Marburger Burschenschaft Rheinfranken
Die Marburger Burschenschaft Rheinfranken ist eine akademische Studentenverbindung in der hessischen Universitätsstadt Marburg. Sie wurde am 13. Mai 1880 unter dem Namen „Akademischer Verein für Studierende der neueren Philologie zu Marburg“ gegründet und gab sich mit der Aufnahme in den Akademikerverband Deutsche Burschenschaft am 31. Mai 1925 den Namen „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“. In der Öffentlichkeit wird sie häufig mit dem rechtsextremen Spektrum in Zusammenhang gebracht [1] [2] [3] [4] [5] .
Allgemeines
Die Marburger Burschenschaft Rheinfranken (MBR) ist eine pflichtschlagende Studentenverbindung. Ihre Mitglieder müssen mindestens zwei gültige bzw. ziehende Schlägerpartien gefochten haben. Der Wahlspruch der MBR lautet „Vaterland - Freundschaft - Ehre“. Im Jahre 2009 besteht die MBR aus 195 Mitgliedern sowie dem Freundeskreis, wobei sich die Mitglieder zum einen in die Aktivitas (Studierende vor Ort) und zum anderen in den Altherrenverband aufteilen. Im Freundeskreis sind Mäzene, Förderer und Wegbegleiter integriert. Aufgenommen werden nur männliche Studenten, die den Wehrdienst nicht verweigert haben.
Geschichte

Im Sommersemester 1880 waren in Marburg 587 Studenten eingeschrieben, was ein erhebliches zahlenmäßiges Mißverhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden zur Folge hatte. Aus diesem Grunde schlossen sich Studenten verstärkt zu Vereinigungen zusammen, die durch wissenschaftliche Vorträge und Diskussionen eine Ergänzung zum Lehrangebot der Universität darstellen sollten. Diese Vereine erwiesen sich als wesentliche Stütze im Studium und boten darüber hinaus auch Geselligkeit im Kommilitonenkreis. So hatte sich bereits im Jahre 1878 der „Philologisch-Historische Verein“ gegründet, in dem sowohl Alt- als auch Neusprachler organisiert waren.
Es zeigte sich aber, dass eine gemeinsame wissenschaftliche Arbeit nicht ohne weiteres möglich war, so dass sich zwei Sektionen herausbildeten: Die Altphilologen und die Neuphilologen. Doch auch diese Form erwies sich als nicht zweckmäßig. Die Neusprachler trennten sich und gründeten am 13. Mai 1880 den „Akademischen Verein für Studierende der neueren Philologie zu Marburg“, die heutige Marburger Burschenschaft Rheinfranken. Zu den Gründungsmitgliedern zählen Otto Klein, Ernst Posse, Ludwig Römer, Philipp Rothermel, Gustav Siebert, Wilhelm Wichard und Wilhelm Wolters, die allesamt Schüler von Edmund Max Stengel, Professor für romanische Philologie an der Universität Marburg, waren. Zweck des neuen Vereins war die Hebung des wissenschaftlichen Interesses und Pflege der Geselligkeit unter den Studierenden der neueren Philologie. Es entfaltete sich ein reges Vereinsleben. Auf zunächst einem, später sogar auf zwei wöchentlichen Pflichtabenden wurden wissenschaftliche Vorträge mit nachfolgender Aussprache und Diskussion abgehalten. Diese Vortragsabende endeten mit einer Studentenkneipe. Daneben fanden außer gemeinsamen Unternehmungen Stammtische und wissenschaftliche Gruppenarbeit statt.

Bereits im Jahre 1881 nahm der Verein die heutigen Farben mit Wappen und Zirkel an. Die Farben schwarz-silber-kornblumenblau lehnen sich dabei an die Amtstracht der damaligen Professoren im Fachbereich an, welche schwarze Talare mit blauen Aufschlägen und silbernen Knöpfen trugen. Der Zirkel zeigt die in sich verschlungenen Buchstaben S-P-R, welche als Abkürzung für die lateinische Bezeichnung „Societas Philologorum Recentium“ stehen. Der Verein war zunächst nichtschlagend. Die Fechtfrage war nicht geregelt und Angelegenheit jedes einzelnen Mitglieds. Bei Kontrahagen war es jedoch üblich, einen Schlägerkursus beim örtlichen Fechtmeister zu belegen und um Waffenschutz bei einer waffenführenden Studentenverbindung vor Ort zu bitten.
