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C. Bechstein

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C. Bechstein Pianofortefabrik Aktiengesellschaft

Logo der C. Bechstein Pianoforte-Fabrik
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1853
Sitz Berlin, Deutschland
Leitung Karl Schulze, Vorstandsvorsitzender
Mitarbeiterzahl über 280
Website www.bechstein.com, www.bechstein-centren.de
Bechstein-Schriftzug

Die C. Bechstein Pianofortefabrik AG Berlin ist ein deutscher, weltweit tätiger Hersteller und Händler von Klavieren und Flügeln. Die Klavierfabrik wurde von Carl Bechstein im Jahr 1853 in Berlin gegründet. Heute werden die Instrumente der Marken C. Bechstein und Bechstein Academy in Seifhennersdorf in Sachsen produziert. Die Instrumente der Marke W. Hoffmann werden seit 2007 im Tochterunternehmen C. Bechstein Europe in Tschechien hergestellt.

Mit jährlich ca. 5.000 verkauften Instrumenten ist Bechstein einer der größten deutschen Klavier- und Flügelhersteller.[1]

Geschichte

Die Anfänge

Carl Bechstein

Die Pianofortefabrik begann Carl Bechstein als Ein-Mann-Betrieb. Bis zum Jahr 1859 lieferte Bechstein 176 Instrumente aus. Sein erster, für den Pianisten Hans von Bülow 1856 gebauter Konzertflügel trägt zwar die Produktionsnummer 100, diese Nummer kann aber angesichts der Produktionszahlen nicht richtig sein und hatte wohl nur kosmetischen Charakter. Die für die damalige Zeit ungewöhnliche Stabilität der verwendeten Materialien und die hohe Belastbarkeit der Instrumente ließ den Namen Bechstein rasch bekannt werden. Ab 1861 expandierte Bechstein sein Unternehmen. Ende der 1860er-Jahre begann er mit dem Export seiner Instrumente u. a. nach England und nach Russland. Ab 1870 wurden jährlich rund 500 Instrumente gebaut. 1882 wurde eine zweite Fabrik innerhalb Berlins gegründet, 1885 eine Dependance in London, 1897 schließlich eine dritte Fabrik in Berlin.

In London wurde der Bau eines eigenen Konzertgebäudes, der Bechstein Hall begonnen, die 1901 vollendet wurde. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges und der folgenden Enteignung und Schließung wurde diese 1917 in Wigmore Hall umbenannt und wieder für den Konzertbetrieb geöffnet. Weitere Konzertgebäude errichtete Bechstein in Paris und Sankt Petersburg. Carl Bechstein verkaufte seine Instrumente an Konzertveranstalter, Kaiserhöfe und Konservatorien. Sein Ruhm ließ den Export stark ansteigen. Viele Jahrzehnte bevorzugen bedeutende Komponisten wie Franz Liszt, Richard Wagner oder Claude Debussy und berühmte Pianisten wie Wilhelm Backhaus, Walter Gieseking, Artur Schnabel, Wilhelm Furtwängler, Wilhelm Kempff oder Jorge Bolet die Flügel der Marke C. Bechstein.[2]


Nach dem Tod des Firmengründers

Neo Bechstein Flügel im Technischen Museum Wien

Nach dem Tod Carl Bechsteins im Jahr 1900 übernahmen seine Söhne Edwin (* 1859), Carl jun. (* 1860) und Johannes (* 1863) das Unternehmen. Edwin übernahm die Leitung des Instrumentenbaus, Carl die Geschäftsleitung. Johannes starb bereits 1906. Der Betrieb hatte 800 Beschäftigte im Jahr 1903 und stellte jährlich 4500 Instrumente her. Im gleichen Jahr wurde eine weitere Niederlassung in Paris gegründet. 1906 wurde das Unternehmen zu einer offenen Handelsgesellschaft (OHG).

Während des Ersten Weltkrieges kam 1916 das Aus für die Bechstein'schen Auslandsfilialen. Die Englische Regierung hatte die Zwangsliquidation aller deutschen Niederlassungen angeordnet; auch in Frankreich wurde Bechstein enteignet.

1923 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Diese Gelegenheit nutzten Edwin und seine Frau Helene Bechstein, geborene Capito, sich wieder in das Unternehmen einzukaufen (Edwin war 1916 nach einem Streit mit seinem Bruder ausgeschieden und hatte sich auszahlen lassen). Helene Bechstein, Mitinhaberin des Unternehmens, war eine frühe Verehrerin Adolf Hitlers. Zusammen mit der Gattin des Verlegers Hugo Bruckmann, Elsa Bruckmann, ermöglichte sie dem damals nur regional Aufsehen erregenden Hitler den Aufstieg in die besseren Münchener und Berliner Kreise und unterstützte ihn auch finanziell in umfassender Weise. Diese Aktivitäten waren dem Unternehmen indessen nicht zuträglich. Wegen Helenes unverhohlen antisemitischer Einstellung verlor man einige wichtige Kunden.[3][4] Im Jahr der beginnenden Wirtschaftskrise 1929 ging es der Firma Bechstein wie vielen anderen Unternehmen nur leidlich. Immerhin wurde für die Weltausstellung in Barcelona ein vergoldeter Bechstein-Flügel zur Verfügung gestellt. Man konstruierte den ersten elektro-akustischen Flügel (Neo-Bechstein), der die Hausmusik beflügeln sollte. Trotzdem verminderte sich die Produktion von Instrumenten in den Jahren 1935 bis 1940 auf 3.900 Stück pro Jahr. Während des Zweiten Weltkrieges wurde innerhalb des Unternehmens eine Abteilung für Propellerbau eingerichtet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Datei:Bechstein D280 top view.jpg
Bechstein Konzertflügel D.280

