsform mit stark autokratischen Zügen besonders im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn ab. Letztere zerfiel in mehrere neue Staaten. Die republikanische Staatsform löste in Europa endgültig die monarchische ab. Diesen Republiken blieben jedoch die wirtschaftlichen und sozialen Spannungen sowie die politischen Konzepte der Vorkriegszeit, um ihnen zu begegnen, erhalten. Alsbald brach sich die Krise der bürgerlichen Gesellschaft Bahn und sie wurden durch den Aufstieg großer faschistischer und kommunistischer Massenbewegungen bedroht, die in diktatorische und totalitäre Regime mündeten. Die bürgerlich dominierte Stände- und Klassen-Gesellschaft wandelte sich in Teilen zur Massengesellschaft.

Der Zusammenbruch der Monarchien in Deutschland, Österreich-Ungarn, Russland und in der Türkei und der daraus folgende soziale und politische Umbruch mündete vor dem Hintergrund weiterhin schlechter Wirtschaftskonjunkturen zum Teil in äußerst instabile Regierungssysteme in den Nachfolgestaaten vor allem Ostmitteleuropas.

Die USA wurden durch ihr Eingreifen in den Ersten Weltkrieg zur dominierenden Weltmacht. Staaten wie Großbritannien und Frankreich gerieten in wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA. Der Erste Weltkrieg leitete das Ende der europäischen Vormachtstellung ein - auch durch die allmähliche Emanzipation der Völker Afrikas und Asiens vom Kolonialismus. Die eurozentrische Weltordnung wurde abgelöst durch eine zunehmende Polarisierung zweier Supermächte.

Militärische Besonderheiten

Grabenkrieg

Siehe hierzu den Artikel Grabenkrieg

Luftkrieg

Siehe hierzu auch den Artikel: Luftkrieg

Die wenig robusten Flugzeuge zu Beginn des Krieges wurden hauptsächlich zur Fernaufklärung eingesetzt. Doch bereits in diesem Zeitraum erfüllten sie eine wichtige, von den Generälen unterschätzte, Aufgabe.

Als die Briten in Frankreich ankamen, brachten sie gerade einmal 48 Aufklärungsmaschinen mit. Sie erkundeten jeden Tag das Gebiet und meldeten die Feindbewegungen an das Oberkommando. Ihnen war es besonders zu verdanken, dass General Joffre die Offensive an der Marne einleitete. Das deutsche Heer hatte bei seinem Vormarsch beabsichtigt, Paris westlich umgehen. Als es plötzlich nach Südosten abdrehte und dabei eine große Lücke zwischen den einzelnen Armeen hinterließ, wurde dies zuerst von den Fliegern der Royal Flying Corps (RFC) bemerkt. Sie gaben die Nachricht an die französische Kommandokette weiter, die daraufhin den Gegenangriff an der Marne einleiten konnte.

Auf diesem Wege gewann die Luftaufklärung zunehmend an Bedeutung. Als der Stellungskrieg einsetzte, wurden die Flieger auch zu Artilleriekoordinierung eingesetzt, weswegen erste Methoden zu ihrer Bekämpfung entwickelt wurden.

Der französische Luftfahrtpionier Roland Garros war der erste, der ein echtes Jagdflugzeug entwickelte. Er montierte ein Maschinengewehr an der Spitze seines Flugzeugs. Um den Propeller nicht zu beschädigen, verstärkte er ihn mit Stahlplatten. Im Frühjahr 1915 machte er mit seiner neuen Waffe 18 Tage lang über Flandern Jagd auf die Deutschen, bis er bei einer seiner Missionen abgeschossen wurde.

Wenig später baute der Niederländer Anton Herman Gerard Fokker ein Unterbrechergetriebe in sein Fokker E.III ein. Durch die Synchronisation setzte das MG immer dann sein Feuer aus, wenn es den Propeller getroffen hätte. Die ersten erfolgreichen Piloten dieser Maschinen waren Max Immelmann und Oswald Boelcke, die den Ruf der Fokkergeißel begründeten. Bis Anfang 1916 dominierten die Deutschen den Himmel über der Westfront.

Angriffe durch Bombenabwürfe kamen zuerst eher selten vor, wurden aber im Laufe des Krieges verstärkt. Die ersten Bomben wurden von einem deutschen Zeppelin am 24. August 1914 über Antwerpen abgeworfen. Im Dezember desselben Jahres griff man auch die britische Insel an. Die Engländer wiederum konzentrieren sich bei ihren Angriffen auf die Industrie Westdeutschlands und die Zeppelinwerke am Bodensee. Der Erste Weltkrieg war die erste militärische Auseinandersetzung, in der Bomber eingesetzt wurden. Bei diesen handelte es sich um besonders große und stabile Doppeldecker, die Fliegerbomben mit einem Gewicht von teilweise über einer halben Tonne mit sich führten. Bis 1918 starben durch deutsche Bomben, die von Zeppelinen abgeworfen wurden, 1400 britische Zivilisten und fast 5000 wurden verwundet.

Der Erste Weltkrieg war zudem der erste Krieg, in dem frühe Flugzeugträger zum Einsatz kamen. Dazu bauten US-Amerikaner und Briten mehrere ihrer Kriegsschiffe um. Diese frühen Modelle waren nur für den Einsatz von Wasserflugzeugen geeignet, die vom Deck starteten und in der Nähe des Flugzeugträgers landeten, um mit einem Kran an Bord befördert zu werden. Die vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs beschleunigte Entwicklung von Flugzeugträgern sollte sich während des Zweiten Weltkriegs bei den Kämpfen im Pazifik als entscheidend herausstellen.

Bis 1917 wurden immer wieder schwere Angriffe auf London geflogen, worauf einige Industrien den Betrieb sogar stilllegen mussten. Danach wurden die Luftschiffe, welche eine zu große Angriffsfläche boten und zu unbeweglich waren, zunehmend durch Großflugzeuge abgelöst.

