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Stockton and Darlington Railway

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Die Stockton & Darlington Railway Company (S&DR) war eine englische Bahnlinie, die von 1825 bis 1863 bestand. Sie war die die erste Eisenbahn, auf der Personen befördert wurden. Darüberhinaus hat sie für die Geschichte der Eisenbahn besondere Bedeutung, weil mit ihrem Bau eine Festlegung der Gleis-Spurweite von 1435 mm erfolgte, die später weltweit als „Normalspur“ bei den meisten Bahnen Verbreitung fand.

Die gut belegte Geschichte der S&DR zeigt exemplarisch die Begleitumstände des damaligen Eisenbahnbaues und -betriebes. Zahlreiche Legenden ranken sich daneben um diese erste öffentliche Eisenbahn der Geschichte. So wird unter anderem darüber gestritten, ob seinerzeit George Stephenson zu seinem ersten Besuch bei dem Initiator Edward Pease barfuß von Killingworth nach Darlington gewandert sei, um sein Schuhwerk zu schonen oder ob er aus Respekt vor dem einflußreichen Pease vor dessen Haus die Schuhe auszog und barfuß eintrat.

Geschichte

Nordost-England zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Lage des Gebiets um Middlesbrough in England

Zu Ende des 18. Jahrhunderts entstand im Zuge der Industrialisierung in England zunehmend ein Bedarf an Kohle für die neu entstehenden Dampfmaschinen und zur Verhüttung von Erzen und nicht zuletzt auch für die Heizung der Häuser in London und den anderen großen Städten. Gut verwertbare Kohlevorkommen fanden sich im nordöstlichen England und speziell auch in den Grafschaften um den Tees River und die spätere Stadt Middlesbrough. Seit dem Mittelalter wurde hier die Kohle zu Pferde zu den Flüssen gebracht, um von dort vor allem ins ferne London verschifft zu werden. Im 16. Jahrhundert waren dazu Hunderte, vermutlich sogar Tausende von Packpferde in der ganzen Grafschaft zu allen Zeiten unterwegs. Die Pferde trugen die Kohle zunächst in seitlichen Packtaschen, später wurde die Kohle auch auf Karren verladen. Der Transport mit schweren Karren in der feuchtigkeitsgetränkten Erde von Nordwest-England war jedoch mühsam. Daher entstanden hier bald „tramroads“, auf denen ein Pferd eine Tonne Kohle über neun bis zehn Meilen an einem Tag ziehen konnte.

Der Umfang dieser Transportgeschäfte begünstigte wirtschaftlich die Regionen und Orte, die darin einbezogen waren. Zwischen den umliegenden Orten bildete sich naturgemäß eine Konkurrenz heraus und wer nicht geographisch bevorteilt war, etwa mit einem gut gelegenen Hafen, der versuchte diese Transportströme zu seinen Gunsten zu beeinflussen. So planten Bürger von Stockton-on-Tees (England) einen Kanal von ihrer Stadt nach Evenwood am Gauge, den „Stockton and Auckland Canal“. Mit diesem sollten Kohlentransporte aus den Zechen des Bezirks Durham gefördert und natürlich auch Gebühren eingenommen werden.

Lokale Rivalitäten - Kanal oder „Tramroad“?

Edward Pease

Der geplante Kanalbau mißfiel jedoch den Geschäftsleuten Edward Pease, Jonathan Backhouse und Francis Mewburn. Der Kanal würde nämlich deren Heimatstadt Darlington und die umliegenden Kohlen-Zechen um acht Meilen verfehlen. Sie setzten sich daher für den Bau einer „tramroad“ ein, die von den Zechen um Bishop Auckland über Darlington nach Stockton führen sollte. Nach dem damaligen Verständnis war eine “tramroad” eine in den Boden eingelassene, mit Holzschwellen ausgekleidete Spur, in der die Wagenräder einen leichteren Lauf als auf bloßer Erde hatten. Die Wagen wurden von Menschen, Pferden oder anderem fortbewegt.