Im Jahre 1890 gab man sich den Namen „Akademisch-Neuphilologischer Verein“. Nach und nach zeigte der Verein stärker werdende korporative Tendenzen. So entwickelte sich bis zur Jahrhundertwende die Einteilung in Füxe, aktive und inaktive Burschen und Alte Herren. Seit dem Jahr 1890 war auch das Tragen von Bier- und Weinzipfeln in den Vereinsfarben gestattet. Ab dem Jahr 1896 wurde es zur Pflicht. Zunehmend wurden auf den wissenschaftlichen Sitzungen auch zeitgenössische und politische Themen erörtert. Ebenso änderte sich die Grundeinstellung gegenüber dem akademischen Fechten. Von 1893 an waren Füxe verpflichtet, Schlägerkurse zu besuchen. Ab 1910 wurden Säbelkurse verpflichtend. Der Verein folgte dem damals üblichen Prinzip unbedingten Satisfaktion. Als studentische Ehrenwaffe wurde der Säbel anerkannt.
Zusehends wurden Germanisten, Historiker und Altphilologen in den Verein aufgenommen, weshalb im Jahre 1908 der Name „Akademisch-Philologischer Verein“ angenommen wurde. Da der Verein zu beachtlicher Stärke herangewachsen war, konnte auch erstmals der langgehegte Wunsch nach einem eigenen Verbindungshaus konkretere Formen annehmen. Nachdem der Turnergarten bis zum Jahr 1908 eine Heimat für die fast täglichen Treffen, Lerngruppen und Vortragsveranstaltungen geworden war, wurden die dortigen Räumlichkeiten zu eng. Zwar wurden nach einigem hin und her die Marburger Stadtsäle als neues Verkehrslokal proklamiert, es reifte jedoch die Überzeugung, dass endlich ein eigenes Verbindungshaus gebaut werden müssen. Zu diesem Zweck gründeten die Alten Herren eine Hausbaukasse, die sich rasch füllte, so dass im Jahre 1913 ein Grundstück im heutigen Kaffweg erworben werden konnte. Leider erteilte die Stadt Marburg keine Baugenehmigung, so dass das eigene Haus vorerst ein Traum blieb.
Im Jahre 1920 wurde dem gewandelten Selbstverständnis des Vereins Rechnung getragen und der Name „Wissenschaftliche Verbindung Rheinfranken“ angenommen. Damit sollten sich die schon lange gezeigten korporativen Züge des Vereins nun auch im Namen widerspiegeln. Der seit 1878 bestehende Schwesterbund „Philologisch-Historischer Verein“, von dem sich die Neuphilologen im Jahre 1880 getrennt hatten, löste sich im Jahre 1898 zunächst auf, gründete sich aber im Jahre 1910 neu und nahm den Namen „Wissenschaftliche Verbindung Hercynia“ an. Anhaltende Nachwuchssorgen zwangen diese Verein jedoch zur Aufgabe, so dass er am 1. Januar 1922 in die „Wissenschaftliche Verbindung Rheinfranken“ übernommen wurde. Zeitgleich wurde der Name beider fusionierten Vereine in „Verbindung Rheinfranken“ umgetauft. Weiterhin fanden wissenschaftliche Vorträge und Abende statt. Immer mehr rückte aber auch die vaterländische Erziehung in den Vordergrund. Man fühlte sich in den Idealen den Burschenschaften gedanklich am nächsten. Die Überzeugung reifte heran, den Anschluss an andere farbentragende Studentenverbindungen zu suchen. Diskutiert wurde die Annäherung an Turnerschaften oder an Burschenschaften, wobei sich speziell zu den damaligen Marburger Burschenschaften freundschaftliche Kontakte etabliert hatten.
