Route 66

Die Route 66 galt ab 1926 als die erste durchgehende Straßenverbindung zur Westküste der Vereinigten Staaten. Aufgrund des wachsenden Kfz-Verkehrs wurden damals schon existierende Landstraßen zwischen Ortschaften verbunden und als Ost-West-Verbindung ausgewiesen. Inzwischen sind die restlichen Teilstücke der einst 2448 Meilen bzw. 3940 Kilometer langen Strecke von Chicago (Illinois) nach Los Angeles (Kalifornien), die auch Mother Road oder America's Mainstreet genannt wurde, ein Anziehungspunkt für Touristen und Nostalgiker.
Im Jahre 1914 machte in den USA ein Motorradfahrer namens Erwin Baker Schlagzeilen, der das Land von Küste zu Küste in 11 Tagen durchquerte und danach über „Wege wie frisch gepflügte Äcker“ berichtete. Im Zuge des aufkommenden Massenverkehrs wurden viele Straßen gebaut, und auch der Ruf nach einer durchgehenden Verbindung an die Westküste wurde laut, die durch die Berge der Rocky Mountains sowie Wüsten vom Osten getrennt wurde. Die Fortschritte in Technik und Straßenbau wurden auch durch die neue Fahrten von Baker dokumentiert, der mit Autos jeweils einige Tage weniger für die Kontinentaldurchquerung brauchte und alsbald unter dem Namen Cannonball bekannt wurde. Die wichtige und symbolträchtige Ost-West-Verbindung wurde dann im Jahre 1926 als Route 66 ausgewiesen. Im Jahre 1933 fuhr Erwin Cannonball Baker u.a. auf dieser neuen Straße von New York nach Los Angeles in der Rekordzeit von 53 Stunden, d.h. mit einem Schnitt von fast 100 km/h, obwohl die Route 66 damals noch durch Ortschaften führte und zum großen Teil nicht geteert war.
Hieß es früher sprichwörtlich „Alle Wege führen nach Rom“, so führte jahrelang der Weg ins „Gelobte Land“ nach Kalifornien nur über die staubige Route 66, die erst im Jahre 1937 durchgehend asphaltiert wurde. Die Wanderungen von verarmten Landarbeitern aus Oklahoma, die gemäß dem Motto Go West! zu den Obstplantagen in Kalifornien strebten, wurden 1939 im Roman Die Früchte des Zorns von John Steinbeck verewigt. Die darauf basierende Verfilmung von Western-Regisseur John Ford mit Henry Fonda in der Hauptrolle gilt als eines der ersten Road Movies. Der 1941 zweifach Oscar-prämierte Film (angeblich mit dem Arbeitstitel Highway 66 gedreht) machte die Route 66 auch bei jenen bekannt, die nie darauf reisen konnten oder mußten.
Im Jahre 1946 fuhr Bobby Troup nach Los Angeles, in der Hoffnung auf eine Karriere als Musiker. Diese Aufbruchstimmung faßte er unterwegs in Worte und schrieb den Song Get your kicks on Route Sixty Six, der umgehend mit Nat King Cole veröffentlicht wurde und später auch von den Rolling Stones und vielen anderen interpretiert wurde.
If you ever plan to motor west,
travel my way, take the highway that's the best:
Get your kicks on Route 66!
It winds from Chicago to L. A.
More than 2000 miles all the way.
Get your kicks on Route 66!
Now you go through St. Louis, Joplin, Missouri
and Oklahoma City is mighty pretty.
You'll see Amarillo, Gallup, New Mexico, Flagstaff, Arizona
don't forget Winona, Kingman, Barstow, San Bernardino.
Won't you get hip to this timely tip
when you make that California trip.