Ab 1916 verloren die Deutschen ihre Lufthoheit wieder. Die Alliierten hatten sich neu organisiert und flogen nun mit einigen robusten Flugzeugen (zum Beispiel Nieuport 11) sehr erfolgreiche Angriffe. Die Deutschen reagierten. Oswald Boelcke bildete einige der besten Flieger aus und vermittelte ihnen sein Kampfwissen, welches er in der Dicta Boelcke niederschrieb. Die deutschen Jagdstaffeln (kurz JASTA), insbesondere die JASTA 11, brachten den Alliierten schwere Verluste bei.

Nach dem Tod Boelckes wurde Anfang 1917 die JASTA 11 von Manfred von Richthofen geleitet. Er sorgte mit seinen Piloten für den blutigen April, in dem die Alliierten 443 Flieger verloren. Richthofen selber schoss in dieser Zeit 20 Flugzeuge ab, sein Bruder Lothar brachte es auf 15 Abschüsse. Ein anderer Pilot, Kurt Wolf, erlangte in diesem April 22 Luftsiege.

Als 1918 die US-Amerikaner eintrafen, wendete sich das Blatt. Die US-Amerikaner waren zwar unerfahren. Die Überlegenheit an der Masse von Flugzeugen konnten die Deutschen jedoch nicht ausgleichen. Ab Sommer 1918 mussten die kaiserlichen Piloten ihr Glück mit Sturzangriffen probieren, da sie sonst keine Chance gegen die alliierten Geschwader hatten. Daraufhin ließen die Alliierten mehrere Staffeln übereinander fliegen, wodurch die Deutschen weiterhin bedrängt wurden.

Am 21. April 1918 wurde Manfred von Richthofen abgeschossen. Er war mit 80 bestätigten Luftsiegen der erfolgreichste Jagdflieger des Ersten Weltkriegs. Durch den Verlust ihres Idols und durch zunehmende Nachschubschwierigkeiten, verstärkte sich der Druck auf die kaiserlichen Jagdstaffeln. Zum Kriegsausgang konnten die Luftstreitkräfte wenig beitragen. Der Krieg wurde am Boden entschieden.

Seekrieg

Auf den Weltmeeren standen sich zum Anfang des Krieges hauptsächlich die kaiserliche Flotte Deutschlands und die Grand Fleet Großbritanniens gegenüber. Aufgrund der Übermacht britischer Schiffe konnten die Deutschen 1914 nicht in die Offensive gehen, weswegen besonders die alliierte Schifffahrt im Ärmelkanal ohne große Störungen erfolgen konnte. Defensiv war besonders Helgoland mit einer starken Küstenverteidigung ausgestattet und sicherte somit die Deutsche Bucht.

Aufgrund der Zurückhaltung der Mittelmächte, die dem Krieg auf den Schlachtfeldern Frankreichs vorerst größere Beachtung schenkten, konnten die Briten ungestört die Seeherrschaft über die Nordsee erringen und eine Seeblockade einleiten. Das Ziel der Blockade war es, Deutschland von allen Zufahrten des Seewegs zu trennen. Weiterhin konnte durch die Kontrolle des Seeraums auch das britische Expeditionskorps ungestört übersetzen.

Das erste Gefecht fand am 28. August 1914 vor Helgoland statt. Deutsche Torpedoboote unter dem Schutz leichter Kreuzer führten regelmäßige nächtliche Aufklärungsunternehmungen durch. Diese Regelmäßigkeit ermöglichte es den Briten, dem deutschen Verband eine Falle zu stellen. Diese erfuhren jedoch von dem Plan und bauten ihrerseits eine Falle auf. Beide Seiten hatten jedoch organisatorische Probleme, und da die Unterstützungskräfte wegen der Flut nicht aus der Jade auslaufen konnten, verlor die Hochseeflotte drei Leichte Kreuzer und ein Torpedoboot, die zur "Ködergruppe" gehörten. Als die schweren deutschen Einheiten auf dem Schlachtfeld erschienen, waren die Briten verschwunden.

Um das Ungleichgewicht der Kräfte zu kompensieren, leiteten die Deutschen den U-Boot-Krieg ein. Nach anfänglichen Misserfolgen deutscher Unterseeboote, gelang es der U-9 am 22. September 1914 drei britische Kreuzer zu versenken. Nachdem man die Wirksamkeit der U-Boote erkannt hatte, entschloss man sich auch Handelsschiffe zu attackieren, um die Briten von ihrem überlebenswichtigen Nachschub abzuschneiden.

Im Überseekrieg erlitt das deutsche Pazifikgeschwader in der Schlacht bei den Falklandinseln eine schwere Niederlage. Als das deutsche Geschwader unter der Leitung von Vizeadmiral Maximilian Graf von Spee am 1. November in der Bucht von Coronel zwei englische Kreuzer versenken konnte, entschieden sich die Briten einen Verband in Richtung Falkland zu schicken, da sie befürchteten, von Spee könnte den Hafen Stanley auf den Inseln angreifen. Als von Spee am 8. Dezember den Hafen erreichte, wurde er von einer britischen Übermacht überrascht. In der nachfolgenden Schlacht versenkten die Briten die "Großen Kreuzer" Scharnhorst und Gneisenau. Die verbliebenen deutschen Schiffe konnten zwar vorerst entkommen, wurden aber weniger später aufgespürt und ebenfalls vernichtet. 1

1915 verschlechterte sich die Lage Deutschlands. Im Gefecht auf der Doggerbank erlitt es am 24. Januar eine weitere Niederlage gegen die Briten. Sämtliche Versuche, die alliierte Seeblockade zu schwächen, schlugen fehl und immer mehr deutsche Schiffe wurden versenkt oder nach schwerer Beschädigung freiwillig aufgegeben. Auf Grund dieser Fehlschläge erfolgte am 4. Februar der Beginn des uneingeschränkten U-Bootkrieges, in dem neben alliierten auch neutrale Schiffe angegriffen werden konnten. Am 7. Mai versenkte die U-20 die Lusitania, was eine internationale Protestwelle auslöste.