Um den inneren Zusammenhalt zu festigen, führte die „Verbindung Rheinfranken“ die Pflichtmensur ein. Ebenso beschlossen die Vereinsmitglieder, die sich untereinander Bundesbrüder nannten und bis heute nennen, ein Aufnahmegesuch an die Deutsche Burschenschaft zu richten. Im Jahre 1924 wurde das Aufnahmegesuch bei der Deutschen Burschenschaft eingereicht. Die optimistischen Erwartungen wurden jedoch bitter enttäuscht, denn trotz der Unterstützung durch die örtlichen Burschenschaften in Marburg wurde die erforderliche Vierfünftelmehrheit auf dem Burschentag in Danzig nicht erreicht. Ein ausschlaggebender Grund wurde darin gesehen, dass es bereits vier Burschenschaften in Marburg existierten, was für ausreichend gehalten wurde.
Parallel zum Aufnahmegesuch in die Deutsche Burschenschaft kaufte der Altherrenverband im Jahre 1925 ein Baugrundstück in der Lutherstraße. Mit dem Bau eines Verbindungshauses wurde zeitgleich begonnen. Zu allseitiger Erleichterung und Freude wurde „Verbindung Rheinfranken“ auf dem Burschentag in Eisenach am 31. Mai 1925 als vorerst probendes Mitglied in die Deutsche Burschenschaft aufgenommen. Damit war zugleich der Grundstein für den neuen Vereinsnamen „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ gelegt, denn im Jahre 1927 erfolgte die endgültige Aufnahme als ordentliches Mitglied in der Deutschen Burschenschaft sowie die Fertigstellung und der Bezug des Rheinfrankenhauses in der Lutherstraße.
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Das Rheinfrankenhaus nach der Fertigstellung im Jahre 1927
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Kohlezeichnung des Rheinfrankenhauses von Joachim Spies aus dem Jahr 1955
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Vom Fuße der Lutherstraße in Marburg aus: Das Rheinfrankenhaus im Jahre 2006
In den Jahren nach 1927 beschäftige sich die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ mit hochschulpolitischen und gesellschaftspolitischen Fragen. Generell wurde Wert auf einen starken politischen Akzent als Ausdruck des burschenschaftlichen Wesensmerkmals gelegt. In den Folgejahren führte die Weltwirtschaftskrise zu einem verstärkten Andrang von Abiturienten in die Universitäten. Dies erlaubte es der Aktivitas, unter den Mitgliedschaftsanwärtern die besten auszuwählen. Durchschnittlich fanden 40 bis 50 Mitglieder pro Semester bzw. pro Trimester eine Heimat in der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ sowie auf dem Rheinfrankenhaus, das seither als Studentenwohnheim genutzt wurde.
Mit Beginn des Jahres 1933 begann für die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ - wie für alle übrigen Studentenverbindungen auch - eine erschwerte Zeit. Hintergrund war der sogenannte „Feickert-Plan“, der die Kasernierung aller Studienanfänger in sogenannten Kameradschaften vorsah. Dieser Plan, der von Andreas Feickert, dem Reichsführer der Deutschen Studentenschaft (DSt), am 20. September 1934 erlassen wurde, stieß nicht nur bei den traditionellen Studentenverbindungen, die um ihren Nachwuchs fürchteten, sondern auch bei der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ auf erbitterten Widerstand, denn auch sie sollte in eine Wohnkameradschaft umgewandelt werden, in die einzelne Studenten für mindestens zwei Semester zugeteilt werden sollten, ohne dass diese überhaupt Mitglied waren.
Als der Reichsjugendführer Baldur von Schirach zudem allen Mitgliedern der Hitlerjugend die Mitgliedschaft in Korporationen verbot, ein gleiches Verbot vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und von der Sturmabteilung (SA), der einst paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP während der Weimarer Republik, erlassen wurde, spitzte sich die Lage immer mehr zu. Zwar gelang es noch, im sogenannten „Plauener Abkommen“ am 5. Oktober 1935 von Albert Derichsweiler, dem Hochschulgruppenführer des NSDStB, die Zusicherung zu erlangen, dass alle Burschenschaften geschlossen als Kameradschaften in den NSDStB übernommen würden, aber schon im Januar 1936 wurde diese Abmachung von Derichsweiler als überholt bezeichnet. Den sprichwörtlichen Todesstoß erhielt das Verbindungswesen schließlich durch eine Anordnung des sogenannten „Stellvertreters des Führers“, Rudolf Heß, mit der allen Studierenden die Mitgliedschaft in einer Korporation verboten wurde.
Die Deutsche Burschenschaft löste sich am 18. Oktober 1935 auf der Wartburg auf. Die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ wurde im Oktober 1935 in eine NSDStB-Kameradschaft überführt und löste im Wintersemester 1935/1936 den aktiven Bund auf. Auf einem Schicksalskonvent am 5. April 1936 entschloss man sich, zwar den Altherrenverband weiterhin bestehenzulassen, jedoch den Aktivenbetrieb als NSDStB-Kameradschaft abzugeben. Der altbekannte Name „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ durfte nicht übernommen werden und das Rheinfrankenhaus mußte überschrieben werden. Als neuer Name wurde „Kameradschaft Ritter von Schönerer“ vom NSDStB genehmigt. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 kam das vorläufige Ende des Bundes. Zahlreiche Mitglieder, die noch das sogenannte „Notexamen“ in Marburg absolvieren konnten, wurden an die Front befohlen. Im Jahre 1942 wurde der Studienbetrieb eingestellt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die Fakultäten der Universität Marburg nach und nach eröffnet. Wie die meisten Korporationshäuser wurde auch das Rheinfrankenhaus von der US-amerikanischen Militärregierung beschlagnahmt. Aus dem prächtigen Verbindungshaus wurde eine Apotheke mit Arzneimittellager. Doch aufgrund der guten Kontakte zur US-amerikanischen Militärregierung durften kleinere Räume in der Kelleretage von den Bundesbrüdern genutzt werden. Nach und nach trafen die Mitglieder wieder in Marburg zusammen. Für viele war das Rheinfrankenhaus das erste Ziel nach Flucht, Vertreibung und Kriegsgefangenschaft.
Da für Vereinsgründungen die Zustimmung der Besatzungsbehörden notwendig war, hatte man im Wintersemester 1947/1948 den „Studentischen Wanderclub Marburg“ gegründet, dem die ehemaligen Alten Herren der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ wieder beitraten. Emsig wurden die Anschriften der nun weitverstreuten und zum Teil durch den Krieg verschollenen Mitglieder gesammelt, so dass zu Pfingsten im Jahre 1948 das erste Nachkriegsstiftungsfest gefeiert werden konnte. Bald konnte der Altherrenverband zunächst unter dem Namen „Verband ehemaliger Rheinfranken“, später unter dem Namen „Studentenverein Rheinfranken“ neu gegründet werden. Die Rechtsnachfolge wurde festgestellt und es begann ein jahrelanges Tauziehen um die Rückgabe des Rheinfrankenhauses, das mittlerweile vom Land Hessen verwaltet wurde (erst im Jahre 1953 erfolgte die vollständige Rückgabe des Rheinfrankenhauses).
Eifrig wurde auch die Wiedererrichtung der Deutschen Burschenschaft betrieben. Am 16. und 17. Juni 1950 fand in Marburg der erste Burschentag nach dem Kriege statt, die Deutsche Burschenschaft war als Dachverband wieder erstanden und zeitgleich mit ihr gründete sich die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ wieder. Zugleich fusionierte die „Burschenschaft Hercynia Marburg“ im Jahre 1950 mit der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“. Die „Burschenschaft Hercynia Marburg“ entstand im Jahre 1929 und ist aus der „Clausthaler Burschenschaft Allemania“ (Gründung am 20. April 1922) sowie aus der „Burschenschaft Sigambria“ (Gründung am 6. November 1889) hervorgegangen. Derart mit neuer Kraft aufgefrischt ging es daran, sich der neuen Zeit zu stellen, ohne Bewährtes fallenzulassen. Dazu gehörte das Farbentragen, welches nach wie vor in der Öffentlichkeit verboten war. Nur langsam konnten sich die Couleurstudenten ihre Freiheit wieder erkämpfen. Erst im Jahre 1952 durften die Mitglieder der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ wieder in Couleur - also mit Mütze, Zipfel und Band - in der Öffentlichkeit auftreten. Im selben Jahr wurde die Bestimmungsmensur wieder eingeführt und dem Marburger Waffenring beigetreten. Parallel zum deutschen Wirtschaftswunder erlebte auch die „Marburg Burschenschaft Rheinfranken“ einen nie dagewesenen Anstieg ihrer Mitgliederzahlen. Zahlreiche und namhafte Studenten der Alma Mater Marburg fanden auf dem Rheinfrankenhaus ihr Zuhause. Es fand ein reger Aktivenbetrieb mit wöchentlichen Mensurtagen und Mensurkneipen statt und die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ engagierte sich auch wieder in politischen Fragen.
Dieser positive Verlauf hielt bis zum Jahre 1968 an. Danach wurde auch die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ in den Folgejahren der 68er-Bewegung vom herrschenden Zeitgeist erfasst. Die linksorientierte politische Strömung, die insbesondere von Marburg um den damaligen Universitätsprofessor Wolfgang Abendroth et al. ausging, ließ die vorherrschenden burschenschaftlichen Ideale schrumpfen. Die gesellschaftspolitische Entwicklung, die mit den Stichworten „Außerparlamentarische Opposition“ (APO) und „Sozialistischer Deutscher Studentenbund“ (SDS) umrissen werden kann, prägte das Bild vieler Studentenverbindungen. So trat auch die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ dem während des Burschentages in Landau 1969 gegründeten „Neuen Landauer Kreis“ bei, aus dem sich später der „Marburger Ring“ herauskristallisierte. Damit war zugleich eine Abkehr vom akademischen Fechten und von alter burschenschaftlicher Tradition verbunden. Die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ war zum Opfer des Zeitgeistes geworden.
Mit Beginn der 1980’er Jahre wehte ein neuer Wind durch die Reihen der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“. Das Fechten und die Pflichtmensur wurde auf Verlangen der Aktivitas wieder eingeführt. Die Mitgliederzahlen stiegen wieder an und das Rheinfrankenhaus wurde mit erheblichem finanziellen Aufwand von Grund auf neu renoviert. Insgesamt zwölf Studentenzimmer und zahlreiche Gemeinschaftsräume wurden hergerichtet, um die wachsende Zahl der Mitglieder im gemeinsamen Verbindungshaus zu beherbergen. Auch politisch engagierte sich die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ wieder. So wurde stets am Gedanken der Deutschen Wiedervereinigung festgehalten, wie es zahlreiche Publikationen von Mitgliedern und Autoren aus den Reihen der „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ belegen; es sei hierzu auf den Schriftband „Für Einigkeit und Recht und Freiheit - Die Geschichte der Berliner Tagungen der Deutschen Burschenschaft von 1952 bis 1989“ verwiesen. Ebenso engagierten sich die aktiven Mitglieder im Studentenparlament der Universität Marburg - dies in mannigfaltigem politischen Couleur, u.a. im Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), im Republikanischen Hochschulbund (RHV) sowie im Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen (LHG).
Im Verbandsjahr 2000/2001 übernahm die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft. Mit dem außerordentlichen Burschentag in Marburg stellte die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ die entscheidenden Weichen für die finanzielle Grundlagen der Eisenacher Liegenschaften, Berghotel Burschenhaus GmbH und Burschenschaftsdenkmal. Auf dem darauf folgenden Burschentag in Eisenach wurde eine neue Organisationsstruktur etabliert, um den Verband schlanker, effektiver und damit zukunftsfähig zu machen. Die Deutsche Burschenschaft ist damit stärker geworden als es ihren Gegnern lieb ist. Die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ leistete mit ihrem Vorsitz ein weit überdurchschnittlichen Zeit- und Arbeitseinsatz, stets geprägt von dem Ziel, die Deutsche Burschenschaft wieder verstärkt als politischen Verband zu etablieren und nicht zum Traditionsverein verkommen zu lassen.
