Joseph Süß Oppenheimer
Joseph Ben Issachar Süßkind Oppenheimer (kurz Joseph Süß Oppenheimer) (* 1698 oder 1699 in Heidelberg; † 4. Februar 1738 bei Stuttgart) sanierte erst die Staatskasse des bankrotten Herzogs Karl Alexander von Württemberg und wurde nach dessen Tod aus niederen Beweggründen hingerichtet. Noch während der Verhandlung wurde er als Jud Süß diffamiert; die Nationalsozialisten nutzen die Geschichte von Süß Oppenheimer 1940 propagandistisch in dem Film Jud Süß.
Leben
Joseph Süß Oppenheimer wuchs in Heidelberg in bürgerlichen Verhältnissen in einer angesehenen jüdischen Kaufmannsfamilie auf. 1713 bis 1717 unternahm er Reisen nach Amsterdam, Wien und Prag. Die Berufe, die Juden zur damaligen Zeit ergreifen durften, beschränkten sich weitgehend auf Handels- und Finanztätigkeiten. So begann Oppenheimer erfolgreich, sich seinen Lebensunterhalt in der Pfalz als Privatfinanzier zu verdienen; auch das Eintreiben von Schulden gehörte zu seinen ersten Tätigkeiten. Mit Krediten an verschuldete Adlige stieg er gesellschaftlich auf; er sprang immer dann ein, wenn Banken sich weigerten, den aufwendigen Lebenswandel der Geldsuchenden zu finanzieren. Seine Kredite waren nicht billig, im Gegensatz zu anderen verlangte er aber keine Wucherzinsen.
Als Finanzmakler und Bankier brachte er es schnell zu Reichtum, er arbeitete unter anderem für den pfälzischen und den Kölner Kurfürsten. Bei einer Heiratsvermittlung im Auftrag des Herzogs Eberhard Ludwig von Württemberg lernte er 1732 in Bad Wildbad dessen Neffen Karl Alexander kennen, der unter chronischem Geldmangel litt. Noch im selben Jahr ernannte dieser Süß Oppenheimer zu seinem Hof- und Kriegsfaktor, ein Amt, das ausschließlich dazu diente, den Hofstaat zu finanzieren.
Als dieser nach Eberhard Ludwigs Tod am 31. Oktober 1733 Herzog von Württemberg wurde, war Süß für ihn so wichtig geworden, dass er ihm einen weiten Entscheidungsspielraum in Wirtschafts- und Finanzfragen des Landes einräumte.
1736 wurde er als Geheimer Finanzrat und politischer Ratgeber des katholischen Herzogs in das evangelische Stuttgart berufen und stieg schnell weiter auf.
Um die desolaten Finanzen des Landes mit dem absolutistischen Repräsentations- und Geldbedarf Karl Alexanders in Einklang zu bringen, führte er zahlreiche Neuerungen im Sinne eines merkantilistischen Wirtschaftssystems ein. Er gründete eine Tabak-, Seiden- und Porzellanmanufaktur und auch die erste Bank Württembergs, die er selbst betrieb. Er besteuerte Beamtengehälter und verkaufte gegen hohe Gebühren Handelsrechte für Salz, Leder und Wein an jüdische Glaubensbrüder. Daneben handelte er mit Edelsteinen, Edelmetallen, pachtete die staatliche Münze, veranstaltete Lotterien und Glücksspiele und vermittelte auch in Rechtsstreitigkeiten.
An allen Geschäften war Süß Oppenheimer auch selbst beteiligt, so dass er nicht nur die Kassen des Herzogs füllte, sondern auch selbst dabei schnell außerordentlich reich wurde.
Sein schneller Aufstieg, sein Reichtum und seine rigide und unpopuläre Geld- und Steuerpolitik führten zu Neid und Hass vieler Landesbeamter und nicht nur wohlhabender Bürger, zumal alle seine Maßnahmen und Reformen von Karl Alexander in absolutistischer Machtvollkommenheit bestimmt wurden und die konservativ orientierten evangelischen Landstände, denen nach der württembergischen Verfassung das Recht der Steuerbewilligung zustand, diesen nie zugestimmt hatten.