Die Lusitania war ein bewaffneter Hilfskreuzer, der Waffen und Munition von den USA nach Europa bringen sollte. Zur Tarnung deklarierte man das Schiff als Passagierdampfer, der unter anderem auch US-Amerikaner beförderte. Obwohl die deutsche Regierung eine Meldung herausgab, in der man vor Reisen nach Großbritannien warnte, waren über 200 US-Amerikaner an Bord der des Schiffes, als dieses am 1. Mai 1915 den Hafen von New York verließ. Die Briten wussten, dass der Tod von US-Bürgern den Kriegseintritt der USA bewirken könnte. In Folge dessen wurde der Kreuzer Juno vom Geleitschutz der Lusitania abgezogen und der Kapitän des Schiffes nicht über die Tätigkeiten deutscher U-Boote unterrichtet. Als die Briten schließlich noch die Route änderten, und die Lusitania nicht wie geplant nach Liverpool, sondern nach Queenstown fuhr, steuerte das Schiff ahnungslos auf die U-20 zu. Als das Transportschiff am 7. Mai versenkt wurde, starben über 1.100 Passagiere. Zwischen den USA und dem Deutschen Reich verschärfte sich der Ton. Schließlich drohten die USA sogar mit einem Eintritt in den Krieg.

Das deutsche U-Boot U 16

Aus Angst um einen US-amerikanischen Kriegseintritt beendete die deutsche Admiralität Anfang 1916 den Handelskrieg und konzentrierte sich auf die Vernichtung alliierter Kriegsschiffe. Am 31. Mai und 1. Juni kam es zur Skagerrakschlacht, in der 258 Schiffe beteiligt waren. Das Ziel der Deutschen war es, mit ihrer Hochseeflotte die Briten entscheidend zu schwächen. Letztlich endete die bisher größte Seeschlacht der Weltgeschichte mit einem Unentschieden und Deutschland setzte wieder alle Hoffnungen auf den uneingeschränkten U-Bootkrieg. Im Kriegsjahr 1917 führte diese Strategie zwar zu gewaltigen Verlusten unter alliierten und neutralen Handelsschiffen, eine kriegsentscheidende Wendung, wie von den deutschen Führung erwartet, konnte jedoch nicht erreicht werden. Stattdessen trat die USA in den Krieg ein. Zur selben Zeit führten die Entente-Mächte das Konvoisystem ein. Dadurch war es den Booten nicht mehr so leicht möglich, unbewaffnete Handelsschiffe aufzuspüren. Ein Großteil der deutschen U-Boote wurde vernichtet.

Im Mai 1918 eröffneten die Deutschen eine weitere U-Boot-Offensive, wodurch unter den US-Amerikanern einige Verluste zu beklagen waren. Besonders die U-Boote vor der Ostküste Nordamerikas waren eine große Gefahr für Handelsschiffe und Truppentransporter. Doch letzten Endes war durch den Seekrieg keine kriegsentscheidende Wirkung zu erwarten. Ein großer Teil der U-Boot-Besatzungen war gefallen und die Industrie sah sich außer Stande die zunehmenden Verluste an Booten auszugleichen.

Erfolgreicher war die Seekriegführung in der Ostsee. Obwohl die Russische Ostseeflotte den deutschen Kräften in der Ostsee bei Weitem überlegen war, gelang es dem dortigen Oberbefehlshaber, Großadmiral Prinz Heinrich von Preußen, den Gegner in die Defensive zu drängen, so dass es während des ganzen Krieges zu keinem einzigen russischen Angriff auf die deutsche Küste kam. Statt dessen war es möglich, deutsche Heeresoperationen im Baltikum zu unterstützen.

Als sich das Ende des Krieges anbahnte, sollte gegen den Willen der neuen deutschen Regierung am 28. Oktober noch einmal ein Großangriff auf die britische Marine stattfinden, worauf der Matrosenaufstand von Kiel losbrach und der Seekrieg somit sein Ende fand. Die Meuterei der Matrosen leitete auch die Entwicklung zur Novemberrevolution in Deutschland ein.

Giftgas

Der Erste Weltkrieg war der erste Krieg, in dem Giftgas eingesetzt wurde. Der Krieg an der Westfront hatte sich schnell zum Stellungskrieg entwickelt. Geländegewinne waren kaum möglich, da beide Seiten sich in ihren Schützengräben gut eingegraben hatten. Aus militärstrategischer Sicht erforderte diese Situation den Einsatz einer Flächenwaffe, mit der man den Feind von oben beharken konnte. Die klassische Waffe dafür war natürlich die Artillerie. Besonders für die Deutschen ergab sich jedoch das Problem, dass die Sprengstoffproduktion zu keinem Zeitpunkt mit dem Bedarf der Militärs Schritt halten konnte, da es an Rohstoffen mangelte, vor allem an Nitrat, das damals aus Chile über den Atlantik - und damit mitten durch vom Feind kontrolliertes Gebiet - importiert werden musste. Erst später konnte der Nitratmangel durch das Haber-Bosch-Verfahren, mit dem Ammoniak synthetisiert werden konnte, gelindert werden.

In dieser Situation entstand die Idee, statt Sprenggranaten giftige Chemikalien zu verschießen. Eigentlich galt der Einsatz von Gift als unmilitärisch und war laut Haager Landkriegsordnung verboten, aber bei der Entwicklung neuer Kriegswaffen waren ethische Bedenken während des Ersten Weltkrieges meistens kaum vorhanden. Man fing an, nach geeigneten Stoffen zu suchen. Bis Kriegsende hatte man 3.000 verschiedene Substanzen auf ihre Brauchbarkeit als Waffe geprüft.

