Alois Mannichl
Alois Mannichl (* 1956) ist Polizeidirektor bei der Bayerischen Polizei und als solcher seit 2004 Leiter der Polizeidirektion der niederbayerischen Stadt Passau.
Mannichl wurde 2008 bundesweit bekannt, als auf ihn ein Angriff mit einem Messer verübt wurde. Der Angriff soll nach derzeitigem Ermittlungsstand aus rechtsextremistischen Motiven erfolgt sein. Infolge des Attentats wird erneut verstärkt ein Verbotsverfahren gegenüber der NPD diskutiert.
Werdegang
Mannichl wurde 1997 nach seiner Beschäftigung bei der Bayerischen Grenzpolizei Chef der Abteilung für organisierte Kriminalität beim Polizeipräsidium Niederbayern / Oberpfalz mit Dienstsitz in Regensburg. Später wurde er stellvertretender Leiter der Polizeidirektion Passau und im September 2004 dort zum Leiter ernannt.[1] Alois Mannichl vertritt im Gemeinderat von Fürstenzell eine überparteiliche Wählergemeinschaft.
Mannichl ist verheiratet und Vater zweier Kinder.
Vorgehen gegen Rechtsextremisten
Mannichl war durch sein entschlossenes Vorgehen gegen Neonazis zu einem bevorzugten Feindbild extrem rechter Kreise geworden.[2] Unter anderem war die Polizei unter ihm gegen Aufmärsche vorgegangen und hatte im Auftrag der Staatsanwaltschaft Passau eine Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz aus dem Grab Friedhelm Busses sicherstellen lassen, die der NPD-Aktivist Thomas Wulff dort deponiert hatte. Die Flagge wurde als Beweismittel wegen des Verdachtes auf Volksverhetzung und des Verdachtes auf Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen beschlagnahmt.[3] Die Passauer Polizei löste im August 2008 ein Zeltlager der rechtsextremen Gruppe „Blood Brothers Niederbayern“ auf. Am Volkstrauertag 2008 beobachtete Mannichl persönlich eine Kundgebung der NPD und verhinderte eine von der Stadt Passau untersagte Kranzablage auf dem Soldatenfriedhof Passaus.[4]
Als Gemeinderatsmitglied setzte er sich in Fürstenzell gegen ein als Neonazi-Treffpunkt bekanntes Lokal ein.[2] Er wehrte sich auch als Privatperson durch zivilrechtliche Klagen gegen Beleidigungen auf Internet-Seiten der NPD.[5][6]
Attentat
Am 13. Dezember 2008 wurde auf Mannichl ein Messerattentat verübt, bei dem er unterhalb des Rippenbogens schwer verletzt wurde. Der Täter hatte Mannichl in seinem Privatwohnsitz in Fürstenzell aufgesucht und soll ihn zunächst mit den Worten „Viele Grüße vom Nationalen Widerstand. Du linkes Bullenschwein, du trampelst nimmer auf Gräbern unserer Kameraden herum“ bedroht haben.[7] Die Tatwaffe war von Mannichl im Eingangsbereich des Hauses im Rahmen eines in Fürstenzell üblichen begehbaren Adventskalenders abgelegt worden. Passanten sollten die Möglichkeit haben, sich ein Stück von dem ebenfalls ausliegenden Lebkuchen abzuschneiden.[4] Mannichl musste aufgrund seiner Verletzungen bis zum 19. Dezember 2008 im Krankenhaus behandelt werden.[8]
Der versuchte Mordanschlag wird der rechtsextremen Szene zugerechnet, insbesondere auch, da sich Mannichl mehrfach gegen das Erstarken der rechten Szene in Passau engagierte und in diesen Kreisen seit längerem als „Hassfigur“ galt. Am Volkstrauertag war es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Rechtsradikalen gekommen, die daraufhin im Internet die Privatadresse Mannichls veröffentlichten.[9]
Eine Sonderkommission, benannt nach Mannichls Wohnort Fürstenzell, übernahm die Ermittlungen. Sie wurde von zunächst 20 am 15. Dezember 2008 auf 50 Polizeibeamte aufgestockt.[10] Geleitet werden die Ermittlungen durch den Leiter der Polizeidirektion Straubing, Polizeidirektor Anton Scherl, von Seiten der Staatsanwaltschaft ist Generalstaatsanwalt Christoph Strötz federführend.[11]