Als Karl Alexander am 12. März 1737 durch einen Schlaganfall unerwartet starb, entlud sich der Unmut, und Süß Oppenheimer wurde noch am selben Tag festgenommen.
Die Anklage lautete auf Hochverrat, Majestätsbeleidigung, Beraubung der staatlichen Kassen, Amtshandel, Bestechlichkeit, Schändung der protestantischen Religion und fleischlichen Umgang mit Christinnen. Man versuchte ihn mit dem Vorwurf, er hätte sich an einer 14-Jährigen vergangen, zu Fall zu bringen. Obwohl die Untersuchung durch zwei Hebammen deren Jungfräulichkeit bestätigt, musste Joseph Süß Oppenheimer als Sündenbock herhalten – ohne Beweis für irgendeinen der Anklagepunkte wurde der in der Verhandlung zum "Jud Süß" degradierte am 9. Januar 1738 zum Tode verurteilt. Man stellte ihn in einem Käfig vor den Toren Stuttgarts zur Schau und versprach ihm eine Begnadigung, sollte er zum Christentum übertreten. Als er ablehnte, wurde er am 4. Februar vor 12000 Zuschauern am Galgen hingerichtet. Sein Leichnam blieb zur Warnung sechs Jahre lang in dem eisernen Käfig, erst 1744 liess ihn Herzog Karl Eugen abhängen und verscharren.
Jud Süß Oppenheimer in Literatur und Film
Der Aufstieg eines im Ghetto aufgewachsenen Juden an die Spitze der höfischen Gesellschaft war ein bis dahin noch nie dagewesenes Ereignis. Juden waren enge Schranken gesetzt, und nur durch Aufgabe ihres Glaubens bestand überhaupt die Möglichkeit, aus diesen Grenzen auszubrechen.
Dass Süß Oppenheimer das bis dahin Unmögliche gelang, machte seine Geschichte schon früh nicht nur für jüdische Kreise interessant und zum Stoff vieler Veröffentlichungen.
1827 erschien die Novelle Jud Süß von Wilhelm Hauff, die sich aber weitgehend auf Hörensagen und Interpretation stützen musste, da die Prozessakten erst ab 1919 zugänglich waren. Obwohl Hauff die Trennung zwischen Juden und Nichtjuden befürwortete, prangerte er die Ungerechtigkeit des Urteils an. Weltbekannt wurde der Roman Jud Süß über Joseph Süß Oppenheimers Leben, den Lion Feuchtwanger 1925 schrieb. Darauf aufbauend wurde 1934 der englische Film Jew Suess veröffentlicht, mit dem vor dem deutschen Antisemitismus gewarnt werden sollte.
Bekannt wurde der Stoff aber vor allem durch den antisemitischen UFA(Terra)-Propagandafilm Jud Süß, den Veit Harlan 1940 drehte. Am Drehbuch waren außerdem Eberhard Wolfgang Möller und Ludwig Metzger beteiligt. 1941 erschien im Ufa-Buchverlag, Berlin außerdem der "Roman" zum Film von J. R. George, "mit 16 Bildern aus dem gleichnamigen Terra-Film".
Literatur
- Lion Feuchtwanger: Jud Süß Erstausgabe 1925, Aufbau-Verlag 1991, ISBN 3351016603
- Hellmut G. Haasis: Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß, Rowohlt Taschenbuch Verlag 2001, ISBN 3499611333
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Oppenheimer, Joseph Ben Issachar Süßkind |
| ALTERNATIVNAMEN | Joseph Süß Oppenheimer |
| KURZBESCHREIBUNG | Finanzmakler und Bankier |
| GEBURTSDATUM | 1698 oder 1699 |
| GEBURTSORT | Heidelberg |
| STERBEDATUM | 4. Februar 1738 |
| STERBEORT | Stuttgart |