Erste Versuche

Die ersten, die dann chemische Waffen im weitesten Sinne einsetzten, waren die Franzosen. Die Pariser Polizei hatte vor dem Krieg Tränengas-Munition entwickelt, die bis dahin ungenutzt lagerte. Diese Munition holte man jetzt hervor und probierte sie an der Front aus. Die Patronen waren mit 19 ml Bromessigsäureethylester (ein recht schwaches Tränengas) gefüllt. Sehr bald stellte sich heraus, dass das zu wenig war. Die Munition war für den Einsatz in geschlossenen Räumen entwickelt worden, unter freiem Himmel verdünnte sich der Stoff so sehr, dass dadurch niemand kampfunfähig zu machen war.

Auch die Deutschen starteten ihre ersten Versuche. Zunächst wurden ebenfalls nicht-tödliche Chemiewaffen eingesetzt. Am 27. Oktober 1914 verschossen die Deutschen bei Neuve-Chapelle zum ersten Mal Granaten, die mit Dianisidinchlorsulfonat gefüllt waren, einem feinkristallinen Pulver, das die Schleimhäute von Augen und Nase reizte. Der Erfolg blieb auch hier aus, da sich die verwendeten Stoffe beim Abschuss durch die entstehende Hitze zersetzten.

Dieses Problem hatte man den ganzen Krieg durch: Die Chemikalie musste ausreichend giftig sein, aber auch genügend hitzebeständig. Während der Experimente mit Kampfgasen kam man schon früh auf Xylylbromid, das recht giftig und hitzefest war, trotzdem versagte es beim ersten Einsatz an der Ostfront: Es war Januar 1915 und man hatte nicht bedacht, dass Xylylbromid bei tiefen Temperaturen kaum in den gasförmigen Zustand übergeht. Auch hier war also die Konzentration zu gering, um dem Feind ernsthaft zu schaden.

Chlorgase und Blasverfahren

Da man mit durch die Artillerie verschossenem Giftgas augenscheinlich Probleme hatte, erfand man etwas Neues: Man nahm nun Chlorgas, das sehr billig zu erhalten war, da es ein Abfallprodukt der chemischen Industrie war. Um den Stoff zum Feind zu bringen, entwickelte Fritz Haber das Habersche Blasverfahren, mit dem das Chlorgas (schwerer als Luft und daher in Bodennähe konzentriert) nicht verschossen, sondern aus Behältern bei entsprechender Windrichtung in die französischen Schützengräben geblasen wurde.

Zum ersten Mal hatte ein Gaseinsatz durchschlagenden "Erfolg": Am 22. April 1915 fielen in Ypern (Belgien) 5.000 Menschen einem deutschen Chlorgaseinsatz zum Opfer, 15.000 weitere erlitten Vergiftungen. Dieses Datum wird heute als Beginn der chemischen Kriegsführung angesehen.

Gegenmaßnahmen, Phosgen und Senfgas

Die nächste Stufe des Gaskrieges wurde von den Franzosen eingeleitet. Sie verschossen Ende Februar 1916 als erste Granaten mit Phosgen. Auf die Wirkung (und vor allem die Spätfolgen) dieses Kampfstoffs gehen die meisten Gastoten des Ersten Weltkriegs zurück. Zu dieser Zeit wurden auch die ersten Gasmasken erfunden. Nach einigen Monaten hatten beide Seiten ihre Soldaten flächendeckend mit Gasmasken ausgerüstet. Die Chemiker reagierten darauf mit einer neuen Entwicklung: Senfgas war ein Kontaktgift und führte zunächst zu schweren Verätzungen der Haut und schließlich zum Tod. Als "Testgelände" verwendeten die Deutschen wieder das Schlachtfeld bei Ypern, im Juli 1917. Seine schädlichste Wirkung entfaltet Senfgas aber an den Augen und in den Atmungsorganen, während die Verätzungen der Haut von den Betroffenen in vielen Fällen überlebt wurden. Senfgas war auf deutscher Seite aufgrund der Markierung auf den Granaten auch als "Gelbkreuz" bekannt. Zudem setzten die deutschen noch Blaukreuzkampfstoffe, so genannte "Maskenbrecher" ein. Sie durchdrangen die Filter der Gasmasken. Reizstoffe zwangen den so angegriffenen, die Gasmaske abzunehmen. Oft wurde dabei bzw. kurz danach der lungenschädliche, meist tödliche Kampfstoff Grünkreuz eingesetzt. Atemnot und Hustenreiz steigerten sich zum Erstickungsanfall. Der Tod trat bei nahezu vollem Bewusstsein ein. Diese Methode wurde verharmlosend „Buntschießen“ genannt. Auch die 12. Isonzoschlacht wurde maßgeblich durch den Einsatz von Giftgas beeinflusst und führte zum Durchbruch bei Karfreit der Österreichischen Truppen, die von Deutschen Verbänden verstärkt worden waren. Die genaue Anzahl der im Ersten Weltkrieg durch Kampfgas Vergifteten und Toten ist nur schwer festzustellen, zumal ein Großteil der Soldaten erst nach dem Krieg an den Spätfolgen verstarb: Schätzungen gehen von etwa 496.000 Vergifteten und 17.000 Toten aus, wobei die Zahl der Toten wahrscheinlich noch höher angesetzt werden muss.

Gebirgskrieg

Der Erste Weltkrieg war der erste Krieg, welcher auch im Hochgebirge im Winter weitergeführt wurde. An der Südfront zwischen Österreich und Italien war der Krieg zu einem Stellungskrieg im Hochgebirge ausgeartet.