Bereits zur damaligen Zeit war England so dicht besiedelt, daß Straßen und Transportwege unvermeidbar über privaten Landbesitz oder störender Nähe verliefen. Neue Transprotwege bedurften daher der parlamentarischen Genehmigung. Die Gruppe um Pease beschloss am 13. November 1818, den erforderlichen Parlamentsakt für den Bau der „tramroad“zu beantragen. Durch umfangreichere Finanzierungsnachweise und günstige Kostenberechnung gelang es Peases Gruppe zunächst, die Idee einer Bahn überzeugender als das konkurrierende Kanalprojekt der Stadt Stockton darzustellen. Dieses und ein weiteres Genehmigungsverfahren vor dem englischen Parlament verloren sie jedoch vor allem durch den Widerstand von Lord Darlington, der um seine zur Fuchsjagd genutzten Gebiete fürchtete, durch die die „tramroad“ führen sollte.

Mit einer neuen Linienführung wollte das Komitee von Darlington 1820 wieder vor das Parlamant treten. Der Tod von König George III am 29. Januar 1820 und die darauffolgende Neuwahl des Parlaments ließen eíne erneute Eingabe an das Parlament jedoch erst 1821 zu. Die von George Overton neu entworfene Streckenführung umfaßte 37 Meilen mit fünf Zweiglinien. Vor der dritten Lesung mussten im letzten Moment noch die notwendigen 80% des Finanzierungskapitals beigebracht werden. Am 12. April 1821 wurde die Eingabe erfolgreich durch das House of Commons und am 17. April durch das House of Lords gepaukt und erhielt am 19. April die königliche Genehmigung von George IV.

Im Detail legte die Genehmigung unter anderem fest, dass jedermann einen Wagen auf der Linie fahren lassen konnte, vorausgesetzt er zahlte die Gebühren und benutzte sichere Ausrüstung. Der Betrieb war gestattet zwischen 7 Uhr morgens und 6 Uhr nachmittags im Winter und zwischen 5 Uhr morgens und 10 Uhr nachmittags im Sommer. Es wurde jedoch weder der Hauptzweck des Kohlentransports erwähnt, noch eine eventuelle Beförderung von Passagieren.

George Stephenson und die „Railway“

George Stephenson

Noch während Pease am Abend des 19. April 1821 zu Hause in Darlington auf die entscheidende Nachricht aus London wartete, sprachen bei ihm zwei aus Northumberland angereiste Männer vor. Es handelte sich um Nicholas Wood, den Manager der Zeche von Killingworth und seinen Ingenieur George Stephenson. Sie schlugen Pease vor, statt der „tramroad“ eine Schienenbahn („railway“) mit Lokomotiven zu errichten. Stephenson erklärte, dass „ein Pferd auf einer Eisenstraße 10 Tonnen im Vergleich zu eine Tonne auf einer normalen Straße ziehen“ würde. Er fügte hinzu, dass die von ihm in Killingworth gebaute Lokomotive „Bluecher“, "fünfzig Pferde wert" wäre.

Pease besichtigte diese Maschine in der Killingworth-Zeche und berichtete am 23. Juli 1821 den Komitee-Mitgliedern von den beeindruckenden Leistungen von Stephensons Maschine. Das Komitee beschloß darauf, statt der „Tramway“ eine „Railway“ zu bauen, gegen den Widerstand einiger Komiteemitglieder setzte Pease zudem durch, daß die Streckenführung durch Stephenson neu festgelegt wurde. Stephenson präsentierte das Ergebnis seiner Untersuchungen am 18. Januar 1822 und erhielt vier Tage später eine Festanstellung und den Auftrag zum Bau der Bahn. Er wurde mit £660 per annum bezahlt.

Im späteren Verlauf zeigte sich, daß Stephenson Schwierigkeiten hatte, die ersten fahrenden Lokomotiven rechtzeitig zu bauen. Pease erwog daher sogar, einer anderen Firma in Leeds den Bauauftrag für die Lokomotiven zu geben. Das Problem für Stephenson und seinen mitarbeitenden Sohn Robert war paradoxerweise, dass sie bei dem jetzt in England ausbrechenden „Eisenbahn-Fieber“ zu erfolgreich waren. Die Stephensons galten als führend auf íhrem Gebiet und übernahmen Aufträge für viele neue Bahnprojekte an verschiedenen Orten. So übernahm George Stephenson beratende Funktionen bei vier weiteren Eisenbahn-Projekten und Sohn Robert verschwand kurzerhand nach Südamerika, wo er einen Posten als ausführender Ingenieur bei der Columbian Mining Association übernahm und die nächsten drei Jahre zumeist in Venezuela und Bolivien arbeitete.