Weit über ihre Amtszeit hinaus wird die „Marburger Burschenschaft Rheinfranken“ politisch auch dadurch wirken, dass es ihr gelungen ist, die Bücher „Deutschlands Teilung und die Deutschen - Eine kritische Betrachtung aus burschenschaftlicher Sicht“, „Für Einigkeit und Recht und Freiheit - Die Geschichte der Berliner Tagungen der Deutschen Burschenschaft von 1952 bis 1989“, „Blühe, deutsches Vaterland - Materialien zum Lied der Deutschen“ [6] sowie „Die Deutsche Burschenschaft - eine wichtige gesellschaftliche Gruppe: Meinungen von Zeitgenossen“ [7] herauszugeben.
Burschenschaftliche Abende
In Tradition der Durchführung von "wissenschaftlichen" Vorträgen und "politischen" Diskussionsrunden werden auf dem Haus der Marburger Burschenschaft Rheinfranken in jedem Semester sogenannte „Burschenschaftliche Abende“ veranstaltet. Dort treten immer wieder auch umstrittene Redner auf, so z.B. Geschichtsrevisionisten (Dirk Bavendamm), Politiker rechtsextremer und rechtspopulistischer Parteien (Rigolf Hennig, Manfred Rouhs, Andreas Mölzer), Antisemiten (Martin Hohmann) und Holocausleugner (Horst Mahler).
Bekannte Mitglieder
- Bahlsen, Leopold (* 1860; † 1936), Direktor des Gymnasiums in Stralsund und Herausgeber der „Schulbibliothek französischer und englischer Prosaschriften aus der neueren Zeit“
- Broglie, Maximilian, Prof. Dr. med. (* 1909; † 2004), Arzt, Berufspolitiker und Wissenschaftler, Träger des Bundesverdienstkreuzes
- Carstens, Karl (* 16. Mai 1872; † 6. Oktober 1914), Studienrat in Bremen, Oberleutnant, Vater des späteren Bundespräsidenten Karl Carstens
- Clemens, Björn (* 12. April 1967), deutscher Publizist und Politiker (Die Republikaner)
- Goyert, Georg (* 1884; † 1966), Buchautor, Herausgeber und erster Übersetzer des Buches „Ulysses“ von James Joyce
- Hellwig, Fritz, Prof. Dr. habil. (* 3. August 1912), Historiker, Politiker, Vizepräsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaften
- Krüger, Karl, Dr. phil. (* 1907; † 1997), Deutscher Historiker und Mitglied im Verband der Geschichtslehrer Deutschlands e.V.
- Leise, Karl-Heinz, Dr. rer. nat. (* 1919; † 2001), Vizepräsident des Deutschen Patent- und Markenamtes in München
- Leutschaft, Roderich, Prof. Dr. med. (* 26. Oktober 1922; † 10. August 2006), Universitätsprofessor, Fachbereich Medizin an der Universität Erlangen
- Ohnsorg, Richard, Dr. phil. (* 3. Mai 1876; † 11. Mai 1947), Schauspieler und Gründer des Ohnsorg-Theaters in Hamburg
- Schnittker, Rüdiger (* 28. Oktober 1950; † 27. Oktober 2008), Studiendirektor am Herbartgymnasium/Oldenburg, Oberstleutnant der Reserve, Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold
- Suffert, Oskar (* 1892; † 1974), Studienrat am Städtischen Lyzeum in Detmold, später Leiter des Lippischen Landesmuseums
Internetadressen
- Internetseite der Marburger Burschenschaft Rheinfranken
- YouTube-Kanal der Marburger Burschenschaft Rheinfranken
Einzelnachweise
- ↑ Leben auf der Säbelklinge (Interview auf unicum.de)
- ↑ "Ehre, Freiheit, Vaterland!" - Bundeszentrale für Politische Bildung
- ↑ Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke und der Gruppe der PDS;(Neu-)Gründung des "Republikanischen Hochschulverbands", die Burschenschaft "Normannia-Leipzig zu Marburg" und die Zeitschrift "Junge Freiheit"...
- ↑ Gessenharter, Wolfgang / Pfeiffer, Thomas; Die Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie? VS Verlag ISBN: 978-3-8100-4162-3 S.123ff
- ↑ Stenografischer Bericht der 75. Sitzung des Innenausschusses des Hessischen Landtages 23. Mai 2007, 14.04 bis 16.15 Uhr S.4 ff
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