Vom Stilfser Joch an der Grenze zur Schweiz wurde eine 600 km lange Grenze bis zu den Julischen Alpen gebildet. Während im Osten der Südgrenze die Isonzoschlachten tobten, welche den Materialschlachten an der Westfront um nichts nachstanden, hatte sich insbesondere in den Dolomiten eine bis dahin unbekannte Art von Stellungskrieg entwickelt: die topografischen Bedingungen des Krieges waren eine Neuheit.

In Tirol wurden nach der Kriegserklärung durch Italien 1915 die Standschützen mobilisiert und an die Südgrenze gebracht, weil sich die Landesschützen in Galizien befanden. Sie kamen in den Karnischen Alpen ebenso zum Einsatz wie in den Dolomiten, rund um den Gardasee und am Ortler und standen den italienischen Alpini gegenüber und hielten die italienischen Soldaten auf, bis die Verstärkung der Landesschützen und Kaiserjäger eingetroffen war.

Handelte es sich im Sommer schon um unwirtliches Gebiet, so war im Winter nicht der Gegner, sondern der Schnee der größte Feind. Die Stellungen mussten von bis zu 12 Metern Schnee freigehalten werden; von der Außenwelt abgeschnittene Stellungen gehörten zum Normalzustand.

Am heftigsten tobte der Kampf im Gebiet der Drei Zinnen und um den Paternkofel - in diesen Kämpfen fiel auch der bekannte Südtiroler Bergsteiger Sepp Innerkofler.

Das Gelände brachte mit sich, dass jeweils die eine Kriegspartei einen Gipfel besetzt hielt, während die andere versuchte, den Gipfel zu erstürmen. Weil dies zumeist nicht möglich war, begann man damit, kilometerlange Stollen durch das Gestein zu treiben, um ohne Feindeinwirkung bis zum Gipfel vordringen zu können. Manchmal wurden die Stollen auch mit Sprengstoff gefüllt und ganze Berggipfel zum Einsturz gebracht (Col di Lana). Noch heute zeugen viele Stollen vom Kampf.

Für die Versorgung und vor allem dem Waffentransport kamen in großem Ausmaß Seilbahnen zum Einsatz, außerdem wurden Klettersteige entwickelt, die Versorgungen über Leitern und entlang von Stahlseilen ermöglichten.

In den Gletschergebieten wurden Stollen durch das Gletschereis getrieben, um Zugriff auf die gegnerischen Lager ohne Feindeinsicht zu erhalten (Marmolata).

Der Stellungskrieg im Hochgebirge musste auf ausgebildete Bergsteiger und Bergführer bauen und führte seinerseits zu einer rasanten Fortentwicklung der Alpinismustechnik.

Erster Weltkrieg an Kolonialschauplätzen

Im ersten Weltkrieg kam es auch auf außereuropäischen Schauplätzen zu Kampfhandlungen, umkämpft waren dabei die deutschen Kolonien. Diese Kämpfe waren in der Regel von wenig Gegenwehr gekennzeichnet, da das Deutsche Reich davon ausging, dass sich das Schicksal der Kolonien durch den Kriegsausgang in Europa entscheiden würde. Bis Februar 1916 fielen sämtliche deutschen Besitzungen, mit Ausnahme Deutsch-Ostafrikas, der Entente in die Hände. Die letzten Einheiten in Deutsch-Ostafrika kapitulierten erst nach dem offiziellen Waffenstillstand in Europa.

Näheres dazu im Hauptartikel Erster Weltkrieg an Kolonialschauplätzen

Wirtschaftliches Umfeld

Deutsches Reich

Spare Seife! ... aber wie? Poster des Kriegsausschusses für Oele und Fette, das auffordert, Seife und Öle zu sparen und Vorschläge unterbreitet, wie das zu tun ist.

(Für eine detailliertere Abhandlung siehe: Sozial- und Wirtschaftsgeschichte im Ersten Weltkrieg)

Der Erste Weltkrieg unterschied sich in vielerlei Hinsicht von früheren europäischen Kriegen. Für das Deutsche Reich lag einer der Unterschiede darin, dass zum ersten Mal ein Krieg, der außerhalb der heimatlichen Region, sogar außerhalb des Staates geführt wurde, in seinen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen ganz unmittelbar und in unerwarteter Heftigkeit auf die heimatliche Region und auf den Staat durchschlug.

Die durch den Krieg bedingten Engpässe und Veränderungen machten sich sehr schnell bemerkbar. Neben der in dieser Größenordnung noch nicht dagewesenen Mobilmachung von Soldaten gehörte dazu auch das Problem der Finanzierbarkeit des Krieges. Die Kriegsausgaben des Reiches betrugen 1915 24 Milliarden, das heißt das Zehnfache der Steuereinnahmen des letzten Friedenshaushalts.

Da aus unterschiedlichen Gründen, unter anderem wegen der Aufrechterhaltung des sozialen Friedens, die Kriegsfinanzierung nicht durch Steuern, sondern durch Kreditaufnahmen erfolgen sollte, kam es von Anfang an zu massiven Eingriffen in die Finanzwirtschaft. Zudem zog dieses Vorgehen natürlich alle negativen Folgen nach sich, die man von einer auf Schulden basierenden Volkswirtschaft kennt.

Die Maßnahmen waren anfänglich noch unter der Voraussetzung getroffen worden, dass der Krieg – entsprechend den Erfahrungen von 1866 und 1870/71 – in wenigen Monaten beendet sein würde. Von dieser Überlegung ging ja auch die Armee aus. Man erwartete von der vorhandenen deutschen Rüstungsindustrie eine ausreichende Versorgung. Erst der Munitionsmangel Anfang November 1914, als nur noch Munition für sechs Tage zur Verfügung stand, zeigte die rüstungswirtschaftlichen Engpässe in aller Deutlichkeit auf.

Im Verlauf des Krieges blieben ja sowohl die schnellen militärischen Fortschritte und damit auch die Möglichkeit der Beschlagnahme von Rohstoffen im Feindesland aus. Zudem stürzte die englische Seeblockade die stark importabhängige deutsche Wirtschaft in größte Verlegenheit.


