Sphärolith
In der Polymerphysik wird als Sphärolith eine insbesondere für thermoplastische Kunststoffe typische kristalline Überstruktureinheit bezeichnet. Kunststoffe sind aus Makromolekülen aufgebaut, die amorphe oder kristalline Phasen bilden können. Diese können wiederum zu noch größeren Struktureinheiten aggregieren. Neben der Sphärolithstruktur kann dies z.B. auch eine Fibrillenstruktur sein.

Entstehung
Sphärolithe können sich beim Abkühlen von Schmelzen thermoplastischer Kunststoffe bilden. Die kristallinen Strukturen entstehen bevorzugt an Kristallisationskeimen und wachsen von ihrem Zentrum aus gleichförmig in alle Richtungen nach außen. Es bilden sich daher kugelförmige, radialsymmetrische Anordnungen. Ob sich Sphärolithe bilden und wie groß diese werden, hängt von der Art des Polymers und den Abkühlbedingungen in der Schmelze ab.
Bei langsamer Abkühlgeschwindigkeit bilden sich weniger Sphärolithe. Gleichzeitig haben diese aber viel Zeit zu wachsen und sind daher relativ groß. Bei rascher Abkühlung setzt die Kristallisation an vielen Stellen gleichzeitig ein. Da die Kristallisationstemperatur bei rascher Abkühlung schnell unterschritten wird, bleiben die Spärolithe vergleichsweise klein. Hinzu kommt, dass Sphärolithe nur solange wachsen können, wie sie von amorphem Material umgeben sind. Werden die Sphärolithe so groß, dass sie sich berühren, so können sie sich in dieser Richtung nicht weiter ausdehnen. Es entstehen zwischen den Sphärolithen dann ebene Flächen.
Einen entscheidenden Einfluss auf die Sphärolithbildung haben Fremdsubstanzen und Verunreinigungen. Sie können als Keimbildner wirken und sorgen so für eine vermehrte Sphärolithbildung. In der Praxis werden daher dem Polymer zum Teil Nukleierungsmittel zugesetzt, um die Kristallisation deutlich zu beschleunigen.[1] Gleichzeitig erfolgt die Erstarrung bei höherer Temperatur, was sich vorteilhaft auf Prozesszeiten beim Spritzguss auswirkt.
Aufbau und Struktur
Sphärolithe sind selbst keine Kristalle im kristallografischen Sinne, sondern stellen Aggregate von sehr vielen, kleineren kristallinen Bereichen dar. Dieses konnte bei einzelnen Materialien durch Röntgenbeugung nachgewiesen werden.[2] Die Größe der Sphärolithe alleine sagt weder etwas über die Kristallinität des Werkstoffs (Anteil kristallin zu amorph) noch über die Größe der eigentlichen Kristalle aus. [2] Die Sphärolithgröße ist vielmehr ein Hinweis auf die Kristallisationsbedingungen im Polymer.
Die Kristallite sind radialsymmetrisch um das Zentrum angeordnet. Röntgenbeugungsexperimente kleinster Bereiche haben gezeigt, dass dabei die Polymerketten in den Spärolithen mehr oder weniger tangential angeordnet sind.[2] Der Mechanismus des Wachsens bei dem schrittweise nacheinander Ketten längsseits angelagert werden, entspräche dem Mechanismus der Kristallisation von kurzkettigen Paraffinen. [2] Durch die parallele Anordnung der Ketten kommt es in den Kristallen zu doppelbrechenden Eigenschaften (Formdoppelbrechung), d.h. der Brechungsindex in Radialrichtung unterscheidet sich von der Tangentialrichtung.
Auswirkungen
Spärolithe beeinflussen die thermischen Eigenschaften des Polymers (z.B. Schmelzpunkt, Wärmeformbeständigkeit, Schrumpf), die mechanische Festigkeit, sowie zum Teil auch die chemische Beständigkeit und die optischen Eigenschaften.[1]
Nachweis
Da Spärolithe kristalline Bereiche enthalten und damit doppelbrechend sind, lassen sie sich mit Hilfe der Polarisationsmikroskopie nachweisen. Das Erscheinungsbild ist unterschiedlich und abhängig vom verwendeten Polymer. Meist erkennt man sie anhand des typischen Musters ('Malteserkreuz'), dessen dunklen Balken parallel zur Polarisationsrichtung von Polarisator und Analysator des Mikroskops ausgerichtet sind.[3] Dreht man das Objekt, so bleibt die Orientierung des Kontrasts trotzdem in der gleichen Raumrichtung bestehen, dreht sich also nicht mit der Probe mit.
Der Sphärolithdurchmesser bezeichnet den größten Durchmesser der 3-dimensionalen Sphärolithe.
Beispiele für Polymere mit Sphärolithstrukturen
Weblinks
Video und Erklärungen zur Kristallisation von Polypropylen (kostenpflichtig)
Einzelnachweise
- ↑ a b http://www.nemitzgmbh.de/site/pdf/nukleierung.pdf
- ↑ a b c d D.A. Hemsley: Applied polymer light microscopy, Elsevier Applied Science, London, 111-149, ISBN 1-85166-335-5,
- ↑ [1] Smektische Thermotrope Hauptkettenpolyesterimide (pdf)