Genehmigung der Bahnlinie

Zwischenzeitlich bemühte sich das Komítee um eine parlamentarische Genehmigung für die von Stephenson geänderte Streckenführung und erhielt den entsprechenden „Amending Act“ am 23. Mai 1823. Dies wiederum gegen den Einspruch des Lord Darlington, der jetzt vergeblich war. Ein Abschnitt dieses Dokuments enthielt die Genehmigung, einen maximalen Betrag von 6 Schilling pro Meile von jedem zu erheben, der eine „coach, chariot, chaise, car, gig, landau, waggon, cart or other carriage conveying passengers” auf der Linie fahren lassen wollte. Dies belegt erstmals den Gedanken an einen Passagiertransport auf Schienen, auch wenn angesichts der Vielzahl der genannten Fahrzeuge offenbar noch unklar war, wie das durchgeführt werden sollte.

Noch wichtiger war aber, dass der Betrieb mit einer selbstfahrenden Zugmaschine genehmigt wurde mit dem Wortlaut "Und es sei ferner festgelegt, daß es rechtmäßig sei für die besagte Gesellschaft von Eigentümern oder jede Person oder Personen, die von dieser autorisiert oder genehmigt sind von diesem Akt und nach seiner Verabschiedung eine solche oder so viele Lokomotiven oder bewegliche Maschinen zu errichten als die besagte Gesellschaft von Eigentümern von zeit zu Zeit jeweils als angemessen und nützlich hält und diese auf dem besagten Schienenweg oder Tramweg oder eijnem von diesen einzustellen oder zu benutzen gemäß dem besagten zitierten Akt und diesem Akt, befohlen oder autorisiert für den Zweck, Güter, Handelswaren und andere Artikel auf und entlang der selbigen Bahn zu befördern und für die Beförderung von Passagieren auf und entlang der selbigen Bahn."

Im Original: “And it be further Enacted, That it shall and may be lawful to and for the said Company of Proprietors or any Person or Persons authorised or permitted by them, from and after the passing of this Act, to make and erect such and so many locomotive or Moveable Engines, as the said Company of Proprietors shall from time to time think proper and expedient, and to use and employ the same in or upon the said Railways or Tramroads or any of them, by the said recited Act and this Act, directed or authorised to be made, for the purpose of facilitating the transport conveyance and carriage of Goods, Merchandise and other articles and things upon and along the same Roads, and for the conveyance of Passengers upon and along the same Roads.“

Bau der Bahnlinie

Datei:Stockt-Darl.jpg
Streckenverlauf der Stockton and Darlington Railway und Lage des heutigen Middlesbrough

Für den Bau der Linie wurden 64 000 steinerne Schwellen mit hölzernem Unterbau gelegt. Die Steinschwellen hatten paarweise angeordnete Löcher für die Nägel, mit denen die Schienen durch die Steinlage hindurch am Holz befestigt wurden. Diese ersten Schwellen wurden allerdings in Anlehnung an die „tramroad“ noch so verwendet dass sie längs unter den Schienen verliefen. Die sinnvollere Anordnung quer zum Gleis mit stabilerer Spurhaltung wurde erst einige Jahre später eingeführt.

Ebenfalls in Anlehnung an die „tramroads“ wurden die Schienen in einem Abstand von vier Fuß und achteinhalb Zoll (=1435 mm) gelegt. Damit wurde das Maß vorgegeben, das in Zukunft einmal weltweit die meistverbreitete Bahn-Spurweite werden sollte. Am 23. Mai 1822 wurde die erste stählerne Schiene zeremoniell vom Komiteevorsitzenden Thomas Meynell auf die Schwellen nahe St John’s Well in Stockton gelegt. Im Sommer 1823 waren dann 22 von 26 Meilen Schienen gelegt. Mühsam zu bewältigen war dabei das sumpfige Land zwischen Heighington und Darlington, wo die Schienen trotz des tonnenweise aufgeschütteten Bodens immer wieder einsanken.