Auf Initiative namentlich von Walther Rathenau und Wichard von Moellendorff von der AEG wurde noch im August 1914 die Kriegsrohstoffabteilung (KRA) ins Leben gerufen. Diese Stelle, bis 1915 unter der Leitung Rathenaus, stand für eine enge Verzahnung von Privatwirtschaft und Staat, allerdings stieß sie schon seit ihrer Gründung auf heftiger Ablehnung von Teilen der Privatwirtschaft. Ihre Hauptaufgabe sah sie in der Versorgung der Privatwirtschaft mit den benötigten Rohstoffen, die daher zentral bewirtschaftet werden mussten. Zudem entstanden "Kriegsgesellschaften", die deren Zahl im Laufe des Krieges auf über hundert stieg. Diese waren ähnlich wie Aktiengesellschaften organisiert.

Im Frühsommer 1916 kam es zu einer massiven militärischen, politischen und wirtschaftlichen Krise, weil die Kriegskosten ins Gigantische stiegen: Mehr als 1/10 des Jahresvolkseinkommens 1913 wird zu dieser Zeit in einem Monat verpulvert. Ab der 5. Kriegsanleihe (September/Oktober 1916) können die Zeichnungsergebnisse nicht mehr mit dem Geldbedarf Schritt halten (zum Deckungsgrad durch die Kriegsanleihen vergleiche Tabelle im Artikel Deutsche_Inflation_1914_bis_1923). Darauf wurde das Hindenburg-Programm verkündet, das drastische Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftskraft verlangte, sowie das "Kriegsamt" neu geschaffen. Die Folgen des Hindenburg-Programms waren aber nicht nur für die Wirtschaft spürbar, sondern auch für die Soldaten und Arbeiter. Denn zur Steigerung der Produktion war es unumgänglich, aus den Armeen eine Fülle von Facharbeitern herauszuziehen. Der Einsatz von Frauen in der Industrie stieg weiter an. Ein allgemeiner Arbeitszwang wurde eingeführt, Kriegsgefangene und (vielfach belgische) Zwangsarbeiter wurden in der Rüstungsindustrie eingesetzt. Nicht "kriegswichtige" Betriebe litten unter dem Entzug der für die Rüstungsindustrie benötigen Rohstoffe und Arbeitskräfte.

Der Erste Weltkrieg in der historischen Forschung

Während in Deutschland in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ein umfangreiches apologetisches Schrifttum zur Abwehr der "Kriegsschuldlüge" (s. dazu: Kriegsschulddebatte) entstand, hielten Historiker der Siegerstaaten weitgehend an der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands und seiner Verbündeten fest. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich die Ansicht des britischen Premiers David Lloyd George durch, nach der die Völker Europas "in den Weltkrieg hineingeschlittert" seien. Erst die Arbeiten des Hamburger Historikers Fritz Fischer stellten dieses Geschichtsbild in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts vehement in Frage. Vor allem mit seinem Buch Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18 löste Fischer einen ersten "Historikerstreit" aus, der Geschichtswissenschaft und Öffentlichkeit jahrelang beherrschte. Gestützt auf umfangreiches Quellenmaterial (vor allem des Archivs des Auswärtigen Amtes) vertrat Fischer darin die These, dass Deutschland bewusst auf einen Krieg hingearbeitet habe, um die eigene Überlegenheit auszuspielen, bevor die Übermacht der Gegner zu groß würde. Mittlerweile hat sich eine vermittelnde Position durchgesetzt, nach der die deutsche Führung zwar nicht bewusst nach der Weltmacht gestrebt habe, aber einen großen Krieg in ihr Kalkül einbezogen habe. Der Anteil des Deutschen Reiches an der Kriegsschuld muss aber im Kontext mit den anderen europäischen Großmächten betrachtet werden. So wurde auch in Frankreich ein Krieg in Kauf genommen, um dem Deutschen Reich nicht nur das Elsass, sondern auch die Vormachtstellung auf dem europäischen Festland wieder zu entreißen. Die Ermordung des bekannten Kriegsgegners Jean Jaurès am 31. Juli 1914 war Ausdruck einer am Vorabend des Krieges in Teilen der französischen Gesellschaft herrschenden Stimmung.

Die jüngste Forschung konzentriert sich darauf wie der Krieg im Alltag der Menschen erfahren wurde. Regionalgeschichtliche Forschungen konnten auch die Annahme einer allgemeinen Kriegsbegeisterung im August 1914 widerlegen.

Lange Zeit hatte sich die Forschung stark auf die Folgen des Krieges für die Mittelmächte konzentriert. In jüngster Zeit befassen sich vor allem Britische Historiker mit den Folgen für Großbritannien und die USA. (z.B. Ferguson, Keegan) Es wird die nicht ganz von der Hand zu weisende These vertreten, dass Großbritannien der eigentliche Verlierer sei, da das Britische Empire von den USA praktisch "übernommen" wurde (Mit dem 2. Weltkrieg dann endgültig).

Siehe auch: Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts

Die „vergessene“ Front: Zur Ostfronthistoriografie des Ersten Weltkrieges

Dieser Abschnitt soll einen kurzen Überblick über die Historiografie der Ostfront, mit Blick auf das Land Ober Ost, geben. Sucht man in den Geschichtsbüchern des 20. Jahrhunderts nach Beschreibungen der Ostfront zwischen 1915-1918, findet sich zwar Material, doch beschränken sich diese Darstellungen fast ausschließlich auf den militärischen Ablauf und die strategischen Erwägungen des Krieges im Osten. Literatur mit dem Schlagwort Ober Ost im Titel ist kaum vorhanden. In Darstellungen zur deutschen Ostpolitik wurde Ober Ost höchstens kurz erwähnt oder ganz ausgelassen.

