Theodor Herzl

Theodor Herzl (* 2. Mai 1860 in Pest, dem heutigen Budapest; † 3. Juli 1904 in Edlach, Gemeinde Reichenau an der Rax, Niederösterreich) war ein österreichischer Schriftsteller, Publizist, Journalist und zionistischer Politiker. Seine hebräischen Vornamen waren Binyamin Ze'ev. Sein Pseudonym im zionistischen Organ Die Welt war Benjamin Seff.
Er schrieb 1896 anlässlich antisemitischer Tendenzen in Paris sein Buch Der Judenstaat. [1] Die Wirkung dieses Buches, vor allem aber der von ihm begründete politische Zionismus, setzten eine Entwicklung in Gang, die wesentlich zur Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948 beitrug.
Die 1924 gegründete israelische Stadt Herzlia ist nach ihm benannt.
Leben
Herzls Erziehung durch seine Mutter Jeanette Herzl (geb. Diamant) orientierte sich an österreichischer Kultur und deutscher Sprache, wie es für die meisten assimilierten Juden in Österreich-Ungarn selbstverständlich war. Ab 1878 studierte er an der Universität Wien Jura und war für mehrere Jahre Mitglied der Studentenverbindung „Wiener akademischen Burschenschaft Albia“, die er aber wegen antisemitischer Äußerungen anderer Verbindungsstudenten noch vor seiner Promotion im Jahre 1884 wieder verließ. 1889 heiratete er Julie Naschauer. Die beiden hatten drei Kinder: Pauline, Hans und Trude.
1888 wurde Herzls Lustspiel Seine Hoheit am Wallner-Theater Berlin und in Prag gegeben. 1890 wurde seine von Adolf Müller junior vertonte Wiener Operette Des Teufels Weib uraufgeführt, inmitten der von Adam Müller-Guttenbrunn angeleiteten Polarisierung des Wiener Theaterlebens. Von 1891 bis 1894 war Herzl Korrespondent der Wiener „Neuen Freien Presse“ in Paris. Von dort berichtete er 1894 über die Dreyfus-Affäre, dessen öffentlicher Degradierung er beiwohnte. Gemäß eigenen Angaben veröffentlichte Herzl 1896 seine Schrift Der Judenstaat unter dem Eindruck dieser Affäre und antisemitischer Ausschreitungen in Frankreich. Gewisse Biografen (Kornberg) hingegen sehen in diesem Text den Endpunkt einer langen inneren Entwicklung. An deren Anfang stand eine ambivalente Haltung Herzls seinem „Jüdischsein“ gegenüber. Ihre entscheidende Verschärfung empfing diese Ambivalenz dann durch den Aufstieg des Antisemitismus in Herzls neuer Wahlheimat Wien während der 1890er Jahre. Im Judenstaat geht es im Kern um die These, dass die Gründung eines jüdischen Staates notwendig und durchführbar sei. Anschließend arbeitete Herzl als Feuilletonist der „Neuen Freien Presse“ in Wien, Daniel Spitzer nachfolgend, und publizierte auch in der deutschsprachigen Tageszeitung Pester Lloyd aus Budapest.
Theodor Herzl organisierte mit Oskar Marmorek und Max Nordau den 1. Zionistischen Weltkongress (29. bis 31. August 1897) in Basel und wurde zum Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation gewählt. Das dort verabschiedete Basler Programm bildete die Grundlage für zahlreiche Verhandlungen (u.a. mit Kaiser Wilhelm II. während seiner Palästinareise vor dem Jaffator in Jerusalem und dem türkischen Sultan Abdülhamit II.) mit dem Ziel, eine „Heimstätte des jüdischen Volkes“ in Palästina zu schaffen. Obwohl seinerzeit ohne greifbaren Erfolg, schuf Herzls Tätigkeit wesentliche Voraussetzungen für die Gründung des Staates Israel im Jahr 1948. Ebenfalls im Jahre 1897 veröffentlichte Herzl das Theaterstück Das neue Ghetto und gründete in Wien Die Welt als monatlich erscheinende Informationsschrift der zionistischen Bewegung.
1899 gründete Herzl in London den „Jewish Colonial Trust“, dessen Aufgabe die Bereitstellung finanzieller Mittel zum Ankauf von Land in Palästina war, das damals noch Teil des Osmanischen Reiches war. Am 27. Februar 1902 wurde von Herzl und Zalman David Levontin als Zweigunternehmen die „Anglo-Palestine Company“ (APC) gegründet, aus der später die Bank Leumi hervorging. Beiden Organisationen gehörte Herzls Freund und Gefolgsmann Jacob Moser an, der zu den wichtigsten finanziellen Unterstützern des frühen Zionismus zählte. Von Seiten Großbritanniens wurde Herzl, als dem Vertreter der Zionistischen Weltorganisation, ein Gebiet in Ostafrika angeboten. Das Uganda-Programm scheiterte aber einerseits daran, dass die meisten Zionisten nur Palästina als mögliches jüdisches Siedlungsgebiet ansahen, und andererseits an der Beschaffenheit des vom britischen Kolonialminister Joseph Chamberlain genannten Gebiets.