Der Streckenverlauf in Westrichtung wird im Lied anschaulich beschrieben, nur der Ort Winona fällt aus der Reihe, da er östlich von Flaggstaff liegt. Ausgehend von Chicago verlief die Route 66, im Gegensatz zu den ansonsten im flachen Mittelwesten der USA meist schachbrettartig entlang der Haupthimmelsrichtungen ausgerichteten Verbindungen, diagonal in grob südwestlicher Richtung durch die Bundesstaten Illinois und Missouri nach Oklahoma (OK), wobei in der Nähe von Joplin auch ein kurzes Stück durch den Staat Kansas führte. Damit diente die Route 66 nicht nur dem Transkontinentalverkehr, für den sie berühmt wurde, sondern auch der kürzeren Anbindung des Landwirtschaft des Mittelwestens an Chicago.
Ab Oklahoma City führte die Route 66 in westlicher Richtung über Amarillo in Texas, Albuquerque und Gallup in New Mexico nach Arizona. Dort wurde westlich von Flagstaff im Jahre 1984 der letzte Rest der Route 66 durch den Interstate Highway I-40 ersetzt, der längst die Route 66 als Ost-West-Verbindung zwischen Oklahoma City und Los Angeles abgelöst hat. Zudem existiert in Arizona zwischen Seligman, Kingman, Oatman und dem Colorado-Ufer bei Needles weiterhin ein malerisches Teilstück als Historic Route 66, das weitab von der Autobahn liegt und teilweise über steile Bergstraßen führt.
Der weitere Verlauf der Route 66 führt durch die Mojave-Wüste nach Barstow, und von dort in südwestlicher Richtung nach San Bernadino, einem Vorort von Los Angeles.
Die Route 66 als einfache oft kurvenreiche Landstraße konnte als wichtige Transkontinentalverbindung dem wachsenden Verkehr oft nicht gerecht werden. Der Verlauf wurde ständig geändert, es wurden Ortsumgehungen gebaut, Umwege abgekürzt usw. Gemäß dem Vorbild der Autobahnen, die Präsident Eisenhower in Deutschland kennengelernt hatte, wurde auch die Verlegenheitslösung Route 66 sukzessive durch moderne mehrspurige Fernstraßen ersetzt.
Parallel zum Niedergang der Route 66 als Straße wurde der Langstreckenverkehr auf den Straßen im wüstenartigen Westen der USA, die Tankstellen, Neonlampen der Motels usw. ähnlich romantisch verklärt wie schon die Pferde und Cowboys im Wilden Westen. Schon Anfang der 1960er Jahre gab es im US-Fernsehen die Serie Route 66, ab Ende der 1960er spielten Road Movies wie Easy Rider, Two Lane Blacktop oder andere auf Teilstücken der schon damals legendären Strecke.
In der 1970er Jahren führten die Cannonball-Rennen größtenteils über die ehemalige Route 66 bzw. insbesondere natürlich die neugebauten Schnellstraßen. Über diese von einer Autozeitschrift organisierten Protestveranstaltungen gegen das Tempolimit, bei der u.a. professionelle Rennfahrer teilnahmen, wurden später diverse Klamauk-Filme gedreht. Das Anliegen bestand jedoch darin aufzuzeigen, dass es ein Unding sei, die Höchstgeschwindigkeit auf modernen Schnellstraßen auf 55 mph bzw. 88 km/h zu begrenzen, wenn 40 Jahre zuvor schon ein einzelner Fahrer über 3 Tage hinweg eine höhere Durchschnittsgeschwindigkeit auf wesentlich schlechteren Verhältnissen erzielen konnte.
Heutzutage gilt Route 66 als Symbol für Freiheit, Ungebundenheit und die „Gute alte Zeit“. In vielen Orten an und abseits des ehemaligen Streckenverlaufs gibt es Souvenirshops, Museen und ähnliches. Eine Vielzahl von Büchern, Internetseiten, Reiseberichten usw. widmen sich der Route 66 und stricken eifrig an der Legende.
Touristen in Reisebussen, Wohnmobilen und Mietwagen, besonders jedoch Motorradfahrer (Biker bevorzugt auf Harley-Davidson), sind der Route 66 unterwegs. Sie alle sind auf der Suche nach den Resten der legendären Straße - bewegen sich jedoch vermutlich hauptsächlich auf den wesentlich bequemeren und schnelleren Interstate Highways.