Die erste umfassende und gute Darstellung der Geschehnisse an der Ostfront lieferte der Engländer Norman Stone im Jahre 1975 mit seinem Buch The Eastern Front 1914-1917. Stone betont die Wichtigkeit der Schlachten an der Ostfront für den militärischen Gesamtverlauf des Krieges und es gelingt ihm, einige interessante Schlussfolgerungen zu ziehen. Er beschränkt sich aber nicht auf eine Rekonstruktion der ereignisgeschichtlichen Ebene des Krieges im Osten, sondern dekonstruiert auch den bis dato vorherrschenden Mythos eines wirtschaftlich gelähmten Russischen Reiches. Er belegt, dass sich das Zarenreich in einer für russische Verhältnisse noch nicht da gewesenen Phase wirtschaftlichen Aufschwungs befand. Die Schwäche Russlands liegt für Stone vielmehr in der veralteten Administration, welche schließlich in Materialknappheit und in eine ineffiziente Armee mündete. Über die deutsche Besatzung sowohl auf dem Gebiet der heutigen EU- Staaten Litauen und Lettland als auch auf Teilen Weißrusslands, schweigt sich Stones Darstellung gänzlich aus.

Damit steht er allerdings nicht allein da. Immer noch sind „Verdun“, „Somme“, „Grabenkrieg“, „Stellungs- und Gaskrieg“ charakteristische Schlagwörter und gleichzeitig die ersten Assoziationen zum Ersten Weltkrieg. Allerdings beschreiben diese nur den Westen. Die Zustände an der Ostfront werden kaum charakterisiert. Kriegsromane wie Erich Maria Remarques "Im Westen nichts Neues" verklärten dieses Bild weiter und so lag die Ostfront nicht im Fokus der westlichen Weltkriegsforscher. Felix Kellerhoff, Journalist für „Die Welt“, trifft mit der Formulierung, „aber wer weiß schon, dass es die relativ gesehen höchsten Verlustraten dieses Völkerschlachtens keineswegs im Stellungskrieg in Belgien und Ostfrankreich gab, sondern in der Karpatenschlacht?“, ziemlich genau den Kern des Problems.

Seit Stones Ausführungen dürfte klar sein, dass sich der Krieg im Osten markant von den Ereignissen an der Westfront unterschied. Als im Westen die Fronten bereits erstarrt waren, herrschte im Osten immer noch eine von Bewegung geprägte Kriegführung vor. Die Gründe hierfür liegen bei den spärlichen Kommunikationsmöglichkeiten und der schlechten Verkehrserschließung der Ostfront. Folglich konnten aufgebrochene Lücken in den Verteidigungslinien lange nicht so schnell gefüllt werden, wie dies in Frankreich der Fall war. Die räumliche Ausdehnung der Ostfront mit mehreren tausend Frontkilometern, ganz abgesehen von den landschaftlichen Unterschieden, kontrastierte mit der Westfront und ihren 630 Kilometern Frontlinie.

Erst in den neueren und neuesten westlichen Darstellungen und Forschungen zum Ersten Weltkrieg erscheint die Ostfront zunehmend auch als Thematik. Das Militärgeschichtliche Forschungsamt (MFGA) in Potsdam führte im August 2004 eine Konferenz über „Die vergessene Front“ durch. Führende Militärhistoriker aus acht Ländern kamen dort zusammen. Unter anderem war auch der US-amerikanische Historiker Vejas Gabriel Liulevicius auf dieser Konferenz dabei. Mit seinem Buch Kriegsland im Osten, lieferte er 2002 die erste umfassende westliche Darstellung der deutschen Besatzungsherrschaft im Baltikum während der Zeit des Ersten Weltkriegs Ober Ost und markierte so eine Forschungslücke.

Im Buch und einigen kurz darauf geschriebenen Artikeln beschreibt er nicht nur Wesen und Charakter der deutschen Militärbesatzung im Lande Ober Ost, sondern versucht auch die Ursachen des Wandels des deutschen Bildes vom Osten zu analysieren und Verbindungslinien zwischen den Vorstellungen der Militärverwaltung von Ober Ost und denen der späteren NS-Elite nachzuzeichnen. Auch im Spiegel-Artikel Der vergiftete Sieg geht Liulevicius auf diese Thematik ein. Der Versuch eine Kontinuitätslinie zur Zeit des NS Regimes zu ziehen dürfte wohl noch einige Reaktionen in der Geschichtswissenschaft hervorrufen, zumal Liulevicius damit eine Brücke über die Zeit zwischen 1918 und 1933 zu schlagen versucht. Er sieht im Ostfronterlebnis der deutschen Soldaten das verborgene Vermächtnis des Ersten Weltkrieges.

Ein gewichtiges Problem bei den Ausführungen bezüglich der Frontwahrnehmung der Soldaten und des Wandels der Kategorien in welche der Osten gefasst wurde (Land und Leute vs. Raum und Volk), liegt in der einseitigen Quellenbasis des Werkes Kriegsland im Osten. Liulevicius berücksichtigt offenbar vorwiegend Tagebücher und Memoiren von Militärs in höheren Rängen. Feldpostbriefe von Soldaten, beispielsweise, fehlen fast ganz. In der Konsequenz muss das entstehende Bild als elitär gefärbt betrachtet werden.

Stellenweise läuft Liulevicius` Werk Gefahr eine national Litauische Sicht auf die deutsche Besatzung einzunehmen wie sie sich auch in anderen Werken zur litauischen Geschichte findet. Dies zeigt sich wiederkehrend in der Wortwahl, wenn er von „krankhaften Auswüchsen der Macht“ (S.217) und einer „rücksichtlosen Jagd nach Steuern“ (S.87) schreibt. Solche und ähnliche Formulierungen verhelfen dem Werk nicht unbedingt zu mehr Objektivität. Gleichzeitig, dürfen die Ungerechtigkeiten, welche durch die deutschen Besatzer an der Bevölkerung Litauens begangen worden sind, nicht verharmlost werden.