Am 16. Dezember 2008 wurde ein Ehepaar zunächst vorläufig festgenommen, dessen Fahrzeug in der Nähe des Tatortes gesehen wurde.[12] Die aus München stammenden Eheleute waren ebenfalls bei der Beerdigung Friedhelm Busses anwesend.[13] Gegen sie wurde Haftbefehl wegen Beihilfe zum versuchten Mord erlassen, nach dem Haupttäter wird weiter gefahndet.[14] Das Ehepaar gehört den „Freien Nationalisten München“ um Philipp Hasselbach an, die aus dem Umfeld der Kameradschaft Süd um Martin Wiese hervorging.[15] Diese Gruppierung wird dem Netzwerk der Autonomen Nationalisten zugerechnet.[16] Beide Tatverdächtigte sind bereits vorher durch antisemitische Äußerungen aufgefallen.[15]
Reaktionen
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nannte den Anschlag „hinterhältig und brutal“. Sollte sich der Verdacht eines rechtsextremen Hintergrundes bewahrheiten, „hätte die Gewalt von rechts eine völlig neue Dimension erreicht“, so Herrmann.[17] In einer Aussprache im Landtag zu dem Angriff auf Mannichl erklärte er am 16. Dezember 2008, dass die staatliche Parteienfinanzierung für die NPD überprüft werden müsse. Einem erneutem Verbotsverfahren stand er in der Aussprache aber skeptisch gegenüber, da die V-Leute in der Partei nicht zurückgezogen werden könnten und das NPD-Verbotsverfahren von 2001 an der Existenz der V-Leute gescheitert war.[18] Ein entsprechender Vorstoß der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Bayern fand nach einer Beratung mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten keine Mehrheit. Ein „Verbotsdruck“ solle aber aufrecht erhalten bleiben. [19]
Am 16. Dezember 2008 beschloss der Bayerische Landtag ein Präventionskonzept gegen Rechtsradikalismus erarbeiten zu lassen. Das Kabinett des Freistaates Bayern hat weiterhin die Richtlinien zur Unterstützung von Beamten des Freistaates für die Unterstützung bei zivilrechtlicher Klagen geändert. Bei Beleidigungsklagen soll eine finanzielle Unterstützung für Beamte in Zukunft möglich sein.[20]
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte entschiedenes Handeln der Politik gegen den Rechtsextremismus. „Wenn hier ein Vertreter unseres Staates, aber auch wenn andere Menschen durch Rechtsextreme angegriffen werden, dann ist das ein Angriff auf uns alle“, äußerte sie gegenüber der Passauer Neuen Presse in einer persönlichen Stellungnahme zu dem Fall.[8]
Grünen-Chefin Claudia Roth forderte in der Augsburger Allgemeinen politische Konsequenzen aus dem Anschlag: „Dieses heimtückische und brutale Attentat, offenbar aus der Neonazi-Szene, ist ein alarmierendes Zeichen dafür, wie gefährlich und zu allem entschlossen die rechtsextreme Szene in Bayern ist.“ Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer kündigte ein entschiedenes Vorgehen gegen Neonazis an. Man werde in Bayern gegen rechtsextreme Gewalt alle zur Verfügung stehenden Mittel nutzen und erneut über ein NPD-Verbot nachdenken.[21]
Konrad Freiberg, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sah in der Messerattacke auf Mannichl den Höhepunkt eines Strategiewechsels in der rechtsextremistischen Szene: „Polizisten sind neuerdings im Visier der Rechten. Früher wurde auf die Beamten Rücksicht genommen, heute setzen viele Rechte nur noch auf Gewalt“.[22]