1900 publizierte Herzl die Philosophischen Erzählungen. In seinem utopischen Roman Altneuland (1902) entwarf Herzl sein idealistisches Bild eines künftigen Judenstaates. Er formulierte darin einen Entwurf für eine politische und gesellschaftliche Ordnung eines jüdischen Staates in Palästina und vertrat auch die Auffassung, die in Palästina lebenden Araber würden die neuen jüdischen Siedler freudig begrüßen. In der hebräischen Übersetzung von Nachum Sokolow hieß der Roman Tel Aviv (Frühlingshügel); die Benennung der Stadt Tel Aviv wurde von Herzls Roman inspiriert.
Als Herzl im Sterben lag, war es sein christlicher Förderer William Hechler, dem ein privilegierter Zugang zum Zionistenführer gewährt wurde. Es war Hechler, der Herzls Abschiedsworte der zionistischen Bewegung übermittelte: „Grüssen Sie Alle von mir, und sagen Sie Ihnen, ich habe mein Herz-Blut für mein Volk gegeben.“ Theodor Herzl starb am 3. Juli 1904 in Edlach (nahe Reichenau an der Rax) in Österreich und wurde auf dem Döblinger Friedhof begraben.
Am 14. August 1949 wurden die Särge von Theodor Herzl und seinen Eltern vor ihrer Überführung im Wiener Stadttempel aufgebahrt. Danach wurden sie mit dem ersten Flug von El-Al nach Jerusalem gebracht und auf dem Herzlberg in Westjerusalem beigesetzt. Herzl hatte in seinem Testament diese Überführung verfügt, sobald das große Ziel der Errichtung eines Judenstaates erreicht sei.
2006 wurden die sterblichen Überreste seiner beiden Kinder Pauline und Hans von Bordeaux (Frankreich) überführt und neben ihrem Vater beerdigt. Die jüngste Tochter, Trude, war im KZ Theresienstadt ermordet worden, sie hat kein Grab.
Werke
Auswahl
- Altneuland, Leipzig 1902
- Der Judenstaat Manesse, 1988, ISBN 3-717-58133-3
- Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage Olbaum, 2004, ISBN 3-927217-13-1
- Briefe und Tagebücher, hrsg. v. A. Bein, H. Greive, M. Schaerf u. J.H. Schoeps, 7 Bde., Propyläen, Frankfurt/M., Berlin 1983-96.
Herzl online
- Der Judenstaat. 1896 - Wikisource-Volltext
- Philosophische Erzählungen. 1887–1900 – Wikisource-Volltext
- Altneuland. utopischer Roman, 1902 – haGalil-Volltext
- Tagebücher. (Drei Bände) - eLibrary Austria Projekt eLib Volltext Band 1 (1922)
Literatur
- Herzl-Bund-Blätter, in Berlin 1913-1918 monatlich in deutscher Sprache erschienene zionistische Zeitschrift
- Tulo Nussenblatt, Zeitgenossen über Herzl, Brünn 1929
- Tulo Nussenblatt (Hrsg.), Theodor Herzl Jahrbuch, Wien 1937
- Herzl Year Book. New York 1958 ff.
- Julius H. Schoeps: Theodor Herzl. Wegbereiter des politischen Zionismus, Göttingen 1975
- Amos Elon: Herzl, New York 1986
- Jacques Kornberg: Theodor Herzl. From Assimilation to Zionism, Bloomington 1993
- Steven Beller: Herzl, Wien 1996, ISBN 3901699007
Weblinks
- Vorlage:PND
- Tôviyyā Friedman: Theodor Herzl "König der Juden"
- Theodor Herzl im eLibrary Austria Projekt (eLib Volltexte)
- Zur Ablehnung eines jüdischen Staates durch Neturei Karta, eine fundamental-radikale Splittergruppe der Ultra-Orthodoxie
Einzelnachweise
- ↑ siehe auch: Die Dreyfus-Affäre
Personendaten | |
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NAME | Herzl, Theodor |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller, Publizist, Journalist und zionistischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 2. Mai 1860 |
GEBURTSORT | Budapest |
STERBEDATUM | 3. Juli 1904 |
STERBEORT | Edlach, Gemeinde Reichenau an der Rax, Niederösterreich |