Wie der Historiker Eberhard Demm festhielt, verzichtet Liulevicius ferner auf polnische und französische Quellen und Darstellungen. Als Beispiel ist die ausführliche 700 Seiten starke zeitgenössische Dokumentation La Lithuanie sous le joug allemand 1915-1918. Le plan annexioniste allemand en Lithuanie von C. Rivas zu nennen. (Pseudonym für Yvonne Pouvreau).

Frühere Untersuchungen über Ober Ost, stellen die Werke des litauischen Historikers Abba Strazhas dar. In seiner Monografie Deutsche Ostpolitik im Ersten Weltkrieg. Der Fall Ober Ost 1915-1917, berücksichtigte Strazhas im speziellen auch die litauische Seite der Besatzung. Ein weiterer, erwähnenswerter Aufsatz von Strazhas ist „The Land Oberost and Its Place in Germany`s Ostpolitik 1915-1918“. Strazhas Ausführungen wurden in später geschriebenen Werken über die Geschichte Litauens oftmals übernommen. Seine Darstellungen können als die Weiterführung von in Fritz Fischers kontroversem Werk Griff nach der Weltmacht gemachten Aussagen bezüglich der deutschen Ostpolitik gesehen werden. Fischer beschreibt Deutschlands annexzionistische Absichten im Baltikum. Weiter stellt er gar eine gewisse Kontinuität zwischen den Zielen des Kaiserreiches und jenen des nationalsozialistischen Regimes her. Solche Linien sind in der Geschichtswissenschaft nicht unumstritten und lösen eine Diskussion über Kontinuität in der Geschichte aus.

In Artikeln wie der litauische Landesrat als Instrument der deutschen Ostpolitik, nimmt Strazhas stellenweise eine national litauische Sichtweise ein, welche von Autoren wie Liulevicius scheinbar kritiklos aus der Sekundärliteratur übernommen wurde. Doch wo liegt die Problematik der Ostfront und speziell von Ober Ost als praktisch unbeschriebenes Blatt in der Geschichtswissenschaft? Der Schatten des Zweiten Weltkrieges lag lange über jenem des Ersten. Sicher muss auch der Kalte Krieg und der damit erschwerte Zugang zu den Archiven, als ein entscheidendes Kriterium genannt werden. Des Weiteren, galt Jahre lang der Schwerpunkt jeglicher Forschung im östlichen Raum der Russischen Revolution. Unter Lenin wurden Soldatenfriedhöfe des Zarenreiches zerstört und so der Versuch unternommen, gewisse Ereignisse aus dem Geschichtsbewusstsein der Menschen auszulöschen. Über das Verhältnis von Politik und Geschichtswissenschaft, in Bezug auf den Osten in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, machte Norman Stone, in dem Vorwort zur zweiten überarbeiteten Version seines Buches, folgende Bemerkungen:

Whatever you said about the Tsarist Russian army might give you trouble. If you wrote in a positive, patriotic way about it, you might offend against the Communist orthodoxy, by which everything Tsarist was condemned. If, on the other hand, you concentrated on the negative side, you could offend against the nationalist line which emerged with Stalin and which flourished under Brezhnev. Even the obvious sources were quite difficult to obtain; I was told, some years later, that The Eastern Front was listed in an German catalogue, but could not be read without permission. […] the subject was still, in the seventies, taboo“.

John Keegan verleiht mit dem Argument, dass rund 80 Prozent des Russischen Heeres aus Analphabeten bestand (also ohne Schreibgehilfen keine persönlichen, schriftlichen Quellen hinterlassen konnten) der Quellenlage eine weitere Dimension. Nicht zu vergessen ist auch die sprachliche Barriere für viele westliche Historiker. Die Erweiterung der Europäischen Union um die Baltischen Staaten vom 1. Mai 2004, wird in Zukunft sicher auch für ein zunehmendes Interesse an der Geschichte dieser Länder sorgen.

Vgl.

  • Liulevicius, Vejas Gabriel, Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg 1914-1918, Hamburg 2002
  • Kellerhoff, Felix, Die vergessene Front, Internet: http://www.welt.de/data/2004/06/02/285589.html (Mai 2004)
  • Stone, Norman, The Eastern Front 1914-1917, London 1998

Zitate

"Und endlich ist kein anderer Krieg für Preußen-Deutschland mehr möglich, als ein Weltkrieg, und zwar ein Weltkrieg von einer bisher nie geahnten Ausdehnung und Heftigkeit. Acht bis zehn Millionen Soldaten werden sich untereinander abwürgen und dabei Europa so kahl fressen, wie noch nie ein Heuschreckenschwarm. Die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges zusammengedrängt in drei bis vier Jahre und über den ganzen Kontinent verbreitet; Hungersnot, Seuchen, allgemeine, durch akute Not hervorgerufene Verwilderung der Heere wie der Volksmassen; rettungslose Verwirrung unseres künstlichen Getriebes in Handel, Industrie und Kredit, endend im allgemeinen Bankrott; Zusammenbruch der alten Staaten und ihrer tragenden Staatsweisheit, derart, dass die Kronen zu Dutzenden über das Straßenpflaster rollen und niemand sich findet, der sie aufhebt; absolute Unmöglichkeit, vorherzusehen, wie das alles enden und wer als Sieger aus dem Kampf hervorgehen wird; nur ein Resultat absolut sicher: die allgemeine Erschöpfung und die Herstellung der Bedingungen des schließlichen Siegs der Arbeiterklasse."

  • Der französische Premier Georges Clemenceau zur österreichischen Delegation in St. Germain 1919.

"Der Rest ist Österreich!"

Literatur

Künstlerische Verarbeitung

Literatur

Filme

Bekannte Filme, die nachweislich auf Kriegsereignisse des 1. Weltkrieges zurückgehen: