Wohlen
Vorlage:Ort Schweiz Wohlen ist eine Schweizer Gemeinde im Südosten des Kanton Aargau. Sie gehört zum Bezirk Bremgarten und ist das Regionalzentrum des Freiamts. Die Einwohner nennt man Wohler (und nicht etwa Wohlener). Zu Wohlen gehört auch der 1914 eingemeindete Ortsteil Anglikon. Mit fast 14'000 Einwohnern ist Wohlen die viertgrösste Gemeinde des Kantons.
Geographie
Das Gemeindegebiet wird von Südost nach Nordwest von der Bünz durchflossen. Etwa zwei Drittel der überbauten Fläche befindet sich in der flachen Ebene des Bünztals, ein Drittel am Südwesthang des Wagenrains, einem bewaldeten Hügelzug zwischen Bünz- und Reusstal. Dort befinden sich auch einige markante Findlinge, die während der letzten Eiszeit vom Reussgletscher hierher transportiert wurden. Die Hanglage ist stellenweise sehr steil, geht jedoch in eine flache Hochebene über, die sich rund achtzig Meter über dem Talboden befindet. Das eigentliche Dorfzentrum mit der Kirche liegt auf einem flachen Moränenhügel, der in die Ebene hineinragt.
Wohlen und der früher selbständige Ort Anglikon sind mittlerweile zusammengewachsen. Die tiefste Stelle des Gemeindegebiets liegt auf 408 Metern bei der Kläranlage nordwestlich von Anglikon. Die höchste Stelle liegt auf 549 Metern im Gebiet Dreihägen nördlich von Anglikon. Von den Hügeln oberhalb von Wohlen kann man die Aussicht auf den Lindenberg und bei klarem Wetter auf die Alpen geniessen. Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 1248 Hektaren, davon sind 349 mit Wald bedeckt und 401 Hektaren überbaut.
Nachbargemeinden sind Hägglingen und Niederwil im Norden, Fischbach-Göslikon im Nordwesten, Bremgarten im Osten, Waltenschwil und Büttikon im Süden, Villmergen im Westen sowie Dottikon im Nordwesten.

Geschichte
Funde deuten auf eine Besiedlung während der Hallstattzeit vor 3300 bis 2500 Jahren hin. Überreste eines römischen Gehöfts und Gräber der Alemannen weisen auf eine ständig bewohnte Siedlung hin. Erstmals wurde Wohlen aber 1178 in einer Urkunde mit der alten Schreibweise "Wolon" erwähnt. Von 1185 bis 1415 gehörte Wohlen zu den österreichischen Vorlanden und war somit habsburgischer Besitz. Dann wurde das Gebiet (wie der gesamte Aargau) von den Eidgenossen erobert und gehörte danach zu den Freien Ämtern, einer Gemeinen Herrschaft.
Seit 1435 hatte Wohlen einen eigenen Untervogt und bildete eines der Freien Ämter. 1529 wechselte Wohlen die Konfession und wurde reformiert. Die Dorfbewohner mussten allerdings 1531 nach dem Zweiten Kappelerkrieg wieder zum katholischen Glauben zurückkehren. Als 1798 die Franzosen die Schweiz eroberten und die Helvetische Republik ausriefen, gelangte Wohlen zum kurzlebigen Kanton Baden. Seit 1803 gehört die Gemeinde zum Kanton Aargau.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand vorab im Raum Wohlen eine Industrie, die Strohgeflechte herstellte. Daraus nähte man unter anderem Strohhüte. Anfangs des 20. Jahrhunderts waren die modischen Kopfbedeckungen aus dem Freiamt weltbekannt. Wohlen wurde in dieser Zeit Chly Paris (kleines Paris) genannt. Es wurden zahlreiche Fabriken gebaut und Produkte hauptsächlich für den Export hergestellt. Neben Stroh verwendete man zeitweise Pferdehaar und Kunststoffe. Durch das Verschwinden der Hutmode verschwand auch die Strohindustrie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
1874 erhielt Wohlen einen Anschluss ans Eisenbahnnetz durch die Linie Aarau - Lenzburg - Muri, 1876 folgte eine Verbindung nach Bremgarten. 1881 wurde die Südbahn von Muri nach Rotkreuz verlängert; Wohlen hatte dadurch ein Jahr später Anschluss an die Gotthardbahn. Heute führt der grösste Teil des Güterverkehrs auf der Nord-Süd-Achse (Basel-Milano) durch Wohlen. 1916 wurde die Wohlen-Meisterschwanden-Bahn eröffnet, die allerdings 1997 auf Busbetrieb umgestellt wurde.
Die kleine Gemeinde Anglikon scheiterte finanziell am Bau einer eigenen Schule. Der Grosse Rat des Kantons schlug daraufhin 1912 Anglikon per Dekret Wohlen zu, nachdem sich Wohlen erfolglos dagegen gewehrt hatte; der Beschluss wurde 1914 rechtskräftig. Heute ist Anglikon ein Dorfteil Wohlens.
In den Jahren von 1920 bis 1930 wurde die Bünz begradigt und in einen Kanal gelegt, wodurch die früher zahlreichen Überschwemmungen fortan verhindert wurden. 1925 erhielt die reformierte Minderheit eine eigene Kirche. Ab 1955 stellte die Ferrowohlen AG Stahl her, musste aber 1994 den Betrieb einstellen. Die zwei riesigen, leerstehenden Fabrikhallen sollen einer neuen Nutzung zugeführt werden; das Projekt Ferropolis sieht den Bau eines neuen Stadtteils vor.