Eine weitere Schwierigkeit für den Bau war das gegossene Roheisen, das bis zu diesem Zeitpunkt normalerweise als Schiene verwendet wurde. Es war schwer und vor allem zu spröde für die Belastung durch rollende Eisenräder. Stephenson wich hier jedoch rechtzeitig auf schmiedbares Eisen aus und bewegte das Komitee, einen Auftrag über £14,000 an die Bedlington Iron Works, nahe Morpeth zur Pruduktion geschmiedeter Schienen zu vergeben. Um das Komitee zu überzeugen, verzichtete Stephenson dabei auf £500, die ihm als Patenthalter für das Schmiedeverfahren zugestanden hätten. Dadurch ging seine Freundschaft mit dem Co-Patenhalter William Losh in die Brüche, der dies als Betrug wertete. Das Problem war dabei, dass Stephenson damit auch den bisherigen Erbauer seiner Lokomotiven an der Killingworth-Zeche als Partner verlor. Mit der tatkräftigen finanziellen Unterstützung durch Pease gründete daher George Stephenson mit seinem erst 19-jährigen aber sehr gut ausgebildeten Sohn die „Robert Stephenson and Company Limited“ zum Bau von Lokomotiven. Am 7. November 1823 erteilte das Komitee für die Stockton- und Darlington-Bahn dieser Firma den ersten Auftrag über vier stationäre Zugmaschinen, die an den Steigungen bei Brusselton und Etherley eingesetzt werden sollten.

Da auch Stephensons die Maschine nicht termingerecht fertigstellen konnte, riefen diese Schwierigkeiten alte Gegner wieder auf den Plan, die zuvor erfolglos versucht hatten, die parlamentarische Genehmígung zu verhindern. Sogar einer der eigenen Anteilseigenr, ein Mr Rowntree, forderte und bekam eine Entschädigung, da die vorgesehene Bahnlinie sein nahe gelegenes Haus nach seiner Darlegung unbewohnbar machen würde.

Die erste Fahrt mit der Lokomotive

Zunächst hatte es den Anschein, daß Stephenson angesichst seiner vielfältigen Aktivitäten die Lokomotive nicht termmingerecht ferstigstellen könnte. 1824 war Peases Geduld zu Ende und er berief über George Stephensons Kopf hinweg Michael Longbridge, den Eigner Bedlington Iron Works als ausführenden Ingenieur für die Robert Stephenson and Co. Michael Longbridge konnte jedoch auch nicht die Probleme zum Bau der Lokomotiven bewältigen.

Im April 1825 fiel jedoch das Genehmigungsverfahren für eines von Stephensons Projekten,die Liverpool and Manchester Railway, im House of Commons durch und so war Stephenson plötzlich wieder frei für die Arbeit in seiner Fabrik in Newcastle upon Tyne und konnte die Lokomotive „Nr.1“ fertigstellen. Sie wurde am 16,. September 1825 in Teile zerlegt und mit Pferdewagen auf der Straße zu einer Straßenkreuzung bei Aycliffe Village transportiert und dort zusammengebaut und auf die Schienen gesetzt. Am 26. September 1825 wurden Probefahrten und am darauffolgenden 27. September die „Jungfernfahrt“ unternommen.

Der Zug bestand aus 36 Wagen, von denen zwölf Wagen waren mit Kohle und Mehl beladen, sechs Wagen mit Gästen und vierzehn mit Arbeitern besetzt waren. Der Zug hatte auch einen eigens gebauten Passagierwagen, der „Experiment“ genannt wurde. Pease, die Stephensons und ander Gäste saßen in diesem Wagen. Er hatte 18 Sitzplätze und da er keine Federung hatte, muß die Fahrt mit ihm sehr unbequem gewesen sein, aber es war das erste Mal in der Geschichte, dass Passagiere mit einer Dampflokomotive befördert wurden.

Zeitgenössische Darstellung der ersten Fahrt. Zwischen den Wagen stehen auf den Kupplungen die Bremser bereit
Zeitgenössische Darstellung des "Experiment"

Am Fuß der Brusselton-Höhe zwischen West Auckland und Shildon begann die Fahrt des Zuges unter der Anteilnahme tausender Zuschauer. Angehängt an ein 1,2 Meilen langes Seil wurde er von den stationären Maschinen 1960 Yards hügelauf gezogen und 880 Yards wieder herabgelassen. Dann wurde der Zug an die später als „Locomotion“ bekannte Lokomotive „Nr. 1“ angehängt, auf der George Stephensons Bruder James an den Hebeln stand. Zunächst gab es mehrere unvorhergesehene Halte, weil ein Wagen wiederholt aus den Schienen sprang und abgehängt werden musste. Ein nächster Halt musste wegen Dampfmangels aufgrund einer verstopften Leitung eingelegt werden. George Stephenson arbeitete 35 Minuten, bis er ein Stück eines alten Seils aus dem Rohr geholt hatte. Diese Erstfahrt von Brusselton nach Darlington über 9 Meilen dauerte zwei Stunden. Die Fahrt bis Stockton (20 Meilen von Brusselton) mit zwischenzeitlicher Wasser-Ergänzung dauerte insgesamt fünf und dreiviertel Stunden. Auf dem Abhang zum Bahnhof Stockton erreichte der Zug eine Geschwindigkeit von 15 mph (24 km/h). Den Berichten zufolge wurde die Ankunft des Zuges im Hafen von Stockton mit 21 Salutschüssen begrüßt.


Timothy Hackworth

Timothy Hackworth

Da Vater und Sohn Stephenson die angekündigten Lokomotiven offensichtlich nicht rechtzeitig fertigstellen konnten oder wollten, stellte Pease Timothy Hackworth ein, den Mann, der bereits William Hedley’s „Puffing Billy“ erbaut hatte. Zuvor hatte ihm bereits Stephenson sein halbes Salär angeboten, wenn er für ihn arbeitete. Hackworth wollte jedoch selbständig bleiben und nicht als Angestellter für Stephenson arbeiten. Die Gesellschaft richtete für Hackworth neben seiner Wohnung in Shildon eine Werkstatt mit 20 Arbeitern ein.

Die “Locomotion Nr. 1” explodierte am 1. Juli 1828, bei Aycliffe Level (heute Heighington). Der Maschinist John Cree wurde getötet und der Wasserpumper, Edward Turnbull verkrüppelt, die Wrackteile bedeckten mehrere Felder. Weitere von Stephenson gebaute Maschinen waren die Nr. 2, “Hope”, (November 1825), die Nr. 3, “Black Diamond” (April 1826) und Nr. 4, “Diligence” (Mai 1826). Von ihnen zerbarsten etliche ebenfalls und wurden zunächst abgestellt. Der Gesellschaft mangelte es daher an betriebsbereiten Lokomotiven. Auch das Wagenmaterial wurde als in sehr schlechtem Zustand befindlich beschrieben.

Timothy Hackworth baute die explodierte „Nr. 1“ nach wieder auf und trug wesentlich zu ihrer erfolgreichen Nutzung bei - sie fuhr insgesamt 25 000 Meilen. Nach mehrfachen Entgleisungen in den Jahren 1837 und 1839 wurde die im Grunde unausgereifte Maschine 1841 außer Dienst gestellt. Die Maschine ist heute im North Road Railway Museum ausgestellt. Auch Stephensons andere havarierten Maschinen wurden von Hackworth in seiner Werkstatt in Shildon nach und nach wieder in Betrieb gesetzt.