Der Bundesvorsitzende der NPD Udo Voigt äußerte sich in einem Schreiben vom 15. Dezember 2008 zu der Tat und erklärte: „Wer immer das Messer gegen den Passauer Polizeichef zückte, er hat nicht nur der NPD, sondern dem gesamten nationalen Widerstand einen sehr schlechten Dienst erwiesen“. Er griff Mannichl in der Erklärung an und warf ihm vor, er habe sein Amt missbraucht und „ständig das politische Klima in seinem Einzugsbereich verschärft und die Eskalation angeheizt“.[23][24] In rechtsradikalen Internetforen wurde der Angriff vielfach ausdrücklich begrüßt.[25][26] Gegen die Festnahmen in der Folge des Angriffs werden von rechten Kreisen auch Protestaktionen angekündigt.[27]
Am Montag dem 15. Dezember 2008 fand in der Altstadt Passaus aufgrund des Angriffs gegen Mannichl eine Demonstration gegen Rechtsradikalismus mit über 300 Teilnehmern statt.[28]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Portrait: Mannichl gilt als Feindbild der Neonazis Kölnische Rundschau vom 14. Dezember 2008
- ↑ a b Julia Jüttner, Kriegserklärung an der Haustür Spiegel Online vom 14. Dezember 2008
- ↑ Zur Ablage der Flagge vgl. Philipp Wittrock, NPD bringt Neonazis gegen sich auf. Spiegel Online vom 5. August 2008 und Justiz lässt Hakenkreuzfahne aus frischem Grab holen Spiegel Online vom 30. Juli 2008
- ↑ a b Mirko Weber, Attacke auf einen Mann, der sich nicht schrecken lässt Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 16. Dezember 2008
- ↑ Bayern entdeckt rechten Rand Sueddeutsche.de vom 17. Dezember 2008
- ↑ War diese Szene Anlass für das Attentat? Passauer Neue Presse vom 17. Dezember 2008
- ↑ Der Täter rief: „Du linkes Bullenschwein“ Abendzeitung vom 14. Dezember 2008
- ↑ a b Anschlag auf Polizeichef - Soko sucht Mann mit Tätowierung , Bayerischer Rundfunk Online vom 19. Dezember 2008.
- ↑ Kopf des Tages: Polizeichef Alois Mannichl derStandard.at vom 15. Dezember 2008
- ↑ Generalstaatsanwalt Dr. Strötz: Die Suche nach dem Täter im Fall Mannichl geht weiter Passauer Neue Presse vom 15. Dezember 2008
- ↑ Max Hägler, Puzzlearbeit der Polizei Sueddeutsche.de vom 16. Dezember 2008
- ↑ Ermittler nehmen zwei Verdächtige fest Stern.de vom 16. Dezember 2008
- ↑ Ehepaar wird verhört Sueddeutsche.de vom 17. Dezember 2008
- ↑ Tagesschau: Ermittlungsrichter erlässt Haftbefehle vom 17. Dezember 2008
- ↑ a b Franziska Fischer, Die braune Connection des Ehepaars H. Sueddeutsche.de vom 18. Dezember 2008.
- ↑ Anschlag auf Polizeichef: Soko sucht Mann mit Tätowierung, Bayerischer Rundfunk vom 19. Dezember 2008]
- ↑ „Die Eskalation müssen wir sehr ernst nehmen“, Interview mit Joachim Herrmann Spiegel Online vom 14. Dezember 2008
- ↑ Bayern will Zuwendungen an NPD kappen FAZ.net vom 16. Dezember 2008
- ↑ Spiegel Online: Ermittler verfolgen Spuren in Münchens Neonazi-Szene vom 18. Dezember 2008
- ↑ Bayern entdeckt rechten Rand Sueddeutsche.de vom 17. Dezember 2008
- ↑ Seehofer sagt Neonazis den Kampf an Spiegel Online vom 14. Dezember 2008
- ↑ Neues NPD-Verbotsverfahren im Gespräch Tagesschau vom 15. Dezember 2008
- ↑ Albert Schäffer, Perfide Propaganda FAZ.net vom 15. Dezember 2008
- ↑ Sebastian Fischer/Annett Meiritz, Wie Neonazis ihre Kritiker jagen Spiegel Online vom 15. Dezember 2008
- ↑ Neonazis: Attentat auf Passaus Polizeichef - Was läuft in Traudl's Café? Sueddeutsche.de vom 15. Dezember 2008
- ↑ Andreas Speit, Nazis spotten über das Opfer Mannichl taz.de vom 16. Dezember 2008
- ↑ Haftbefehle gegen Münchner Ehepaar erlassen, Spiegel Online vom 17. Dezember 2008.
- ↑ Tätersuche am rechten Rand Tagesspiegel vom 16. Dezember 2008
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Mannichl, Alois |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Polizist |
| GEBURTSDATUM | 1956 |