Sehenswürdigkeiten
- Pfarrkirche St. Leonhard - 1804-07 im klassizistischen Stil erbaut
- St.-Anna-Kapelle - 1513-14 im spätgotischen Stil erbaut
- Kapelle des hl. Franz Xaver in Anglikon (1748 erbaut)
- Erdmannlistein - grosser Findling aus der letzten Eiszeit im Bremgarterwald
- Strohmuseum - erinnert an die einst bedeutende Strohindustrie
- Andy Hug-Gedenkstätte auf dem Areal des Schulhauses Bünzmatt
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung | |
---|---|
Jahr | Einwohner |
1900 | 3695 |
1930 | 5862 |
1950 | 6670 |
1960 | 8636 |
1970 | 12'024 |
1980 | 11'704 |
1990 | 12'498 |
2000 | 13'329 |
Am 31. Dezember 2004 lebten 13'932 Menschen in Wohlen, der Ausländeranteil betrug 31,8%. Bei der Volkszählung 2000 waren 56,5% römisch-katholisch, 19,7% reformiert, 3,6% christlich-orthodox und 8,1% moslemisch; 1,2% gehörten anderen Glaubensrichtungen an. 79,8 % bezeichneten Deutsch als ihre Hauptsprache, 8,1 % Italienisch, 3,1 % Albanisch, 2,3 % Serbokroatisch, 1,4% Türkisch, 0,8 % Portugiesisch, 0,7 % Spanisch, 0,5 % Französisch.
Behörden
Die gegenwärtige Gemeindeordnung datiert von 1992.
Legislative
Anstelle einer Gemeindeversammlung vertritt der von den Wohler Stimmberechtigten gewählte Einwohnerrat die Anliegen der Bevölkerung. Er besteht aus 40 Mitgliedern. Ihm obliegt das Genehmigen des Steuerfusses, des Voranschlages, der Jahresrechnung, des Geschäftsberichts und der Kredite. Er kann Reglemente erlassen. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Der Einwohnerrat existiert seit 1965 und wird im Proporzwahlverfahren gewählt.
Bei den Wahlen im November 2001 erzielten die Parteien folgende Sitzzahlen:
- SVP: 9
- FDP: 7
- CVP: 7
- SP: 4
- Grüne / Eusi Lüüt: 4
- Freis Wohle: 4
- Junge CVP: 3
- EVP: 1
- Dorfteil Anglikon: 1
Auch auf Gemeindeebene finden sich verschiedene Elemente der direkten Demokratie. So stehen der Bevölkerung fakultative und obligatorische Referenden, sowie das Initiativrecht zu.
Exekutive
Ausführende Behörde ist der Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse des Einwohnerrates und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden. Lediglich der Gemeindeammann (Gemeindepräsident) übt seine Tätigkeit hauptamtlich aus (seit 1989).
Die sieben Gemeinderäte sind:
- Walter Dubler (parteilos), Gemeindeammann
- Dieter Gerber (parteilos), Vize-Gemeindeammann
- Harold Külling (FDP)
- Erwin Meier (CVP)
- René Meier (parteilos)
- Christian Müller (SVP)
- Marianne Piffaretti (CVP)
Judikative
Auf kommunaler Ebene gibt es einen Friedensrichter. Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht Bremgarten zuständig.
Wirtschaft
In Wohlen gibt es etwas mehr als 700 kleine und mittelgrosse Unternehmen, die rund 6000 Arbeitsplätze anbieten. Besonders bedeutend ist die Herstellung von Kunststoffen. Etwa 60 Prozent aller Arbeitsplätze sind im Dienstleistungssektor zu finden. Der Tourismus hat für Wohlen praktisch keine Bedeutung.
Verkehr
Wohlen liegt an der SBB-Bahnlinie Lenzburg - Rotkreuz und ist der westliche Endpunkt der Bremgarten-Dietikon-Bahn. Wohlen verfügt auch über einen eigenen Busbetrieb, den Ortsbus, und ist der Ausgangspunkt der Postautolinien nach Hägglingen, Mellingen, Muri und Uezwil sowie die durch die BDWM Transport AG betriebene Buslinie nach Meisterschwanden.
Bildung
In Wohlen gibt es das gesamte Bildungsangebot des Kantons. Mehrere Kindergärten, sowie vier Primarschulen (Junkholz, Halde, Bünzmatt, Anglikon), zwei Realschulen (Junkholz, Bünzmatt), zwei Sekundarschulen (Junkholz, Bünzmatt), eine Bezirksschule (Halde) und die Kantonsschule ermöglichen es allen Wohler Kindern, ihre gesamte Schulzeit im Heimatdorf absolvieren zu können.
Sport
2004 wurde im Gebiet Niedermatten die grösste Sportanlage des Kantons eröffnet, bestehend aus Fussballstadion, Leichtathletikanlage und Tennisplätzen. Der Fussballclub FC Wohlen spielt in der Challenge League, der zweithöchsten Liga der Schweiz.
Persönlichkeiten
- Peach Weber (1952; Kabarettist und Komiker)
- Ciriaco Sforza (1970; Fussballspieler)
- Andy Hug (1964-2000; mehrfacher Kickbox-Weltmeister)
- Gertrud Heinzelmann (1914-1999; Rechtsanwältin und katholische Theologin)
Weblinks
- Offizielle Website der Gemeinde Wohlen
- Städtebau-Projekt Ferropolis
- Erdmannlistein (auf erratiker.ch)