Während die Bahn-Eigner schon am Konzept der Lokomotiven zweifelten, glaubte nur Timothy Hackworth weiterhin daran. Nachdem er glaubhaft versprochen hatte, alle Probleme zu lösen, gaben ihm die Gesellschafter die Erlaubnis, in der Werkstatt in Shildon eine neue Maschine zu bauen. Hackworth war bereits dabei, drei Maschinen in seiner freien Zeit zu bauen, denen er mehr zutraute als den Stephenson’schen Maschinen. 1827 stellte Hackworth die sechsrädrige „Royal George“ fertig. Sie hatte zweimal soviel Heizfläche wie die Stephensonschen Maschinen und eine Einrichtung, die den Dampf aus den Zylindern in den Schornstein entließ und damit die Feuerung wirkungsvoll anfachte. Stephensons Bruder John bewunderte sie beeindruckt als die „beste Maschine der Welt“. Sie schien jetzt die Erwartungen zu bestätigen, die die Gesellschaft in die Lokomotiven steckte. Doch im März 1828 flog auch die „Royal George“ in die Luft und wurde zum Wiederaufbau nach Shildon gebracht.


Kontraktbasis und pferdebetriebene Personenbeförderung

Da sich Stephensons Lokomotiven als so schwach und unzuverlässig zeigten, ging sogar ihr Erbauer selbst daran, sogenannte „dandy carts“ zu entwerfen. Diese konnten mit schwerer Ladung leicht von Pferden hangaufwärts gezogen werden. Auf dem Scheitelpunkt der Steigung konnten die Pferde abgeschirrt und in einen der Wagen verladen werden, in dem sie mitsamt den anderen Wagen hangabwärts rollten. Während der Fahrt gemütlich Heu fressend konnten sie an der nächsten Steigung erfrischt wieder vor den Wagen gespannt werden.

Die Stockton and Darlington Railways Company war mittlerweille auch hoch überschuldet, der wirtschaftlich notwendige Betrieb auf den Zweiglinien zu den Zechen bei Coundon und nach Croft konnte nicht aufgenommen werden. Es mussten sogar Ausgleichszahlungen an die Eigner der Coundon-Minen geleistet werden, weil diese weiterhin Pferdewagen benutzen mussten um ihre Kohle zu der unvollständigen Bahnlinie zu bringen.

In großem Umfang betrieb die Gesellschaft ihre Geschäfte daher auf Einzel-Kontrakt-Basis. Die Maschinisten der Lokomotiven durften für die beförderte Tonne Kohle pro Meile einen Farthing kassieren, mussten aber von diesem Geld selbst für die Feuerung, für Öl und für die Einstellung eines Heizers aufkommen.

Passagiertransporte gehörten nicht zum ursprünglichen Betriebskonzept. Angesichts der finanziellen Probleme wurde aber der Passagierwagen „Experiment“ für 200 Pfund pro Jahr an Richard Pickersgill vermietet, der den Wagen mit einem vorgespannten Pferd auf den Schienen fahren ließ und einen Passagierdienst betrieb. Pickersgill ließ dazu zwölf weitere Sitzplätze auf dem Dach des Wagens aufbauen. Andere Unternehmer folgten und so betrieben ab Juli 1826 Martha Howson und Richard Scott zwei Kutschen namens “Defence” und “Defiance“ auf der Linie. Im October 1826 begann „The Union“, eine besonders elegante „Schienen-Kutsche” die Fahrt.

Anzeigeprospekt für die „Elegante neue Schienenkutsche The Union“

Der Eigner der "Union" ließ seine Kutsche an den Pubs entlang der Linie halten, und bald folgten andere Kutschenbetreiber diesem gewinnversprechenden Konzept. Diese Nähe zum Alkohol erwies sich bald als Problem. Während die Kutschen den lokomotivbetriebenen Zügen Vorfahrt geben mussten, waren sie bei Begegnungen auf der Schiene einander gleichgestellt. Da es keine Regeln gab, wurde um die Vorfahrt jedesmal neu gestritten - den Berichten zufolge manchmal stundenlang. Der dabei genossene Alkohol konnte sowohl Passagiere als auch die Kutscher zur gewalttätigen Entfernung der gegnerischen Passagiere und des Wagens von den Schienen veranlassen. Es wird jedoch auch berichtet, dass die überlegene Mannschaft nach siegreicher Vorbeifahrt abstieg und der Kutsche der unterlegenen Gruppe wieder auf die Schienen half....

Berichtet wird auch, dass die Kutsche namens “Defence” einmal mit 46 Personen besetzt war, von denen nur neun im Inneren saßen. Von den übrigen „saßen etliche rund um die Dachkanten, andere standen in einer zusammengedrängten Gruppe auf dem Dach und der Rest klammerte sich an alles, was irgendeinen Halt bot“.


„Port Darlington“ - die erste "Eisenbahnstadt"

Um 1830 Hatte die S&DR ein Streckennetz mit vier Zweiglinien und über 45 Meilen Länge. Die wichtigste Linie war zwar die zum Hafen von Stockton, doch erwies sich dieser häufig als zu flach und seefern für die zunehmende Zahl von Kohletransporten. Die Darlingtoner Pioniere planten daher ab 1827 eine Erweiterung zu den Salzmarschen von Middlesbrough. 1828 beantragten sie vor dem Parlament die Genehmigung dazu und hatten dabei hart gegen die Hafeneigner vom Tyne und dem Wear zu kämpfen. Auch innerhalb der Gesellschaft gab es Ärger, Leonard Raisbeck von Stockton, Anwalt der ersten Stunde und der Vorsitzende Thomas Meynell von Yarm zogen sich zurück, weil sie Nachteile für ihre Städte fürchteten. So wurde die S&DR eine rein von der Darlingtoner Gruppe und der Familie Pease dominierte Gesellschaft. Nach zahlreichen Auseinandersetzugnen konnte die Linie in Richtung Middlesbrough im November 1829 in Angriff genommen werden.

Joseph Pease machte hier das Geschäft seines Lebens. Zusammen mit vier anderen Quäkern aus London und Norwich erwarb er von William Chilton die Middlesbrough Estate, 520 Acres Salzmarschen. Diese Quäker, Joseph Pease, Thomas Richardson, Henry Birbeck, Simon Martin and Francis Gibson, wurden die “Middlesbrough Eigner” genannt. Sie fingen an, hier einen Hafen zu bauen, den sie - sehr zum Ärger der Stocktoner “Port Darlington” nannten.

Über den Tees wurde bei Stockton eine Hängebrücke gebaut, die sich aber als so schwach erwies, dass immer nur Gruppen von vier Wagen im Abstand von neun Fuß über die Brücke fahren konnten. 1844 wurde die Brücke durch eine andere Konstruktion von Robert Stephenson ersetzt. Die Kohle, die nach der Fahrt über die Brücke ankam, wurde dort von Dampf-Kränen, die von Timothy Hackworth konstruiert waren, in die Lastkähne verladen. Um 10 Uhr am 27. Dezember 1830 fuhr der erste Kohlenzug mit Ehrengästen über die Brücke zum Port Darlington. Dieser Tag wird als die Geburtsstunde der späteren „Eisenbahnstadt“ Middlesbrough betrachtet.

Stabilisierung und Betriebsbereinigung

1832, acht Jahre nach der Betriebsaufnahme, verfügte die S&DR über 19 Lokomotiven, die dank der Fähigkeiten und des Einsatzes von Timothy Hackworth sämtlich betriebsbereit waren. Zwischen Brusselton (westlich von Darlington) und Stockton verlief die Bahn sogar zweigleisig, um das Verkehrsaufkommen zu bewältigen.