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma Bechstein von der amerikanischen Administration wegen der engen Kontakte zum nationalsozialischen Regime beschlagnahmt und entnazifiziert. Die Beschlagnahme wurde 1951 von der amerikanischen Treuhändergesellschaft wieder aufgehoben. Die Absatzzahlen blieben in der Zeit zwar bescheiden, gleichwohl konnte das Unternehmen sein 100-jähriges Bestehen im Jahr 1953 glanzvoll begehen. Im Jahr 1959 wurde eine weitere Fabrik in Karlsruhe gegründet, die Zahl der jährlich dort wie in Berlin gebauten Instrumente belief sich in den 1960er-Jahren auf 1.000 Stück. Ein weiterer Standort wurde in Eschelbronn etabliert.

1973 wurde die Firma Bechstein in eine GmbH umgewandelt. Dass ihre Leitung amerikanischen Geschäftsführern unterstand, war zugleich die Chance des Unternehmens, neue Märkte in den USA zu erschließen.

1986 kaufte der deutsche Unternehmer und Klavierbaumeister Karl Schulze dem amerikanischen Eigner die Traditionsmarke ab und konzentrierte die Fertigungsstätten in Berlin-Kreuzberg. Die Fertigung in Karlsruhe und Eschelbronn wurde eingestellt. 1990 wurden die Marken „Euterpe“ und „W. Hoffmann“, die zu der Firma „Feurich“ gehörten, in die Bechstein-Gruppe integriert, 1992 wurde der VEB Sächsische Pianofortefabrik in Seifhennersdorf in Sachsen und damit die dort bisher produzierte Marke „Zimmermann“ übernommen.

Nach einer Konkursanmeldung,[3] verhindert durch die Rücknahme der Berliner Produktionsstätte durch den Berliner Senat, wurde der Produktionsstandort mit Tradition in Berlin aufgegeben und die Fertigung nach Seifhennersdorf an die tschechische Grenze verlegt. Bechstein investiert in den folgenden Jahren rund 20 Mio. Euro in den Ausbau der Fabrik zu einer Manufaktur für Flügel und Klaviere der Spitzenklasse.

1996 wurde das Unternehmen wieder in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und 1997 im Freiverkehr börsennotiert.

In der Gegenwart

Die starke internationale Ausrichtung und das Ziel der Erschließung der asiatischen und amerikanischen Märkte führten zur strategischen Partnerschaft mit dem südkoreanischen Musikinstrumentenhersteller Samick. Es folgte ein Aktientausch mit gegenseitiger Beteiligung. Durch zwei Kapitalerhöhungen wurden die Anteile der Firma Samick in der Folge auf 19,5 % reduziert.[5]

Produktionsstätten und Marken

In Seifhennersdorf werden die Marken „C. Bechstein“, „Bechstein Academy“ und „Zimmermann“ produziert. Die Marke „W. Hoffmann“ wird seit 2007 in Hradec Králové, (Tschechien), in dem 100 %igen Tochterunternehmen C. Bechstein EUROPE s.r.o. gefertigt.

Nicht mehr produziert werden seit 2009 die Marken „Euterpe“ aus Indonesien und „Wilh. Steinmann“ aus China, da Bechstein in Zukunft nur noch Instrumente aus europäischer Herstellung anbieten möchte.[6]

Sponsoring

Unter der Schirmherrschaft des Pianisten Vladimir Ashkenazy fand im März 2006 der erste „1. Internationale Carl Bechstein Klavierwettbewerb – Ruhr“ an der Folkwang-Hochschule in Essen statt. Die Preisträger erhielten neben Geldpreisen auch Konzertengagements.

Literatur

Deutsch
  • C.Bechstein AG: Klavierwelten - Faszination eines Instruments, Nicolai-Verlag 2005, ISBN 3-87584-963-9
  • Hagen W. Lippe-Weißenfeld: Das Klavier als Mittel gesellschaftspolitischer Distinktion, Kultursoziologische Fallstudie zur Entwicklung der Klavierbauindustrie in England und Deutschland an den Beispielen Broadwood und Bechstein. Peter Lang Verlag 2006, ISBN-10: 3-631-56268-3
  • P. Donhauser: Elektrische Klangmaschinen. Die Pionierzeit in Deutschland und Österreich. Böhlau, Wien 2007, ISBN 978-3-205-77593-5 (zum „Neo-Bechstein“)
Englisch
  • C.Bechstein AG: The World of Pianos - Fascination with an Instrument, Nicolai-Verlag 2005, ISBN 3-87584-993-0

Filmische Rezeptionen

  • Ein Klavier geht um die Welt. Dokumentation, Deutschland, 2008, 45 Min., Buch und Regie: Michael Busse und Maria-Rosa Bobbi, Produktion: WDR, Erstausstrahlung: 28. April 2008, Inhaltsangabe vom WDR
Commons: C.Bechstein – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Geschäftsbericht 2007
  2. Norbert Ely: Die Geschichte des Hauses Bechstein, in: Klavierwelten – Faszination eines Instrumentes, Nicolai Verlag, Berlin 2003
  3. a b Die Zeit: Wohlklang aus Seifhennersdorf, 2002
  4. Ursula Seiler: Wer finanzierte Hitler, ZeitenSchrift, Nr. 47, 2005
  5. Geschäftsbericht 2006
  6. C. Bechstein präsentiert neue Klavier- und Flügelmodelle in Frankfurt