Elisabeth Förster-Nietzsche
Elisabeth Förster-Nietzsche (* 10. Juli 1846 in Röcken bei Lützen; † 8. November 1935 in Weimar) war Schwester des Philosophen Friedrich Nietzsche.
Das Verhältnis zu ihrem Bruder bestand aus einer langen Abfolge von Zerstrittenheit und Versöhnung. Aus privaten Aufzeichnungen und Briefen Friedrichs geht hervor, daß er ihren intriganten und geltungssüchtigen Charakter zunehmend als Belastung empfand und sie zuletzt verachtete; anders als später von ihr behauptet, hielt er sie auch für philosophisch völlig unbegabt. Er gab ihr den Spitznamen "das Lama" als Anspielung auf ihre zeitweilige Heimat Südamerika, ihren Starrsinn sowie ihre Fähigkeit, im übertragenen Sinne "spucken" zu können.
Sie war verheiratet mit dem Gymnasiallehrer und Schriftsteller Bernhard Förster (1843-1889), der vor allem durch seine – von Nietzsche abgelehnte – aggressive antisemitische Agitation auffiel, weswegen er auch seinen Schuldienst quittieren musste. 1886 folgte sie ihrem Mann nach Paraguay, wo dieser die arische Kolonie Nueva Germania gründete.
1893 kehrte sie, inzwischen durch den Freitod ihres Mannes verwitwet, aus Übersee zurück und begann, sich die Kontrolle über Nietzsches Werk und Leben zu sichern. 1895 erstritt sie sich das Recht, den Doppelnamen Förster-Nietzsche zu tragen. Völlige Herrschaft erlangte sie 1897 nach dem Tod ihrer Mutter, die sich bis dahin um ihren Sohn gekümmert hatte. In ihrem Haus in Weimar sammelte sie Bücher, Manuskripte und Notizen des Philosophen und gründete das Nietzsche-Archiv. Noch zu dessen Lebzeiten begann sie mit der Präsentation, die Ursprung der Nietzsche-Legende werden sollte. Ihre Herausgabe von Nietzsches Werk und ihre Legenden wurden seinerzeit fast nur von Nietzsches Freund Franz Overbeck kritisiert.
In den folgenden Jahren instrumentalisierte sie das Werk ihres Bruders zur Propaganda rechtsextremer und völkischer Ideologien und hofierte in den 20er Jahren unter anderem den italienischen Diktator Mussolini. Ihr größter Erfolg war ein Besuch Hitlers im Nietzsche-Archiv 1933. Inzwischen häuften sich unter Nietzsche-Kennern und Interessierten kritische Stimmen, die sie allerdings durch Klagen und Verleumdungsschrften unterdrücken konnte. Erst nach ihrem Tod war eine kritische Nietzscheforschung in Deutschland in Ansätzen möglich - blieb aber kriegsbedingt stecken (vgl. dazu die begonnene kritische Ausgabe im Beck-Verlag (Neuauflage bei dtv in München).
In den 50er Jahren wies unter anderem Karl Schlechta Eingriffe, Manipulationen, ja sogar Fälschungen und bewusste Zerstörungen in Elisabeths Nachlass- und Briefausgaben ihres Bruders sowie in ihren eigenen Schriften über Friedrich nach. Dies betraf insbesondere die Publikation von Nietzsches angeblichem Hauptwerk Der Wille zur Macht (1906/1911), das in Wirklichkeit eine von ihr gemeinsam mit Peter Gast durchgeführte, teilweise willkürliche, teilweise mit politischer Absicht verfälschte Kompilation aus Nietzsches Nachlass war.
siehe auch: Friedrich Nietzsche, Nietzsche als "Vordenker des Nationalsozialismus"
Personendaten | |
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NAME | Förster-Nietzsche, Elisabeth |
KURZBESCHREIBUNG | Schwester des Philosophen Friedrich Nietzsche |
GEBURTSDATUM | 10. Juli 1846 |
GEBURTSORT | Röcken bei Lützen |
STERBEDATUM | 8. November 1935 |
STERBEORT | Weimar |