Doch es gab weiterhin ein großes Problem - die Pferde und ihre Eigner. Die S&DR war eine öffentliche Einrichtung, die zwar Eigentümerin der Schienenanlagen war, doch jeder war berechtigt, diese zu benutzen, sofern er die Gebühren zahlte und die Regeln einhielt. Die S&DR betrieb selbst nur die Kohlenzüge und überließ den Passagierdienst anderen Unternehmern. Diese waren oft gleichzeitig die Wirte der Pubs, die als Haltestationen dienten. Da sie sich nicht den Aufwand für eine Lokomotive leisten konnten, ließen sie ihre Kutschen von Pferden ziehen. Dies führte zu „Anarchie“ auf den Schienen. So wird berichtet, wie am 1. März 1832 zwei Pferdeführer von Shildon betrunken aufbrachen und nach rücksichtsloser Fahrt unter mehrfacher Regelverletzung auf die Lokomotive “William IV“ trafen. "Sie weigerten sich, in das das Ausweichgleis zu fahren und legten nicht nur eine Schienen und einen Sitz auf das Gleis, um die Lokomotive entgleisen zu lassen, sondern sprangen auch auf die Plattform und packten das Maschinenpersonal am Kragen“ heißt es. Nicht unüblich war es auch, dass Pferdeführer ihre Pferde und Wagen auf den Schienen stehen ließen und in einem nahe gelegenen Pub zum Trinken verschwanden. Bei einer solchen Gelegenheit rammte beispielsweise die Lokomotive „Globe“ bei Aycliffe Lane einen unbeleuchtet auf den Schienen stehenden Wagen.

Im August 1833 lieferten etliche Pferdewagen-Eigner der S&DR endlich den Grund, den sie brauchte, um sie loszuwerden. Sie wurden für schuldig befunden, die Fahrten nicht korrekt gemeldet zu haben, um Gebühren zu sparen. Das S&DR-Komitee entschied, dass sie zu gehen hatten. Im Oktober kaufte die S&DR die Kontraktoren für £316, 17 Schillinge und 8 Pence hinaus. Das Konzept des "Public Way" war damit beendet. Die Bahngesellschaft konnte nun allein über ihre Schienen verfügen, wozu sie bereits vorausschauend Schritte eingeleitet hatte. So war Hackworth bereits 1829 angewiesen worden, eine schnellaufende Lokomotive für den Passagierdienst zu bauen. Die Maschinen für den Kohlentransport waren demgegenüber schwer und langsam, auch mit Blick auf die Pferde auf den Schienen, die keine schnellen Fahrten zuließen.

Hackworth schuf daraufhin die oben erwähnte „Globe“, nach der einen Auslegung so benannt nach ihrem auffälligen Dampfdom auf dem Kessel, nach anderer Auslegung nach einem gekannten Pub bei Shildon, wo die Maschinisten gern einkehrten. Die Globe wurde in Robert Stephenson's Werkstatt in Newcastle gebaut. Sie soll leichte hölzerne Räder besessen und eine Geschwindigkeit von knapp 50 mph erreicht haben. Der Maschinist stand dabei mangels anderem Platz in dem hölzernen Tender. Als revolutionärste Einzelheit wurde jedoch die gekröpfte Achse für den zwischen den Rädern angeordneten Zylinder betrachtet. Sie führte zu ruhigem Lauf bei hoher Geschwindigkeit. Die Baukosten der Globe betrugen £515. Ihre erste Fahrt, geführt von Johnny Morgan, war die Eröffnung der Middlesbrough-Verlängerung nach Port Darlington am 27. Dezember 1830. Nach dem Hinauskauf der Pferdeführer wurde die Globe voll im Passagierdienst eingesetzt bis sie im Januar 1838 mangels Wasserzufuhr bei Middlesbrough explodierte.

1863 wurde die S&DR von der North Eastern Railway, der späteren London and North Eastern Railway (LNER) übernommen. Einige Teile der S&DR-Linien sind bis heute in Betrieb, darunter der weltweit älteste in Betrieb befindliche Bahnhof. Die anderen Anlagen wurden teilweise in ein Eisenbahnmuseum umgewandelt.

Siehe auch: Geschichte der Eisenbahn

Geschichte (englisch)

Literatur

  • Jeans, J.S., Jubilee Memorial of the Railway System: History of the Stockton and Darlington Railway, Englisch, 348 Seiten - F Graham, März 1974, ISBN: 0859830500
  • McDougall, C.A., Stockton and Darlington Railway,1821-63, Englisch, Taschenbuch - 60 Seiten - Durham Co.Lib., Juli 1975, ISBN: 0904738000
  • Kirby, Maurice W., The Origins of Railway Enterprise: The Stockton and Darlington Railway 1821-1863, Englisch, Taschenbuch - 239 Seiten - Cambridge University Press, Juli 2002, ISBN 0521892805